AlpTransit Gotthard Ceneri-Basistunnel – die logische Fortsetzung in den Süden Erst mit dem Ceneri-Basistunnel als Fortsetzung des Gotthard-Basistunnels wird die neue Gotthardbahn zu einer durchgehenden Flachbahn für den Personen- und Güterverkehr durch die Alpen. Mit einer Länge von 15,4 km ist der Ceneri-Basistunnel nach dem Gotthard- und dem Lötschberg-Basistunnel der drittlängste Bahntunnel in der Schweiz. Der Ceneri-Basistunnel geht voraussichtlich Ende 2020 in Betrieb.
1
2
IN H A LT
Die Verkehrspolitik der Schweiz 3 Die Flachbahn 4 F체r Personen und G체ter die Bahn 5 Von der Idee zur Realisierung 6 Gesicherte Finanzierung 7 Der Ceneri-Basistunnel 8/9 10
Komplexe Geologie
11
Pr채zise Vermessung Vortrieb und Innenausbau
12/13
Schutz der Umwelt
14
Die Rohbau-Ausr체stung
15
Die Bahntechnik
16
Die Fahrbahn
17
Bahnstromversorgung und Fahrleitung
18
Die Sicherungsanlagen
19
Telekommunikation 20 Die Inbetriebsetzung 21 Der Gotthard-Basistunnel 22/23
Frankfurt / Hamburg / Rotterdam Wien
Paris
Basel Zürich Paris
Bern Lötschberg Genève
Ceneri Novara
Avignon
Gotthard
Milano
Venezia
Anschlüsse an das Hochgeschwindigkeitsnetz Europa Transitachsen der Schweiz NEAT − Neue Eisenbahn-Alpentransversale
Genova
España Roma
D IE V E RK E HR S P O LITIK DE R S CHWEI Z
Mit der Neuen Eisenbahn Alpentransversale (NEAT) können wichtige Ziele der Schweizer Verkehrspolitik umgesetzt werden: Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene und Verbesserungen im Personenverkehr. Jährlich queren rund eine Million Lastwagen die Schweizer Alpen. Die Schweizerinnen und Schweizer wollen jedoch den sensiblen Alpenraum vor übermässiger Verkehrsbelastung schützen. Seit den 1980er-Jahren verfolgt die Schweiz deshalb eine nachhaltige Verkehrspolitik. In deren Zentrum steht die Verlagerung von
möglichst viel alpenquerendem Verkehr von der Strasse auf die Schiene. Die Schweizer Bevölkerung hat diese Politik in mehreren Volksabstimmungen bestätigt. Sie hat 1994 die sogenannte Alpeninitiative angenommen, gemäss welcher der Schwerverkehr durch die Schweiz auf der Schiene erfolgen soll. Praktisch umgesetzt heisst dies, dass maximal 650 000 Lastwagen pro Jahr die Alpen queren sollten. Die neue Alpentransversale Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, hat die Schweiz verschiedene Massnahmen ergriffen. Dazu gehören die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe
Die NEAT im europäischen Eisenbahnnetz Stau am Gotthard
3
(LSVA) und die finanzielle Unterstützung des Güterverkehrs auf der Schiene. Um die Kapazität der Bahn zu steigern, hat die Schweiz die NEAT mit drei Basistunnels am Lötschberg, am Gotthard und am Ceneri gebaut. Die NEAT bietet dem Schienengüterverkehr letztlich eine schnelle und leistungsfähige Verbindung durch die Schweiz. Im Personenverkehr verkürzt sie die Reisezeiten zwischen den Zentren im Norden und im Süden deutlich. Durch den Lötschberg-Basistunnel rollt der Verkehr seit 2007. Der GotthardBasistunnel ging Ende 2016 in Betrieb. Die Inbetriebnahme des Ceneri-Basistunnel erfolgt voraussichtlich Ende 2020.
m ü.M.
2500 m 2000 m 1500 m Göschenen
1000 m
Lugano
Arth-Goldau
500 m 0m
Airolo
Chiasso Basel
Zürich
Zug
Erstfeld
Gotthard 4
Milano
Biasca Bellinzona
Ceneri
D IE F L A C H B AH N
Am Gotthard und am Ceneri entsteht die erste Flachbahn durch die Alpen. Sie führt mit minimen Steigungen und Kurven von Altdorf bis nach Lugano. Der höchste Punkt liegt auf 550 Metern über Meer – gleich hoch wie die Bundeshauptstadt Bern. Die Alpen bilden ein topographisches Hindernis im europäischen Verkehr. Um leistungsfähigere Transitrouten zwischen Nord- und Südeuropa bereitzustellen, investiert die Schweiz in den Bau neuer Bahnstrecken. Im Zentrum steht dabei der Bau der NEAT am Gotthard mit den beiden Basistunnels am Gotthard und am Ceneri.
Nutzen für Güter- und Personenverkehr Die Steigungen und Kurvenradien dieser neuen Nord-Süd-Achse sind vergleichbar mit Bahnstrecken im Flachland. Das hat zur Folge, dass die Distanzen kürzer, die Maximalgeschwindigkeiten höher und das Rangieren von Zugskompositionen überflüssig werden. Die Flachbahn verkürzt den Weg von Basel nach Chiasso um 40 km und kommt mit einer maximalen Steigung von 12,5 Promille aus, deutlich weniger als die Gotthard- (26 Promille) und die Ceneri-Bergstrecke (26 Promille). Im Personenverkehr verkürzen die neuen
Flachbahn durch Gotthard und Ceneri Südportal des Gotthard-Basistunnels in Bodio
Strecken die Fahrzeiten deutlich. Reisezüge verkehren mit Geschwindigkeiten bis zu 250 km/h. Durch den Wegfall von Höhenunterschieden können mehr sowie längere und schwerere Güterzüge passieren. Durch die kürzere Strecke sind sie auch schneller am Bestimmungsort. Zudem baut die Schweiz auf der Gotthard-Achse die Zufahrten so aus, dass Sattelauflieger mit vier Metern Eckhöhe auch hier durchgehend und bis in die grossen Terminals im Norden Italiens auf die Bahn verladen werden können.
F Ü R P E R S O NE N U N D GÜ TE R DI E BAHN
Die NEAT ist ein Jahrhundertwerk. Im Güterverkehr stärkt die Flachbahn den umweltschonenden Schienentransport. Im Personenverkehr verkürzt die NEAT die Fahrzeit zwischen Norden und Süden um insgesamt bis zu einer Stunde. Damit die vermehrte Verlagerung von Gütertransporten auf die Schiene gelingt, muss die Bahn gegenüber der Strasse konkurrenzfähig sein. Die Flachbahn am Gotthard und am Ceneri wird zur echten Alternative. Effizienter und wirtschaftlicher Güterverkehr Für den Güterverkehr bringt der neue Gotthardtunnel mehr Kapazität, schnellere Verbindungen und höhere Zuverlässigkeit. Mit bis zu 750 Meter langen
5
Zügen wird der Güterverkehr effizienter, wirtschaftlicher und auch ökologischer. Seit dem Fahrplanwechsel 2016/2017 können pro Stunde und Richtung bis zu fünf Güterzüge verkehren – 30 Prozent mehr als vorher. Pro Tag können bis zu 210 Güterzüge durch den GotthardBasistunnel fahren.
