November 2011 an.schläge

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€ 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00

l l an.schläge das feministische monatsmagazin. november 2011

Nach langem Leiden und zähem Kampf ist

Sexismus von uns gegangen. Möge Gott ihm gnädig sein.

m s i n i m e f never dies! Von Blumen- und Kranzspenden ersuchen wir auf Wunsch der Hinterbliebenen abzusehen. Stattdessen:

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abonnieren.   Feminist Funeral      Auch Tod & Trauer haben ein Geschlecht      Käthe erklärt die Krise      Ein feministisches FAQ zur Wirtschafts- und Finanzkrise    Schnupperabo (3 Hefte): 10 / 12* Euro

Jahresabo (10 Hefte): 35 (ermäßigt 29) / 45* Euro Unterstützungsabo (10 Hefte): 43 / 53* Euro * gültig für Europa, weitere Auslandspreise auf Anfrage Infos und Bestellungen unter abo@anschlaege.at oder auf www.anschlaege.at

an.schläge Nr. 11/11, 25. Jahrgang, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M

Es gibt Alternativen      Angela McRobbie über Postfeminismus und die „Bridget-Jones-Ära“     Plus: Nobelpreis für Feminismus >> Teilzeit für alle! >> Ann Liv Young >> Genderfood >>  Clara Luzia >> All My Independent Women >> Embodiment >> und vieles mehr


In Wien geht was weiter.

#3 — GEBÄREN (BALD!)

Outside The Box | Zeitschrift für feminstische Gesellschaftskritik | outside.blogsport.de

Egal ob Jung oder Alt, Frau oder Mann, hier geboren oder zugezogen: Wir in Wien gehören zusammen. Orte, um einander kennenzulernen, gibt es viele – von den Jugendzentren bis zu den Pensionistenklubs. In den Parks hilft dabei die Parkbetreuung Informationen zu den Serviceeinrichtungen der Stadt gibt es auf www.wien.at oder im Wiener Stadtinformationszentrum, Telefon 01/525 50, Rathaus, Eingang FriedrichSchmidt-Platz (Montag bis Freitag 8 bis 18 Uhr)

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und in den Gemeindebauten das Nachbarschafts-Service der „wohnpartner“. Wir Wienerinnen und Wiener bestimmen selbst das Klima unseres Zusammenlebens. Gegenseitiger Respekt ist dafür die gute Grundlage.

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Programm: ƒ Präsentation der Fest-Schrift

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von Elisabeth Löffler und Cornelia Scheuer

ƒ Essen, Tanzen, Feiern! Musik von DJa.n.n.e. und Forget Romeo and Juliet Um Anmeldung wird gebeten: office@ninlil.at oder 01-714 39 39

Die Tageszeitung

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30. November 2011 ab 17 Uhr im ega: frauen im zentrum Windmühlgasse 26, 1060 Wien

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Die BIBLIOTHEK DES WIDERSTANDS hat seit ihrem Start im März 2010 bereits zwölf Mediabooks veröffentlicht. Ihr Ziel ist es, in 100 Ausgaben die weltweit wichtigsten politischen Kämpfe und sozialen Bewegungen seit Mitte der sechziger Jahre zu dokumentieren. Die einzelnen Ausgaben enthalten bis zu drei DVDs sowie ein Hardcoverbuch mit zahlreichen Abbildungen zur vielfältigen Geschichte linken Widerstands. Obwohl dieses einzigartige Projekt von den bürgerlichen Medien weitgehend ignoriert wurde, konnte es auch viel Zuspruch erfahren. Mit Ihrem Abonnement unterstützen Sie die weitere Herausgabe der BIBLIOTHEK DES WIDERSTANDS und erhalten finanzielle Vorteile:

15 Jahre Ninlil – Wir feiern!

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BIBLIOTHEK DES WIDERSTANDS

100 Bücher mit den wichtigsten Filmen des Widerstands seit 1967

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Politik 06 >>>

an.riss politik

08 >>>

Nobelpreis für Feminismus Drei herausragende Frauen- und Friedensaktivistinnen wurden ausgezeichnet

09 >>>

Käthe erklärt die Krise Wer und was ist eigentlich in der Krise und warum? Die Ökonomin Käthe Knittler hat Antworten

12 >>> 14 >>>

Teilzeit für alle! Bei der Enquete „Arbeit.Neu.Denken“ wurden feministische Utopien entwickelt an.riss international

Thema: Feminist Funeral 17 >>>

Trauer und Geschlecht Der Umgang mit Tod und Trauer ist gesellschaftlich und geschlechtsspezifisch geprägt

21 >>>

Best of Bestattung Letzte Ruhestätten, die für ein „Feminist Funeral“ taugen

22 >>>

Hebammenarbeit für die Toten Interview: Ajana Holz und Merle von Bredow bieten respekt- und liebevolle Bestattungen

24 >>>

Trauerklöße & Trostpflaster Kinderbücher, die den Tod, das Sterben und die Angst davor erklären

26 >>>

Tabuisierte Trauer Mit mehr als nur der eigenen Trauer müssen homosexuelle Hinterbliebene oft fertigwerden

Gesellschaft 28 >>>

an.riss arbeit wissenschaft

30 >>>

„Es gibt Alternativen“ Interview: Angela McRobbie hat trotz „Postfeminismus“ noch Hoffnung

Kultur 32 >>>

an.riss kultur

34 >>>

„Ich sitz gern im Augarten und hab meine Ruhe“ Fan-Interview: Clara Luzia über Lieblingslieder, Katzen und andere wichtige Dinge im Leben

All My Independent Women Das portugiesische Künstler*innen-Netzwerk verbindet Kunst mit feministischer Praxis 11 28 33 feminist superheroine 04 05 an.sage: Herrenschokolade und Frauenbier 37 neuland 06 11 sprechblase: Sager des Monats 41 zeitausgleich 06 28 plusminus: Mademoiselle & Homophobie 44 heimspiel 07 31 an.frage: : Kunst – Therapie – Kunst 47 lebenslauf 15 33 medienmix: rookiemag.com, no-racism.net, 50 lesbennest 37 Feminist Magazine

Kolumnen

Rubriken Rubriken

36 >>>

an.sprüche: Mythos „sexuelle Verwahrlosung“ an.lesen: Alice Schwarzer, Edeltraud Aubele & Gabriele Pieri, Renate M. Schönfeldinger, Mieze Meduza & Markus Köhle, Markus Gamper, Nina Pauer, Sabine Gruber an.klang: Wild Flag, Nneka, Lydia Lunch & Big Sexy Noise, Niobe an.sehen: Brave new vision an.künden: Termine & Tipps

27 38

bonustrack: vera kropf katzenpost Off The Rokket Werbe-Wäh

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41 42 43 November 2011 an.schläge l 03


editorial Während in Mexiko am „Día de los muertos“ auf dem Friedhof gegessen, getrunken und gefeiert wird, werden in Wien zu Allerheiligen nur die Straßenbahn-Intervalle zum Zentralfriedhof erhöht. Lustig geht es dort dann trotz des ganzen Rummels aber nicht zu. Ungeachtet des vielgenannten Wiener Hangs zur Morbidität: Besonders einfallsreich und einfühlsam ist die hiesige Bestattungs- und Gedenkkultur nicht. Geschlechtergerecht ist sie außerdem wohl nirgendwo. Da aber auch Feministinnen irgendwann sterben müssen, gehen wir in der November-Ausgabe der an.schläge der Frage nach, wie ein würdiger Abschied und ein anderes Andenken aussehen könnten. Eine kleine Anekdote zur Schwerpunktplanung: Bei den Redaktionssitzungen wurde der erwähnenswerte Wunsch laut, das Thema Tod möglichst „lebendig“ zu gestalten. Wir haben unser Bestes versucht. Die Redaktion Neue Homepage: Die an.schläge-Website hat einen Relaunch erfahren und ist ab sofort runderneuert online! www.anschlaege.at

Feminist Superheroines VANDANA SHIVA

(geb. 1952 in Dehradun/Indien) ist eine bedeutende Vertreterin der ökofeministischen Bewegung. Nachdem sie an der kanadischen Universität von Western Ontario in Physik promovierte, entschloss sie sich nach Indien zurückzukehren und gründete dort 1991 die Navdanya Organisation, die sich für den Schutz der biologischen und kulturellen Vielfalt von Saatgut einsetzt. Neben ihrem politischen Engagement verfolgte sie aber auch stets ihre wissenschaftliche Arbeit weiter und analysiert in zahlreichen Artikeln und Büchern, wie androzentrische Werte zu Umweltzerstörung, Militarismus und Ausbeutung beitragen. Für ihr Engagement in den Bereichen Umweltschutz, Frauenrechte und Nachhaltigkeit wurde sie mehrfach ausgezeichnet, 1993 wurde sie für ihre Vision von Umweltschutz, Feminismus und Frieden mit dem als „alternativen Nobelpreis“ bekannten Right Livelihood Award geehrt. isaga Illustration: Lina Walde

an.schläge werden gefördert von:

Erratum Ausgabe 10/2011 In der Illustration zur Meldung „Prostatagewebe bei Frauen nachgewiesen“ (S. 27) ist just die Benennung der männlichen Prostata fehlerhaft, denn sie weist auf die Harnblase. Die Prostata sitzt jedoch unterhalb der Harnblase und umschließt den oberen Teil der Harnröhre.

impressum

Herausgeberinnen und Verlegerinnen: CheckArt, Verein für feministische Medien und Politik. A-1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/920 16 76, E-Mail: redaktion@anschlaege.at, office@anschlaege.at, www.anschlaege.at l Koordinierende Redakteurinnen: Sylvia Köchl, office@anschlaege.at, T.01/920 16 76, Lea Susemichel, redaktion@anschlaege.at, T. 01/920 16 78 l Buchhaltung, Abos: Svenja Häfner, buchhaltung@anschlaege.at, abo@anschlaege.at l Termine, Tipps: Anita Weidhofer, termine@anschlaege.at l Inserate: Michèle Thoma, mi.thoma@chello.at l Redaktion: Bettina Enzenhofer/be, Andrea Heinz/ han, Leonie Kapfer/leka, Sylvia Köchl/sylk, Silke Pixner/pix, Fiona Sara Schmidt/fis, Lea Susemichel/les, Irmi Wutscher/trude, Vina Yun/viyu l Praktikum: Julia Mac Gowan l Texte: Lisa Bolyos/

lib, Sonja Eismann, Bettina Enzenhofer, Denice Fredriksson, Isabelle Garde/isaga, Svenja Häfner/svh, Beate Hammond, Christine Hartmann, Andrea Heinz, Gabi Horak, Mia Kager/miak, Leonie Kapfer, Birge Krondorfer, Vera Kropf, Christina Mohr, Christin Sager, Julia Schäfer, Verena Stern, Brigitte Theißl, Paula Wischer, Irmi Wutscher l Layoutkonzept & Layout: Lisa Bolyos l

Coverfoto: Jon Helgason/www.123rf.com l Cartoons & Illustrationen: Paula Bolyos, Yori Gagarim, Nadine Kappacher, Melanie Letschnig, Lisa Max, Bianca Tschaikner, Lina Walde, Yan Maria Yaoyólotl l Fotos: an.schläge-Archiv, Lisa Bolyos, Verena Fabris, Goldsmiths University of London, Darren Hester, KosmosTheater, Molly Landreth, Antje Majewski, Ricardo Medina, Promo, Julia Rohn, SylK, Susanne Schuda, www.globalfundforwomen.org, www.womenpress.org l Homepage: Mirjam Bromundt, www.anschlaege.at l Druck: H.R.G. Druckerei © an.schläge: Titel, Vorspann und Zwischentitel von der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Auffassung der Redaktion entsprechen. Kürzungen vorbehalten. l ISSN 1993-3002

04 l an.schläge November 2011


an.sage

Herrenschokolade und Frauenbier Ein Kommentar von Lea Susemichel

Vielleicht hat alles mit dem Cola-Light-Mann angefangen. Im Original-Werbespot versammelt sich eine Gruppe weiblicher Angestellter zum „11.30-Termin“ vor dem Panoramafenster ihres Manhattan-Bürotowers, um einem sehr ansehnlichen Fensterputzer mit nacktem Oberkörper bei der Arbeit zuzusehen. Eine Sekretärin streicht, versunken in den Anblick, lasziv über den Rand einer Dose Diet Coke. Auch der junge Mann vorm Fenster trinkt Cola, mit zurückgeworfenem Kopf und hervorquellendem Adamsapfel, Männerkörper wie Getränkedose sind mit verheißungsvollen Feuchtigkeitsperlen bedeckt. Die Hauptzielgruppe für das Getränk ohne Zucker und Kalorien waren zweifellos Frauen. 2005 kommt dann „Coke Zero“ auf den Markt. Es ist quasi dasselbe drin, doch nun sollen auch Männer angesprochen werden, die sich trotz sexy Rolemodel offenbar geziert hatten, zum diätischen Frauenprodukt zu greifen. In der Coke-ZeroWerbung werden deshalb nun Männerträume wahr: Sex, Action und Hubschrauber, „Echter Geschmack, Zero Zucker“. Mit dem Versprechen von Genuss ohne Reue werden dabei zugleich andere Phantasien bedient: „Warum dann nicht auch eine Freundin und Zero Drama?“, lautet der Slogan eines Spots. Geschlechtsspezifische Ernährungsgebote gab es freilich schon vor der Einführung von kalorienarmen Erfrischungsgetränken und Yogi-Tee. Das blutige Steak war immer schon Männersache, den Frauen blieb der Kirschlikör. Fallweise werden kulinarische Geschlechtergrenzen inzwischen sogar durchlässiger. Der Griff zur ehemaligen „Herrenschokolade“ etwa wird auch der gesundheitsbewussten Frau längst in allen Magazinen empfohlen, seit bekannt ist, dass Bitterschokolade gut für die Cholesterinwerte ist. Doch fette Schokobarren wie Mars oder Snickers sind weiterhin kein Mädchenkram. Auch wenn die Nahrungsmittelindustrie also stets auch geschlechtssegregiert produziert hat (immer noch beinahe undenkbar, dass zwei heterosexuelle Männer sich gemeinsam einen Piccolo-Sekt aufmachen), einen boomenden und scheinbar höchst zukunftsträchtigen Markt mit „Genderfood“ gibt es erst seit wenigen Jahren. Und ist die geschlechtsex-

klusive Verzehrsempfehlung bei Mars und Cola noch – mehr oder weniger subtiler – Subtext, erfolgt sie bei anderen Produkten ganz direkt. „Finally a beer just for women!“, lautet der Werbespruch für „Chick-Beer“. Die Verpackung des neuen Frauenbiers ist pink, der Inhalt natürlich „light“, milder im Geschmack und kohlensäureärmer als normales Bier. Man geht wohl davon aus, dass die Konsumentinnen selbst abgestandenen Geschmack in Kauf nehmen, wenn sie dafür dann nicht rülpsen müssen. Auch bei der Schokolade ist man mitunter ganz unverhohlen: So hat Nestlé den XXLRiegel „Yorkie“ entwickelt, auf dessen Verpackung „It’s not for Girls!“ steht. Das „O“ im Namen ersetzt eine runde Grafik mit durchgestrichener Frauenfigur. Sogar heimische Bäckereien folgen dem Trend und bieten „Eva-“ und „AdamBrot“ an. Das Frauenbrot soll bei regelmäßigem Verzehr das Brustkrebsrisiko senken, der Männerlaib die Prostata schützen. So fragwürdig solche Versprechen aus ernährungswissenschaftlicher Perspektive sind, so vielversprechend sind sie aus marketingstrategischer. Frauen treffen 90 Prozent aller Kaufentscheidungen bei Gütern des täglichen Bedarfs. Sprich: Sie sind weiterhin für den Lebensmitteleinkauf und die Planung der Mahlzeiten zuständig. Und bringen den Männern dann auch den Kürbiskern-Snack gegen nächtlichen Harndrang mit, nachdem sie sich selbst einen fettarmen Abführjoghurt eingepackt haben, so das Kalkül. Wie sich die Verkaufsstrategie für Genderfood jedoch trotzdem unweigerlich immer wieder selbst persifliert, demonstriert eine Snickers-Werbung. Sie zeigt eine Autofahrt, bei der eine glamouröse Lady drei junge Männer mit ihren ständigen Beschwerden nervt. „Jeff, iss ein Snickers“, rät ihr schließlich einer ihrer jugendlichen Mitfahrer, „immer wenn du hungrig bist, wirst du zur Diva.“ In der nächsten Einstellung ist die Lady zum kauenden Mann geworden. „Du bist nicht du, wenn du hungrig bist“, tönt der identitätsrigide Schluss-Slogan. Doch die eigentliche Message ist eine andere: Diven können auch männlich sein. Und noch viel wichtiger: Ganz gleich, welchen Geschlechts sie sind – sie dürfen große Schokoriegel essen. l November 2011 an.schläge l 05


an.riss politik deutschland Helene-Weber-Preis 2011 Der im Jahr 2009 ins Leben gerufene Helene-Weber-Preis geht heuer an die Freiburger Stadträtin Sylvia Nantcha. Das Engagement der in Kamerun geborenen Hauptpreisträgerin und Mutter von drei Kindern gilt v.a. innovativen Projekten für kinderund familienfreundliche Politik, mehr Sichtbarkeit von Frauen in politischen Gremien und gelungener Integration in ihrer Kommune. Der Preis, benannt nach einer der vier „Mütter“ des Gundgesetzes, die Foto: Die „Mütter des Grundgesetzes“: als Mitglied des Parlamentarischen Frieda Nadig, Elisabeth Selbert, Helene Weber und Helene Wessel Rates die Anfänge der Bundesrepublik mitprägte, richtet sich an kommunalpolitische „Einsteigerinnen“, die noch nicht länger als zwei Legislaturperioden ein Mandat in der Kommune haben. Das Vorschlagsrecht liegt dabei bei den Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Anschließend wählt eine Jury, darin auch Marlies Brouwers, Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, neben der Hauptpreisträgerin noch weitere 14 Frauen. Bewertet werden Umfang und Qualität des politischen, aber auch zivilgesellschaftlichen Engagements, innovative Ansätze und Projekte der Bewerberinnen, ihr Einsatz für Chancengleichheit sowie ihre Vorbildfunktion und Motivation, mehr Frauen für die Kommunalpolitik zu gewinnen. Intention der Auszeichnung ist es, Kommunalpolitikerinnen zu stärken und gleichzeitig für mehr politisches

Engagement von Frauen zu werben, um der in Deutschland herrschenden deutlichen Unterrepräsentanz von Frauen in der Kommunalpolitik entgegenzuwirken. Denn immer noch sind drei Viertel der Sitze in Stadträten und Kreistagen von Männern besetzt, noch deutlicher wird das Ungleichgewicht der Geschlechterverhältnisse bei den wichtigen Ausschüssen und Gremienbesetzungen. svh www.helene-weber-preis.de

schweiz Wenig Kandidatinnen Am 23. Oktober 2011 wurden rund 5,1 Millionen stimmberechtigte Schweizerinnen und Schweizer an die Wahlurnen gerufen. Dabei mussten 200 Nationalrats- und 46 Ständeratssitze neu besetzt werden. Mit 2.500 Kandidat_innen für die insgesamt 246 politischen Sitze war die Zahl an Bewerber_innen noch nie so hoch; der Frauenanteil unter ihnen jedoch noch nie so niedrig. So sank beispielsweise die Präsenz von Frauen auf den Zürcher Nationalratslisten auf knapp 34 Prozent, der tiefste Stand der letzten 20 Jahre. Eine Umfrage unter alten und neuen Nationalratskandidatinnen ergab, dass Frauen aufgrund ihrer Mehrfachbelastung generell weniger macht- und karriereorientiert sind, sie müssten persönlich angesprochen werden, um sich für eine Kandidatur zu bewerben, drängten sich weniger vor. Allerdings zeigten Frauen durch ihre unbequeme, pragmatische, direkte und weniger traditionell geprägte Art eine erstaunliche Präsenz im Nationalrat. Und dies obwohl sie in diesem politischen Organ mit gerade einmal 30 Prozent deutlich unterrepräsentiert sind. Dass jedoch erstmals der siebenköpfige Bundesrat, die Schweizerische Regierung, von Frauen dominiert wird, kann als kleiner Meilenstein in der Geschichte der Gleichstellung der Geschlechter in der Schweiz angesehen werden. Das Wahlergebnis stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. svh

„ … dass das kleine

Mädchen

mehr von ihrer Mama gehabt hätte“

Eva Herman meldet sich zurück und wettert wieder gegen arbeitende Mütter. Opfer der Hermanschen Hetzkampagne wurde dieses Mal die konservative deutsche Frauenministerin Christina Schröder. Diese habe „vollkommen verantwortungslos“ und „wider unumstößliche Naturgesetze“ gehandelt, als sie nach nur drei Monaten Babypause in die Politik zurückkehrte. Selbst die sich nicht gerade durch Radikalfeminismus auszeichnende Schröder weist das von sich und fordert „Wahlfreiheit“ für sich und alle anderen Frauen. leka 06 l an.schläge November 2011

plus

Au Revoir Mademoiselle (+) Bonjour Homophobie (-) Die Französinnen haben genug und fordern ein Ende der „Mademoiselle“. Diese Bezeichnung sei diskriminierend, da sie Frauen auffordere, ihre familiäre Situation preiszugeben, von Männern würde dies nicht gefordert. Der Kampf gegen das „Fräulein“ wird in Frankreich schon seit einigen Jahren geführt. Von amtlichen Formularen ist die Bezeichnung immerhin schon verschwunden. Ob die Petition dieses Mal Erfolg hat, bleibt abzuwarten. Wir drücken die Daumen. leka

Auf dem französischen Android-Markt ist eine App erhältlich, die BenutzerInnen verraten soll, ob ihr Sohn homosexuell ist oder nicht. Die Eltern müssen dabei 20 Fragen beantworten. Anschließend wird ausgewertet, ob sie „aufatmen können“, weil der „Sohn sicher nicht schwul ist“ und sie weiterhin „die Chance haben, glückliche Großeltern zu werden“. Oder ob „alles zu spät ist“, weil „er schwul ist“. In letzterem Fall empfiehlt die App den Eltern: „Das müssen Sie jetzt akzeptieren!“ leka


an.frage notstandshilfe Nichts gibt’s mehr

Kunst - Therapie - Kunst

Im Falle einer Ehe, Eingetragenen Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft hat die Anrechnung des Partner_innengehalts auf die Notstandshilfe zur Folge, dass vielen, und das sind mehrheitlich Frauen, die Notstandshilfe gekürzt oder komplett gestrichen wird. Dabei bleibt völlig unberücksichtigt, wie lange die betroffene Person bereits gearbeitet hat. Da kann es schon mal passieren, dass eine Frau nach einer dreißigjährigen Berufstätigkeit aufgrund des Partner_inneneinkommens keinen Cent Notstandshilfe erhält. Und dies bereits ab einer Gehaltshöhe der Partnerin/des Partners von 1.150 Euro. Dass von diesen Kürzungen zu über 80 Prozent Frauen betroffen sind, liegt auch an deren durchschnittlich niedrigerem Einkommen. Abhängigkeitsverhältnisse werden durch diese Regelungen verschärft, auch unverheiratete Frauen geraten dadurch leicht in völlige ökonomische Abhängigkeit. Doch auch umgekehrt bietet diese Regelung Frauen, deren Partner_innen Notstandshilfe beziehen, wenig Anreiz, das Familieneinkommen durch eine bezahlte Arbeit zu erhöhen, wenn sie dadurch eine Kürzung bzw. Streichung der Notstandshilfe befürchten müssen. svh

Die New Yorker PerformanceKünstlerin Ann Liv Young ist schon lange kein feministischer Geheimtipp mehr. Die meisten ihrer Shows erzählen Geschichten, wie etwa die von der Dreiecksliaison zwischen dem US-Präsidenten George Washington, seiner Frau und der Sklavin Oney, oder Märchen, wie das von Cinderella, Schneewittchen oder der kleinen Meerjungfrau. Es geht laut zu in diesen Performances, mit viel Nacktheit und teils explizitem Sex. Immer häufiger tritt aber auch Ann Liv Youngs AlterEgo Sherry auf die Bühne, eine extrovertierte, laute und in ihrer Offenheit zuweilen aggressive Südstaatlerin, die auch im Umgang mit dem Publikum gerne einmal angriffig wird. Für den diesjährigen Steirischen Herbst schuf die Künstlerin eine neue Performance, die mit ihren alten Bühnenkonzepten bricht: In einem Hotelzimmer trifft die Besucherin auf Sherry und ihren Assistenten Kevin – in der folgenden halben Stunde kann dann so ziemlich alles passieren. Andrea Heinz hat mit Ann Liv Young gesprochen.

http://diestandard.at

ehrung „Johanna-Dohnal-Hof“ Seit September dieses Jahres reiht sich Johanna Dohnal (1939-2010) in die noch sehr überschaubare Liste der nach Frauen benannten Wiener Gemeindebauten ein. Neben Bertha von Suttner, Frieda Nödl, Therese Schlesinger und Irene Harand wurde nun auch der ehemaligen österreichischen Frauenministerin diese Ehre zuteil. „Ihr Name ist untrennbar verbunden mit Frauenrechten, Selbstbestimmung, Solidarität, Frieden und Antirassismus. Sie hat viele durch ihren Weitblick und ihre Beharrlichkeit beim Kampf für Gleichstellung von Mann und Frau beeindruckt, beeinflusst und dafür motiviert“, so Vizebürgermeisterin Renate Brauner bei der offiziellen Umbenennung der städtischen Wohnhausanlage in Wien Penzing, Jenullgasse 18-26, in „Johanna-Dohnal-Hof“. Bereits zu Lebzeiten kam die in einem Gemeindebau im 14. Bezirk aufgewachsene Politikerin zu einigen Ehren. So wurde sie 1992 von 500 Journalistinnen zur „Frau des Jahres“ gewählt, 2005 zur „Bürgerin der Stadt Wien“ ernannt und 2009 vom Bundespräsidenten mit dem Berufstitel „Professorin“ ausgezeichnet. svh

forderungen Kostenlose Verhütungsmittel Anlässlich des Weltverhütungstages am 26. September, der 2007 zum ersten Mal von internationalen Organisationen ins Leben gerufen wurde, um Jugendliche mit weltweiten Aktionen auf Verhütung als wirksamen Schutz vor unerwünschten Schwangerschaften hinzuweisen, forderte die Frauensprecherin der Grünen Judith Schwentner neben einer zeitgemäßen Sexualerziehung auch einen Kostenersatz von der Krankenkasse für Verhütungsmittel. „Für junge Frauen, die wenig Geld haben, können sichere Verhütungsmittel zu einem unerschwinglichen Luxusgut werden. (…) Die Wahl der Empfängnisverhütung darf keine soziale Frage sein. Auch Jugendliche und einkommensschwache Frauen sollen die für sie am besten passende Methode zur Empfängnisverhütung wählen können“, so die Politikerin. In vielen europäischen Ländern wie Schweden oder den Niederlanden wie auch in den USA sind kostenlose Verhütungsmittel für Frauen bereits Standard. svh

Sie treten schon länger als Ihr Alter-Ego Sherry auf, aber Ihre neueste Performance ist nun eigentlich gar keine Show mehr, sondern nur noch eine TherapieStunde. Warum therapieren Sie Ihr Publikum jetzt? Therapie ist wichtig. Ich glaube, Menschen brauchen Therapie. Sie tun sich schwer, klar und deutlich zu sagen, was sie wollen und was sie brauchen. Besonders die Frauen. Die bringen es oft nicht einmal fertig zu sagen, wenn sie wütend oder traurig sind. Ich will den Menschen helfen, ihre Bedürfnisse und Gefühle besser zu kommunizieren. Viele Menschen stehen Psychotherapien aber auch kritisch gegenüber, sagen, wir lassen uns unsere Zustände nicht pathologisieren. Ist Ihre Show also auch eine kritische Auseinandersetzung mit Therapien? Ich kann nachvollziehen, warum Menschen gegen Therapien sind, aber trotzdem glaube ich: Menschen brauchen Hilfe, und zwar professionelle. Es geht bei mir ja auch nicht um Freud und diese ganze Schiene. Wir suchen keine verborgenen Bedeutungen. Sherry beobachtet einfach nur die Körpersprache der Menschen, sie will sie lesen, ihnen näherkommen. Ist das dann überhaupt noch Kunst – oder schon Therapie? Die Menschen in New York sagen die ganze Zeit: Du kannst das nicht machen, du hast keine Lizenz, du bist keine Therapeutin. Aber das ist Kunst, also darf ich das. Trotzdem war ich neugierig und habe die Show einer lizenzierten Therapeutin gezeigt, und sie hat gesagt: Das ist Active Therapy, was du da machst. Und überhaupt, Leute, das ist lächerlich! Das ist ein Kunstfestival, und ihr habt eine Karte dafür gekauft! November 2011 an.schläge l 07


nobelpreise

Nobelpreis für Frauenrechte Drei herausragende Frauen- und Friedensaktivistinnen teilen sich den Friedensnobelpreis 2011. Isabelle Garde stellt sie vor.

