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l l an.schläge das feministische monatsmagazin. september 2011
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Thema: Feminismus macht Schule Wie geht queere Pädagogik?
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Familienglück statt Hämorrhoiden Charlotte Roche hat zu viel versprochen Feminismus & Rassismus Wenn die Innenministerin die Frauenrechte entdeckt Plus: Slutwalks allerorten >> Katja Kullmann >> Sexualität & Krieg >> Amy Winehouse >> Burka-Verbot >> Margareta Heinrich >> Anders Breiviks Antifeminismus >> und vieles mehr
an.schläge Nr. 09/11, 25. Jahrgang, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M
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Sozialdemokratische Sozialdemokratische GewerkschafterInnen GewerkschafterInnen Frauen
Politik 06 >>>
an.riss politik
08 >>>
„Wir haben eine Aufklärung hinter uns“ Anders Behring Breivik ist nicht nur ein Rassist, er ist auch glühender Antifeminist
09 >>>
Zum Monster gemacht Eine neue Studie zeigt: Burka-Verbote erleichtern Frauen das Leben nicht, im Gegenteil
10 >>> 14 >>>
Emanzipation statt Integration Was tun, wenn die Innenministerin das Thema Feminismus entdeckt? an.riss international
Thema: Feminismus macht Schule 17 >>>
Etikettenschwindel Wie geschlechtergerecht sind die geplanten Bildungsreformen in Österreich?
20 >>>
Frauen als Hilfslehrerinnen Interview: Die Bildungswissenschaftlerin Claudia Schneider fordert eine radikale Änderung des Schulsystems
22 >>> 24 >>>
Ist das Sorgenkind männlich? Es gibt keine Bildungsbenachteilung für Buben, es gibt nur eine einseitige Berichterstattung
25 >>>
Queering Education Was ist dekonstruktive Pädagogik?
„Spezielle Wünsche“ Mein Schulkind ist stolz darauf, ein Mädchen zu sein. Kommentar einer feministischen Mama
Gesellschaft 28 >>>
an.riss arbeit wissenschaft
30 >>> „Ein persönliches und politisches Projekt“ Interview: Regina Mühlhauser forscht zu Krieg, Gewalt und Sexualiät
Kultur
34 >>>
Familienglück statt Hämorrhoiden Charlotte Roche verspricht Sex und Tabubruch, stattdessen gibt's im neuen Roman biedere Beziehungsarbeit
36 >>>
Ich will ein Glanz sein Das postfeministische Leiden der Amy Winehouse
an.sage: Doch kein Sommermädchen sprechblase: Sager des Monats plusminus: My beer & My Birthcontrol an.frage: Squashed! medienmix: *Frauenforscherin, queer-o-mat.de, The Perfect Vagina an.sprüche: Slutwalk – Mission Impossible? an.lesen: Katja Kullmann, Nina Power, Nicole Huber, Michi Ebner, Doris Knecht, Birgit Vanderbeke, Iman Humaidan-Junis an.klang: Little Dragon. Aérea Negrot, T-INA Darling, Mamani Keita, Gagner l'argent francais, Jolly Goods, Ce'Cile an.sehen: Genossin Heinrich haut den Hut drauf an.künden: Termine & Tipps
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Kolumnen
an.riss kultur
Rubriken Rubriken
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neuland heimspiel zeitausgleich lebenslauf lesbennest bonustrack: vera kropf katzenpost zappho des monats
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42 43
September 2011 an.schläge l 03
editorial The Simpsons, Episode Girls Just Wanna have Sums: Nachdem Rektor Skinner öffentlich behauptet hatte, Mädchen seien in naturwissenschaftlichen Fächern schlechter als Jungs, wird er zum Hilfshausmeister degradiert. Eine Feministin übernimmt seinen Posten an der Springfield Schule und führt die Geschlechtertrennung ein. Im pastellfarbenen Trakt der Mädchen plätschern fortan Springbrunnen, und an den Wänden hängen Bilder berühmter Künstlerinnen. Bei den Buben brennt der Bücherbus. Doch weil die Mädchen im Matheunterricht jetzt ohne Leistungsdruck in erster Line an ihrem Selbstbewusstsein arbeiten, fühlt sich Lisa Simpson unterfordert. Als Jack Boyman verkleidet nimmt sie am Unterricht der Jungs teil. Sie schlägt sich – buchstäblich – tapfer und erhält schließlich eine Auszeichnung für die besten Mathe-Leistungen der Schule. Geht das auch anders?, fragen wir im Themenschwerpunkt dieser Ausgabe. Wie sollte eine geschlechtergerechte Schule aussehen? Und welche feministischen Forderungen fehlen in den aktuellen Bildungsdebatten? Denn, wie die Frauendemo vor Rektor Skinners Fenster skandierte, eines ist sicher: „Eight, six, four, two: we do math as good as you!“ Die Redaktion
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Feminist Superheroines bell hooks (*25. September 1952) ist v.a. als Kritikerin von Rassismus, Kapitalismus und Patriarchat und als Vertreterin des Black Feminism bekannt geworden. Ihr erstes und einflussreiches Buch „Ain’t I a Woman“ begann die in Kentucky geborene Schriftstellerin bereits im Alter von 19 Jahren zu schreiben, publiziert wurde es 1981. Seit Mitte der 1970er Jahre hat sie verschiedene Lehraufträge und Professuren an US-amerikanischen Universitäten inne. Neben der Auseinandersetzung mit „Race“, Klasse und Geschlecht beschäftigt sie sich mit einer riesigen Bandbreite weiterer Themen, etwa mit Medien, Kunst und Erziehung. Kaum bekannt ist, dass sie auch Autorin einiger Kinderbücher ist, die bisher jedoch leider nicht ins Deutsche übersetzt wurden. Das Pseudonym bell hooks geht auf den Namen ihrer Großmutter zurück, ihr ursprünglicher Name ist Gloria Jean Watkins. Mit der Kleinschreibung des Namens will sie die Aufmerksamkeit weg von ihrer Person und hin zu den Inhalten ihrer Texte lenken. isaga Illustration: Lina Walde
leserinnenbrief Betrifft: „Einzelne Erlaubniszonen“ an.schläge 07-08/2011 1. Sie stellen es als positive Neuerung dar, dass minderjährige Sexarbeiterinnen zukünftig statt eines Bußgelds zu einer Beratung der Jugendwohlfahrt geschickt werden. Prostitution wird im Gesetz als die gewerbliche Duldung oder Vornahme sexueller Handlungen mit fortlaufender Erwerbsabsicht (!) definiert. Erst beim zweiten Mal könnte einer Sexarbeiterin daher Gewerblichkeit nachgewiesen werden – de facto wird aber schon beim ersten polizeilichen Aufgreifen gestraft. Sollen wir also applaudieren, wenn bei Minderjährigen korrekt gehandelt wird? Sollten wir nicht eher dagegen protestieren, dass es in Österreich überhaupt möglich ist, minderjährige Frauen wegen Prostitution mit Strafen zu belegen, für deren Bezahlung sie häufig weiter anschaffen müssen? Die Gesetze gegen die Sexarbeit Minderjähriger bestehen zu deren Schutz, was doch jeder (finanziellen, stigmatisierenden) Repression widersprechen sollte. 2. Weiters vergleichen Sie die Freierbestrafung der geplanten Wiener Variante mit dem Schwedischen Modell. Die schwedische Hurenbewegung schildert plastisch, wie sehr das vollkommene Sexkauf-Verbot 04 l an.schläge September 2011
Sexarbeiterinnen die materielle Lebensgrundlage entzieht und ihre Tätigkeit immer gefährlicher macht. Das schwedische und das geplante Wiener Gesetz unterscheiden sich aber. In Wien wird außerhalb der neuen Verbotszonen das Anschaffen auf der Straße legal sein. Wird also eine Frau in einer normalen Wohnstraße bei der „Anbahnung“ (falsche Kleidung, Gang oder Gesten!) erwischt, wird sie bestraft. Ein Mann, der anbahnt oder sich auf die Anbahnung einlässt, soll freigehen? Grundsätzlich ist die Einschränkung der Arbeitsplätze in der Sexarbeit aus feministischer Sicht nicht zu befürworten. Doch eine Freierbestrafung von bestimmten Verhaltensweisen ist sicher ein besseres Signal, statt wie bisher nur die Frauen zu bestrafen. Diese beiden Aussagen widersprechen eigentlich meinem Verständnis von Feminismus, weswegen ich die bequeme Passivität des Lesens Ihrer durchaus spannenden Zeitschrift einmal aufgegeben habe. Liebe Grüße Almuth Waldenberger
an.sage
Doch kein Sommermädchen Ein Kommentar von Fiona Sara Schmidt
Die Japanerinnen sind absolut verdient Weltmeisterinnen geworden, Fukushima-Mitleidsbonus hin oder her. Auch wer sonst mit Fußball nicht viel am Hut hat, konnte die Spannung des Endspiels greifen, das japanische Team überzeugte mit starken Nerven beim Elfmeterschießen und spielte auf höchstem Niveau. Doch wie sieht die Bilanz nach der WM aus? Hat das Turnier dafür gesorgt, Frauenfußball für die breite Masse populär zu machen? Immerhin wird eingestanden, dass er schön aussieht, technisch und taktisch anspruchsvoll und zum Zusehen auch für Frauen und Kinder bestens geeignet, ja sogar ein „Familienfest“ sei. Gleichzeitig haben sich viele Schreiber und „Experten“ gegenseitig darin überboten zu erklären, warum sie Frauenfußball nicht mögen. So etwa der deutsche Formel1-Darling Nico Rosberg, der die WM mit den Paralympics verglich und nicht verstand, was die Aufregung danach sollte. Nein, meinen andere, es habe nichts damit zu tun, dass Frauen nicht spielen könnten, im Gegenteil sei das Niveau ja stetig gestiegen. Doch SZKolumnist Axel Hacke ist eben „damit aufgewachsen, dass Fußball Männersache ist“, und findet es gut, dass es so geblieben ist, weil er so schöne Erinnerungen an seinen Vater pflegen kann. Es ist also nicht der Umstand, dass Frauen Fußball spielen können, der etwa „Klartext“-Blogger Matthias Heitmann Bauchschmerzen bereitet. Es ist die Tatsache, dass die mit Frauen und dem Frauenfußball verbundenen Werte in die Offensive gehen und „der Fußball“ Gefahr läuft, sowohl als Sport als auch als kulturelles Massenphänomen „entmannt“, ein „emotionsloses Abziehbild“ des kulturellen Phänomens Fußball zu werden, „einem der letzten Refugien von Freiheit und emotionaler Ausgelassenheit in einer ansonsten immer stärker geregelten und kontrollierten Gesellschaft“. Seltsam, eigentlich wird Emotionalität doch Frauen zugeschrieben? Doch plötzlich sind es weibliche Werte, die in der Gesellschaft überhand genommen haben, der Männerfußball die letzte Erholung davon. Wenn selbst ARD-Moderator Michael Antwerpes doch tatsächlich zur Eröffnung in die Kamera sagt, „Fußball-WM der Frauen ist, wenn man trotzdem Spaß hat“, zeigt das, was
viele insgeheim gedacht haben: Noch mal Männer-WM wäre viel schöner gewesen. Medial verordnete Ekstase, kollektive Fußballeuphorie als Zwangsmaßnahme gab es trotzdem. In Deutschland war schon Wochen vor dem Termin Frau, Klischee und Fußball allerorten: 16 Kandidatinnen traten bei der Wahl zur Miss WM im Trikot des jeweiligen Nationalteams an. Die ARD zeigte einen unerträglichen „Tatort“ mit kickender Star-Muslima. Im „Playboy“ „zum Sommermärchen 2011“ dann „Weltmeisterlich! So schön sind Deutschlands Fußball-Nationalspielerinnen“. Dass es sich dabei um U20- und U17-Weltmeisterinnen handelte, war eigentlich egal, die Spielerinnen kennt ja eh niemand. Die Playmates wollten „das Klischee von den Mannweibern im Frauenfußball widerlegen“. Und auch von offizieller Seite sollte die Nationalelf als Ansammlung attraktiver, junger, moderner und heterosexueller Frauen präsentiert werden. (Drei französische Nationalspielerinnen antworteten darauf, indem sie sich ebenfalls für ein Magazin auszogen. Allerdings bedeckten sie ihre Brüste mit den Armen und versahen das Foto mit der Überschrift: „Is this how we should show up before you come to our games?”) Für die echten Fans waren ohnehin andere Themen wichtiger als Nacktfotos und Fahnenschwenken: Die nigerianische Trainerin Ngozi Uche hatte im Vorfeld lesbische Spielerinnen aus dem Team geworfen. Im Gegensatz zur FIFA, die das Transparent „Fußball ist alles – auch lesbisch“ einkassieren ließ, hat sich der DFB als einigermaßen engagiert gegen Homophobie erwiesen. Erfreulich auch die Antwort der deutschen Torfrau Nadine Angerer auf die Frage nach Lesben in ihrem Sport: „Ich persönlich bin da offen, weil ich der Meinung bin, dass es nette Männer und nette Frauen gibt, und weil ich eine Festlegung generell total albern finde.“ Außerdem gab es den Abschied von Birgit Prinz, die Taktiken der Teams, theatralische Brasilianerinnen, lustige Wortspiele mit dem Namen der deutschen Trainerin Silvia Neid und die coolen Frisuren der Japanerinnen zu diskutieren. Eigentlich gibt es also nach der WM nur noch einen Grund, die „neue Sportart“ abzulehnen. Irgendwo im Netz ist zu lesen: „Mir persönlich ist Frauenfußball zu schwul.“ l September 2011 an.schläge l 05
an.riss politik abtreibungsgegner*innen Erfolgreich, aber unkreativ? Einem Zusammenschluss verschiedener christlichfundamentalistischer Gruppen wurde am 24. Juli in Salzburg ordentlich die Suppe versalzen, als 60 Gegendemonstrant*innen ihren 1000-Kreuze-Marsch erfolgreich störten. Die Pro-Choice-Aktivist*innen waren auch ohne Megaphone wesentlich lauter als die sonor-langweiligen ChristFundamentalist*innen von ProLife, HLI & Co., sie Foto: http://indyvideosbg.wordpress.com blockierten den Marsch und erzwangen eine Routenänderung. Gleichzeitig fielen die Gegen-Aktionen in Salzburg jedoch relativ unkreativ aus. Vor allem die klassische Mackerattitüde vieler Aktivisten erntete kaum Widerspruch. Auch schien es vielen primär um eine Blockade und (Gegen-)Macht-Demonstration zu gehen, obwohl es ebenso sinnvoll gewesen wäre, jene Leute zu unterstützen, die den Fundamentalist*innenZug ständig störend „begleiteten“, oder den Passant*innen die emanzipatorischen Anliegen des Gegenprotests zu vermitteln. Aktionsbezogen hätte auf Erfahrungen der Proteste gegen vergangene 1000-Kreuze-Märsche zurückgegriffen werden können, die wesentlich bunter und vielfältiger ausgefallen sind – wie etwa in Berlin und München. luiwe
„Sie soll
auf
sich doch ihr Kind
freuen“
Das Landesgericht Berlin verklagte Sony zu einer Entschädigungszahlung wegen geschlechtsspezifischer Diskriminierung einer schwangeren Arbeitnehmerin. Die Frau arbeitete im Bereich „International Marketing“ als Abteilungsleiterin. Als die Stelle ihres Vorgesetzten neu besetzt werden sollte, bekam sie zu hören, dass sie sich lieber auf ihr Kind freuen solle, statt auf den Chefposten zu hoffen. Befördert wurde ihr männlicher Kollege. Die Frau erhielt nun eine Schadensersatzzahlung. leka 06 l an.schläge September 2011
selbstbestimmung Abtreibungen in ganz Österreich? Anfang August ließ SPÖ-Gesundheitsminister Alois Stöger mit der Forderung aufhorchen, in ganz Österreich solle Abtreibung in öffentlichen Spitälern möglich sein. In einem Interview mit dem Magazin „News“ sagte er, es sei ihm ein „Dorn im Auge“, dass in Vorarlberg und Tirol kein öffentliches Spital Schwangerschaftsabbrüche durchführe. Und er setzte nach: „Es geht nicht, dass man Schwangerschaftsabbrüche aus ideologischen Gründen prinzipiell nicht anbietet.“ Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek begrüßt Stögers Vorstoß: „Frauen haben ein Recht auf Selbstbestimmung über ihren Körper und sollen nicht durch fehlende medizinische Einrichtungen daran gehindert werden“, hieß es in einer Aussendung. Ähnlich sehen das die Grünen. Kritik kommt wie zu erwarten von der konservativen bis rechten Seite: ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf betrachtet den Schwangerschaftsabbruch „nicht als öffentliche Aufgabe“, die FPÖ stellte das Recht auf Abtreibung überhaupt infrage. Derzeit gibt es in Tirol, Vorarlberg und dem Burgenland keine Möglichkeit, in öffentlichen Spitälern Abtreibungen durchführen zu lassen, und in Salzburg erst seit 2005: Auf Initiative von Landeshauptfrau Gabi Burgstaller reisen dort an einem Tag in der Woche Ärztinnen des Wiener Gynmed Ambulatoriums an und führen Abbrüche durch. trude
pensionsantrittsalter Sollen Frauen länger arbeiten müssen? Im Zuge der Reform der Frühpension hat sich SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer zu Gesprächen bereit gezeigt, das Pensionsantrittsalter von Frauen dem von Männern anzugleichen. Derzeit gehen Männer mit 65 und Frauen mit 60 Jahren in Pension. Die Angleichung ist für das Jahr 2033 anvisiert. In den meisten anderen EU-Ländern gibt es keinen Unterschied
plus
My beer (-)
My birthcontrol (+)
US-amerikanische Forscher wollen nun mittels Softwareprogramm erkennen können, ob ein Tweet (Kurznachricht auf Twitter) von einer Frau oder von einem Mann verfasst wurde. „Typisch weibliche“ Signalwörter seien etwa „my yoga“ sowie „my yogurth“. Die Begriffe „love“, „emotion“ oder „feeling“ werden natürlich ebenfalls dem weiblichen Geschlecht zugeordnet. Ein „männlicher Schreibstil“ hingegen sei durch Wortkombinationen wie „my beer“ oder „my zipper“ gekennzeichnet. leka
Gute Nachrichten aus den USA. Dort werden ab August nächsten Jahres durch Beschluss des „Department of Health and Human Services“ erstmals die Kosten für Verhütungsmittel von privaten Krankenkassen übernommen. Das betrifft sowohl „die Pille“ als auch „die Pille danach“. Eine sehr fortschrittliche Handlung für ein Land, in dem vielerorts Verhütungsmittel, religiös motiviert, aus den Apotheken verschwunden sind. Übrigens: In Österreich werden Frauen immer noch selbst zur Kasse gebeten. leka
an.frage beim Pensionsantrittsalter. Dadurch sinke das Risiko von Altersarmut von Frauen, so Pensionsexperte Bernd Marin. Ähnlich sieht das die ÖVPFrauensprecherin Dorothea Schittenhelm: Männer würden in den letzten Arbeitsjahren noch eine Gehaltsstufe hinaufsteigen, Frauen jedoch schon in Pension geschickt. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek ist offen für Gespräche, gibt aber zu bedenken, dass es vor der Angleichung des Pensionsantrittsalters zunächst wichtiger sei, die Gehaltsschere zu schließen. trude
deutschland Nicht nur Stiefelnazis Beim Begriff „Neonazi“ denken viele wohl noch immer zuerst an einen männlichen, gewaltbereiten Jugendlichen. Dabei hat sich die Szene inzwischen gewandelt, und auch Frauen spielen eine immer wichtigere Rolle darin. Doch auch viele Präventionsprojekte haben weiterhin ausschließlich klassisch männliche Handlungsfelder im Visier. Damit sich das ändert und damit Geschlecht und Rechtsextremismus in Zukunft stärker zusammengedacht werden, wurde in Deutschland die „Fachstelle Gender und Rechtsextremismus“ eingerichtet. Sie soll eine Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis bilden: Einerseits können sich PraktikerInnen Infos für Präventionsprojekte holen und sich vernetzen. Es werden Projekte vorgestellt, die mit geschlechtersensibler Pädagogik arbeiten. Andererseits soll auch der wissenschaftliche Fachdiskurs hier zusammenlaufen, und es sollen neue Forschungsprojekte entstehen. trude www.amadeu-antonio-stiftung.de/die-stiftung-aktiv/gender-und-rechtsextremismus/
antifeminismus Männerrechtler formieren sich Aufgefallen ist die Schweizer Interessensgemeinschaft Antifeminismus (IGAF) bislang mit den üblichen maskulinistischen Forderungen nach Abschaffung von Alimenten, einer Stärkung von (heteronormativer) Familienpolitik oder dem Ansinnen, Adressen von Frauenhäusern auf ihrer Website zu veröffentlichen (was rechtlich untersagt wurde). Nun will die IGAF bei den Schweizer Nationalratswahlen am 23. Oktober 2011 in allen Kantonen mit eigenen Listen antreten. 4.000 Mitglieder hat sie bereits, gegründet wurde sie im April 2010 von René Kuhn. Kuhn ist ehemaliger Kantonrat der Schweizerischen Volkspartei und ein in der Schweiz medienbekannter Gegner der Frauenbewegung. Aber nicht nur in der Schweiz, in ganz Europa organisieren sich die Männerrechtler: In Deutschland ist im Franchise-System eine eigene Antifeministen-Plattform entstanden, in Österreich haben sich Väterrechtler zur Österreichischen Väterplattform formiert. trude http://isis-welt.blog.de/2011/01/21/schlappe-ig-antifeminismus-10408416/
Squashed! Squash ist der schnelle Sport mit Schläger und Gummiball in vier Wänden. Nach der Sommerpause beginnt jetzt die neue Squash-Saison. Die Schweizerin Gaby Huber-Schmohl betreibt den Sport seit über zwanzig Jahren und ist die aktuelle Nummer 43 der Weltrangliste – und damit die erfolgreichste Squasherin im deutschsprachigen Raum. Birgit Coufal sprach mit ihr über die prekäre Situation als weiblicher Profi. Wie ist das Leben als Squash-Profi? Mein Leben ist schön und spannend. Ich genieße es, als Profi unterwegs zu sein, aber es ist auch anstrengend und hart. Ich suche vor allem die Herausforderung, mich mit anderen Frauen messen zu können und quasi etwas für den Aufwand zu ernten. Mir macht es großen Spaß, zu Turnieren in aller Welt zu reisen, den Druck zu spüren, eine gute Leistung zeigen zu wollen. Man lernt viele verschiedene Leute kennen, das finde ich spannend. Weniger toll ist es, irgendwohin zu reisen, aber absolut nichts vom Land zu sehen, weil einfach keine Zeit dafür bleibt. Kannst du von deinem Job als Profisportlerin leben? Grundsätzlich ist der Job „brotlos“. Man kann nicht davon leben, außer man ist unter den Top 10 der Welt. Doch der Weg dahin ist sehr lang und steinig und benötigt viel Investition. Das, was ich durch die internationalen und nationalen Turniere sowie Ligaspiele in Europa einnehme, finanziert mir sozusagen mein Dasein als Profi. Ich kann damit meine Flüge und Reisekosten bezahlen, auch meine Trainingskosten. Aber einen Gewinn mache ich nicht. Sponsoren zu finden ist sehr schwer. Mein Mann unterstützt mich, indem er die anfallenden laufenden Kosten des alltäglichen Lebens bezahlt. Durch meine Erwerbstätigkeit bevor ich Profi wurde, konnte ich auch Geld auf die Seite legen, das ich nun aufbrauche. Zum Glück steht bei mir Geld nicht im Vordergrund, sonst hätte ich dieses Leben nicht gewählt und würde weiter einem „normalen“ Job nachgehen. Hast du den Eindruck, dass du es als Frau schwerer hast? Um an die Spitze zu kommen, braucht es als Frau genau so viel Investition, hartes Training und Disziplin wie bei den Jungs. Aber leider gibt es im Squash viel weniger Preisgeld zu gewinnen als bei den Herren. Die großen Turniere sind bei den Männern meist mit mindestens doppelt so viel Geld dotiert. Frauen werden auch sonst benachteiligt, zum Beispiel werden die Spiele der Männer im Internet übertragen, die der Frauen nicht. Zudem steht bei Frauen auch manchmal ein Kinderwunsch im Raum, der eine Karriere als Sportlerin leicht unterbrechen oder sogar beenden kann. www.wispa.net
September 2011 an.schläge l 07
feminismus & rassismus
„Wir haben eine Aufklärung hinter uns“ Dass der Attentäter von Norwegen aus rassistischen und antimuslimischen Gründen getötet hat, wurde rasch klar. Sein Hass auf Feministinnen geht damit Hand in Hand. Von Sylvia Köchl
1 Zit. n. Regina Frey: Zur geschlechterpolitischen Verortung des NorwegenAttentäters Breivik, http:// genderbuero.blogspot. com/2011/07/zur-geschlechterpolitischen-verortung. html 2 Brigitte Hamann: Am Ende geht es um Sex, Die Presse, 6.8.2011 3 Michelle Goldberg: Norway Killer’s Hatred of Women, The Daily Beast, 24.7.2011 (deutsche Übersetzung in Emma-Online, 25.7.2011) 4 profil, 27.3.2004 5 Vgl. Hamann 6 Vgl. Frey 7 www.antifeminismus.ch
08 l an.schläge September 2011
„Wenn all die Unterdrückung von den westlichen Männern herrührt, ist es logisch, diese so stark wie möglich zu schwächen. Dann erwartet uns am anderen Ende des Regenbogens ein Paradies von Frieden und Gleichheit. Nun, Gratulation an die westeuropäischen Frauen! Ihr habt eure eigenen Söhne so lange erfolgreich schikaniert und lächerlich gemacht, bis sie die meisten ihrer männlichen Instinkte unterdrückt haben. Zu eurer Überraschung habt ihr damit aber kein feministisches Nirwana betreten, sondern nur den Weg für eine islamische Hölle geebnet.“1 So lautet nur einer der Abschnitte der „Europäischen Unabhängigkeitserklärung“, die Anders Behring Breivik, der rechtsextreme Massenmörder von Oslo und Utøya, vor seinen Taten am 22. Juli im Internet veröffentlicht hat. Bizarres Beharren auf Frauenrechten. Breiviks Feindbild ist nicht nur der Islam, es sind auch die Frauen und der Feminismus. Neben zahlreichen klassischen Vorwürfen an den Feminismus – er unterdrücke die „richtigen“ Frauen, habe zu einer vaterlosen Gesellschaft geführt, ebne sämtliche Unterschiede zwischen den Menschen ein und mache Homosexualität zu etwas Normalem – diagnostiziert Breivik aber als hauptsächliches Problem, dass der „War against Boys“ einerseits und die reproduktiven Rechte der westlichen Frauen andererseits der Ausbreitung des Islam in Europa den Boden bereitet hätten. Die westlichen Männer seien nun nicht mehr „wehrhaft“ genug, um gegen diese „Islamisierung“ adäquat vorzugehen (quasi die militärische Front), und die westlichen Frauen bekämen viel weniger Kinder als die muslimischen (quasi die „Heimatfront“). Mehr noch: Der Islam hat in Breiviks Augen diese Schwachstelle des Westens erkannt und setzt die Fruchtbarkeit seiner Frauen als Waffe ein.2 Als „niederträchtigen rhetorischen Trick“ bezeichnet die US-amerikanische Autorin Michelle Goldberg solche Angriffe auf den Feminismus aus
angeblicher Sorge um die Abschaffung der Frauenrechte durch eine islamische Frauenfeindlichkeit3. Und Goldberg zitiert den Bestseller-Autor Mark Steyn, um klarzumachen, dass Breivik diesen Trick beileibe nicht erfunden hat. Steyn schreibt: „Mit ihrem bizarren Beharren auf dem Recht der Frau zu entscheiden, ob sie Kinder bekommt oder nicht, haben Feministinnen maßgeblich dazu beigetragen, dass europäische Frauen ihr Leben künftig in einer Kultur fristen werden, in der Frauen überhaupt nichts mehr entscheiden können.“ Der Wert des Lebens. Andersherum funktioniert der Trick aber auch – dann werden die im Westen erkämpften Frauenrechte gegen einen angeblich unaufgeklärten Islam ausgespielt, wobei diese Rechte aber nur so weit akzeptiert werden, als sie dazu verwendbar sind, um Migrantinnen zu bevormunden. „Wir schützen freie Frauen!“, ließ die FPÖ im Wiener Wahlkampf 2010 plakatieren. Abgesehen von dem urpatriarchalen Anliegen, Frauen überhaupt als schutzbedürftig zu imaginieren, stellte die Kampagne klar, dass nur Frauen ohne Kopftuch schützenswert sind. Denn: „Die SPÖ den Kopftuchzwang“, lautet die Fortsetzung des Slogans. Als sich FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in einem Interview für ein Kopftuchverbot in öffentlichen Gebäuden aussprach, wurde er gefragt, ob er das aus „nationalen, aus liberalen oder gar aus feministischen Motiven“ fordere. Seine Antwort: „Aus liberalen Motiven und auch aus Motiven der Frauenrechte. Wir haben eine Aufklärung hinter uns, Gleichberechtigung hat bei uns einen hohen Stellenwert. Unsere Sitten und Gebräuche sollten von den Zuwanderern akzeptiert werden.“4 Diese Aufklärung scheint an einem anderen Freiheitlichen spurlos vorbeigegangen zu sein. Der inzwischen zurückgetretene FPÖ-Abgeordnete Werner Königshofer äußerte direkt nach den Attentaten von Norwegen, es müsse nun in ganz Europa verstärkt über den Wert des menschlichen Lebens nachge-
dacht werden – „auch darüber, dass in Europa jedes Jahr Millionen ungeborener Kinder schon im Mutterleib getötet werden“. Breivik schlägt zur Steigerung der „nordischen“ Geburtenzahlen übrigens einige Lösungen vor, z.B. Ehen als Verträge zur Aufzucht von Kindern samt Scheidungsverbot bis die Kinder 18 Jahre alt sind. Sollte das alles nichts bringen, stellt er sich vor, dass das Gebären der „nordischen“ Kinder an Leihmütter in Billiglohnländern ausgelagert wird.5 Die Motive des Täters wurden von vielen Seiten als eine Mischung aus rechtsextremem, aber eben auch „nur“ konservativem Gedankengut analysiert. „Wer in Zukunft dieses Gedankengut bedient“, schreibt Regina Frey im
Genderbüro-Blog, „wird damit rechnen müssen, auf die entsprechenden gedanklichen Analogien zu dem Attentäter hingewiesen zu werden.“6 Eine schöne Hoffnung – aber nur ein kurzer Seitenblick nach Deutschland und in die Schweiz, wo Väterrechtler jüngst jeweils eine „IG Antifeminismus“ gegründet haben, lässt befürchten, dass vielleicht die rassistischen und islamophoben Grundgedanken der Tat für einige Zeit verpönt sein werden, wohl kaum aber die antifeministischen. In der Schweiz wird diese IG im Oktober zu den Wahlen antreten (vgl. S. 7). Ihr Programm: „Unser Ziel ist die vollständige Beseitigung der feministischen Ideologie aus Politik und Öffentlichkeit.“7 l
feminismus & rassismus
Zum Monster gemacht Eine neue Studie beweist: Burka-Verbote machen verschleierten Frauen das Leben nicht leichter. Ganz im Gegenteil. Von Lea Susemichel
„Unveiling the Truth“ nennt sich eine jüngst veröffentlichte Studie über 32 Burka- und Niqab-Trägerinnen in Frankreich. Sie zeigt, wovor KritikerInnen des Burka-Verbots eindringlich gewarnt hatten: Seit das Gesetz in Frankreich in Kraft ist, sind vollverschleierte Frauen noch häufiger Opfer von Diskriminierung und Stigmatisierung. Sie nehmen außerdem erzwungenermaßen weniger am öffentlichen Leben teil. Was als Instrument zur Befreiung muslimischer Frauen verkauft wurde, hat diese weiter isoliert. Nahezu sämtliche Teilnehmerinnen der von der „Open Society Foundations“ durchgeführten Studie berichten von entwürdigenden Erlebnissen, wie etwa ungefragtem Fotografiert-Werden, sowie von sexistischen Beleidigungen und rassistischen Beschimpfungen, wenn sie das Haus verlassen. Einige waren darüber hinaus auch körperlichen Angriffen ausgesetzt: Sie wurden angespuckt oder man versuchte, ihnen den Schleier vom Gesicht zu reißen. Naima Bouteldja, die Autorin der Studie, interpretiert die Zunahme solcher Übergriffe als direktes Ergebnis der überwiegend rassistisch geführten politischen und medialen Debatten um das VollschleierVerbot. „Während behauptet wird, dass das Verbot dem Schutz der Frauen diene, wurde damit das genaue Gegenteil erreicht“, so Bouteldja. Sie zitiert die 24-jährige Studienteilnehmerin
Jameelah: „Ich hatte das Gefühl, das ich nicht länger menschlich war, dass ich ein Monster war.“ Immer wieder sind die Täter auch selbst MuslimInnen, die auf den wachsenden Antiislamismus mit Angriffen auf die Verschleierten reagieren. Sie würden „die Religion besudeln“, „Schande bringen“ und das Leben für alle Muslime in Frankreich härter machen, lauten dabei gängige Vorwürfe.
als Reaktion auf die diskriminierende Debatte für den Schleier. Für die allermeisten ist es nach eigenen Angaben überaus wichtig, am sozialen Leben teilnehmen zu können, nahezu ein Drittel ist berufstätig. Doch auch jene, die derzeit keiner Erwerbsarbeit nachgehen, geben mehrheitlich an, gerne einen Beruf ausüben zu wollen, sofern ihre religiöse Praxis dadurch nicht eingeschränkt würde.
