Alexej Nawalny muss sofort freigelassen werden! Amnesty International ist äußerst besorgt um Gesundheit und Leben des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny. Die Entscheidung von Amnesty, Nawalny nicht mehr als »gewaltlosen Gewissensgefangenen« zu bezeichnen, hat allerdings für Irritationen gesorgt. Eine Erklärung des Generalsekretärs von Amnesty International Deutschland, Markus N. Beeko
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21. April: Zum Redaktionsschluss dieses Textes ist Alexej Nawalny seit seiner Rückkehr nach Russland gut drei Monate in Haft. Er wird in der berüchtigten Strafkolonie IK-2 festgehalten. Sein Gesundheitszustand hat sich verschlechtert. Er ist in einen Hungerstreik getreten, medizinische Versorgung durch Ärzte seines Vertrauens wird ihm verwehrt. Amnesty-Generalsekretärin Agnès Callamard hat in einem Schreiben an den russischen Präsidenten Putin die sofortige Freilassung Nawalnys gefordert sowie die medizinische Versorgung durch qualifiziertes Personal seiner Wahl. Sie hat die russische Regierung auch daran erinnert, dass diese in der Verantwortung für Nawalnys Wohlergehen ist und dass sie, sollte Nawalny Schaden nehmen, dafür strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden wird.
Eine Amnesty-Eilaktion, an der sich Menschen weltweit beteiligen können, läuft. Wir sind mit Regierungen im Austausch, um auf Russland einzuwirken, Alexej Nawalny freizulassen. Vielerorts sind Amnesty-Mitglieder mit Aktionen und Mahnwachen aktiv. Bis zu Alexej Nawalnys Freilassung fordert Amnesty International, dass er von qualifizierten unabhängigen Fachärzten seiner Wahl untersucht wird und die von ihnen verordnete Behandlung erhält, selbst wenn diese nur in einer zivilen medizinischen Einrichtung möglich ist, sowie eine unabhängige Untersuchung seiner Haftbedingungen. Zahlreiche Zuschriften haben uns erreicht, nachdem Amnesty entschied, Nawalny nicht mehr als »gewaltlosen Gewissensgefangenen« (Prisoner of Conscience) zu bezeichnen. Das Vorgehen, die Hintergründe und der Zeitpunkt waren für viele Menschen unverständlich und nicht nachvollziehbar. Ich teile das geäußerte Unverständnis, die Sorge um Alexej Nawalnys Sicherheit und die berechtigten Fragen zum Vorgehen von Amnesty International. Auch ich und viele meiner internationalen Amnesty-Kolleg_innen wurden überrascht. Wir nehmen die Kritik und Nachfragen ernst, denn sie betreffen einen zentralen Bereich unserer nunmehr 60-jährigen Geschichte – den Einsatz für Menschen in akuter Gefahr. Alexej Nawalny gehört zu diesen bedrohten Menschen. Ich möchte Ihnen deshalb versichern: Amnesty International setzt sich mit allem Nachdruck für die sofortige Freilassung von Alexej Nawalny ein. An der Beurteilung der Verfolgungssituation von Alexej Nawalny hat sich nichts geändert: Er ist ein politischer Gefangener, seine Verhaftung und Inhaftierung sind willkürlich und politisch motiviert. Daran ändert die Tatsache nichts, dass Amnesty ihn aktuell nicht als »gewaltlosen Gewissensgefangenen« bezeichnet. Sie ist aber von unseren Unterstützer_innen, Partner_innen und der Öffentlichkeit teilweise als Distanzierung von der Person Nawalnys wahrgenommen worden. Ich bedauere zutiefst, wenn durch Amnestys Vorgehen dieser Eindruck entstanden ist, der von interessierten Kreisen gefördert und genutzt worden ist. Amnesty International ist in der Verantwortung, hieraus Konsequenzen zu ziehen und das Vertrauen in unseren unabhängigen Einsatz für alle von Willkür und Machtmissbrauch bedrohten Menschen wieder herzustellen. Wir nehmen im Internationalen Sekretariat die Vorgänge zum Anlass, die angewandten Statuten und Richtlinien zu überprüfen und sind als weltweite Bewegung in unseren Gremien hierzu im Austausch. An erster Stelle steht jetzt der Einsatz für Alexej Nawalny. Er braucht Unterstützung, unser aller Unterstützung. Setzen Sie sich für Alexej Nawalny ein: https://www.amnesty.de/mitmachen/urgentaction/russische-foederation-alexej-nawalny-lebensgefahr-2021-04-08
gemälde des Straßenkünstlers Harry Greb in Rom, Januar 2021.
ALEXEJ NAWALNY
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