25 Minuten weniger lang als vorher. Wenn auch der Ceneri-Basistunnel in Betrieb ist, erreicht man Lugano ab Zürich in weniger als zwei Stunden. Ab Ende 2020 beträgt der Fahrzeitgewinn zwischen der Deutschschweiz und dem Tessin bis zu einer Stunde. Nach Mailand verkürzt sich die Fahrzeit auf knapp drei Stunden.
Mit dem Ceneri-Basistunnel und dem 4-Meter-Korridor steigt die Wettbewerbsfähigkeit auf der Nord-Süd-Achse für die Schiene deutlich.
Neben dem Fernverkehr wird auch der Regionalverkehr im Tessin deutlich gestärkt, die Verbindungen zwischen Lugano, Bellinzona und Locarno werden ab Ende 2020 ausgebaut, die Reisezeiten verkürzen sich markant. Dank der neuen, direkten Verbindung zwischen Locarno und Lugano, der sogenannten Bretella, dauert die Zugfahrt nur noch 30 statt 58 Minuten.
Quantensprung für Reisende Für Reisende bedeutet die NEAT am Gotthard einen Quantensprung. Die Strecke zwischen Zürich und Lugano wird zur Pendlerdistanz. Seit dem Fahrplanwechsel 2016/2017 dauert die Reise von Zürich nach Lugano bis zu
Mehr Kapazität für den Güterverkehr Quantensprung für Reisende mit der NEAT
VO N D E R I DE E Z U R R E A LIS IE R UNG
Mit dem Bau der Flachbahn durch die Alpen schreibt die Schweiz Verkehrsgeschichte. Die Idee der flachen Alpenquerung ist nicht neu. Die erste Vision eines Gotthard-Basistunnels wurde bereits 1947 entwickelt. Die ersten Vorbereitungsarbeiten am Gotthard-Basistunnel begannen jedoch erst in den 1990er-Jahren. Erste Visionen und Entscheide 1947 skizzierte der Basler Ingenieur Carl Eduard Gruner die visionäre Idee eines zweistöckigen, kombinierten Strassen- und Bahntunnels zwischen Amsteg und Bodio als Teil eines Schnellbahnsystems. 1963 setzte der Bund die Kommission «Eisenbahntunnel durch die Alpen» ein. Sie evaluierte verschiedene Basistunnel-Lösungen und empfahl 1970 den Bau eines Gotthard-Basistunnels von Amsteg nach Biasca. 1989 beschloss der Bundesrat die Realisierung einer sogenannten «Netzvariante»: eine Kombination von Alpentransversalen durch Gotthard und Lötschberg, dazu der Hirzeltunnel für die Anbindung der Ostschweiz. Wegweisende Volksabstimmungen 1992 stimmte das Schweizer Volk dem Bundesbeschluss über den Bau der schweizerischen Eisenbahn-Alpentransversale (Alpentransit-Beschluss) mit 64% zu. Damit wurde die Grundlage für die Planung und den Bau der NEAT-Achsen Gotthard und Lötschberg gelegt. 1994 wurde die «Alpen-Initiative» in einer
Volksabstimmung angenommen und damit der Alpenschutz in der Verfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft verankert. Mit der Annahme der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) und des Bundesbeschlusses über Bau und Finanzierung von Infrastrukturvorhaben des öffentlichen Verkehrs (FinöV) gab die Schweizer Bevölkerung 1998 grünes Licht für den Bau der NEAT. Vortrieb am Gotthard und Ceneri Im Frühling 1999 erteilte der Bund die offizielle Genehmigung für den Bau des Gotthard-Basistunnels. In Amsteg wurde im November 1999 mit einer ersten Sprengung der Vortrieb auf der Alpennordseite des Gotthards aufgenommen.
A
Im Juli 2000 wurde in Bodio auf der Südseite die erste Sprengung durchgeführt. 14 Jahre nach dem Start der Vorbereitungsarbeiten fand am 15. Oktober 2010 der Hauptdurchschlag im Gotthard-Basistunnel statt. 2016 wurde der GotthardBasistunnel eröffnet und in Betrieb genommen. Er ist mit 57 Kilometern der längste Eisenbahntunnel der Welt. Die Arbeiten am Ceneri-Basistunnel wurden 2006 aufgenommen. Im Januar 2016 fand in der Weströhre des CeneriBasistunnels der Hauptdurchschlag statt. Mit der Inbetriebnahme des Ceneri-Basistunnels Ende 2020 wird der Bau der NEAT vollendet.
B
1
19,60 m
6
2
3
12,80 m Erste Sprengung auf der Nordseite Skizze der Vision von Carl Eduard Gruner (1947)
A. Kompakter Fels B: Brüchiger Fels 1. Abluftkanal und Hochspannungsleitung 2. Autostrasse 3. Eisenbahntrassee und Frischluftkanal
G E S I C H E RT E F IN A N Z IE R U N G
Um die Bahninfrastruktur in der Schweiz umfassend zu modernisieren und auszubauen, hat der Bund ein spezielles Finanzierungskonzept geschaffen. BIF löst FinöV-Fonds ab Das Geld für die NEAT stammt aus speziellen Fonds: 1998 war zur Finanzierung der NEAT und von drei weiteren Eisenbahn-Grossprojekten der FinöV-Fonds geschaffen worden. Dieser wurde aus der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA), der Mehrwertsteuer und der Mineralölsteuer gespeist. Nach langem politischem Ringen um die Finanzierung der NEAT brachte der FinöV-Fonds den Durchbruch und die nötige finanzielle Stabilität. Er begünstigte die NEAT und weitere Eisenbahn-Grossprojekte in zweierlei Weise:
7
Er stellte schon vor Baubeginn die Finan- zierung des Gesamtwerks sicher. Dadurch wurden Unsicherheiten über die Freigabe von weiteren Kredittranchen vermieden.
Der Bahninfrastrukturfonds finanziert nicht nur Grossprojekte wie die NEAT, sondern die gesamte Bahninfrastruktur (inkl. Betrieb und Substanzerhalt).
Die LSVA stellte nicht nur die Haupt- finanzierungsquelle für die NEAT dar. Sie führte auch zu faireren Rahmen- bedingungen zwischen Schiene und Strasse, indem sie die ungedeckten Kosten des Strassengüterverkehrs erfasste und Kostenwahrheit herstellte.
Einhaltung der Endkosten Im Jahr 2008 bewilligte das Schweizer Parlament für die Realisierung der NEAT einen Gesamtkredit von 19,1 Mia. CHF (Zahlen mit Preisstand 1998 ohne Teuerung, Mehrwertsteuer und Bauzinsen). Davon sind für den Bau der Achse Gotthard 13,157 Mia. CHF vorgesehen. Diesen Kostenrahmen wird die AlpTransit Gotthard AG aller Voraussicht nach einhalten können: Mitte 2017 lagen die prognostizierten Endkosten für den Gotthard-Basistunnel samt seiner offenen Anschlussstrecken im Norden und Süden bei rund 9,5 Mia. CHF, für den CeneriBasistunnel bei 2,5 Mia. CHF.