Rapperin und Nationalspielerin. Die Ergebnisse der Erhebungen räumen auch mit dem zentralen Vorurteil auf, dass die Musliminnen den Gesichtsschleier in aller Regel gegen ihren Willen tragen würden. Die teilnehmenden Frauen, nahezu alle in Frankreich geboren,
„Das ist keine Befreiung.“ Ende Juli trat auch in Belgien ein Burka-Verbot in Kraft. Nach Frankreich ist dies das zweite europäische Land, in dem das Tragen des Vollschleiers verboten ist, weitere Länder diskutieren entsprechende Gesetzesänderungen.
Was als Instrument zur Befreiung muslimischer Frauen verkauft wurde, hat diese weiter isoliert. gaben stattdessen fast ausnahmslos an, weder in der Moschee noch von Familie oder Ehemann zum Schleiertragen genötigt oder auch nur ermutigt worden zu sein. Im Gegenteil: Viele mussten ihren Entschluss gegen ihre Angehörigen durchsetzen. (Eine Studienteilnehmerin schildert die Reaktion ihrer Eltern: „Bist du verrückt? Du bist dabei, zur Terroristin zu werden!“) Dem verbreiteten Klischee von der unterdrückten Muslima entsprechen die vollverschleierten Frauen, zu denen etwa auch eine ehemalige Nationalsportlerin und eine Ex-Rapperin gehören, auch sonst nicht. Wie bereits frühere Erhebungen gezeigt hatten, konvertiert ein nicht unerheblicher Prozentsatz der Burka- und NiqabTrägerinnen in Europa erst im Erwachsenenalter zum islamischen Glauben. Bei der aktuellen Studie stellten die Konvertitinnen ein Viertel aller Teilnehmerinnen. Knapp ein Drittel aller Befragten entschied sich überhaupt erst
Zwei muslimische Frauen wollen in Belgien nun vor das Verfassungsgericht ziehen, um wegen Diskriminierung zu klagen. Laut dem Menschenrechtskommissar des Europarats, Thomas Hammarberg, könnte das durchaus Aussicht auf Erfolg haben. Hammarberg sprach sich in einer Stellungnahme gegen ein Verbot aus und gab zu bedenken, dass Verschleierungsverbote gegen europäische Menschenrechtsstandards verstoßen könnten. Emanzipatorisch wirken sie seiner Ansicht nach nicht. Wenn Frauen, die eine Burka oder einen Niqab tragen, keine öffentlichen Einrichtungen, etwa Krankenhäuser oder Behörden betreten dürfen, dann könne das nur dazu führen, „dass diese Frauen solche Plätze gänzlich meiden. Das ist keine Befreiung“, so sein Urteil. Anstatt diesen bedauerlichen Diskurs weiter zu forcieren, sollten politische EntscheidungsträgerInnen und Regierungen mehr Maßnahmen gegen Hassverbrechen und die Diskriminierung von Minderheiten ergreifen. l
Blog zur Studie: http://blog.soros.org/2011/ 04/behind-the-burqa-ban Überblick über die BurkaDebatten in ganz Europa: „Die Burka-Blase“ (an.schläge 6/2010)
September 2011 an.schläge l 09
feminismus & rassismus
Emanzipation statt Integration!
Illustration: Petja Dimitrova
10 l an.schl채ge September 2011
neuland
Seit 1. Juli gilt in Österreich das neue „Fremdenrecht“. Um die vielen Verschärfungen für Migrant_innen durchzusetzen, wurde auch mit den Rechten von Frauen argumentiert. Diese Allianz von Rassismus und (Pseudo-)Feminismus ist kein neues Phänomen, aber ein besorgniserregendes. Von Petra Neuhold und Iris Mendel
Im Rahmen migrationspolitischer Diskurse hat das Thema Frauenemanzipation in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. In Medienkommentaren und Statements von Politiker_innen wird Österreich als europäisches Musterland der Frauenrechte inszeniert, das vor dem Import „patriarchaler Kulturen“ – in das offenbar „patriarchatsfreie“ Österreich – geschützt werden müsse. Michael Fleischhacker („Die Presse“) und Hans Rauscher („Der Standard“) bilden die journalistischen Speerspitzen im Kampf gegen Machismus und Sexismus und zwar dann, wenn es um (türkische) Migranten geht. Denn das sind „Männer, die ihre Frauen einsperren, ihren
rung?“ ist dabei nicht zufällig gewählt, sondern steht symbolisch für eine Argumentationsfigur, die seit der Jahrtausendwende in Europa Konjunktur hat. Die europäische Aufklärung wird darin als das Fundament europäischer Kultur imaginiert. In dieser Vorstellung verkörpert Europa das Zentrum des Fortschritts, die Wiege der Demokratie und der sozialen Gerechtigkeit – Werte, die gegenüber Bedrohungen wie dem „rückschrittlichen“ Islam verteidigt werden müssten. Liz Fekete, Leiterin der Europaabteilung des Institute of Race Relations (IRR) in London, bezeichnet diese Form des Rassismus als „aufgeklärten Kulturfundamentalismus“, der ignoriert, dass die Geschich-
Frauen vor Gewalt schützen soll derselbe Staat, der sie illegalisiert, ihnen keine Arbeitserlaubnis erteilt und sie mitsamt ihren Kindern in Schubhaft steckt. Söhnen den Machismus beibringen und ihre Töchter zwangsverheiraten“, so Fleischhacker.1 Auch für Rauscher ein Grund, den Maulkorb der Political Correctness abzuwerfen und „unausweichlich Assimilation“ einzufordern, um die „paar hunderttausend Menschen aus einem autoritären, patriarchalischen und, jawohl, rückständigen Lebenskreis […] aus ihrer selbst verschuldeten Unmündigkeit zu befreien“. Die immergleichen Bilder des (türkischen) „Machos mit den vielen Kindern und Frauen“, die dabei beschworen werden, sagen allerdings mehr über die männlichen Phantasmen dieser Journalisten und Politiker aus als über die vermeintlich homogene patriarchale Kultur von Migrant_innen. Das vom „Standard“-Kolumnisten Rauscher vorgebrachte Zitat aus Kants berühmtem Aufsatz „Was ist Aufklä-
te der Moderne und der Aufklärung auch eine des Kolonialismus war. Die aufklärerische Rhetorik macht einen antimuslimischen Rassismus salonfähig, den bislang hauptsächlich das Lager der extremen Rechten offen propagiert hat. (Pseudo-)feministische Argumentationen spielen dabei historisch wie aktuell eine zentrale Rolle. Was tun, wenn die Innenministerin den Feminismus entdeckt? Die Instrumentalisierung von Frauenrechten zur Durchsetzung einer restriktiven, selektiven und am ökonomischen Nutzen orientierten Migrationspolitik erfuhr in den letzten Monaten in den Debatten um die Novellierung des sogenannten „Fremdenrechts“ eine Zuspitzung. Am 1. März dieses Jahres mobilisierten migrantische Selbstorganisationen und Aktivist_innen für den ersten transnationalen Migrant_innenstreik
entdeckungen im alltag
Beate Hammond
Legenden Eine Erfolgsgeschichte ist nur dann richtig schön, wenn man möglichst weit unten begonnen hat. Über Bestsellerautorin J.K. Rowling wird gerne erzählt, dass sie in einem schottischen Café ihren ersten Harry-Potter-Roman verfasste, um ihrer ungeheizten Wohnung zu entfliehen, die sie alleine mit ihrer Tochter im Babyalter bewohnte. Bücher schreiben sich nicht von selbst und auch nicht im Kaffeehaus. Ja, Rowling hatte ein Baby und war geschieden, ihre Wohnung hatte jedoch sehr wohl eine Heizung. Aber die Geschichte klingt gut. So wie die von der Halbwaise Madonna, die mit einem sehr geringen Geldbetrag (je nach Quelle schwankt dieser zwischen 23 und 45 Dollar, gerade mal genug für eine längere Taxifahrt) Anfang der 1980er Jahre in New York ankam und von dort aus ihren Siegeszug um die Welt antrat. In Wirklichkeit wuchs Madonna mit einer Stiefmutter in gutbürgerlichen Verhältnissen auf, und ihr eigener Bruder hat die Geschichte über die Anfänge seiner Schwester in New York ins Reich der Legende verwiesen. Ähnlich arbeitete der amerikanische Fotograf Peter Beard, der schon als junger Mann nach Kenia auswanderte und sich durch Bilder von afrikanischen Landschaften und Tieren einen Namen machte. Auf einer Party beginnt er ein Gespräch mit einer schönen Frau, es stellt sich heraus, dass sie in Nairobi Politikwissenschaften studiert und die Tochter eines somalischen Diplomaten ist. Beard macht Fotos von ihr und strickt gleichzeitig an einer Legende. Die Abgebildete sei Tochter von Nomaden, hätte noch nie eine Kamera gesehen und so weiter und so weiter. Die fashionistas in Beards Heimatstadt New York sind von dem Model begeistert. Die Chefredakteurin der US-Vogue, Diana Vreeland, schwärmt vom langen Hals des Models – und der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte. Das Model heißt Iman Abdulmajid und ist nach einer erfolgreichen Karriere als „Supermodel“ nun Chefin einer eigenen Kosmetiklinie und seit 1992 mit David Bowie verheiratet. Ihre Lebensgeschichte hat sie inzwischen geändert. Beate Hammond macht ihre Entdeckungen in Wien.
September 2011 an.schläge l 11
feminismus & rassismus in Österreich (siehe an.schläge 04/11). In dezentralen Aktionen, einer Demonstration und Kundgebung am Viktor-Adler Markt in Wien forderten sie Bewegungsfreiheit, das Recht zu wählen und zu bleiben, gute Arbeitsverhältnisse und ein selbstbestimmtes, lustvolles Leben. Diese Form politischer Emanzipation schwebte der ehemaligen ÖVP-Innenministerin Maria Fekter wohl nicht vor, als sie am Nachmittag desselben Tages anlässlich des bevorstehenden Frauentages das Haus für Bildung und berufliche Integration (Habibi) besuchte und ihren Vortrag mit dem Slogan „Integration ist Emanzipation“ auf den Punkt brachte. Der Erwerb der deutschen Sprache, berufliche Qualifikation und die Übernahme kultureller Werte sind die individualisierten Wege zur Emanzipation, wie
im Deutschkurs die einzige Zeit sei, in denen türkischen Frauen von ihren Männern nichts vorgeschrieben werden könne. Im Namen der Aufklärung. Tatsächlich bedeutet dieses Gesetz jedoch keine Besserstellung von Migrantinnen. Vielmehr reiht es sich in eine Geschichte des staatlichen, institutionellen Rassismus ein, der die häufig durch Hausarbeit, Kinderbetreuung und Beruf mehrfach belasteten Frauen psychisch und finanziell stark unter Druck setzt und eine Situation permanenter, existenzieller Unsicherheit und Angst vor dem Verlust des Aufenthaltstitels produziert. Das Damoklesschwert der Ausweisung oder Abschiebung droht nun sogar bei Verwaltungsübertretungen
Das als emanzipatorischer Akt verkaufte neue „Fremdenrecht“ bringt hier keine Verbesserungen. Dass es als „feministisch“ verkauft wird, ist daher nicht nur zynisch, sondern frauenverachtend.
1 Michael Fleischhacker: http://diepresse.com/home/ meinung/kommentare/ fleischhacker/609990/ Sozialismus-gern-nur_Haende-weg-von-ernsthaftenThemen 2 http://derstandard.at/ 1297819762908/Zum-Rollenbild-von-Emanzipationsverlierern-Die-ungestellteMaennerfrage
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sie Fekter für Migrant_innen vorsieht. Das spiegelt sich auch in den Verschärfungen im „Fremdenrecht“ wider, die mit 1. Juli 2011 in Kraft getreten sind. Sie sehen vor, dass Migrant_innen gesetzlich noch nachdrücklicher zum Erwerb der deutschen Sprache gezwungen werden. Der Zeitraum für das Erlernen der Sprache wurde von fünf auf zwei Jahre verkürzt und das Sprachniveau zur Erlangungen eines unbefristeten Aufenthalts erhöht. Die ohnehin geringe finanzielle Teilrefundierung gilt lediglich für das erste Modul und ist an die erfolgreiche Absolvierung innerhalb eines Jahres gebunden. Wird die Sprache nicht innerhalb der vorgesehenen zwei Jahre erlernt, dann droht die Ausweisung (siehe an.schläge 04/11). Johanna Mikl-Leitner, die mit dem Innenministerium auch das Staffelholz feministischer Rhetorik von ihrer Vorgängerin übernommen hat, bezeichnet das neue „Fremdenrecht“ als „frauenpolitisch ganz große Chance“, da Frauen dadurch endlich der Zugang zu Bildung ermöglicht werde. Auch der SPÖ-Politiker Josef Cap rechtfertigt die Verschärfungen damit, dass die Zeit
wie etwa dem Übertreten der Straßenverkehrsordnung, dem Verstoß gegen das Meldegesetz und bei Strafen im Zusammenhang mit Prostitution. Die Parallelaktion vom 1. März ist bezeichnend für die Widersprüche aktueller Migrations- und Integrationspolitik im Namen der Aufklärung. Denn migrantische Feministinnen, die für ihre Rechte auf die Straße gehen (und von einem demokratischen Grundrecht Gebrauch machen), passen nicht in den Diskurs über die Migrantin als Opfer ihres patriarchalen Ehemannes bzw. jener „traditionsbedingten Gewalt“, die zu einem Lieblingsthema europäischer Frauenpolitik geworden ist. Als migrantische feministische Vereine bereits in den 1980er Jahren neben der Kritik an rassistischer Politik und der Forderung nach Mitbestimmung auch Gewalt gegen Frauen thematisierten, fanden sie wenig Gehör. Mittlerweile wurden jedoch Teile ihrer Forderungen vereinnahmt. Nachdem die Frauenministerin der schwarz-blauen Bundesregierung Maria Rauch-Kallat dem Thema „traditionsbedingte Gewalt“ anlässlich des Internationalen Frauentags am 8.
März 2004 zum Durchbruch verhalf, setzte auch Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek den Schwerpunkt der „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ im letzten Herbst auf das Thema Zwangsheirat. Das, was als „traditionsbedingte Gewalt der Anderen“ verhandelt wird, steht jedoch immer schon im Kontext multipler Herrschaftsverhältnisse. Dabei darf gerade die Bedeutung von staatlichem Rassismus nicht übersehen werden. Bereits 2006 forderte der feministische Verein von und für Migrantinnen maiz anlässlich des damaligen Fremdenrechtspakets einen „Stopp von gesetzesbedingter Gewalt an Migrantinnen“. Dabei wies maiz u.a. auf das durch das „Fremdenrecht“ institutionalisierte Abhängigkeitsverhältnis zwischen Migrantinnen und ihren (österreichischen) Männern hin, das Frauen oft zwingt, in gewaltvollen Beziehungen zu verbleiben, da ihr Aufenthaltstitel an aufrechte Ehe, Einkommen und Wohnsitz geknüpft ist, die im Falle einer Trennung meist nicht gegeben sind. Das als emanzipatorischer Akt verkaufte neue „Fremdenrecht“ bringt hier keine Verbesserungen. Dass es als „feministisch“ verkauft wird, ist daher nicht nur zynisch, sondern frauenverachtend. White wo/men saving brown women from brown men. In der Konstruktion der Migrantin als Opfer, das geschützt werden muss, und der Rhetorik der Frauenbefreiung im Namen der Zivilisation zeigen sich Kontinuitäten zum kolonialen Projekt. Die postkoloniale Theoretikerin Gayatri Chakravorty Spivak hat dies treffend beschrieben als „white men saving brown women from brown men“ – ein Topos, der die Handlungsfähigkeit von Migrantinnen unsichtbar macht und nach wie vor aktuell ist. Tatsächlich war die Rhetorik des Feminismus wichtiges Mittel, um das koloniale Projekt voranzutreiben und dabei gleichzeitig – scheinbar paradoxerweise – maskulinistische Strukturen intakt zu halten. Ein Beispiel aus der Kolonialgeschichte ist Lord Cromer, britischer Generalkonsul in Ägypten um die Jahrhundertwende. Cromer kritisierte einerseits die Unterdrückung von Frauen in Ägypten, während er gleichzeitig ein Gründungsmitglied und zeitweise Präsident der „Men’s League for Opposing Women’s Suffrage“ in England war.
feminismus & rassismus Dass (Pseudo-)Feminismus von „weißen“ Männern, die sonst wenig mit Feminismus im Sinn haben, entdeckt wird, zeigt sich auch bei der Liga aktueller Frauenbefreier wie Fleischhacker und Rauscher. So brillierte Fleischhacker angesichts der Präsentation des Frauenberichts 2010 mit der alles andere als feministischen Analyse, dass die festgestellten Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen wohl Gründe hätten, „die mit Diskriminierung nichts zu tun haben“, weil Frauen, zumindest solange sie Kinder bekommen, eben keine Männer seien. Und auch bei „Standard“-Kolumnist Rauscher blieb die feministische Entrüstung aus, als „Der Standard“ just am internationalen Frauentag 2011 an prominenter Stelle einen Kommentar des für seinen Antifeminismus bekannten Walter Hollstein veröffentlichte.2 Neben solchen pseudofeministischen Argumentationen gibt es allerdings ein kolonialistisches und rassistisches Erbe im Feminismus. Gegenwärtig sind es v.a. liberale Feministinnen, am prominentesten wohl Alice Schwarzer, die zum Schutz „anderer“ Frauen aufrufen. Daher ist der von Spivak identifizierte Topos zu erweitern auf „white women saving brown women from brown men“. Kein Rassismus im Namen von Feminismus! Am Migrant_innenstreiktag stand bei der ÖVP noch ein weiterer Termin auf dem Programm: die aktuelle Stunde im Nationalrat zur Reform der gemeinsamen Obsorge. Deutlich wird dabei, dass sich staatliche Frauen- und Familienpolitik sehr unterschiedlich auf verschiedene Frauen und Familien bezieht. So setzt sich die ÖVP für eine Neureglung der Obsorge ein, die einer reaktionären Väterrechtsbewegung in die Hände spielt und eine Rücknahme frauenpolitischer Errungenschaften darstellen würde. Argumentiert wird hier v.a. mit dem vermeintlichen „Kindswohl“. Dieses „Kindswohl“ taucht jedoch nicht auf, wenn es um binationale Paare geht, von denen ein_e Partner_in abgeschoben wird mit der Konsequenz, dass Kind und Elternteil einander oft Jahre nicht sehen. Dass in einem solchen Fall Schmerzensgeld zugesprochen wird, wie unlängst erfolgreich von einem Vater für vorenthaltenes Besuchsrecht eingeklagt, ist schwer vorstellbar.
Auch in der aktuellen Novelle des „Fremdenrechts“ zeigt sich, dass Familieneinheit und -zusammenhalt sehr unterschiedlich instrumentalisiert werden. Das neue „Fremdenrecht“ sieht nicht nur vor, dass Familienmitglieder,
daher antifeministischen Tendenzen, die Feminismus als überflüssig oder schädlich sehen, in die Hände. Und sie lenkt ab von tatsächlichen politischen und ökonomischen Verschlechterungen für Frauen, wie sie sich neben der Diskus-
Neben solchen pseudofeministischen Argumentationen gibt es allerdings ein kolonialistisches und rassistisches Erbe im Feminismus. die bereits in Österreich leben, aber die erforderlichen Deutschprüfungen nicht zeitgerecht absolvieren, ausgewiesen oder abgeschoben werden können, sondern verhindert zudem Familienzusammenführung, wenn vor der Einreise das dafür notwendige Deutschzertifikat nicht erbracht wird. In seinem Gutachten der Novelle kommt der als Experte bestellte Universitätsprofessor HansJürgen Krumm daher zu dem Schluss, dass die „Einführung des Sprachnachweises auch für Familienangehörige (Familienzusammenführung) bereits vor der Einreise […] den Menschenrechten, die das Recht auf Zusammenleben einer Familie garantieren“ widerspreche. Die Widersprüche der (pseudo-)feministischen Argumentationen sind nicht zufällig, sondern Bestandteil rassistischer und, wie wir meinen, antifeministischer Politiken. Zum einen wird im Namen der Frauenbefreiung und des Schutzes vor Gewalt eine rassistische Politik legitimiert und – gekleidet in die Sprache der Aufklärung – als „Frauenpolitik“ verkauft. Frauen vor Gewalt schützen soll derselbe Staat, der sie illegalisiert, ihnen keine Arbeitserlaubnis erteilt und sie mitsamt ihren Kindern in Schubhaft steckt. Und es ist derselbe Staat, der zugleich ein traditionelles (bürgerliches) Familienmodell fördert, während er andere aktiv an familiärem Zusammenleben hindert. Zum anderen hat der Selbstentwurf als aufgeklärte und gleichberechtigte Gesellschaft den Effekt, feministische Politik als obsolet erscheinen zu lassen. Nach dem Motto: ‚Bei uns ist Gleichberechtigung längst Realität, sexistisch, das sind die Anderen.‘ Die frauenpolitische Aufmerksamkeit auf „den Sexismus der Anderen“ spielt
sion um eine Neuregelung der Obsorge etwa im aktuellen Budget finden (siehe an.schläge 02/2011). Angesichts der allgemeinen Aufmerksamkeit für Gewalt gegen Frauen sticht auch die chronische Unterfinanzierung von Frauenhäusern ins Auge. Und die gepriesenen Bildungschancen für Migrant_innen hören sich im Zusammenhang mit den eklatanten Mittelkürzungen des feministischen Bildungsvereins für Migrantinnen maiz besonders zynisch an. Feministischer Widerstand gegen die rassistische Instrumentalisierung von Feminismus ist notwendig. Es gibt bereits Projekte, an deren Ideen angeknüpft werden kann. So stellte etwa das transnationale europäische feministische Netzwerk Nextgenderation in einem Statement klar:„Not in our names“. Über solche Stellungnahmen hinaus geht es darum, einer Politik des Schutzes Politiken der Solidarisierung in den Kämpfen gegen sexistische und rassistische Gesellschaftsverhältnisse entgegenzusetzen. l
Iris Mendel und Petra Neuhold sind Soziologinnen und leben in Wien.