Seit der Verleihung des ersten Friedensnobelpreises im Jahr 1901 hat das Osloer Komitee erst zwölf Frauen ausgezeichnet. Heuer ging die Auszeichnung erstmals zu gleichen Teilen an drei Frauenrechtsaktivistinnen: Ellen Johnson Sirleaf, Leymah Gbowee und Tawakkul Karman. Das Nobelpreiskomitee begründet die Wahl mit dem Engagement der drei für einen gewaltfreien Kampf für die Sicherheit von Frauen und Frauenrechte. Ellen Johnson Sirleaf ist die älteste der drei Preisträgerinnen und hat bereits eine lange politische Karriere hinter sich. Die Liberianerin, die in Harvard studierte, arbeitete für die Vereinten Nationen und die Weltbank, bis sie 2006 als erstes weibliches Staatsoberhaupt in Afrika die liberianische Regierung übernahm. Nicht nur durch ihr Engagement gegen Gewalt an Frauen leistete sie einen immensen

Tawakkul Karman, Foto: womenpress.org

08 l an.schläge November 2011

Ellen Johnson Sirleaf, Präsidentin von Liberia, und Leymah Gbowee, Foto: www.globalfundforwomen.org

Beitrag zur Friedenssicherung des nach dem 14 Jahre andauernden Bürgerkrieges zerstörten, zerrütteten und traumatisierten Landes. Die Bürgerrechtlerin und Friedensaktivistin Leymah Gbowee spielte ebenfalls eine zentrale Rolle in der liberianischen Friedensbewegung. Die von ihr ins Leben gerufenen gewaltfreien Frauenproteste in der liberianischen Hauptstadt Monrovia, bei der alle Aktivistinnen als Zeichen ihres Friedenwillens weiße Kleidung trugen, wuchsen schnell zu einer größeren Widerstandsbewegung gegen das Regime von Charles Taylor an. Aufsehen erregte Gbowee auch durch provokanten Aktivismus wie ihren Aufruf zum „Sex-Streik“, der machtgierige Männer durch sexuelle Verweigerung zu pazifistischem Handeln zwingen sollte. Leymah Gbowee engagierte sich außerdem als Streetworkerin, beteiligte sich an einer Einrichtung für Bürgerkriegsflüchtlinge, war Programmkoordinatorin der Organisation „Women in Peacebuilding“ und ist Gründungsmitglied der „Women of Liberia Mass Action for Peace“. Die kritische Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Tawakkul Karman ist eine der Leitfiguren der Protestbewegung im Jemen. Seit 2006 organisiert sie wöchentliche Kundgebungen vor dem Amtsitz des Präsidenten Saleh,

der seit 33 Jahren an der Macht ist, und kritisiert öffentlich die jemenitische Regierung. Während des „Arabischen Frühlings“ wurde sie bei einer Studierendendemonstration, die sie organisiert hatte, in Sanaa gefangen genommen. Ihre Verhaftung löste jedoch Massendemonstrationen aus, woraufhin sie wieder freigelassen wurde. Karman, die 2005 die Menschenrechtsgruppe „Journalistinnen ohne Ketten“ gründete, ist nicht nur die erste Frau aus dem arabischen Raum, die den Friedensnobelpreis erhält, sondern mit 32 Jahren auch die jüngste Empfängerin der Auszeichnung. Sie widmete den Friedensnobelpreis den Aktivist_innen in der arabischen Welt und kündigte an, das Preisgeld ihrem Land zu stiften, wenn Präsident Saleh zurücktreten würde. Ein Frauenfestzug, der anlässlich Karmans Nominierung für den Friedensnobelpreis organisiert wurde, wurde allerdings von jemenitischen Regierungsanhänger_innen angegriffen. Das Nobelkomitee hofft, durch die Preisvergabe an Ellen Johnson Sirleaf, Leymah Gbowee und Tawakkul Karman einen Beitrag zur Beendigung der Unterdrückung und zur Anerkennung des Engagements von Frauen für Frieden und Demokratie zu leisten. Die diesjährige Entscheidung ist ein wichtiges Zeichen für den Kampf um Frauenrechte weltweit. l


krise

Käthe erklärt die Krise

Die „Krise“ war doch schon vorbei, warum gehen jetzt Staaten bankrott? Wer und was ist eigentlich in der Krise und warum? Die feministische Ökonomin Käthe Knittler hat Antworten für alle, die bei komplizierten Wirtschaftsberichten längst ausgestiegen sind. Protokolliert von Gabi Horak Foto: Lisa Bolyos

Was ist diese „Krise“? Warum spielt die Wirtschaft seit 2008 verrückt? Um den Ursachen für die Krise auf den Grund zu gehen, müssen wir weiter zurückschauen: In den Nachkriegsjahren bis in die 1970er Jahre war ein Wirtschaftssystem dominant, das als Fordismus bezeichnet wird. Das hat für 30 Jahre, zumindest für einen Teil der Welt, ganz gut funktioniert: Wirtschaftswachstum, relativ niedrige Arbeitslosigkeit, aufbauend auf Massenproduktion und Massenkonsum. Dieses System ist in den 1970er Jahren in die Krise gekommen, Massenproteste haben zugenommen. Ende der 70er kam es zur Ölkrise, und das System fixer Wechselkurse ist zusammengebrochen, insgesamt hat sich das negativ auf die Gewinne ausgewirkt. War die Politik bis dahin noch von einem Denken geprägt, das Staatsinterventionen ebenso wie wirtschaftliche Ankurbelungsmaßnahmen erlaubte, kam es in den 1980er Jahren zu einem wirtschaftspolitischen Umschwung hin zum Neoliberalismus, wie wir ihn heute kennen: Zurückdrängen von Gewerkschaften, eine Erstarkung von Unternehmensinteressen.

Zugleich gibt es einen starken Anstieg an Gewinnen aus Finanztransaktionen, d.h. Gewinne werden weniger mit realen Gütern, Dienstleistungen, Rohstoffen gemacht, sondern damit, dass das Geld sich am Finanzmarkt scheinbar durch sich selbst vermehrt, durch den Handel über Spekulationsgeschäfte und Wechselkursgeschäfte u.Ä. – der Finanzsektor hat in den letzten zehn bis zwanzig Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen.

Und was ist passiert, dass dieses System nun nicht mehr funktioniert? Wie war der Krisenverlauf? Zunächst gab es in den USA die „sub prime“-Krise oder „Immobilien-Krise“. Sub-Primes sind Wertpapiere mit niedriger Bonität, „schlechten“ Gläubigern oder Gläubigerinnen. Das waren in den USA diese Hypothekarkredite, die massenhaft an Personen vergeben wurden, obwohl klar hätte sein müssen, dass sie die Kredite schwer zurückzahlen können. Die Banken blieben dann auf diesen Krediten sitzen, als der Immobilienmarkt zusammengebrochen ist. Der Grund, warum aber so ein großer

Bedarf für diese Kredite bestanden hat, war, dass die Löhne in den USA für den Großteil der Menschen so niedrig sind, dass sie ohne Kredite nicht leben können oder keine Häuser bauen können, weil es auch keinen staatlichen Wohnungsbau gibt. Das hat mit der neoliberalen Umstrukturierung zu tun: Die Lohneinkommen sind gesunken. Ähnliche Symptome finden sich auch in Spanien. Im Laufe der Immobilien-Krise gab es noch die leise Hoffnung, dass sich die Krise auf das eine Marktsegment in den USA beschränkt. Aber die Krise hat doch auf die Banken übergegriffen, das war der Beginn der „Finanzkrise“. Die Banken untereinander haben das Vertrauen verloren, spätestens als die große US-Bank „Lehman Brothers“ in Konkurs gegangen war. Die Banken verleihen ja untereinander Geld und handeln mit Krediten, und wenn dann das Vertrauen nicht mehr da ist, verlangen sie mehr Zinsen voneinander. Dadurch wird es immer schwieriger und teurer, sich Geld auszuborgen. Damit werden aber auch Kredite für KundInnen und Unternehmen teurer. So ist die Krise übergeschwappt auf den November 2011 an.schläge l 09


krise sogenannten realen Sektor; 2008/2009 kam es zu ersten großen Firmenpleiten und Entlassungen. Damit hatten auch Privathaushalte weniger Geld, sie konnten weniger konsumieren, und auch das wirkte sich für die gesamte Wirtschaft nachteilig aus. Somit kam es von der „Finanzkrise“ zur „Wirtschaftskrise“. Die „Wirtschaftskrise“ 2009 führte zu einem beispiellosen Rückgang des Wirtschaftswachstums. Das BIP ist kleiner geworden, anstatt – wie üblich – größer, je nach Land in unterschiedlichem Ausmaß, und die Arbeitslosigkeit ist in allen Ländern massiv angestiegen. Plötzlich haben die ganzen neoliberalen Wirtschaftsbosse und Bankenbosse nach Hilfe vom Staat gerufen. Diese Hilfe gab es auch, die Staaten haben viel Geld zugeschossen. Zugleich sind durch die „Wirtschaftskrise“ die Lohneinkommen, Konsumausgaben etc. gesunken, d.h. in all den Bereichen hat der Staat über Steuern weniger eingenommen, hatte aber höhere Ausgaben durch die Konjunktur-Maßnahmen und höhere Ausgaben in der Arbeitslosenversicherung. So landeten wir beim vierten Schritt, bei dem wir heute sind, bei der „Staatsschuldenkrise“.

Was heißt denn „neoliberale Wirtschaftspolitik“ genau? Neoliberale Wirtschaftspolitik fordert: Privatisierungen, Deregulierungen, Flexibilisierung des Arbeitsmarkts und auch des Finanzmarkts, möglichst wenige Staatsinterventionen – kurzum neoliberale Wirtschaftspolitik ist ein großer Umverteilungsmechanismus. Die Wirtschaft an sich sei stabil, wird da behauptet, und führe von sich heraus nicht zu Ungleichgewichten und ­Wirtschaftskrisen – wenn es dazu kommt, dann seien externe Faktoren daran schuld. Deshalb Rückzug des Staates aus allen Bereichen, außer zum Schutz des Privateigentums, zur Sicherstellung der Rechtsverträge, Landesverteidigung u.Ä. Neoliberale Wirtschaftspolitik ist seit den 1980er Jahren dominant: vertreten in Großbritannien durch Margret Thatcher, in den USA durch Ronald Reagan. Zur Durchsetzung der Politik kam immer die Drohung: Wenn das nicht passiert, dann wandern die Unternehmen ab. Ähnliche Drohungen gibt es heute noch, allerdings kommen durch 10 l an.schläge November 2011

die Krise neue Durchsetzungsmechanismen hinzu. Griechenland wird de facto erpresst: Entweder die Sparmaßnahmen im öffentlichen Bereich und Privatisierungen etc. werden umgesetzt, oder es gibt kein Geld. Dieselben Forderungen wurden in den 1980er Jahren über IWF und Weltbank übrigens auch an verschuldete Länder Afrikas und Lateinamerikas gestellt – mit massiven Verarmungsfolgen für die Bevölkerung.

Wurde neoliberale Wirtschaftspolitik durch die Krise sogar noch gestärkt? Als die Wirtschaftskrise die Unternehmen und Banken direkt stark betroffen hatte, war es nicht so. Da wurde sogar nach staatlicher Unterstützung und Regulierung gerufen. Kaum hatte sich die Wirtschaft aber wieder erholt, erstarkte das neoliberale Denken erneut und ist heute wahrscheinlich institutionell sogar noch stärker verankert. Der Kapitalismus ist also nicht in der Krise? Für den Großteil der Menschheit war und ist der Kapitalismus schon immer – auch ohne Krise – eine Katastrophe. Jetzt sind Teile der industrialisierten Welt in einer substanziellen Krise, und die Aufregung ist viel größer. Finanzkrisen hat es in den 1980er Jahren in Ländern Afrikas und Lateinamerikas massiv gegeben, wo wahrscheinlich sogar mehr Menschen leben als in den Regionen, die jetzt betroffen sind, und da hat niemand von einer Weltwirtschaftskrise geredet. Wieso muss der Staat eigentlich Banken retten? Was wäre so schlimm daran, wenn die einfach pleitegehen? Wenn eine Bank bankrottgeht, wie es ja manchen ergangen ist, ist das gesamtwirtschaftlich nicht so schlimm, die Angestellten der Bank werden arbeitslos, und ein paar beteiligte Leute haben Verluste. Wenn aber alle Banken bankrottgehen, dann ist der Kapitalismus gestorben. Banken verwalten das Geld, und ohne Geld gibt es keinen Kapitalismus. Unternehmen und Staaten brauchen Kredite, das ist etwas ganz Normales im Wirtschaftsprozess. Das war auch die Befürchtung in den USA zu Beginn der Finanzkrise: Wenn die Staaten eine Bank nach der anderen bankrottgehen lassen (die

„Lehman Brothers“-Pleite war der Anfang), könnte das einen DominoEffekt auslösen, alle Leute wollen ihre Spareinlagen abheben, aber dann bricht das gesamte Bankensystem ein, denn so viel Geld hat keine Bank. Banken leben ja davon, dass sie das Geld, das sie bekommen, auch wieder verborgen bzw. andere Geschäfte damit machen.

In Griechenland wird massiv gespart, weil der Staat eigentlich bankrott ist. Die Menschen wehren sich gegen den sozialen Kahlschlag. Kann so eine Situation auch in Österreich entstehen? Wie krisengefährdet ein Land ist, hängt von sehr vielen Faktoren ab. Die Staatsverschuldung alleine ist nicht ausschlaggebend. Griechenland hat im Vergleich zu anderen europäischen Ländern zwar einen hohen Schuldenstand, aber nicht den höchsten. Was in Griechenland aber passiert ist: Wie alle Länder nimmt Griechenland Kredite auf zur Refinanzierung. Nun haben die Rating-Agenturen die Bonität herabgestuft, mit der Folge, dass Griechenland wesentlich mehr Zinsen für neue Kredite zahlen muss, sodass es sich die Kredite nicht mehr leisten kann. Bei der Herabstufung spielen viele Wirtschaftsindikatoren eine Rolle: das Budgetdefizit, aber auch das Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit, Leistungsbilanzdefizit u.Ä. Und bei allen diesen Indikatoren ist Österreich relativ gut aufgestellt. Was übrigens auch heißt, dass Österreich wie auch Deutschland von der Griechenland-Krise über die Handelsverflechtungen durchaus auch profitiert hat, wie auch einige Banken und andere Gläubiger und Gläubigerinnen, weil sie nun sehr hohe Zinsen bekommen. Ob es auch in Österreich zu einer massiven Krise kommen kann, hängt davon ab, wie es sich insgesamt weiterentwickeln wird. Das ist schwer vorauszusagen, aber durchaus möglich. Die Gehälter von ManagerInnen steigen, die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer. Gleichzeitig wird der Bevölkerung erklärt, dass nun alle sparen müssen, Sozialleistungen werden gekürzt, Strom und Gas werden immer teurer, „Leistung“ wird eingefordert. Ist es nicht längst Zeit für einen Generalstreik? Die Streikkultur in Österreich schaut – etwa im Vergleich zu Griechenland –


ganz anders aus: „Wir“ sind viel braver, die Gewerkschaften sind braver und eingebunden in den StaatsverwaltungsApparat. Umgekehrt gibt es die Kultur des Jammerns, aber am Biertisch, und von dem rührt man sich dann nicht weg. Andererseits haben Protestbewegungen oft auch eine Dynamik, die nicht vorhersehbar ist. Das hat sich zuletzt bei den Studierendenprotesten gezeigt – das waren massive Proteste, mit denen niemand vorab gerechnet hat. Insofern kann ich mir gut vorstellen, dass es auch in Österreich zu größeren Protesten kommt. Und es ist klar, dass es die braucht, damit das System sich grundlegend ändert. Das hat sich ja zuletzt in vielen Ländern gezeigt. Weltweit betrachtet sind die Proteste mittlerweile größer als 1968.

Investieren oder sparen: Die einen sagen, Staat und Gesellschaft müssen sparen, damit die Schulden weniger werden. Die anderen sind überzeugt davon, dass eine Wirtschaftskrise nur durch Investitionen zu überwinden ist, denn nur so wird die Wirtschaft angekurbelt, Arbeitsplätze geschaffen, Konsum gesteigert etc. Wer hat recht? Prinzipiell sind sich alle einig, dass investiert werden soll, die Streitfrage ist nur: Wer soll investieren? Soll der Staat investieren oder private Unternehmen? Eine kapitalistische Wirtschaft funktioniert nur über Investitionen, doch die Neoliberalen schränken ein: Der Staat soll es nicht tun, weil der macht lauter Fehler. Welche spezifischen Auswirkungen hat die Krise auf Frauen? Grundsätzlich und auch bei den Auswirkungen der Krise wird im Normalfall immer nur der monetäre Bereich betrachtet: Staatsverschulden, Unternehmensgewinne, manchmal auch die Einkommen. Da ist man aber schon progressiv, wenn auch die sinkenden Einkommen mitbedacht werden. Aber es wird nie geschaut, was mit der unbezahlten Arbeit passiert, oder was passiert, wenn in einem Haushalt die Einkommen sinken – beispielsweise wegen der staatlich subventionierten Kurzarbeit oder der steigenden Arbeitslosigkeit. Dadurch wird die materielle Basis des Haushaltes geschwächt, was u.a.

dadurch ausgeglichen werden kann, dass mehr selber gekocht wird, mehr selber repariert etc. – das wird zu 80 Prozent von den Frauen geleistet. Genauso der Pflegebereich: Wenn Krankenhaus und Pflegeheim nicht mehr leistbar sind, übernehmen das die Frauen. Noch dazu sind bei Kürzungen im Gesundheitsbereich v.a. Frauenjobs betroffen. Das ist in der Diskussion um die Krise völlig unsichtbar. Denn unbezahlte Arbeit ist in den Wirtschaftswissenschaften kein Faktor, es fließt ja kein Geld, deshalb taucht es in den Bilanzen nicht auf. Eine ganz andere Frage ist noch, inwiefern es zu einem Anstieg von physischer oder psychischer Gewalt gegen Frauen kommt. Das wird auch kaum diskutiert. Jedenfalls wird in Arbeitsstunden gemessen in Österreich mehr unbezahlt gearbeitet als bezahlt. Würden wir die unbezahlte Arbeit niederlegen, würde die Wirtschaft innerhalb kürzester Zeit zusammenbrechen.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen, d.h. ein existenzsicherndes Einkommen für alle Menschen ohne Voraussetzungen und in jeder Lebenslage: Ist das eine Lösung gegen die Armutsspirale? Auf jeden Fall. Es steht und fällt jedoch mit der Höhe des Grundeinkommens, es muss tatsächlich mindestens existenzsichernd sein. Gefordert wird eine Höhe, die ein gutes Leben ermöglicht. Das hat zwei große Vorteile: Erstens, dass die ganze unbezahlte Arbeit zumindest symbolisch anerkannt wird. Zweitens befreit es die Menschen vom Zwang der Lohnarbeit, d.h. ich muss den Niedriglohn-Job nicht annehmen. Und wenn den dann keiner mehr macht, wird sich das Lohnniveau automatisch steigern. Das macht das Grundeinkommen so attraktiv: Es fangen mehrere Räder aus unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen zugleich an, sich zu drehen. In Kanada wurde das Grundeinkommen in den 1980ern in einer Region mal probeweise eingeführt, und sofort ging die Scheidungsrate nach oben, weil plötzlich die ökonomische Unabhängigkeit der Frauen höher war. l Käthe Knittler ist feministische Ökonomin. Lebt und arbeitet in Wien. Hat Volkswirtschaft studiert und hält Lehrveranstaltungen zu feministischer Ökonomie. www.forschungswerkstatt.org

neuland entdeckungen im alltag

Beate Hammond

Grace und ich

Vor vielen Jahren sang ich im Wiener Jeunesse Chor. Eine konzertante Aufführung von Bellinis Oper „Norma“ stand auf dem Programm. Die Produktion war mit bekannten Namen besetzt – von der ersten Orchesterprobe an herrschte im Chor freudige Aufregung. Eine Stunde probten wir alleine, und dann war es soweit – der Dirigent betrat mit den Solisten und Solistinnen den Proberaum. Da waren sie – alle schauten gebannt auf die gefeierte Sopranistin, die die Titelrolle sang. Aber da war auch noch Grace Bumbry, die legendäre afroamerikanische Sängerin, die seit längerer Zeit in Österreich lebte. Auf allen wichtigen Bühnen der Welt war sie schon aufgetreten und hatte in den 1960er Jahren in Bayreuth in der Rolle der Venus im „Tannhäuser“ große Erfolge gefeiert. Die Probe begann und nahm den gewohnten Verlauf. Einige Stellen mussten mehrmals wiederholt werden, meist wegen des Chores. Der Dirigent runzelte die Stirn, der Chorleiter lächelte entschuldigend. Verzeihen Sie, Maestro, schien er zu sagen, es sind halt Amateure und Amateurinnen, keine professionellen Sänger. Die gefeierte Sopranistin glänzte mit ihrer fantastischen Stimme, man hatte sie schon mit der großen Maria Callas verglichen. Grace Bumbry sang ordentlich, aber nicht mehr. Die Schlauen im Chor kannten den Grund, in ihrem Alter sei eben die Stimme nicht mehr so gut beisammen. Hoffentlich schafft sie die Aufführungen, sagten die Cassandras aus dem Sopran. Dann kam der große Tag. Alle waren herausgeputzt. Der Duft von Parfum lag in der Luft. Die gefeierte Solistin sang „casta diva“, die Schlüsselarie von „Norma“, und das Publikum jubelte. Der Chor sang, dann war Grace Bumbry dran. Würde sie es schaffen? Und Bumbry sang, nicht nur ordentlich, sondern fantastisch, jeder Ton saß, der Ausdruck stimmte, die Stimme hell und klar. Im Duett sang sie besser als die gefeierte Sopranistin. Das Konzert war ein Triumph. Und ich lernte, dass eine Vorstellung erst dann zu Ende ist, wenn der Vorhang fällt.

Beate Hammond macht ihre Entdeckungen in Wien.

November 2011 an.schläge l 11


teilzeit

Teilzeit für alle! Bei der Enquete „Arbeit.Neu.Denken“ wurden feministische Utopien entwickelt. Ideen und Impulse lieferten Frigga Haug, Margit Appel und Mascha Madörin. Von Brigitte Theißl

Gläserne Decke, Teilzeitfalle, Gehaltsschere – Begriffe, die zum Standardrepertoire jeder Frauenpolitikerin gehören. Der „Equal Pay Day“ wurde in Österreich heuer für den 4. Oktober berechnet – das ist jener Tag, an dem Männer statistisch gesehen bereits jene Geldsumme verdient haben, für die Frauen noch bis zum 31. Dezember weiterarbeiten müssen. Die Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen von durchschnittlich rund 25 Prozent wird mittlerweile von allen österreichischen Parteien (zumindest offiziell) als ein Missstand anerkannt, den es zu beseitigen gilt. Geht es jedoch an die Suche nach der Wurzel des Übels, so werden recht unterschiedliche Befunde und Gegenmaßnahmen gefunden. Während die einen etwa durch eine Offenlegung von Gehältern einer direkten Diskriminierung durch ArbeitgeberInnen entgegenwirken wollen, stellen andere Modelle lieber die Eigenverantwortung der Frauen in den Mittelpunkt: Wer sich zur Kosmetikerin oder Einzelhandelskauffrau statt zur Mechanikerin ausbilden lässt, wird vom Markt bestraft – so lauten die ökonomischen Gesetzmäßigkeiten. Grundsätzlich hätten Frauen heute schließlich dieselben Rechte und damit auch dieselben Chancen am Arbeitsmarkt. Niemals angekommen. Das sieht Margit Appel anders. Frauen seien nie wirklich auf dem Arbeitsmarkt angekommen, sagt die Politologin. Gemeinsam mit Frigga Haug und der Schweizer Ökonomin Mascha Madörin wurde sie zur Enquete „Arbeit.Neu.Denken“ geladen, die die Plattform 20000frauen gemeinsam mit Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek Anfang Oktober veranstaltete. Anstatt mit Forderungen wie „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ frauenpolitisch auf der Stelle zu treten, war es den Vertreterinnen der Plattform ein Bedürfnis, sich mit Utopien 12 l an.schläge November 2011

abseits von klassischen Wirtschafts­ theorien und männlicher Normalbiografie auseinanderzusetzen. Margit Appel ist „nicht für irgendeine romantische oder idealistische Betrachtungsweise von Arbeit zu haben“, das stellte die Mitarbeiterin der Katholischen Sozialakademie gleich zu Beginn ihrer Rede in nüchternem Ton fest und wies auf die Ambivalenz des Begriffs hin. Arbeit ist nicht nur ein Element, das Menschen in eine Gesellschaft integriert, Arbeit hat auch eine lange Geschichte als Mittel der Ausbeutung vorzuweisen – bis hin zur Vernichtung menschlicher Arbeitskraft. Und wenn von Erwerbsarbeit die Rede ist, die existenzsichernd und vielleicht auch identitätsstiftend wirkt, so sind meist Arbeitsplätze gemeint, zu denen Frauen keinen oder einen erschwerten Zugang haben. Die sogenannte Vollbeschäftigung, die zum Schlagwort der „goldenen Ära“ der (österreichischen) Sozial- und Wirtschaftsgeschichte wurde, schloss Frauen nicht mit ein. Ihre Absicherung bestand in den 1960er und frühen 70er Jahren in fixen Beziehungsverhältnissen in einem sozialpolitisch aktiven Staat. Hierarchische Geschlechterverhältnisse seien dadurch stabilisiert worden, so Appel. Die „Vernutzung“ der ungleichen Machtverhältnisse sei ein zentrales Element der bürgerlich-kapitalistischen Wirtschaftsweise, die die Ständegesellschaft ablöste. Während Männer über Produktionsmittel und Kapital verfügten, wurden Frauen zu Ehefrauen, Müttern und Hausfrauen gemacht. Zu spät angekommen. Auch wenn dieses System im heutigen globalen Kapitalismus andere Formen annimmt, so prägt es doch nach wie vor unsere Wirtschaftsordnung und den Zugang zu Erwerbsarbeit. Als Frauen dann doch noch auf dem Arbeitsmarkt angekommen waren, sei es zu spät gewesen,

ergänzt Appel. In den späten 80er Jahren trafen sie nämlich bereits auf einen stark veränderten Markt, der zunehmend durch Flexibilisierung und Prekarisierung geprägt war. Hinzu kommt nun die Entwertung von Bildung, ein Faktor, der laut Appel „besonders mutlos“ macht. Denn obwohl Frauen in Österreich heute besser (aus-)gebildet sind als Männer, garantieren Bildungsabschlüsse kein gesichertes Einkommensniveau mehr. Wenn also über die Zukunft von Arbeit nachgedacht wird, müssen erst diese Bedingungen aus feministischer Sicht analysiert werden, lautet der Befund der Politologin. Erwerbsarbeit kann nur dann eine Integrationskraft zukommen, wenn sie einen Zugang zu ökonomischen, sozialen und politischen Rechten garantiert. Angesichts der sich verschärfenden Bedingungen kann eine zeitgemäße Forderung für Appel daher nur jene nach dem Recht auf Einkommen sein. Ein personenbezogenes und bedingungsloses Grundeinkommen von rund 1.000 Euro würde Frauen nicht nur materielle Sicherheit bieten, sondern auch die Inanspruchnahme von politischen Rechten und die freie Wahl der Lebensform stärken. Auch die Frage, welcher (Erwerbs-)Arbeit Frauen nachgehen wollen, wenn ihre unabhängige Existenz abgesichert ist, würde sich unter diesen Umständen völlig neu stellen. Care-Arbeit. Die auf Care-Arbeit spezialisierte Ökonomin Mascha Madörin ist, wie sie bei der Enquete erzählt, zu einer Kritikerin des bedingungslosen Grundeinkommens geworden. Denn das Modell lässt aus ihrer Sicht grundlegende Aspekte eines globalen Ausbeutungszusammenhanges außer Acht. Madörin beschäftigt aktuell die Frage, welche Arbeit grundsätzlich bezahlt werden soll. Sie möchte mit ihren Studien eine fundamentale Debatte über öffentliche


teilzeit Finanzmodelle anregen, die derzeit – trotz Finanzkrise – nicht geführt wird. Care-Arbeit ist dabei ein unweigerlich feministisches Thema – ein Großteil dieser Tätigkeiten wird, unbezahlt, von Frauen verrichtet. In der Schweiz werden heute insgesamt rund 55 Prozent des gesamten Arbeitsvolumens unbezahlt geleistet, in ökonomischen Theorien bleibt dieser Umstand jedoch trotz beharrlicher feministischer Kritik weiterhin völlig ausgeblendet. Auch bezahlte Reproduktions- und Fürsorgearbeit wird vielfach unter schlechten Bedingungen von Frauen

ein „Luxus“. Denn im politischen Alltag gehe „viel zu oft der Zugang zu Visionen und Utopien“ verloren, so Heinisch-Hosek in der Abschlussrunde der Frauenenquete. Frigga Haug versucht in ihren Arbeiten den Fokus von der reinen Erwerbsarbeit weg zu lenken, die stets im Zentrum aller Überlegungen steht. „Teilzeit für alle“, so könnte man ihre Forderung (stark verkürzt) zusammenfassen. Eine radikale Arbeitszeitverkürzung auf vier Stunden pro Tag bei vollem Lohn würde Raum schaffen für kulturelle Tätigkeiten, die der Selbstentfaltung dienen, für

Frigga Haug

Auch innerhalb der Frauenbewegung sollte es mehr Aufmerksamkeit für wirtschaftspolitische Problemstellungen geben – denn hier stellen sich die großen Fragen der Zukunft. und MigrantInnen verrichtet, eine Produktivitätssteigerung wie in anderen Branchen sei dabei schlichtweg nicht möglich, so Madörin. Obwohl bereits Pflegeroboter entwickelt werden, kann Kranken- und Altenpflege, Kindererziehung oder Hausarbeit doch nie vollständig von Maschinen verrichtet werden, der Arbeitsaufwand in diesem Bereich wird auch in Zukunft hoch bleiben bzw. weiter steigen. Hier sei dringend staatliches Engagement gefragt, resümierte Madörin. Die enorme Belastung für Frauen und eine zunehmende Prekarisierung in der Erwerbsarbeit sei nicht tragbar, Minimallöhne müssten massiv erhöht und zumindest Teile der bisher unbezahlten Arbeit entlohnt werden. Auch innerhalb der Frauenbewegung wünscht sich Madörin mehr Aufmerksamkeit für wirtschaftspolitische Problemstellungen – hier würden sich die großen Fragen der Zukunft stellen. Mehr als die bloße Existenz. Frigga Haug, marxistisch-feministische Soziologin und Historikerin, stellte bei der Enquete ihre „Vier-in-einem-Perspektive“ vor. Bereits 2008 erschien ihr vieldiskutiertes gleichnamiges Buch. Haug will visionär denken und kein fertiges Konzept, sondern einen kreativen Impuls liefern. Abseits gewohnter Bahnen soll über Arbeit nachgedacht werden – für Frauenministerin Heinisch-Hosek

politisches Engagement und Reproduktionsarbeit. Die bestehende Arbeit – sowohl bezahlte als auch unbezahlte – müsse dabei gerecht verteilt und Hierarchien abgebaut werden, dann ließe sich dieses Modell heute schon finanzieren. Gerade angesichts der Wirtschaftskrise wird laut Haug deutlich, dass der Kapitalismus keine Lösungen mehr bietet. „Niemand wagt jedoch mehr davon zu sprechen, dass das Leben mehr ist als bloße Existenz.“ Alle Teilnehmerinnen der Frauenenquete versuchten sich im Anschluss an die Vorträge im Entwickeln von Visionen: In sechs Workshops wurden die Vorträge der Wissenschaftlerinnen vertiefend diskutiert. Nach anfänglicher Skepsis etwa gegenüber der Finanzierbarkeit des Grundeinkommens oder der Realisierbarkeit einer gerechten Verteilung von Arbeit, wurde schließlich das lustvolle Moment an der Utopie entdeckt. Der Wunsch nach Räumen für politische Betätigung und einem neuen Politikbegriff wurde ebenso geäußert wie die Notwendigkeit einer umfassenden Bildungsreform. Neue Werte in der Wirtschaftspolitik seien gefragt, Werte, die gerade die feministische Ökonomie einbringen könnte. Am Ende der Workshop-Präsentationen blieben die Vertreterinnen der 20000frauen mit unzähligen bunten Kärtchen und Plakaten voller Ideen