Auf Anfang 2016 wurde der befristete FinöV-Fonds durch den unbefristeten Bahninfrastrukturfonds (BIF) abgelöst. Dieser verfügt über zusätzliche Finanzierungsquellen (Beiträge von Bund und Kantonen, Bahnreisenden sowie Plafonierung des Pendlerabzugs in der Bundessteuer) und wird durch die Erhöhung der Trassenpreise entlastet.
Die AlpTransit Gotthard AG Die AlpTransit Gotthard AG (ATG) wurde am 12. Mai 1998 gegründet. Sie ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) mit Sitz in Luzern und Aussenstellen in Altdorf, Sedrun und Bellinzona. 2017 beschäftigt die ATG rund 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die ATG ist Bauherrin der NEAT-Achse Gotthard mit den Basistunnels am Gotthard und am Ceneri. Sie ist für das Projekt- und Risikomanagement verantwortlich und sorgt dafür, dass die Bauwerke termin- und kostengerecht und in der vereinbarten Qualität erstellt erstellt werden. Die ATG ist eine reine Managementgesellschaft. Sie projektiert und baut nicht selbst, sondern vergibt diese Arbeiten an Projektingenieure sowie Bauunternehmen und Konsortien.
8
D E R CE N E R I-B A S IS T U N N E L
Erst mit dem 15,4 km langen Basistunnel unter dem Ceneri wird die durchgehende Flachbahn von Altdorf bis Lugano Realität. Nach dem Gott hard- und dem Lötschberg-Basistunnel ist der Ceneri-Basistunnel das drittgrösste Bahntunnelprojekt der Schweiz. Das Tunnelsystem Wie der Gotthard-Basistunnel besteht der Ceneri-Basistunnel aus zwei Einspurröhren, die rund 40 m auseinander liegen und alle 325 m durch Querschläge miteinander verbunden sind. Aufgrund seiner Länge sind keine Spurwechsel oder Multifunktionsstellen nötig. Auf Bestellung des Kantons Tessin wird die «Bretella Locarno–Lugano» realisiert, die dem Tessiner Regionalverkehr dient. Sie schafft eine Direktverbindung
zwischen Lugano und Locarno und reduziert damit die Reisezeit von heute 58 auf neu 30 Minuten.
gleisige Brücke über die Autobahn A2 und zwei eingleisige Bahnviadukte über die vierspurige Kantonsstrasse.
Baukonzept Der Ceneri-Basistunnel wurde ausschliesslich im Sprengvortrieb ausgebrochen. Die Felsüberlagerung beträgt bis zu 900 m. Der grösste Teil des Ausbruchs erfolgte gleichzeitig in beide Richtungen vom Zwischenangriff Sigirino aus. Von den Portalen Vigana und Vezia wurden Gegenvortriebe ausgeführt, um Zeit und Kosten zu optimieren.
Vigana Im Raum Vigana befindet sich das Nordportal des Ceneri-Basistunnels. Im Lockergestein war hier die nur 9 m über dem Tunnel liegende Autobahn A2 zu unterqueren. Kurz hinter dem Portal liegen in beiden Tunnelröhren unterirdische Verzweigungskavernen, die künftig mittels Neutrassierung die Querung der Magadino-Ebene ermöglichen.
Camorino Um den Ceneri-Basistunnel an die bestehenden Bahnlinien anzuschliessen, entstanden beim Knoten Camorino diverse Bauwerke, so eine neue vier-
Portal Vezia
künftige Fortsetzung Süd
Installationskaverne Fensterstollen Sigirino (2,3 km) Querschläge Verzweigungsbauwerk
Portal Vigana (Camorino) Nordportal des Ceneri-Basistunnels Schema des Tunnelsystems am Ceneri
Sondierstollen Sigirino (2,7 km)
9
Sigirino Bereits ab 1997 wurde in Sigirino ein 2,7 km langer Sondierstollen realisiert, der wertvolle Informationen über die Geologie lieferte. 2008 brach eine Tunnelbohrmaschine einen 2,3 km langen Fensterstollen aus. Am Ende dieses Stollens befinden sich zwei unterirdische Kavernen, die seit 2010 Ausgangspunkt für je zwei Vortriebe Richtung Süden und Norden waren. In diesen Werkhallen im Berg waren auch Baustelleninstallationen für die Hauptvortriebe untergebracht, beispielsweise eine Betonanlage.
Vezia In Vezia befindet sich das Südportal des Ceneri-Basistunnels. Noch im Berg, etwa 2,5 km nördlich des Portals, liegt die unterirdische Verzweigung von Sarè. Sie dient einer möglichen zukünftigen Verlängerung des Tunnels Richtung Süden (nach Chiasso bzw. Como). Zum Schutz der nahen Siedlungsgebiete und Objekte – wie die denkmalgeschützte Villa Negroni – wurden die Vortriebe mit speziellen Baumethoden ausgeführt. Das Bahntrassee des Ceneri-Basistunnels überquert zudem in nur 4 m Abstand
den neuen Strassentunnel VedeggioCassarate der Umfahrung von Lugano. Dies erforderte ebenfalls schonende Baumethoden. Eine offene Strecke von 200 m verbindet das Südportal des Ceneri-Basistunnels mit der Stammlinie.
Hauptdurchschlag des Ceneri-Basistunnels am 21. Januar 2016 Innenausbau im Bereich der Verzweigung Sarè
Nordportal Vigana
Sondierstollen Sigirino
nördliche
mittlere
Fensterstollen
südliche
Ceneri-Zone
10
Ceneri-Paragneis
Mischgneis
Hornfelsgneis
Ceneri-Orthogneis
Südportal Vezia
Linea Val Colla Amphibolite, Serpentinite, Gneis und Amphibolitschiefer
Val-Colla-Zone
Phyllonite, Mylonite
Bernardo-Orthogneis
Giumello-Gneis
Stabbiello-Gneis
K O M P L E X E G E OL OGIE
Der Ceneri-Basistunnel wurde ausschliesslich im Sprengvortrieb ausgebrochen. Die geringste Felsüberlagerung beträgt nur wenige Meter.
von der Oberfläche aus erkundet. Im Tunnelbereich ist sie 145 m lang und damit fast fünfmal länger als vorgängig angenommen.
Nördliche Ceneri-Zone Die Mischgneise dieser Zone weisen zur Tunnelachse rechtwinklige Schieferungsflächen auf, und die Störzone «Val d'Isone» war 40 m länger als zuvor erwartet.
Südliche Ceneri-Zone Der dominierende Giumello-Gneis besteht wechsellagernd aus Zweiglimmerschiefer und quarzreichen Gneisen. Wegen der steil einfallenden Schieferungsflächen traten wiederholt Ablösungen auf.