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an.riss international kanada Stormy Identities „Wann wird es aufhören, dass Menschen nicht selbst entscheiden können, wer sie sind?“ So argumentiert ein kanadisches Paar, das das biologische Geschlecht seines dritten Kindes namens Storm nicht bekannt geben will (vgl. dazu auch S. 19). Die Eltern gehen davon aus, dass die Festlegung auf ein Geschlecht das ganze Leben in hohem Maß beeinflusst, und sie wollen Storm das ersparen – zumindest so lange, wie die beiden Brüder des Kindes sich damit wohlfühlen. Obwohl deren Geschlecht benannt wird, werden auch sie dabei unterstützt, sich z.B. zu kleiden und das Haar zu tragen, wie es ihnen gefällt. Und selbst damit ecken die Eltern oft genug an: So weigerte sich eine Verkäuferin einmal, einem der Buben eine rosa Federboa zu verkaufen. Storm soll, so der Plan, schlussendlich selbst entscheiden, was er_sie sein will. sylk
„Caravana Feminista“ 2009, Foto: Fórum de Mulheres de Pernambuco/Brasilien
lateinamerika & karibik Kampf um Reproduktive Rechte Seit 1990 rufen Frauenrechtsorganisationen und Feministinnen in ganz Lateinamerika und der Karibik alljährlich am 28. September zum Aktionstag für die Dekriminalisierung von Abtreibung auf. Das Datum des Aktionstags, der auch als „Kampagne des 28. September“ bekannt ist, ist nicht zufällig gewählt. Am gleichen Tag wurde 1871 in Brasilien das „Gesetz des freien Unterleibes“ („Lei do Ventre Livre“) erlassen, das die Kinder von versklavten Frauen für frei erklärte. Damit wurden auch Frauen vor gezielten Vergewaltigungen geschützt, die vormals ein Mittel zur Reproduktion neuer SklavInnen-Generationen waren. Heute kämpfen Frauen in Lateinamerika und der Karibik zwar nicht mehr gegen die Sklaverei, der Kampf für ihre reproduktive Selbstbestimmung ist jedoch noch lange nicht beendet. Insbesondere der Zugang zu sicheren Abtreibungen stellt heute eine große Hürde auf dem Weg zu ihrer reproduktiven Freiheit dar. Zwar sind in einigen Ländern Schwangerschaftsabbrüche unter besonderen Umständen erlaubt, dennoch sterben laut einer Studie der WHO in Lateinamerika jedes Jahr über 6.000 Frauen an den Folgen illegaler Abtreibungen. Einzig in Kuba sind Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche uneingeschränkt legal. Besonders schlimm ist die Situation für Frauen in Nicaragua. Dort wurde 2006 ein Abtreibungsverbot beschlossen, das auch in Fällen von Vergewaltigungen und Inzest keine Ausnahme macht und sogar dann noch gilt, wenn die Gesundheit oder das Leben der Mutter gefährdet ist. Diese Situation widerspricht gleich in mehrfacher Hinsicht den Menschenrechten, weshalb sich diverse Organisationen – darunter auch Amnesty International und Human Rights Watch – mit der Kampagne des 28. September solidarisieren und deren Forderung nach reproduktiver Selbstbestimmung unterstützen. Auch in Lateinamerika und der Karibik führt die Kriminalisierung von Abtreibungen dazu, dass diese unter besonders prekären Umständen durchgeführt werden und dadurch die Gesundheit und das Leben unzähliger Frauen gefährdet sind. isaga www.concentric.org/spanish/latinlegalize.html, http://forumdemulherespe.blogspot.com/
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usa „Hate Crimes“ Die National Coalition of Anti-Violence Programms zeigt mit ihrem aktuellen Hate Violence Report, dass die Gewalt gegen LGBTQ und HIV-Infizierte in den USA im vergangenen Jahr um 13 Prozent gestiegen ist, insgesamt belief sich die Zahl der Opfer auf 2.503 Personen. „Hate Crimes“ bezeichnen Gewalttaten, die gegenüber einer Person aufgrund einer ihr zugeschriebenen oder von ihr gelebten Identität verübt werden. Besonders stark vom Anstieg der Gewalt betroffen sind Nicht-Weiße und Transgender Personen. Laut der Statistik ist die Wahrscheinlichkeit, dass Transgender und Nicht-Weiße Gewalterfahrungen machen im Vergleich zu anderen Gruppen gleich zweimal so hoch. Auffällig ist auch, dass nur 50 Prozent der Überlebenden den Vorfall der Polizei meldeten. Verwunderlich ist es jedoch nicht – ein Blick auf die erhobenen Daten zeigt, dass ein Viertel aller Fälle von der Polizei nicht als Hate Crime anerkannt wird. Transphobie und Rassismus spiegeln sich auch in den Angaben zur Verweigerung medizinischer Versorgung und Nothilfe wider: Auch hier werden Transgender und nicht-weiße Personen am häufigsten diskriminiert. Auch über die Täter_innen macht der Report klare Angaben: Fast alle Taten wurden von nicht-trans Personen begangen – 76,1 Prozent von Männern, 23,8 Prozent von Frauen. Die meisten von ihnen waren zwischen 19 und 39 Jahren alt und „weiß“. Die Mitglieder der Koalition gegen Gewalt sind der Meinung, dass der Anstieg von Hate Crimes u.a. eine Folge der öffentlichen Diskussion über Bürger_innenrechte der LGBTQ-Community sei. Im Report rufen sie dazu auf, diskriminierende Politiken und Gesetze abzuschaffen und verstärkt Präventionsmaßnahmen gegen homo-, bi- und transphobe Gewalt zu setzen, die schon in der Schule beginnen sollten. isaga www.avp.org
tunesien Die Jasmin-Revolution auf dem Prüfstand „Total normal“, nennt Lilia Laabidi, die Frauenministerin der tunesischen Übergangsregierung, die auch für westliche demokratische Verhältnisse radikal anmutende Quote von 50 Prozent für die Wahllisten, die die Parteien vor der ersten freien Wahl im Oktober erstellen müssen. Und damit nicht die Männer auf guten oberen Listenplätzen stehen und die Frauen unten, müssen die Listen zudem im Reißverschlussprinzip, also abwechselnd mit einer Frau und einem Mann, abgefasst sein. Parteien, die sich nicht daran
an.riss international halten, können auch nicht zur Wahl antreten – das wird wohl v.a. für die islamistische Partei Ennahda zum Problem werden. Deren Aktivitäten in den letzten Monaten seit dem Sturz der Diktatur Ben Ali im Jänner geben dennoch durchaus Anlass zur Sorge. Anhänger der Ennahda gingen bereits gewaltsam gegen jene zivilgesellschaftlichen Organisationen vor, die sich für eine klare Trennung von Staat und Religion auch in Zukunft aussprechen, und dort sind besonders viele Frauen und Feministinnen aktiv. Auch die tunesischen Medien haben die Feministinnen nicht auf ihrer Seite. Dort sei nicht nur der Einfluss durch Anhänger von Ben Ali stark spürbar, so Najiba Hamrouni von der JournalistInnengewerkschaft gegenüber der Nachrichtenagentur IPS. Es sei auch auffällig, wie wenig über politisch engagierte Frauen berichtet werde. Es hat sich aber bereits eine Frauengruppe gebildet, die die Medien bis zur Wahl genau beobachten wird. sylk allafrica.com/women
nepal Kein Verlass auf die linken Männer In der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu demonstrieren seit Monaten Frauenrechtlerinnen von über 40 Frauenorganisationen aus allen Teilen des Landes. Seit dem Friedensabkommen von 2006 mit der maoistischen Guerillabewegung, die zehn Jahre lang für die Abschaffung der Monarchie gekämpft hatte – die 2008 auch erfolgte –, existiert in Nepal eine
Interimsverfassung, die eine 33-Prozent-Quote für das Parlament festlegt. Diese werde aber weder eingehalten noch seien weitere wichtige Rechte von Frauen festgeschrieben, so Jayapuri Gharti Magar, eine Abgeordnete der Maoistischen Partei, gegenüber der Nachrichtenagentur IPS. Auch die Parlamentarierinnen aller anderen Parteien unterstützen die Forderungen der Bewegung. Darunter ist z.B. eine 50-Prozent-Quote für alle staatlichen Gremien, v.a. aber werden Maßnahmen gefordert, die die Rechte der Frauen insgesamt stärken, wie etwa das Recht, Land zu besitzen. Alleinstehende und besitzlose Frauen sollen ein Recht auf Wohnraum erhalten, da sie derzeit in hoher Zahl zu Opfern von Vergewaltigungen und Morden werden. Frauen werden oft deshalb besitzlos, weil sie im Falle einer Scheidung oder Verwitwung kein Recht auf einen Anteil des Familienbesitzes haben. Gleichzeitig sind Frauen in höherem Ausmaß Analphabetinnen als Männer und finden kaum halbwegs gut bezahlte Arbeit, um sich allein zu erhalten. Häusliche Gewalt, so eine weitere Forderung, soll als Form von Folter anerkannt und betroffene Frauen vom Staat entschädigt werden. Die Frauenrechtlerinnen wollen nun in Kathmandu bleiben, bis der Entwurf für eine neue Verfassung, deren Veröffentlichung schon mehrfach, zuletzt auf Ende August, verschoben wurde, vorliegt und bis darin auch ihre Forderungen berücksichtig sind. Dabei nehmen die Frauen bei jeder Demonstration Schläge und Verhaftungen durch die Polizei in Kauf. Jayapuri Gharti Magar betont: „Wir leben in einer Männergesellschaft. Selbst auf die Maoistische Partei, die sich zur Gleichstellung der Geschlechter verpflichtet hat, ist kein Verlass.“ Und das obwohl der Guerillakrieg ohne Frauen nicht hätte gewonnen werden können. sylk
medienmix Information Kurz vor Semesterbeginn, spätestens ab 12. September, gibt es wieder die *Frauenforscherin, ein kommentiertes Vorlesungsverzeichnis der (Lehr-)Veranstaltungen zu feministischen Theorien, Gender und Queer Studies an allen Wiener Universitäten. Mit vielen spannenden Informationen zu queer-feministischen Projekten und Initiativen lädt das Heft dazu ein, in andere Studienrichtungen hineinzuschnuppern – sofern der eigene Studiengang dies noch zulässt. Abrufbar unter www.oeh.univie.ac.at/arbeitsbereiche/ frauen. isaga
Edition Auf der Plattform Paper.li werden Hinweise auf Zeitungen, Blogs und diverse andere interessante Dinge zu einer eigenen Onlinezeitung – Rezipient_innen werden zu Redakteur_innen. Rund 100 Leute beteiligen sich an der täglichen Ausgabe von The queer-o-mat.de Daily. In deutscher und englischer Sprache findet sich auf http://paper.li/QueerOmat ein wildes Sammelsurium von Links und Artikeln zu Antirassismus, Menschenrechten, Feminismus, Netzpolitik und queerem Aktivismus. Wien wird als eigene Rubrik geführt. fis
Operation Die britische Regisseurin Heather Leach hat ihre Dokumentation The Perfect Vagina zum freien Ansehen bereitgestellt. Die sehenswerte einstündige Channel 4-Dokumentation von 2008 beleuchtet den am schnellsten wachsenden Sektor in der plastischen Chirurgie, die Operation von Schamlippen und Vagina. Reporterin Lisa Rogers macht sich (leider voller emotionaler Selbstinszenierung) auf die Suche nach den Gründen der Frauen und trifft Ärzte, Künstler und Thertapeutinnen. http://vimeo. com/4704237. fis September 2011 an.schläge l 15
Feminismus macht Schule
Fotos: SylK (mit Dank an Lea, Lisa & Svenja)
thema: schule
Etikettenschwindel Das österreichische Bildungssystem braucht Reformen – das ist allen klar. Wie genau diese aussehen sollen und können, da gehen die Meinungen auseinander. Das Sommerloch begünstigte aber immerhin, dass in den letzten Wochen intensiver darüber diskutiert wurde. Im Gespräch sind u.a. ein neues Modularsystem für die Oberstufe, eine Ausweitung der Neuen Mittelschulen, eine neue pädagogische Ausbildung und Eignungstests für angehende LehrerInnen. Gesamt- und Ganztagsschule scheitern hingegen weiterhin am Widerstand der ÖVP, auch die feministische Forderung nach geschlechtssensibler Pädagogik kommt in den Debatten quasi nicht vor. Was aber wurde aus der Kritik am koedukativen Unterricht? Und wird der Frauenberuf „Pädagog/in“ endlich aufgewertet? Von Gabi Horak
Sie habe sich schon einmal wohler gefühlt in ihrem Beruf, sagt Doris Pichler: „In den letzten Jahren wird es irgendwie enger, die Arbeitsbedingungen sind schlechter geworden.“ Pichler ist seit 1986 Lehrerin für Deutsch und Turnen im 12. Wiener Gemeindebezirk. Die Kooperative Mittelschule hat den Schwerpunkt Informatik, der MigrantInnenanteil liegt bei 80 Prozent, viele SchülerInnen kommen aus bildungsfernen Schichten. Hier zeigt sich konkret, was in Zahlen schon lange vorliegt: Bildung wird „vererbt“. 90 Prozent aller Kinder, deren Eltern nur die Pflichtschule besucht haben, beenden die Schule mit Haupt- oder Sonderschulabschluss. Kinder mit Migrationshintergrund schaffen es von vornherein weit seltener in ein Gymnasium – weil es ihnen einfach nicht zugetraut wird. In den Klassen, die Doris Pichler unterrichtet, hat sie daher gleich mit mehreren Herausforderungen zu kämpfen: Die Zehn- bis 14-Jährigen sind mitten im Selbstfindungsprozess, zu dem auch ein Finden der Geschlechterrollen gehört. Dazu kommen unterschiedliche kulturelle Geschlechterentwürfe mit Auswirkungen auf mehreren Ebenen. „Als Lehrerin brauchst du da die fünffache Energie, um dir Platz und Respekt zu verschaffen“, erzählt sie. Und die wenigen Mädchen in den Buben-dominierten Klassen hätten es besonders
schwer. „Wenn ich was zu sagen hätte: Ich würde eine Mädchenklasse machen – zumindest wenn die Alternative eine Klasse mit so starkem Buben-Überhang ist.“ Es sei gut, dass es eine feministische Diskussion über Koedukation gibt, „weil ich erlebe, was da täglich vor sich geht“. Modulsystem. Können die angedachten Reformen am Bildungssystem grundlegend etwas ändern? Konkrete Ent-
abgeschlossenen Modulen möglich, bei Zustimmung der LehrerInnenkonferenz auch mit drei. Sind alle Module positiv abgeschlossen, kann die Schülerin/der Schüler zur Matura antreten. Zusätzlich soll es gemeinsamen Förderunterricht oder individuelle Lernbegleitung geben. Das Modell geht zumindest in die richtige Richtung, sagen BildungsexpertInnen. Bei den Details fehlte aber der Mut zur echten Reform. Die Grünen kritisieren etwa, dass das Modulsystem erst ab
„Wenn ich was zu sagen hätte: Ich würde eine Mädchenklasse machen – zumindest wenn die Alternative eine Klasse mit so starkem Buben-Überhang ist.“ (Doris Pichler) würfe des Bildungsministeriums liegen einerseits für das neue Modulsystem für die Oberstufe vor, andererseits für die Reform der Ausbildung aller PädagogInnen. Die neue Oberstufe soll ab dem Schuljahr 2012/13 schrittweise eingeführt werden, und ab September 2016 soll das Modell in allen Schulen gelten. Kern des Modulsystems ist, dass alle Fächer in Modulen unterrichtet werden, die in beliebiger Reihenfolge absolviert werden können. Ein Aufstieg in die nächste Klasse ist auch mit zwei negativ
der zehnten Schulstufe gelten soll. „Die meisten Klassenwiederholungen finden aber in der neunten Schulstufe statt“, so Bildungssprecher Harald Walser. Ein „echtes Modulsystem“ sei leistungsfördernd, weshalb es das leistungsfeindliche und demotivierende Sitzenbleiben einfach nicht gibt. Eignungstests für PädagogInnen. Weitreichender erscheinen die Entwürfe für die Reform der Ausbildung für PädagogInnen: In Zukunft sollen sie alle studieren und darüber hinaus September 2011 an.schläge l 17
thema: schule eine Phase der „Eignungsfeststellung“ durchlaufen. Mindestens fünfeinhalb Jahre soll es dauern – Bachelorstudium, Praxisphase mit MentorIn und Eignungsfeststellung sowie Masterstudium –, bis PädagogInnen alleinverantwortlich unterrichten können und einen unbefristeten Vertrag bekommen. Im Bachelorstudium wird ein gemeinsamer pädagogischer Kern unterrichtet, aber die angehenden PädagogInnen können sich auch schon entscheiden, welche Altersgruppe sie in Zukunft unterrichten wollen: bis Sechsjährige, Sechs- bis Zehnjährige, Zehn- bis 14-Jährige oder 14- bis 19-Jährige. Eine Eignungsfeststellung wurde schon lange gefordert, schließlich sei nicht
vor allem am unerbittlichen „Nein“ der Regierungspartei ÖVP liegt. Sie hat auch bei der neuen Oberstufe deutlich ihren Abdruck hinterlassen und sich einmal mehr in wesentlichen Punkten gegen den Koalitionspartner SPÖ durchgesetzt. Bei der Ganztagsschule scheint die Lage noch schwieriger, zumal es hier unterschiedliche Definitionen und Ausprägungen gibt. Die Hauptschule, an der Pichler unterrichtet, wurde vor zehn Jahren in eine Kooperative Mittelschule umgewandelt und wird zudem als offene Schule geführt. Das ist eine Form der Ganztagsschule, allerdings nicht mit verschränktem Unterricht (also abwechselnd Unterricht und Freizeit), sondern
Ein Kollege richtete mehrere Fragen an die Klasse. Buben wie auch Mädchen melden sich, doch der Lehrer lässt immer die Schüler antworten. „Die Mädchen haben dann irgendwann einfach nicht mehr aufgezeigt.“ jeder Mensch geeignet, mit Kindern zu arbeiten – das merken die PädagogInnen meist zu spät, und die Kinder müssen es dann aushalten. Manche finden den Zeitpunkt für die Einführung eines Auswahlverfahrens aber ungünstig, schließlich stehe eine Pensionierungswelle bevor, und es werden viele neue LehrerInnen gebraucht. An der Notwendigkeit „geeigneter“ PädagogInnen ändert das aber wenig. In seinen Grundzügen klingt die einheitliche Ausbildung für PädagogInnen also durchaus vielversprechend – und sie ist dem Unterrichtssystem für SchülerInnen einen wichtigen Schritt voraus. Denn die Kinder werden in Österreich schon nach der Volksschule getrennt.
www.boxgirls.org
18 l an.schläge September 2011
„Bildungspolitisches Schindluder“. „Die Neue Mittelschule ist keine Lösung, das ist Etikettenschwindel, bildungspolitisches Schindluder“, ärgert sich die Lehrerin Doris Pichler. Anstatt das Bildungssystem in Richtung einer Gesamtschule zu verändern, habe man die Situation sogar verschärft und zusätzlich zu Gymnasium und Hauptschule die Neue Mittelschule geschaffen. Tatsächlich ist die Gesamtschule von der politischen Agenda gerutscht, was
mit Nachmittagsbetreuung nach dem Unterricht. Natürlich müsse es die Möglichkeit geben, dass Kinder auch nachmittags in der Schule betreut werden. Dieses System sei aber, so Doris Pichler, nicht durchdacht. Sie und ihre KollegInnen seien einfach ungeeignet, die gesamte Betreuung zu übernehmen. „Wir sind alle nicht ausgebildet in Freizeitpädagogik.“ Die Überforderung sei auch spürbar, die Krankenstände nehmen zu. Es wäre daher vernünftig, zusätzliches Personal anzustellen, das auch freizeitpädagogische Expertise hat. Das sei auch fairer den Kindern gegenüber, so Pichler: „Mir tun die Kinder oft leid. Was macht das denn mit ihnen, wenn sie den ganzen Tag von denselben Lehrerinnen und Lehrern betreut werden?“ Außerdem hätten jene Kinder, die bis 17 Uhr in der Schule sind, auch kaum wirklich frei einteilbare Zeit – nach Aufgabenstunde, Lernstunde und der von LehrerInnen gestalteten Freizeitstunde. Kindertausch unter Frauen. „Ganztagsschule ist ein Kindertausch unter Frauen: Mütter tauschen mit Lehrerinnen die Kinder“, sagt Doris Pichler. Noch immer ist die Pädagogik ein
frauendominiertes Feld, mit schlechter Bezahlung und kaum Aufstiegschancen. Pichler ist überzeugt: „Wenn nur Männer unterrichten würden, dann würde die Ganztagsschule in dieser Form sicher nicht eingeführt werden.“ Frauen würden mehr aushalten, sich mehr gefallen lassen, während viele ihrer Kollegen sich rechtzeitig um Direktorsposten bemühen und den Kolleginnen den Knochenjob überlassen. Es besteht zumindest die Hoffnung, dass die einheitliche akademische Ausbildung an der Entlohnung und damit am Ansehen des Berufs etwas ändern könnte. Auch wenn die Länder – zuständig für die Bezahlung der LehrerInnen in öffentlichen Schulen – bereits angekündigt haben, dass eine adäquate Entlohnung von AkademikerInnen einfach nicht möglich sei. Auch daran zeigt sich, dass einzelne Maßnahmen eine Gesamtreform, bei der alle an einem Strang ziehen, nicht ersetzen werden können. Koedukation: Ja, aber … Seit 1972 gibt es in Österreich koedukativen Unterricht, also gemeinsamen Unterricht für Mädchen und Buben. Das Ziel damals war es, die Geschlechterrollen aufzuweichen und die geschlechtsspezifische Aufteilung des Arbeitsmarktes zu überwinden. Keinem der beiden Ziele ist man in den vergangenen dreißig Jahren wesentlich nähergekommen. Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind im Bildungswesen formal nicht mehr vorhanden, und seit 1995 gibt es auch das Unterrichtsprinzip „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern“. Die Realität sieht anders aus. De facto dienen gemischtgeschlechtliche Klassen sogar als Spielwiese für die Einübung der Geschlechterrollen und können rollentypische Verhaltensweisen noch verschärfen. Zahlreiche Untersuchungen zeigen: Mädchen bekommen in gemischten Klassen weniger Aufmerksamkeit und Feedback, Anerkennung gibt es eher für Wohlverhalten als für Leistung. Doris Pichler kennt die Problematik. In einer ihrer Klassen sitzen 15 Buben und acht Mädchen: „Eine Katastrophe.“ Sie erzählt von einer Unterrichtsstunde in Informatik – Teamteaching mit einem Kollegen. Dieser richtete mehrere Fragen an die Klasse, Buben wie auch Mädchen meldeten sich, doch der Leh-
leben mit kindern rer habe immer die männlichen Schüler antworten lassen. „Die Mädchen haben dann irgendwann einfach nicht mehr aufgezeigt.“ Szenen wie diese gehörten immer noch zum schulischen Alltag. „Hier würde ich eine Mädchenklasse machen“, sagt Pichler, damit Mädchen die Achtung und Beachtung bekommen,
Aber ich glaube nicht, dass wir da was besser machen könnten, sondern in so einer Schule brauchst du einfach mehr Ressourcen.“ Wenn höhere Bildungsstandards gesetzt würden, dann müssten auch die Mittel bereitgestellt werden, um diese zu erreichen, fordert Pichler. Das Gegenteil war zuletzt aber der
Die bereits veröffentlichten Fragen im Rahmen der Bildungsstandards sind alles andere als gender- oder diversitätssensibel. „Da findet sich kein einziges migrantisches Kind wieder.“ die sie brauchen und verdienen. Koedukation abzuschaffen steht nicht zur Debatte. Doch es gibt Vorschläge für andere Varianten, wie z.B. zeitweise getrennten Unterricht etwa in naturwissenschaftlichen Fächern. Feministische Bildungsexpertinnen plädieren für eine „reflexive Koedukation“: Lehrende sollen bewusst Rollenklischees vermeiden und entsprechenden Mechanismen entgegenwirken. Dazu bräuchte es jedoch fundiertes Wissen in gendersensibler Pädagogik – „die ist in der pädagogischen Ausbildung aber nicht verankert“, kritisiert Doris Pichler. „Junge Kolleginnen bezeichnen sich als ,Lehrer‘, das wird irgendwie sogar wieder schlimmer statt besser.“ Höhere Standards, weniger Ressourcen. Der Nationalrat hat Anfang 2008 das Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (bifie) ins Leben gerufen. Dieses hat u.a. Bildungsstandards entwickelt, die schon ab Herbst als „Instrumente der Qualitätssicherung“ in jeder 8. Schulstufe österreichweit abgefragt werden, ab nächstem Jahr werden auch Standards für die 4. Klasse eingeführt. Doris Pichlers Schule gehörte zu jenen, an denen diese Bildungsstandards getestet wurden. „Das macht in einer Schule wie der unseren einen enormen Stress“, sagt sie , „weil du ein gewisses Niveau erreichen musst – und das ist manchmal utopisch.“ Zwei von drei abgeprüften Klassen schafften den Test nicht. „Es wurde dann mit uns gesprochen, was wir besser machen könnten.
Fall. Im März wurden in Wien Stunden gestrichen, was für die Kooperative Mittelschule bedeutete: Das Teamteaching in Deutsch in Integrationsklassen – bis dahin Standard – wurde zur Ausnahme. Und noch eine Beobachtung bereitete Doris Pichler zuletzt großen Ärger: Die bereits veröffentlichten Fragen im Rahmen der Bildungsstandards seien alles andere als gender- oder diversitätssensibel. „Da findet sich kein einziges migrantisches Kind wieder“, kritisiert sie. Wenn Kinder ohne westeuropäische Namen vorkommen, dann nicht positiv besetzt – „keine Identifikationsmöglichkeiten“. Und Frauen kämen in den Deutschbildungsstandards genau dreimal in beruflichen Situationen vor: „Ganz traditionell natürlich.“ Eine Frau backt einen Kuchen und will von der anderen Frau das Rezept haben. – „Ich dachte, mir wird schlecht.“ Die Chance, das neu gegründete Bildungsinstitut von Anfang an mit Genderkompetenzen auszustatten, wurde offenbar vertan. Der Weg zur gerechten Schule ist noch weit. l
heim spiel
Verena Turcsanyi
Geschlecht: geheim Unlängst las ich von einer Familie in Kanada, die das Geschlecht ihres dritten Kindes geheim hält. Die Aufregung darüber ist beträchtlich, da sich das niemand so richtig vorstellen kann. Dürfen die das denn? Das Kind heißt übrigens Storm und ist sieben Monate alt (siehe auch S. 14). Ich bemerke im Alltag sehr oft, dass die Geschlechtszugehörigkeit zu den wichtigsten Informationen gehört, die es über ein Kind herauszufinden gibt. Wildfremde Menschen zerbrechen sich den Kopf über meine Tochter. Je nachdem, was sie gerade anhat, wird sie zugeordnet. Trägt sie Rosa, ist alles klar, denn welcher Bub würde rosa Kleidung tragen? (Habe ich erst einmal gesehen, es waren Socken.) Trägt sie aber wie so oft einen wilden Mix aus geschenkten und gekauften Sachen (lila Hose mit schwarzem Rolling-StonesT-Shirt), ist es nicht mehr so eindeutig. Wäre es so, dass mit „Bub oder Mädchen“ nicht automatisch Eigenschaften verbunden werden, hätte ich vermutlich auch nichts gegen die Frage nach dem Geschlecht. Aber sobald klar ist, dass sie ein Mädchen ist, kommt sofort etwas wie: „Mein Gott, ist die aber hübsch.“ Die ersten paar Male fand ich das nett, mittlerweile hat es aber einen schalen Beigeschmack. Sie ist zwar ein hübsches Kind, aber das spielt eigentlich keine so große Rolle, oder? Die gleichaltrigen Buben sind bereits klug, stark, eventuell sogar lieb, aber niemals werden sie als hübsch bezeichnet. Ich kann es also gut verstehen, wenn man dem ganzen Theater entgehen will und auf die Frage nach dem Geschlecht einfach nichts sagt. Ich habe beschlossen, meinem Kind alle Farben und Muster anzuziehen – wenn sie älter ist, wird sie schon sagen, was ihr gefällt und was nicht. Wenn sie dann auf Rosa und Glitzer abfährt, soll es mir auch recht sein, sie wird jedoch bei ihren (eher sportlich gekleideten) Müttern immer sehen, dass es auch noch etwas anderes gibt. Verena Turcsanyi lebt mit Pflegetochter und Partnerin in Wien.
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thema: schule
Frauen als Hilfslehrerinnen Claudia Schneider vom Verein EfEU* plädiert für eine radikale Änderung des Bildungssystems. Ein Interview von Lea Susemichel geführt worden sind, ist der Frauenanteil an den Universitäten wieder gesunken. Daran merkt man, wie gefährdet solche Errungenschaften immer noch sind.
Foto: SylK
*Verein zur Erarbeitung feministischer Erziehungsund Unterrichtsmodelle www.efeu.or.at
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an.schläge: Wie beurteilst du die aktuellen Bildungsdebatten in Österreich? Setzen sich gewisse Einsichten mittlerweile durch, etwa die, dass Bildungserfolg etwas mit sozialer Herkunft zu tun hat? Oder dominieren weiterhin reaktionäre Bildungskonzepte wie das der ÖVP? Claudia Schneider: Nicht nur die ÖVP, auch große Teile der LehrerInnengewerkschaft nehme ich in den Debatten als blockierend wahr. Gleichzeitig bin ich aber auch durchaus positiv überrascht von Entwicklungen wie dem Bildungsvolksbegehren, bei dem ja auch führende Funktionäre der Standesvertretungen entschieden für die Ganztagsschule eintreten. Dennoch ist die Ideologie der vermeintlichen Wahlfreiheit aber weiterhin sehr wirkmächtig. Doch was für eine Wahlfreiheit hat eine Familie mit migrantischem Hintergrund, in der der Vater Hilfsarbeiter ist und die Mutter kaum Deutsch spricht? Alle internationalen Studien belegen, dass
das österreichische Schulsystem im Vergleich mit anderen europäischen oder internationalen Schulsystemen sozial sehr stark selektiert.
Das Bildungsniveau ist in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen, die Bildungsgerechtigkeit hat insgesamt aber nicht zugenommen: Welche Ausbildung jemand hat, hängt immer noch in erster Linie vom Bildungsstand der Eltern ab. Ja, es ist für den Sohn eines Universitätsprofessors weiterhin viel wahrscheinlicher, ein Studium zu beginnen, als für die Tochter einer kroatischen Verkäuferin. Aber die Mädchen- und Frauenbildung hat in der Kreisky-Ära durchaus einen ungeheuren Aufschwung erlebt. Das war ja ein wichtiges politisches Postulat, dass das Arbeitermädel oder die Bauerstochter vom Land jetzt auch ins Gymnasium und auf die Uni gehen kann. Doch als etwa die Studiengebühren ein-
Sind denn die Forderungen des Bildungsbegehrens auch feministisch? Aus feministischer Perspektive ist die Forderung nach Ganztagsschulen wesentlich. Denn das Pflichtschulsystem in Österreich mit der Halbtagsschule baut darauf, dass es am Nachmittag so was wie Hilfslehrerinnen gibt. Und das sind in erster Linien die Mütter. Oder es sind Tagesbetreuungen, die in aller Regel auch von Frauen geleistet werden. In jedem Fall aber wird vonseiten der Schule erwartet, dass die Hausaufgaben in dieser Zeit gemacht und betreut werden. Und alle Kinder, die diese nachmittägliche Betreuung nicht haben, weil die Eltern berufstätig sind oder sich das aus anderen Gründen nicht leisten wollen oder können, haben letztlich weniger Schule. Das ist eine große Ungleichheit und Ungerechtigkeit, nicht nur auf Genderebene, sondern auch im Zusammenhang mit sozialer Schicht, mit Sprachkompetenz, Bildungsaffinität usw. Deswegen muss das Bildungssystem meiner Meinung nach radikal geändert werden, es muss eine Ganztagsschule für alle geben, ohne Selektion bis zum Ende der Pflichtschule. Das sind ganz grundlegende bildungspolitische Forderungen, sie sind aber auch ganz klar feministisch. Was fehlt in der aktuellen Debatte an feministischen Überlegungen? Was sind Forderungen von EfEU, die nicht auftauchen? Eine wichtige Forderung von EfEU ist das verpflichtende Verankern von Genderkompetenz als Bestandteil der Curricula in der pädagogischen Ausbildung. Diese Forderung gibt es seit dem Bestehen von EfEU, doch weder in der Grundschul- noch in der Sekundarschulausbildung ist das bislang verankert. Jede pädagogische Hochschule in Österreich kann da tun, wie sie will,
thema: schule bzw. obliegt es der einzelnen Lehrkraft, die die Pflichtschullehrenden ausbildet, ob sie das Thema behandelt. Du kannst also heute Lehramt studieren und dein ganzes Studium nichts von geschlechtssensibler Pädagogik gehört haben. Ich habe am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Wien einen Lehrauftrag zu Gender- und DiversityKompetenz, das ist ein Seminar im zweiten Abschnitt, und für viele Studierende ist es eine der letzten Lehrveranstaltungen, die sie machen müssen. Da kommen Lehramtsstudierende der unterschiedlichsten Unterrichtsfächer, und einige haben tatsächlich in ihrem ganzen Studium vorher noch nie was zum Thema Gender gemacht.
Es gibt von feministischer Seite ja auch viel Kritik an der Koedukation. Wie ist da die Position von EfEU? Ich bin dafür, die Koedukation immer wieder aufzuheben und in unterschiedlichsten Gruppensettings zu arbeiten, um den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, sich in verschiedenen Konstellationen auszuprobieren. Und es kann eben zum Beispiel eine geschlechtshomogene Gruppe sein, in der dieses Ausprobieren stattfindet. Denn trotz meiner queeren Überzeugung und obwohl ich mich als Dekonstruktivistin verstehe: Es ist Realität, dass wir als Männer oder Frauen wahrgenommen werden und dass sich entsprechend diesen Erwartungen auch Kinder als
„Es muss eine Ganztagsschule für alle geben, ohne Selektion bis zum Ende der Pflichtschule. Das sind ganz grundlegende bildungspolitische Forderungen, sie sind aber auch ganz klar feministisch.“ EfEU gibt es seit 25 Jahren. Wie hat sich eure Arbeit im Laufe dieser Zeit verändert? Wird eure Expertise inzwischen ernster – und auch häufiger in Anspruch – genommen? Die Geschichte von EfEU ist durchaus eine Erfolgsgeschichte. Angefangen hat der Verein mit drei oder vier ehrenamtlich in ihren Wohnzimmern arbeitenden Lehrerinnen. Inzwischen bekommen wir einigermaßen verlässlich Subventionen, haben uns entsprechend institutionalisieren und professionalisieren können und sind eine im deutschsprachigen Raum – und wahrscheinlich auch in ganz Europa – einzigartige Organisation. Dennoch sind wir immer noch recht klein, wir teilen uns zu dritt eine nicht mal 40-StundenAnstellung. Beauftragt werden wir etwa für Genderexpertisen bei Lehrplannovellierungen, zuletzt für den Lehrplan der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik, davor aber etwa auch schon anlässlich einer Novellierung für die Sekundarstufe. Außerdem gab es vom Unterrichtsministerium beauftragte Evaluierungen von Wiener Schulprojekten zum Thema Gender. In den letzten Jahren wurden vom Ministerium sogenannte „Gender-Kompetenz-Schulen“ beratend unterstützt, da waren wir dabei.
Mädchen und Buben verhalten. Deshalb kann ein Experimentieren mit unterschiedlichen Gruppensituationen unter der Anleitung von feministisch geschulten Pädagoginnen sehr wichtige Lernprozesse in Gang setzen: Welche Rollen nehme ich in welchem Kontext ein usw.
Sind diese geschlechtshomogenen Settings nicht auch deshalb wichtig für Mädchen, weil sie eine andere Form von Förderung brauchen und Dinge kompensieren müssen? Bekanntlich schneiden Mädchen in naturwissenschaftlichen Fächern durchschnittlich immer noch schlechter ab. Ich würde nicht die Begriffe „Förderung“ und „Kompensieren“ benutzen, weil das ein Defizit impliziert. Ich denke, dass das für alle spannend und gewinnbringend ist – auch für die Buben! Viele Studien legen den Schluss nahe, dass die Mädchen erst im Laufe ihrer Schulzeit, sprich mit fortschreitendem Alter, das Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern verlieren. Untersuchungen bei Volksschulkindern zeigen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Geschlechtern, beispiels-
weise bei den Mathematikleistungen. Das ist einerseits natürlich ein gesamtgesellschaftliches Problem, das heißt, gesellschaftliche Vorstellungen davon, welche Themen als weiblich und welche als männlich gelten, tragen stark zu dieser Entwicklung bei. Andererseits muss sich aber auch die Schule fragen, was sie dazu beiträgt, durch – oft auch unbewusstes – „Doing Gender“. Und wenn im Physikunterricht Beispiele aus dem Alltagsleben genommen werden, dann interessiert das nicht nur die Mädchen stärker, sondern alle Kinder. Aber Mädchen profitieren davon eben besonders. Buben, die Dreier oder Vierer in Physik haben, hindert das nicht daran, an die HTL zu gehen, während für Mädchen die Hemmschwelle viel größer ist. Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass Mädchen schon ins Zweifeln kommen, wenn sie nur einen Zweier haben. Das hat vor allem mit dem Vertrauen in die eigene Leistung zu tun.