Margit Appel

Mascha Madörin

und Forderungen zurück. Ausgewertet werden sie demnächst – gesucht wird nach Anregungen für neue Aktionen. Unbezahlt. Den nächsten kleinen Erfolg haben sie aber bereits errungen: Die Frauenministerin hat versprochen, die Frauenenquetes auch außerhalb von Wien fortzuführen. l Brigitte Theißl ist Medienwissenschaftlerin und Öffentlichkeitsarbeiterin und bloggt unter www.denkwerkstatt.wordpress.com

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an.riss international Friedens. Jene von uns, die die komplexen Zusammenhänge mit unserer Umwelt verstehen, tragen die Last, auch etwas zu tun.“ Diese Stimme ist nun verstummt – die Bewegungen, die sie aufgebaut hat, bleiben. isaga/ sylk www.greenbeltmovement.org

reproduktive rechte Rückschlag in Mexiko

Wangari Maathai 2004 in Oslo zur Verleihung des Friedensnobelpreises, Foto: Ricardo Medina

kenia Wangari Maathai 1940 −2011 Wangari Maathai ist tot. Sie erlag am 25. September einem Krebsleiden. Bereits 1977 hatte die Kenianerin das Aufforstungsprojekt „Green Belt Movement“ gegründet, das bald zu einer panafrikanischen Bewegung wurde. Maathai hatte damals schon erkannt, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Umweltschäden und Armut besteht. Sie und ihre Teams legten großen Wert auf das Empowerment der lokalen Bevölkerung im Rahmen des Projekts. Vor allem Frauen sollten in die Lage versetzt werden, Ernährungssicherheit in die eigenen Hände zu nehmen. Zusätzliche Programme, wie etwa Aufklärung über reproduktive Rechte und HIV sowie betriebswirtschaftliche Schulungen sorgen bis heute dafür, dass weit über die Armutsbekämpfung hinaus die lokalen Ökonomien nachhaltig abgesichert werden und Frauen selbstständiges Einkommen generieren können. „Die ländlichen Frauen sind der Schlüssel zum Erfolg der Bewegung“, so Maathai. „Wenn sie sich für den Erhalt der Umwelt entscheiden und bei unseren Programmen mitmachen, lernen sie auch, Vertrauen in sich selbst zu entwickeln und über ihr Leben selbst zu entscheiden.“ Wangari Maathai wurde am 1. April 1940 in einem Dorf südlich von Nairobi geboren. Sie hatte das Glück, ein Stipendium für ihr Biologie-Studium in einem US-College zu erhalten, und erwarb 1971 als erste Frau Kenias den Doktortitel an der Universität von Nairobi. Neben der Gründung des „Green Belt Movement“ engagierte sie sich seit 1976 in der Frauenbewegung. Dieses Engagement, bei dem sie einerseits den Landraub und die rücksichtslose Ausbeutung der Wälder anklagte und andererseits forderte, die Rolle der Frauen in der kenianischen Gesellschaft zu verbessern, brachte sie regelmäßig in Konflikt mit der Regierung von Daniel arap Moi (1978–2002), in den 1990er Jahren wurde sie sogar mehrmals inhaftiert und dabei misshandelt. Auch ihre Ehe scheiterte an ihrer politischen Arbeit: Ihr Gatte begründete die Scheidung 1980 mit den Worten, Wangari Maathai sei „zu gebildet, zu stark, zu erfolgreich, zu eigensinnig und zu schwer zu kontrollieren“. 2002 war Maathai auch als Politikerin erfolgreich. Mit dem Wahlbündnis „National Rainbow Coalition (NARC)“ zog sie ins kenianische Parlament ein und wurde stellvertretende Ministerin für Umweltschutz. Neben zahlreichen anderen Preisen gewann sie 2004 als erste Afrikanerin den Friedensnobelpreis. Als sie davon erfuhr, sagte sie der Presse: „Es ist beängstigend, wie viele Kriege inzwischen um Ressourcen geführt werden. Der Schutz der Umwelt ist also direkt verbunden mit der Absicherung des 14 l an.schläge November 2011

Am 28. September fand in den lateinamerikanischen und karibischen Staaten der „Tag für die Entkriminalisierung der Abtreibung“ statt (vgl. an.schläge 9/2011). Am selben Tag musste die mexikanische Frauenbewegung allerdings einen schweren Rückschlag hinnehmen: Der Oberste Gerichtshof (OGH) wies eine Klage ab, die sich auf die extrem verschärften Abtreibungsgesetze in den Bundesstaaten Baja California und San Luis Potosí bezogen hatte. Dort – und inzwischen auch in weiteren 16 der 31 Bundesstaaten Mexikos – gilt ein „Recht auf Leben“ für alle „Lebewesen“ ab dem Zeitpunkt der Empfängnis und dadurch ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen. Die Entscheidung des OGH, der noch vor wenigen Jahren die Fristenlösung in Mexiko-Stadt erlaubt hatte, fiel denkbar knapp aus: Nur eine Stimme mehr gegen die restriktiven Gesetze und sie wären gekippt worden. Nun muss der Kampf gegen diese menschenverachtenden Gesetze weitergeführt werden, denn schon bisher hatten diese Bestimmungen äußerst drastische Auswirkungen. Laut der Frauenrechtsorganisation Las Libres befinden sich in mindestens elf Bundesstaaten Frauen im Gefängnis, weil ihnen Abtreibung und damit Totschlag vorgeworfen wird. sylk www.laslibres.org.mx, www.npla.de/poonal/, http://jungle-world.com/artikel/2011/40/44084.html

transgender Kein Ende der transphoben Gewalt Am 20. November findet wieder weltweit der Transgender Day of Remembrance statt, der den Opfern von transphober Gewalt gewidmet ist. Seit April 2009 zeichnet das Projekt „Trans Murder Monitoring“ der NGO Transgender Europe (TGEU) Morde an Transgender-Personen in der ganzen Welt auf und veröffentlicht Statistiken, Namenslisten und Biografien (vgl. an.schläge 11/2010). Nun wurden die neuesten Daten publiziert. Zwischen 1. Jänner und 29. September wurden 116 Morde registriert, die meisten davon in Brasilien, Mexiko, Venezuela, Kolumbien und den USA. Seit Beginn des Monitoring-Projekts wurden insgesamt 681 Morde verzeichnet – wie hoch die Dunkelziffer der nicht öffentlich gemachten bzw. nicht als Hass-Verbrechen deklarierte Taten ist, lässt sich nicht sagen. Es ist auch unklar, inwiefern etwa steigende Zahlen tatsächlich ein Mehr dieser Verbrechen oder aber die höhere Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit widerspiegeln. Die Zahlen sind jedenfalls alarmierend, und die Geschichten, die hinter den Zahlen stehen, zeigen deutlich, was der staatliche Umgang mit Diskriminierung und v.a. die öffentliche Meinung zu solchen Verbrechen beiträgt. sylk www.transrespect-transphobia.org, www.transgenderdor.org, http://tgeu.net/

außengrenzen Gergishu Yohannes vs. Italien Was an den Außengrenzen der EU täglich geschieht, wenn Flüchtlinge versuchen, in die „Festung Europa“ zu gelangen, ist meist nur dann einen Bericht wert, wenn dabei viele Menschen sterben – und angesichts der


an.riss international Alltäglichkeit dieses Sterbens im Mittelmeer reicht oft nicht einmal mehr das. Als der Bruder von Gergishu Yohannes im August 2009 auf einem Schiff zwischen Nordafrika und Italien ums Leben kam, startete die in Deutschland lebende Eritreerin, die vor 30 Jahren als Jugendliche selbst geflüchtet war, eine Aufklärungskampagne. In monatelanger Kleinarbeit kontaktierte sie in neun Ländern Afrikas und Europas 1.317 Angehörige und FreundInnen der insgesamt 72 Toten auf dem Schiff ihres Bruders und forschte nach den genauen Vorgängen an Bord. Das Schiff havarierte zwischen Malta und Sizilien und trieb 23 Tage lang auf dem Meer. Überlebende berichteten Yohannes von unglaublichen Vorgängen. Jeden Tag seien bis zu zehn Schiffe an ihnen vorbeigefahren, die auf das Winken und Schreien der Flüchtlinge nicht reagierten. Täglich starben mehr Menschen an Hunger, Durst und Erschöpfung. Wenige Tage vor ihrer Rettung sei eine Patrouille der italienischen Küstenwache auf sie aufmerksam geworden. Lediglich fünf der ursprünglich 83 eritreischen Flüchtlinge lebten noch. Die Küstenwache versorgte sie mit Rettungswesten und Treibstoff und verschwand wieder. 2010 legte Gergishu Yohannes bei der Staatsanwaltschaft Agrigento eine Klage wegen unterlassener Hilfeleistung mit Todesfolge in 72 Fällen vor. 54 Vollmachten hatten Angehörige ihr dafür erteilt. Gehört hat sie bis heute nichts mehr. Dabei will sie keinen Schadenersatz, auch Strafen für die verantwortlichen Beamten sind ihr egal: „Die sollen ihren Fehler zugeben und sagen, dass Menschenrechte auch für Schwarze gelten“, sagt Yohannes gegenüber der „taz“. sylk

indien Die rosa Schlägerinnentruppe „Die Gulabi haben ein Instrumentarium der abgestuften Eskalation entwickelt. Sie versuchen es mit gutem Zureden, sie stellen Missetäter öffentlich bloß und drohen Uneinsichtigen. Erst wenn das alles nicht hilft, werden die Damen handgreiflich. Die Schlagstöcke tragen sie keineswegs nur zur Dekoration“, schreibt Christine Möllhoff in ihrer Reportage für den deutschen „Tagesspiegel“ über die Gulabi-Gang, die im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh für Frauenrechte und gegen das Kastenwesen kämpft. Gulabi bedeutet rosa und ist in grimmiger Ironie auf das vorherrschende Frauenbild gemünzt. Gegründet wurde die Gulabi-Gang von Sampat Pal Devi. Die Frauen tragen ihre leuchtend pinkfarbenen Saris wie Uniformen und verbreiten einigen Schrecken nicht nur unter gewalttätigen Ehemännern und Zuhältern: „Erstmals für landesweite Schlagzeilen sorgte Devi 2007“, so Möllhoff, „als sie mit ihren Mitstreiterinnen öffentlich einen Polizisten verdrosch, weil dieser ohne Anklage einen Bauern einer unteren Kaste für zwei Wochen im Gefängnis schmoren ließ. Später verprügelten sie Ordnungshüter, die sich weigerten, Vergewaltigungen und sexuellen Missbrauch zu untersuchen.“ Inzwischen soll die Gang mehrere tausend Mitglieder haben, und der Einsatz von Gewalt ist immer weniger oft nötig, da der Ruf, den sie sich erarbeitet haben, meistens schon ausreicht. sylk www.tagesspiegel.de/weltspiegel/frauen-gang-lehrt-maenner-das-fuerchten/4689230.html

www.taz.de

medienmix Mädchen sein Tavi Gevinson ist beängstigend cool: Mit Elf startete sie den Modeblog Style Rookie, mit 15 ist sie internationales Covermodel (grau gefärbt und Nerd-bebrillt) und Herausgeberin ihres eigenen Magazins rookiemag.com. Rookie richtet sich an Mädchen im Teenageralter. Die Themen sind witzig, fancy, klug und auf Augenhöhe, umgesetzt werden sie auch von den anderen Wunderkindern aus der Redaktion. Leserinnen sind aufgefordert mitzumachen! Monatliche Themen waren bisher „Beginnings“ und „Secrets“, täglich folgen neue Inhalte. fis

Aktiv werden Die Plattform no-racism.net sucht dringend ehrenamtliche Mitarbeiter_innen. Seit über zehn Jahren dokumentiert das Team rassistischen Alltag, Migrationspolitik, Widerstand gegen Abschiebungen und vieles mehr in Österreich und international. Aus der Kampagne „Kein Mensch ist Illegal“ entstanden, ist heute ein umfangreiches Archiv auf Deutsch und Englisch verfügbar. Wer helfen möchte, das Projekt weiterzuführen, kann sich inhaltlich, redaktionell oder mit Übersetzungen an der Arbeit beteiligen. fis

Wellen lauschen Sechs Frauen aus Kalifornien senden wöchentlich das schlicht betitelte Feminist Magazine. Ihr Motto: „This is what feminism sounds like!“ Sie wollen informieren, analysieren und zu eigenem Engagement gegen (mehrfache) Diskriminierung auffordern. Berichte aus der Region, Popkultur, Nachrichten, Buchbesprechungen und Interviews sind Inhalt der einstündigen Sendung. Hörbar ist die neueste Folge jeweils mittwochs live auf KPFK Los Angeles oder im Podcast-Archiv auf feministmagazine.org. fis November 2011 an.schläge l 15


Feminist Funeral

K端sse auf dem Grabstein von Simone de Beauvoir (und Jean Paul Sarte)


thema: feminist funeral

Trauer und Geschlecht Der Umgang mit dem Tod und die Formen des Trauerns sind kulturelle und soziale Vorgänge. Und es gibt geschlechtsspezifische Unterschiede, analysiert Julia Schäfer.

Trauern Frauen anders als Männer? Gibt es einen unterschiedlichen Umgang mit Sterben, Trauer und dem Tod? Trauer ist keine unabhängige, naturhaft festgelegte Emotion, sondern ein sozialer Vorgang, der in die kulturellen Vorstellungen einer Gesellschaft eingebettet ist. Vielerlei Faktoren und kulturelle Normen wirken auf den möglichen Ausdruck von Trauer ein und bestimmen, wie Trauer in einer Gesellschaft gelebt werden darf bzw. sollte. Das bedeutet, dass Trauerreaktionen sich nicht im wertfreien Raum befinden: Welche Symptome oder Ausdrucksformen als erwartet, normal, ungewöhnlich oder gar „pathologisch“ gelten, bestimmt der gesellschaftliche Maßstab, der Trauernde belasten oder gar stigmatisieren kann. So bewegen sich Trauernde unter Umständen auf einem schmalen Grat zwischen eigener psychischer Belastung und bestimmten Vorschriften über Dauer und Angemessenheit der Trauer. Dabei zeigt sich, dass es auch geschlechtsspezifische Aspekte beim Umgang mit Tod und Trauer gibt und unterschiedliche Normen der Trauer für das jeweilige Geschlecht wirksam sind. Das weibliche Symbol der Trauer. Ein kurzer Blick in die Kulturgeschichte führt uns vor Augen, dass zahlreiche mythische und stereotype Verbindungen von Weiblichkeit, Trauer und Tod existieren, die sich durch Beschreibungen und Bilder – nicht nur in der europäischen Kulturgeschichte – belegen lassen. Frauen werden demnach als Repräsentantinnen für Geburt (die Reproduktion des Lebens) und Tod (das Vergängliche) festgelegt. Kristallisa-

tionspunkt ist der weibliche Körper, der angeblich die Bedeutung des Todes metaphorisch symbolisiert, Geburt und Tod gewissermaßen in sich trägt.1 Die Figur der weiblichen Trauernden ist auf den Friedhöfen seit Ende des 18. Jahrhunderts zum Symbol des bürgerlichen Umgangs mit dem Tod geworden und prägt in Form von Bronze- oder Marmorfiguren das Bild alter städtischer Friedhöfe. Dabei ist von Bedeutung, dass zwar das Trauergefühl durch eine unspezifische, typisierte Weiblichkeit repräsentiert wird, derjenige, dem die Trauer gilt, jedoch meistens das männliche Familienoberhaupt ist.

Aktivitäten ausgeschlossen. Besondere Stigmatisierung erfuhren Witwen, die im schlimmsten Fall geopfert wurden, oder aber denen Zeit ihres Lebens schwarze Trauerkleidung verordnet sowie eine Wiederheirat verboten wurde. Auch in modernen Gesellschaften unterliegen Witwen und Witwer unterschiedlichen Vorstellungen und Normen der Trauer, geschlechtsspezifische Rollen werden damit produziert und verfestigt. Witwen und Witwer. Sally Cline richtet in „Frauen sterben anders“ (1997) einen frauenspezifischen Blick auf Sterben, Tod und Trauer. Zu bemängeln sind

Während die weibliche Trauer kanalisiert und in ein politisches Ordnungsschema eingepasst wurde, ist dem männlichen Subjekt Weinen und Wehklagen verwehrt und seine Trauer tabuisiert worden. Der männliche Verstorbene wird laut Kulturhistoriker Norbert Fischer über die Grabstätte identifizierbar und erhält durch eine individuelle Biografie einen stärkeren Platz in der Erinnerungskultur als Frauen.2 Aus kulturhistorischen Betrachtungen von Trauerriten verschiedener Gesellschaften kann geschlossen werden, dass trauernde Frauen über einen langen Zeitraum von massiven Einschränkungen betroffen waren. Demnach mussten Frauen über einen viel längeren Zeitraum als Männer und unter stark restriktiven Umständen einem geforderten Trauerverhalten entsprechen und wurden dabei von vielen öffentlichen

jedoch die unzureichenden Quellenangaben für die dort aufgestellten Thesen. So schreibt sie beispielsweise über „Witwen und andere vergessene Existenzen“, dass Witwen oftmals ein größeres Stigma anhaftet als Witwern. Im sozialen Gefüge seien sie ein Störfaktor, da sie das Tabu des Todes verkörpern. Befriedigende Analysen, weshalb dies bei Witwern anders sein sollte, finden sich bei Cline jedoch nicht.3 Statt einer vermeintlich ungleichen Stigmatisierung ist für die Praxis eher die unterschiedliche Art zu trauern von Bedeutung. Nach Ansicht zweier Trauerbegleiterinnnen, Marie-Luise Bödiker und Monika Theobald, wird in

1 Vgl. Bublitz, Hannelore/ Dorothea Dornhof (1996): Editorial. In: metis (1996): Zeitschrift für historische Frauenforschung und feministische Praxis. Grenzerfahrungen: Tod – Selbsttötung, H. 10, Dortmund. S. 5-7. 2 Vgl. Fischer, Norbert (1996): Die Trauernde. Zur geschlechtsspezifischen Materialisierung von Gefühlen im bürgerlichen Tod. In: metis (1996): Zeitschrift für historische Frauenforschung und feministische Praxis. Grenzerfahrungen: Tod – Selbsttötung, H. 10. Dortmund. S. 25-31. 3 Vgl. Cline, Sally (1997): Frauen sterben anders. Wie wir im Leben den Tod bewältigen. Bergisch Gladbach. S. 174 ff.

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thema: feminist funeral der Regel von Witwen erwartet, dass sie lange und tief um ihren Mann trauern, während hingegen davon ausgegangen wird, dass Witwer schnell über den Verlust hinwegkommen. In der Praxis der Trauerbegleitung zeigt sich jedoch, dass es in unserer Gesellschaft oft die Männer sind, die es mit ihrer Trauer schwer haben. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Da Frauen statistisch länger leben als Männer und meistens nach ihren Männern sterben, sind Männer schlechter auf den Tod einer Lebenspartnerin vorbereitet.4 Frauen müssen öfter im Leben Neuanpassungen leisten, da ihre Biografien durch Faktoren wie Schwangerschaft, Geburt, Kinder, Karriere, Menopause, Pflege der Eltern etc. in der Regel größere Brüche aufweisen

gute Freundschaften und soziale Netzwerke, das heißt die Vernetzung in die Außenwelt ist für überlebende Männer ungleich schwerer. Männer haben öfter Angst vor ihrer Trauer, Angst vor Kontrollverlust und davor, sich gehen zu lassen. „Der patriarchale Traum von Kontrolle und Macht über das Leben ist zerbrochen. Dieser Kontrollverlust wird als unmännlich erlebt. Er widerspricht auch dem männlichen Selbstbild als Erhalter/Sorger für Frau und Familie, während bei Frauen der Kontrollverlust fast schon gefordert wird.“6 Manche werden lieber krank, als zu trauern, und tatsächlich ist das gesundheitliche Risiko wie auch die Sucht- und Suizidgefährdung von überlebenden Männern größer als bei Frauen. Aus den genannten Gründen für unter-

Die Bestattungskultur erfährt derzeit starke Umbrüche. Damit einhergehend wird auch die männliche Dominanz in den Tätigkeiten rund um den Tod aufgebrochen.

4 In Deutschland lag der Frauenanteil der rund sechs Millionen Verwitweten in den 1980er Jahren bei ca. 85 % (vgl. Lammer 2010: 160). 5 Vgl. Bödiker, Marie-Luise/ Monika Theobald (2008): Trauer-Gesichter. Hilfen für Trauernde – Arbeitsmaterialien für die Trauerbegleitung. Wuppertal. S. 69 f 6 Bödiker/Theobald 2008: 71 7 Vgl. Bödiker/Theobald 2008: 69-76. Hierbei handelt es sich allerdings schwerpunktmäßig um Beobachtungen aus der Praxis. Aktuelle empirische Untersuchungen dazu sind meines Wissens wenig vorhanden. 8 Vgl. Ecker, Gisela (1999): Trauer zeigen: Inszenierung und die Sorge um den Anderen. In: Ebd. (1999): Trauer tragen – Trauer zeigen. Inszenierungen der Geschlechter. München. S. 9 ff. 9 Vgl. Cline 1997: 17; vgl. Nijs, Michaela (1999): Trauern hat seine Zeit. Abschiedsrituale beim frühen Tod eines Kindes. Göttingen. S. 21 f. 10 Ecker 1999: 19 11 Ecker 1999: 20

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als die „glatteren“ Lebensverläufe von Männern, die mit weniger biologischen oder sozialen Wechseln umgehen müssen. Frauen sind demnach für Neuanfänge oftmals trainierter als Männer. Männliche Angst vor der Trauer. Nach Beobachtungen von TrauerbegleiterInnen trauern Männer oft rationaler und unauffälliger, während es Frauen meist leichter fällt, Emotionen auszuleben und den Verlust so zu verarbeiten. Dies hat bei beiden Geschlechtern weniger mit angeblich angeborenen Fähigkeiten als vielmehr mit sozialisatorisch vermittelten Normen im Umgang mit emotionalen Krisenerfahrungen zu tun. Auch bestehen die entsprechenden sozialen Hilfsangebote für Witwer vor allem aus alltagspraktischer und instrumenteller Unterstützung, Witwen hingegen wird eher emotionaler Trost zuteil. Rollenklischees im Trauerverhalten können dadurch reproduziert werden.5 So finden Männer seltener als Frauen den Weg in eine Trauergruppe – statt über ihre Trauer zu reden, verdrängen sie eher, arbeiten viel und suchen schneller nach Ersatz für das Verlorene. Ebenso verfügen sie meist über weniger

schiedliches Trauern resultiert gar die These mancher TrauerexpertInnen, dass sich Männer erst mit einer zeitlichen Verzögerung von bis zu zwei Jahren auf ihre Trauer einlassen oder auch häufiger darin steckenbleiben.7 Den Unterschieden zwischen trauernden Männern und Frauen wird jedoch zunehmend professionell begegnet, indem es beispielsweise spezielle Trauergruppen für Männer gibt, die auch von männlichen Trauerbegleitern geleitet werden. Trauern als weibliche Kulturtätigkeit. Die Literaturwissenschaftlerin Gisela Ecker erörtert in ihrem Aufsatz „Trauer zeigen: Inszenierung und die Sorge um den Anderen“ (1999), wie die Konventionen, die den öffentlichen Ausdruck von Trauer bestimmen, für die Geschlechter unterschiedlich formuliert sind. Eine These lautet, dass durch geschlechtsspezifische Arbeitsteilung das Trauern in der Regel Frauen zufällt. Als Beispiel führt sie die Kriegsberichterstattung in den Medien an, in denen fast ausschließlich weibliche Trauer gezeigt wird, während Verletzungen vorwiegend an männlichen Körpern demonstriert werden. Die öffentliche

Zurschaustellung weiblicher Trauer wurde nach Ecker historisch als unkontrollierbarer Affekt gewertet, damit als Bedrohung für die öffentliche Ordnung erachtet und deshalb rigiden Regeln unterworfen. Während die weibliche Trauer kanalisiert und in ein politisches Ordnungsschema eingepasst wurde, ist dem männlichen Subjekt Weinen und Wehklagen verwehrt und seine Trauer tabuisiert worden. Gesetze zielten unter anderem darauf ab, gegen lautes Wehklagen und Gesten der Klageweiber vorzugehen, deshalb weibliche Traueräußerungen in die häusliche Sphäre zu verbannen und die Farbe der Kleidung sowie die Dauer der Trauer festzulegen.8 Übereinstimmend mit Cline und Michala Nijs, Autorin von „Trauern hat seine Zeit“ (1999), bezweifelt Ecker die von Sigmund Freud postulierte Endlichkeit von Trauerarbeit, führt dies aus einem anderen Blickwinkel jedoch noch weiter aus, indem sie die Bedeutung des Anderen in den Mittelpunkt rückt. „Mit-teilen“, mit anderen teilen, wird als ein essenzielles kommunikatives Element der Trauerarbeit betrachtet. Ecker verortet Trauern als eine „Kulturtätigkeit“, die als ethische Sphäre von Frauen ausgeübt wird. Trauer stört jedoch das Funktionieren des Politischen, wenn sie nicht in den öffentlichen Bereich integriert ist und zudem keine besondere Anerkennung erfährt.9 „Die einzigartige, intensivierte und zeitraubende Zuwendung an den Anderen in der Trauer, die Kultivierung der öffentlich sichtbaren Formen des Umgangs mit dem Verlust und das Bewahren des Angedenkens müssen neben dem ganz anders strukturierten Zeitmaß der Tagesordnungen des öffentlichen Lebens ablaufen. [...] Dieses gerne ‚übersehene‘ Trauern als eine der Tätigkeiten, die zu einem Teil auch dem Anderen gewidmet ist, scheint im Widerspruch zur Selbstrepräsentation des abendländischen Subjekts zu stehen.“10 Die „Sorge um den anderen“ bleibt in der Vorstellung des neuzeitlichen Subjekts außen vor, bei der die „Sorge um sich“ im Vordergrund steht. Frauen wird nach Ansicht Eckers die Aufgabe auferlegt, die fehlende Sorge um den Anderen mit ihrer Trauertätigkeit aufzufangen und auszugleichen. „Der Leib- und Lebensfeindlichkeit idealis-


thema: feminist funeral

Dem Tode näher? Bestandteil einiger feministischer bzw. feministischtheologischer Veröffentlichungen sind verschiedene frauenspezifische Perspektiven auf Tod und Trauer. Ausgangspunkte dabei sind die Kritik an einer Verdrängung von Sterben, Tod und Trauer sowie die Annahme des als „patriarchal“ empfundenen strikten Dualismus von Leben und Tod. Die feministische Theologie will den Tod als „natürlichen Teil“ in das Verständnis von Leben einbeziehen und grenzt sich von einem als patriarchal bezeichneten linearen Zeitverständnis ab, dem sie ein zyklisches Zeitverständnis entgegensetzt. Tod und Geburt werden als gleichberechtigt zum Leben gehörend wahrgenommen, und die Endlichkeit von Leben und Körper soll akzeptiert werden. Auch Cline nimmt biologische Differenzen im Erleben von Tod zwischen den Geschlechtern an. Sie ist der Meinung, dass Frauen den Tod (wie das Leben) eher als etwas „Innerliches“ wahrnehmen, Männer hingegen dazu neigen, den Tod als etwas zu sehen, dass „von außen“ kommt. In diesem Zusammenhang verweist sie darauf, dass bestimmte Todeserfahrungen nur Frauen machen können, da sie eng mit ihrem Körper verknüpft seien, nämlich Tod in der Schwangerschaft durch Fehlgeburt oder Schwangerschaftsabbruch sowie Tod während und nach der Geburt. Cline schließt daraus: „Alle Forschungen zeigen, dass die charakteristisch weibliche Betrachtungsweise des Lebens zu einer charakteristisch weiblichen Betrachtungsweise des Todes führt.“12 Diese nicht verifizierbaren Thesen resultieren aus einem differenztheoretischen feministischen Verständnis von natürlich bedingten, unterschiedlichen Wahrnehmungs- und Erlebnisweisen der Geschlechter, das nach neueren GenderForschungen nicht haltbar ist. Eine feministische Theorie, die Geschlechterdifferenzen anhand biologischer Attribu-

te positiv umdeutet und einen essentialistischen Begriff von „Geschlecht“ oder „Frau“ vertritt, ist seit der Debatte um Judith Butlers „Das Unbehagen der Geschlechter“ (1991) nicht zeitgemäß und muss problematisiert werden.13 Möglicherweise haben manche Frauen mit bestimmten prä- oder perinatalen Verlusten anders zu tun als Männer, da sie in ihrem Erleben unmittelbarer davon betroffen sind. Dennoch ist es problematisch und zu kurz gegriffen, wenn biologische Annahmen als generelle Begründung für einen vermeintlich

Rolle der starken Männer, sie verwalten die Trauer.“14 Hingegen sind Männer seltener in der Sterbebegleitung, selbst bei nahen Angehörigen, oder Totenwachen anzutreffen. Eher übernehmen sie aktionsorientierte, öffentlich gestaltende Rollen. Geschlechterdifferenzen haben sich beim Thema Tod lange gehalten: Nicht nur, dass Männer in Todesanzeigen häufiger genannt werden als Frauen, bei Begräbnissen Männer in der Regel den Sarg tragen und Frauen das Essen danach organisieren. Auch in Bestat-

Die Figur der weiblichen Trauernden ist auf den Friedhöfen seit Ende des 18. Jahrhunderts zum Symbol des bürgerlichen Umgangs mit dem Tod geworden.

12 Cline 1997: 28 13 Vgl. Butler, Judith (1991): Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt/M. 14 Bödiker/Theobald 2008: 20

anderen Umgang mit Tod und Trauer herangezogen werden. Allein durch eine potenzielle Gebärfähigkeit müssen Frauen sicherlich keine besondere Nähe zu Geburt und Tod haben, wie Cline dies postuliert. Männliche Verwaltung des Todes. Auf der einen Seite sind Frauen in ihrer Trauer – noch immer – öffentlich sichtbarer als Männer. Auf der anderen Seite sind Männer oft noch die „Autoritäten“ in Bezug auf Berufe, die mit Sterben und Tod zu tun haben: „Sie treten in Trauerfällen als formale Rollenträger stark in Erscheinung: Priester, Bestattungsunternehmer, Sargträger, Friedhofsverwalter, Trauerredner, Steinmetz. Viele Berufe um den Tod herum sind männlich, die Beteiligten übernehmen die

Foto: Darren Hester

tischen Denkens, das sich damit auch vom realen Tod abwendet, müssen unbeachtete gesellschaftliche Praktiken gegenüberstehen, nach denen Leiblichkeit und damit auch die Endlichkeit des Leibes anerkannt werden. Trauern ist ein Prozess, der in der Zeit stattfindet und dem Verlust eines identifizierbaren Objekts gilt.“11

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thema: feminist funeral zuständig sind und dadurch geschlechtsspezifische Arbeitsteilungen verändern. Gerade Frauen suchen oft nach neuen Formen und Wegen in der würdigen Versorgung von Verstorbenen sowie in der Kultur von Abschied und Bestattung. l Julia Schäfer ist Soziologin und Kulturwissenschaftlerin, Bestatterin, Trauerbegleiterin und Lebens- und Sozialberaterin i. A.