Mittlere Ceneri-Zone In dieser Zone überwiegen Mischgneise und Orthogneise. Im zentralen Bereich wird der Fels durch eine Serie von Amphiboliten abgelöst. Die Störzone «Val Mara» wurde im Vorfeld mit einer Kernbohrung
Linea Val Colla Diese rund 650 m lange Störzone besteht aus zerriebenen und zerbrochenen Gesteinen. Der rasche Wechsel von kompaktem Fels bis hin zu kohäsionslosem
Gestein (und umgekehrt) erschwerte den Tunnelvortrieb und verursachte in der Oströhre einen Niederbruch von 150 m³. Deshalb mussten in dieser Störzone stellenweise die massivsten Sicherungstypen eingebaut werden. Val-Colla-Zone Der vorhandene Stabbiello-Gneis variiert zwischen quarzreichen Gneisen und Glimmerschiefern mit Staurolith und Granat. Die Hauptschieferung schneidet die Tunnelachse fast rechtwinklig. Richtung Süden flacht die Schieferung ab und hat sich oft wellig oder gefaltet gezeigt.
Geologisches Profil des Ceneri-Basistunnels Maschineller Vortrieb in der Störzone «Linea Val Colla»
P R Ä Z I S E V E R ME S S U NG
Die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke durch die Alpen stellt hohe Anforderungen an die Präzision der Bauwerke. Zuverlässige und hochgenaue Vermessungsverfahren garantieren die millimetergenaue Absteckung. Ein Netz von Fixpunkten, die mit Satellitenmesstechnik bestimmt wurden, bildet die Grundlage für alle Vermessungsarbeiten. Die Fixpunkte stellen den Bezug zwischen Projekt und Gelände her und dienen als Ausgangspunkte für die unterirdische Tunnelabsteckung.
11
Die Vortriebsvermessung Der Fensterstollen in Sigirino spielte für die Vortriebsvermessung des CeneriBasistunnels eine zentrale Rolle. Fast 95% der Tunnel und Stollen wurden von Sigirino aus mittels Polygonzügen, also durch fortlaufendes Messen von Winkeln und Distanzen, abgesteckt. Im Tunnel wurden in regelmässigen Abständen Vermessungspunkte erstellt, die der Steuerung der Sprengvortriebe dienten. Dieses unterirdische Messnetz wurde laufend nachgeführt und kontrolliert, die Vor-
Nordportal Vigana/ Camorino
Laufende Kontrolle Die Überwachung und geometrische Dokumentation der erstellten Bauteile sowie die laufende Kontrolle der geforderten Bautoleranzen gehören zu den Tätigkeiten der Vermessung. Mit der Überprüfung der Geometrie der Gleise mit Genauigkeiten im Submillimeterbereich finden die Kontrollen ihren Abschluss. Satelliten
o irin Sig b e rtri Vo
eb rtri Vo
triebsrichtung wurde durch Messungen mit dem Vermessungskreisel optimiert.
a ezi −V
Südportal Vezia
o rin mo Ca − o irin Sig
Sigirino GPS-Messungen und Portalnetze Polygonzüge Kreiselmessungen
Vortriebsvermessung in Sigirino Absteckungsnetz zwischen Vigana/Camorino und Vezia
Camorino Tunnel Bellinzona
Vigana
Knoten Camorino
Lugano
Sigirino
12
Vezia
Linie AlpTransit Zugangsstollen Bretella Locarno–Lugano Bestehende Bahnlinien Korridore Süd (künftige Fortsetzung) Umfahrung Bellinzona (künftige Fortsetzung)
V O RT R I E B U N D IN N E NAU S B AU
Beim Ceneri-Basistunnel erfolgte der grösste Teil des Ausbruchs vom Zwischenangriff Sigirino aus gleichzeitig in beide Richtungen. Von den Portalen Vigana und Vezia wurden Gegenvortriebe ausgeführt. Die Planung des Ceneri-Basistunnels musste die teilweise geringe Überdeckung, die dicht besiedelten Gebiete nahe den Portalen und die Unter- bzw. Überquerung wichtiger Verkehrsträger
an den Portalen berücksichtigen. Dies war der Grund, den Ausbruch der Tunnelröhren hauptsächlich von Sigirino aus nach Norden und Süden vorzutreiben. Nur konventioneller Sprengvortrieb Erste Vorarbeiten erfolgten bereits 1997 mit dem 2,7 km langen Sondierstollen. 2008 brach eine Tunnelbohrmaschine den 2,3 km langen Fensterstollen aus. Am Ende dieses Stollens befinden sich zwei unterirdische Kavernen, die seit
Linienführung des Ceneri-Basistunnels Konventioneller Sprengvortrieb im Ceneri-Basistunnel
2010 Ausgangspunkt für die Hauptvortriebe Richtung Süden und Norden waren. Der Ausbruch der Tunnelröhren und der insgesamt 48 Querschläge erfolgte ausschliesslich im konventionellen Sprengvortrieb. Zur logistischen Versorgung der Vortriebsbereiche waren in allen vier Tunnelröhren Hängebühnen montiert worden. Sie konnten kontinuierlich nachgezogen werden. Auf und unter ihnen fanden alle nötigen Infrastrukturen Platz. Dazu gehörten Ventilatoren, Entstauber,
13
Kompressoren, Notaggregate, Container, Vortriebsgeräte, Brecher, Förderbänder, Anlagen zur Betonversorgung und vieles mehr. Der Einsatz von Hängebühnen rationalisierte die Arbeitsabläufe, steigerte die Produktivität und erhöhte die Sicherheit. Denn solche Systeme erlauben ein optimales Zusammenspiel der erforderlichen Anlagen und schaffen genügend Platz für die beim konventionellen Sprengvortrieb eingesetzten Baumaschinen. Mehr als ein Jahr Vorsprung Der Vortrieb Richtung Süden kam schneller als prognostiziert voran. Bereits am 17. März 2015 erfolgte in der Weströhre der Durchschlag zum Gegenvortrieb Vezia. Das war ein Vorsprung von rund 13 Monaten auf das Bauprogramm! Entscheidend dazu beigetragen hatte die sorgfältig projektierte und durchgeführte Ausführung der Sprengarbeiten in der südlichsten Zone, welche nur eine geringe Überdeckung hatte. In diesem Bereich wurden die Lademengen mit Hilfe von Sektorzündungen auf ein Minimum reduziert. So konnten die Sprengerschütterungen unter Kontrolle gehalten werden. Der zweite Durchschlag Richtung Süden, jener in der Oströhre, fand am 30. März 2015 und damit ebenfalls viel früher als geplant statt. Somit ergab sich gegenüber dem Bauprogramm ein tatsächlicher Vorsprung von fast 14 Monaten. Beim Vortrieb Richtung Norden hatten die Mineure mehr Schwierigkeiten mit dem
Ausbruchsicherung mit Spritzbeton max. Stärke = 30 cm Gewölbebeton min. Stärke = 30 cm Abdichtungsfolie Bankett Gewölbedrainage Ortsbetonsohlgewölbe Mischwasserleitung
Gestein. Deshalb bestellte die AlpTransit Gotthard AG beim Konsortium des Hauptloses Beschleunigungsmassnahmen. Am 21. Januar 2016 konnten die Mineure und viele geladene Gäste in der Weströhre des Ceneri-Basistunnels den Hauptdurchschlag feiern. Der Durchschlag erfolgte mit hoher Genauigkeit: Vertikal betrug die Abweichung nicht einmal 2 cm, horizontal waren es weniger als 1 cm. Wenige Tage später brachen die Mineure auch in der Oströhre den letzten Meter Fels aus. Speditiver Innenausbau Auch die definitive Verkleidung (Sohle, Gewölbe und Kicker) in den Tunnelröh-
Abdichtungsarbeiten im Verzweigungsbauwerk Sarè Tunnelquerschnitt des Ceneri-Basistunnels
ren musste bei einem solchen Bauwerk nahtlos aufeinander abgestimmt sein. 300 bis 500 m hinter der Vortriebsfront wurde der Innenausbau in Blöcken von 12 m Länge vorgenommen. Die Arbeiten begannen jeweils mit der Sohle, in der die Mischwasserleitung mittig verläuft. Dann folgten die sogenannten Kickerbereiche mit den beidseitigen Drainagepackungen sowie die Abdichtung und Betonierung der Tunnelgewölbe. Den Abschluss des Innenausbaus bildete der Bau der Bankette.