Haben alternative Schulmodelle aus feministischer Perspektive anderen Schulen etwas voraus? Ich erlebe Alternativschulen schon als überdurchschnittlich aufgeschlossen, was Gender-Themen anbelangt. Was vermutlich einfach damit zu tun hat, dass diese Schulen häufig aus Elterninitiativen entstanden sind, die ihre Kinder nicht auf die Regelschule schicken wollten und deren Selbstverständnis eher ein gesellschaftskritisches und emanzipatorisches ist. Natürlich gibt es aber auch da, wie überall, blinde Flecken. Wir bekommen auch von Alternativschulen immer wieder Aufträge für kleinere Projekte. Jetzt starten wir zum Beispiel an der WUK-Schule eine einjährige Schulung für LehrerInnen, BetreuerInnen und interessierte Eltern. l
Claudia Schneider hat an der Universität Wien Europäische Ethnologie studiert; ihre Arbeitsschwerpunkte sind Beratung, Training und Forschung zu Gender und Diversity Management mit Schwerpunkt Bildungsorganisationen.
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thema: schule
Ist das Sorgenkind männlich? Medien und Männerrechtler sind sich einig – weltweit werden Jungs aufgrund einer Feminisierung des Schulwesens diskriminiert. Jungen schneiden zwar teilweise schlechter ab als Mädchen, von struktureller Benachteiligung kann aber keine Rede sein. Von einseitiger Berichterstattung hingegen schon. Von Leonie Kapfer
Ob in Grundschulen nicht zu viele Schmetterlinge statt Ritterburgen gemalt würden, fragte die deutsche Frauenministerin Kristina Schröder Ende 2009. Die bekennende NichtFeministin goß damit Öl ins Feuer einer heftig geführten Debatte über eine vermeintliche Jungenbenachteiligung in Bildungseinrichtungen. Mediale Aufmerksamkeit erhielt das Phänomen, dass Burschen die Schule häufiger ohne Abschluss verlassen und im direkten Vergleich zu Mädchen schlechtere Noten erzielen, vor allem durch die erstarkende Männerrechtsbewegung. Diese beschwört als Ursache für den Missstand die „Feminisierung des gesamten Schulwesens“, getragen durch „ein dichtes Netz von Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten, von Beratungsstellen für Mädchen und Frauen und von Frauengruppen in Gewerkschaften und Institutionen“. („Der Spiegel“ 35/2008).
1 Martina Weber: Heterogenität im Schulalltag. Konstruktionen ethnischer und geschlechtlicher Unterschiede. Opladen 2003 2 Thomas Viola Rieske: Bildung von Geschlecht – Zur Debatte von Jungenbenachteiligung und Feminisierung an deutschen Bildungsinstitutionen. 2010
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Arme Jungs? Laut dubiosen Studien und erzürnten Maskulinisten sind die Schuldigen schnell gefunden: Frauen. Denn diese würden die Erziehungsberufe und die Lehrpläne dominieren. Ihrer Ansicht nach liegt das Problem außerdem darin begründet, dass die Gesellschaft Jungs nicht mehr „Jungs sein lässt“. „Die feministische Diskussion hat dazu geführt, dass man die Jungen so behandelt, wie man sie gern hätte, und nicht, wie sie sind“, so Anne Blank, Leiterin einer Arbeitsgruppe zur Bubenförderung im bayerischen Kultusministerium. Nach Ansicht einiger selbst ernannter Bildungsexpert_innen wollen Burschen nichts lieber als Ritterburgen malen und Piratengeschichten hören, bei Diktaten schneiden sie angeblich besser ab, wenn Wörter wie „Schiedsrichter“ oder „Torwart“ vorkommen. Mädchen
hingegen, wie könnte es anders sein, stehen auf Schmetterlinge, Libellen und Prinzessinnen. Dass die ungleichen schulischen Leistungen gerade aufgrund von Geschlechterstereotypen bestehen, wollen die Anhänger_innen der „Jungenbenachteiligungstheorie“ hingegen nicht gelten lassen. Denn tatsächlich ist der Notenduchschnitt von männlichen Schülern seit Jahrzehnten nahezu unverändert geblieben, während die Mädchen im selben Zeitraum deutlich aufholen konnten. Warum sich Jungs ganz offensichtlich einfach weniger anstrengen, dafür gibt es laut Sozialwissenschaftler Marcel Helbig nur eine einzige vernünftige Theorie, wie er in einer Sendung des SWR sagt: „Ihnen wird durch die Gesellschaft suggeriert,
führen oft zum schlechteren schulischen Abschneiden der Jungs. Vor allem junge Burschen mit Migrationshintergrund haben unter solchen Rollenzuschreibungen zu leiden. So verbinden laut einer Studie viele Lehrkräfte eine türkische Herkunft mit geringeren Leistungserwartungen und Aggressivität.1 Die Vielfalt von Junge-Sein. Auch Claudia Lücking-Michel, Vorsitzende des deutschen Bundesjugendkuratoriums, fordert, Rollenbilder zu überdenken statt zu manifestieren: „Kritisch zu bewerten ist, dass der mediale Diskurs einem bipolaren Muster der Zweigeschlechtlichkeit folgt und unter Bezug auf ein scheinbar klar konturiertes Bild der beiden Geschlechter zu eindimensi-
Die Schuld für die schlechten Leistungen der Jungen bei weiblichen Lehrkräften zu suchen, lässt also nur die misogyne Handschrift der Männerrechtler erkennen. dass sie ohnehin oben landen werden“ – ohne sich dafür anstrengen zu müssen. Doch statt mittels fundierter wissenschaftlicher Erkenntnisse die Hintergründe der geschlechtsspezifischen Interessenslagen von Kindern und Jugendlichen zu beleuchten, wird ein unnatürlicher Unterschied als natürlich festgeschrieben. Warum sollten sich nicht auch Jungs für Schmetterlinge und rosa Prinzessinnen begeistern dürfen? Sollte eine zukunftsorientierte Pädagogik nicht genau diese Muster durchbrechen? Den jungen Menschen wird nicht wirklich ein Gefallen getan, wenn weiterhin zwanghaft an der Geschlechterbinarität festgehalten wird.Das bestätigt auch das Bundesjugendkuratorium in einer Stellungnahme. Vorgefertigte Rollenbilder, in erster Linie Männlichkeitsideale,
onalen Aussagen gelangt, die hinter der Komplexität gesellschaftlicher Wirklichkeit zurückbleiben. Allein die Zuordnung von Kompetenzen und Fähigkeiten als ‚weiblich‘ und ‚männlich‘ macht dies deutlich. Das dominante Sprechen von ‚den‘ Jungen und von ‚den‘ Mädchen wird der Vielfalt von Lebenswirklichkeiten von Jungen und Mädchen nicht annähernd gerecht.“ Genau hier setzt auch der Erziehungsund Genderwissenschaftler Thomas Viola Rieske an: „Die Darstellung von Jungen bildet die Vielfalt von Junge-Sein nicht ab und legt Jungen, Mädchen und Lehrkräften eine Reproduktion von traditionellen Geschlechterverständnissen und Zweigeschlechtlichkeit nahe, anstatt diese zu überwinden.“2
thema: schule Buben sind nicht bildungsbenachteiligt. In seiner Studie zu Geschlechterverhältnissen in Bildungsinstitutionen widerlegt Rieske die These, Buben seien bildungsbenachteiligt. Denn je höher qualifizierend ein Bildungsabschluss ist, desto eher finden sich Geschlechterdisparitäten zuungunsten der Frauen. Bei Promotionen und Habilitationen sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. Ins Gewicht fällt außerdem die Tatsache, dass Frauen ihren vermeintlichen Bildungsvorteil kaum nützen können, denn nach der Ausbildung verdienen sie weniger Geld, haben geringere Aufstiegschancen und arbeiten unter schlechteren Bedingungen. Und auch wenn Burschen tatsächlich schlechtere Noten als Mädchen haben, leiden sie weniger darunter, wie Rieske belegen kann. Männliche Schüler haben deutlich seltener „Leistungsängste“. Eine weitere zentrale Erkenntnis aus Rieskes Studie: Die sozialen Verhältnisse, in denen Kinder aufwachsen, haben weitaus größere Auswirkungen auf den zukünftigen Bildungsweg als das Geschlecht. So sind vor allem Kinder mit Migrationshintergrund die eigentlichen Verlierer_innen des Bildungssystems. „Am ehesten ausgesetzt sind diesen Problemen Buben aus sozial schwachen Familien, die wenig Ermutigungen zur Teilhabe an schulischer Bildung erhalten, sowie Buben, die Rassismuserfahrungen machen.“ Einen Erklärungsansatz dafür, warum Jungs durch schlechtere Noten auffallen, sieht Rieske darin, dass Buben häufiger als Mädchen eine (Hoch)Begabung zugesprochen wird, selbst wenn entsprechende Tests dies nicht bestätigen konnten. Das führt dann zu mangelhaften Diagnosen von Förderbedarf: Von Jungen wird oft erwartet, dass sie „es eh schaffen“. „Buben wird teilweise gar nicht zugetraut, Hilfe zu benötigen“, so Rieske. Misogynie und männliche Chefs. Ein weiterer Trugschluss scheint die These zu sein, dass Jungs unter der Betreuung von Männern bessere Leistungen erzielen können. Ein Zusammenhang zwischen dem Anteil von pädagogisch tätigen Männern in Bildungsinstitutionen und Bildungs(miss-)erfolgen von Jungen ist bislang nicht belegt. Teilweise finden sich Resultate, die den
Foto: SylK
gegenwärtigen Thesen widersprechen: In einer britischen Studie zeigten von Frauen unterrichtete Kinder – Jungen und Mädchen – mehr Schulmotivation als von Männern unterrichtete Kinder. Laut einer österreichischen Studie hatten Jungen schlechtere Noten, wenn sie männliche Klassenlehrer hatten. Die Schuld für die schlechten Leistungen der Jungen bei weiblichen Lehrkräften zu suchen, lässt also nur die misogyne Handschrift der Männerrechtler erkennen. Für das Verständnis, warum Frauen vermehrt in Erziehungsberufen tätig sind, braucht es eine detaillierte Analyse. Die Theorie einer „weiblichen Weltverschwörung“ à la Männerrechtler wird dieser Komplexität sicher nicht gerecht. Die Erziehung von Kindern ist vielmehr klassische „Frauenaufgabe“. Kaum in einem anderen Punkt ist die Rollenverteilung so festgeschrieben wie bei der Frage, wer sich um die Betreuung von Kindern kümmert. Dazu kommt, dass Pädagog_innen im Allgemeinen schlecht entlohnt sind. Die niedrige Bezahlung und das schlechte Image des Berufes machen ihn für viele Männer wenig attraktiv. Auch zu berücksichtigen ist die Tatsache, dass es hingegen Männer sind, die in Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen überproportional häufig Funktionsstellen mit
Leitungs- und Entscheidungsbefugnissen belegen.3 Dieses Bild wird auch mit Blick auf die österreichischen Universitäten bestätigt, denn der Professorinnenanteil liegt derzeit bei nur 19 Prozent, und bei den Rektorinnen sieht es noch düsterer aus: Lediglich 14 Prozent der österreichischen Rektor_innen sind weiblich. Auch bei einem Blick in die Chefetagen von Unternehmen stellt sich die Frage, was den Frauen ihr Bildungsvorteil bringt und wie sinnvoll eine einseitige Förderung der Burschen wäre. Viel wichtiger ist es, sowohl auf die Bedürfnisse der Buben als auch auf die der Mädchen einzugehen. Denn ob mensch lieber Schmetterlinge oder Ritterburgen malt, sollte in Zukunft keine Frage des Geschlechts mehr sein. l
3 vgl. Thomas Viola Rieske, Fußnote 2
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thema: schule
„Spezielle Wünsche“ Mein Schulkind ist stolz darauf, ein Mädchen zu sein. Kommentar einer feministischen Mama. Von Meike Lauggas
Weiß meine Tochter eigentlich von der Geschlechterdifferenz? Manchmal bin ich mir da nicht so sicher. Doch gleichzeitig legt meine Tochter selbst großen Wert darauf, ein Mädchen zu sein, ist stolz darauf. Klar freut mich dieses Selbstbewusstsein. Allerdings frage ich mich auch, ob ihre Abgrenzung vom Bubensein nicht auch Freiheitsverluste beinhaltet – wie ich das eben erlebt habe. Da reagiere ich dann reflexartig verteidigend, hätte gerne unklarere Grenzen zwischen den Geschlechterrollenbildern, am liebsten gar keine. Ich hätte gerne die ganze Welt für mein Kind – und darum auch die Bubenwelt. Die will sie aber nicht – jedenfalls nicht in ihrem Verständnis davon. Sie will ein Mädchen sein und tun, wonach ihr der Sinn steht, und das lässt sich in ihrem Verständnis von Mädchensein auch alles integrieren. Sie findet es befremdlich, dass sie (infolgedessen?) manchmal aber für einen Buben gehalten wird.
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Kaum lehne ich mich zufrieden darüber zurück, was offenbar für meine Tochter an Interpretationen möglich ist, krachen andere Elemente der Realität herein, z.B. beim Elternabend in der Schule: Die Mädchen mögen bei der Schullandwoche keine Nachthemden tragen, denn die Buben reißen sie ihnen dann rauf – Pyjamas seien da sicherer. Für Ballspiele gäbe es einen Lederball und einen weichen Ball für die Mädchen, und für die Männerfußball-WM wird für die Buben eine Ausnahme beim Fernsehverbot gemacht – die Mädchen können mitschauen. So ging’s dahin, mein Puls stieg, und ich hab mich gefragt, wo ich mit meinem Einspruch ansetzen soll. Ich hab mir anschließend anhören müssen, dass alle Mütter so ihre je speziellen Wünsche an die Lehrer_innen herantragen und nicht auf alles eingegangen werden könnte. Spezielle Wünsche also. Unerwartet holte mich die Sehnsucht nach dem geschlechtssensiblen Kindergarten ein, den meine Tochter fünf
Die staatlich finanzierte Vorschule „Egalia“ im Stockholmer Stadtteil Södermalm, die vor einem Jahr eröffnet wurde, hat sich den Kampf gegen Geschlechterstereotype auf die Fahnen geschrieben. „Er“ („hon“) und „sie“ („han“) gibt es hier nicht, stattdessen werden die Kinder mit dem geschlechtsneutralen Pronomen „hen“ angeredet. Auch Geschichten von hilflosen Frauen wie Aschenputtel und Dornröschen, die von edlen Prinzen gerettet werden müssen, wurden gestrichen – stattdessen gibt es Kinderbücher, in denen homosexuelle Paare, alleinerziehende Eltern und adoptierte Kinder vorkommen. Die Spielsachen sind ebenfalls sorgfältig ausgewählt. Barbie und Ken fehlen in Egalia, dafür steht die Spielküche direkt neben den Bauklötzen, und die Kindergärtner backen Kekse, während die Kolleginnen mit den Kleinen Fußball spielen. Die Kinder sollen sich so entwickeln können, wie sie wollen – abseits aller Geschlechterstereotype und Rollenerwartungen. Trotz einer langen Warteliste ist die geschlechtsneutrale Vorschule jedoch nicht überall beliebt. Die Gründerin Lotta Rajalin bekommt für ihre Vision von Geschlechtergerechtigkeit regelmäßig Drohbriefe, und sogar ihr Auto stand schon in Flammen. Insbesondere den rechtspopulistischen Schwedendemokraten ist die Einrichtung ein Dorn im Auge. isaga (Einen Bericht über einen geschlechtssensiblen Kindergarten in Wien gab es in an.schläge 5/2011.)
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Jahre lang besucht hat: weibliche und männliche Betreuer_innen, die selbstreflexiv mit ihrer Vorbildrolle umgingen. Mädchen-/Bubentage in geschlechtergetrennten Gruppen, Einbindung der Väter, flexible Raumgestaltungen ohne Bau- und Puppenecke usw. Das war entspannend. Aber ich erinnere mich auch an mein leichtes Unbehagen und die Ablehnung meiner Tochter, wenn es z.B. die geschlechtergetrennten Gruppen gab. Die geschlechtssensiblen Maßnahmen waren ihr oft suspekt, weil sie sie ausschließend fand, was sie aus gutem Grund auch sind. Ich fand sie angesichts einschränkender Gesellschaftsstrukturen als Gegenmaßnahmen sinnvoll und konnte mich gleichzeitig des Eindrucks trotzdem nicht erwehren, dass die Kinder Geschlechterdifferenzen durch diese geschlechtssensiblen Maßnahmen erst so richtig explizit beigebracht bekommen haben. Es wird sich nie genau sagen lassen, inwieweit das Elternhaus, der Kindergarten, die Frauenbewegung und der Rest der Gesellschaft den momentan sehr selbstsicheren Umgang meiner Tochter mit ihrem Mädchensein ermöglicht haben. Es liegen außerdem noch viele Schuljahre und damit Elternabende, Schullandwochen und nicht zuletzt die Pubertät vor uns. Mal sehen, wie’s weitergeht. l Meike Lauggas ist Autorin von „Mädchenbildung bildet Mädchen. Eine Geschichte des Begriffs und der Konstruktionen“, Milena 2000, 18,40 Euro
thema: schule
Queering Education Dekonstruktive Pädagogik: Paradigmenwechsel im Umgang mit Identitäten, Geschlechtern und Sexualitäten. Von Petra Tinkhauser Geschlechts- und Sexualitätssysteme, aber auch Identitätsmodelle sind im Laufe der Geschichte nicht zufällig entstanden, sondern in den verschiedensten Kulturen bewusst konstruiert worden. Oftmals mit der Absicht, Herrschaft und Macht auszuüben und Ausgrenzungen zu legitimieren. Eine dekonstruktive Pädagogik, sprich: eine an dekonstruktiven Grundeinsichten angelehnte und dekonstruktiv verfahrende Pädagogik, ist bestrebt, bestehende Hierarchien und Ausschlüsse, die sich aus der binären Strukturiertheit ergeben, nicht nur sichtbar zu machen und zu thematisieren, sondern diese auch zu
bedingt durch die Sozialisation mit jeweils unterschiedlichen Interessen, Erfahrungen, Stärken und Schwächen in die Schule kommen. Bewusst nimmt sie geschlechtsspezifische Prozesse wahr, setzt sich mit den bestehenden Geschlechterverhältnissen kritisch auseinander und versucht, Benachteiligungen und Hierarchien abzubauen. Einschränkungen, die eine Folge von geschlechtlich bedingten Zuschreibungen sind, sollen beseitigt und die Handlungsoptionen und Wahlmöglichkeiten der Kinder und Jugendlichen erweitert werden. Eine gendersensible Pädagogik versucht, die bestehenden Differenzen
In einer dekonstruktiven pädagogischen Praxis werden tradierte Denkmuster hinterfragt, Hierarchien und Ausschlüsse aufgezeigt und alternative Identitätsund Gesellschaftsentwürfe angeboten. verändern. Sie plädiert für die Pluralisierung von Denk-, Handlungs- und Lebensformen und tritt alten und neuen Hegemonie-Anmaßungen entschieden entgegen, insbesondere den scheinbar natürlichen Gewissheiten und Ordnungen von Identitäten, Geschlechtern und Sexualitäten. Im Folgenden sollen konkrete dekonstruktive Ansätze und Konzeptionen aus der pädagogischen Praxis zusammengefasst vorgestellt werden. Einigkeit herrscht in allen Ansätzen darüber, dass Begrenzungen des Subjekts bildungstheoretisch möglichst aufzuheben sind, Uneinigkeit jedoch darüber, wie weit solche Auflösungen möglich sind. Gendersensible Pädagogik. Eine geschlechtersensible Pädagogik geht davon aus, dass Mädchen und Buben
und Gemeinsamkeiten zwischen den Geschlechtern wahrzunehmen und auf die jeweils besonderen Bedürfnisse von Buben und Mädchen einzugehen, um ein verständnisvolles und gleichberechtigtes Miteinander zu fördern. In der praktischen Umsetzung bezieht sich geschlechtersensible Pädagogik auf Konzepte der Mädchen- und Bubenarbeit sowie Variationen von Mono- und Koedukation. Geschlechtsstereotypen werden dabei weitgehend dekonstruiert, das binäre Geschlechtersystem aber nicht infrage gestellt. Die Norm der Zweigeschlechtlichkeit wird dadurch weiter festgeschrieben. Darüber hinaus werden eine Vielzahl von gesellschaftlichen Differenzierungsformen, wie beispielsweise Ethnizität, Klasse, Religion, Behinderung oder sexuelle Orientierung, die im Diskurs um Gleichheitsvorstel-
lungen bedeutend sind, vernachlässigt. Um eine wirkliche Chancengleichheit und Gleichbehandlung für alle Kinder und Jugendlichen in der Schule gewährleisten zu können, braucht es noch weitere Schritte, die über die Kategorie Geschlecht und deren dichotome Darstellung hinausgehen müssen. Differenzsensible Pädagogik. Eine differenzsensible Pädagogik beschäftigt sich mit der Vielfalt, Diversität und Heterogenität einzelner Personen und Gruppen und rückt sämtliche Kategorien und Normen zur Einordnung von Individuen ins Zentrum. Dabei werden die Verschiedenheiten nicht nur akzeptiert, sondern durch positive Wertschätzung besonders hervorgehoben sowie die soziale Bedeutsamkeit im Anerkennen der Komplexität und Differenz betont. Im Sinne von Managing Diversity macht sie sich Vielfalt als Unterschiede und Gemeinsamkeiten bewusst und begreift die Unterschiedlichkeiten als Stärke, als Chance und Potenzial. Eine differenzsensible Pädagogik setzt auf die Anwendung und Weiterentwicklung
Foto: SylK
Tinkhauser, Petra (2010). Dekonstruktive Pädagogik. Paradigmenwechsel im Umgang mit Identitäten, Geschlechtern und Sexualitäten. Saarbrücken: VDM Verlag.
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forum wissenschaft interkultureller, integrativer und feministischer Pädagogik und arbeitet an der Prävention von Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Homophobie. Die Kinder und Jugendlichen sollen Unterstützung erhalten, um sich selbst in ihrer individuellen Eigenart und Vielfalt positiv und wertvoll zu erleben, Einfühlungsvermögen zu entwickeln und zu lernen, ihre Mitmenschen vorurteilsfrei anzunehmen. Die Grundannahme differenzsensibler Pädagogik besteht darin, dass soziale und individuelle Identitäten vielfältig sind. Die Heterogenität wird dabei sowohl zwischen den Gruppen, zwischen den einzelnen Individuen wie auch innerpsychisch im Individuum erkannt. Das Konzept von Diversity zielt auf die Wertschätzung von Vielfalt, greift aber häufig wieder auf identitäre Muster und Kategorisierungen zurück. Es könnte als Wiederholung hierarchischer An- und Zuordnungen in der Vielfalt und als eine Bestätigung des Minderheitenmodells interpretiert werden. Eine Zusammenführung differenzsensibler Pädagogik mit subversiven Mechanismen der Dekonstruktion, wie beispielsweise der Strategie der Veruneindeutigung oder der Irritation, kann zu einem ständigen, prozesshaften Perspektivenwechsel ohne erneute Festschreibung führen. Dekonstruktive Pädagogik. Eine dekonstruktive Pädagogik versucht Theorien und Anwendungen dekonstruktiver Verfahren in die Erziehungswissenschaften bzw. in die pädagogische Praxis zu tragen. Im Vordergrund der Dekonstruktion stehen die kritische Auseinandersetzung mit der abendländischen Kultur sowie die Dezentrierung und Dekonstruktion von Oppositionspaaren (z.B.: SelbstAndere, Subjekt-Objekt, Mann-Frau, Heterosexualität-Homosexualität etc.), um dem damit ausgedrückten Machtgefüge entgegenzuwirken. Nach Jacques Derrida sollte die Anwendung der Dekonstruktion durch die ständige Umwertung und Verschiebung erfolgen. Derrida erklärt die dekonstruktive Intervention anhand eines Textes: Ein bestehender Text wird destruiert und aufgelöst, aber zugleich als neuer Text konstruiert und aufgebaut. Die alleinige Umstürzung und Umkehrung hierarchischer Begriffe und Positi26 l an.schläge September 2011
onen würde jedoch das logozentrische Denken nicht aufbrechen. Der dekonstruktive Prozess verlangt daher, die neue Ordnung erneut infrage zu stellen. Der durch den Akt der Umkehrung zentrierte Begriff wird daher wieder dezentriert, deplaziert und so verschoben, dass das spannungsreiche und unentschiedene Verhältnis der Begriffe zueinander deutlich wird. Durch den permanenten Perspektivenwechsel ermöglicht die Dekonstruktion die Herstellung neuer Verhältnisse zwischen den Begriffen. Somit können Unterschiede herausgearbeitet werden, ohne erneut als Einheit zusammengefasst zu werden. Mittels konstruktivistischer Analysen werden im dekonstruktiven Diskurs scheinbar selbstverständliche Ordnungen und Regeln als spezifisch gesellschaftliche und historische Konstruktionen entlarvt, mit Hilfe der Dekonstruktion ein Eingriff in vorhandene Konstruktionsmechanismen unternommen und so eine Verschiebung von Bedeutungen initiiert. Einer dekonstruktiven Perspektive zu folgen heißt somit, sämtliche Ordnungskategorien auf ihre vermeintliche Natürlichkeit zu hinterfragen und ihre Grenzen zu verwischen. Eine dekonstruktive Praxis befindet sich allerdings immer im paradoxen Raum, da sie zuerst aufruft, was sie verschieben will. Bisher gibt es einige theoretische Entwürfe und Konzepte zu einer dekons-
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truktiven Pädagogik: Eine Pädagogik vielfältiger Lebensweisen, eine queere Pädagogik, eine Pädagogik der Intersektionalität und eine dekonstruktive Sexualpädagogik versuchen den Ansprüchen der Dekonstruktion weitgehend gerecht zu werden, indem sie sich vor allem für die potenzielle Vielfalt jener Lebensweisen einsetzen, die zwischen den meist polaren Identitätsangeboten existieren. Zusätzlich zu den Cross-, Trans- und Nicht-Identitäten wird auf die intersektionelle Verschränkung von Geschlechtern und Sexualitäten mit anderen DiversityKategorien hingewiesen. In einer dekonstruktiven pädagogischen Praxis werden tradierte Denkmuster hinterfragt, Hierarchien und Ausschlüsse aufgezeigt und alternative Identitätsund Gesellschaftsentwürfe angeboten. Die Kinder und Jugendlichen erhalten Raum, sich mit vielfältigen Lebensgestaltungsmöglichkeiten jenseits von Normalitätskonstruktionen auseinanderzusetzen und mit ihnen zu experimentieren. Sie werden angeregt, ein eigenes, neues Denken zu entwickeln und ermutigt, den selbst gewählten Weg zu gehen, vor allem dann, wenn er gegen den (Gender-)Mainstream verläuft. l Petra Tinkhauser absolvierte neben ihrer Tätigkeit als Pädagogin das Masterstudium Gender Studies an der Universität Wien. Derzeit ist sie Doktorandin an der Universität Klagenfurt und studiert zusätzlich Psychologie.
Eine Schule ohne Homophobie – das wär doch was. Mittlerweile existieren einige Bildungsangebote und Unterrichtsmaterialien für Lehrer_innen, damit im Unterricht vermittelt werden kann: Es gibt viel mehr Formen des Begehrens als die allseits gegenwärtige Heterosexualität. In Deutschland soll bspw. ab Herbst ein „Bücher- und Spielekoffer“ in Berliner Grundschulen eingesetzt werden. In den darin enthaltenen Materialien kommen z.B. Kinder zu Wort, die von ihren beiden Müttern berichten, oder es wird erklärt, wie Lesben sich fortpflanzen können. Auch in Holland sorgte vor einem Jahr ein Schulbuchverlag für Aufsehen, als dieser bekannt gab, in Mathematik- und anderen Lehrbüchern nun auch die gesellschaftliche Realität nicht-heteronormativer Lebensformen abbilden zu wollen (s. an.schläge 10/2010, S. 15). Wer zur Aufklärung aber nicht auf Lehrbücher zurückgreifen will, sondern Workshops bevorzugt, hat ebenso Möglichkeiten: In Deutschland kann dafür bspw. „miteinAnderS“ oder „SchLAu NRW“ angefragt werden, in Österreich „liebeist.org“ (s. an.schläge 4/2009, S. 28). Lehrer_innen, die queere Lebens- und Liebesweisen vermitteln wollen, aber in der Umsetzung noch unsicher sind, können sich außerdem an die Bildungsinitiative „Queerformat“ wenden. be
an.sprüche
Slutwalk – Mission Impossible? Angefangen hat alles mit einem Polizisten in Toronto, der Frauen den „guten Rat“ gab, sich nicht wie Schlampen („Sluts“) zu kleiden, um Vergewaltigungen vorzubeugen. Die „Slutwalks“, die als Reaktion darauf in Kanada stattfanden, haben inzwischen weltweit Nachahmer_innen gefunden. Gleichzeitig gab es rege feministische Debatten über die neue Protestform und auch viel Kritik, etwa an der Selbstsexualisierung der Protestierenden. Am 13. August hat nun auch in Berlin ein Slutwalk stattgefunden. Diana Drechsel vom Organisationsteam erklärt, wie dort mit der Kritik umgegangen wurde.