Foto: Darren Hester

15 Vgl. Bödiker/Theobald 2008: 71, 75

tungsunternehmen existiert meist immer noch eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung: Während in der Hinterbliebenenberatung das Fachpersonal oft aus Frauen besteht, sind diejenigen, die die letzten Handlungen am toten Körper vornehmen, zu einem Großteil Männer.15 Doch die Bestattungskultur erfährt derzeit starke Umbrüche. Damit einhergehend wird auch die männliche Dominanz in den Tätigkeiten rund um den Tod aufgebrochen. Es gibt immer mehr Bestatterinnen, die selbst Unternehmen gründen und mit ihren Dienstleistungen unter Umständen speziell Kundinnen ansprechen (vgl. Interview auf Seite 22-23). Es gibt Trauerrednerinnen, Sargträgerinnen und Frauen, die zunehmend für die bisher männerdominierten Bereiche der Überführung, Versorgung und Einbettung von Verstorbenen

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„Es ist heute nicht normal, tot zu sein, und das ist neu“, schreibt Jean Beaudrillard in „Der symbolische Tausch und der Tod“. Diese Anomalie zeige sich in einer systematischen Verdrängung des Todes, und die Verlagerung der Friedhöfe vom Zentrum in die Peripherie unserer Städte entspräche auch eine Verbannung des Todes aus der Mitte unserer Gesellschaft. Das Wissen um die eigene Endlichkeit und die Ohnmacht angesichts dieser Perspektive wird von der Philosophie häufig als zentrales Moment menschlicher Existenz betrachtet. Manche Theorien gehen gar davon aus, dass letztlich jede Kulturleistung den Versuch darstellt, dem Tod zu trotzen. Elisabeth Bronfen vertritt in ihrer Studie „Nur über ihre Leiche“ die These, dass es das Bild der schönen weiblichen Toten ist, mit dessen Hilfe das Grauen des Todes gebannt werden soll. Bronfen nimmt das Zitat Edgar Allan Poes „Der Tod einer schönen Frau ist ohne jeden Zweifel das poetischste Thema der Welt“ zum Ausgangspunkt, um zu zeigen, dass es in der abendländischen Kunst und Kultur vor weiblichen Leichen nur so wimmelt. „Die ästhetische und psychologische Lust am weiblichen Tod entpuppte sich als verschwiegene kulturelle Konstante unserer Kultur. Hatte ich mich erst auf die Suche

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begeben, traf ich weibliche Leichen, wo immer ich hinblickte – bei Dante und Petrarca, in den Shakespeare-Tragödien und dem bürgerlichen Trauerspiel, in der Romantik und der Schauerliteratur, der Oper und den realistischen Romanen des 19. Jahrhunderts, dem Hollywood mainstream und dem europäischen Autorenfilm des 20. Jahrhunderts“, schreibt Bronfen. Die schöne weibliche Tote erfülle ihre Funktion, den Schrecken des Todes zu bannen, gleich auf mehreren Ebenen. Ihre vollkommene Schönheit bietet zunächst einen konservierten Gegenentwurf zu Verfall und Vergänglichkeit. Weil das Weibliche überdies als das absolut „Andere“ des männlichen Subjekts gesetzt ist, verweist der durch die weibliche Leiche zur Schau gestellte Tod außerdem auch niemals auf den eigenen. Im Gegenteil: Weiblichkeit birgt durch die Ineinssetzung mit Natur auch deren Bedrohlichkeit und Unkontrollierbarkeit, doch in der bildgewordenen Frauenleiche ist diese furchteinflößende Naturgewalt domestiziert, Kultur triumphiert über Natur, so Bronfen. „Die Inszenierung der schönen toten Frau bietet somit ein markantes Beispiel für ein Ausweichen vor und ein Ausblenden der eigenen Vergänglichkeit.“ Lea Susemichel Elisabeth Bronfen: Nur über ihre Leiche: Tod, Weiblichkeit und Ästhetik. Königshausen & Neumann 2004


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Best of Bestattung Wer so nicht erinnert werden will, sollte sich zu Lebzeiten selbst um ein würdiges Andenken kümmern. Foto: SylK

Die mitteleuropäische Friedhofskultur ist zum Fürchten. Plastikblumengeschmückte Gräber in Reih und Glied, die Grabsteine von streng reglementierter Scheußlichkeit. Auch wenn Frauen inzwischen immerhin unter ihrem eigenen Namen und nicht mehr als z.B. „Bäckermeistersgattin“ erinnert werden – ein würdiges Denkmal kann sich hier keine setzen. Lea Susemichel hat sich angesehen, welche Bestattungen für ein „Feminist Funeral“ taugen könnten.*

ERDBESTATTUNG Der Klassiker, nicht nur für Ökofeministinnen. Individuelle Akzente lassen sich – wo erlaubt – mit Sarg und Grabstein setzen. Särge: Es gibt Alternativen zum rustikalen Eichensarg. Unter dem Titel „Put some Fun in your Funeral“ oder „Glamming up the Graveyard“ zeigen Ausstellungen und Netzsammlungen (siehe z.B. http://myfunkyfuneral.com/glamcoffins.php oder www.crazycoffins.co.uk), welcher Variantenreichtum in Form und Farbe möglich ist – auch wenn die Vielzahl von Raketen-, Auto- oder Gitarrensärgen auf eine wohl bisher überwiegend männliche Nachfrage hindeutet. Für die naturverbundene wie für die extravagante Feministin gibt es inzwischen außerdem eine ökologischere Alternative zum Holzsarg. Er besteht aus kompostierbarem Karton und ist in unterschiedlichen Designs erhältlich: vom persönlichen Bildmotiv bis zum Leopardenlook. Wem das alles nicht gefällt: DIY ist auch bei der Sarggestaltung im Kommen! Grabsteine: Auf dem wunderschönen Friedhof Staglieno in Genua gibt es neben den monumentalen Familiengruften und den pompös skulpturalen Grabmälern der Reichen auch die eindrucksvolle Statue einer Straßenverkäuferin. Die Nusshändlerin Caterina Campodonico hatte bis zu ihrem Tod 1881 eisern gespart, um sich überlebensgroß in Stein porträtieren zu lassen. Heute ist es nicht mehr nur eine Frage des Geldes, sondern auch der Friedhofsordnungen, ob sich ein Denkmal gemäß den eigenen Wünschen realisieren lässt. Zulässige Höhe und Breite des Steins sind meist bis auf den Zentimeter genau festgelegt, auch andere Gestaltungsdetails sind rigide normiert. Eine grellbunte Doppelaxt etwa dürfte derzeit wohl fast nirgendwo aufgestellt werden. Wer also nicht unter einem rosa marmorierten Klotz mit Goldgravur enden will, sollte die individuellen Vorstellungen frühzeitig festlegen. FEUERBESTATTUNG Der Symbolik lodernder Flammen können einige Feministinnen sicherlich ebenfalls etwas abgewinnen. Die entscheidende Frage ist aber: Wohin dann mit der Asche?

Urnen: Auch bei der Vielfalt des Urnendesigns hat sich mittlerweile einiges getan. Von der Fußball- oder MuschelUrne über Skulpturen und bemalte Gefäße bis hin zum selbst getöpferten Pott: Das bisschen Asche hat fast überall Platz. Wer nicht bei seinen Lieben auf dem Kamin stehen will (oder aufgrund entsprechender nationaler Bestimmungen nicht darf), muss sich deshalb jedoch nicht zwangsläufig für ein klassisches Urnengrab auf dem Friedhof entscheiden. Wald- und Wiesenbestattung: Die (biologisch abbaubare) Urne wird in sogenannten Friedwäldern an den Wurzeln eines Baumes beigesetzt. Am Baum wird ein Erinnerungsschild mit dem Namen angebracht. Alternativ kann die Urne z.B. auch am Fuß eines kleinen Felsens begraben oder die Asche direkt auf einer Wiese oder im Wind verstreut werden – in diesem Fall meist ohne Erinnerungstafel. Wasserbestattung: Die Asche wird direkt oder in einer wasserlöslichen See-Urne dem Gewässer (Meer, Fluss, Wasserfall) übergeben. Die Zeremonie lässt sich zwar eindrucksvoll inszenieren, es gibt danach aber keinen fixen Erinnerungsort. Weltraumbestattung: Ein wenig Asche wird in einer winzigen Urne in die Erdumlaufbahn katapultiert. Nach einigen Jahren verglüht sie. Sehr spektakulär. Luftbestattung: Die bescheidenere Variante. Die Asche wird aus einem Flugzeug oder einem Heißluftballon verstreut. Diamantbestattung: Ein Teil der Asche wird zu einem synthetischen Diamanten verarbeitet. „Diamonds are a girls best friends“ ist natürlich gelogen, aber gegen Glitzerkram haben auch viele Ladys nichts. Sehr glamourös. INTERNET-FRIEDHÖFE Virtuelle und multimedial errichtete Grabstätten gibt es längst auch im Netz. Geschmacklose Engel- und Grablicht­ animationen stehen der Einfallslosigkeit der realen Friedhofskultur aber in kaum etwas nach. Wer sich würdig online verewigen will, sollte sich also besser zu Lebzeiten noch selbst darum kümmern. l

* Nicht alle Bestattungsformen sind überall erlaubt.

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Hebammenarbeit für die Toten Gut und liebevoll mit den Toten umgehen. Den Angehörigen genügend Zeit und Rituale für den Abschied geben – das bietet das Bestattungsunternehmen DIE BARKE. Mitbegründerin Ajana Holz und ihre Kollegin Merle von Bredow schilderten Svenja Häfner ihre ganz eigenen Arbeitsweisen.

Postkarte mit Sargträgerinnen, die vermutlich eine Suffragette zu Grabe tragen

an.schläge: Aus welchen Beweggründen

DIE BARKE Bestattung & Begleitung in Frauenhänden. Mobiles bundesweites Bestattungsunternehmen www.die-barke.de info@die-barke.de

heraus habt ihr euer eigenes Bestattungsunternehmen gegründet? Was waren eure persönlichen Motive, euch so intensiv mit dem Thema Tod zu beschäftigen? Ajana Holz: Mir wurde das während einer dreijährigen schamanischen Ausbildung bei Ute Schiran klar. Im Gespräch mit meiner damaligen Gefährtin Brigitte wurde dann 1995 die Idee geboren, ein Bestattungsunternehmen zu gründen. In dieser Zeit sind auch zwei Freundinnen gestorben, und ich erlebte zum ersten Mal, wie wenig Unterstützung es hier gibt. Ich wollte als junge Frau Hebamme werden, und plötzlich fügte sich alles zusammen: Übergänge – Geburt – Leben – Tod – Sterben, also die andere Seite der Geburt, eine notwendige Hebammenarbeit für die Toten, die aus diesem Leben hinaus geboren werden. So wurden wir „Seelen-Hebammen“ für die Toten, Übergangsbegleiterinnen, erst nur für Frauen und Kinder, um ihnen den notwendigen Schutz für ihre Würde zu geben, später dann für alle. Nach vier Jahren Vorbereitungszeit haben wir 1999 „Die Barke“ gegründet, ohne

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Eigenkapital und ohne Sicherheiten. Meine Großmutter, die ich sehr geliebt habe, war die zweite Tote, die wir bestattet haben. Die erste war Gita Tost, eine bekannte feministische Lesbe, die damit zu unserer „Patin“ wurde. Und mittlerweile haben wir auch Freundinnen bestattet. Jedes Mal habe ich erfahren, dass ohne Zeit für den Abschied bei den Toten ein Begreifen überhaupt nicht möglich ist. Sich innerhalb der Normen zu bewegen und gleichzeitig auch außerhalb des Systems, das ist die Meisterinnenleistung jeder radikal feministischen Lesbe. Das machen wir mit der BARKE jetzt schon seit zwölf Jahren.

Welche Erwartungen haben eure Kund_innen an euch? Merle von Bredow: Wir werden oft gerufen, weil wir empfohlen wurden oder weil unsere Internetseite gefiel. Die meisten, die uns rufen, rufen uns deswegen, weil sie mehr Raum haben und mehr Zeit mit ihren Toten verbringen möchten, und weil sie wissen, dass wir gut und liebevoll mit ihren Toten umgehen. Manche rufen uns auch gerade deswegen, weil sie wissen, dass

bei uns ausschließlich Frauen arbeiten und sie ihre Mutter oder Freundin von Frauen gewaschen und versorgt wissen wollen.

Was unterscheidet euch von den herkömmlichen Bestattungsunternehmen? Was ist euch an eurer Arbeit besonders wichtig? A. Holz & M. von Bredow: Wir sind auch ein ganz „normales“ Bestattungsunternehmen. Wir haben zwei dunkelrote Bestattungswägen, die von Schreinerinnen als Leichenwagen ausgebaut wurden. Wir übernehmen den ganzen Formalitätenkram und organisieren alles bei Ämtern, Behörden, Friedhöfen etc. Wir haben ökologische Särge und alles, was für Bestattungen, Hausaufbahrungen und Trauerfeiern nötig ist. Die Unterschiede finden sich in jedem Detail: unsere Sorgfalt, unser Umweltbewusstsein und dass die Wünsche der Toten und ihrer Lieben immer im Mittelpunkt unseres Handelns stehen. Wir bieten Hausaufbahrungen an, bringen die Toten auch vom Sterbeort noch einmal nach Hause und finden dabei auch in engen Treppenhäusern (die alle behindern, die nicht auf zwei Beinen


thema: feminist funeral unterwegs sein können) einen Weg. Wir empfehlen den Menschen, bei der Totenwaschung dabei zu sein: ein uraltes Menschheitsritual, in Deutschland schon lange in Vergessenheit geraten. Mit der Zeit haben wir erfahren, welche Wirkung und welch ein Zauber sich dabei entfalten kann: Durch die sanfte warme Berührung unserer Hände in Achtsamkeit und mit ganzem Respekt für ihren Körper können wir jedes Mal sehen, wie sich in kurzer Zeit die Gesichtszüge der Toten entspannen, wie sich die Leichenstarre auflöst, wie sich Schock, Schmerz oder Anstrengung aus den Körpern lösen, verkrampfte Hände loslassen – die Hingabe an den neuen Zustand. Ihren Körpern wird die letzte Ehrung gegeben, was besonders bei Frauen etwas ist, was schon zu Lebzeiten so selten oder nie geschieht. Und dann sind übliche Vorstellungen vom Totsein egal, wie z.B. „Das ist doch nur noch die Hülle.“ Ein Körper ist nie „nur“. Und es tut den Angehörigen gut, wenn sie mit uns waschen, einölen, behutsam die Lieblingskleidung anziehen. Sie können noch etwas tun für die Toten. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um mit der Trauer leben zu können, um etwas vom großen Mysterium Tod zu begreifen, von diesem ungeheuer lebendigen Zustand und der Präsenz der Toten, die wir und die Angehörigen jedes Mal spüren. Aber diese Präsenz braucht einen geschützten Raum und Herzensberührung, um sich entfalten zu können. Wenn wir die Toten aus den Kühlfächern eines Krankenhauses holen, nackt, kalt, erstarrt, ihrer Würde beraubt, oder wenn wir verletzte Unfalltote aus ihren Plastiksäcken befreien, dann müssen wir sie erst einmal lange berühren, waschen, eventuell Wunden verbinden, mit ihnen in Kontakt sein und diesen Körpern ihre Würde zurückgeben. Und dann passiert es immer, selbst da, wo wir selbst nicht mehr daran geglaubt haben: Sie „erwachen“ wieder, werden lebendig auf diese nur mit dem ganzen Körper begreifliche, tief berührende Weise, und alle haben das Gefühl, dass sie jeden Moment wieder atmen. Dann, so paradox es klingen mag, beginnen sie ihren Weg weiterzugehen. Und die abschiednehmenden Lebenden können sie gehen lassen. Durch diese Präsenz und Lebendigkeit lehren uns die Toten

über den Tod, und damit „helfen“ die Toten den Lebenden beim Abschied. Unsere Arbeit ist es, das auf jede Art und Weise zu unterstützen. Wir achten übrigens im Besonderen bei Frauen, aber auch bei Männern, immer darauf, dass sie nie ganz nackt liegen, und das Waschen im Intimbereich übernehmen in den meisten Fällen wir selbst, ohne sie zu entblößen, weil solch eine Nähe für die uns begleitenden Angehörigen und für die Verstorbenen nur sehr selten stimmt.

Wie erlebt ihr den gesellschaftlichen Umgang mit dem Tod? A. Holz & M. von Bredow: Tod wird noch immer verdrängt. Die irrationale Angst und der Ekel vor dem Kontakt mit den Toten hat dazu geführt, dass Tote in der Regel wie giftiger Müll

anderen Ort stattfindet. Je nach Verwandtschaftsverhältnis bekommen die Menschen oft nicht mal einen Tag frei, um sich verabschieden zu können, und müssen Urlaub nehmen. Wir müssen funktionieren, da hat der Tod keinen Platz und muss „nebenher“ bewältigt werden.

Trauern Frauen anders bzw. brauchen Frauen und Männer ihre jeweils eigene Art von Trauerbegleitung? M. von Bredow: Gesellschaftlich bedingt ist es schon so, dass wir Unterschiede wahrnehmen. Männer haben oft mehr Angst davor, dem geliebten gestorbenen Menschen zu begegnen. Frauen tun sich da leichter und sind sehr froh über unsere Angebote, beim Waschen und Versorgen ihrer Toten dabei zu sein oder selbst mit Hand anzu-

Ihren Körpern wird die letzte Ehrung gegeben, was besonders bei Frauen etwas ist, was schon zu Lebzeiten so selten oder nie geschieht. entsorgt werden. Mit Chemikalien und Desinfektionsmitteln werden die Toten oft erst giftig gemacht, was schädlich für uns und die Umwelt ist. Nichts an Toten ist zu keinem Zeitpunkt giftig oder schädlich für Lebende. In der gewaltsamen patriarchalen Abspaltung und Trennung von Leben und Tod wurde vergessen, dass aus allem, was stirbt, fruchtbare Erde entsteht, aus der alles neu wächst. Ohne Tod kein Leben.

Wie viel Raum wird der Trauer um einen Menschen heute noch gegeben und zugestanden? M. von Bredow: In unserer Gesellschaft wird grundsätzlich den Menschen nicht viel Zeit zugestanden. Das erleben wir immer wieder, wenn wir in Großstädten Trauerfeiern organisieren. Auf vielen Friedhöfen werden Trauerfeiern im 20-Minutentakt abgehalten. Wenn die Menschen es sich leisten können, dann buchen wir schon auch mal die zwei- bis dreifache Zeit, damit für die Abschiedsfeier angemessen Zeit ist. Für diejenigen, die sich das nicht leisten können, organisieren wir es so, dass sie stattdessen mehr Zeit am Grab haben oder dass die Trauerfeier an einem

legen. Wir geben aber allen Menschen die Sicherheit, alles tun zu können, was sie selber tun möchten. Andererseits müssen sie aber nichts tun. Der trauernde Ehemann oder Vater geht dann manchmal lieber selber zum Standesamt, um die Sterbeurkunden und Papiere für seine Ehefrau oder sein Kind zu holen. Aber insgesamt heben sich diese unterschiedlichen Herangehensweisen oft auch auf, weil wir den Menschen so viel Sicherheit geben. Da sagen uns Sohn und Tochter, die ihre Mutter mit uns behutsam gewaschen und sanft eingeölt haben, schon auch mal, dass ihnen dieses Erlebnis eine lange Therapie erspart hat, oder die Ehefrau, die ihren Ehemann jahrelang gepflegt hat, freut sich, dass wir ihr das Versorgen und Waschen ihres Mannes abnehmen und sie sich einfach nur daneben setzt und uns währenddessen von dem Leben mit ihrem Mann erzählt. l

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thema: feminist funeral

Trauerklöße & Trostpflaster Gegen das Todtraurigsein kann helfen, dass Kinderbücher den Tod erklären, das Sterben, das Wegsein und die Angst davor. Lisa Bolyos hat nachgelesen und Trostpflaster vergeben.

Mach’s gut, Herr Wurst Die zwölfjährige Viktoria wird in einer Bestattungsdynastie groß – sie spielt Vampirin, verbringt Samstagnachmittage in der Leichenhalle und trifft ihre tote Schwester Agnes in der verlassenen Friedhofskapelle zur Audienz. Arnos Mutter ist Hebamme und jung verwitwet, Arnos Hund Herr Wurst sein bester Freund. Als der eines Tages beim Lauftraining überfahren wird, zieht sich Arno in seinen Schmerz zurück. Nur Viktoria weiß, welche Rituale es braucht, damit der Abschied auszuhalten ist. Und verliebt hat sie sich übrigens auch.

Tot sein ist … ein Engel, um den Schmetterlinge fliegen; Herr Wurst in einem blauen Sackerl; oder doch ein Knochengerippe, abgenagt von schnödem Gewürm? Zeremonie: Zu guten Beerdigungen gehören selbst getöpferte Urnen und „Kochkurse für Trauernde“; im Sarg liegt sich’s auch als Lebende ganz gemütlich. Trostfaktor: Eloquente Gespräche über Leben und Sterben, Totsein und lieber noch nicht tot sein. Und irgendwann ist es auch Zeit, vom Abschiednehmen Abschied zu nehmen.

Leider wird die Erzählung durch permanente Kommentare über Viktorias dicken Körper verhaut: Regina Schilling: Mach’s gut, Herr Wurst! Boje 2009. Ab 10 Jahren Klaras Kiste Die Lehrerin Klara stirbt an Krebs, und ihre sehr jungen Schüler_innen begleiten sie in den letzten Monaten. Julius ist auch darunter, und er hat nebenbei noch die Frage zu klären, ob „Julius“ von „Julia“ kommt, der verstorbenen Babyschwester, der die rosa Wandfarbe in seinem Kinderzimmer ursprünglich gewidmet war. Warum hat ihm nie jemand von ihr erzählt? Insgesamt scheinen Erwachsene ein recht verspanntes Verhältnis zum Tod und der dafür notwendigen Ausstattung zu haben …

Sterben ist … manchmal unausweichlich und braucht immens viel Mut. Von denen, die sterben, aber auch von denen, die sie nicht gern gehen lassen. Totenkult: Ein verzierter Sarg ist ein angebrachtes Abschiedsgeschenk. Erwachsene weinen sich genau wie Kinder das Herz kaputt, nur können sie weniger gut damit umgehen. Trostfaktor: Heimlich sterben geht nicht, da ist es doch viel besser, sich die Zeit bis zum Tod mit den Allerliebsten zu gestalten.

Die Kinder sind cool, die Geschichte immer ein bisschen zu vorhersehbar: Rachel von Kooij: Klaras Kiste. Jungbrunnen 2008. Ab 10 Jahren Die besten Beerdigungen der Welt Einen ganzen Tag lang sind Esther, Putte und „ich“ Teilhaber_innen eines Bestattungsinstitutes – „wahrscheinlich die nettesten auf der ganzen Welt“. Zu Grabe getragen werden Tiere – zum Einstieg eine Hummel und eine Spitzmaus, aber das Kleinvieh ist der Geschäftsfrau Esther bald zu unspektakulär. Esther ist furchtlos und draufgängerisch, dafür kann „ich“ die angemessensten Gedichte schreiben, und Putte weint dazu wie eine ganze Trauergemeinde. Bis es Abend wird.

Die Toten sind … gut gegen Langeweile. Sie liegen überall rum, in den Büschen und auf den Landstraßen, und warten darauf, dass sich jemand um sie kümmert. Beerdigungen: Eine grandiose Geschäftsidee. Je mehr desto besser! Trostfaktor: „Hier unten bist du piksig und platt. Im Himmel bist du rund und satt.“

Schwedische Allegorie auf’s nicht immer fade Landleben, Punkte gibt’s außerdem für die crossen Geschlechterzuschreibungen: Ulf Nilsson/Eva Eriksson: Die besten Beerdigungen der Welt. Moritz 2006. Ab 7 Jahren 24 l an.schläge November 2011


thema: feminist funeral

Der Besuch vom kleinen Tod Der kleine Tod will den Menschen eigentlich lieber eine Freude machen – aber alle fürchten sich vor ihm, und das ist für ihn selber fürchterlich. Bis er die junge Elisewin abholen kommt, die ihn freudig empfängt und im Totenreich die wildesten Spiele mit ihm spielt. Endlich eine Gleichgesinnte! Und weil Elisewin zum Engelchen berufen ist und weil sich die beiden so gut verstehen, gehen sie fortan gemeinsam die Lebenden abholen.

Sterben: Das trifft eine_n eventuell auch selber. Manchmal nach langer Krankheit und gar nicht so ungern. Totenreich: Das Kamin- ist nicht mit dem Fegefeuer zu verwechseln. Der kleine Tod will es einfach nur gemütlich haben. Trostfaktor: Trauer ist was für Hinterbliebene. Selbst gehen müssen heißt nicht zuletzt endlose Polsterschlachten und Zirkusspiele mit einem neuen Freund in schwarzem Umhang.

Einfühlsam und ermächtigend, ein bisschen zu schnell erzählt: Kitty Crowthers: Der Besuch vom kleinen Tod. Carlsen 2011. Ab 5 Jahren Und was kommt dann? Sich mit dem Tod auseinandersetzen, das heißt nicht nur: wissen, dass er in allen Lebensphasen und für alle Lebewesen eintreten kann, wie Leichen aussehen und was mit ihnen gemacht wird. Sondern auch: überlegen, was mensch zum Begräbnis anzieht, welche Formen nach der Wiedergeburt zur Wahl stehen und wie das Erbe aufgeteilt wird. Das alles wird mit wenig Berührungsangst und vielen gewitzten Bildgeschichten erzählt.

Der Tod ist … ein harmloser Holzfrack und außerdem ein Regulativ gegen eine sonst drohende Überbevölkerung – autsch! Totenkult: Grabbeigaben waren gestern, erben ist viel besser. Testamente sind ein fantastisches Mittel, postmortale Besitzverhältnisse zu klären. Trostfaktor: Gott hin oder her, Opa könnte eine Blume werden, Karl-Heinz ein Vampir und du, skandinavisch gesehen, ein fliegender Elch.

Lustiges Lehrbuch, wegen demografischem Wahnsinn nur: Pernilla Stalfelt: Und was kommt dann? Das Kinderbuch vom Tod. Moritz 2000. Ab 4 Jahren Ich und Du, Du und ich Wenn einer der beste Freund einfach wegstirbt, ist das nicht leicht zu glauben. Die Erwachsenen sagen: Autounfall – aber was soll das heißen? Gerade sind wir noch durch den Wald gelaufen, unter der Mauer durchgekrochen, immer dem Zauberer auf der Spur. Und übrig sein soll nur ein Grab? Gibt’s nicht.

Weg sein ist … manchmal für immer und schwer wahrzuhaben. Trauerarbeit: 1. nicht glauben, 2. beleidigt sein, 3. stumm sein, 4. erinnern, 5. trauern Trostfaktor: Die Erinnerung ist mal bunt wie Wasserfarben, mal schwarz-weiß, hat viele Formate und ist meistens sehr, sehr lieb. Geht nicht verloren wegen einem blöden Unfall, denn: Gestorben magst du wohl sein, aber tot bist du nicht!

Sehr simple und logische Erzählung mit den schönsten Bildern der Welt: Angelika Kaufmann: Ich und Du, Du und ich. Bibliothek der Provinz 2004. Ab 5 Jahren Eine Kiste für Opa Als Kofis Großvater nicht mehr aufhört, von „der Reise“ zu reden, versteht Kofi ungern, aber doch: Opa hat vor, bald zu sterben. Damit die Reise gelingen kann und der Opa allen Grund hat, sich darauf zu freuen, soll der Sargbauer Paa Joe eine geeignete Kiste zimmern. Eine Krebskiste zum Beispiel oder eine bierflaschenförmige, oder eine, die aussieht wie das Boot, in dem Opa zum Fischen rausfährt … Und weil Opa sich mit großen Entscheidungen nicht leichttut, ist es umso besser, dass Kofi da ist, der ihn bei der Auswahl des letzten Transportmittels begleitet.

Die letzte Reise … will gut vorbereitet sein. Wer weiß etwa, ob Omas Hinterbliebene sonst den richtigen Holzhennensarg gewählt hätten? Sargdesign: Der ideale Sarg ist so leicht und so schwer zu finden wie das ideale Haus – ist ja nicht nur für einen Abend. Trostfaktor: Im Fischbauch und in der gelben Rakete lässt sich die Reise schon ganz ok starten – und zur Not könnte Opa dann auch mal wieder auf einen Besuch vorbeifliegen; falls es „dort“ vielleicht doch langweilig ist, so ganz ohne Kofi.