14
S CH U T Z D E R U MWE LT
Mit dem Bau der neuen Gotthardbahn verwirklichte die Schweiz eines der grössten Umweltschutzprojekte Europas. Die Flachbahn trägt zum Schutz der Alpenwelt bei. Auch der Bau erfolgte so schonend wie möglich. Beim Bau der beiden grossen Tunnelbauwerke am Gotthard und am Ceneri verminderten umfangreiche Massnahmen die Auswirkungen auf Mensch, Tier, Luft und Wasser. Der Dialog mit den Umweltbehörden und -organisationen verhalf zu tragfähigen Lösungen. Vom Ausbruchmaterial zum Beton Ein Paradebeispiel dafür ist die Materialbewirtschaftung. Der Tunnelbau führt
zu riesigen Mengen von Ausbruchmaterial. Um die natürlichen Ressourcen zu schonen, wurde ein grosser Teil des Ausbruchmaterials zu Betonzuschlagstoffen verarbeitet und für den Innenausbau des Tunnels eingesetzt. Das restliche Material dient beispielsweise der Gestaltung des Geländes oder wird für die Schüttung von Dämmen verwendet. Nur ein kleiner Teil des Materials muss auf Deponien entsorgt werden. Recycling der besonderen Art Beim Bau des Ceneri-Basistunnels fielen insgesamt rund 8,7 Mio. t Ausbruchmaterial an. Davon konnte ein Teil wiederverwendet werden, etwa für die Herstellung von Spritzbeton und von
Materialbewirtschaftung Sigirino Wildtierpassage Dosso di Taverne
Beton für den Innenausbau. Den Rest transportierten Förderbänder von den Tunnelbaustellen durch den Fensterstollen auf die definitive Materialablagerung am Fusse des Monte Ferrino. Die Ablagerung wird am Ende der Bautätigkeit so gestaltet, dass sie sich in die Landschaft einpasst und nicht erosionsgefährdet ist. Zudem wird sie renaturiert. Durch geeignete Begrünung wird die Ablagerung Bestandteil eines wichtigen Wildtierkorridors, der sich über die neu gebaute Wildtierpassage Dosso di Taverne bis auf die andere Talseite fortsetzt.
D IE R O H B A U -A U S R Ü S TU N G
Nach dem Abschluss des Vortriebs und des Innenausbaus am CeneriBasistunnel erfolgt die Ausrüstung der Rohbauten mit jenen mechanischen, elektrischen und lüftungstechnischen Einbauten, ohne die der Tunnel nicht betrieben werden kann. Ausrüstung der Querschläge Um die Ersatzteilhaltung und die Zulassungsprozesse zu vereinfachen, werden im Ceneri-Basistunnel wenn immer möglich die gleichen Komponenten für die Rohbau-Ausrüstungen verwendet wie im Gotthard-Basistunnel. Dies betrifft vor allem die Türen, die Lüftungs-
15
anlagen und die Doppelböden in den 48 Querschlägen. Gleiches gilt für die Sondertüren der technischen Nischen sowie der Muffenkammertüren und der Schmierstellenabdeckungen. Letztere dienen als Abschlüsse der Kabelschutzrohre für eine mögliche Hochspannungsleitung (132 kV) in den Banketten.
Lüftung im Ceneri-Basistunnel Im Unterschied zum Gotthard-Basistunnel ist beim Ceneri-Basistunnel keine Lüftungszentrale vorgesehen. 50 Strahlventilatoren, die in Portalnähe und in der Mitte des Tunnels montiert sind, sorgen für die notwendige Belüftung des Tunnels während der Erhaltung und im Falle von Ereignissen.
Es gibt zwei Bereiche bei der RohbauAusrüstung, bei denen grosse Unterschiede zum Gotthard-Basistunnel bestehen: einerseits bei der Betriebslüftung, andererseits bei der Wasserversorgung und Entwässerung.
Gemeinsame Ableitung für Berg- und Schmutzwasser Im Ceneri-Basistunnel werden das Bergund das Schmutzwasser im Gegensatz zum Gotthard-Basistunnel nicht getrennt abgeleitet. Wegen der viel geringeren Bergwassermengen bietet sich hier das «Mischsystem» zur Entwässerung an. Die Wasseraufbereitungsanlagen befinden sich beim Nordportal in Vigana.
Ventilation/Zuluft Ventilator/Abluft Steuerschrank Tür West Einspurröhre
Steuerschrank Querschlagslüftung
Querschlagstür
Steuerschrank Tür Ost
Doppelboden Schränke Bahntechnik Frischluftzufuhr
Strahlventilatoren für die Belüftung Schematische Darstellung der Querschlagsausrüstung
16
D IE B A H N T EC H NIK
Erst die bahntechnischen Anlagen ermöglichen den Eisenbahnbetrieb im Ceneri-Basistunnel. Sie schliessen die neuen Gleisanlagen an das bestehende Bahnnetz an. Zur Bahntechnik gehören die Fahrbahn, Fahrleitung, Bahnstrom- und Stromversorgung, Kabel-, Telecom- und Funkanlagen, Sicherungs- und Automatisationssysteme und die Leittechnik. Neben den Anlagen für den Betrieb sind auch umfangreiche Bauprovisorien wie Baulüftung, Baustromversorgung, Beleuchtung sowie Baukommunikation und Zutrittskontrolle für den Einbau der Bahntechnikanlagen notwendig.