Viel wurde geschrieben über die Slutwalks, die seit April 2011 in über 100 Städten weltweit stattgefunden haben bzw. noch stattfinden werden. Von konstruktiver Kritik über boulevardmedientypische Verkürzungen bis hin zu diskreditierenden Beleidigungen in Internetforen war alles vorhanden. Hier soll es nur um die konstruktiven kritischen Anregungen gehen, die beim Organisationsteam Slutwalk Berlin eingegangen sind. Außerdem möchte ich erläutern, wie die Organisation des Walks abgelaufen ist: als Beispiel für die Gratwanderung zwischen Selbstreflexion, Konsensfindung und Handlungsfähigkeit. Das Berliner Team besteht aus über 30 Menschen, wobei jede_r unterschiedlich große Aufgaben übernommen hat und einige sporadisch dabei sind. Es kamen im Laufe der wöchentlichen Treffen seit Anfang Juni immer wieder neue Menschen dazu, andere schieden wieder aus. Die demokratische Plenumsgestaltung stand immer im Vordergrund, ebenso wie die Besprechung der Kritikpunkte, die wir selber hatten oder die an uns herangetragen wurden. Dabei versuchten die jeweils Anwesenden eine Art Konsens zu finden, um Standards für die Außenrepräsentation und Pressearbeit zu entwickeln. Es ist also dieser kleinste gemeinsame Nenner, der hinter dem fiktiven „Wir“ steht, das in Interviews verwendet wurde – und nicht eine in sich geschlossene homogene Gruppe. Die Kritik, die uns als Gruppe erreicht hat, deckte sich weitgehend mit jener, die schon bei anderen Walks geäußert wurde. Auf die drei häufigsten Kritikpunkte möchte ich genauer eingehen. Der Begriff der „Slut“ funktioniert nicht für jede_n, viele werden von der Bewegung ausgeschlossen, weil sie mit anderen Begriffen konfrontiert sind oder sich nicht als „Slut“ bezeichnen wollen/können. Natürlich funktioniert der Begriff „Slut“ nicht für alle. Welcher Begriff könnte schon für ALLE funktionieren? Wir sehen den Begriff als Synonym für alle sexualisierten Schimpfworte, Beleidigungen und Diskriminierun-
Illustration: Bianca Tschaikner
gen, mit denen Menschen konfrontiert werden. Durch den Slutwalk sollen die sexistischen Praxen skandalisiert werden, die sich aus einem System der Verwobenheit von Sexismus, Rassismus, Klassismus, Homo-, Trans*und Queerphobie etc. speisen. Jede_r Teilnehmer_in kann den Protest individuell gestalten, die Walks bieten den Raum dafür, geben aber nicht vor, was etwa auf den Plakaten zu stehen hat. Die entblößte Zurschaustellung der Frauen auf den Walks ist wieder nur eine Sexualisierung der Frauen! Über die Transparente, die auf den Walks getragen werden, wird die Botschaft der Körper sichtbar bzw. lesbar. Die Botschaften auf den Schildern durchbrechen die sexistische Sehgewohnheit, und diese Irritation birgt die Kraft der Dekonstruktion. Daher ist letztendlich jede Kleidung auf dem Walk als Performance zu betrachten, ob nun Minirock oder Baggypants, und: Es gibt keinen Dresscode! Slutwalks sind Veranstaltungen der weißen Mittelschicht! Viele von uns befinden sich als Künstler_innen, Student_innen, freie Autor_innen etc. in prekären Arbeitsverhältnissen, daher wehren wir uns gegen ein Schichten-Labeling. Ich verstehe diese Kritik allerdings als generelle Mahnung, sich der marginalisierenden Kategorisierungen bewusst zu werden, denen Menschen unterliegen, denn bei „Schicht“ und „race“ hören die hierarchisierten Zuschreibungen nicht auf. Das haben wir in Berlin getan und sind an unsere Grenzen gestoßen, begünstigt durch Zeitdruck, innerorganisatorische Auseinandersetzungen, Gruppenfindungsprozesse und begrenzte Kapazitäten. Für die Zukunft heißt es also: netzwerken, netzwerken und noch mal netzwerken, um die Slutwalks auf eine noch breitere Basis zu stellen. www.slutwalkberlin.de
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zeitausgleich
arbeitsfragen in allen
lebenslagen
einsparungen Frauenbibliotheken droht das Aus Die Zukunft der sieben unabhängigen frauenspezifischen Bibliotheken in Österreich sieht alles andere als rosig aus. „Wir stehen schon in Verhandlung mit verschiedenen Sponsoren. Wenn wir das Geld nicht anderweitig beschaffen können, wird es eng für unsere Bibliothek“, erzählt Margit Hauser vom Wiener Stichwort – Archiv der Frauen- und Lesbenbewegung. Auch Sylvia Groth vom Frauengesundheitszentrum in Graz hofft auf eine Lösung, „damit unser Angebot für Frauen und ihre Gesundheit bestehen bleiben kann“. Grund der großen Sorge ist die Entscheidung von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, ab 2012 keine außeruniversitären Bibliotheken mehr zu fördern. Laut der Grünen Frauensprecherin Judith Schwentner wurden die feministischen Einrichtungen ohnehin nur noch mit 24.000 Euro pro Jahr unterstützt. Die Einsparungen wären somit nur gering, für manche Archive könnten die Kürzungen jedoch das Aus bedeuten. Gerade diese spezialisierten Bibliotheken sind aber besonders wichtig, so Schwentner, da sie „in dieser Form im universitären Bereich nicht gewährleistet sind“. niho www.stichwort.or.at, www.fgz.co.at
Text: Mieze Medusa, Illustration: Nadine Kappacher
Sommerlochglotzen Sommer, die Zeit für heiße Schokolade, für Strickjacken, für Ganzkörperbikinis aus 8 mm Neopren, für heiß-fettiges Comfort-Food, fürs Abarbeiten von Zeitschulden im Freundeskreis, fürs Arbeiten an Langtexten, für Ouzo statt Bier, für Sonne im Herzen, wenn schon nicht im Fenster, fürs Ansichtskartenlesen, für die ganz dicken Bücher, für Spaß am Zeithaben, für Zeit zum Nachdenken: Was hab ich geschafft, was hab ich nicht geschafft, was vom Nicht-Geschafften ist es wert, nachgeholt zu werden. Darauf, wenn ich eine Antwort wüsste. Aber interessant: Es ist fast anstrengender, den einen Termin in der großen, langen, hart verdienten Sommerpause einzuhalten, als den Terminwahnsinn unterm Jahr zu schupfen. Oder die eine Deadline. Stattdessen: Im Käfig Basketball spielen mit dem 12-jährigen Problembevölkerungssegment und dann so tun, als hätten wir die Jungs gewinnen lassen. Sprachlos Zeitung lesen, weil London brennt und Oslo. Den Börsenkursen beim Badengehen zusehen und davon aber schon überhaupt nicht betroffen sein. Über das Spiel mit der Angst nachdenken. Über den Paragraph 278a. Über Promillegrenzen beim Fahrradfahren, über Pigmentflecken, Palastrevolutionen, Putzfrau (ja oder nein), über Panik, Plastikflaschenrecycling, Poetry Slam, den PIN-Code der eigenen Bankomatkarte, über Pornografie, Profit und Preisentwicklung, über Pilze, Plattitüden und Plomben. Und über die eigenen Prioritäten. Über den großen Pflatsch, den es macht, wenn ich mich mit der mir eigenen Eleganz auf eine Wasserfläche plumpsen lasse. Über das große Pfft, das es macht, wenn die Anspannung in mir nachlässt. Fazit: Sommer ist, wenn ich den Schreibtisch wieder nicht aufräume. Und das ist gut so. Mieze Medusa liebt Literatur, Rap und Poetry Slam und lebt ihr Leben danach. www.miezemedusa.com Nadine Kappacher gibt es da www.salon-nadine.at und dort http://meerweh.tumblr.com
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studie Sexuelle Gewalt gegen Journalistinnen Vor wenigen Monaten wurde die CBS-Journalistin Lara Logan während Dreharbeiten auf dem Kairoer Tahrir-Platz von mehreren unbekannten Männern vergewaltigt. Im Gegensatz zu vielen Kolleginnen, die sexueller Gewalt ausgesetzt sind, hat Logan über das Erlebte nicht geschwiegen und damit ein Tabu gebrochen. Ihr Fall gab nun Anlass für eine erste Studie zum Thema sexuelle Gewalt gegen Journalistinnen, die vom „Komitee zum Schutz von Journalistinnen“ (CPS) durchgeführt wurde. Erfragt wurden die Erfahrungen von 27 lokalen und internationalen Journalistinnen aus Asien, Afrika, Lateinamerika und dem mittleren Osten. Die dokumentierten Erlebnisse reichen dabei von Drohungen und Grapschereien über aggressive körperliche Verfolgung bis hin zu Vergewaltigung. Mit Übergriffen wie diesen wird nicht nur die journalistische Arbeit verhindert, sie werden auch ganz gezielt als „Strafmaßnahmen“ eingesetzt. Viele Betroffene trauen sich aus Scham und auch aus Angst vor Konsequenzen für ihre Karriere oft erst Jahre später, darüber zu berichten. Die Mehrheit der Studien-Teilnehmerinnen ließ sich nur unter garantierter Anonymität befragen. pix www.cpj.org/reports/2011/06/silencing-crime-sexual-violence-journalists.php
deutschland PID bedingt zugelassen Nach monatelanger öffentlicher Diskussion und einer stundenlangen, emotionalen Debatte ohne Fraktionszwang im deutschen Bundestag stimmten schließlich die Abgeordneten mehrheitlich für eine bedingte Zulassung von Präimplantationsdiagnostik (PID). Bei der PID werden Embryonen aus künstlicher Befruchtung in einem sehr frühen Stadium auf Erbkrankheiten oder Behinderungen untersucht. Nur gesunde Embryonen werden danach in den Mutterleib eingesetzt (siehe PID-Schwerpunkt in an.schläge 4/2011). Ein Jahr nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs, nach dem ÄrztInnen der Gen-Check erlaubt ist, stellte der Gesetzgeber erstmals Bedingungen für PID auf. Sie bleibt grundsätzlich verboten – wird aber erlaubt, wenn wegen erblicher Vorbelastung der Eltern eine Tot- oder Fehlgeburt oder schwere Krankheit des Kindes wahrscheinlich ist. Beratung ist Pflicht, eine
an.riss arbeit wissenschaft Ethikkommission muss zustimmen. Nach dem neuen Gesetz in Deutschland könnte auch in Österreich wieder Bewegung in die Diskussion kommen, die hierzulande nicht minder emotional besetzt ist und deshalb eher hinter vorgehaltener Hand geführt wird. GaH
verhütung Unzumutbare Nebenwirkungen? Was bereits Ende der 1980er Jahre angekündigt wurde, wird auch 2011 nicht auf den Markt gelangen: ein hormonelles Verhütungsmittel für den Mann. Am CeRA (Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie) in Münster wurde im Auftrag der WHO die aktuellste Studie in Sachen Verhütung für den Mann aufgrund der Nebenwirkungen abgebrochen. Rund zehn Prozent der Männer – darunter auch etliche aus der Kontrollgruppe mit Placebos – klagten über Depressionen, Gewichtszunahme oder Akne, die Studie mit den 43 Probanden (weltweit 400 Probanden in acht Ländern) zwischen 18 und 45 Jahren wurde frühzeitig gestoppt. Alle acht Wochen war den Männern zuvor eine Spritze aus Testosteron und Gestagen verabreicht worden, was die Produktion der Spermien auf Null reduzierte und damit sicherer als „die Pille“ für die Frau eine ungewollte Schwangerschaft verhindern sollte. Dass bisher kein hormonelles Verhütungsmittel für den Mann auf dem Markt erhältlich ist, liegt jedoch nicht an unzureichenden Präparaten. Die laut Studie unzumutbaren Nebenwirkungen werden seit Einführung der „Pille“ bei Frauen durchaus toleriert. In Frauengesundheit marktführende Konzerne wie Bayer Schering haben ihre Forschung dazu bereits vor fünf Jahren eingestellt. mij http://repro.klinikum.uni-muenster.de/html/kontrazeption.html
wal-mart Frauenklage abgewiesen Die bisher größte Sammelklage in der amerikanischen Rechtsgeschichte ist gescheitert. Wal-Mart, der weltgrößte private Arbeitgeber, wurde von 1,5 Millionen Angestellten geklagt . Die Klage bezog sich auf die systematische Diskriminierung von Frauen, sowohl bei der Bezahlung als auch bei Beförde-
rungen (siehe an.schläge 5/2011). Fünf von sechs männlichen Mitgliedern des Obersten Gerichtshofs der USA entschieden zugunsten von Wal-Mart. Ohne diese rechtskonservative Männermehrheit wäre die Entscheidung anders ausgefallen, sind Feministinnen und Bürgerrechtler_innen überzeugt. Nun wird befürchtet, dass diese Entscheidung Vorbildwirkung für künftige Diskriminierungsklagen haben könnte: Die Entscheidung im Prozess gegen Bayer US wegen Diskriminierung steht nämlich noch aus. miak www.womensenews.org
studie Mama arbeitet – und das ist gut so! Eine britische Studie widerlegt den verbreiteten Mythos von arbeitenden Rabenmütter und ihren verwahrlosten, verhaltensgestörten (Schlüssel-)Kindern. Ann McMunn und ihre KollegInnen vom University College London belegen, dass sich die Berufsausübung von Müttern positiv auf das emotionale und soziale Verhalten ihrer Kinder auswirkt. Dies trifft auf beide Geschlechter zu, konnte aber bei Mädchen noch stärker nachgewiesen werden. Bei fünfjährigen Mädchen konnte festgestellt werden, dass jene in egalitären Haushalten, in denen beide Elternteile einer bezahlten Arbeit nachgehen, kaum Verhaltensstörungen aufweisen und emotional stabiler sind als Mädchen in traditionellen Familien mit einem Vater als Brötchenverdiener. miak http://jech.bmj.com/content/early/2011/01/10/jech.2010.109553.abstract
studie Veraltete und falsche Informationen Die EU legt ihre erste umfassende Studie zur rechtlichen Situation von homo-, bisexuellen und Transgenderpersonen (LGBT-Personen) vor. Ziel der Studie war die Abbildung der gesetzlichen Lage in den 47 Mitgliedsstaaten im Hinblick auf die Einhaltung der Menschenrechte. Außerdem sollten aufgrund der gravierenden Unterschiede zwischen den nationalen Gesetzeslagen Maßnahmen erarbeitet werden, die zu einer Verbesserung der Situation beitragen. Die Ergebnisse sind ernüchternd. In allen Mitgliedsstaaten sind LGBT-Personen im Alltag mit Diskriminierung konfrontiert. Grund dafür sind laut Studie v.a. „veraltete und falsche Informationen“ über sexuelle Orientierung, Geschlecht und Gender-Identität. Als Lösungsstrategie empfehlen die AutorInnen der Studie eine Anpassung und Verbesserung der Gesetze, um Diskriminierung die rechtliche Basis zu entziehen, sowie klare Realisierungspläne und Mechanismen, damit sich die Gesetze auch im täglichen Leben von LGBT-Personen niederschlagen. pix www.coe.int/t/Commissioner/Source/LGBT/LGBTStudy2011_en.pdf
Calls & Tagungen „Feministische Kritik und Widerstand“, Abstract bis 15.9., www.dvpw.de/fileadmin/docs/cfp/2011-09-17.pdf „8th European Feminist Research Conference“ (Budapest), Abstract bis 30.9. uploaden, www.8thfeministconference.org/index.php?menu=3 „Audre Lorde’s Transatlantic Sisterhoods“, Abstract bis 30.9., http://call-for-papers.sas.upenn.edu/node/41837 „WSQ Special Issue: Enchantment“, Artikel bis 1.10., www.feministpress.org/wsq/current-call-papers „gender-politik-online.de“, Internet-Portal des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaften der Freien Universität Berlin, Beiträge jederzeit einreichbar, http://web.fu-berlin.de/gpo Tagung: „When we were gender ... Geschlechter erinnern und vergessen“, 29.9.–1.10., Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, www.uni-klu.ac.at/gender/inhalt/1876.htm Symposium: „Hat wissenschaftliche Leistung ein Geschlecht? Aktuelle Beiträge zur Exzellenzdebatte 2011“, Medizinische Universität Wien, 4.10., www.meduniwien.ac.at Symposium: „Muse auf Knopfdruck. Arbeitsverhältnisse der Freischaffenden in Kunst und Wissenschaft“, DOKU GRAZ, 7.–8.10., www.vfw.or.at, www.doku.at September 2011 an.schläge l 29
sexualität & krieg
„Ein persönliches und politisches Projekt“ Regina Mühlhäuser arbeitet seit fast 20 Jahren zu Krieg, Gewalt und Sexualität. Sexuelle Gewalt durch Soldaten der deutschen Wehrmacht wird jedoch auch 70 Jahre nach dem Überfall auf die Sowjetunion kaum thematisiert. Ein Interview von Kendra Eckhorst. ler Gewalt waren oft fließend. Der Begriff soll die Bandbreite, keineswegs nur heterosexueller Art, deutlich machen. Es prallt etwas aufeinander: unterschiedliche Geschlechtervorstellungen in sich feindlich gegenüberstehenden Gesellschaften, unterschiedliche Machtpositionen und Kulturen. Schließlich will ich auch deutlich machen, welche Bedeutung Sexualität für einen Krieg hat, und frage nach der Sexualisierung von Kriegshandlungen und den Effekten. Das Arbeitszimmer von Regina Mühlhäuser – das Plakat, auf dem zur politischen und finanziellen Unterstützung von Überlebenden der „comfort stations“ aufgerufen wird, gehört zu einer Kampagne von südkoreanischen Frauenorganisationen 1992. Foto: Regina Mühlhäuser
In ihrem Buch „Eroberungen. Sexuelle Gewalttaten und intime Beziehungen deutscher Soldaten in der Sowjetunion 1941–1945“ beschreibt und untersucht Regina Mühlhäuser sexuelle Verbrechen ebenso wie romantische Begegnungen, die während des Vernichtungsfeldzugs stattfanden.
an.schläge: Du hast den Begriff des „sexuellen Zusammentreffen“ eingeführt. Was ist damit gemeint? Regina Mühlhäuser: Anfangs verbuchte ich jegliche Form von Sexualität im Krieg unter Gewalt, stellte mit der Zeit aber fest, dass es Facetten gibt. So kam ich auf den zugegeben etwas abstrusen Begriff „sexuelle Zusammentreffen“, entlehnt aus dem englischen „sexual encounters“. Für mich umfasst er erstens sexuelle Gewalt: erzwungenes Auskleiden, sexuelle Folter, Vergewaltigung mit dem Penis, 30 l an.schläge September 2011
mit Gliedmaßen oder Gegenständen, sexuelle Versklavung oder erzwungene Schwangerschaft – alles Tatbestände, die heute im internationalen Strafrecht ausdifferenziert werden. Weiter ist damit sexueller Tauschhandel gemeint: einmaliger Handel im Tausch gegen Nahrungsmittel, professionelle Prostitution und Militärbordelle. Außerdem gibt es einvernehmliche Verhältnisse, Affären und romantische Beziehungen. Auch Wehrmachtssoldaten, die sich auf einem Eroberungsfeldzug befanden, sehnten sich nach Romantik und Glück. Diese Suche fand nicht jenseits des Krieges statt, sondern war von den Machtverhältnissen geprägt. Wie nahm ihre Umgebung den deutschen Soldaten wahr – als Befreier von der sowjetischen Besatzung oder als Feind? Galt sie am Ende als Kollaborateurin? Die Übergänge zwischen einvernehmlichen Verhältnissen, Tauschhandel und sexuel-
Die Beschäftigung mit Sexualität, Gewalt und Krieg erfuhr in den 1990er Jahren, vor allem während der Kriege in Ex-Jugoslawien eine breitere Diskussion. Galt es vorher als Tabuthema? Susan Brownmiller hat in „Gegen unseren Willen“ in den 1970er Jahren schon zum Thema Kriegsvergewaltigungen veröffentlicht. Auch in bestimmten Teilen der Frauenbewegung war das Thema zu dieser Zeit relevant. Aber ab Anfang der 1990er Jahre, mit den Kriegen in Ex-Jugoslawien und Ruanda, wurde sexuelle Gewalt auch verstärkt in den Massenmedien diskutiert. Feministinnen, etwa die NGO medica mondiale, suchten nach Formen, wie sie den Frauen helfen, das Problem beschreiben und bekämpfen konnten. Sie gründeten beispielsweise Therapiezentren. Zur gleichen Zeit trat die Koreanerin Haksoon Kim öffentlich im Fernsehen auf und forderte als ehemalige „comfort
sexualität & krieg woman“1 der japanischen Armee eine offizielle Entschuldigung und Entschädigung der japanischen Regierung. Mit ihrem Auftritt als Frau, die in ein Militärbordell verschleppt und vergewaltigt worden war, trat sie etwas Unvorstellbares los. Andere Betroffene fassten Mut, eine internationale Bewegung entstand, die für die Frauen eintrat und auch vor Gerichten für sie kämpfte. Neben einem politisch-aktivistischen Umgang wurde das Thema auch durch wissenschaftliche Forschungen angestoßen. Beispielsweise durch ChungOk Yun, eine koreanische Professorin, die schon in den 1980er Jahren Interviews geführt hatte. Diese Aktivitäten auf beiden Feldern zeichnen den Umgang bis heute aus.
fragen: Was hat das mit meiner eigenen Familiengeschichte zu tun?
In deiner Arbeit sprichst du die unterschiedliche Beurteilung von sexueller Gewalt durch die deutsche Wehrmacht an. So wurden Vergewaltigungen in Frankreich schärfer geahndet als in der Sowjetunion. Wurden hier rassenideologische Momente zum Freifahrtschein? Das deutsche Militär stand in einem Konflikt: Einerseits erachtete man sexuelle Kontakte als Risiko, fürchtete sexuell übertragbare Krankheiten und Spionage. Andererseits galt männliche Virilität als Ausdruck nationaler Stärke und letztlich förderlich für die
„Frauen gaben an, dass die zurückkehrenden Männer in Beziehungen und Ehen sehr gewalttätig waren. Der Krieg verschwindet nicht einfach, ist kein abgeschlossener Ausnahmezustand.“ Führte das auch zu einer akademischen Anerkennung? Viele Wissenschaftler_innen berichten, dass man sich mit diesem Thema an deutschen Universitäten keine Freunde macht. Oft werden die Arbeiten auf die „Frauenschiene“ abgeschoben. Es gibt eine große Berührungsangst mit dem Thema, denn Sexualität im Krieg und in Friedenszeiten geht zwar nicht ineinander auf, aber es ist auch nicht voneinander zu lösen. So wird Vergewaltigung meist nicht explizit befohlen, dennoch ist es eine Handlungsoption für Männer im Krieg. Warum? Wie sehen die Geschlechterbilder der Soldaten aus? Und mit welchen Ehrvorstellungen erleben die Opfer sexuelle Gewalt? Auch nach dem Ende eines Kriegs tradieren sich sexuelle Erfahrungen. Inwiefern? In Interviews, die Sibylle Meyer und Eva Schulze in den 1980er Jahren führten, gaben Frauen an, dass die zurückkehrenden Männer in Beziehungen und Ehen sehr gewalttätig waren. Der Krieg verschwindet nicht einfach, ist kein abgeschlossener Ausnahmezustand. Die Erfahrungen gehen in die Familienstrukturen ein, und man kann sich
Kriegsziele. Rassistische Verbote zu „unerwünschtem Geschlechtsverkehr“ standen zwar auf dem Papier, wurden in der Sowjetunion – anders als innerhalb der deutschen Reichsgrenzen – aber relativ selten durchgesetzt. Die wenigen Urteile der Wehrmachtsgerichte in der Sowjetunion hoben kaum auf NS-Rassevorstellungen ab. Viele Männer glaubten auch, in Russland seien die Gesetze zu „Rassenschande“ außer Kraft gesetzt.
Dominante Nachkriegserzählungen betonen die Massenvergewaltigungen durch die Rote Armee. Kratzt deine Arbeit an dieser Erzählung? Ich will das nicht gegeneinander ausspielen. Wichtiger ist es, die jeweiligen Gewalttaten zu verstehen. Auf einer weiteren Ebene muss dann die Frage gestellt werden, wie Vergewaltigungen politisiert und instrumentalisiert werden. So wurden die Vergewaltigungen durch die Rote Armee benutzt, um Deutschland als Opfer darzustellen. Dabei wurden die Taten desexualisiert. Du hast Interviews mit koreanischen Frauen und mit deutschen Frauen geführt, die sexueller Gewalt im Krieg ausgesetzt waren, und auch Täter, hier
die deutschen Wehrmachtssoldaten, analysiert. Inwiefern ähneln sich die Situationen der Frauen? Am einfachsten kann ich das als persönliche Geschichte erzählen. In Korea, Anfang der 1990er Jahre, führte ich Interviews mit einer ahistorischen Vorstellung im Hinterkopf, nämlich: Frauen sind in Kriegen immer Opfer von Männergewalt. In den Interviews mit den deutschen Frauen, die durch Soldaten der Roten Armee vergewaltigt worden waren, habe ich dann Ende der 1990er Jahre im Gegensatz dazu ganz stark historisiert und die kulturellen, nationalen, historischen Zusammenhänge herausgearbeitet. Sonst ist die Konstellation „deutsche Frauen als Opfer, Befreiungssoldaten als Täter“ nicht begreifbar. Mittlerweile halte ich beide Herangehensweisen für wichtig, einmal die strukturellen Gemeinsamkeiten herauszustellen, die zum Beispiel im Geschlechterverhältnis liegen, in transkulturellen Vorstellungen von Männlichkeit und der Entgrenzung von Gewalt im Krieg. Daneben müssen viele Facetten genuin historisiert werden, um einen bestimmten Kriegsschauplatz zu verstehen. Wie hältst du Nähe und Distanz zu dem Thema? Es gibt für mich immer noch etwas zu verstehen und ich halte die Erforschung für gesellschaftlich relevant: ein persönliches und politisches Projekt. Die Herausforderung liegt für mich darin, eine Sprache zu finden, in der „sexuelle Zusammentreffen“ angemessen dargestellt werden können. Manchmal suche ich tagelang nach der adäquaten Beschreibung einer Quelle, die weder voyeuristisch ist noch bestimmte Klischees nahelegt und zugleich die unterschiedlichen Facetten der Thematisierung sexueller Gewalt aufzeigt. l
Regina Mühlhäuser ist Historikerin und Mitarbeiterin im Arbeitskreis „Krieg und Geschlecht“ des Hamburger Instituts für Sozialforschung sowie Mitglied einer internationalen Forschungsgruppe zu „Sexual violence in armed conflicts“. Kendra Eckhorst lebt als freie Journalistin in Hamburg.
1 „Comfort women“ (Trostfrauen) wurden in Japan die Opfer von Zwangsprostitution im Zweiten Weltkrieg genannt.
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an.riss kultur theater Tschechow on the Highway to Mittelmaß Schon bei Tschechow wurden die „Drei Schwestern“ Irina, Mascha und Olga von Einsamkeit, Lebensüberdruss und Selbstbehinderung gebeutelt. Die Autorin Rebekka Kricheldor zeigt sie in „Villa Dolorosa. Drei missratene Geburtstage“ als Mitglieder der modernen Wohlstandsgesellschaft, der alle Wege offenstehen und die gerade deshalb ihren Weg nicht mehr findet. „On the Highway to Mittelmaß“ verzweifeln sie an ihren Möglichkeiten und Privilegien. Rebekka Kricheldorf ist Preisträgerin des Heidelberger Stückemarkts 2002, des Kleist-Förderpreises 2003 und wurde 2010 mit „Villa Dolorosa“ zu den Autorentheatertagen ans Deutsche Theater Berlin eingeladen. In der österreichischen Erstaufführung von „Villa Dolorosa“ führt Katrin Schurich Regie. han
Foto: Lisbeth Kovacic/brut
Villa Dolorosa. Drei missratene Geburtstage. 14.–17., 21.–24., 28.–30.9., Kosmos Theater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42, T. 01/523 12 26, www.kosmostheater.at, karten@kosmostheater.at
performance Militante Telenovelas
erinnerung I+II Birken und Blumen
Flor Edwarda Gurrola war bereits als Kind ein Star – sie spielte in der mexikanischen Telenovela „La vida en el espejo“. Als nunmehr erwachsene Performerin unternimmt sie in der transnationalen Performance „Who shot the princess?“ eine Wanderung von Melodrama zu Militanz. Elfriede Jelineks Schneewittchen, Kaiser Maximilian und Frida Kahlo säumen ihren Weg auf der Flucht vor dem TV-Business. Ein dreitägiges Symposion beschäftigt sich daneben mit dem Thema „Melodrama und Rebellion. Politik und Ästhetik in Europa und Lateinamerika“. Theoretische und performative Beiträge wie Diskussionen, Film, Performance und Party befragen melodramatische Erzähl- und Aktionsformen nach ihrem aktuellen politischen Potenzial. Die Frage lautet: Wie drückt sich politisches Begehren sprachlich und gestisch aus, wie lässt es sich verkörpern? Zur geistigen wie körperlichen Stärkung gibt es dazu Bücher, Zeitschriften, Infos, Tortillas, Nachos und zapatistischen Kaffee. han
2010 starb Johanna Dohnal. Um an die österreichische Frauenministerin, ihr politisches Handeln und Wirken zu erinnern, hat die Künstlerin Isabella Kresse Bäume gepflanzt. In 23 öffentlichen und ausschließlich nach Männern benannten Parks in allen Wiener Gemeindebezirken hat sie Birken eingesetzt, um Dohnal und ihr Vermächtnis in das kollektive Gedächtnis einzuschreiben. Parks, die etwa nach Carl Auer von Welsbach, Albert Weghuber oder Bruno Kreisky benannt sind, erhalten nun auch eine Betonplatte mit dem Schriftzug „Für Johanna“. Birken sind dafür bekannt, als Pionierpflanzen in neuen, noch nicht besiedelten Gebieten schnell heimisch zu werden. So wie das Johanna Dohnal in der männlich geprägten Politiklandschaft gelang, so werden die Birken nun etwa im Hermann-GmeinerPark, dem Wettsteinpark oder am Schwarzenbergplatz heimisch werden. Eine andere Pflanzen-Installation ist bis 31. Oktober 2012 zu sehen: Die bildende Künstlerin Carola Dertnig und die Landschaftsgestalterin Julia Rode lassen am Morzinplatz im 1. Wiener Gemeindebezirk, auf einem Rasenplatz vor der ehemaligen „Gestapo-Leitstelle Wien“, den Schriftzug „ZU SPÄT“ wachsen. Gemeint sind damit die Versäumnisse bei der Anerkennung von LGBT-Opfern des Nationalsozialismus in Österreich. han
Who shot the princess? Boxstop Telenovelas. 16., 17., 23., 24.9., 20.00; Melodrama und Rebellion – Symposion zu Politik und Ästhetik in Europa und Lateinamerika, 23.–25.9., Brut im Künstlerhaus, 1010 Wien, Karlsplatz 5
theater Komm mit auf Reise „wenn es soweit ist“ nennt sich eine Wiener Gruppe um die Theater- und Filmregisseurin Jacqueline Kornmüller und den Schauspieler und Produzenten Peter Wolf. Gegründet wurde sie 2009 mit dem Ziel, philosophisches und gesellschaftspolitisches Material ebenso wie das alltägliche Leben mit seinen individuellen Besonderheiten zu untersuchen. In ihrem neuesten Projekt bringt Kornmüller dreißig MigrantInnen unterschiedlichen Alters und unterschiedlichster Herkunft auf die Bühne. Die ProtagonistInnen sind keine SchauspielerInnen, sondern sie erzählen ihre persönlichen Geschichten von Gewalt und Flucht, Sicherheit und Existenz, Möglichkeiten und Restriktionen. Dreißig Personen aus allen Ecken der Welt finden so im Volkstheater Wien zusammen und wollen gehört werden. bicou Die Reise. 23.,27.,29.9. sowie 2.,7.,22.,23.,31.10, 19:30, Volkstheater Wien, 1070 Wien, Stiftgasse 1, www.wennessoweitist.com, www.volkstheater.at
32 l an.schläge September 2011
www.koer.or.at/de/news/
erinnerung III Steine für Bücher Der Traunsee ist der tiefste See Österreichs. Viel Überflüssiges, Nichtmehr-zu-Gebrauchendes, Wertloses mag auf seinem Grund zu finden sein, gilt die Entsorgung eben dieser Dinge in der Traun oder im Traunsee doch als lokale Tradition. Seit März 1934 liegen in den 191 Metern Tiefe auch 800 Bücher begraben. Das Bundesministerium für Unterricht beauftragte damals den Volksbildungsreferenten Adalbert Depiny, gegen die sozialdemokratischen Bildungseinrichtungen vorzugehen, in der Folge wurde die „Arbeiterbibliothek“ von Ebensee im See versenkt. Welche Bücher es waren, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Im Rahmen von „Lustvoll Böse“, einem Projekt von „FIFTITU% – Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in Oberösterreich“ erinnern die bildenden KünstlerInnen Sabrina Kern und Alexander Jöchl nun mit der temporären Aktion „Versenkungen“ an dieses Ereignis und rufen zugleich dazu auf, über
nach wie vor vorhandene faschistische Strukturen zu reflektieren. Jeweils am 22. September werden beginnend mit 2011 über drei Jahre hinweg 191 Flusssteine, die mit Autor_in, Buchtitel, Untertitel, Erscheinungsort und Publikationsjahr versehen sind, an den Schnittstellen Traunmündung/ Traunsee und Wasser/Land lose verteilt hingelegt. Ausgewählt wurden dafür Bücher, die sich kritisch mit der bis heute andauernden Fortschreibung von (austro-)faschistischen und nationalsozialistischen Strukturen beschäftigen oder antifaschistisches, antirassistisches, queer-feministisches und postkoloniales Wissen beinhalten. han
lebenslauf auch feministinnen altern
www.fiftitu.at/lustvoll-boese
kulturpolitik Die Kunst trotzt der Krise? Über ein erfolgreiches Jahr für die Kunst freut sich Bundesministerin Claudia Schmied mit dem Erscheinen des Kunstberichtes 2010. Die Kunst trotzte der Krise, das soll der Bericht untermauern. Zwar sank die Gesamtsumme der Kunstförderungen von 91,3 Millionen Euro 2009 auf nunmehr 87,8 Millionen Euro, doch sei, so die Ministerin in einer Aussendung, von den Kürzungen nur die „höchstdotierte Bühnenkunst“, sprich: die diversen Festspiele und großen Theater, betroffen. Als Erfolg wertet der Bericht, dass trotz der Sparmaßnahmen der Bundesregierung der Bildenden Kunst, dem Film, der Literatur und regionalen Kulturinitiativen „im Wesentlichen“ dieselben Mittel wie 2009 geblieben seien, was insgesamt inflationsbedingt eine Verringerung der Mittel bedeutete. Der Bericht gliedert die Aufwendungen der Fördermittel nach Frauen und Männern: Insgesamt gingen 46 Prozent aller Förderungen an Frauen, wobei der durchschnittliche Einzelförderbetrag bei Frauen mit 4.335 Euro bereits höher lag als der Vergleichswert bei den Männern, dies aber deshalb, „da es ja weniger Künstlerinnen als Künstler gibt“. Erfreulich: Bei den Beirats- und Jurymitgliedern stehen 145 Frauen 95 Männern gegenüber. han
Dies & Das Mit ihrem Roman „Engel des Vergessens“ hat die Kärntner Autorin Maja Haderlap den diesjährigen Bachmann-Preis gewonnen. Wir gratulieren! Der Camera Austria-Preis der Stadt Graz für zeitgenössische Fotografie 2011 geht an Heidrun Holzfeind. Herzlichen Glückwunsch! Bis zum 21. Oktober (Poststempel!) können Beiträge für Tricky Women 2012 eingereicht werden. Die Animationen müssen von Frauen realisiert, in den Jahren 2010 oder 2011 fertiggestellt und dürfen noch nicht bei Tricky Women eingereicht worden sein. Infos und Downloads unter www.trickywomen.at/festival/call-2012/ Die Einreichfrist für das „TKI open 12_kein Thema“ endet am 19. Oktober 2011. Mehr Infos dazu gibt es unter office@tki.at oder www.tki.at
Birgit Meinhard-Schiebel
Feminismus als Lebensqualität Mit den Suffragetten hat alles angefangen. Sie haben sich verhöhnen lassen müssen, und wer das Pech hatte, in weniger fortschrittlichen Kreisen zu leben, hat vielleicht noch daheim die Hand des Herrn deutlich zu spüren bekommen. Viel hat sich geändert seither – aber doch nicht. Immer noch schlagen mehr als genug Frauen Räder, wenn sie jemand „Emanze“ nennt. Zu Recht, weil der Ton die Musik macht . Zu Recht, weil es als Beschimpfung, Herabwürdigung, Diskriminierung daherkommt. Dass mittlerweile manche, wenige, aufgeklärte Männer sich Emanzer oder Feminist nennen, ist nett, aber zu wenig. Als Frau, die in einem Frauenhaushalt groß geworden ist, waren für mich Begriffe wie Feminismus oder Emanzipation keine geläufigen Vokabeln. Gelebt war beides selbstverständlich. Gleiches Recht für Frauen, für Mädchen und kein verschämtes Blinzeln in Richtung männlicher Retter oder Märchenprinz. Das große Staunen kam erst später. Bei Gesprächen mit Frauen, die um all das erst kämpfen mussten, und die mir ihre Welt erklärt haben. Dass gerade Privilegierte wie ich für und mit ihnen kämpfen müssen. Kein leichter Kampf, einer mit vielen unterschiedlichen Begehrlichkeiten und Anliegen. Ein Kampf für jede einzelne Frau und trotzdem für alle. Gegen eine Gesellschaft, die sich ihre Konventionen nicht ganz nehmen lässt. Gelungen ist manches in den letzten Jahrzehnten. Mehr Frauen in öffentlichen Bereichen, in besseren Positionen, gendergerechte Sprache, gendergerechte Medizin, Genderbeauftragte und und und. Hinter vorgehaltener Hand, in den „eigenen vier Wänden“, tobt der Kleinkrieg oft erbarmungslos weiter. Solange das Wort Feminismus immer noch von rassistisch denkenden und handelnden Personen verwendet wird, ist der Kampf nur halb gewonnen. Erst wenn es so selbstverständlich gebraucht wird wie der Begriff Lebensqualität u.a., wenn es weder erklärt noch verteidigt werden muss, ist ein Teil der Welt in Ordnung.