So wunderschön gemalt, dass frau sich auch gleich eine Designkiste bestellen will – mit etwas erlebnisarmer Geschichte: Marie Therese Schins/Birte Müller: Eine Kiste für Opa. Aufbau 2008. Ab 5 Jahren November 2011 an.schläge l 25


thema: feminist funeral

Tabuisierte Trauer Werden homosexuelle Beziehungen durch einen Todesfall beendet, müssen die Hinterbliebenen meist mit mehr als der eigenen Trauer fertigwerden. Von Svenja Häfner

* Namen von der Redaktion geändert 1 Die Mindestzeit ist abhängig vom Alter der Witwe zum Todeszeitpunkt der Partnerin, vom Alter der Verstorbenen zum Zeitpunkt der EP-Schließung sowie vom Altersunterschied der eingetragenen Partnerinnen. Ist diese Mindestdauer gewährleistet, wird die Witwenpension ab dem Tod der Partnerin monatlich 14 Mal im Jahr unbefristet ausgezahlt. Ansonsten ist die Bezugsdauer auf 30 Monate beschränkt. Links: http://libs.w4w.net/ (Lesben Informations- und Beratungsstelle e.V. in Frankfurt) www.flip-essen.de/Trauerbegleitung.html (FliP e.V. – Frauenliebe im Pott, Essen) https://www.help.gv.at/ Portal.Node/hlpd/public/content/27/Seite.270410.html (Fakten zur Hinterbliebenenpension in EPs)

er l t Buber r ü ue a Tr

In der ersten Reihe stehen die Eltern und Geschwister von Claudia*, um sie herum nahe Verwandte und der engste Bekanntenkreis der Familie. Etwas abseits formiert sich eine zweite Gruppe, Freundinnen und Freunde, mit denen Claudia ihre lesbische Lebenswelt teilte. Sie hatten nur aus der Zeitung von dem Beerdigungstermin erfahren. Zwei Tage später kommt es zu einer ähnlichen Szene. Nur die Personen in der ersten Reihe und der Bestattungsort haben gewechselt, die etwas abseits stehende Gruppe ist dieselbe geblieben. Diesmal gilt der Abschied Anja*. Fünf Jahre waren Claudia (39) und Anja (41) ein Paar, bevor sie während eines gemeinsamen Urlaubs im Herbst 2010 bei einem Flugzeugabsturz beide ums Leben kamen. Sie lebten von Anfang an offen ihre lesbische Beziehung, doch für ihre Familien bleibt diese Verbindung selbst nach ihrem Tod ein Tabu. Jede Familie regelt für sich alleine die Identifizierung der Leiche, ihre Rückführung nach Deutschland, die Organisation der Bestattung und der Hinterlassenschaft. Die gemeinsamen Freund_innen von Claudia und Anja haben in diesem Prozedere lediglich die

„Was macht ein betrauerns­ wertes Leben aus?“, fragt Judith Butler. Dass es überhaupt als schützenswertes Leben anerkannt wird, ist eine zentrale Voraussetzung dafür. Es gäbe jedoch „keine Todesanzeigen für die Kriegsopfer, die die Vereinigten Staaten verursachen“, es existiere stattdessen eine „Hierarchie der Trauer“, die festlegt, wer betrauernswert sei und wer nicht. Was Butler in ihren jüngeren Veröffentlichungen insbesondere anhand der Militärangriffe der USA verhandelt, analysiert sie v.a. in früheren Texten auch am Beispiel von AIDS-Toten oder der Gewalt, der Homosexuelle, Transgender und

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Rolle von Zuschauer_innen. In dieser Rolle blieben sie auch auf den jeweiligen Beerdigungen. Eine Woche später nehmen sie dann gemeinsam mit einem für sie passenden Ritual von den beiden Abschied. „Wenn die Liebste tot ist“. Es ist immer eine schmerzhafte Zeit, die auf den Verlust eines geliebten Menschen folgt. Und im Alltag erhalten Tod und Trauergefühle generell wenig Raum. Aber „für Lesben kommt dann oft noch eine Tabuisierung hinzu, die die Bewältigung des Verlustes erschwert“, betont die Lesben Informations- und Beratungsstelle (LIBS) in Frankfurt. „Doch gelebte Trauer und ein offener Umgang mit Tod und Abschied sind für die Heilung des Schmerzes und die Bewältigung der Herausforderung nach dem Verlust der Partnerin zentral.“ „Wenn die Liebste tot ist“, nennt sich das Beratungsangebot, das von LIBS daher eigens für lesbische Frauen organisiert wird. Auch Claudia Tienken vom LesbenTrauer-Treff in Essen unterstützt ein spezielles Angebot für lesbische Frauen, „da es für diese oft schwierig ist, sich

Intersexuelle ausgesetzt sind. Ihnen wird Trauer versagt, ihr Leid wird nicht beklagt. Auf individueller Ebene bedeute trauern, zu akzeptieren, „dass man durch den Verlust, dem man sich stellt, verändert werden wird“. Denn wenn „die Zuneigung zu dem ‚Du‘ ein Teil vom dem ausmacht, wer ‚ich‘ bin“, dann betrauere ich nicht nur den Verlust des anderen, sondern auch mein früheres, vertrautes Selbst, so Butler. Und deswegen hätte Trauer auch eine ethisch-politische Relevanz. Sie wirke nicht isolierend und damit entpolitisierend, sondern im Gegenteil gemeinschafts- und gerechtigkeitsstiftend, indem sie uns sowohl unsere existenzielle Verletzlichkeit als auch unsere unhintergehbare Abhängigkeit von anderen vor Augen führt. Lea Susemichel

in einem für alle offenen Trauercafé zu outen. Oftmals stoßen sie dort auf Unverständnis, wenn um die Lebensgefährtin getrauert wird.“ Anerkennung und Absicherung. Die erschwerte Trauerarbeit ist nicht das einzige Problem, mit dem homosexuelle Menschen nach dem Verlust ihrer Liebsten häufig zu kämpfen haben. Auch Erbschaftsbelange und die Frage nach einer finanziellen Absicherung, vor allem bezüglich der Anspruchsberechtigung auf eine HinterbliebenenRente, stellen regelmäßig immense bürokratische Herausforderungen dar. Hinterbliebene Lebensgefährtinnen, die nicht in einer Eingetragenen Partner_innenschaft (EP) gelebt haben, haben in Österreich generell keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung aus der Pensionsversicherung. Lebte die Verstorbene in einer EP, richtet sich die Höhe der Witwenpension nach der Einkommenshöhe der Hinterbliebenen. Die Pension wird jedoch generell nur dann ausgezahlt, wenn die EP eine bestimmte Mindestzeit angedauert hat, wie etwa der Fall Annemarie Aufreiter, der Lebensgefährtin Johanna Dohnals, gezeigt hat. Obwohl die beiden 30 Jahre lang ein Paar waren und zum Schluss auch in einer EP lebten, die sie gleich nach deren Einführung in Wien am 1. Jänner 2010 eingegangen waren, erhält Aufreiter keine Witwenpension, weil die EP noch nicht lange genug bestanden hat. Die geforderte Mindestdauer der EP ist von verschiedenen Faktoren abhängig1 und kann zwischen drei und zehn Jahre betragen. Auch wenn Paare sofort nach Einführung am 1. Jänner 2010 die Möglichkeit der Eingetragenen Partner_innenschaft in Anspruch genommen haben – eine unbefristete Witwenpension geht sich frühestens 2013 aus. Vorher darf wohl einfach nicht gestorben werden. l


an.sprüche

Mythos „sexuelle Verwahrlosung“ Von einer Pornografisierung der Jugend ist immer häufiger die Rede: Jugendliche hätten immer früher (härteren) Sex, oft auch ohne dabei eine emotionale Bindung einzugehen. Stimmt nicht, sagt Christin Sager, und analysiert, dass durch diese Thesen vor allem sozial Unterprivilegierte diffamiert werden sollen.

Illustration: Bianca Tschaikner

Mit der Überschrift „Voll Porno! Wenn Kinder nicht mehr lernen, was Liebe ist“ läutete der „Stern“ 2007 eine mediale Kampagne ein, die die Jugend nicht nur als „Generation Porno“ und „Generation Sex“ diffamierte, sondern die darüber hinaus auch den problematischen Ausdruck der „sexuellen Verwahrlosung“ reanimierte. Dieser wurde bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts verwendet, um bestimmte Gruppen zu stigmatisieren, und führte zur Zeit des Nationalsozialismus zu vielfachen Einweisungen in Konzentrationslager. Trotz dieser Geschichte knüpfte auch die neu gegründete BRD nahtlos an diese Bezeichnung an, um Jugendliche in Heime einzuweisen. Erst Mitte der 1970er Jahre wurde der Verwahrlosungsbegriff endlich abgeschafft. Von sogenannter „sexueller Verwahrlosung“ sind seit Anbeginn der Debatte immer Kinder und Jugendliche betroffen. Zugleich sind es fast ausschließlich Heranwachsende aus bildungsfernen Milieus und darunter vor allem Mädchen und Frauen, die diesem Vorwurf ausgesetzt sind. Während männlichen Jugendlichen eher durch delinquentes Verhalten das Etikett „Verwahrlosung“ zugeschrieben wird, rückt bei Mädchen die Sexualität in den Fokus der Kontrolle. Der aktuelle Verwahrlosungsdiskurs wird häufig mit der „neuen sozialen Unterschicht“ verbunden. In dem berüchtigten Buch „Deutschlands sexuelle Tragödie“ der Berliner Arche-Mitarbeiter Bernd Siggelkow und Wolfgang Büscher unterstellen die Autoren den Jugendlichen, immer früher sexuelle Erfahrungen zu sammeln. Diese würden in promiskuitiven Beziehungsmustern ohne Gefühle und Liebe praktiziert. Schließlich seien auch immer mehr Teenagerschwangerschaften zu verzeichnen, so Büscher und Siggelkow. Alle diese Behauptungen halten den empirischen Daten in keiner Weise stand. So zeigen Studien zur Jugendsexualität von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), dass die sexuellen Verhaltensweisen der Jugendlichen seit den 1970er Jahren relativ konstant sind. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen, die 2009 von der BZgA befragt wurden, erlebte ihren ersten Geschlechtsverkehr im Alter von 15 bis 16 Jahren. In der Gruppe der unter 14-Jährigen mit sexuellen Erfahrungen sanken die

Werte im Vergleich zur Befragung von 2005. Auch die Zahl jener Jugendlichen, die mit 17 Jahren noch keine sexuellen Erfahrungen gesammelt haben, stieg in den letzten fünf Jahren. Erlebten 1980 41 Prozent der Jugendlichen ihr „erstes Mal“ in einer festen Partnerschaft, so stieg die Zahl in der aktuellen Studie auf 58 Prozent. Diese Trends spiegeln sich auch in den Shell-Jugendstudien wider, in denen Treue, Familie, Partnerschaft und Heirat seit einigen Jahren zu den bedeutendsten Werten vieler Jugendlicher zählen. Auch im Bereich der Teenagerschwangerschaften sind positive Trends zu vermelden: Jugendliche werden in der BRD nur selten schwanger. Im internationalen Vergleich zählt Deutschland zu den Ländern mit den wenigsten Teenagerschwangerschaften. Wenn alle diese Zahlen nun belegen, dass Jugendliche einem romantischen Liebesideal mit Heirat und Familiengründung nacheifern und hauptsächlich Monogamiebeziehungen führen – warum wird dann die Debatte um die „sexuelle Verwahrlosung“ überhaupt geführt? Sie dient dazu, (scheinbare) Abweichungen von der gesellschaftlichen (Sexual-)Norm nicht als sozial strukturelle Erscheinungen einer Gesellschaft zu interpretieren, sondern diese auf das Individuum selbst zurückzuführen. Dies wiederum dient der Diffamierung einer bestimmten Gesellschaftsgruppe – in diesem Fall der sozialen Unterschicht. Nicht die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen werden so als Erklärungsmuster für die Lebensumstände sozial benachteiligter Heranwachsender herangezogen, sondern das individuelle Versagen der Betroffenen selbst. Sie werden so als unfähig zur Erfüllung gesellschaftlicher Norm- und Wertvorstellungen erklärt. Dies wiederum dient der Legitimation sozialer Ungleichheit, da so die Betroffenen selbst für ihre soziale Situation verantwortlich gemacht werden können. l

Christin Sager ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Erziehungswissenschaft der Uni Hildesheim und arbeitet derzeit im dortigen DFG-Projekt „Die Kinderladenbewegung als case study der antiautoritären Erziehungsbewegung.“

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zeitausgleich

arbeitsfragen in allen

lebenslagen

Text: Irmi Wutscher, Illustration: Nadine Kappacher

Krank

Krankheit, die schlimmste Feindin der Prekären. Jetzt hat sie auch mich wieder einmal erwischt. Ich tippe diese Zeilen schnupfig, im Pyjama und in die Decke eingewickelt, mit Kräuterteekanne auf dem Schreibtisch. Gestern habe ich noch mit Aspirin aufgeputscht einen Radio-Schwerpunkt über Drogen (wie passend) finalisiert und auf Schiene gebracht. Das musste noch sein, und auch diese Kolumne will rechtzeitig an Redaktion und Grafikerin geschickt werden. Zu Hause bzw. im Bett bleiben und nicht arbeiten, ist immer die allerallerletzte Option. Ich hatte zuvor schon vier Tage lang versucht, Schnupfen und Halsweh mit Kräutertees, Tropfen u.Ä. loszuwerden. Die Erkältung bleibt aber leider hartnäckig. Trotzdem wäge ich immer noch ab: „Wenn ich morgen zu Hause bleibe, kann ich übermorgen dann vielleicht drei Artikel fertig kriegen“ (nicht sehr wahrscheinlich); „Vielleicht halte ich noch ein, zwei Tage durch, mach die Sachen alle fertig und bleib dann gegen Ende der Woche daheim“ (genauso unwahrscheinlich); oder „Vielleicht ist morgen der Schupfen eh schon vorbei“. So verlaufen die Verhandlungen mit mir selbst, bis irgendwann die Erkenntnis reift: Es geht nicht. Ich muss kürzer treten. Es muss sich halt irgendwie ausgehen mit der Kohle. Ob und was ich für diese zwei Tage bezahlt bekomme, weiß ich nicht so genau. Vielleicht ein Abschlagshonorar für geplante Beiträge oder Artikel, vielleicht einen Durchschnittswert der letzten Monate, vielleicht nichts. Das ist ein Ermessensspielraum von ich weiß nicht welchen Faktoren. Der wichtigste dabei ist: Krankengeld oder Abschlagshonorar bekommt nur, wer sich aufregt. Da bin ich, ich weiß, tausenden anderen Freien, die einfach gar nichts bekommen und für die jede Krankheit, die mehr als eine Woche dauert, zur Existenzkrise wird, schon einen Schritt voraus. Aber eigentlich sollte die Möglichkeit einer Existenzsicherung über Krankheitstage hinweg selbstverständlich sein – nicht Aushandlungssache oder gar Privileg. Irmi Wutscher kann es sich selten leisten, krank zu sein. Nadine Kappacher geht es ähnlich. www.salon-nadine.at

28 l an.schläge November 2011

schmerzen Vulvodynie: weit verbreitet, kaum bekannt Unter „Vulvodynie“ werden chronische Schmerzen im Bereich der äußeren weiblichen Genitalien zusammengefasst, für die nach Ausschlussdiagnose keine andere Ursache gefunden werden kann. Bei diesem Zustandsbild leiden Frauen im Bereich der Vulva bspw. unter einem Brennen oder einem Gefühl des Wundseins, oft auch ausgelöst oder verstärkt durch Sex oder Tampongebrauch. Um zu erheben, wie häufig Vulvodynie in einer Bevölkerung auftritt, führten US-Forscherinnen nun eine Studie an 2.269 Frauen aus Michigan durch. Sie errechneten eine Krankheitshäufigkeit von 8,3 Prozent. Auffallend ist, dass von den 208 Frauen, die in der Studie die Kriterien einer Vulvodynie erfüllten, nur knapp die Hälfte wegen dieser Beschwerden behandelt wurde. Nur drei Frauen hatten vor Studienteilnahme überhaupt die Diagnose „Vulvodynie“ bekommen. „Oft wird Frauen gesagt, sie hätten eine Pilzinfektion oder niedrige Östrogenlevel“, hält Studienautorin Barbara Reed fest. Wenn sich aber bspw. nach einer Pilzbehandlung keine Besserung einstellt, so sollten die Betroffenen den_die Ärzt_in auf Vulvodynie ansprechen, so Reed. Doch selbst wenn die Diagnose korrekt gestellt wird: Die Behandlung stellt ein weiteres Problem dar, denn die betroffenen Frauen sprechen auf unterschiedliche Behandlungsmethoden verschieden an. Die beste Behandlung zu finden, ist für Reed ein „Prozess aus Versuch und Irrtum“. Ein kleiner Trost: Bei manchen Frauen stellen sich die Beschwerden von selbst wieder ein. be www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0002937811010611, http://feministing.com/ 2011/09/22/study-a-quarter-of-women-will-experience-chronic-pain-during-sex/

arbeitsmarkt Auftragsbedingung: Frauenförderung Im November tritt bei der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) eine neue Regelung in Kraft: Großaufträge werden nur mehr an Unternehmen vergeben, die Frauen fördern. Innerhalb von sechs Monaten müssen in Betrieben mit mindestens zwanzig MitarbeiterInnen Gleichstellungsmaßnahmen umgesetzt werden, hierzu gibt es einen Katalog mit Aktionsvorschlägen, die Frauenförderung in Betrieben realisieren sollen. In Berlin werden seit zehn Jahren öffentliche Aufträge an innerbetriebliche Gleichstellungsmaßnahmen gekoppelt, ein vergleichbares Modell wurde letztes Jahr in Wien umgesetzt. Auch von der Landesregierung fordert die oberösterreichische SPÖ nun, sie solle zukünftig Aufträge und Wirtschaftsförderungen nur an Firmen vergeben, die Gleichstellungsmaßnahmen nachweisen können. Das begrüßt AK-Präsident Johann Kalliauer: „Dass sich nun auch der Oberösterreichische Landtag mit dem Thema beschäftigt, ist natürlich besonders erfreulich. Mit einem Auftragsvolumen wie jenem des Landes Oberösterreich könnte viel bewegt werden.“ Denn die öffentliche Auftragsvergabe sei nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, sondern auch ein politisches Gestaltungsinstrument, wie es in der AK-Presseaussendung heißt. miak

kollektivvertrag Eigene Lohnverhandlungsrunden für Frauen? Dass der „Gender Pay Gap“ möglichst bald geschlossen werden soll, das verlautbaren Politiker_innen nicht zuletzt gern und oft rund um den „Equal Pay Day“. Ein Vorschlag von Wolfgang Katzian, Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatangestellten, sorgte im Vorfeld der diesjährigen Kollektivvertragsverhandlungen für neue Diskussionen: Frauen sollten auf


an.riss arbeit wissenschaft Sozialpartnerebene eigene Lohnrunden bekommen, bspw. dreimal in zehn Jahren. Die Ursachen von Lohndifferenzen könnten in diesen Sonder-Lohnrunden analysiert und Gegenmaßnahmen gesetzt werden. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, die Wiener Frauenstadträtin Sandra Frauenberger und die Frauen der Gewerkschaft vida begrüßen den Vorschlag. Judith Schwentner, Frauensprecherin der Grünen, will nicht drei Jahre warten, sondern mit dem Abbau der Einkommensunterschiede schon bei den nächsten Verhandlungen starten. Ein fixer Sockelbetrag von mindestens hundert Euro für alle Frauen könne hier als Anfang dienen. „Jedes einzelne Jahr zählt, wenn es darum geht, die Löhne der Frauen so schnell wie möglich auf das Niveau der Männerlöhne zu bringen“, so Schwentner. be

DeLoache in mehreren Versuchen gezeigt. Sie konfrontierten knapp 200 Mädchen und Buben zwischen sieben Monaten und fünf Jahren mit kleineren Gegenständen, die sich durch nichts außer der Farbe unterschieden: Einer war immer rosa. Beobachtet wurde nun, nach welchem Objekt die Kinder griffen. Das Ergebnis: In der Altersgruppe der unter Zweijährigen gab es keine Unterschiede zwischen Buben und Mädchen, danach zeigten sich erste Differenzen, die ab einem Alter von zweieinhalb Jahren statistisch signifikant wurden. Mit vier Jahren wählten die Mädchen bereits in nahezu 80 Prozent aller Fälle rosa. Aus älteren Studien ist bekannt, dass Kindern im Alter von etwa zwei Jahren die Unterschiede der Geschlechter bewusst werden und dass sie daraufhin beginnen, ihr Verhalten entsprechend anzupassen. pix http://science.orf.at/stories/1687563/ http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.2044-835X.2011.02027.x/abstract

lgbt Medizinische Ausbildung lückenhaft

studie Mädchen und pink: Nature vs. Nurture Die Bevorzugung der Farbe Rosa bei Mädchen ist, obwohl so oft behauptet, nicht der weiblichen Natur geschuldet. Laut den beiden Forscherinnen Vannessa LoBue und Judy DeLoache von der University of Virginia besteht bei Frauen keine biologische Disposition für die Vorliebe der Farbe, denn diese müsste dann „unabhängig von der Erfahrung und dem Erwerb von Geschlechterbegriffen bestehen“. Dass dem nicht so ist, haben LoBue und

Seit vier Jahren forscht die „Lesbian, Gay, Bisexual & Transgender Medical Education Research Group“ (LGBT MERG) an der Stanford School of Medicine zu Aspekten einer optimalen Gesundheitsversorgung für LGBT-Personen. In einer aktuellen Studie untersuchten die Forscher_innen mittels Fragebogen an die Dekan_innen medizinischer Hochschulen, inwieweit LGBT-Inhalte in den medizinischen Curricula gelehrt werden. Die Ergebnisse zeigen zwar je nach Universität starke Schwankungen, doch durchschnittlich wurden innerhalb des gesamten Studiums nur fünf Stunden LGBT-Themen gelehrt. Immerhin wurden die Student_innen fast aller Hochschulen darauf hingewiesen, Patient_innen in der Anamnese hinsichtlich ihrer Sexualität danach zu fragen, ob sie „Sex mit Männern, Frauen oder beiden“ haben. Interessant: Nur ein Viertel der Dekan_innen bewertete die eigene Abdeckung von LGBT-Inhalten als „gut“ oder „sehr gut“. be http://jama.ama-assn.org/content/306/9/971.short

Calls & Veranstaltungen  Tagung „screen strike! Gender, Medien, Kritik“, Abstract bis 15.11., www.gfmedienwissenschaft.de  Preis „Inge Dirmhirn Förderpreis“, wissenschaftliche Publikation bis 15.11., www.boku.ac.at/dirmhirn-foerderpreis.html  Reihe „Feministisches Forum – Hamburger Texte zur Frauenforschung“: Band 4 „Bin ich schön? Schönheit/ Körper/ Werbung/ Medien“, Abstract bis 16.11., www.zentrum-genderwissen.de/images/veroeffentlichungen/call-2011-schoenheit.pdf  Kolloquium „Thinking Through Time and History in Feminism“, Abstract bis 25.11., www.bbk.ac.uk/bisr/news/feminism  Ringvorlesung „Jenseits der Geschlechtergrenzen“, Hamburg, mittwochs 19–21.00, http://agqueerstudies.de/programm/programm  Ringvorlesung „Behinderung ohne Behinderte!? Perspektiven der Disability Studies“, Hamburg, montags 16.30-18.00, www.zedis.uni-hamburg.de/wp-content/uploads/rvl_winter2011.pdf  Vortragsreihe „Frauen und Geld“, Wien, 2.11., 16.11., 30.11., 18.30, www.frauensache.at/progr.html  Queere Ringvorlesung, Gießen, 7.11., 21.11., 5.12., 19.12., 16.1., 30.1., 19.00, http://queer.blogsport.de/programm-ws-20112012  Ringvorlesung „Neurokulturen und Geschlecht“, Wien, 15.11., 29.11., 13.12., 17.1., 24.1., 18–20.00, www.univie.ac.at/gender  Feministische Veranstaltungsreihe „Philosophie | Macht | Geschlecht“, Frankfurt am Main, 16.11., 10.12., 11.1., www.femphil.uni-frankfurt.de  Vortragsreihe „Kunst – Forschung – Geschlecht“: „Geschlechterpolitik in der Kunst – Feminism Revisited“, Wien, 16.11., 14.12., 11.1., 18.00, www1.uni-ak.ac.at/gender  Konferenz „Fit for Gender?! Gesundheitssystem, Prävention und Gesundheitsförderung aus der Geschlechterperspektive“, Wien, 17.11., 9–18.00, www.frauengesundheit-wien.at/konferenz  9. Fachtagung und 2. Kongress „Sexuelle Übergriffe/Straftaten männlicher Jugendlicher – Behandlung und Prävention“, Wien, 28.–29.11., www.wienernetzwerk.at/dokumente/wienernetzwerk_fachtagung_2011.pdf November 2011 an.schläge l 29


angela mcrobbie

„Es gibt Alternativen“ „Postfeminismus“ ist kein hipper Feminismus, sondern seine Verabschiedung, sagt die britische Kulturwissenschaftlerin und Feministin Angela McRobbie. Verena Stern* erklärte sie, weshalb trotzdem Hoffnung auf ein Ende der „Bridget-Jones-Ära“ besteht.

Foto: Goldsmiths University of London

* Angela McRobbie war Ende Juni 2011 für einen Vortrag und Workshop an der Universität Salzburg in Kooperation mit „make it“, dem Büro für Mädchenförderung des Landes Salzburg, zu Gast in Österreich. Den Interviewtermin teilte sich Verena Stern mit Elke Zobl, die Fragen kamen von Rosa Reitsamer, Verena Stern und Elke Zobl. McRobbie, Angela: „Top Girls. Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes“, VS-Verlag 2010 (Originalausgabe „The Aftermath of Feminism“ 2008) www.angelamcrobbie.com

30 l an.schläge November 2011

Angela McRobbie ist die bedeutendste Vertreterin der britischen Cultural Studies und hat als eine der ersten Populärkultur unter einer feministischen Perspektive analysiert. In ihrem aktuellen Buch „Top Girls“ konzentriert sie sich vor allem auf die Repräsentation von Frauen in Film und Fernsehen. An Figuren wie Bridget Jones und trashigen Realityformaten zeigt sie, dass der Neoliberalismus ein Frauenbild lanciert, das sich ein feministisches Selbstverständnis angeeignet, dieses jedoch vollständig entpolitisiert hat.

an.schläge: Was genau verstehen Sie unter „Postfeminismus“? Angela McRobbie: Worum es mir geht, ist zu verdeutlichen, dass sich das Moment des Postfeminismus deutlich von der früheren Verachtung von Feminismus abhebt. Es gab immer Feindschaf-

ten, wie beispielsweise Konservative, die sich immer wieder bemühen, gegen feministische Forderungen und Ziele zu wettern, aber auch Lobbys von Frauen selbst, die sich dagegen zu positionieren versuchten. Aber der Postfeminismus, beginnend Mitte der 1990er Jahre, hat eine Dekade von etwas gänzlich anderem eingeleitet: Feminismus wurde nivelliert. Er war etwas, das nicht mehr gebraucht wurde, etwas, das der Vergangenheit angehörte und das nun als irrelevant dargestellt wurde. Nicht unbedingt aus Ablehnung heraus, vielmehr im Sinne von: „Liebe Feministinnen, danke für eure Arbeit und Verdienste, aber ab jetzt können wir ohne euch weitermachen.“ Es wurde vermittelt, dass der Feminismus gute Dienste erwiesen hat, dass Feministinnen auch Notwendiges erreicht haben, dass das nun jedoch erledigt sei und sie nicht länger gebraucht würden. Feminismus wird also in die Vergangenheit verlegt, in der er seine wichtigen Momente hatte, wo Frauen etwa in Regierungen geholt wurden, um feministische Belange einzubringen. Doch nun braucht es keine feministische Politik mehr, jegliche Freiheit ist erreicht. Es ist, als ob der Feminismus in Frühpension und ins Altenheim geschickt wurde. Der Neoliberalismus hat währenddessen einen modernen Weg gefunden, um in einer neuen Sprache mit jungen Frauen zu kommunizieren.

In Ihrem Buch weisen Sie auf die Aneignung feministischer Slogans hin. Am Beispiel von „Mein Körper gehört mir“ wird deutlich, wie ein feministischer Anspruch in eine neoliberale Sprache geholt wurde. Was hat Körper mit Postfeminismus zu tun? Das Ziel meiner Argumentation ist es, aufzuzeigen, dass Frauen noch nie so stark über ihren Körper angerufen wurden wie zurzeit. Das überschattet

teilweise alles andere. Dennoch gibt es dagegen kaum Widerstand, und ich frage mich, warum. Sogar die „British Medical Association“ konstatierte, es sei offenbar ein „natürlicher Zustand“, dass Frauen sich ständig und in negativer Weise mit ihrem Körper befassen, dass sie ihn hassen und quasi davon besessen sind. Das ist eindeutig ein Symptom dafür, wie erfolgreich hier ein neues Gefängnis für Frauen geschaffen wird. Und es ist auch eine Reaktion auf den Feminismus. Denn die Idee, den eigenen Körper auch als Kapital zu begreifen, das ich dauernd pflegen und verbessern muss, um mich am „Markt“ besser verkaufen zu können, hält mich davon ab, mich um andere zu kümmern, da ich nichts anderes tue, als mich mit mir selbst zu beschäftigen. Wann soll ich mich da noch mit politischen Fragen wie verbesserte Bedingungen für Arbeiter_innen befassen?

Sie werfen damit auch die Frage von Partizipation auf. Meinen Sie, die neuen Medien schaffen hier neue Möglichkeiten für Frauen und Mädchen? Meiner Meinung nach haben die neuen Medien ein unglaubliches Potenzial, und ich denke, Ereignisse wie die studentischen Protestbewegungen im letzten Jahr zeigen das sehr deutlich. Diese Proteste erinnern junge Menschen auch daran, dass sie sehr wohl über ein wenig politische Macht verfügen. Insofern war das außerordentlich produktiv. Doch von der Erkenntnis, dass es Möglichkeiten der politischen Partizipation gibt, bis hin zum Schritt, diese auch tatsächlich und bestmöglich und auch noch nachhaltig und konsequent zu nutzen, ist es immer noch ein weiter Weg. Diese beiden Dinge sollten in direktem Zusammenhang stehen – doch sie tun es nicht. Inwiefern hat sich „citizenship“ für Frauen und Mädchen seit den 1980er


heimspiel leben mit kindern

Jahren verändert? Sehen Sie irgendwo Strategien von/für junge Frauen, um einen Protest gegen neoliberale Politik anbringen zu können? Meine Argumentation bezüglich „citizenship“ ist sehr spezifisch auf die BlairÄra (1997–2007, Anm.) ausgerichtet. Diese Regierung schuf – und das meinte ich zuvor – eine Art eigene Sprache für (junge) Frauen und zog sie damit von der Möglichkeit zur Einmischung in politische Belange ab. Der Grundanspruch meiner Arbeit ist es, die Idee von reiner Politik in der öffentlichen Kultur wieder zu verankern. Denn eines der gefährlichsten Dinge, die während der Blair-Ära passiert sind, war die Ideologie von der ökonomischen Unabhängigkeit: dass Unabhängigkeit für Frauen über den Arbeitsmarkt erreicht werden kann. Diese Ideologie war sehr leicht in neoliberale und konsumistische Ideen zu übersetzen – also die Kraft des Konsums als eigene Version von (Wahl-)Freiheit

Gibt es in diesem neoliberalen System noch Hoffnung? Ehrlich gesagt finde ich, dass sich in den letzten Jahren einiges verändert hat. Es gibt Alternativen. In Österreich und Deutschland gibt es alle möglichen Formen feministischer Medien, und es gibt Musiker_innen, die ihre teils wütende Kritik verbreiten. Musik, die früher marginalisiert und erst in letzter Zeit populär geworden ist. Und ich stelle fest, dass sich insbesondere in Großbritannien in den letzten Monaten eine Art Ausbruch ereignet hat. In der Musik, dem Bildungsbereich, den Medien – als würden feministische und kritische Themen, die bislang eingesperrt waren, endlich ausbrechen können. In meinem Buch „Top Girls“ schrieb ich noch, dass sogar selbstbewusste Frauen der Mittelklasse lieber verstummen, als ihre Kritik zu äußern. Doch ich stelle fest, dass sich hier allein in den letzten sechs Monaten vieles verändert hat. Selbst konservative

Es war, als ob der Feminismus in Frühpension und ins Altenheim geschickt wurde. für Frauen zu propagieren: Du kannst Geld verdienen und damit Spaß haben! Was aber nicht mehr als erstrebenswert galt, war politische Partizipation. So als würde die Abmachung lauten: Freiheit, auch sexuelle, für den Preis der Aufgabe aktiver Politik. Ich begann festzustellen, dass junge Menschen, junge Frauen, zunehmend desinteressiert an einer Partizipation in sämtlichen Politikfeldern waren, obwohl sie das demokratische Potenzial dafür besaßen, sich in lokalen Regierungen zu engagieren.