Nur ein Installationsplatz Installationsplätze in Portalnähe bilden die logistische Basis für den Einbau. Beim Gotthard-Basistunnel erforderte die Länge von 57 km zwei Installationsplätze, einen im Norden in Erstfeld und einen im Süden in Biasca. Dagegen ist beim Ceneri-Basistunnel ein Standort im Norden ausreichend. Das Dreieck des Verkehrsknotens Camorino bietet aufgrund seiner Grösse und der Lage vor dem Nordportal ideale Bedingungen für die Einrichtung eines rund 60 000 m² grossen Installationsplatzes, der zwischen 2016 und 2020 betrieben wird. Auf dem Platz befinden sich die Leitstellen, Bürocontainer, Parkplätze, die notwendigen Umschlag- und Rangierflächen, zwei grosse Hallen für
die Bahntechnikunternehmer sowie die Infrastruktur für das Besucherwesen. Koordinierter Einbau Die Bahntechnik ist ein komplexes technisches System. Deshalb ist eine enge Abstimmung zwischen den einzelnen Bahntechnikbereichen, aber auch mit den Rohbau- und RohbauAusrüstungs-Unternehmern wichtig. Zwei Bahntechnikgebäude Unweit der Tunnelportale in Camorino und Vezia befindet sich je ein Bahntechnikgebäude. Darin sind alle notwendigen technischen Anlagen untergebracht, die zur Steuerung des Tunnels und des Bahnbetriebs benötigt werden.
Querschlag mit elektrischen Anlagen und Telekommunikation
1
Einspurröhre Deckenstromschiene für Bahnstrom Kabel Fahrbahn Sicherungs- und Automationsanlagen
Funk Handlauf mit integrierter Beleuchtung
Bahntechnikgebäude Vezia Bahntechnische Installationen im Ceneri-Basistunnel
D IE FA H RB A H N
Wie der Gotthard- erhält auch der Ceneri-Basistunnel eine schotterlose, feste Fahrbahn. Bei diesem System werden Schwelle und Gummischuh fest in die Tragplatte eingegossen. Die feste Fahrbahn und die Weichen des Ceneri-Basistunnels sind baugleich wie jene im Gotthard-Basistunnel. Die Hauptkomponenten sind Schwellenblöcke, Schienen und Hydrostarweichen. Hohe Anforderungen Die Fahrbahn ist ein sogenannter LowVibration-Track (LVT). Dieses System be-
17
steht aus Betoneinzelblöcken in Gummischuhen, die in unbewehrtem Beton in einem Abstand von 60 cm einbetoniert werden. Offene Strecken Im Bereich der offenen Strecken im Norden und im Süden des Ceneri-Basistunnels wird eine herkömmliche Schotterfahrbahn mit Betonschwellen eingebaut.
Schiene 60 E1
Schienenzwischenlage
Betoneinzelblock
Elastische Einlage
Gummischuh
System Low-Vibration-Track mit Einzelblockschwellen
Einbau «Feste Fahrbahn» Gleismesswagen
18
B A H N S T RO MV E R S OR GU N G U ND FAHRLEI TUNG
Die lange Tunneldistanz, die kurzen Zugfolgezeiten und die notwendige hohe Verfügbarkeit machen auch beim Ceneri-Basistunnel die Versorgung mit Bahnstrom zur echten Herausforderung. Bahnstromversorgung Die 16,7-Hz-Stromversorgung des CeneriBasistunnels kommt aus dem Netz der SBB. Die Einspeisung erfolgt im Norden ab dem Frequenzumformer Giubiasco sowie im Süden ab dem neuen Unterwerk Vezia. Zur Sicherung der Bahnstromversorgung bei einer Störung in einem Unterwerk wurden die Anlagen so konzipiert, dass die sogenannte Notspeisefähigkeit mit dem Durchschalten von zwei Fahrleitungssektoren sichergestellt werden kann. Fahrstrom und Fahrleitung Seit der Planung des Gotthard-Basistunnels aktualisierte die SBB ihre Standards für Fahrleitungen in Tunneln. Deshalb sind im Ceneri-Basistunnel in beiden Tunnelröhren Deckenstromschienen vorgesehen. Gegenüber einer konventionellen Fahrleitung mit Kettenwerk wie im GotthardBasistunnel hat dieses System mehrere Vorteile:
Bei Deckenstromschienen entfallen Nachspanneinrichtungen für Fahrdraht und Tragseil. Dadurch sind einfachere und kompaktere Konstruktionen mit weniger Bauteilen und geringerer Bauhöhe möglich. Die Stromtragfähigkeit der Deckenstromschienen ist im Vergleich zu Kettenwerken höher. Daher können, abhängig von den benötigten Stromstärken, Verstärkungsleitungen entfallen.
Deckenstromschienen verfügen über eine höhere Kurzschlussfestigkeit und sind brandbeständiger. Die zulässige Abnützung ist höher, die Deckenstromschienen haben somit eine längere Lebensdauer.
Tunnelgewölbe
Tragsäule
Tragwerk
Erdseil Stromschiene mit Fahrdraht
Stromabnehmer
Beispiel einer Deckenstromschiene 15 kV Tragwerk für die Deckenstromschiene
GSM-R GSM-R Antenne Funksystem GSM-R
Die ETCS-Zugausrüstung funkt den Zugstandort und andere Zugdaten an das «Radio Block Center» (RBC).
RBC
Gleisfreimeldung
Stellwerk
BalisenRadar Eurobalise antenne meldet Position Wegimpulsgeber
Eurobalise Abschnittsgrenze meldet Gleisfreimeldung Position
Der Lokführer liest die Signalbegriffe von den Bildschirmen im Führerstand ab.
Beim Überfahren übermitteln die «Balisen» die exakte Position des Zuges an die ETCS-Zugausrüstung.