Birgit Meinhard-Schiebel ist u.a. Gründerin der Facebook-Gruppe „Alter ist nichts für Feiglinge“.
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charlotte roche
Familienglück statt Hämorrhoiden Auf „Feuchtgebiete“ folgt nun „Schoßgebete“. Die Aufmerksamkeitsmaschinerie rund um Charlotte Roches neuen Roman verspricht Sex und Tabubruch. Stattdessen gibt es neokonservative Beziehungsmuster und Psychotherapie. Von Irmi Wutscher
Charlotte Roche: Schoßgebete Piper 2011, 17,50 Euro
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WG-Party, Mai 2008, 4 Uhr früh. Über das herumliegende pinkfarbene Buch und die beherzten Lesungen daraus ist ein erbitterter Streit entflammt. Die „Oh Gott, wie widerlich ist das denn“Fraktion liegt massiv im Clinch mit der „Endlich reden Frauen über ihre Körperflüssigkeiten“-Fraktion. Eine Mitbewohnerin (von ersterer Fraktion) ist so wütend, dass sie die Diskussion verlassen und schlafen gehen muss. Als kryptisches Überbleibsel des Partystreits steht wochenlang noch „Bei uns heißt das Karfiol“ (eine Reminiszenz an die im Buch des Langen und Breiten besprochenen Blumenkohl-Hämorrhoiden) mit Lippenstift quer über den Badezimmerspiegel geschrieben. An „Feuchtgebiete“ ist seit dem Frühjahr 2008 niemand vorbeigekommen, hatte man es gelesen oder nicht. „Hygiene wird bei mir kleingeschrieben.“ Mit diesem zentralen Satz ihres Buchs „Feuchtgebiete“ hat Charlotte Roche 2008 die gängigen Geschmacksund Schamgrenzen gehörig ausgereizt und ausgedehnt. Die 18-jährige Protagonistin Helen Memel benutzt Avocadokerne als Dildo, wischt bei jedem Klogang auf öffentlichen Toiletten mit den Schamlippen kräftig über die Klobrille und beschäftigt sich im Detail mit ihren Körperflüssigkeiten. „Feuchtgebiete“ hat polarisiert und aufgeregt, und es wurde viel und oft und meist sehr emotional darüber diskutiert. Wegen der vielen Sex- und Masturbationsszenen und weil die Rahmenhandlung (Helen liegt im
Foto: Jochen Schmitz
Krankenhaus) recht dürftig ausfällt, musste sich Charlotte Roche auch den Vorwurf gefallen lassen, sie hätte mit „Feuchtgebiete“ Pornografie und keine Literatur produziert. Es hält sich auch hartnäckig das Gerücht, das Buch würde zu gleichen Teilen von jungen Frauen und alten Männern gelesen. Ehe-Sex statt Avocado-Dildo. Nun ist Roches zweites Buch erschienen, „Schoßgebete“ heißt es. Und die alten Männer werden enttäuscht sein. Zumindest ab Seite 15. Denn was mit einer deftigen und detaillierten Sexszene im Stil von „Feuchtgebiete“ beginnt, wird zum Psychogramm einer Langzeitbeziehung, zur Psychoanalyse in Buchform, zu einer anstrengenden Aufarbeitung verschiedenster Traumata der Hauptfigur, die sich in großen Teilen mit Charlotte Roche deckt. „Wenn ‚Feuchtgebiete‘ ein Roman über meine Jugend ist, dann erzählt ‚Schoßgebete‘ von meinem Erwachsensein“, erklärt Roche im Vor-
ab-Interview mit dem „Spiegel“. Helen Memel aus dem Vorgänger-Bestseller ist erwachsen geworden. Die Protagonistin heißt jetzt Elizabeth Kiehl, ist 33 Jahre alt und lebt mit Mann und Kind in einer Patchworkfamilien-Konstellation. „Schoßgebete“ erzählt von drei Tagen aus ihrem Leben, das geprägt ist von Kindversorgen, sexuellen Diensten für den Mann und Psychotherapie; dazwischen Gegrübel, Rückblenden, Angstzustände. Die Hauptfigur Elizabeth schleppt ziemlich viel mit sich herum. Wie in Charlotte Roches eigener Biografie geschieht am Tag ihrer Hochzeit ein schrecklicher Unfall. Ihre Mutter und ihre drei Brüder verunglücken mit dem Auto, die Brüder sterben, die Mutter überlebt schwer verletzt. War Sex in „Feuchtgebiete“ noch Programm und Selbstzweck, so ist er in „Schoßgebete“ die Garnierung auf dem Kuchen, der hier „die neurotische Frau im Allgemeinen und ihre Beziehungsarbeit im Besonderen“ ist. Oder
charlotte roche vielleicht die bewusst gestreute Krume, um auch den alten Mann länger am Ball zu halten. Geworben wurde für das Buch vorab allerdings ausschließlich mit den SexSzenen, und es wurde versprochen, das angeblich letzte Tabu „Sex in der Ehe“ zu lüften. Nur dass dieses angeblich letzte Tabu, die lebenslange Ehe, gesellschaftliche Wunschvorlage und (hetero-)normativer Zwang ist – und keinesfalls revolutionär. Während Roche vordergründig alle möglichen Gebote umstößt, vor allem sexuelle, bleibt jenes der romantischen Zweierbeziehung unangetastet. Noch ein Tabu habe sie aufgreifen wollen, sagt Roche im Interview: die Frau als Beziehungsterroristin. Doch das „hysterische Weib“ ist ein wiederkehrender Topos aus Literatur und Film. Auch Roches Ausführungen in „Feucht-
Hygiene- und Rasurzwang zu wenden, hat das Buch erfüllt. Denn sie hat damit Themen aufgegriffen, die scheinbar tatsächlich noch tabu, oder – denkt man etwa an neue Intimfrisur- oder Schamlippen-Normen – inzwischen vielleicht sogar wieder tabuisierter sind als noch vor zehn Jahren. Biederer Tabubruch. Thea Dorn schreibt in einem Kommentar in der „Zeit“: „Was ist der Unterschied zwischen Josef Fritzl und Charlotte Roche? Im Fall Fritzl schlummert hinter der Fassade der Biederkeit der Tabubruch. Im Fall Roche schlummert hinter der Fassade des Tabubruchs die Biederkeit.“ Charlotte Roche wird gerne unterstellt, sie habe diesen Tabubruch ganz bewusst kalkuliert und inszeniert. Für die dahinter verborgene Biederkeit
Während wir das Gefühl hatten, dass junge Frauen längst offensiv mit dem Thema Sex umgehen und ihre Dildos offen im Badezimmer herumstehen haben, hat die aufgeregte Diskussion gezeigt, dass dem mitnichten so ist. gebiete“ schienen zunächst nicht unbedingt revolutionär. Doch Feministinnen mussten erstaunt feststellen, dass das explizite Beschreiben von Körperlichkeiten und von weiblicher Sexualität und Selbstbefriedigung noch immer derart für Furore sorgen konnte. Während wir das Gefühl hatten, dass junge Frauen längst offensiv mit dem Thema umgehen und ihre Dildos offen im Badezimmer herumstehen haben, hat die aufgeregte Diskussion gezeigt, dass dem mitnichten so ist. Charlotte Roche sagt, sie habe das Buch für jene jungen Frauen geschrieben, denen von klein auf immer beigebracht worden sei, sie müssten sich z.B. für ihren Körpergeruch schämen. Daher mag man „Feuchtgebiete“ vielleicht vorwerfen, pornografisch-voyeuristische Gelüste zu befriedigen oder einfach nur schlecht und uninteressant geschrieben zu sein. Aber Charlotte Roches Anspruch, Frauen Worte für Details ihrer Sexualität zu geben und sich gegen den
spricht, dass sie Mut zum Haar predigt, ihn selbst aber nicht hat, weil sie mit Achselhaaren in ihrer VIVA-Zeit „unter den Kommentaren gelitten habe wie ein Hund“. Oder dass sie jedem/r, der/die es hören will, erzählt, sie wolle nicht, dass ihre Eltern „Feuchtgebiete“ lesen. Wie in ihrem Buch balanciert Charlotte Roche auch in persona punktgenau auf einem schmalen Grat, auf dem sie sich einerseits als unschuldiges, verletzliches Mädchen gibt, das auf der anderen Seite explizit und ungeniert mit HardcoreThemen aufwartet. Genau diese Mischung aus Unschuld und Sex ist einerseits eine klassische Porno-Zutat und Garant für Aufreger, weil alle Welt rätselt, wie viel Verdorbenheit wirklich im Rehauge-Mädchen in der weißen Spitzenbluse steckt. Aber: Warum einer jungen Frau vorwerfen, was Generationen sogenannter Skandalautoren vor ihr genauso gemacht haben? Das derbe Zotenreißen haben die Männer seit Jahrhunderten für sich gepach-
tet, und jetzt spielt eben eine Frau auf genau dieser Klaviatur. Das provoziert, vor allem die Männer, die die Zotenhoheit offensichtlich ungern hergeben. Wie etwa Heinz Strunks, der zuvor mit Frau Roche in Sachen „Selbstbefriedigung mit Staubsauger“ tourte und dabei häufig und gern vom Wichsen schrieb und las. Mit „Fleckenteufel“ brachte er umgehend eine Replik auf „Feuchtgebiete“ heraus. Wichsen ist scheinbar immer noch Männersache. Neokonservativer Beziehungsterror. Was man Roche durchaus vorwerfen kann: Von der emanzipatorischen Absicht von „Feuchtgebiete“ ist in ihrem neuen Buch nichts mehr geblieben. Denn was dort in der biederen Rahmenhandlung nur vorsichtig angedeutet wurde (die Eltern versöhnen, ewiges Liebesglück mit dem Krankenpfleger), wird hier gnadenlos durchgezogen und mündet in neokonservativen Beziehungsterror, wo Für-Immer-ZusammenBleiben oberstes Gebot und die lähmende Monogamie die Crux desselben ist. Sie will ihrem Kind die optimale Mutter sein, ihm Geborgenheit und Beständigkeit bieten, wie überhaupt alles, was sie von ihren Eltern nicht bekommen hat. Für ihren Mann will sie die perfekte Liebhaberin sein, klar kann sie supergut blasen, und natürlich besucht sie ihm zuliebe gemeinsam Prostituierte. Gleichzeitig will sie nicht zu viel fordern, ihn nicht verändern und überhaupt keine überdrehte Psychotante in der Beziehung sein, das hat sie so in der Paartherapie gelernt. Und dieses beengte Familienglück in „Schoßgebete“, dieser Perfektionsdruck, verursacht weitaus mehr Übelkeit als alle Hämorrhoiden- und Klobrillen-Geschichten in „Feuchtgebiete“ zusammen. l
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amy winehouse
Ich will ein Glanz sein* Amy Winehouse hatte ihren Kindheitstraum in die Tat umgesetzt. Sie wollte berühmt werden, singen – und sie wurde eine große Soulsängerin. Mit einem Hang zum Schmerz, zur leidenschaftlichen Liebe und zu diversen Drogen, die sie das Leben kosteten. Ein Nachruf von Kendra Eckhorst.
* Aus: „Das kunstseidene Mädchen“ von Irmgard Keun (Berlin 1932)
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Sie zuppelt die Haarsträhne wieder über die linke Schulter, schwankt unentschlossen vor dem Mikrofon und hebt dann doch die Stimme. Mit einer kleinen Verzögerung. Sie rollt die Augen nach oben, die Mundwinkel gehen gleichzeitig nach unten, sie fährt sich mit dem Finger im Auge herum. Geschafft. Applaus. Sie bückt sich zu ihrem Glas, nimmt einen Schluck und hält eine Ansprache. Wie ist es, abgefuckt zu sein? Die Band setzt zur nächsten Nummer an, die Backgroundsänger stimmen gutgelaunt ein. Amy Winehouse setzt das Glas an. Dieser Konzertmitschnitt aus dem Jahre 2006 bei den BBC One Sessions wurde nun, in Gedenken an Amy Winehouse, erneut ausgestrahlt. Damals stellte sie ihre zweite Platte „Back to black“ mit dem Erfolgshit „I don’t go to rehab“ vor, mit dem sie sich in die Liga der internationalen Pop-Größen sang. Die Künstlerin mit der rauchigen, tiefen Stimme, die vielen als Ausnahmetalent einer weißen Soulsängerin gilt, starb am 23. Juli mit 27 Jahren in ihrer Londoner Wohnung. Und fast alle haben gewusst, dass es so mit ihr enden würde. Eine Mischung aus Exzess, Krankheit und Genialität wurde Amy Winehouse attestiert, die sie neben der Ausnahmeerscheinung zu einer tragischen Figur, aufgrund ihres Drogenkonsums zu einem zunehmenden Desaster in der Popwelt stilisierte, wenn sie ihre Auftritte nicht mehr über die Bühne bekam. Einer Figur, deren Essverhalten, Liebesleben und „Ausrutscher“ in den letzten Jahren peinlich akkurat von den Medien dokumentiert wurden. Im Scheinwerferlicht wollte sie schon als Mädchen stehen und besuchte mit neun Jahren eine Theaterschule für Begabte. Mit dem Satz: „Ich will
Foto: Universal Music
berühmt werden und Lieder singen, die die Menschen für fünf Minuten ihren Ärger vergessen lassen“, ebnete sie sich mit zwölf Jahren den Weg an die renommierte Sylvia Young Theatre School, von der sie später wieder flog. Weil sie sich „nicht anpassen konnte“ oder wegen einem Piercing, besagen unterschiedliche Gerüchte. Vorerst als Autodidaktin blieb sie der Musik treu, einer Musik, die sie aus ihrem Elternhaus kannte und mitnahm. Die Musik von Frank Sinatra und Ella Fitzgerald. „Fuck me pumps.“ Die Geschichte ihres „Ich will ein Glanz sein“ nahm vorerst einen klassischen Verlauf. Mit 13 bekam sie eine Gitarre, komponierte erste Songs und spielte in diversen Bands und Jazzorchestern mit. Ein Freund ging mit den Aufnahmen bei einigen Plattenfirmen hausieren und schlug umgehend einen Vertrag heraus. Mit gerade 20 veröffentlichte Amy Winehouse ihr erstes Album „Frank“ mit jazzigen Pop-Stücken, das ihr die ersehnte Berühmtheit einbrachte und einigen Glanz verlieh. Die Themen der Songs sind weniger glanzvoll, so werden etwa in „Fuck me pumps“ die missglückten Versuche von Frauen besungen, die in der Bar den Richtigen, den Millionär fürs Leben aufreißen wollen. Winehouse macht sich darin lustig über die verzweifelten Anstrengungen,
die doch nur zu One-Night-Stands führen. Sie selbst hält es eher mit den Statements und dem Soul von TLC und Salt’N’Pepa, die für eine selbstbestimmte Sexualität eintraten. Das inszeniert sie auch in aller Öffentlichkeit, erzählt von ihren Abenteuern und lässt die Welt daran teilhaben – auch an ihrer Beziehung mit Blake Fielder-Civil, an den Prügeleien, den Trennungen, Knastaufenthalten und Liebesschwüren. Nach der ersten Trennung entstand ihr zweites Album, in dem sie den Liebeskummer wie in „Love is a loosing game“ verarbeitet. Aber in dem sie auch den Exzess musikalisch abfeiert. Sie und Blake Fielder-Civil kommen wieder zusammen, heiraten sogar und geben für eine Zeit lang ein Paar wie Bonny und Clyde oder Sailor und Lula aus „Wild at heart“ von David Lynch. Der Drogenkonsum steigt, die Tattoos vermehren sich, die Haare türmen sich zu dem bekannten Bienenkorb und die Eigentumssignatur „Blake’s“ prangt über den geboosteten Brüsten. Die Figur einer Diva aus den sechziger Jahren, mit Rock’n’Roll-Attitüde nebst Pin-up-Tattos und einer Vorliebe für 80er-Drogen wie Heroin, wirbelt durch die Boulevardpresse und immer seltener über die Bühnen. Zusammenbrüche, Entzugsaufenthalte und „Katerstimmungen“ lassen jedes Konzert und jede Tour unkalkulierbar werden.
„... das geht allen Frauen so.“ Zugleich steigt ihre Bekanntheit rasant, ihre musikalische Professionalität jedoch nicht immer in gleichem Maße. Amy Winehouse wollte und musste auf die Bühnen dieser Welt, Preise entgegennehmen und sich den Anforderungen des gegenwärtigen Musikgeschäfts stellen. Eines Geschäfts, das sie auch in desolatem Zustand ans Mikro schickte und das Risiko ihres Versagens in Kauf nahm. Wie bei ihrem letzten Auftritt im Juni in Belgrad. Auch ihre Band und das Lächeln der Backgroundsänger, die die Show noch zusammenhalten, können über das Desaster nicht hinwegtäuschen. Sich ständig kratzend, torkelnd und mit entrücktem Blick verpatzt sie die meisten Einsätze, bricht zwischendurch ab. Hin und wieder versucht sie mit dem Publikum in Kontakt zu kom-
ist für McRobbie diese Aussage, denn sie macht die Verschiebungen eines neoliberalen Geschlechterverhältnisses deutlich. Gesellschaftliche Anforderungen an Frauen werden darin als individuelle Herausforderungen interpretiert. McRobbie spricht von postfeministischen Störungen, in denen Autoaggressionen oft als Krankheiten umgedeutet werden und ein gangbarerer Weg sind, statt sich offen zu verweigern oder gar kollektiv zu agieren. Und beispielhaft für diese schizophrene Anspannung zwischen selbstverletzender Wut und dem Lächeln im Schweinwerferlicht sei eben Amy Winehouse. Eine, die in den Star-Olymp gelangt war und den Ruhm sichtlich genoss, die Angst vor der Ruhe nach dem Applaus hatte und auch unwirsch vor Langeweile werden konnte.
„Es geht mir nicht total gut gerade, aber ich denke, das geht allen Frauen so.“ (Amy Winehouse) men, sich zu erklären, um dann wieder in ihre Welt abzudriften. Die Geduld des Publikums ist überstrapaziert, solch unglamouröse Folgen der Drogensucht werden nicht toleriert. Amy Winehouse befindet sich jenseits des akzeptablen Mythos der drogenbefeuerten Kreativität. Der Glanz ist verschwunden. Stumpfe Stellen gab es schon vorher, aber dazwischen schimmerte es. Wenn sie klare Momente hatte, wenn sie sich musikalisch mit ihrem Schmerz auseinandersetzte und mit ihrer intensiven Stimme bezauberte. Denn ein wenig hatte sie sich dem Schmerz verschrieben, wie sie in Interviews zu Protokoll gab. Der Umgang damit, das Leid und die Erfahrung, gerade auch von Sänger_innen der 1960er Jahre, faszinierten und inspirierten sie. Ein Schmerz, den sie mit Drogen sowohl schuf als auch aushielt und mit dem sie trotz ihrer Musik allein blieb. Nicht von ungefähr zitiert Angela McRobbie in ihrem Buch „Top Girls“ einen Satz aus einem Interview, das Amy Winehouse 2006 dem „Daily Mirror“ gab. „Ein bisschen Magersucht, ein bisschen Bulimie. Es geht mir nicht total gut gerade, aber ich denke, das geht allen Frauen so.“ Symptomatisch
„I don’t go to rehab.“ Die Anforderungen an die Art ihrer Selbstpräsentation waren zwar enorm, räumten ihr aber zugleich einen Spielraum für Skandale ein, wenn diese ein mediales Echo erzeugten. Sie hat diesen Spielraum, genutzt, führte ein – vielleicht immer wieder auch ungewollt – öffentliches Leben als Musikerin, Frau und Drogenabhängige und pflegte einen offensiven Umgang mit den Zumutungen dieses Lebens. Wild und verletzt. Diva und Wrack. Rausch und Abhängigkeit. Immer weniger gelang es ihr, die Balance zwischen diesen extremen Polen zu halten und gemäß den Regeln des Musikbusiness zu funktionieren. Ganz unglamourös verstarb sie an den Folgen ihrer Drogensucht. l
Kendra Eckhorst lebt als freie Journalistin in Hamburg.
lesbennest the fabulous life of a queer femme in action
denice
Big Hearted Slut I have slept with a lot of people. And when I say I lot, I mean: A. LOT! Thing is, I always go on here about what kind of a „type“ I have (butch, tomboy, boi etc. etc., i.e me being a stereotypical femme), but fact is that I have had sex with a lot of straight „feminine“ women. According to Ellen DeGeneres I should have at least 25 toasters laying around in my flat. They don't call me „Lesbian Jesus“ for nothing.... (Ok. Only I call myself that … but others really should catch on). The reason why I am sharing this extremly important information with you all now is that I had an epiphany tonight: I have not much desire to sleep with these women because of „the sex“, but I want to sleep with them to show them another world. Yes. You read correctly. That is how patronizing I can be. I consider myself to be the Queen of Cunilingus, and I could also probably get diplomas to prove it if necessary. And I watch all these women in bars, in the subway, on buses; hanging around their boring looking „comfortable because now I have a woman who makes my every-day life so much easier“- men and they look like they just need one little ray of light in their lives … and that is where this saint steps in (yours truly). And please … it is no coincidence that so many dyke books and films have a storyline about a „bored woman trapped in a soulless heterosexual marriage who is seduced by a lesbian and then experiences her first orgasm“. I was watching this really femmy woman today in the subway. She was on vacation in Vienna with her husband and 2.3 kids (actually they were only 2. But I’m trying to prove my point with statistics here …), and she seemed nice and cuddled her kids while he was standing there looking all patriarch and in control of the situation. WRONG. What he didn’t notice were her tired, bored glances and how she totally went along with me flirting with her while sitting across from me on the train. We, like, had a total moment! (While her kids slept in her lap). And I immediately started thinking about going down on her. To make her happy. And to make her see that there are other things than „wham bam, thank you mam“. Denice is on a very important Mission. She would be happy if anyone could send her a much needed Super(lesbian)Hero Cape.
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an.lesen
Kapitalismus und Königsberger Klopse Hip-Sein auf Hartz IV. Katja Kullmann hat ein Buch über die Kreativszene geschrieben. Von Lea Susemichel Über die neue Bürgerlichkeit des „Bionade-Biedermeier“ ist zuletzt viel geschrieben und gelästert worden. Denn der Hang zu Retro ist bei den längst nicht mehr nur im Prenzlauer Berg lebenden „Neo-Kons“ bei Brille und Bogenlampe nicht stehengeblieben, auch sonst lässt sich eine Rückkehr zu Altbewährtem beobachten. Die wieder in Mode gekommenen Kinder werden in den Klavierunterricht geschickt, und der große Holztisch in der Küche rückt erneut ins Lebenszentrum. Einiges geschrieben wurde auch über das neue Prekariat. Es ist nicht mehr ausschließlich proletarisch, armutsgefährdet sind inzwischen auch viele Gutausgebildete. Doch obwohl Christiane Rösinger schon fragte: „Ist das noch Bohème oder schon Unterschicht?“, wurde die nicht unerhebliche Schnittmenge zwischen Kulturprekariat und den freien Kreativen bislang außerhalb der Mayday-Bewegung wenig zur Kenntnis genommen. Auch Katja Kullmann zitiert die Zeile von Rösinger in ihrem Buch, das sie nun über diese Schnittmenge geschrieben hat. Kullmann war als freiberufliche Journalistin und Autorin durchaus erfolgreich, bevor sie zur Hartz IV-Empfängerin wurde. Damit ist sie nicht die einzige in ihrem Umfeld, und auch die mitfühlende Sachbearbeiterin auf dem Amt bestätigt ihr, dass es mittlerweile sogar Tatort-Schauspieler treffen kann. In „Echtleben“ – das ausgerechnet beim gerade pleite gegangenen Eichborn-Verlag erschienen ist – erzählt Kullmann davon, wie sich die freelancenden Kreativen, Intellektuellen und 38 l an.schläge September 2011
Alternativen einst ihr Leben und ihre Arbeit vorgestellt hatten: „Im Karl Marx’schen Sinne nicht zu weit entfremdet, aber im Norbert Blüm’schen Sinne noch halbwegs abgesichert.“ Um dann mit spätestens Vierzig die zur Warenform gewordene Konformität des eigenen Lebensstils und die finanzielle Prekarität der Projektarbeit erkennen zu müssen. Das aus einzelnen essayartigen Kapiteln bestehende und deshalb nicht immer ganz stringent erzählte und argumentierte Buch liefert über weite Strecken launige Milieustudien und ein pittoreskes Panorama der unterschiedlichsten ProtagonistInnen urbaner (Sub-)Kultur. Die anekdotischen Analysen jener, die „augenzwinkernd Königsberger Klopse kochen“ oder militant vegan leben („Hanf-Mode, Holundersaft, HeimatTourismus“) sind durchwegs sehr unterhaltsam. Doch die eigentliche Stärke des Buchs liegt darin, dass Kullmann es bei diesen Szeneschilderungen nicht belässt. Immer wieder sind ihre Beobachtungen auch soziologische Mikrostudien von fast Bourdieuscher Schärfe. Popliterarisch pointiert wird erklärt, wie soziale Distinktion in Zeiten funktioniert, in denen Fußkettchen sowohl von Hippies als auch von der Schickeria getragen werden, oder was das Üble an Gentrifizierung ist. Und es wird vor allem deutlich gemacht, was die neoliberale Politik von Rot-Grün und Agenda 2010 in Deutschland angerichtet haben. Denn obwohl der Untertitel lautet: „Warum es heute so kompliziert ist, eine Haltung zu haben“, positioniert sich die Autorin erfreulich eindeutig.