Sehen Sie eine Chance für Frauen und Mädchen in diesem neoliberalen System, eine Art eigene (Protest-)Kultur zu kreieren und aktiv am Geschehen mitzuwirken? Ich glaube, es hängt davon ab, wie diese eigenen Räume definiert werden. Ganz offensichtlich bieten die neuen Medien jedes Potenzial, um verschiedenste Formen des politischen Protests zum Ausdruck zu bringen. Es kommt auf die Basis an, von der aus der Protest entwickelt und betrieben wird. Für mich ist es interessanter herauszufinden, ob es eine neue feministisch-politische Praxis gibt.

Zeitungen wie die „Daily Mail“ scheinen ein Ende dieser „Bridget-Jones-Ära“ zu konstatieren. Also endgültig Schluss mit: „Oh, ich brauche einen Mann! Ich muss heiraten!“

Ich fürchte, der Hype um die „Twilight“-Serie spricht da eine andere Sprache … Ich kenne „Twilight“ nicht, aber vielleicht ist diese Ära erst im Begriff sich zu verabschieden. Es fällt mir in letzter Zeit wirklich auf, dass sich hier einiges tut. Ich denke da zum Beispiel an Lady Gaga. Was sie sagt, ist interessant, und vor allem hat es nichts mehr von dieser zugeknöpften Weiblichkeit, die immer darauf aus ist, zu gefallen, immer lächelnd und auf der Suche nach Anerkennung, egal, von wem. Ich denke wirklich, das verändert sich gerade. l

Angela McRobbie ist Professorin für Kommunikationswissenschaften an der Goldsmiths University of London. Verena Stern ist Politikwissenschaftlerin in Wien.

Sonja Eismann

Eis-Brecher Wie schade, dass der Sommer nach einem letzten Aufbäumen irgendwann dann doch endgültig vorbei war. Keine bis in die Abendstunden ausgedehnten Spielplatz-, Park- und Cafébesuche mit dem Kind mehr, die fast die Illusion aufkommen ließen, es sei ein bisschen wie früher und man könne einfach mal so abends draußen sitzen, gemeinsam mit anderen erwachsenen (!) Menschen. Andererseits bedeutet das Ende der warmen Jahreszeit aber auch eine riesige Erleichterung. Denn da ging das jeden Tag ungefähr so: Eis. Eis! Das Kind will ein Eis. Unbedingt. Jetzt. Sofort! Das Problem ist nur: Das Kind hatte an dem Tag bereits ein Eis. Und am Morgen hat es den Vater auf dem Weg zur Kita – mal wieder – rumgekriegt, ihm ein „Kwasso“ (Croissant) zu kaufen. Aber zu viel Zucker und Fett sind ungesund, das weiß doch jedes Kind! Nur meines scheinbar nicht. Viel schlimmer als der stressgeplagte Umgang mit „guter Ernährung“, der Eltern in ständiger Adipositas-UnterschichtPanikmache bzw. -Hetze um die Ohren gehauen wird, ist für mich persönlich dabei aber etwas ganz anderes. Klar wusste ich, dass Kinder irgendwann „ihren eigenen Willen entdecken“, wie es in Psychosprech so schön heißt, und zu dessen Durchsetzung gerne auch mal Tobsuchtsanfälle kriegen. Nur hat mich niemand darauf vorbereitet, wie schwierig es ist, ja wie geradezu entsetzlich es sich anfühlt, diesen vehementen Willen permanent brechen zu müssen. Wenn das Kind in rasender Verzweiflung so herzerweichend weint, als würde sein Leben davon abhängen, jetzt unbedingt sofort dieses eine Eis zu bekommen, wie unmenschlich fühlt man sich denn da, wenn man diese lächerliche Kleinigkeit eisern verweigert? Das mag jetzt lustig klingen, aber ich bin immer wieder schockiert davon, wie sehr diese Verbotsmaschinerie (die ich oft gar nicht durchziehe) an die Substanz geht. Auch wenn mir unzählige Ratgeber und mein eigener Verstand natürlich sagen, dass das Kind noch nicht wissen kann, was gut für es ist, hoffe ich doch inständig, dass meins ganz schnell gaanz vernünftig wird. Sonja Eismann lebt mit ihrer Tochter Hannah (2) und ihrem Partner seit neuestem in Berlin und freut sich täglich über die interkulturelle Kreuzberger Kita.

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an.riss kultur gedächtnis Die Psychologie der Erinnerung Fragen nach Geschichte und Gedächtnis werfen die zehn KünstlerInnen der internationalen Ausstellung „Vergangenes Begehren“ auf: Wie sehr beeinflussen individuelle psychische Verfasstheiten die persönlichen und in der Folge dann auch die kollektiven Geschichtsschreibungen? Mit Fotografien, Filmen, Zeichnungen und Skulpturen werfen sie ihre ganz unterschiedlichen Blicke auf eine Psychologie von Geschichte und Erinnerung. Gezeigt werden Arbeiten von Yael Bartana (IL), Ulla von Brandenburg (D), Chen Chieh-Jen (TW), den Österreichern Martin Gostner und Franz Kapfer, Anne-Mie Van Kerckhoven (BE), David Maljkovic´ (HR), Rosell Meseguer (ES) sowie den US-Amerikanerinnen Lorraine O’Grady und Margaret Salmon. han Vergangenes Begehren. Bis 4. Dezember. Galerie im Taxispalais, 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 45, T: (0)512 508 3171, www.galerieimtaxispalais.at

© Susanne Schuda

performance Nieder mit den Geschlechterrollen Das Performance- und Web-Projekt Playing Mums arbeitet seit 2005 daran, die Mutterrolle in europäischen Gesellschaften zu reflektieren. Im Rahmen eines Doppelabends im Kosmos-Theater beschäftigt sich das Theaterprojekt „Revue Intim“ mit der Intimität. In Erinnerung an ein sogenanntes Orgasmusplenum 1975 in Wien collagieren Playing Mums nun die wortgetreuen Protokolle von damals mit eigenen und aktuellen Texten. Die Frage dabei: Gibt es überhaupt so etwas wie eine kollektive weibliche Sexualität? Oder hat jede ihre eigene, ganz individuelle? Im Anschluss setzen sich die Gebrüder Lirsch in „man(n) wird mensch“ mit der männlichen Sozialisation auseinander. Rollenbilder, Klischees und Wertvorstellungen werden anhand eigener Erfahrungen und neuester Erkenntnisse der Männerforschung so lange dekonstruiert, bis aus dem „Mythos Mann“ ein Mensch geworden ist. han intim² – Ein Doppelabend mit „Playing Mums“ und „Gebrüder Lirsch“. 30.11.–17.12, Mi–Sa, 20.00. KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42, office@kosmostheater.at, www. kosmostheater.at

theater Die Faust der Roma Der von den Schauspielerinnen Sandra Selimovic und Simonida Jovanovic gegründete Theaterverein „Romano Svato“ (deutsch: Sprache/Zunge der Roma) setzt sich auf künstlerischer Ebene und mit politischem Engagement mit dem Thema Minderheiten auseinander. Im Zentrum ihres ersten Projektes „Gipsy Stop Dancing“ steht eine junge Frau, die sich als Boxerin nach oben kämpft und damit zum politischen Spielball einer rechtsextremistischen Regierung wird. Sie ist erfolgreich und integer, doch weil sie eine Romni ist und diese als RepräsentantInnen des Bösen, Schmutzigen und Faulen gelten, stellt sie auch auf bedrohliche Weise die herrschenden Normen in Frage. Die Geschichte der Boxerin wird in memoriam Johann Rukeli Trollmann erzählt, der als deutscher Sinto-Boxer von den Nazis verfolgt und 1944 im KZ Neuengamme ermordet wurde. han Gipsy Stop Dancing. 1.–3.11., 5.–11.12., 20.00. Palais Kabelwerk, 1120 Wien, Oswaldgasse 35A, T: 01/802 06 50, www.palaiskabelwerk.at

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ausstellung Schwebend zwischen Denken und Sehen Die „Symbiose zwischen Denken und Sehen, zwischen Wahrnehmung und Reflexion“ wird in einem Katalog als zentrales Thema in der künstlerischen Arbeit von Rita Rohlfing bezeichnet. Die in Köln lebende Künstlerin, deren Entwicklung der letzten zehn Jahre nun in Berlin in der Einzelausstellung „apparently tangible“ nachvollziehbar gemacht wird, bewegt sich in vielen ihrer Arbeiten an der Grenze zwischen Malerei und Skulptur. Die eindeutige, minimalistische Klarheit der Objekte wird gebrochen von einer geradezu geheimnisvoll anmutenden Aura, die den Raum öffnet für die Wünsche und Projektionen der BetrachterInnen. Rohlfing arbeitet mit klar konturiertem Lack und Aluminium, Farbe und Raumtiefe aber bleiben oft in der Schwebe, sind nur schwer zu fassen. han Rita Rohlfing: Apparently Tangible. Bis 19. November. Galerie Funke, 10965 Berlin, WillibaldAlexis-Straße 14, www.galeriefunke.de

jubiläum Jane Austen – „by a Lady“ In diesem Jahr wird der Roman „Sense and Sensibility“ der britischen Schriftstellerin Jane Austen 200 Jahre alt. Nicht nur dafür, für ihr ganzes Werk wird Jane Austen momentan mit Veranstaltungen auf der ganzen Welt geehrt. 1775 als siebentes Kind in eine gebildete Pfarrersfamilie geboren und Zeit ihres Lebens ledig geblieben, überzeugte Austen bereits in jungen Jahren mit Romanen wie „Lady Susan“, „Pride and Prejudice“ und „Sense and Sensibility“. Ihre Spätwerke, etwa „Mansfield Park“ oder „Emma“, zeichnen sich durch stilistische Perfektion und scharfe Beobachtungsgabe aus, die Austen zur Gesellschaftsanalyse in Romanform nutzte – so widmete sie sich etwa der prekären Situation der Frauen des Bürgertums („Gentry“). Ihre literarischen Kunstwerke wurden vom international angesehenen Literaten und Begründer des historischen Romans Sir Walter Scott mit Größen wie Shakespeare und Homer verglichen. Jane Austen lebte zurückgezogen, sie wurde als humorvoll und tanzfreudig beschrieben, ähnlich ihrer gefühlvollen Protagonistin Marianne Dashwood in „Sense and Sensibility“. Ihre Schwester und beste Freundin Cassandra diente der damals 19-jährigen Jane Austen als Vorbild für Elinor Dashwood. miak www.janeausten2011.org, www.janeaustenfestival.com.au


neunzig Ilse Aichinger Am 1. September 1945, dem sechsten Jahrestag der militärischen Besetzung Polens durch die Nazis, veröffentlichte Ilse Aichinger in der Tageszeitung „Kurier“ den Text „Das vierte Tor“, der als erster in der österreichischen Literatur nach der Befreiung öffentlich von Konzen­ trationslagern sprach. Aichinger, die mit ihrer Mutter in Wien lebte und überlebte, verlor den größten Teil ihrer Familie in NS-Vernichtungslagern. In ihrem einzigen Roman, „Die größere Hoffnung“ (1948), erdenkt die Protagonistin Ellen ein „Denkmal für die Kinder mit den falschen Großeltern “ – die vertriebenen, ermordeten, traumatisierten Kinder, die die Verfolgung durch die Nazis aushalten mussten und nicht aushalten konnten. So wie Aichinger selbst, die ihre Mutter in der ihr zugewiesenen Kleinstwohnung gegenüber dem Gestapo-Hauptquartier am Morzinplatz in Wien versteckte. Allein diesem Gedenken würde nicht nur ein Denkmal, sondern zumindest eine Platzumbenennung gebühren. Am 1. November wird Ilse Aichinger 90. Wir gratulieren. lib Ilse Aichinger: Die größere Hoffnung. S.Fischer, Frankfurt/Main 2000 (1948)

workshop Modellbau für Mädchen Die Gestaltung der Orte, an denen wir leben, betrifft uns alle. Das gilt nicht nur für die Einrichtung unserer Küchen und Wohnzimmer, sondern auch für die Planung unserer Städte. Doch mitreden kann bei der Gestaltung nur, wer etwas davon versteht – und wer tut das schon, wenn es um Flächenwidmungs-, Bebauungs- und Wohnungspläne geht? Ein ModellbauWorkshop im 3. Wiener Gemeindebezirk will gerade jene Gruppe mit dem nötigen Handwerkszeug ausstatten, die mit am wenigsten Zugang zu diesem Bereich hat: junge Mädchen. Sie lernen hier, Modelle zu bauen, um räumliche Strukturen besser erfassen und die Entwicklung von Stadtteilen, Gebäuden oder Parks nachvollziehen zu können. Ihre eigenen Vorstellungen und Utopien von Räumen werden dabei mit eingebunden, genügend Materialien zur Umsetzung der eigenen Ideen in konkrete Modelle sind auch vorhanden. han 12.11., 9–16.00, Grünes Lokal, 1030 Wien, Esteplatz 7/1a. Teilnahme für maximal 16 Mädchen im Alter von 10 bis 16 Jahren. Anmeldung bis 5.11. unter verein@ingenieurinnen.at. Nähere Infos bei Dipl.-Ing.in Elke Szalai unter 0676/6081894

Dies & Das  Der Furore Verlag aus Kassel ist der weltweit einzige Musikverlag, der ausschließlich Noten und Bücher von und über Komponistinnen verlegt. Zum 25-jährigen Jubiläum in diesem Jahr gratulieren wir ganz herzlich!  In Zusammenarbeit mit Aviva Berlin sucht das Poesiefest „Poesiefrühling“, das im März 2012 in Berlin Wedding stattfinden wird, MitstreiterInnen. Interessierte können sich bis zum 30. November 2011 hier anmelden: http://poesiefruehling12.blogspot.com  Sie war eine der wenigen Frauen hinter dem Mischpult und wurde als „Mutter des HipHop“ verehrt. Nun ist Sylvia Robinson 75-jährig in New York verstorben.

lebenslauf auch feministinnen altern

Christine Hartmann

Zeitschleife In letzter Zeit falle ich von einem Déjà-vu ins andere. Das hängt wohl mit dem Altwerden zusammen. Angefangen hat es mit den Talenten, da dachte ich bereits, das kenne ich aus meiner Jugend, und war neugierig, ob diesmal die nicht weitergedachten Ansätze zu Ende gedacht werden würden. Etwa, um nur einen Punkt aufzugreifen, wie die Menschen ohne Ressourcen, ohne „Talente“, in die wiederaufgelegte Form von Tauschwirtschaft einbezogen werden könnten. Aber: nix da. Und dasselbe bei den wiedereingeführten sogenannten Regionalwährungen. Die um die Jahrhundertwende revolutionären Forderungen der Freiwirte nach einem Müttergeld, das von der Intention her heute vermutlich einem Grundeinkommen gleichzusetzen wäre, tauchen in den Diskussionen gar nicht mehr auf oder gehen in den Regionalismen unentdeckt unter. Und jetzt kommt es noch dicker, jetzt kommen die empörten Bürger, in meinem Blickfeld fast ausschließlich männlich und ergraut oder kopfhaarlos, und engagieren sich. Wo waren die eigentlich die ganze Zeit, womit waren die Herren bislang beschäftigt? Und jenseits der Landesgrenzen, die in meinem Fall beinahe vor meinen Fußspitzen liegen, in Liechtenstein, gibt es einen pater patriae, der bereits lange vor der Meinungsäußerung der BürgerInnen versprach, einem möglicherweise auf ihn zukommenden Gesetz zur Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen in exakt und eng reglementierten Situationen seine legalisierende Unterschrift zu verweigern. Bin ich in einer Zeitschleife gefangen? Oder funktionieren Zeitläufe tatsächlich so, dass wir immer wieder an die Anfänge zurückrollen? Und wenn ja, an welche Anfänge? Mittlerweile habe ich ja schon Déjà-vus, die mich in Zeiten entführen, die vor meiner Geburt liegen und mitten in der Zwischenkriegswirtschaftskrise angesiedelt sind. Vermutlich handelt es sich einfach um die Schrecken des Alters. Ich kann das alles ja nur deshalb bemerken, weil Ereignisse sich im Reichtum meiner Lebensjahre zwangsläufig ansammeln. Nur: Ich will nicht absichtlich vergessen! Weder Moden und schon gar nicht (gesellschafts-)politische Praxen. Christine Hartmann, Jg. 1953, lebt in Bregenz und wundert sich je länger umso mehr. www.prozesswissen.at

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clara luzia

„Ich sitz gern im Augarten und hab meine Ruhe“ Seit 2006 macht Clara Luzia mit ihrem Solo-Projekt Musik. Die zwölfjährige Paula Wischer* hört ihre Musik schon fast genauso lange, zum richtigen Fan wurde sie nach einem Konzertbesuch. Im gegenseitigen Interview sprechen die beiden u.a. über Katzen und Lieblingslieder.

Fotos: Verena Fabris

an.schläge: Wie bist du auf die Idee gekommen, Musik zu machen? Clara Luzia: Ich kann mich nicht erinnern, dass das eine konkrete Idee gewesen wäre. Musik war bei uns in der Familie sehr präsent und deswegen bin ich da eher so reingerutscht. Dass ich selber Lieder schreibe, kam dann in der Pubertät.

Ja, Ines ist nämlich eigentlich Gitarristin und hat dann irgendwann gemeint, sie will jetzt Schlagzeug spielen. Als sie bei uns angefangen hat, konnte sie noch gar nicht spielen.

Wolltest du immer schon Musik machen? Ja, schon. Das heißt aber nicht, dass es nicht auch andere Berufswünsche gab.

Das merkt man gar nicht. Sie hat sich hingesetzt und gespielt. Das ist unglaublich. Und mittlerweile ist sie wirklich irre gut.

Was waren die anderen? Ich wollte gern Wissenschaftlerin werden oder schreiben, journalistisch, literarisch oder beides.

Wieso nennst du dich Clara Luzia? Ich habe in der Band Alalie Lilt aufgehört, weil ich das Gefühl gehabt habe, es geht ein bisschen unter, was ich eigentlich meine. Deswegen: Clara Luzia. Natürlich ist die Band wichtig, und ich würde mit anderen Leuten anders klingen. Aber letztendlich schreibe ja ich die Nummern alle selber.

Du hast Politikwissenschaft studiert? Ja. Schön war’s. Dann habe ich meine Diplomarbeit angefangen. Als „The long memory“ herauskam und ganz gut gelaufen ist, habe ich mir aber gedacht, ich habe dafür keine Zeit mehr. So eine Prinzessin war ich …

* Das Interview entstand unter Mithilfe von Verena Fabris (Fotos). Verena Fabris ist im Kollektiv der Frauenhetz und Redakteurin der feministischen Rezensionszeitschrift WeiberDiwan, sie ist außerdem tätig in der Volkshilfe Österreich im Bereich Sozialpolitik.

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Wie hast du deine Bandmitglieder Heidi Dokalik, Ines Perschy und Max Hauer kennengelernt? Heidi hat mein damaliger Produzent Alexander Nefzger reingebracht, weil er meinte, ein Cello wäre gut. Ines hat sich uns angeboten, weil sie gemeint hat, wir brauchen ein Schlagzeug. Und den Max am Klavier hat die Heidi dazugebracht. Der ist ihr Turnlehrer. Beim letzten Lied auf „The long Memory“ spielt aber Ines E-Gitarre, oder?

Wie kommst du zu deinen Texten? Ich sehe oder höre irgendetwas, und das bleibt dann hängen. Oft tage-, wochen-, monatelang schwirrt das in meinem Kopf herum, und irgendwann landet es dann in einem Liedtext. Das Liederschreiben geht immer sehr, sehr schnell. Hast du deine Lieder immer schon auf Englisch geschrieben? Auf Deutsch schreiben finde ich schwieriger, weil das meine Alltagssprache ist. Ich könnte natürlich auch auf Französisch oder Tschechisch schreiben, aber beide Sprachen beherrsche ich nicht wirklich. Im Englischen habe ich einen

gewissen Wortschatz, doch ich weiß von vielen Wörtern gar nicht, was sie noch für Implikationen haben. Im Deutschen fange ich an, zu sehr herumzudoktern und zu zensieren. Im Englischen kann ich assoziativer schreiben.

Hast du unter deinen eigenen Liedern Lieblingslieder? Ja, da gibt’s vier oder fünf. Da passt einfach alles, die Musik, der Text, die Stimmung. Da weiß ich dann auch schon beim Schreiben, das sind Lebenslieder. Dazu gehören: „Sink like a Stone“, „Fine“ und „How I learned to disappear“. Was war das Lustigste oder Peinlichste, das euch bei einem Auftritt passiert ist? Letztens hat mir wer geschrieben, ob wir bei unserem Konzert Freunden zur Hochzeit gratulieren können. Ich war ganz glücklich, dass ich mir das gemerkt habe und habe gesagt: Ich gratuliere dem Brautpaar und möchte ihm die nächste Nummer widmen. Und dann hab ich gemerkt, dass die nächste Nummer auf der Setlist „We can only lose“ war. Das war etwas unangenehm, aber sie haben es mir verziehen. Macht es einen Unterschied, an welchen Orten oder in welchen Ländern man spielt? Nein. Diese Konzertlokale schauen überall gleich aus, vor allem die Backstage-Räume. Am nervösesten bin ich aber immer in Wien.


clara luzia Wie wichtig sind dir Fans und Publikum? Das Publikum ist ganz gut, wenn man es hat. Wir haben auch sehr angenehme Leute. Es gibt schon manchmal ein bisschen lästige, aber das kann man sich halt nicht aussuchen. Ich bin nicht so gut im Publikumskontakt. Ich bin eher immer peinlich berührt auf der Bühne. Wir konzentrieren uns alle auf uns und tun so, als wären die anderen nicht da. Dann können wir gut spielen. Wenn man anfängt herumzuschäkern, dann wird’s auch oft schnell zu viel.

Ines hat jetzt auch eine Katze, die Kedi heißt, weil sie mich gefragt hat, wie sie ihre Katze nennen soll. Die Kedi meiner Eltern, die wir aufgenommen haben, ist jetzt gerade gestorben. Kedi ist türkisch für „Katze“.

Hast du einen zweiten Job? Ja, ich arbeite bei der Austria Presseagentur. Ich tippe Nachrichtensendungen ab.

Seit wann bist du Vegetarierin? Seit ich 14 oder 15 bin, weil ich die Massentierhaltung nicht unterstützen will.

Würdest du gerne von deiner Musik leben können? Ich fände es schon praktisch. Von der Musik leben zu können, das geht halt heute auch nicht mehr. Ich hätte vor 15 Jahren da sein sollen, wo ich jetzt bin. Damals gab es noch das Märchen: Irgendwann wirst du berühmt, und dann hast du Geld.

Was sind deine Hobbys? Ich lese sehr gerne und mache so unaufregende Sachen wie spazieren gehen. Badminton spiele ich auch gerne.

Wärst du gerne berühmter? Nein, ich sitz gern im Augarten und habe meine Ruhe. Aber von der Musik leben können, wäre schon schön. Jetzt bin ich primär mit der Verwaltung beschäftigt. Steuer, Organisation etc. Musik machen ist fast der geringste Anteil, und das ist eigentlich traurig für eine Musikerin. Wie geht’s dir als lesbische Frau im Musikgeschäft? Ich thematisiere das jetzt nicht so offensiv, und ich kenn es ja auch gar nicht anders. Bist du Feministin? Ja. Schon. Wie bist du auf die Idee gekommen, die Katze Kedi auf der „Railroad Tracks“-CD aufzunehmen? Die hat so schön geschnurrt. Damals fand ich das unglaublich charmant. Jetzt würde ich das nicht mehr machen. Heißt nicht die Katze von Ines, die damals noch gar nicht dabei war, Kedi?

Nicht K.D. Lang, die lesbische Sängerin? Nein, mir hat einfach Kedi im Türkischen so gefallen. Weil ich finde, das trifft’s so. Deswegen nenn ich alle Katzen Kedi. Ich habe zwei Katzen, die Koschka Kedi und den Peterli Kedi.

Seit wann hast du kurze Haare? Ich weiß gar nicht. Ich hatte immer im Winter längere Haare und im Sommer waren sie kurz. Heute wollte ich zum Friseur gehen, aber dann habe ich in mein Portemonnaie geschaut … Gehst du immer zum Friseur? Nein, meine Freundin schneidet mir meine Haare. Ich war noch nie beim Friseur. Das wird auch gänzlich überbewertet. Meistens gefällt es einem dann eh nicht … Aber jetzt hab ich auch ein paar Fragen an dich: Wie haben wir dich überzeugt? Nach deinem Auftritt mit Mika in der Szene Wien zu 15 Jahre Frauenhetz hat meine Mama eine CD von dir mitgebracht, die ich ab und zu gehört habe. Und dann war ich bei dem Konzert auf dem Badeschiff. Dort habe ich eure CD „Falling into place“ gekauft und danach wollte ich die anderen auch haben.

Ich weiß nicht, in letzter Zeit hör’ ich am häufigsten „The long memory“. Die mag ich auch sehr. Einen Plattenspieler hast du nicht, oder? Doch. Ich habe auch deine Platte. Und die Tasche habe ich auch. Dann muss ich mir was Neues einfallen lassen, was ich produzieren kann. Ich bin lange gesessen für diese komische Katze.

Es wäre aber schon sehr komisch, hätte ich zu einem Interview mit dir eine Tasche, wo Clara Luzia draufsteht, mitgenommen. Ja, dann hätte ich gleich Angst gekriegt. Ich hätte mir auch gedacht, du bist eine Schleimerin, wenn du mit der Tasche gekommen wärst. Das ist fast so, als würde ich mit einem Clara-LuziaT‑Shirt rumlaufen. l Paula Wischer hat alle CDs, die Platte und sogar die Tasche von Clara Luzia .

Auf dem Badeschiff war die Heidi nicht dabei, oder? Nein, leider nicht. Ich spiele ja auch Cello. Ich wollte auch auf andere Konzerte gehen, aber irgendwie hatte nie ein Erwachsener Zeit oder es war zu teuer. Welche CD findest du am besten? November 2011 an.schläge l 35


amiw@vbkö

All My Independent Women

Das portugiesische Künstler*innen-Netzwerk „All My Independent Women“ verbindet Kunst mit feministischer Praxis. In Wien ist nun eine Ausstellung zu sehen. Von Leonie Kapfer

ben.“ Kunstgeschichte schreiben immer noch Männer. Das sollte mit der Gründung von „All My Independent Women“ geändert werden. Und dabei haben sich Cruz und ihre Mitstreiter_innen kräftig ins Zeug gelegt. Heute umfasst AMIW eine vielfältige internationale Sammlung queer-feministischer Werke zahlreicher Künstler_innen.