D IE S I CH E RU N G S ANL AGE N
Die Sicherungsanlagen gewährleisten eine lückenlose Steuerung und Überwachung des Zugverkehrs. Sie müssen sehr hohe Sicherheits- und Verfügbarkeitsanforderungen erfüllen. Wie beim Gotthard-Basistunnel bestehen die Sicherungsanlagen im Ceneri-Basistunnel aus folgenden Hauptelementen: Stellwerke: Die elektronischen Stellwerke der neuesten Generation steuern und überwachen Gleiselemente wie Weichen oder Gleisfreimeldeeinrichtungen (Achszähler). Zudem sorgen sie für eine gesicherte Fahrstrasse. Am Ceneri-Basistunnel kommt ein elektronisches Stellwerk mit den dazugehörigen Aussenanlagen zum Einsatz. Funkstreckenzentrale: Die Funkstreckenzentrale, auch Radio Block Center (RBC) genannt, ist der zentrale Teil der Führer-
standsignalisierung. Die Fahrerlaubnis und die entsprechenden Streckeninformationen werden vom RBC via Luftschnittstelle (GSM-R) direkt an die Züge übermittelt. Am Gotthard- und am CeneriBasistunnel kommt je eine eigene Streckenzentrale zum Einsatz. Bahnleittechnik: Sie ist die eigentliche Steuerungsebene und dient dem Fahrdienstleiter, den Betrieb zu steuern und zu überwachen. Die Bahnleittechnik besteht aus dem von der SBB netzweit eingesetzten Leitsystem ILTIS und der spezifisch für den GotthardBasistunnel eingesetzten «Tunnel Automatik Gotthard» (TAG). Automatisierter Bahnbetrieb Die Sicherungsanlagen werden von der Betriebszentrale in Pollegio aus bedient. Innerhalb der Tunnels sind die dezentralen Systeme wie die Gleisfreimeldung und
Funktion des Zugsicherungssystems ETCS Betriebszentrale Süd Pollegio
19
die Weichenansteuerung über ein Datennetz miteinander verbunden. Der Bahnbetrieb ist vollständig automatisiert. Führerstandsignalisierung Die Neubaustrecken am Gotthard und am Ceneri sind mit dem modernen elektronischen Führerstandsignalisierungs-System ETCS Level 2 (European Train Control System) ausgerüstet. Der Lokführer erhält alle Informationen über Funk auf die Anzeige im Führerstand. ETCS ermöglicht die Signalisierung von Geschwindigkeiten von mehr als 160 km/h. Es erhöht die Sicherheit und erlaubt Kapazitätssteigerungen durch kürzere Zugfolgezeiten. Da optische Signale wegfallen, wird die Infrastruktur entlang der Strecke vereinfacht. Das Signalisierungssystem ist europäisch normiert und stellt damit die Interoperabilität und den vereinfachten Netzzugang sicher.
20
T E L E K O M M U NIK ATIO N
Die Telekommunikationssysteme im Gotthard- und im Ceneri-Basistunnel sind für die Steuerung der Tunnelinfrastruktur sowie die lückenlose Überwachung des Bahnverkehrs notwendig. Zudem ermöglichen sie den Passagieren die Nutzung von Telefonund Datendiensten. Tunnelleittechnik Mit der Tunnelleittechnik werden sämtliche tunnelspezifischen Einrichtungen wie Stromversorgungsanlagen, Telekommunikationsanlagen, Lüftung, Türen, Tore und Beleuchtung gesteuert und überwacht. Damit verknüpft sind weitere Systeme, die zum Beispiel das Betriebspersonal bei der Ereignisbewältigung oder bei der Planung von Erhaltungsarbeiten unterstützen. Die gesamte Steuerung der Tunnelleittechnik erfolgt durch das Tunnel Control Center in der Betriebszentrale Pollegio.
geordneten Tunnelleittechnik. Auch die Vernetzung von örtlich verteilten Komponenten einzelner Anlagen geschieht über das Datennetz, damit diese miteinander kommunizieren können. Tunnelfunk Der weitgehend automatisierte Bahnbetrieb mit den elektronischen Zugsicherungssystemen setzt ein zuverlässiges Mobilkommunikationsnetz voraus. Dieses wird für den Betrieb und die Erhaltung der Tunnels sowie im Ereignisfall benötigt. Es stehen folgende Funknetze zur Verfügung:
Interventionskräfte wie Polizei und Feuerwehr verwenden für Einsätze in den Tunnels das eigene digitale Funksystem POLYCOM. Die Zugspassagiere greifen über die öffentlichen Funksysteme (GSM-P/UMTS/ LTE) auf die Dienste der öffentlichen Mobilfunkanbieter zu.
Als Abstrahlsystem für den Funk kommt im Tunnel ein strahlendes Kabel zum Einsatz. Es funktioniert ähnlich wie ein Bewässerungsschlauch: Es verfügt über «Löcher» in der Abschirmung, durch die die Funkwellen aus- und eintreten können.
Der Lokführer erhält über das digitale Funksystem für Eisenbahnen (GSM-R) Informationen in den Führerstand übermittelt.
Datennetz Das Datennetz verbindet die verschiedenen Tunnelanlagen mit der über-
Notrufsäule im Querschlag Mobilkommunikation via Funknetz
Elektrische Anlagen und Telekommunikation
Strahlendes Funkkabel
Lokführer erhält Signale via Funksystem in den Führerstand
Blick in die Betriebszentrale Datennetz und Funksystem im Tunnel
Hauptverantwortung ATG Erstellung
Hauptverantwortung SBB Inbetriebsetzung
Rohbau Rohbau-Ausrüstung Bahntechnik
Betrieb Fahrplanmässiger kommerzieller Betrieb Dezember 2020
Testbetrieb März/April 2020
Probebetrieb September 2020
Prüfung Technische Systeme Betriebsprozesse Integration Gesamtsystem
Einüben Betriebsprozesse Normalbetrieb Erhaltungsbetrieb Störungsbetrieb Intervention/Ereignisübungen Ertüchtigungsfahrten mit kommerziellen Zügen
Inbetriebnahme 1
1
1
2
3
BAV (Bundesamt für Verkehr) 1
Freigabeverfügung für Testbetrieb
2
Betriebsbewilligung für Probebetrieb
3
Betriebsbewilligung für kommerziellen Betrieb
D IE I N B E T R IE B S E TZ U NG
Bevor die Züge fahrplanmässig durch den Ceneri-Basistunnel fahren können, müssen alle Anlagen eingehend geprüft, Testkilometer mit Zügen absolviert und das Personal geschult werden. Erst wenn alles rund läuft, erhält die SBB vom Bund die Betriebsbewilligung für den kommerziellen Betrieb. Die Inbetriebsetzung des Ceneri-Basistunnels ist sehr komplex und in verschiedene Schritte aufgeteilt. In Teilprüfungen wird jede einzelne Komponente und Anlage auf ihre Funktionalität hin getestet. Die Testphasen Nach Abschluss des Einbaus und der erfolgreichen Teilprüfung sämtlicher Komponenten und Installationen beginnt auf
21
der gesamten Tunnelstrecke die eigentliche Inbetriebsetzung. Diese ist unterteilt in: Gesamtintegrationstest Vor Aufnahme des Testbetriebs muss sichergestellt sein, dass die vorhandenen Einrichtungen und Anlagen in allen Betriebszuständen den Anforderungen entsprechen, die erforderlichen Leistungen erbringen und reibungslos funktionieren. Im Rahmen eines sogenannten Gesamtintegrationstests wird deshalb das Zusammenspiel aller Komponenten und Teilsysteme sowie deren Einbettung in die übergeordneten Leittechniken und die Anbindung an das übrige Netz der SBB systematisch erprobt und geprüft. Testbetrieb Die AlpTransit Gotthard AG weist als Erstellerin die Funktionalität und die Erfül-
Inbetriebsetzung des Ceneri-Basistunnels Südportal des Ceneri-Basistunnels in Vezia
lung der Sicherheitsanforderungen nach. Im Testbetrieb werden zuerst detaillierte Messdaten von bestimmten Teilsystemen mit Messfahrten erfasst und ausgewertet, worauf mit weiteren Zugfahrten das Zusammenspiel aller Tunnelkomponenten ausgiebig geprüft wird. Probebetrieb Der anschliessende Probebetrieb steht unter der Hauptverantwortung der SBB, der künftigen Betreiberin. Erst wenn nachgewiesen ist, dass der Betrieb mit Personen und Güterzügen, der Personaleinsatz und die Ereignisbewältigung reibungslos funktionieren, erteilt das zuständige Bundesamt für Verkehr die Betriebsbewilligung für den kommerziellen Betrieb.