Foto: Thomas Schweigert/Eichborn
Gegen eine Politik, die wenige reich und viele andere immer ärmer werden lässt, die das Solidarprinzip aufkündigt und für die Hartz IV-BezieherInnen und MigrantInnen Leistungs- oder Integrationsverweigerer sind. Dass Kullmann, die 2002 „Generation Ally. Warum es heute so kompliziert ist, eine Frau zu sein“ veröffentlicht hat, auch bekennende Feministin ist, wird dabei leider weniger explizit. Denn inwieweit neoliberale Prekarisierung Frauen in besonderer Weise trifft, wird zwar manchmal auf subjektiver, selten aber auf struktureller Ebene zum Thema gemacht. Letztendlich zeigt sich in Kullmanns Kampf für ein gutes Leben und ein gutes Gewissen aber doch auch eine klar feministische Haltung. Und trotz der Schonungslosigkeit, mit der sie ihre Szene seziert, sind ihr die, die weiter nach Alternativen suchen, allemal lieber als die anderen: „Die Leute sind doch eigentlich ganz in Ordnung.“ l
Katja Kullmann: Echtleben. Warum es heute so kompliziert ist, eine Haltung zu haben. Eichborn 2011, 17,95 Euro
an.lesen Lebende Lebensläufe l Sie
verspricht viel. Nina Power will den Feminismus ins „systematische und politische Denken“ zurückholen. Einen Riss zwischen Kapitalismus, Konsum und Feminismus will sie mit ihrem Buch „Die eindimensionale Frau“ initiieren, das im Juni auf Deutsch im Merve Verlag erschienen ist. Die Anlehnung an Herbert Marcuses Kritik des eindimensionalen Menschen ist gewollt . Die britische Philosophin wendet sich gegen einen Feminismus, der nicht mehr sein will als ein schillerndes Accessoire auf dem Weg zum erfüllten Frauenleben. Einem Feminismus, der die scheinbar individuelle Lust auf Pole-Dancing oder die Farbe Rosa rechtfertigt und den Einzelnen als Versatzstück zur Selbstverwirklichung dient. Entlang der großen Themen wie Arbeit, Familie und Reproduktion oder Pornografie unternimmt sie einen ideologiekritischen Versuch, die heutigen gesellschaftlichen Anforderungen zu umreißen, und prangert dabei die neoliberale Selbstoptimierung an. Auswege aus dem Dilemma – ein „lebender Lebenslauf“ im Hochglanzformat zu sein – bietet sie keine an. Dennoch ist ihr „Manifest“ lesenswert und aufgrund des Tempos und der teilweise rotzigen Sprache auch amüsant. Kendra Eckhorst Nina Power: Die eindimensionale Frau Merve Verlag, 10 Euro
Kinderfrei l „Gaddafi ist
ein wertvollerer Mensch als Sie.“ Weil er einige Kinder hat. Das sei die Logik, die hinter den periodisch auftretenden Kampagnen steht, die Elternschaft zum einzig wahren gesellschaftlichen Beitrag erklären, meint Rechtsanwältin Nicole Huber, die sich mit dem Buch „Kinderfrei“ an diesen Zumutungen abarbeitet. Pointiert zerpflückt sie die gängigen Argumente, entlarvt etwa die gern prophezeite „demografische Katastrophe“ als nationalistisch, würden doch gerade die Menschen ohne Kinder den Planeten vor dem Kollaps retten. Klimawandel, Kampf um Öl und immer öfter um Wasser, Hunger – all das könnte gemindert werden, wenn insbesondere die Frauen weltweit Zugang zu Geburtenkontrolle hätten. Begleitet werden die Überlegungen der Autorin von Erfahrungsberichten kinderfreier Frauen und Männer. Etwa von Paul, der kritisiert, dass Männer deshalb so großen Wert auf selbst gezeugte Nachkommen
legen, weil sie damit ihre Männlichkeit beweisen wollen. Überhaupt dreht Huber den Spieß um: Der „Pronatalismus“ führe dazu, dass mit dem Kinderkriegen ein Glücksversprechen einhergehe, das viele davon abhalte, alternative Lebensformen zu verwirklichen. Ein Buch für alle, die es sich noch mal überlegen wollen oder die Argumente brauchen, um den ständigen Vorwürfen, Kinderfreie seien schreckliche EgoistInnen, fundiert zu entgegnen. Sylvia Köchl Nicole Huber: Kinderfrei oder warum Menschen ohne Nachwuchs keine Sozialschmarotzer sind Herbig 2011, 15,50 Euro
Unterschätzte Genialitäten l
„Daß man so malt wie man selber, das vermuten sie nicht“, kommentierte Paula Modersohn-Becker 1900 die Beurteilung ihres Werks, wonach sie male wie ihr Mann. Und diese Anekdote, die Michi Ebner in ihrem Buch zum Geniebegriff und der künstlerischen Identitätsfindung qua Identitätsüberwindung zitiert, scheint auch einhundertelf Jahre später nicht ganz an Aktualität verloren zu haben. Genie, so ein Resultat aus Ebners Forschung, ist ein vermännlichter Begriff, dem Künstlerinnen sich nur mit Ironie verschreiben können. Dass und wie sie das tun, und wo sich dazwischen trotzdem mehr oder weniger künstlerische Karriere ausgeht, hat die Kunsttheoretikerin in einer Reihe biografischer Interviews mit bildenden Künstlerinnen herauszufinden versucht. Den Rahmen dafür schafft Ebner neben der Einführung von diversen Identitätskonzeptionen durch die Analyse des sehr konkreten Settings künstlerischer Institutionen und ihrer räumlichen und pekuniären Öffnung für Nicht-Männer. Künstlerinnen wie Friedl Kubelka, Florentina Pakosta und Barbara Wochner werden anhand ihrer Arbeiten nach einem „doing art“ und den Perspektiven befragt, die sie für sich und andere Frauen_ darin sehen. Die sind zum Glück recht optimistisch und orientieren sich an vielen Wegmarken, nur nicht an der des Genietums: Denn „Genie“, so Pakosta, „das ist lächerlich.“ Bei Peter Lang mit Umsicht und genau lektoriert herausgegeben, zu einem wissenschaftlich opportunen, für unterbezahlte Genies aber leider schwer leistbaren Preis. Lisa Bolyos
Kein Gutmensch l John Gru-
ber ist ein ziemliches Ekel. Homophob, rücksichtslos und derb. Einer, der denkt, Ärzte (!) wären „etwas für Luschen. Für Hypochonder. Und für Leute, die gern krank sind. Und für Leute, die gern Hilfe in Anspruch nehmen.“ Er, bei dem alles seine Ordnung hat und dessen Körper trotz Saufund Koks-Eskapaden zu funktionieren scheint, würde das nie tun. Aber auch Gruber muss sich eingestehen, dass bei Schmerzen eine medizinische Abklärung von Vorteil sein könnte, und plötzlich: Krebs. Nicht nur die Diagnose wirft ihn aus der Bahn, sondern auch die Erkenntnis, dass seine Persönlichkeit auch andere Facetten hat: „Ist das eine Nebenwirkung der Chemotherapie, dieses abartige Mitgefühl? Hat man das mit in diesen Beutel gemischt, dass ihm die Sorgen völlig fremder Menschen nicht mehr einfach nur scheißegal sind?“ Doris Knecht, „Falter“- und „Kurier“-Leser_innen als Kolumnistin bekannt, zeigt in ihrem Debütroman, dass sich ihre lockere Sprache auch auf über 200 Seiten noch gut macht. Hervorragend umgesetzt ist das Wechseln der Erzählperspektive: Wird Grubers Innenleben in der dritten Person geschildert, so sprechen Nebenfiguren wie die Schwester oder die Geliebte in der ersten Person. Auch die, in die sich Gru-
Michi Ebner: Genie, Kunst & Identität. Lebensentwürfe und Strategien bildender Künstlerinnen Peter Lang 2010, 51,20 Euro September 2011 an.schläge l 39
an.lesen ber verlieben wird, nimmt eine Ich-Perspektive ein. Denn eigentlich ist der Roman eine wunderbare Liebesgeschichte. Dabei schrammt Knecht zwar immer wieder an der Grenze von Kitsch und vorhersehbaren Handlungsverläufen, die Kurve kriegt sie aber. Bettina Enzenhofer Doris Knecht: Gruber geht Rowohlt 2011, 16,95 Euro
Wie Welt funktioniert l Ein
wunderbarer Roman über die Macht der Liebe und die Kraft der Freundschaft, oder: zauberhaft und klug – das ist es, was Frauenmagazine über Birgit Vanderbekes neues Buch „Das lässt sich ändern“ sagen werden. Vanderbeke würde sich im Grab umdrehen, wäre sie tot. Doch die deutsche Wahlfranzösin ist noch am Leben und damit in der Lage, Romane zu schreiben wie diesen hier: einerseits schön und, von mir aus, voller zuckerlsüßer Macht und Kraft und Liebe und Freundschaft, andererseits so wie Leben (leider) auch ist, voller Gewaltstrukturen, Grausamkeit, Xenophobie und Bourgeoisie. Vanderbekes Romanheldin, aus einer Familie mit Geld und Bildung stammend, verliebt sich in ihr soziales Gegenteil Adam, Sohn einer traumatisierten, überforderten Alleinerzieherin, ohne Geld, ohne
Bildung. „Draußensein bedeutet, dass du nicht so einfach ins Gymnasium kannst, hatte mir Adam erzählt. Ich war einfach aufs Gymnasium gekommen und hatte nicht gewusst, dass das mit meinen Eltern zu tun hatte.“ Vanderbeke platziert die Gesellschaft/en in ein Drinnen und Draußen, was die Legende vom Tellerwäscher, der selber schuld ist, wenn er nicht Millionär wird, gleich in die Schranken weist. Draußen fühlt sich immer existenzbedrohend an und scheiße. Das weiß denn auch die Protagonistin, die, an die Sprache glaubend, ihre neue Welt vom Sprachkritiker Adam mittels Ton-SteineScherben-Zitaten erklärt bekommt. Ein toller Soundtrack zu einem tollen Buch also gleich mitgeliefert. Und die Traurigkeit darüber, wie Welt funktioniert, aber die Hoffnung dafür, wie noch, außerdem. Nadine Kegele Birgit Vanderbeke: Das lässt sich ändern Piper 2011, 17,50 Euro
Beiruter Realitäten l Die Au-
torin Iman Humaidan-Junis nimmt uns mit in den Libanon, irgendwann kurz vor 1990, als das Ende des 15 Jahre andauernden Krieges bevorsteht. Doch in ihrem Buch geht es nicht um diesen endlos scheinenden Krieg. Es geht um Lilian, Warda, Kamilja und Maha.
f r u S d l i W e h t e d Ri
bonustrack: Vera Kropf
The lonely sea / it never stops / for you or me / It moves along / from day to day / That’s why my love / you’ll never stay / This pain in my heart / these tears in my eyes / please tell the truth / you’re like the lonely sea (Wilson/Usher) Warum lebe ich eigentlich nicht am Meer? Ich prangere es an: Fortuna hat bei mir definitiv etwas falsch gemacht! Allem Anstand nach hätte ich auf Hawaii aufwachsen müssen, wäre ein patentes Surfer Girl geworden und hätte inzwischen bereits eine Schar von Kindern in die Welt gesetzt, denen ich beim Wellenreiten den Hawaiian Way of Life weitergeben würde. Stattdessen hat mir die Vorsehung eine Jugend zwischen Wurschtlprater, Mannerschnitten und Opernballdemo beschert. Sonntags gab es Ausflüge auf die Rax und Hans Moser im Schwarzweißfernseher. Waldheim, Tschernobyl und die E.A.V. (für Nachgeborene: Erste Allgemeine Verunsicherung) prägten mein politisches Bewusstsein. Dabei hätte ich währenddessen mit den Walen schwimmen können, aber nein: Fern vom Aloha Spirit
Iman Humaidan-Junis: B wie Bleiben wie Beirut Lenos Pocket 2011, 19,00 Euro
kämpfte ich gegen die kleinkarierte postfaschistische Alpenland-Mentalität. Das ging so weit, dass ich mich in meiner pubertären Verzweiflung von Trantüten wie John Lennon und Kurt Cobain verstanden glaubte: I’ve got every reason on earth to be mad … Doch Rock’n’Roll war nur eine Notlösung. Auch die Falsettchöre der Beach Boys konnten vorerst keine Abhilfe schaffen, zumal ich mit Pet Sounds ungefähr genauso viel anfangen konnte wie mit den opulenten Pink-Floyd-Alben, mit denen mich mein Boyfriend so ausdauernd wie gnadenlos quälte. Mein musikalisches Glück fand ich erst im instrumentalen Surf von Bands mit klingenden Namen wie The Ventures, The Bel-Airs, The Lively Ones, The Chantays, The Surfaris, Link Wray und Johnny Fortune. Als ich zum ersten Mal Sleep Walk von Santo & Johnny hörte, öffnete sich mein Herz und ich war angekommen. Das ist sie, die Musik, nach der ich immer gesucht hatte: verträumt, abgründig, euphorisierend und kraftvoll wie der Ozean, meine einzig wahre Liebe.
Vera Kropf ist Gitarristin und Sängerin bei Luise Pop und plant, demnächst in See zu stechen. Illustration: Lina Walde, http://evaundeva.blogspot.com
40 l an.schläge September 2011
Darum, wie diese vier Frauen unterschiedlichen Alters ihre Leben bestreiten. Welche Wünsche, Erwartungen und Hoffnungen sie haben. Welche Enttäuschungen sie erleben. Und ob sie daran zerbrechen oder wachsen. In den immer in IchPerspektive verfassten vier Kapiteln lassen uns alle diese Frauen an ihrer Geschichte teilhaben. In intimer Nähe und mit nüchterner Ehrlichkeit erzählen Lilian, Warda, Kamilja und Maha von ihrer rebellischen, glücklichen oder von Zwängen gekennzeichneten Vergangenheit, reflektieren über ihre Situation in der vom Krieg geprägten Gegenwart und brechen leidenschaftlich, desillusioniert oder kämpferisch in eine ungewisse Zukunft auf. Was die Frauen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit und sozialer Herkunft verbindet, ist das desolate Wohnhaus, in dem sie alle Zuflucht gefunden haben. Und so kreuzen sich ihre Wege in Beirut nahe der Demarkationslinie zwischen dem muslimischen Westen und dem christlichen Osten. Birgit Coufal
an.klang
Touch Yourself! Über den Sommer hat sich einiges angesammelt – zwar nicht unbedingt die ersehnte Hitze, dafür aber eine Menge spannender Platten. Ein Schnelldurchlauf im Tauchsieder. Von Sonja Eismann Dass das schwedische Trio Little Dragon prominente Fans von TV On The Radio bis zu Outkast hat, verwundert bei ihrer dritten Platte Ritual Union (Peacefrog/Rough Trade) wirklich niemanden mehr. Sängerin Yukimi Nagano singt ihren Electro-R'n'B mit cooler und doch schmelzender Stimme über verzerrt pluckernde Dance Beats, die mit ihren weirden, oft merkwürdig eiernden Sounds absolut eingängig sind. Wenn zwischendurch immer wieder das Tempo lustvoll rausgenommen wird, klingt das so sensual, dass sogar Prince ein wohliger Seufzer entweichen dürfte. Auch irgendwie sinnlich und weird, dafür aber noch mit einer Extra-Portion Humor geht Aérea Negrot ihre außergewöhnlichen Kompositionen für ihren ersten Longplayer Arabxilla (Bpitch Control/Rough Trade) an. Zu Negrot, die in Venezuela aufwuchs und über Stationen in Caracas, Porto, Den Haag und London letztendlich in Berlin landete, passt die etwas dämliche Bezeichnung des „Paradiesvogels“ nun endlich tatsächlich mal. Die Avantgarde-Tänzerin, die für ihre Gesangs- und Tanzeinlagen für Hercules & Love Affair bekannt wurde, fusioniert Oper, Disco, Clubsounds und Spoken Word in eine englisch-spanisch-deutsche Sprachmischung mit einer überkandidelten Eleganz, die auch Grace Jones gut zu Gesicht stehen würde. T-INA Darling aka Ina Wudtke, die umtriebige DJ, Producerin, Künstlerin, Autorin und Kuratorin – die Ausstellung zu ihrem Buch „Black Sound White Cube“ geht gerade im Berliner Bethanien zu Ende – stellt mit einem neuen Werk ihre Vielseitigkeit ein weiteres Mal unter Beweis: Auf The Fine Art of Living (Rudel Records) trifft Spoken Word auf Tanzstücke mit Elementen aus Swing, Broken Beats, R'n'B, Bar Piano, Slow Raps und Dub. In zwei Teilen – Seite A ist englisch-, Seite B deutschsprachig – greift T-INA unter
dem übergeordneten Thema kapitalistischer Bauspekulation und prekärer Lebensumstände u.a. auf Gedichte von Langston Hughes zurück, die genau diese Form der Unterdrückung, gepaart mit rassistischer Diskriminerung, schon in den 1920er Jahren thematisierten. Auf der B-Seite kommt, in T-INA's Voice, auch May Ayim zu Wort, und natürlich geht es um die Zustände im schicken, prekären Berlin. Was prekäres Leben bedeutet, weiß Mamani Keita nur zu genau. In einem Interview erinnert sich die aus Mali stammende Musikerin, die als Backgroundsängerin für Salif Keita Ende der 1980er nach Paris kam und dort jahrelang ohne Papiere lebte, wie sie an einem Morgen vor sieben Jahren nicht einmal zwei Euro für ein Essen für ihre kleine Tochter auftreiben konnte. Auch ihre NachbarInnen, denen es ähnlich beschissen ging, konnten mit der erbetenen Summe nicht aushelfen. Da wurde ihr klar: nicht nur sie war am Ende, sondern auch dieses Frankreich, in dem sie miserabel von Transferleistungen lebte. Aus dieser Erfahrung entwickelte sich der Refrain, der als eine Art Schlachtruf der illegalisierten EinwanderInnen in Frankreich gelten kann und titelgebend für ihr neues, bereits drittes Soloalbum wurde: „Pas facile gagner l'argent français, bosser bosser“. Zum zweiten Mal mit dem Multiinstrumentalisten Nicolas Repac erarbeitet, steht auf Gagner l'argent français (No Format!/Because Music/Al!ve) wieder die Vermischung traditioneller malischer Instrumente mit globalen Samples, Afrobeat- und Rock-Gitarren sowie vor allem Keitas ausdrucksvoller, so klarer wie kehliger Stimme im Vordergrund, mit der sie in ihrer Muttersprache Bambara mit zahllosen Background-Chören dialogisiert. Sentimental und euphorisierend zugleich. Die zwei jungen Frauen vom Duo Jolly Goods hat es aus dem beschaulichen
Aérea Negrot, Foto: Rafael Scovino
Odenwald mittlerweile nach Berlin verschlagen, doch die zweite Platte, von Hans Unstern und Dirk von Lowtzow produziert, hat nichts von ihrer grungigen Wut eingebüßt. Das Walrus (Staatsakt/Rough Trade), das hier eindeutig gequeert auftritt, ist ein dickes Rockbrett, wie aus der Zeit gefallen, bei dessen gequält-zornig nach hinten überkippender Stimme es sich durchaus an die frühe PJ Harvey oder Godmother Patti Smith denken lässt. Und zu guter Letzt noch one for the dancehall: Jamaikas selbst ernanntes „Bad Gyal“ Ce'Cile ist mit einem neuen Album zurück und macht sich an die Jamaicanization (Kingstone/Groove Attack) der Welt. Wenn das mit ihren eingängigen Tunes zwischen Reggae, Dancehall und Pop, die auch heiße Eisen wie „Touch Yourself“ oder „Nah Stress Over Man“ anfasst, nicht funktioniert, müsste es doch mit der Teufelin zugehen. l
Links: www.little-dragon.se www.myspace.com/aereanegrot www.djt-ina.com http://mamani.keita.free.fr/ www.jollygoods.net www.myspace.com/cecile
September 2011 an.schläge l 41
an.sehen
Genossin Heinrich haut den Hut drauf Margareta Heinrich war eine der ersten Frauen in der Regieklasse der Wiener Filmakademie. Ihr als linker Feministin war jedoch nur ein mittlerer Rang im anerkannten österreichischen Filmschaffen beschert. Das soll sich jetzt ändern. Von Lisa Bolyos Rechnitz 1990. Ein Totengräber stößt beim Ausheben eines Grabes auf einen alten Schädel: „Des muass a Frau sein, weil’s so zach is“, witzelt er in die Kamera. Schnitt. Eine katholische Totenzeremonie. Margareta Heinrich und Eduard Erne haben sich im burgenländischen Rechnitz auf eine filmische Suche begeben. Einer Suche nach dem Massengrab der rund 200, vielleicht auch mehr ungarischen Jüd_innen, die Ende März 1945, als Zwangsarbeiter_innen durch den Ort getrieben, beim sogenannten „Kreuzstadlmassaker“ ermordet wurden. Das Grab soll irgendwo in der unmittelbaren Umgebung des kreuzförmigen Stadls zu finden sein. Warum es aber eben nicht zu finden ist, bildet (unabsichtlich, denn ein ums andere Mal wird an den Erfolg des Grabens geglaubt) den Erzählstrang des Dokumentarfilms „Totschweigen“, und zeitgleich einen Erzählstrang österreichischer Postnazismus-Geschichte. „Habts ihr nix andres zu tun?“, fragt ein aggressiver Verkäufer die beiden hinter der Kamera, und die Antwort kommt prompt und könnte nicht pointierter sein: „Na, im Moment ned.“ Die Pflicht der „Verteidigung“. „Die Verteidigung der Vergangenheit gegen das Schweigen“ nennt Vrääth Öhner Heinrichs und Ernes Geschichtsarbeit. Und wie ein Verteidigungskampf mutet es auch an, was hier dem aktiven Vergessen („Des Schlechte vergisst man schnell, gö?“, sagt eine Frau im Interview. Ironie oder bitterer Ernst?) entgegengesetzt wird: die Bemühungen der Regisseur_innen, die Rechnitzer_innen zum Erinnern 42 l an.schläge September 2011
Rechnitzer Denkmal: Auf der Rückseite des einen Quaders wird der ermordeten Jüd_innen gedacht, auf allen vier Seiten des anderen Quaders mit Bildtafeln „unserer Gefallenen“ der Wehrmacht und der SS. Foto: Lisa Bolyos, 2011
zu bewegen; die Beharrlichkeit, mit der Überlebende und Historiker_innen im wahrsten Sinne des Wortes nach Spuren graben; der erbitterte Wunsch der Verwandten, wenigstens Anerkennung für das Verbrechen zu erringen, das ihren Liebsten angetan wurde. „Die Kinder sollen nicht die Schuld auf ihren Schultern tragen, aber sie sollen wissen, dass ihre Väter Mörder waren“, sagt der Sohn eines Mannes, der in der Nacht des 24. März 1945 vom Gestapo-Chef Franz Podezin oder einem seiner adeligen Nazifreunde rund um die Schlossbesitzer_innen Battyhány/Thyssen ermordet wurde. Margareta Heinrich, selbst 1951 im burgenländischen Zelem/ Deutschkreutz geboren, hatte nicht nur biografisches Interesse, nationalsozialistische Kontinuitäten am Beispiel Rechnitz zum Filmgeschehen zu machen. Die Begegnung mit dem Shoah-Überlebenden Isidor Sándorffy, der sich erfolgreich auf die Suche nach mehreren jüdischen Massengräbern gemacht hatte, war ihr ein zusätzlicher Ansporn, die Pflicht der „Verteidigung“ zu übernehmen. Laut ihrer Genossin und Co-Regisseurin Ullabritt Horn wurde Heinrich während ihres Filmstudiums politisiert: Nicaragua-Solidarität, Trikontbewegung, Aktion Filmfrauen. Als Frau und dazu als Feministin
hätte Heinrich einen komfortableren Weg gehen können als den der Regie-Studentin an der Filmakademie. Axel Corti und Alfons Stummer unterrichteten sie dort, letzterer ging als Regisseur von „Der Förster im Silberwald“ in die schmerzende Geschichte des Heimatfilms ein. Den Abschluss verwehrten sie Heinrich, all ihre eingereichten Diplomfilme wurden als nicht genügend abgelehnt. Da hat „die Maggie dann den Hut draufgehauen,“ so Horn. Weit weg von der Hochschule ist eine Fülle an feministischem Film für Kino und Fernsehen entstanden – und ausgezeichnet worden: Körperakzeptanz, Ausscheren, Solidarisch-Sein sind drei Begriffe, mit denen sich Heinrichs Werk vage umreißen lässt. Genossin Schwester. 1982 produzierten Horn und Heinrich einen Spielfilm nach Alexandra Kollontais Erzählung „Schwestern“, umbenannt auf „Genossinnen“, „damit es ein bisschen knackiger wird“ (Horn im Interview mit Vrääth Öhner). Gar so knackig ist der Film zwar nicht, eher experimentellantiquiert die Bilder, in denen das Scheitern der Liebesbeziehung der Oktoberrevolutionärin Wanja erzählt wird – „keep your hands off a socialist“ scheint ihre Warnung an die Genossinnen und Schwestern zu sein – am Anfang machst du
Revolution und am Ende den Haushalt. Die Femmage an Kollontai, ganz 80er-Jahre-Frauenbewegung, ist aber gelungen. Und rührend und gleichzeitig mit Stolz zu sehen, wie die Filmvorkämpferinnen unsere Wege geebnet haben. Posthumer Ruhm hat einen bitteren Beigeschmack. Heinrich, die 1994 Selbstmord beging, hat die Premiere von „Totschweigen“ in Rechnitz nicht mehr erlebt. Nicht mehr die Jugendlichen, die gefragt haben, warum ihnen noch nie jemand von alldem erzählt hätte. Nicht mehr die Anerkennung, die ihr eine nachfolgende Generation feministischer Filmemacher_innen zollt. Das Filmarchiv Austria hat ihr letzten Winter eine Retrospektive gewidmet und ehrt sie nun mit der ersten Ausgabe des „Taschenkinos“, das in Buch- und DVD-Form jeweils Arbeit und Werdegang einer Filmemacher_in gewidmet ist: ein Stück feministischer Filmgeschichte, das nicht schöner und respektvoller gestaltet sein könnte – Chapeau! l Taschenkino #1 Margareta Heinrich DVD: Genossinnen (1983), Totschweigen (1994), Radio-Interviews 1988, 1993 Buch: Vrääth Öhner, Interviews mit Käthe Kratz, Ullabritt Horn u.a. Verlag Filmarchiv Austria, 14,90
an.künden Redaktionsschluss Termine 10/11 07.09.2011 termine@anschlaege.at
fest musik 3.9., ab 14.30, Iserlohn CSD Märkischer Kreis – Das schwullesbische Kreisfest, mit After Party ab 21.30 im Pura Luna Schillerplatz, 58636 Iserlohn, Hans-Böckler-Straße 20, www.csd-mk.de 3.–4.9., Wien 65. Volksstimmefest der KPÖ, neben vielen Info-Ständen (darunter auch einem der an.schläge), kulinarischen Angeboten und Musik-Acts auch zahlreiche Diskussionen, z.B. Aus! AktionUmsetzung Sofort – Diskussion mit Initiatorinnen der Demonstration für Frauenrechte am 19. März 2011 zum Thema: „Frauen, gemeinsam verändern wir die Welt und uns selbst!“, So, 4.9., 13.30–15.00 im Diskussionszelt Wiener Prater/Jesuitenwiese, Infos auf: www.volksstimmefest.at 10.9., 20.00, Salzburg Poetry Slam, anschließend ab 21.00 Hosi-Fest, Tickets für den Poetry Slam im Ö-Ticketcenter ARGEkultur, 5020 Salzburg, Ulrike-Gschwandtner-Straße 5, T. 0662/ 84 87 840, www.argekultur.at
film ab 9.9., Österreich Whores’ Glory (A/D 2011) Lotus Film, thai/englische/spanische OmU, Regie: Michael Glawogger, filmisches Triptychon über Prostituierte in Thailand, Mexiko und Bangladesh 21.9., 20.00, Berlin Perforated Memory. Regie: Sandra Madi, Filmreihe „Inside“ – der Blick von Innen. Filmabend mit Ibtisam Azem, Journalistin; Anmeldung erbeten unter 0049 (0) 280 61 85 oder medien@frauenkreise-berlin. de Frauenkreise – soziokulturelles Projekt, 10119 Berlin Mitte, Choriner Straße 10, www.frauenkreise-berlin.de div. Termine, Österreich Gordos – Die Gewichtigen (E 2009) Regie: Daniel Sanchez Arevalo, Komödie mit Antonio de la Torre, Roberto Enríquez und Verónica Sánchez
bühne
10.–27.9., Wien MASCHMISCH – Wien ist Weltmusik, Weltmusikreihe des Aktionsradius Wien zum 20. Geburtstag des „Fest der Völker im Augarten“ Programm und Veranstaltungsorte unter www.aktionsradius.at
15., 16.9., 19.30, Wien Guerilla Gorillas & DSCHUNGEL WIEN: heimat.com – Die Geschichte einer jungen Frau, die nicht nur um ihr Bleiberecht, sondern um ihre Heimat kämpft. DSCHUNGEL WIEN, Museumsquartier, Museumsplatz 1, 1070 Wien, T. 01/552 07 20 20, www.dschungelwien.at
14.9., 20.00, Wien Marjorie Etukudo and Band – ebenso anspruchsvolle wie eingängige SoulMusik mit vielfältigen Einflüssen von Blues über Hip Hop und R'n'B bis Jazz, Tickets: € 13 Sargfabrik, 1140 Wien, Goldschlagstraße 169, T. 01/ 988 98 111, www.sargfabrik.at
14.–17., 21.–24., 28.–30.9., 20.00, Wien Villa Dolorosa: Drei missratene Geburtstage, von Rebekka Kricheldof, österreichische Erstaufführung, Tickets: € 16/ erm. 13/10 Kosmos Theater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42, T. 01/ 523 12 26, www.kosmosthater.at