„Sor Juana Lesbiana I“ von Yan María Yaoyólotl 1996

„AMIW @ VBKÖ – Or Rather, What Can Words Do? / Oder vielmehr, was können Wörter tun?“ 4.11.–3.12., samstags 16–19.00, freitags (nur nach Voranmeldung 0680/2384887) 17–19.00 VBKÖ, 1010 Wien, Maysedergasse 2 (4. Stock) T: 01/5136473 vbkoe@vbkoe.org www.vbkoe.org Eröffnung: 3.11., 19.00 Veranstaltungen: 4.11., 17–19.00, & 5.11., ab 11.00 Links: http://allmyindependentwomen.blogspot.com/ http://switchmetaphors. wordpress.com/

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„Schwestern. Was kann die [Kunst] tun? Oder vielmehr, was können Wörter tun?” Mit dieser Frage wendet sich die feministische Künstler_innenplattform „All My Independent Women“ (AMIW) aus Portugal nun auch an ein Wiener Publikum. „Wir wollen auf die Banalisierung weiblicher Kunst aufmerksam machen und Strategien finden, wie Frauen mehr Öffentlichkeit zukommt“, so Carla Cruz, Initiatorin der Plattform. Cruz war sich schon früh der gläsernen Decke bewusst, die es auch im Kunstbusiness gibt. „Es gibt viele begabte junge Frauen, die kurzzeitig eine enorme Aufmerksamkeit genießen, aber dann wieder aus dem Diskurs verschwinden, als hätte es sie nie gege-

Build a Network. Der Zusammenschluss verschiedener Künstler_innen und Kunstformen trägt jedoch nicht nur zu einem regen Austausch bei, sondern schafft auch Öffentlichkeit. „Ohne stabile Netzwerke können Frauen in der Kunst kaum sichtbar werden und bleiben“, weiß Cruz. Gerade deshalb ist auch die Zusammenarbeit mit der Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs (VBKÖ) wichtig. „Ich habe AMIW zu einem Projekt in der VBKÖ eingeladen, weil ich es für dringend notwendig erachte, weltweit agierenden, kritischen feministischen Künstler_innennetzwerken mehr Sichtbarkeit zu verleihen“, so Rudolfine Lackner, Präsidentin der VBKÖ. Die Verbindung Wien-Portugal besteht aber schon länger. „Carla und ich arbeiteten seit 2001 in unterschiedlichsten Kollektiven zusammen. Mit AMIW stehe ich daher seit Anbeginn in direkter Verbindung“, so Nina Höchtl, gemeinsam mit Carla Cruz Kuratorin der Ausstellung und Mitglied der VBKÖ. Neue Handlungsmöglichkeiten. Carla Cruz ist nicht nur der Netzwerkcharakter ihrer Plattform wichtig, sondern

auch der Wunsch, Kunst vielfältiger zu gestalten. „Ich wünsche mir Kultur diverser“, sagt sie. „Vor allem Kunst kann dazu beitragen, Geschlechtskörper neu zu definieren. Männlich und weiblich dürfen dabei nicht die einzig zulässigen Kategorien sein. AMIW ist eine Kollektion queer-feministischer Kunst, und genau diese Erwartung stellen wir an uns selbst.“ Und der Ausstellung gelingt es, eben dieses Bild zu transportieren. In den Mittelpunkt gerückt wurde dabei der Begriff der Leidenschaft. Doch dieser wird zum Anlass genommen, sich mit der Welt zu beschäftigen. Im Zentrum steht dabei die Frage: Kann das Verlangen nach Sichtbarkeit in eine neue Erfahrung von Gleichstellung und Verantwortung umgewandelt werden, um so eine feministische Praxis als eine „gegen-hegemoniale Intervention“ in der Kunst und generell in der Gesellschaft zu etablieren? Diesen Anspruch schätzt auch Rudolfine Lackner: „AMIW begeistert dadurch, dass sie sich in radikalkapitalistischen Gesellschaftsformationen aus postidentärer Sicht mit neuen Handlungsmöglichkeiten auseinandersetzen.“ Die Macht des Wortes. Wie der Titel nahelegt „Oder vielmehr, was können Wörter tun?”, spielen Sprache und Text eine zentrale Rolle bei den Arbeiten und Performances, die in der Ausstellung gezeigt werden. Konkret sind es die skandalumwobenen „Neuen Portugiesischen Briefe“. Diese erotische Schrift war für die portugiesische


Frauenbewegung von enormer Bedeutung. 1972 noch während der Salazar/Caetano-Diktatur erschienen, war das Buch einer der größten literarischen Skandale Portugals und Auslöser eines feministischen Bewegungsschubs. Thematisiert werden darin Jungfräulichkeit und Abtreibung, Masturbation und Prostitution, Männlichkeitswahn und Doppelmoral. „Die Briefe handeln von Leidenschaft und weiblicher Sexualität. Und auch wenn sie vor fast 40 Jahren erschienen sind, haben sie immer noch Gültigkeit für viele

und Ana Pérez Quiroga zu sehen. Dazu kommen drei Performances von Andre Alvas, Stefanie Seibold und dem Duo Projecto Gentileza. Ein ganz besonderes Highlight ist die dokumentarische Präsentation aller Ausstellungen von AMIW seit 2005, das sogenannte „AMIWWanderarchiv“. Dafür hat die VBKÖ eigens eine Video-Lounge eingerichtet. Begleitet wird die Ausstellung außerdem von einer Veranstaltungsreihe. Die zentrale Frage dabei ist auch hier, inwieweit Kunst feministische Kämpfe fördern kann. Auch

„Wichtig ist es für mich, einen Raum geschaffen zu haben, in dem Körper anders gedacht werden können und den Künstler_innen keine Grenzen gesetzt sind.“ (Carla Cruz) Frauen. Für viele ist es eine große Erleichterung, dieses Buch heute zu lesen. Leidenschaft ist ein Terrain, das sich Frauen zurückerobern müssen. Auch in der Kunst“, so Carla Cruz. Was sie an diesem Buch außerdem begeistert, ist die Tatsache, dass es von drei Autorinnen verfasst wurde. „Das hinterfragt die Idee des ‚genious artist‘.“ Die Autorinnen arbeiteten im Kollektiv, lernten voneinander und adaptierten die Stile der anderen, ohne dass das Gesamtwerk an Harmonie einbüßte. „Da ziehe ich Parallelen zu AMIW.“ Auch „die Macht des Wortes“ hat Cruz an den Schriften fasziniert. „Kunst, Literatur, Kultur im Allgemeinen sollten Hand in Hand arbeiten.“ Cruz wird in der Präsentation „AMIW and the New Portuguese Letters“ gemeinsam mit ihrer Kollegin Filipa Alves am 5. November erläutern, wie die Kunstschaffenden ihre Arbeit in dieser Ausstellung mit dem Buch verknüpften. What can art do? Die Ausstellung selbst besteht aus unterschiedlichen Elementen. Es sind u.a. Arbeiten der Künstlerinnen Catarina Carneiro de Sousa, Roberta Lima

sollen mögliche Strategien aufgezeigt werden, wie feministische und antirassistische Perspektiven in den Kunstdiskurs Einzug halten können. Um diese Fragen zu klären, wurden Stefanie Grünangerl von grassrootsfeminism.net, Lisa Bolyos, feministische und antirassistische Aktivistin und Künstlerin, sowie eine Herausgeber_in der „Migrationsskizzen“ eingeladen. Was kann nun also die Kunst tun? Carla Cruz bleibt zurückhaltend: „Ich bin eher vorsichtig, was die Auswirkungen eines Kunstprojekts wie AMIW auf die Gesamtgesellschaft betrifft. Wichtiger ist es für mich, einen Raum geschaffen zu haben, in dem Körper anders gedacht werden können und in dem den Künstler_innen keine Grenzen gesetzt sind. Für die involvierten Künstler_innen ist AMIW also sicherlich von enormer Bedeutung.“ Wien kann sich in jedem Fall über all die „Independent Women“ freuen. l

lesbennest the fabulous life of a queer femme in action

denice

I'm coming out! I have been preparing for interviews and thank you-speeches for awards since as long as I can remember. Which important and lifechanging memories I will highlight when it comes to representing the complex and intruiging person that I have become. And then it always comes to the point where I want to mention the people that have influenced me along the road. I of course want to choose my selected and honoured few with a lot of care, and try to stay as authentic and honest as possible. I would love to name Simone de Beauvoir or some obscure perfomance artist that was the actual inventress of burlesque as my true heroines. All the books that are collecting dust in my book shelf would have actually been read and I would be able to explain the impact that the complexity of Kate Bush’s song writing has had on me. Instead, I’m a sucker for Lesbenkrimis and I used to think for years and years that the chorus to Wuthering Heights went „beats meee. obladi oblada I go home now“. The older and wiser I get, I realize that I have to start embracing the fact that I am not a particularly intellectual or deep person. And that this is nothing to be ashamed of. I am not really what is considered an artsy performance artist or a virtuoso with words, and I have the attention span of a puppy on speed. I get bored easily, and if something is not entertaining and funny, I just don’t get it. I have often felt really dumb and shallow when I have shared the stage with people from the art-world or talked about things that inspire me to fellow performers. I've been convinced that just simply wanting to entertain people and having providing the audience/reader with a good ol’ time as a top priority was cheap and very low on the arts-and-culture ladder. I’m not quite there yet, at the place where I’m 100% out and proud about what I do and how I do it. But I have come out of so many closets that I think I will manage this one, too. So let us start with me admitting that my top three heroines and main sources of inspiration are fictional characters: Blanche Devereaux, Maryanne Thorpe and Patsy Stone. Only in my world they are queer, of course. Denice thinks there's nothing wrong with having alcoholic, foul-mouthed women who lie about their age as role models. Pride!

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an.lesen

Alles Alice Alice Schwarzer hat ihre Autobiografie „Lebenslauf“ veröffentlicht und damit auch die Geschichte der Zweiten Frauenbewegung umgeschrieben. Von Lea Susemichel

Das Genre der Autobiografie bringt es mit sich, dass wir uns auf eine einzige Quelle verlassen müssen. Und dass HeldInnen ihre eigenen Hagiografien gerne unter Auslassung unrühmlicher oder auch nur unpassender Details verfassen, ist kein neues Phänomen. Tausende Kindheits- und Jugendgeschichten wurden uns aus der Ich-Perspektive erzählt, zahllose Anekdoten kennen wir von der sich im Kleinkindalter schon abzeichnenden Originalität und Genialität großer Persönlichkeiten. Dass Alice Schwarzer sich in diese Tradition einreiht, lässt sich ihr nicht wirklich vorwerfen. Sie ist nicht für ihre Bescheidenheit bekannt und wahrscheinlich tatsächlich vom Wahrheitsgehalt überzeugt, wenn sie etwa gänzlich unironisch berichtet, dass sie mit vier Jahren „die Verantwortung übernahm“ und „Familienchef“ wurde. Und schließlich lässt es sich ja grundsätzlich durchaus als feministische Entscheidung interpretieren, die eigenen Leistungen genauso gnädig und widerspruchsbereinigt zu dokumentieren wie im männlichen Biografie-Kanon eben meist üblich. In diesem besonderen Fall aber ist es nicht feministisch. Denn Alice Schwarzer gilt als deutsche Ikone der Zweiten Frauenbewegung, und ihr „Lebenslauf“, der mit der EmmaGründung endet, ist deshalb unweigerlich auch ein Zeitdokument feministischer Bewegung. Ausgerechnet die wird im Buch aber eher korrumpiert denn kanonisiert. Schwarzers Konflikte mit Teilen der Frauenbewegung sind bekannt. In ihrer Biografie greift sie diese jedoch nur auf, um beiläufig Seitenhiebe verteilen zu können, nie um substanziell etwas zur Sache, zum Streitpunkt selbst zu sagen. Und so entsteht der wenig schmeichelhafte Eindruck, dass die 38 l an.schläge November 2011

entscheidenden Auseinandersetzungen des Feminismus des letzten halben Jahrhunderts ausgerechnet an seiner Galionsfigur vorbeigegangen sind. Differenzen zwischen Feministinnen beschreibt Schwarzer vor allem als solche zwischen den linksradikalen Intellektuellen, die sie unverholen hasst (und gar als Stasi-Beauftragte verdächtigt), sowie den lebensnahen Pragmatikerinnen, zu denen sie sich selbst zählt. Denn die für die Bewegung – wie auch für Schwarzer, als Kopftuchkritikerin wie als Medienphänomen, persönlich – so zentrale Frage nach Hierarchien und Unterdrückungsverhältnissen zwischen Frauen wird nicht thematisiert. Dass die entscheidenden Impulse immer auch von den geschmähten Theoretikerinnen kamen, wird ignoriert, „die Gendertheorie“ mit dem so abgedroschenen wie falschen Gemeinplatz abgetan, sie würde soziale Unterschiede und reale Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern leugnen. Und selbst die gleichgesinnten Weggefährtinnen bleiben äußerst blass, werden immer nur mit wenigen Sätzen bedacht, denn im Zentrum steht stets die schon als Schülerin rebellische und entschlossene Vorkämpferin. Auch das wäre bei einer Autobiografie verzeihlich, würden damit zumindest exemplarische Kämpfe gezeigt und echte Einblicke gewährt. Doch Schwarzers Offenheit und Selbstkritik erschöpft sich darin, dass sie lässliche Sünden und sympathische Schwächen eingesteht (auch die junge Frau Schwarzer hat einst mit der Gurkendiät abnehmen wollen), ans Eingemachte geht es nie. Dass sie sich jetzt zu ihrer lesbischen Beziehung bekennt – ein Solidaritätsakt, den die Lesbenbewegung jahrzehntelang von ihr gefordert hatte –, aber darüber weiter kein Wort verlieren will,

ist zu respektieren. Selbst bei einer Journalistin, die Zeit ihres Lebens das Privateste anderer Frauen zum Politikum gemacht hat. Alice Schwarzer hat viel aushalten müssen, sie hat für ihre Lebensleistung Anerkennung verdient, und es ist legitim, dass sie sich schützen will. Doch dann hätte sie ihr Buch als zurückgenommene und faire Zeitzeugin schreiben müssen. Was dann aber freilich auch keine glaubhafte SchwarzerBiografie gewesen wäre. l

Alice Schwarzer: Lebenslauf Kiepenheuer & Witsch 2011, 23,70 Euro


an.lesen Tiermetaphorik  l  Eine „ab-

solute Metapher“ nannte der Philosoph Hans Blumenberg eine Metapher, die sich nicht adäquat übersetzen lässt, weil ihre Bedeutung sich nur im metaphorischen Bild selbst vollends erschließt. Der Löwe, der in Sibylle Lewitscharoffs neuem Roman „Blumenberg“ eine zentrale Rolle spielt, ist vielleicht so eine absolute Metapher. Das Tier erscheint im Arbeitszimmer des Philosophen, im Vorlesungssaal, auf dem Rücksitz seines Wagens. Er begleitet Trost spendend den alternden Blumenberg, den Lewitscharoff in seinen Vorlesungen über die elementare Trostbedürftigkeit des Menschen dozieren lässt. Menschlichen Trost gibt es jedoch wenig, von Blumenberg gänzlich unbeachtet bleibt etwa das unglückliche Schicksal einiger seiner Studierenden, von denen das Buch ebenfalls erzählt. Auch er selbst bleibt ungetröstet, arbeitet bevorzugt nachts und alleine. Sibylle Lewitscharoff hat sich in ihrer Roman-Hommage, die gerade mit dem renommierten Wilhelm-Raabe-Literaturpreis ausgezeichnet wurde, nicht allein durch die Einführung der Figur des Löwen gegen eine faktentreue Blumenberg-Biografie entschieden, Originalzitate etwa gibt es nicht. Die – vor allem auch sprachlich – wunderschöne Würdigung Blumenbergs fällt dadurch nicht weniger respektvoll aus. Lea Susemichel Sibylle Lewitscharoff: Blumenberg Suhrkamp 2011, 22,60 Euro

Herz und Hirn l Christine

Nöstlinger, die gerade ihren 75. Geburtstag gefeiert hat, ist eine großartige Kinderbuchautorin. Nicht nur, aber vor allem auch Mädchen hat sie in ihren zahllosen Kinder- und Jugendbüchern zu Rebellion und Eigensinn ermutigt. Als Kolumnen- und Glossenautorin wollte sie aber ganz offensichtlich auch Erwachsene zu ein wenig Widerstand anstacheln, und auch hier sind es ganz eindeutig Frauen, an die sie sich in erster Linie wendet. „Eine Frau zu sein ist kein Sport“ versammelt eine umfangreiche Auswahl dieser Kurztexte, die auf hochvergnügliche Art Haushalts-, Kinderund Männerprobleme abhandeln. Auch wenn vieles inzwischen etwas altbacken anmutet und es ein bisschen arg viele Koch-, Aufräum- und Erziehungsgeschichten auf einmal sind – Nöst-

lingers konsequent (früh-)feministische Haltung und ihre einfühlsame und kluge Parteilichkeit für Kinder haben größte Anerkennung verdient. Für ihr Lebenswerk erhält sie diese nun: Am 17. November wird ihr der Corine Buchpreis verliehen. Dass sie „leicht und unbeschwert Zugang zu den Herzen“ findet, lobt die Jury. „Ich hätte lieber Zugang zu den Hirnen“, erwiderte Nöstlinger. Lea Susemichel Christine Nöstlinger: Eine Frau sein ist kein Sport: Das Hausbuch für alle Lebenslagen Residenz Verlag 2011, 21,90 Euro

Bringt’s das?  l

Die Studie macht mit einer relativ neuen Methode bekannt: der geschlechterreflektierenden Überkreuzpädagogik, kurz „Cross Work“. Ursprung aller geschlechterbewussten Pädagogik war die feministische Mädchenarbeit, aus der, wenn auch noch bescheiden, die Jungenarbeit erwuchs. Mit dem Aufkommen von Gender und dessen Mainstreaming entwickelten sich geschlechtergerechte Konzepte, mit der Anforderung an PädagogInnen, geschlechtssensibel, geschlechtsspezifisch bzw. geschlechtsbefreiend in gemischtgeschlechtlichen Gruppen zu wirken. Cross Work vertritt nun den Ansatz des „gegengeschlechtlichen pädagogischen Handelns“, was kurz gesagt bedeutet, dass Männer mit Mädchen und Frauen mit Jungs arbeiten. Damit ist einerseits das Ziel verbunden, die tradierten Geschlechterrollen zu verändern, sowie andererseits dem Bedürfnis nach Anerkennung durch Erwachsene des anderen Geschlechts entgegenzukommen. Das Buch führt über einen redlichen Abriss zur Geschichte der Erziehung in der bürgerlichen Gesellschaft und der Entstehung emanzipatorischer Pädagogiken zur Darstellung von Praxisbeispielen und -trägerInnen des Cross Works sowie der Präsentation von dessen theoretischen Grundlagen. Ein brauchbarer Überblick für „geschlechtsabstinente“ PädagogInnen, von denen es hierzulande nur so wimmelt. Sehr problematisch ist das Konzept hingegen unter dem Aspekt der Nichterwähnung von Missbrauchsgefahren, von homoerotischem Begehren und insgesamt hinsichtlich der unbefragten heterosexuellen Matrix. Birge Krondorfer

Sicherheitsopfer l Obwohl

Marlene Streeruwitz’ neues Buch „Die Schmerzmacherin“ heißt, geht es darin nicht um eine Täterin. Amy Schreiber ist ein Opfer, wie so viele der stets weiblichen Protagonistinnen in Streeruwitz’ Romanen. Sie ist Alkoholikerin, aufgewachsen bei einer Pflegefamilie, ihre Zukunftspläne machen andere für sie. Ein Opfer allerdings, das sich in einer internationalen Sicherheitsfirma ausbilden lässt, um Menschen leiden lassen zu können, falls etwa Verhörsituationen das erfordern. Doch auch hier haben andere die Macht, und wieder verliert die junge Frau die Kontrolle über ihr Leben. In einer für Streeruwitz ungewöhnlich klaren, wenn auch gewohnt interpunktionsreichen Sprache verknüpft die Geschichte das Thema einer schrankenlosen Sicherheitsindustrie mit dem weiblicher Perspektivlosigkeit. Auch wenn politische Zusammenhänge und Strukturen dieser Industrie weitgehend ungeklärt bleiben, gelingt es Streeruwitz dabei, sehr eindringlich zu vermitteln, dass es bei Security-Services ebenso unheimelig zugeht wie in vielen Frauenleben. Lea Susemichel Marlene Streeruwitz: Die Schmerzmacherin S. Fischer 2011, 20,60 Euro

Annemarie Schweighofer-Brauer: Cross Work. Geschlechterpädagogik überkreuz in Deutschland und Österreich Ulrike Helmer 2011, 28,80 Euro November 2011 an.schläge l 39


an.lesen Mutig  l  Ein Buch über

das (Über-)Leben afrikanischer Frauen in einer absolut frauenfeindlichen Umgebung, das die Leserin zuversichtlich und euphorisch zurücklässt. Rebecca Lolosoli schafft das Unmögliche, und hat ein unglaublich berührendes, kraftvolles und ermutigendes Buch über ihren Werdegang zu „Mama Mutig“ geschrieben. Auf die Frage einer Touristin, wie die Frauen es geschafft haben, sich in einer Männergesellschaft durchzusetzen, antwortet Lolosoli: „Indem wir aufgehört haben, uns als Opfer zu fühlen.“ Rebecca Lolosoli hat vor 15 Jahren in Kenia das erste Frauendorf gegründet, eine Zuflucht für Frauen, die von ihren Ehemännern geschlagen werden, die vor der Zwangsehe fliehen oder verstoßen werden, weil sie zuvor vergewaltig wurden. In einer patriarchalen Gesellschaft, in der Frauen als Eigentum des Ehemannes gelten und völlig rechtlos sind, ein absoluter Tabubruch – der Lolosoli zunächst selbst in Lebensgefahr bringt, mit dem sie sich aber schließlich sogar den Respekt der männlichen Autoritäten verdient. Es ist ein Privileg, Einblick in das Leben und Denken dieser herausragenden Frau zu bekommen. Was sie in kurzer Zeit in ihrer Provinz bewegt hat,

ist inspirierend. Bei Besuchen in Europa und Amerika lernt Lolosoli die Situation von Frauen in scheinbar gleichberechtigten Gesellschaften kennen – und ist entsetzt, dass auch hier Frauen ebenso leiden und oft darüber schweigen. Und so lehrt uns die kenianische Einzelkämpferin, dass der Kampf für Frauenrechte ein globaler sein muss. Gabi Horak Birgit Virnich/Rebecca Lolosoli: Mama Mutig. Wie ich das erste Frauendorf Afrikas gründete Südwest 2011, 18,50 Euro

Schönheitsmedizin  l  Wer sich

den G-Punkt aufspritzen, den Penis vergrößern oder AntiAging-Hormonbehandlungen durchführen lassen will, der_die ist mit dem neuesten Buch von Hans Weiss und Ingeborg Lackinger Karger gut beraten. Der Medizinkritiker und die Ärztin widmen sich darin den „Versprechen der Beauty-Industrie“ und zeigen wenig überraschend: Von vielen Methoden der Schönheitsindustrie (bspw. die „Fett-weg-Spritze“) ist abzuraten, sie sollten, so die Autor_innen, sogar verboten werden. Aber auch „richtige“ Schönheitschirurg_innen klären oft nicht ausreichend

auf. An diesem Punkt kann das Buch eine gute erste Orientierung geben: Von Sonnenschutz über Zahnspangen bis hin zum Magenband werden die einzelnen Eingriffe, aber auch alltägliche Maßnahmen hinsichtlich Wirkungsweise, Nutzen, Alternativen, den einzelnen Schritten der Behandlung, Risiken/Nebenwirkungen sowie anfallender Kosten dargestellt. Auffallend und diskussionswürdig ist jedoch, wie unterschiedlich die jeweiligen „Alternativen“ bewertet werden: So gebe es bei stark abstehenden Ohren „keine Alternative zur Operation“ (außer einer „Kaschierung“ mit „entsprechenden Frisuren“). Bei der Schamlippen- und JungfernhäutchenOperation wird hingegen gemahnt, man solle sich „nicht ungefragt jedem Schönheitsdiktat oder kulturellen Ehrbegriffen unterwerfen“. Und bei geplanter Bauchdeckenstraffung sei es „die einzige Alternative …, diesen Zustand zu akzeptieren“. Männer, die gern einen größeren Penis haben wollen, könnten auch „den Bierbauch … verkleinern“ oder mittels Genitalrasur „den Eindruck eines etwas längeren Gliedes“ erwecken. An manchen Stellen bringt das Buch eine_n also sogar zum Lachen. Bettina Enzenhofer Hans Weiss, Ingeborg Lackinger Karger: Schönheit. Die Versprechen der BeautyIndustrie – Nutzen, Risiken, Kosten Deuticke 2011, 14,40 Euro

! s m o t p m y s r u o y e v Lo bonustrack: Vera Kropf

Wenn ich schon eine Kolumne für eine Frauenzeitschrift schreibe, dachte ich mir, kann ich auch mal ein allzu weibliches Thema anschneiden, alter Hut, beschäftigt mich aber jeden Monat aufs Neue: das prämenstruelle Syndrom. Doch zuerst muss ich verteidigen, was als Beleidigung aufgefasst werden könnte: Ich finde das Genre der Frauenzeitschrift großartig und verstehe darunter auch nichts Ausschließendes. Ich lese ja auch die „Bravo“, obwohl ich schon über 30 bin. Natürlich ist der überwiegende Teil der Zeitschriften, die sich primär an Frauen richten, mode- und konsumfixiert und gießt Öl ins Feuer der narzisstischen Selbstfetischisierung der Frau als Ware, denn, wie Mary Ann Doane es so schön formuliert: „The ultimate commodity is the body adorned for the gaze.“ Die Umwertung aller Werte scheint immer noch die einzig brauchbare Antwort auf die Dummheit der Welt. Darum: Frauen und Feminismus – das ist für mich ein Paar Schuhe. Das eine ohne das andere ist wie ein Fisch ohne Kiemen, ein

Vera Kropf spielt Gitarre, singt und schreit bei Luise Pop und Half Girl. Illustration: Lina Walde, http://evaundeva.blogspot.com

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Baum ohne Wipfel, ein Berg ohne Gipfel. Ich kenne nur eine einzige coole Frau, die leugnet, Feministin zu sein – was ich ihr erstens nicht abnehme, weil sie sich damit in erster Linie gegen blinde Geschlechtersolidarität wehrt, und zweitens nur darauf zurückführen kann, dass sich diese großartige Person eine Art kindlichen Freimut bewahrt hat, der sie über viele Probleme, mit denen wir uns unfreiwillig herumschlagen, erhaben macht. Und wer möchte das nicht, über biologische Kategorien erhaben sein? Womit ich wieder beim Thema bin: Wenn die Biologie in Form von Hormonschwankungen über mich kommt, dann ist es bei mir vorbei mit Erhabensein. Mein Blut kocht, im Bauch rumort es, bei Vollmond werde ich zur reißenden Werwölfin. (Ja, Simone de Beauvoir, ich pfeife auf die Transzendenz, ich bin ein Monster.) Da sich meine Periode parallel zum Erscheinen dieses Periodikums bewegt und der Abgabetermin just in die kritische Phase fällt, bedenket: All diese Worte sind nur Symptome der rebellierenden Hormone, die ich mit euch teile.


an.klang

Big Noises Belebendes, Hoffnungsvolles, Verhextes und Gruseliges hat Christina Mohr zusammengetragen.

Wild Flag, Collage: Promo

Lange angekündigt, jetzt endlich da: das Album von Wild Flag (Wichita/ Cooperative), der Post-Riot GrrrlAllstarband von Mary Timony (Helium), Carrie Brownstein (Sleater-Kinney), Rebecca Cole (The Minders) und Janet Weiss (Sleater-Kinney, Quasi). Und es tut so gut, sie zu hören: „Romance“, „Electric Band“ und die Single „Future Crimes“ verbinden Punkrock, Grunge und Garage mit Girlgroup-Gesang – super! Wild Flag beschränken sich keineswegs auf leicht verdauliche Dreiminüter: Songs wie „Glass Tambourine“ oder „Endless Talk“ zerren an den Nerven und treten in den Hintern; Carrie Brownsteins Stimme galt stets als „anstrengend“, und, yeah, das ist sie immer noch! Dass Brownstein überdies vom „Rolling Stone“ als einzige Frau zu den „25 unterschätztesten Gitarristen“ gezählt wird, ist zwar eine zweifelhafte Auszeichnung, aber bei Wild Flag zeigen sie und Mary Timony, wie man tonnenschwere Riffs elegant und ohne Mackergehabe spielt. Wild Flag beleben Riot Grrrlsm neu – keine Frage des Alters, sondern der attitude. Alle paar Wochen wird eine andere junge Sängerin als neue Soul-Hoffnung angepriesen – aber Soul ist mehr als mit dickem Eyeliner garnierter RetroSchubidu. Soul kommt von tief drinnen, ist ein Gefühl, süß und schwer. Die nigerianisch-deutsche Songwriterin Nneka nennt ihr neues Album Soul Is

Heavy (Four Music/Sony), und es hat kaum etwas mit angesagtem Neo-Soul gemein. Seit dem Hit „Heartbeat“ gilt Nneka als ernstzunehmende Schwester Lauryn Hills und Erykah Badus; „Soul Is Heavy“ zeigt, dass diese Vorschusslorbeeren verdient sind. Unterstützt von Ms Dynamite und Rapper Black Thought von The Roots zelebriert Nneka ihr eigenes Soul-Update. Sie mixt HipHop, Motown-Soul, afrikanische Beats und Reggae, in den Texten verhandelt sie die ewig gültigen Themen Liebe, Schmerz, Krieg, Gott und Tod. Über allem schwebt Hoffnung, besonders schön in „Shining Star“. Wer No Wave-Ikone Lydia Lunch als zornige Spoken Word-Performerin kennt und einem Gig ihrer Band Big Sexy Noise beiwohnt, wird überrascht sein, wie viel Spaß sie auf der Bühne hat – jawohl Spaß, der so weit geht, dass La Lunch nach dem Konzert Bandlogo-Slips signiert. Lunchs Indie-Supergroup – Terry Edwards (PJ Harvey), Ian White und James Johnston (Gallon Drunk) – fabriziert grollenden, tiefschwarzen Blues-Punkrock-Lärm, der in die Magengrube fährt. Weil Lunch keine halben Sachen macht, klingen Big Sexy Noise auf ihrem zweiten Album Trust the Witch (Indie Europe/Zoom) ein bisschen overdone, zumindest, was den Gesang angeht. Bei „Ballin’ the Jack“ und „Mahakali Calling“ presst Lunch das Hardrockmonster aus sich

heraus, röhrt und faucht wie eine Doro Pesch from hell. Was ihr mehr liegt und der Musik besser tut, ist kaputt-laszives, unheilschwangeres Leiern wie bei „Not Your Fault“ und das Rap‑Stakkato von „Where You Gonna Run“. Selbstverständlich lässt Lunch es sich nicht nehmen, mit ihrer Hexenhaftigkeit zu kokettieren (Trust the Witch!) und singt von Tod und Teufel – Mummenschanz, aber tolle Musik: Big Sexy Noise eben. Die Multiinstrumentalistin und Opernsängerin Yvonne Cornelius alias Niobe nahm für ihren Künstlerinnennamen eine Figur der griechischen Mythologie zum Vorbild, der schreckliche Dinge widerfuhren, die sie durch ihren Hochmut provoziert hatte. Niobes neues Album The Cclose Calll (Tomlab) beschäftigt sich damit, wie es wäre, wenn alles schlimm enden würde: Wenn der Stalker plötzlich im Zimmer stünde. Wenn der Erfolg als Künstlerin ausbliebe und sie ihr Dasein als Hotelbarsängerin fristen müsste. Wenn der Autopilot versagte. Die Musik zu diesen Schreckensvisionen ist von eigentümlicher Schönheit: Niobe baut die Stücke wie Hörspiele auf, schichtet Spur auf Spur, illustriert sie mit gruseligem Telefonklingeln wie in „Stop! You Send For Me“ und singt mit verfremdeter Stimme. Auf ihrem letzten Album dekonstruierte sie Swing und Jazz, „The Cclose Calll“ widmet sich der düsteren Seite des Rock’n’Roll: Niobes musikalischer Partner St. Lindemer spielt verhallte Bass- und Gitarrenparts und sorgt bei „Does He Gallop O Walk“ oder dem an Suicide erinnernden „Stuck To The Fact“ für Horrorfilmambiente. Melodien bleiben Fragmente, Ahnungen, die geisterhaft zur Tür hinauswehen, und sich doch festhaken. l

Links: www.facebook.com/wildflag www.nnekaworld.com http://lydia-lunch.org/ www.myspace.com/niobeniobe

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an.sehen

Brave new vision Mit einer Vintage 4x5-Kamera dokumentiert Molly Landreth „alternative bodys“ und „alternative couples“. Andrea Heinz hat sich ihr Projekt „Embodiment“ angesehen.