22
D E R G O T T H AR D-B A S IS T U N N E L
Nach 17 Jahren Bauzeit ist der neue Gotthard-Basistunnel am 1. Juni 2016 feierlich eröffnet worden. Mit einer Länge von 57 Kilometern ist er nicht nur der längste Eisenbahntunnel der Welt, sondern auch ein einmaliges Meisterwerk der Ingenieurskunst. Das Tunnelsystem Der Gotthard-Basistunnel führt vom Nordportal bei Erstfeld im Kanton Uri zum Südportal bei Bodio im Kanton Tessin. Der Haupttunnel ist 57 km lang und besteht aus zwei Einspurröhren, die 40 Meter auseinanderliegen und alle 325 Meter durch einen Querstollen miteinander verbunden sind. Zählt man alle Verbindungsund Zugangsstollen sowie Schächte hinzu, misst das ganze Tunnelsystem rund
152 km. Mit einer Felsüberlagerung von bis zu 2300 Metern ist der GotthardBasistunnel der am tiefsten unter Tag liegende Eisenbahntunnel der Welt und weist praktisch keine Steigungen auf, der Scheitelpunkt liegt auf 550 m ü. M. Zwei Multifunktionsstellen unterhalb Faido und Sedrun unterteilen die beiden Tunnelröhren in drei ungefähr gleich lange Abschnitte. In diesen Multifunktionsstellen können die Züge die Röhre wechseln und im Notfall auch anhalten. Für den Bau gliederte man den Gotthard-Basistunnel in fünf Abschnitte. Um Zeit und Kosten zu sparen, wurden die Bauarbeiten in den einzelnen Abschnitten aufeinander abgestimmt und erfolgten teilweise gleichzeitig.
Der Vortrieb Die Mineure mussten beim Bau des Gotthard-Basistunnels ganz unterschiedliche Gesteinsschichten durchbohren: vom harten Granit bis zu stark zerbrochenen Sedimenten. Der Vortrieb in den Hauptröhren erfolgte zu 80 Prozent mit Tunnelbohrmaschinen und zu 20 Prozent im konventionellen Sprengvortrieb. Insgesamt wurden 28,2 Millionen Tonnen Ausbruchmaterial aus dem Tunnel befördert. Im Berg betrug die Temperatur bis zu 46 Grad Celsius. Zu Spitzenzeiten arbeiteten rund 2400 Personen auf den Baustellen am Tunnel. Die Bauarbeiten liefen in drei Schichten rund um die Uhr.
Portal Bodio
Multifunktionsstelle Faido mit Nothaltestellen
Abluftstollen
Zugangsstollen
Zugangsstollen Fahrröhre
Schacht I+II Nothalt im Tunnel Multifunktionsstelle Sedrun mit Nothaltestellen
Querschlag Kabelstollen
Portal Erstfeld
Zugangsstollen
Parallelstollen/Fluchtröhre Abluft Zuluft
Hauptdurchschlag im Gotthard-Basistunnel Schema des Tunnelsystems am Gotthard
23
Weltrekord am Gotthard Am 15. Oktober 2010 war der Weltrekord am Gotthard Realität: 30 Kilometer vom Südportal und 27 Kilometer vom Nordportal entfernt fand der Hauptdurchschlag im längsten Eisenbahntunnel der Welt statt. Auch die Vermesser erzielten eine Meisterleistung: Die Abweichung betrug nur 8 Zentimeter horizontal und 1 Zentimeter vertikal. Für den Ausbruch des gesamten Tunnels brauchten die Mineure insgesamt rund 11 Jahre. Rohbau-Ausrüstung und Bahntechnik Mit dem Hauptdurchschlag waren die Arbeiten im Gotthard-Basistunnel aber noch lange nicht abgeschlossen. Es folgte der Innenausbau der beiden Tunnelröhren. Die Spezialisten der Rohbau-Ausrüstung bestückten den Tunnel mit mechanischen und elektromechanischen Anlagen wie
Türen und Toren oder Lüftungs- und Entwässerungsanlagen. Diese gewährleisten, dass der Bahntunnel sicher betrieben und unterhalten werden kann. Im Sommer 2010 erfolgte auch der Start des Einbaus der Bahntechnik. Die bahntechnischen Installationen umfassten die Fahrbahn, Fahrleitung, Bahnstrom- und Stromversorgung, Kabel-, Telecom- und Funkanlagen, Sicherungs- und Automatisationssysteme sowie die Leittechnik. Anschlussstrecken Nord und Süd Schliesslich musste der neue Tunnel auch noch mit dem bestehenden Bahnnetz verbunden werden. Dazu wurden sowohl im Norden als auch im Süden Zusatzbauten wie Brücken oder Unterführungen gebaut, die den Anschluss der bestehenden SBBBahnlinie an den Tunnel ermöglichten.
Testahrt mit ICE-S Eröffnung des Gotthard-Basistunnels am 1. Juni 2016
Inbetriebsetzung Bevor der Gotthard-Basistunnel in Betrieb genommen werden konnte, wurde in mehr als 3500 Testfahrten das Zusammenspiel aller Tunnelkomponenten und Anlagen auf Herz und Nieren geprüft. Im November 2015 fuhr zum ersten Mal ein Zug mit der maximalen Testgeschwindigkeit von 275 km/h durch den längsten Tunnel der Welt. Im Januar 2016 absolvierte der erste Güterzug die Fahrt durch den neuen GotthardBasistunnel. Anfang Juni 2016 wurde der neue Gotthard-Basistunnel mit einer grossen Eröffnungsfeier und einem Volksfest für Jung und Alt eröffnet. Die fahrplanmässige Inbetriebnahme des Jahrhundertbauwerks durch die SBB erfolgte am 11. Dezember 2016.
24
IMP R E S S U M Herausgeberin AlpTransit Gotthard AG Zentralstrasse 5 6003 Luzern Telefon 041 226 06 06 Redaktion und Realisierung Medienstelle Gotthard AlpTransit Gotthard AG, Luzern Layout, Grafik und Gestaltung Brigitta Schamberger Bildnachweis Nicola Demaldi, Titelbild, Seiten 2, 8, 9, 12, 13, 16, 19, 21 Keystone, Seiten 3, 5 unten, 6, 7 SBB Fotoservice, Seiten 4, 5 oben ATG, Seiten 10, 14, 15, 17 unten, 23 oben Laurent Gillieron, Seite 23 unten COGESUD, Seite 11 Angel Sanchez, Seite 22 Furrer+Frey AG, Seite 18 Fabrizio Giraldi, Seite 20 Druck Tipo-Offset Aurora SA, Lugano – Canobbio Auflage 10/2017, 6000 Ex Š AlpTransit Gotthard AG, 2017 www.alptransit.ch