23.9., 21.00, Salzburg Konzert: comfortzone Labeltour – Crazy Bitch in a Cave, Cherry Sunkist, chra, Support DJ Didi Neidhart, Tickets: € 14/ 12/ 7 Roter Salon, ARGEkultur, 5020 Salzburg, UlrikeGschwandtner-Straße 5, T. 0662/ 84 87 840, www.argekultur.at
21., 22.9., 20.30, Wien DV8 PHYSICAL THEATRE (UK) – Österreichische Erstaufführung Tanzquartier, Halle E, 1070 Wien, Museumsplatz 1, T. 01/ 581 3591 23., 27., 29.9., 19.30, Wien Jacqueline Kornmüller: Die Reise – Ein Projekt für 30 MigrantInnen, eine
Kooperation von Volkstheater mit wennessoweitist Volkstheater, 1070 Wien, Stiftgasse 1, T. 01/ 52 1110, www.volkstheater.at, www.wennessoweitist.com 7.–10., 14.–17., 22.–24. 9., 20.00, Wien/ 19–21.9., 20.00, Graz Hubsi Kramar: MAGIC AFTERNOON – reloaded, mit Doris Schmidinger, Lilly Prohaska, Hubsi Kamar, Karl Ferdinand Kratzl, Erich Joham, Tickets: € 18/ 15 Wien: 3raumanatomietheater, Raum 2, 1030 Wien, Beatrixgasse 11, T. 0650/ 32 33 377, www.3raum.or.at; Graz: P.P.C., 8020 Graz, Neubaugasse 6
seminar workshop ab 5.9., immer donnerstags 17–18.15, Wien „Lust mich zu spüren – Bewegungsgruppe für Frauen“ Bewegung, Entspannung, orientalischer Frauentanz u.v.m., Kosten: € 50 für ein Semester, Anmeldung unter T. 01/ 9794 5964 WAT, 1140 Wien, Kienmayergasse 41, Infos unter www.ninlil.at 10.9., 15.10. u.a., 9.00–17.00, Wien Geförderte Weiterbildungen von WOMEN fit for business, einzelne Seminartage zu diversen Themen wie Projekteinreichung, „Marketing & Werbung mit Low-Budget“, Teambuilding, Neukundenaquisition usw. für Vereine, kleine Unternehmen und Einzelunternehmerinnen Komplettes Seminarprogramm 2011/2012 auf www.womenfitforbusiness.at Kosten pro Seminartag € 50, Anmeldungen unter womenfitforbusines@gmx.at 21. u. 22.9., 17.00, Wien „Übermorgen“, Schreibwerkstatt für Frauen mit dem Ziel einer utopischen Fake-Zeitung namens „Übermorgen“, 1. Tag: Ideen, Recherche, 2. Tag: Schreiben, Bildersuche, Layout Studio von Bettina Frenzel, 1130 Wien, Altgasse 27/6, Anmeldung: bf@frenzel.at 22.–23.9., 9–16.30, Wien Burn-Out-Prävention für Frauen, Seminar mit Sabine Fabach und Karin Mayer, Kosten: € 340 Anmeldung an office@coachme.co.at Frauensache Seminar OG, 1030 Wien, Obere Viaduktgasse 24/1, 01/ 8958 440, www.coachme.co.at, www.frauensache.at
29.9., 19.00–22.00, Hamburg Liebe auf Augenhöhe, wenn (mindestens) Eine traumatisiert ist – Sekundärtraumatisierung in lesbischen Beziehungen, Kosten: € 5 Euro , Anmeldung erbeten Intervention e.V., 20357 Hamburg, Glashüttenstraße 2, T. 0049 (0) 40 24 50 02, www.intervention-hamburg.at 30.9., 21.10., 11.11., 2.12., 9–16.00, Wien Moderationstraining für Frauen/Kompetenzkreis-Abend: Braucht Diversity den Konflikt, Kosten: € 420 Infos rund um Ort und Anmeldung (bis 12.9.) unter T. 0676/ 6111160, office@gerda-daniel.at
vortrag diskussion 2.9., 19.00, Wien Vortrag: Sekem – Nachhaltige Entwicklung in Ägypten, eine Veranstaltung von Museumsquartier in Kooperation mit BIO AUSTRIA, Anmeldung: sekem@bio-austria.com Arena21 und Ovalsaal, Museumsquartier, 1070 Wien, Museumsplatz 1, T. 01 /523 5881, www.mqw.at 8.9., 19.00, Wien „§278a GEMEINT SIND WIR ALLE!“ Buchpräsentation und Diskussion. Einblicke in den Prozess gegen die Tierberfreiungs-Bewegung, mit Sophie Uitz (Autorin), Birgit Pack (Herausgeberin) und Christof Mackinger (Herausgeber) Hauptbibliothek, 1070 Wien, Urban Loritz Platz 2a, www.gbw-wien.at/article807.htm 14.9., 19.00, Berlin Christiane Hoffmannn-Kuhnt: „Pille, Kondom – sonst noch was? Ein Überblick über die unterschiedlichen Verhütungsmethoden“ Frauenkreise – soziokulturelles Projekt, 10119 Berlin Mitte, Choriner Straße 10, www.frauenkreise-berlin.de 19.9., 13.00, Wien „15 Jahre Gewaltschutzgesetze und Gewaltschutzarbeit“, Veranstaltung im Parlament mit Vorträgen, Diskussionen und Buffet Vormerkungen ab sofort möglich, danach erfolgen schriftliche Einladungen durch das Parlamentsbüro: ooe@ gewaltschtuzzentrum.at 21.9., 19.00, Wien Werkzeug-Gespräch 4: Regendering Media – künstlerischer Perspektive auf den Genderdiskurs in den Mas-
senmedien, mit Hansel Sato, Beate Hausbichler, Kerstin Kellermann, Lea Susemichel u.a. Hauptbücherei, 1070 Wien, Urban-Loritz-Platz 2a, www.sohoinottakring.at, www.buecherein.wien.at 22.–24.9., Wien Workers’ Struggles from East to West: New Perspectives on Labour Disputes in Globalised China. Konferenz, Teilnahme frei Universität Wien, kleiner Festsaal, 1090 Wien, Dr. Karl-Lueger-Ring 1 und Renner Institut, Hoffingergasse 33, 1120 Wien, labourchina.univie.ac.at, Kontakt: thomas.immervoll@univie.ac.at 28.9., 19.00, Wien Heinz-Jürgen Voß: „Making Sex“ – auch biologisches Geschlecht ist gesellschaftlich gemacht, Vortrag im Rahmen des White Ribbon Gender Talks im Herbst Depot, 1070 Wien, Breitegasse 3, www.whiteribbon.at, www.heinzjuergenvoss.de 29.9., 19.30, Graz „Als Homosexualität noch ein Verbrechen war…“, multimedialer Vortrag von Hans-Peter Weingand aus Anlass der Strafrechtsreform vor 40 Jahren Feel Free – steirisches Schwulen- und Lesbenzentrum, 8020 Graz, Annenstraße 26, T. 0316/ 36 66 01, www.homo.at
ausstellung ab 3.9.–30.9., Wien Maja Gehring (CH): Ein erfundenes Tier: ANIMALIE Quartier 21, Raum D, Museumsquartier, 1070 Wien, Museumsplatz 1, täglich 10–22.00, T. 01/ 523 5881, www.mqw.at ab 4.9., Hittisau Feste.Kämpfe. 100 Jahre Frauentag, Eintritt: € 4 Frauenmuseum, 6952 Hittisau, Platz 501, Do 15–20.00, Fr– Sa 10–12.00 u. 14–17.00 T. 5513/ 620930, www.frauenmuseum.at bis 10.9., Regensburg Sommersalon mit Barbara Rapp & Vanessa Dakisky Art Affair, 93047 Regensburg, Neue-Waag-Gasse 2, Di–Fr 11–13.00 u. 14–19.00, Sa 11–18.00, T. 0049 (0) 941/ 59 99 59 1, www.art-affair.net ab 17.9., Innsbruck Ausstellung zum 32. Grafikwettbewerb, mit Werken von Nicole Six und Paul Petritsch, Eintritt € 4/ erm. 2 Galerie im Taxispalais, Galerie des Landes Tirol, 6020 Innsbruck, Maria-There-
September 2011 an.schläge l 43
an.künden Sa, So, Feiertag 15–20.00, T. 01/ 401 210, www.wuk.at bis 15.11., Wien „MODELLS – das perfekte Profil“ eine LED-Installation von Nicole Pruckermayer und Elisabeth Schimana an der Außenfassade des Hotels „Altes Kloster“ sowie der „Insight Turm“ erlauben einen Blick hinter die Systematiken der „Google-Suchmaschinerie“ Kulturfabrik Hainburg, 2410 Hainburg/Donau, Kulturplatz 1, Donaulände 33, Insight Turm: 9–18.00, www.insight-turmima.or.at
lesung
Foto: Esther Haase
Kampf der Amazonen Ist frau auch ohne Busen noch eine Frau? Diese Frage stellte sich Uta Melle und dokumentierte ihren eigenen Kampf gegen den Brustkrebs. Nun lud sie auch andere an Brustkrebs erkrankte Frauen ein, ihren Oberkörper vor der Kamera zu entblößen. Das Resultat: kraftvolle Bilder von mutigen, attraktiven und starken Frauen. ab 30.9., „Amazonen – Das Brustkrebsprojekt von Uta Melle“, stilwerk Wien, 1020 Wien, Mo–Sa 10–19.00, Praterstraße 1, T. 01/ 212 06 10 50, www.stilwerk.at sien-Straße 45, Di–So 11–18.00, Do 11–20.00, T. 0512/ 508 3171, www.galerieimtaxispalais.at
verein, großer Saal, 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 3, T. 0662/ 84 22 94 0, www.salzburger-kunstverein.at
ab 24.9., 14.00, Graz Communitas – Unter anderen. Ausstellung rund um das Thema „Ausschließung“ mit Werken von Ursula Biemann (CH), Shuruq Harb (PS) u.a., in Kooperation mit steirischer Herbst, Eintritt: € 8/ erm. 3 Camera Austria, 8020 Graz, Lendkai 1, Di–So: 10–18.00, T. 0316/ 81 55 500, www.camera-austria.at
bis 16.9., 0–24.00, Weikendorf Iris Andraschek und Hubert Lobnig: MY LIVE, MY RULES. Du sollst nicht rauchen! Du sollst nicht links parken! – Installationen aus Affichen, Malereien, Zeichnungen Kunstraum Weikendorf, 2253 Weikendorf, Rathausplatz 1, Shuttlebus von Wien nach Weikendorf, Infos und Anm. unter T. 02742/ 900 516 273
bis 25.9., Salzburg „Sense and Sensibility“ Gruppenausstellung um die Frage der Verbindung von Literatur und Kunst Salzburger Kunst-
bis 25.9., Wien Katrin Hornek: „The grass is always greener...“ Kunstzelle im WUK Hof, Währinger Straße 59, Mo–Fr 9–20.00,
3.–4.9., 16–18.00, Wien Linkes Wort Lesung – 100% Autorinnen, am 65. Volksstimmefest Jesuitenwiese, 7*Stern-Bühne, Wiener Prater, 1020 Wien, www.linkes-wort.at 11.9., 11.00, Wien Patricia Cornwell und Martina Stilp: „BASTARD“ – der 18. Fall von Dr. Kay Scarpetta, Tickets: € 7 Rote Bar, Volkstheater, 1070 Wien, Neustiftgasse, T. 1, 01/ 521110, www.volkstheater.at 15.9.,19.00, Linz Feministischer Lese- und Diskussionskreis zum literarischen Comic FUN HOME von Alison Bechdel Autonomes Frauenzentrum Linz, Starhembergstraße 10 (Ecke Mozartstraße) 2.Stock, T. 0723/ 60 22 00, www.frauenzentrum.at 21.9., 20.00, Wien Anja Utler: ausgeübt. Eine Kurskorrektur Alte Schmiede Kunstverein Wien, 1010 Wien, Schönlaterngasse 9, T. 01/ 512 83 29, www.alte-schmiede.at
aktivitäten 2.–4.9., Darmstadt ju_fem_netz: Zweites Netzwerktreffen junger Feministinnen, 64283 Darmstadt, Infos, Anmeldung und Programm unter www.feministischeszentrum.de/junge-feministinnen-maedchenarbeit/treffen-darmstadt-2011
Frauenuni_on Im Jahr des 100-jährigen Frauentag-Jubiläums findet die Sommeruniversität in Linz zum Thema Lebensrealitäten statt. Gemeinsam können interessierte Frauen über bestehende Herrschaftsstrukturen diskutieren, Erfahrungen austauschen, sich weiterbilden und vernetzen. Pay as you wish – keine fixe Teilnahmegebühr. 23.–24.9., Frauensommeruni, Kunstuniversität Linz, 4010 Linz, Hauptplatz 8, Anmeldung und Programm unter ffuni.blogsport.de
44 l an.schläge September 2011
Foto: Kerstin Rajnar
Be lazy … Das Katinka Theaterprojekt interpretiert das Gebrüder Grimmsche Märchen „Die drei Spinnerinnen“ als Anleitung zum Müßiggang. Die beiden Darstellerinnen lassen auf der Bühne die Seele baumeln, malen, träumen und demonstrieren so dem jungem Publikum, das Leistung nicht alles ist im Leben. 9.–16. u 18.9. „Die faule Prinzessin“ Erzähltheater mit Live-Zeichnung, Dschungel Wien, Museumsquartier, 1070 Wien, Museumsplatz 1, T. 01/ 522 07 20 19, alle Vorstellungen unter www.dschungelwien.at 6.9., 18.00, Graz Preisverleihung des Camera AustriaPreises der Stadt Graz für zeitgenössische Fotografie an Heidrun Holzfeind Ausstellungsraum Camera Austria, 8020 Graz, Lendkai 1, .0316/ 81 55 500, www.camera-austria.at 6.9., 18.00, Wien Herbstplenum der Plattform 20.000 Frauen Frauenhetz, 1030 Wien, Untere Weißgerberstraße 41, T. 01/ 715 98 88, www.frauenhetz.at, zwanzigtausendfrauen.at 16.9., ab 16.00, Wien Aktion „Das Boot ist leer“ – aufmerksam machen auf das Flüchtlingsdrama an Europas Grenzen Sigmund Freud Park, 1090 Wien, zwanzigtausendfrauen.at/2011/08/aktion-das-boot-ist-leer/ 16.9., 20–2.00, Wien Badefreuden für schwule Männer, Eintritt: € 12.90/ erm. 8.60 Sargfabrik – Verein für integrative Lebensgestaltung, 1140 Wien, Goldschlagstraße 169, T. 01/ 988 98 111, www.sargfabrik.at 20.9., 18.10., 16.30, Wien „Wege der Frauen durchs Rathaus“, kostenlose Rathausführungen der MA 57; die Führung beleuchtet, wie und wo Frauen Politik machen, was sich getan und verändert hat, was heute für und durch Frauen in Wien geschieht. Anmeldung erbeten, T: 1/4000/83539, E-Mail: oeffentlichkeitsarbeit@ma57. wien.gv.at, www.frauen.wien.at 23.9.–25.9., Wien Vienna Dance Contest 2011, Turniertanz-Event der lesbischwulen Community Fr, 23.9.: ab 19.00 Welcome Drink Café Willendorf, 1060 Wien, Linke
Wienzeile 102; Sa, 24.9., 9.30–19.30 Tanzturnier, anschl. 20.30 Pink Dance Night, 01.00 Abschlusswalzer, 1230 Wien, „Haus Muskath“, Liesinger Platz 3; So, 25.9., ab 12.00 Brunch im Café Berg, 1090 Wien, Berggasse 8, anschl. 14.30 lesbischwule Stadtführung. Alle Infos auch zu den div. Ticketpreisen: www.viennadancecontest.at 23.–25.9., Wien Melodrama und Rebellion – Symposion zu Politik und Ästhetik in Europa und Lateinamerika, Wiederaufnahme der Produktion „Who shot the princess? Boxstop telenovelas“ Brut, Künstlerhaus, 1010 Wien, Karlsplatz 5, T. 01/ 587 87 74, www.brut.at 30.9.–2.10., Linz Aviso: WearFair – Österreichs Messe für faire und ökologische Mode und Design, Eintritt: € 3/ erm. 2 Tabakfabrik Linz, 4020 Linz, Gruberstraße 1, T. 0732/ 79 56 64, Öffnungszeiten und Programm unter www.wearfair.at diverse Termine, Schweiz Wen-Do – Selbstverteidigung und Selbstbehauptung von Frauen, für Mädchen und Frauen Infos und aktuelles Kursangebot unter www.wendo.ch jeden 2. u. 4. Freitag, 17.30, Wien ARGE Dicke Weiber Treffen – Feministische Initiative dicker Frauen gegen Gewichtsdiskriminierung und Schlankheitsterror – für die Vielfalt und positive Selbstbilder, Infos: argedickeweiber.wordpress.com, argedickeweiber@gmx.at FZ-Bar, 1090 Wien, Währingerstraße 59, Ecke Prechtlgasse Jeden Donnerstag ab 18.00, Graz Offener Abend im „feel free“ der „RosaLila Panterinnen“ Feel free
an.künden FrauenLesbenZentrums Innsbruck Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 2. Di Di, 20–21.00, Deutschland Mrs. Pepsteins Welt – FeminismusAllüren, und Musik, Musik, Musik Radio Blau 99.2 MHz (Leipzig), www.mrspepstein.de, jeden 4. Di
So 17–18.00, Steiermark Genderfrequenz – Sozialpolitisch, feministisch, unbeugsam Radio Helsinki, 92.6 MHz (Graz), Live Stream: www.helsinki.at, jeden 2. So
FREIRAD 105.9 MHz (Innsbruck), Live Stream: www.freirad.at, jeden 1. So
So, 19–20.00, Tirol Weibertalk – Sendung des Autonomen FrauenLesbenZentrums Innsbruck
Di, 21–22.00, Wien female:pressure – Feministisches Magazin zu Musik- und Clubkultur Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 2. Di
TheFatOfTheLand 2009, Foto: Emli Bendixen
Stark und rund Unter diesem Motto steht der Frauenpower-Aktionstag in Leibnitz. Eingeladen sind alle Frauen, um ihr Frausein abseits von Schönheitsidealen und Schlankheitswahn zu definieren und zu feiern. Denn Selbstbewusstsein und Lebensmut sind ausschlaggebend für geistige und körperliche Gesundheit – und nicht Diäten oder Schönheits-OPs. 14.9., 10–14.00, Frauenpowertag, 8430 Leibnitz, Hauptplatz, www.gibdirfreiraum.at
– steirisches Schwulen- und Lesbenzentrum, 8020 Graz, Annenstraße 26, T. 0316/ 36 66 01, www.homo.at jeden 2. Mittwoch, 17–19.30, Wien Frauen- Empowerment-Gruppe für Frauen mit Behinderung, Gespräche und Aktivitäten, weitere Informationen und Anmeldung: Michaela Neubauer T. 01/ 714 39 93 Ninlil, Frauenhetz, 1030 Wien, Untere Weißgerberstraße, www.ninlil.at
beratung 21.9.,18–19.30, Graz „Es fühlt sich immer besser an“, Gesprächsgruppe rund um das Coming Out für Frauen jeden Alters Feel Free – steirisches Schwulen- und Lesbenzentrum, 8020 Graz, Annenstraße 26, T. 0316/ 36 66 01, www.homo.at diverse Termine, Wien Frauen beraten Frauen – Psychosoziale Beratung, Rechtsberatung u.v.m. 1060 Wien, Lehargasse 9/2/17 oder 1010 Wien, Seitenstettengasse 5/7, Mo u. Mi 9.30–12.30, Di u. Do 13–16.00, T. 01/ 587 67 50, www.frauenberatenfrauen.at diverse Termine, Berlin Frauenkreise – Beratungsangebot für Frauen: Rechtsberatung, Beratung und praktische Unterstützung für Filmerinnen usw. Frauenkreise – soziokulturelles Projekt, 10 991 Berlin Mitte, Choriner Straße 10, www.frauenkreise-berlin.de jeden Donnerstag, Graz Infotag ZAM Frauenservice nowa, 8010 Graz, Jakominiplatz 16, Steinfeldhaus, T. 0316/ 716022, www.frauenservice.at
div. Termine, Wien, Graz, Innsbruck verschiedenste therapeutische Gruppen z.B. Young*Trans, Queer*Family, SAPPHO u.a. COURAGE – Beratungsstelle für gleichgeschlechtliche und transGender Lebensweisen, Standorte und Termine unter www.courage-beratung.at Jeden Mo/Mi/Fr, 17–20.00, Wien Lila Tip: Lesbenberatung: Beratung, Information und Gruppenangebote Rosa Lila Villa, 1060 Wien, Linke Wienzeile 102, T. 01/ 5868 150, www.villa.at/lilatip
radio fixtermine Mo 18–19.00, Wien Khorschid Khanum – Die persischsprachige Frauensendung Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 1. Mo Mo 19–20.00, Oberösterreich 52 Radiominuten – Sendung von FIFTITU%, Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in OÖ Radio FRO, 105.0 MHz (Linz), Live Stream: http://fro.at, jeden 4. Mo Mo 18–19.00, Kärnten Frauenstimmen – Glas zena Radio Agora 105.5 MHz (Dobrac), Live Stream: www.agora.at, wöchentlich Di, 13–14.00, Wien Globale Dialoge – Women on Air Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, wöchentlich Di, 18–19.00, Wien Weibertalk – Sendung des Autonomen
Mi 18–18.30, Salzburg Frauenzimmer – Plattform für eine frauenspezifische Information Radiofabrik 107.5 MHz (Salzburg Stadt), Live Stream: www.radiofabrik.at, wöchentlich Mi 18–19.00, Wien Bauch, Bein, Po – Die Sendung für die ganze Frau Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 2. Mi Do 18–19.00, Wien Transgender Radio Orange 94.0 MHz (in Kooperation Radio ALEX, Berlin), Live Stream: http://o94.at, jeden 1. und 3. Do Fr 18–19.00, Wien Radio UFF – Sendung des Unabhängigen FrauenForums Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 1. Fr Fr 19–20.00, Oberösterreich SPACEfemFM Frauenradio Radio FRO 105.0 MHz (Linz), Live Stream: http://fro.at, jeden 1., 3. u. 4. Fr Sa 12–13.00, Deutschland Rainbow City – Radio für Lesben und Schwule 97.2 MHz (Berlin), Live Stream: www.radiorainbowcity.de, wöchentlich Sa 19–20.00, Steiermark Bertas Bücherstunde – Das feministische Literaturmagazin Radio Helsinki 92.6 MHz (Graz), Live Stream: www.helsinki.at, jeden 4. Sa
Foto: céline/flickr
Barbie oder Bitch? Wie leben junge Mädchen ihre Sexualität heute? Woran sollen sie sich orientieren, und welchen Einfluss haben neue Medien und Web 2.0? Ein Fachtag in Gießen widmet sich dem öffentlichen Diskurs um Sexualität und entwickelt Handlungsperspektiven für feministische Mädchenarbeit. 22.9., Fachtag „Barbie oder Bitch? Der öffentliche Diskurs um Sexualität: Neue Freiheit oder konservative Wende?“ Julius Liebig Universität, 35394 Gießen, Anmeldung (bis 5.9.) und Infos unter www.lindakagerbauer.de/aktuelles
be part of it … Das Autonome FrauenLesbenMädchenZentrum in Wien feiert heuer sein 33-jähriges Bestehen und gibt am 15. Oktober ein Frauenfest. Alle Frauen, die sich dem FZ verbunden fühlen, sind herzlich eingeladen, sich zu beteiligen und das Fest mitzugestalten: eine Ausstellung organisieren, mit einer Band/als DJ auftreten, Auf- und Abbauhilfe leisten – deine Talente sind gefragt! Komm aufs Vorbereitungstreffen oder schreib ein Mail an: lesbenfrauennachrichten@gmx.at 9.9., 17.30: Vorbereitungstreffen, FZ – Autonomes FrauenLesbenMädchenZentrum,1090 Wien, Währinger Straße 59, Stiege 6, 2.Stock, T. 01/ 402 87 54, www.fz-bar.wolfsmutter.com September 2011 an.schläge l 45
Vorschau auf die Oktober-Ausgabe:
Geborgte Bäuche
Leihmutterschaft: Entnaturalisierung von Mutterschaft oder biopolitische Ausbeutung von Frauen?
an.schläge-Abopreise: Schnupperabo (3 Hefte): 10/12* Euro Jahresabo (10 Hefte): 35/ermäßigt 29/45* Euro Unterstützungsabo (10 Hefte): 43/53* Euro * Gültig für Europa, weitere Auslandspreise auf Anfrage. Weitere Infos unter abo@anschlaege.at oder auf www.anschlaege.at.
auf OKTO webstream: www.okto.tv
zappho des monats
an.schlägetv
an.schläge gibt’s in folgenden Buchhandlungen: Fachbuchhandlung ÖGB 1010 Kuppitsch 1010 Morawa 1010 Winter 1010 Frick International 1010 tiempo 1010 Facultas 1010 Lhotzkys Literaturbuffet 1020 Südwind 1070 Tabak Trafik Brosenbauch 1070 Riedl 1080 Löwenherz 1090 Südwind 1090 Infoladen Infomaden 1110 Infoladen Treibsand 4040 Kulturverein Waschaecht 4600 Rupertusbuchhandlung 5020 Wagnersche Buchhdlg. 6020 Amazone-Zentrum 6900 Berta – Bücher & Produkte 8020 KiG! Kultur_in_Graz 8020 Hacek-Bücherei 9020
Rathausstr. 21 Schottengasse 4 Wollzeile 11 Rathausstr. 18 Schulerstr. 1-3 Johannesgasse 16 Universitätsstr. 7 Taborstr. 28 Mariahilferstr. 8 Kaiserstr. 96 Alser Str. 39 Berggasse 8 Schwarzspanierstr. 15 Wielandgasse 2-4 Rudolfstr. 17 Dragonenstr. 22 Dreifaltigkeitsgasse 12 Museumstr. 4 Brockmanngasse 15 Siebenundvierzigergasse 27 Feuerbachgasse 25 Paulitschgasse 5/7
und auch in vielen Städten in Deutschland. Vollständige Liste der Verkaufsstellen auf:
www.anschlaege.at www.myspace.com/an.schlaege www.facebook.com/anschlaege
impressum
Herausgeberinnen und Verlegerinnen: CheckArt, Verein für feministische Medien und
Politik. A-1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/920 16 76, E-Mail: redaktion@anschlaege.at, office@anschlaege.at, www.anschlaege.at l Koordinierende Redakteurinnen: Sylvia Köchl, office@anschlaege.at, T.01/920 16 76, Lea Susemichel, redaktion@
anschlaege.at, T. 01/920 16 78 l Buchhaltung, Abos: Svenja Häfner, buchhaltung@ anschlaege.at, abo@anschlaege.at l Termine, Tipps: Anita Weidhofer, termine@anschlaege.at l Inserate: Michèle Thoma, mi.thoma@chello.at l Redaktion: Bettina Enzenhofer/be, Andrea Heinz/han, Leonie Kapfer/leka, Sylvia Köchl/sylk, Silke Pixner/pix, Fiona Sara Schmidt/fis, Lea Susemichel/les, Irmi Wutscher/trude, Vina Yun/viyu l
Praktikum: Isabelle Garde
l Texte: Mirjam Bromundt/mij, Birgit Coufal/bicou, Diana
Drechsel, Kendra Eckhorst, Sonja Eismann, Denice Fredriksson, Isabelle Garde/ isaga, Beate Hammond, Nina Honzik/niho, Gabi Horak/gah, Mia Kager/miak,
Nadine Kegele/nad, Vera Kropf, Meike Lauggas, Mieze Medusa, Birgit MeinhardSchiebel, Iris Mendel, Petra Neuhold, Petra Tinkhauser, Verena Turcsanyi, Luise Weber/luiwel Layoutkonzept & Layout: Lisa Bolyos l Coverfoto: himberry/photocase l
Cartoons & Illustrationen: Paula Bolyos, Petja Dimitrova, Nadine Kappacher, Lisa Max, Bianca Tschaikner, Lina Walde l Fotos: an.schläge-Archiv, Emli Bendixen, Lisa Bolyos, Céline, Fórum de Mulheres de Pernambuco, Esther Haase, indyvideosbg.wordDie aktuelle „Real Dyke Sex“-Serie von Zappho findet hier ihr Ende in den an.schlägen – die deutlich explizitere Fortsetzung ist demnächst auf www.zappho.net zu sehen. Das Foto zeigt die Künstlerin mit ihrer Cousine Zita, ihrer Jugendgespielin, der im Gegensatz zu Zappho, die aus verarmtem böhmischem Landadel stammt, die Flucht nach der Niederschlagung des Prager Frühlings nicht gelang. Seit 1990 sind die beiden jedoch wieder vereint und leben von der bescheidenen Leibrente, die Zappho von ihrer letzten Arbeitgeberin, Madame Y., erhielt.
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press.com, Sylvia Köchl/SylK, Lisbeth Kovacic, Regina Mühlhäuser, Kerstin Rajnar, Jochen Schmitz, Thomas Schweigert, Rafael Scovino, Universal Music l Homepage: Mirjam Bromundt, www.anschlaege.at l Druck: H.R.G. Druckerei © an.schläge: Titel,
Vorspann und Zwischentitel von der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete
Beiträge müssen nicht der Auffassung der Redaktion entsprechen. Kürzungen vorbehalten. l ISSN 1993-3002
· P dis n tt n ko er äu e ig kA st Post chen Aum · Pre he s nd u rAlt gemA ieru u · c e e k s r n te sPr oss mus dtis us · h · Üb hä geoi ng · r s k ä r i v u s i r e le er g itAl · st ivism olit ie d bou rdn e re k i P P t r o d P e ve A o k ä it in sk skr umA · bild · ut Ativ und rek viel m n tio ung eirA mus mien · kre cht ie · P eit – P-zo u r r ? o r s o sie g · F ordi kon Pies AuFz ust Aulh lo -P n un d · s P n o F ö i F i ru ost nst e h nAl nisin der s · itA iPAt ern u t u P z o l g l im ik · k n · ne nAti Fän · lob bAl Arti he e it un e s P n e r t c o · i i s g öl PA le x inte g · nhe Fu Pes ritis – Arb t · v e n s F e re itics ieru Ang g de rhy en · k enz ivitä en h u t l n s is g g id Po mAl ver ieru kult tiondiss kre A stei umdi · n r s s e is A no ngt demi mAl? erve elle erte · Au ssr ädt i t n ä r o m t A r i s s d r · Ak no re in ultu gAni rsio r gr tik · Atz e e n i e ge heut Quee g · k tor ubv in d skr nd k töko n s u · · g -s s k ist AFt schu selb ort liti run und kun ies? · · o d P ie h h u r sc sFo ere tAn en · P Aris us · Anik hiP l · A e s s A · i m m k P n h u i tu gsm ger r ec · Pre tivis ngs · ne tion nis g n A P sensAtionsjournAlismus n n k u s n s u n A o A r bd d mFortgeschrittene db les ismu te le xi nter geFä · lo · i u FÜr l A A · A A l i it s ir r A eF h e o ni g Pit · Fre · Übe e xr itics run enhe bAll Ar l A o s l k P k · e s g Po isi e ns ung itik s· us h An tio ber Pol mAtt lum rmAl erg es F hyPe tisc i d s d v u e · e r o r l ä g n gt g s bi - e ung ultu n · k issidr s · hän run und Abo n kAdAbrA! u ä er · k one e d isie e r m de si nst rwww.malmoe.org/abo dr misi Al? i ll ti n o en ure rgA t-su ve Ade rm Pie rge · ku · v t o r k o n l u g e or Pre bo nun olte en · A ute n int · ku lbst And e s s io g d e v t g e or e re gnÜ st h ueer hun e · s r · s iAle mot r e n c i r k e r Q k ä l ve WAs Ft · Fors mise Ang olo co · ngs k · b s u s A i s t ie d g ·F – v bies rsch tum dun he A · Pos umd isier ng m u r A h l e r i zo he reic · b sch eute ssr ek A ber hund g i · u d r · o d un AFt zWAn völk en h r gr s · P e sä us For m u · g h t h e i ·Ü sc und tät ste in d lism tisc tivis Pos tik
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l l an.schläge das feministische monatsmagazin. september 2011
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Familienglück statt Hämorrhoiden Charlotte Roche hat zu viel versprochen Feminismus & Rassismus Wenn die Innenministerin die Frauenrechte entdeckt Plus: Slutwalks allerorten >> Katja Kullmann >> Sexualität & Krieg >> Amy Winehouse >> Burka-Verbot >> Margareta Heinrich >> Anders Breiviks Antifeminismus >> und vieles mehr
an.schläge Nr. 09/11, 25. Jahrgang, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M