Die USA sind ein riesiges Land mit fast zehn Millionen Quadratkilometern. Und wenn es in der Nationalhymne heißt, dass dieser riesige Brocken an Fläche das „Land of the Free“ beherbergt, dann ist das gelogen. Auch symbolisch gesehen ist dieses Land ein Brocken; es ist die Verkörperung von immenser, fast obszön großer Macht. Wie jede anständige Großmacht setzt auch diese Normen – und produziert dabei Ausschlüsse aus diesem Bereich des Normalen, des Akzeptierten. Molly Landreth fährt mit ihrer Vintage 4x5-Kamera durch dieses Land und fotografiert seine Bewohner_innen, Einzelpersonen ebenso wie Paare. Es sind nicht einfach irgendwelche Leute, es sind allesamt queere Menschen – Lesben und Schwule, Bisexuelle und Transgender. Molly Landreth nennt sie „alternative bodys“ und „alternative couples“, ihr Projekt „Embodiment“ trägt den Untertitel „A Portrait of Queer Life in America“. 80 Porträts mit persönlichen Statements und 18 Kurzfilme sind auf der Homepage Embodimentusa.com zu finden, sie werden episodisch veröffentlicht und ausgetauscht. Molly Landreth hofft, dass diese Bilder so etwas wie ein bleibendes Archiv für kommende Generationen werden. „Brave new vision of what it means to be queer in America today“, steht darüber. Tatsächlich ergeben diese Bilder ein Porträt des „anderen“ Amerika – zugleich aber auch eines des gewöhnlichen Amerika und wie es mit diesen alternativen Lebensformen umgeht. Zum einen zeigen 42 l an.schläge November 2011

die Bilder das klassische Setting US-amerikanischer Romanzen, wie man sie aus den Hollywood-Studios kennt. Hier aber werden sie neu erzählt, neu gedeutet. Ein lesbisches Pärchen in ihrem Auto mit Blick auf das nächtliche Seattle. Eine Frau mit ihrem Mann, den Kindern und ihrer Lebensgefährtin vor einem Holzhaus im Wald. Oder ein junger Mann auf einer Rollschuhbahn. Es sind die Orte, an denen sich auch die klassischen Liebesnarrative abspielen, doch auf Molly Landreths Bildern werden sie von anderen, von queeren Lebensformen bevölkert. Diese Menschen erzählen Molly Landreth ihre Geschichte; und nicht selten ist diese Geschichte eine von Unterdrückung, Identitätskämpfen und Schmerzen. „Me Me Me. Sometimes even discussing my own identity creates boundaries and constraints that I am not entirely comfortable with“, heißt es unter dem Bild von Elliot, aufgenommen 2007. „Queer is probably the most suitable name for my identity because it allows for fluidity, but even Queer has it’s expectations and associations that I don’t feel represent me.“ 2011 hat Elliot seine Geschichte ergänzt. Er hat nun die letzte seiner OPs hinter sich, aber immer noch weigert er sich, eine einzige Identität vollständig anzunehmen. Sprache, sagt er, könne nicht angemessen beschreiben, wie er sich selbst in der Welt fühlt und situiert. Dyiamond (sic!) Dynasty aus Saint Louis fotografierte Molly 2009. Als das Bild aufgenommen wurde, habe er sich verwirrt und verängstigt ge-

Foto: Charlie and Honey, © Molly Landreth

fühlt, sagt Dyiamond 2011. Er trägt darauf ein Shirt mit stilisierten Einschusslöchern. Im Video erzählt er von befreundeten Transgender, die ermordet wurden. Molly hat auch zahlreiche Paare fotografiert. Es sind intime Einblicke in die Beziehungen, oft liegen die Partner_innen in ihrem Bett, oder sie sitzen gemeinsam am Küchentisch. „Es liegt viel Stärke darin, die Mitglieder dieser marginalisierten Community zu zeigen, die so stark sein müssen und miteinander doch so zart umgehen“, sagt Molly dazu. „Statt völlig übersexualisierte Bilder zu machen, geht es in meinen Fotos um Stärke und Ehrlichkeit – ohne jede Scham oder Verlegenheit.“

Bei all der Stärke aber will Molly Landreth die Enttäuschungen und die Einsamkeit, die das Anderssein und ein Leben nach dem Outing mit sich bringen können, in ihren Bildern nicht verschweigen. Ihre Bilder sind Porträts von Menschen, und sie zeigen alles, was diese Menschen bewegt: Schmerz und Verzweiflung, Angst und Wut ebenso wie Liebe, Glück und Geborgenheit. „Ich will eine große Spanne an Emotionen und eine große Spanne an Leben abbilden“, sagt sie, und tatsächlich ist jedes einzelne Bild genau das: ein ganzes Leben. l

http://embodimentusa.com/


an.künden Redaktionsschluss Termine 12/11-01/12

05.11.2011 termine@anschlaege.at

fest musik 1.–30.11., Wien Vienna Jazz Floor 2011, mit Karrin Allyson, Christina Branco u.a. Diverse Veranstaltungsorte, Programm online unter www.ig-jazz.at 3.11., 20.00, Wien Alles Brille: Benefizkonzert von young caritas für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, mit CELO & ABDI, Dj PhloW u.a. Fluc Wanne, 1020 Wien, Praterstern 5, www.fluc.at 5.11., 21.00, Wien Marea Alta – Gender Crash IV, mit Porcelain Hip, Cascau & Lady Maru, Frau Doktor Sourial u.a., Tickets: € 10/8 brut – Koproduktionshaus Wien, Künstlerhaus,1010 Wien, Karlsplatz 5, T. 01/ 587 8774, www.brut-wien.at 5.–20.11., Wien 8. KlezMORE Festival Vienna, mit Sandra Kreisler, Jessica Lurie, Mycale u.a. diverse Veranstaltungsorte, Programm unter www.gamuekl.org/musik/klezmore/festival.html 10.11., 19.00, Wien Joy Denalane: Soul, Funk, HipHop, Ticket: € 27 WUK – Werkstätten und Kulturhaus, 1090 Wien, Währinger Straße 59 18.11., ab 18.00, Wien Plattenabend im Frauencafé Frauencafé Wien, 1080 Wien, Lange Gasse 11, www.frauencafe.com 19.11., 21.00, Wien Ladyshave und Kindernothilfe. Benefizkonzert der Plattform Ladyshave, mit weiblichen DJs VJs und Performancekünstlerinnen, Tickets: € 10 brut – Koproduktionshaus Wien, Künstlerhaus, 1010 Wien, Karlsplatz 5, T. 01/5878774, www.brut-wien.at 26.11., Wien Villa Geburtstagsfest, die Rosa Lila Villa wird 29 Rosa Lila Villa, 1060 Wien, Linke Wienzeile 102, T. 01/5868150, www.villa.at/lilatip

26.11., 10.30–21.00, Wien verkAUFsfinale und BenefizAUFlauf, die Frauenzeitschrift AUF verabschiedet sich, diverse AUFtritte 1010 Wien, Kleeblattgasse 7, http://auf-einefrauenzeitschrift.at/ 30.11., 17.00, Wien 17 Jahre NINLIL – Jubiläumsfeier Ega, 1060 Wien, Windmühlgasse 26, T. 01/589800, www.ega.or.at

film 17.11.–4.12., Wien Jüdisches Filmfestival Wien 2011 mit Schwerpunkt „Empört euch!“, Filme über Widerstand und Zivilcourage Votiv Kino und De France Kino, Infos und Programm unter www.jfw.at ab 17.11., Österreich u. Deutschland Der ganz normale Wahnsinn – working mum (USA 2011), Regie: Douglas McGrant, mit Sarah Jessica Parker, Pierce Brosnan, Greg Kinnear. Komödie über den Balance-Akt zwischen Beruf und Familie div Termine, Österreich Ein Tick anders (D 2011), Regie und Buch: Andi Rogenhagen, Komödie mit Jasna Fritzi Bauer, Geschichte einer jungen Frau mit Tourette-Syndrom div. Termine, Österreich Dreiviertelmond (D 2011), Regie: Christian Zübert, Tragikomödie mit Elmar Wepper u. Mercan-Fatima Türkög˘lu

bühne 1.–3.11., 20.00, Wien Gipsy stop dancing, ein Projekt von und mit Sandra Selimovic und Simonida Jovanovic, Tickets: € 14/10 Palais Kabelwerk, 1120 Wien, Oswaldgasse 35A, T. 01/8020650, www.palaiskabelwerk.at 2.–5., 9.,16.,19.11., 20.00, Österreich Andrea Händler: Naturtrüb. Kabarett div. Veranstaltungsorte, Infos unter www.andreahaendler.at 11.11., Linz „Exchange radical moments!“ – Live

Art Festival: europaweites Festival mit Theater, Kunst, Performance, Programm online unter 11moments.orf KunstRaum, 4020 Linz, Göthestraße 30, T. 0732/65134616, www.kunstraum.at

FRAUENHOTEL artemisia BERLIN

17.–18., 20.–23.11, 20.00, Wien Eigentlich sollte ich fünfmal die Woche, von Andreas Ertling, inspiriert durch Steven Soderberghs Film „Sex, Lies and Videotape“ Tickets: €17/14 TAG – Theater an der Gumpendorfer Straße, 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 67, T. 01/5865222, www.dastag.at

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21.–23.11., 10.00, Wien Zazie in der Métro – ein Stück über das Erwachsenwerden von TheaterFOXFIRE und Dschungel Wien, ab 11 Jahren Dschungel Wien, 1070 Wien, Museumsquartier, Museumsplatz 1, T. 01/5330720, www.dschungelwien.at 22.,24.,26.11., 19.30, Wien TanzKosmos Festival, mit Helene Weinzierl, editta braun company, @tendance/ Christina Medina, Ulrike Hager, Stefanie KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42, T. 01/5231226, www.kosmostheater.at 23., 25.-27.11., 20.00, Wien dominant powers. was also tun? Premiere am 23.11. von/mit Nele Jahnke, Nora Steinig, Catherine Travelletti DOMPOWpalace, 1030 Wien, Hetzgasse 2 28.–30.11., 20.00, Wien Ditta von Forst: Ein soziologischer Thriller, Spiel und Gesang: Christina Förster, Regie: Christian Suchy, Tickets : € 16/4/10 Theater Drachengasse, 1010 Wien, Fleischmarkt 22, Tel. 01/5131444, www.drachengasse.at ab 30.11., 20.00, Wien intim2 – Gastspiele: Doppelabend mit Playing Mums: „revue intim“ und Gebrüder Lirsch: „man(n) wird mensch“, Mi–Sa, Ticktes: € 16/ erm. 13 KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42, T. 01/5231226, www.kosmostheater.at

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Sabine Gruber, um Anmeldung unter office@frauenhetz.at oder 01/715 98 88 wird gebeten Feministische Bildung, Kultur, Politik, 1030 Wien, Untere Weißgerberstraße 41, 1030 Wien, www.frauenhetz.at 5.–6.11., Berlin Spandau 18. Arbeitskreis Frauengesundheit, Jahrestagung, Vorträge, Workshops, Diskussionen, Frauenfest am 5.11, 20.00, Kosten: 2 Tage € 100, 1 Tag € 55, Anmeldung unter www.akf2011.wordpress.com Hotel Christophorus, 13587 Berlin Spandau, Schönwalder Allee 26/ 3, T. 0049/(0)30/336060 10.11., 9.30–16.00, Wien Fachkonferenz Regenbogenfamilien, Vorträge und Workshops, Teilnahme kostenfrei, verbindliche Anmeldung unter T. 01/4000/814440 oder wast@gif.wien.gv.at Hotel Lindner am Belvedere, 1030 Wien, Rennweg 12 16.11., ganztätig, Wien Runder Tisch: Behinderung ist queere Kultur, genauer Veranstaltungsort wird noch bekannt gegeben, www.qwien.at 18.–20.11., Südsteiermark Burnout-Prävention für Frauen – Seminar plus Bogenschießen oder Wandern, Kosten: € 360 (exkl. USt. Verpflegung, Unterkunft, An- und Abreise), Anmeldung bis 9.11. Weiberhof, Großklein, Südsteiermark, Infos und Anmeldung unter berghoch2.com 26.11., 9–17.00, Wien Wege aus der Harmoniefalle – vom „Nein-Sagen“ und „Ich-Sagen“, mit Ingrid Trabe, Kosten: € 160, Anmeldung unter T.: 01/8958440 Institut Frauensache, 1030 Wien, Obere Viaduktgasse 24, www.frauensache.at

vortrag diskussion 5.11., 18.00, Wien Salon radicale: Verschiedene Feminismen und verschiedene Aktionsformen gegen Gewalt Frauencafé, 1080 Wien, Lange Gasse 11, www.frauencafe.com 7. u. 21.11.,19.30–21.00, Wien Vortragsreihe von Peter Grusch: Lieder von Verfolgung und Widerstand. Musik aus Konzentrationslagern (7.11.), Vom Novemberpogrom zur Shoa (21.11.), Anmeldeschluss für Vorträge jeweils eine Woche vor der Veranstaltung unter anmeldung. vhs20@vhs.at, Eintritt € 6 Volkshochschule Brigittenau, 1200 Wien, Raffaelgasse 11-13, T. 01/3304195 11.11., 14.30–16.00, Wien Bärbel Mende-Danneberg: „Mehr als ich kann. Ein Film über den Pflegealltag im Verborgenen“ im Rahmen der Soziologie-Lehrveranstaltung „Gesundheit und Gender: Fokus Gesundheitsberufe und geschlechtsspezifische Rollenverteilung – im Wandel?“ Institut für Soziologie, 1090 Wien, Rooseveltplatz 2a, Seminarraum 2

ausstellung bis 5.11., Wien YOU ARE FREE – Arbeiten rund um den Begriff „Freiheit“ Kunsthalle Exnergasse, 1090 Wien, Währinger Straße 59, 2.Stiege, erster Stock, Di–Fr 13–18.00, Sa 11–14.00, T. 01/ 401 21 41, kunsthalleexnergasse.wuk.at bis 14.11., Langenlois Lena Lapschina: M21 evolution, Projekte im Großraum Langenlois

November 2011 an.schläge l 43


an.künden Sprache ist Macht Die Initiative Minderheiten tritt seit bereits 20 Jahren für eine minderheitengerechte Gesellschaft ein. Das Jubiläums-Symposion zum Thema „Sprache“ widmet sich zwei Aspekten: Wie kann korrekt über Minderheiten gesprochen werden, und wie können Minderheitensprachen eine Aufwertung erfahren? 10.11. ab 18.00, 11.11. ab 20.30 „Sag, wie hast du´s mit der Sprache? – Zur Bedeutung von Sprache und Mehrsprachigkeit“, Initiative Minderheiten, Gumpendorferstr. 15/30, 1060 Wien, T. 01/9669001, www.initiative.minderheiten.at M21 – Museum of the 21st century, 3550 Langenlois bis 15.11., Wien „MODELLS – das perfekte Profil“, eine LED Installation von Nicole Pruckermayer und Elisabeth Schimana an der Außenfassade des Hotels „Altes Kloster“ und der „Insight Turm“ erlauben einen Blick hinter die Systematiken der „Google- Suchmaschinerie“ Kulturfabrik Hainburg, 2410 Hainburg/ Donau, Kulturplatz 1/ Donaulände 33, Insight Turm: 9–18.00, www.insight-turm.ima.or.at bis 27.11, Venezia Starie Novostie/ Alte Nachrichten Biblioteca Zenobiana del Temanza Centro Studi e Documentatione della Cultura Armena Corte Zappa, 30123 Venezia, Dorsoduro 1602, 10–18.00, T. 0039 41 522 422 5 99 Bremen,Teerhof 20, Di, Mi, Fr 10–18.00, Do 10–21.00, Sa u. So 11–18.00, T. (0049)421/5983970, www.weserburg.at bis 30.11., Wien Hansel Sato: „Männer“ – Plakation im Resselpark, im Rahmen von Soho in Ottakring, Teil des Projekts „Regendering Media“ Resselpark, Karlsplatz, 1040 Wien bis 18.11., Wien Anila Rubiku und Nina Höchtl: About Translation, eine Kooperation zwischen IG Bildende Kunst und artistin-residence Galerie IG Bildende Kunst, 1060 Wien, Gumpendorferstraße 10-12, T. 01/5240909, www.igbildendekunst.at

bis 19.11.,Berlin Rita Rohlfing: Apparently Tangible Galerie Funke, 10965 Berlin, Willibald-Alexis-Straße 13/14, Mi–Fr 13–18.00, Sa 12–15, T. 0049/ (0)30/20672920, www.galeriefunke.de bis 17.12., Wien Barbara Rapp: Frauenbild zu entsorgen, Eintritt frei KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42, T. 01/5231226, geöffnet an Spieltagen ab 90 Min. vor Vorstellungsbeginn bis 31.12., Graz Communitas – Unter anderen. Ausstellung rund um das Thema „Ausschließung“ mit Werken von Ursula Biemann (CH), Shuruq Harb (PS) u.a., in Kooperation mit steirischer Herbst, Eintritt: € 8/ erm. 3 Camera Austria, 8020 Graz, Lendkai 1, Di–So: 10–18.00, T. 0316/8155500, www.camera-austria.at bis 17.11., Klosterneuburg Rosa Loy und Neo Rauch: Hinter den Gärten Ausstellungshalle Essl Museum, 3400 Klosterneuburg , An der Donau-Au 1, Di–So 10–18.00 ,Mi 10–21.00, T. 02243/17050150, www.sammlung-essl.at bis 4.12., Innsbruck Vergangenes Begehren/ past desire: mit Werken und Installationen von Yael Bartana, Ulla von Brandenburg, Anne Mie VAN Kerckhofen u.a. Galerie im Taxispalais, 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 45, Di–So 11–18.00, Do 11–20.00,

T. 0512/5083171, www.galerieimtaxispalast.at bis 3.1.2012, Wien Beauty Contest, zusammen mit dem Austrian Cultural Forum New York, Eintritt frei MUSA , 1010 Wien, Feldstraße 10, Di, Mi, Fr 10–18.00, Do 11–20.00, Sa 11–16.00, T. 01/40008400, www.musa.at bis 16.1.2012, Berlin (Selbst) – Portrait: Abbilder und Netzwerke Schwules Museum, 2.OG, 10961 Berlin, Mehringdamm 61, tägl. außer Di 14–18.00 , Sa bis 19.00, T. 0049/(0)30/69599050, www.schwulesmuseum.de

lesung 7.–13.11., Wien Buch Wien 11: Internationale Messe (ab 10.11. Messe Wien) und Lesefestwoche: Lesungen, Diskussionsrunden, Verlagspräsentationen Diverse Veranstaltungsorte, Infos und Programm unter www.buchwien.at 17.11., 19.00, Wien SLAMMER. DICHTER. WEITER.2, Poetry Slam der besonderen Art mit Mieze Medusa, Yasmin Hafedh u.a. Alte Schmiede – Literarisches Quartier, 1010 Wien, Schönlaterngasse 9, T. 01/5128329 23.11., 19.00, Berlin Rainer Hörmann: Immer wieder samstags – Was die schwule Welt zusammenhält

Foto: Julia Rohn

Kopftuchexperimente Kleidungsstück? Symbol für Religion? Zeichen der Unterdrückung? Diese und noch viel mehr Bedeutungen werden in das Kopftuch hineininterpretiert. Die Kopftücher der Ausstellung „Kopftuchexperimente“ sind Resultat eines Workshops des Vereins Efeu, sie wurden von 25 jungen Musliminnen gestaltet und transportieren zur Abwechslung mal deren eigene Botschaft. bis 2.12., Kopftuchexperimente, Bücherei, 1030 Wien, Erdbergstraße 5-7, Mo-Fr 11–18.00 außer Mi 14–18.00, T. 01/4000/03161, www.efeu.or.at

Schwules Museum, 10961 Berlin, Mehringdamm 61, tägl. außer Di 14–18.00, Sa bis 19.00, T. 0049/(0)30/69599050, www.schwulesmuseum.de

aktivitäten 1.11., 12.00, Wien BibliotheksaktivistInnentag – hilf in der Lila Tipp Bibliothek beim Bücher entstauben, sortieren usw. Lila Tipp – Lesbenberatung, 1060 Wien, Linke Wienzeile 102, 01/5868150, www.villa.at 2.u.16.11., 19.00, Graz Lesbischwules Queer Tutorium für alle Grazer Studis, Diskussion und Spaß ÖH der Karl-Franzens Universität, 6010 Graz, Schubertstraße 6a, www.gaystudent.at 10.11.–19.11., Salzburg Open Mind Festival unter dem Motto „Frei von Schuld(en)“, Stationenthea-

Das Leben der toten Dinge Auf unorthodoxe Weise beschäftigt sich die Künstlerin Antje Majewski mit Objekten. Kann man unbelebte Objekte zum Sprechen bringen, sie am Ende gar durch belebte Wesen ersetzen? Können Dinge denken? In ihrer Ausstellung im Rahmen des Steirischen Herbst in Graz setzt sie Objekte zueinander in Beziehung und versucht, ihnen ein paar Sätze und Geheimnisse zu entlocken.

© Antje Majewski

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bis 15.1.2012: Antje Majewski: Die Gimpel-Welt. Wie man Dinge zum Sprechen bringt. Kunsthaus Graz, 8020 Graz, Lendkai 1, Di–So 10–18.00, T. 0316/80179200, www.kunsthausgraz.at

ter, Lesung, Workshop u.v.m. ARGEkultur Salzburg, 5020 Salzburg, Ulrike-Gschwandtner-Straße 5, T. 0662/ 8487784, www.argekultur.at 12.11., 9–16.00, Wien Modell-Bau-Workshop für Mädchen, begrenzte Teilnehmerinnenzahl – Anmeldung bis 5.11. an verein@ ingenieurinnen.at Grünes Lokal, 1030 Wien, Esteplatz 7/1a, Infos unter T. 0676/6081894 15.–19.11., Wien fiveseasons: herbstklang: Konzerte, Lesungen, Installationen, Kurzfilme diverse Veranstaltungsorte, Infos und Programm unter www.five-seasons.at div. Termine, Wien Tanzkurse und Tanzabende für Frauen – Resis.danse, Frauentanzclub div. Veranstaltungsorte, Infos unter www.resisdanse.at div. Termine, Schweiz Wen-Do – Selbstverteidigung und Selbstbehauptung von Frauen, für Mädchen und Frauen Infos und aktuelles Kursangebot #unter www.wendo.ch jeden 2. u. 4. Freitag, 17.00 ARGE Dicke Weiber Treffen – Feministische Initiative dicker Frauen gegen Gewichtsdiskriminierung und Schlankheitsterror – für Vielfalt und positive Selbstbilder, Infos: argedickweiber.wordpress.com, argedickeweiber@gmx.at FZ-Beisl, 1090 Wien, Währingerstraße 59/Ecke Prechtlgasse jeden Do u. Fr, 18–24.00, Wien Feministische Kneipe, für Frauen, Lesben, Transpersonen, Intersexpersonen Frauencafé, 1080 Wien, Langegasse 11, www.frauencafe.at


an.künden Mo 18–19.00, Kärnten Frauenstimmen – Glas zena Radio Agora 105.5 MHz (Dobrac), Live Stream: www.agora.at, wöchentlich Di, 13–14.00, Wien Globale Dialoge – Women on Air Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, wöchentlich Di, 18–19.00, Wien Weibertalk – Sendung des Autonomen FrauenLesbenZentrums Innsbruck Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 2. Di Di, 20–21.00, Deutschland Mrs. Pepsteins Welt – FeminismusAllüren, und Musik, Musik, Musik Radio Blau 99.2 MHz (Leipzig), www.mrspepstein.de, jeden 4. Di

Katzenjammer Alles andere als Gejaule ist die Musik der VierFrauen-Band „Katzenjammer“, die gerade ihr neues Album „A kiss before you go“ herausgebracht hat. Die norwegischen Musikerinnen beherrschen Tuba, den Balalaika-Bass, Schlagzeug, Harmonika, Klavier, Banjo, Akkordeon, Mandoline, Gitarre, Melodica und Trompete. Diese Mischung schafft einen unverwechselbaren Sound. 4.11., 20.00, Flex Kulturzentrum, 1010 Wien, Donaukanal, Abgang Augartenbrücke, Eintritt: € 24.50, www.flex.at, www.katzenjammer.no jeden Donnerstag, ab 18.00, Graz Offener Abend im „feel free“ der „RosaLila PantherInnen feel free – steirisches Schwulen- und Lesbenzentrum, 8020 Graz, Annenstraße 26, T. 0316/366601, www.homo.at jeden 2. Mittwoch, 17–19.30, Wien Frauen-Empowerment-Gruppe für Frauen mit Behinderung, Gespräche und Aktivitäten, weitere Informationen und Anmeldung: Michaela Neubauer T. 01/7143993 Ninlil, Frauenhetz, 1030 Wien, Untere Weißgerberstraße 41, www.ninlil.at jeden Montag, 17–19.00, Wien LBT Spot – Treffen für junge Lesben, Bi’s und Transpersonen Lila Tipp Lesbenberatung, 1060 Wien, Linke Wienzeile 102, T. 01/5868150

beratung 8.11., 10–14.00, Graz Geschlechterkonstruktion und binationale Paare Frauenservice Graz, Idlhofgasse 20, 8020 Graz, T. 0316/726020, www.frauenservice.at diverse Termine, Wien Frauen beraten Frauen – Psychosoziale Beratung, Rechtsberatung, u.v.m. 1060 Wien, Lehargasse 9/2/17 oder 1010 Wien, Seitenstettengasse 5/7, Mo u. Mi 9.30–12.30, Di u. Do 13–16.00, T. 01/5876750, www.frauenberatenfrauen.at diverse Termine, Berlin Frauenkreise – Beratungsangebot für Frauen: Rechtsberatung, Beratung und praktische Unterstützung für

Di, 21–22.00, Wien female:pressure – Feministisches Magazin zu Musik- und Clubkultur Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 2. Di Mi 18–18.30, Salzburg Frauenzimmer – Plattform für eine frauenspezifische Information Radiofabrik 107.5 MHz (Salzburg Stadt), Live Stream: www.radiofabrik.at, wöchentlich Mi 18–19.00, Wien Bauch, Bein, Po – Die Sendung für die ganze Frau Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 2. Mi

Filmerinnen usw. Frauenkreise – soziokulturelles Projekt, 10991 Berlin Mitte, Choriner Straße 10, www.frauenkreise-berlin.de

Do 18–19.00, Wien Transgender Radio Orange 94.0 MHz (in Kooperation Radio ALEX, Berlin), Live Stream: http://o94.at, jeden 1. und 3. Do

jeden Donnerstag, Graz Infotag ZAM Frauenservice nowa, 8010 Graz, Jakominiplatz 16, Steinfeldhaus, T. 0316/716022, www.frauenservice.at

Fr 18–19.00, Wien Radio UFF – Sendung des Unabhängigen FrauenForums Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 1. Fr

div. Termine, Wien, Graz, Innsbruck Verschiedenste therapeutische Gruppen z.B. Young*Trans, Queer*Family, SAPPHO u.a. COURAGE – Beratungsstelle für gleichgeschlechtliche und transGender Lebensweisen, Standorte und Termine unter www.courage-beratung.at

Fr 19–20.00, Oberösterreich SPACEfemFM Frauenradio Radio FRO 105.0 MHz (Linz), Live Stream: http://fro.at, eden 1., 3. u. 4. Fr

jeden Mo/Mi/Fr, 17–20.00, Wien Lila Tip: Lesbenberatung: Beratung, Information und Gruppenangebote Rosa Lila Villa, 1060 Wien, Linke Wienzeile 102, T. 01/5868150, www.villa.at/lilatip

radio fixtermine Mo 18–19.00, Wien Khorschid Khanum – Die persischsprachige Frauensendung Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 1. Mo Mo 19–20.00, Oberösterreich 52 Radiominuten – Sendung von FIFTITU%, Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in OÖ Radio FRO, 105.0 MHz (Linz), Live Stream: http://fro.at, jeden 4. Mo

Foto: KosmosTheater

Power of Pussy Ein Gastspiel der Fräulein Wunder AG (D) frischt das kollektive Gedächtnis der alten und neuen „F-Klasse“ auf. Wie Feminismus leben? Welche Ereignisse der Frauenbewegung haben noch immer utopisches Potenzial für die Verwirklichung der Geschlechterdemokratie? Ein Abend auf der Suche nach zeitgemäßen Versionen von Weiblichkeit und Männlichkeit. 10.–12.11., 20.00, „Power of Pussy“ – Eine unendliche Geschichte des Feminismus, KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterngasse 41, Tickets: € 16/13/10, T. 01/5231226, www.kosmostheater.at Sa 12–13.00, Deutschland Rainbow City – Radio für Lesben und Schwule 97.2 MHz (Berlin), Live Stream: www.radiorainbowcity.de, wöchentlich

So, 19–20.00, Tirol Weibertalk – Sendung des Autonomen FrauenLesbenZentrums Innsbruck FREIRAD 105.9 MHz (Innsbruck), Live Stream: www.freirad.at, jeden 1. So

Sa 19–20.00, Steiermark Bertas Bücherstunde – Das feministische Literaturmagazin Radio Helsinki 92.6 MHz (Graz), Live Stream: www.helsinki.at, jeden 4. Sa So 17–18.00, Steiermark Genderfrequenz – Sozialpolitisch, feministisch, unbeugsam Radio Helsinki, 92.6 MHz (Graz), Live Stream: www.helsinki.at, jeden 2. So

Lesbische Geschichte(n) „Tribaden, Femmes und Kesse Väter“ erobern einen Tag lang die Bühne des Schwulen Museums Berlin: Nach einem Vortrag, Präsentationen u.v.m. wird die BBC-Produktion „The secret diaries of Miss Anne Lister“ gezeigt, die Lebensgeschichte einer Adeligen, die im England des frühen 19. Jahrhunderts eine offen lesbische Beziehung führte. 12.11., 14–21.00 „Tribaden, Femmes und Kesse Väter“ – Langer Tag der Lesbengeschichte(n) im Schwulen Museum, Eintritt: € 5/ erm. 3, Schwules Museum, 10961 Berlin, Mehringdamm 61, T. 0049/ (0)30/69599050, www.schwulesmuseum.de

November 2011 an.schläge l 45


das illustrierte werbe-wäh

Vorschau auf die Dezember/Jänner-Ausgabe:

Feministisch Ferienmachen

Wie reisen Feministinnen? Und wohin am liebsten?

an.schläge-Abopreise: Schnupperabo (3 Hefte): 10/12* Euro Jahresabo (10 Hefte): 35/ermäßigt 29/45* Euro Unterstützungsabo (10 Hefte): 43/53* Euro * Gültig für Europa, weitere Auslandspreise auf Anfrage. Weitere Infos unter abo@anschlaege.at oder auf www.anschlaege.at.

an.schlägetv neu! www.anschlaege.at

Rathausstr. 21 Schottengasse 4 Wollzeile 11 Rathausstr. 18 Schulerstr. 1-3 Johannesgasse 16 Universitätsstr. 7 Taborstr. 28 Mariahilferstr. 8 Kaiserstr. 96 Alser Str. 39 Berggasse 8 Schwarzspanierstr. 15 Wielandgasse 2-4 Rudolfstr. 17 Dragonenstr. 22 Dreifaltigkeitsgasse 12 Museumstr. 4 Kirchstraße 39 Siebenundvierzigergasse 27 Feuerbachgasse 25 Paulitschgasse 5/7

und auch in vielen Städten in Deutschland. 46 l an.schläge November 2011

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OFF THE ROKKET. Yori Gagarim


In Wien geht was weiter.

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Outside The Box | Zeitschrift für feminstische Gesellschaftskritik | outside.blogsport.de

Egal ob Jung oder Alt, Frau oder Mann, hier geboren oder zugezogen: Wir in Wien gehören zusammen. Orte, um einander kennenzulernen, gibt es viele – von den Jugendzentren bis zu den Pensionistenklubs. In den Parks hilft dabei die Parkbetreuung Informationen zu den Serviceeinrichtungen der Stadt gibt es auf www.wien.at oder im Wiener Stadtinformationszentrum, Telefon 01/525 50, Rathaus, Eingang FriedrichSchmidt-Platz (Montag bis Freitag 8 bis 18 Uhr)

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l l an.schläge das feministische monatsmagazin. november 2011

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Es gibt Alternativen      Angela McRobbie über Postfeminismus und die „Bridget-Jones-Ära“     Plus: Nobelpreis für Feminismus >> Teilzeit für alle! >> Ann Liv Young >> Genderfood >>  Clara Luzia >> All My Independent Women >> Embodiment >> und vieles mehr


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