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l l an.schläge das feministische monatsmagazin. april 2011
Das Gelbe vom Ei
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an.schläge Nr. 04/11, 25. Jahrgang, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M
Präimplantationsdiagnostik Mein Ei gehört mir? 8. März auf dem Tahrir-Platz Arabische Frauen gehen auf die Barrikaden Perverse Poetin, Zauberin des Lichts A Tribute to Elfi Mikesch Plus: Aslı Erdog˘an >> MayDay >>Transnationaler MigrantInnenstreik >> Die Lust der Frauen >> Obsorge-Debatte >> Marlene Streeruwitz >> und vieles mehr
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»Ich will die DKP wieder zusamme nführen.« Inter view mit der designierten Vorsitzenden Bettina Jürgensen
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schlag
13 Euro für nix: Der Bund-Län der-Kompromiß zur BAfö G-Erhöhung deck t gerade den Preis anstieg
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Staatsdoktrin
Israel gilt manc hem als Schutzm acht und Heimstätt e schlechthin aller Juden. Doch wie ist es tatsächlich um das Verhältnis zu Antisemitismus und Shoah-Üb erlebenden beste llt? Von Moshe Zucke rmann Seiten 10/1 1
Gegenwehr
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Zehntausende gegen Rasmusse ns Regierung: In Dänema rk nehmen die Proteste gegen Sozialabbau zu
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IMMER MEHR FRAUEN GRÜNDEN UNTERNEHMEN Anteil der Gründerinnen in Wien seit 1995 um mehr als ein Drittel gestiegen – 38 Prozent der Wiener Unternehmen in Frauen-Hand.
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Stieg Larsson hat den Erfolg seine r Bücher nicht meh r erlebt. Jetzt liegt die erste Biographie vor
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N ein zur Mappu s-Show
Baden-Württemb ergs Ministerprä sident ernennt Hei Demonstranten ner Geißler zum fordern Baustop Vermittler in Sac p und Aufklärun hen »Stuttgart 21« g der Polizeiübe . ngesichts anhal rgriffe. Von Daniel tender Mass
166 Millionen Menschen hung ern
Rom. 166 Millionen Menschen weltweit leiden laut einer UN-Studie an Hunger. In 22 Ländern seien die Bewohner chron en Behruzi proteste gegen isch unterernäh »Stuttgart 21« rt oder hätten Prob wird Baden-Wü leme rttembergs Miessen zu bekomme , genug zu nisterpräsident n, heißt es in Stefan Mappus einem am Dien (CDU) kreativ. Am Mittw stag vorgestellt och ernannte er en Bericht der Ernä per Regierungserklä hrungs- und Land rung den CDU wirtschaftsorga -Polit ker Heiner Geiß nisat ler zum Vermittler ides Welternährung ion (FAO) und zwischen Gegnern sprogramms und (WFP) der Verei Projekts. Geißler, Befürwortern des nten Nationen. Zu auch in Tarifausei den betroffenen andersetzungen nLänd ern zählen vielgefragter Schli unter anderem ter, sei bereit, chAfghanistan, Haiti »als objektiver , der Irak, Somalia Vermittler aufzutreten«, und der Sudan. so Mappus. Zugle Schuld daran sind stellte der Mini ich den Angaben sterpräsident klar, zufolge vor allem daß er am Bau des Kriege, NaturkaTiefbahnhofs und tastrophen und der ICE- Strecke nach mangelhaft arbei Ulm festhalten tende staatliche will. Gespräche, die Instit Mapp anhaltenden Lebe utionen. Von erneut anbot, sollen us den Kritikern nsmittelkrisen sich nur um Frage sprechen die beide der Ausgestaltung n n UN-Organisadrehe tionen, wenn ein »Die Projektträg n. Land mindesten er sind bereit s acht Jahre lang unter einem klaren Signa zu Nahrungsl und werden desknappheit leide halb den Abriß t und mehr als des Südflügels zehn Prozent seiner vorerst nicht beginnen« Entw , sagte Mappus in Form von huma icklungshilfe weiter. Als »pure Auge nitären Hilfsgünwis tern erhält. nete daraufhin Caro cherei« bezeichla (dapd/jW) Gruppe »Parkschüt Eckstein von der zer« diesen Schri Der Abriß des tt. Regierung Südfl schef Mappus: IG Metall greift »Bereit zu eine störung des Nord ügels – die Zerm klaren Signal flüge « ter Bahnhofs wurd ls des Stuttgarvon der Leyen a Die »Parkschüt e zer« – Teil des n gen Wochen unter bereits vor eini- ten Bünd brei- antwortlic nisses verschiede lautstarkem Prote hen Konsequen ner vollzogen – sei zen ziehen.« Auch aus Sicht ohnehin nicht vor st sationen, das sich seit Mon Organiausschusses, Wolf der Opposition aten gegen teien 2011 das Milli geplant gewesen, gang Bosbach (CDU spar- sagte hinge ardenprojekt zur im Bundestag – so die Aktivistin ) gen, ob das Vorg Wehr wo am Mittwoch Mittwoch gegen am lehnen die ehen unver über junge Welt. angebotenen Gesp setzt – nachmittag im Rahm hältn ismäßig gewesen en einer Aktuellen Auch ter diese Mappus’ Ankü räche un- Stund sei, lasse sich n Umst ndigu e über »Stuttgart aus der Distanz nicht bewerten. kommenden Jahre ng, bis Sommer keinen Bau-, änden ab. »Solange es werd 21« debattiert en sollte – sind s keine weiteren Vielleicht sollte noch Bäu- gibt, sehen Abriß- und Vergabestopp zum me fällen zu lasse er Dietrich Wagn Vorgehen der Poliz viele Fragen fragen. Der wir keinerlei Anla n, sei kein Zeich er 66jährige Rent der Annäherung. ß für Ge- ben. en spräche«, ei offengebliener sagte Eckstein. »Das bezieht sich Der infol Grün ge der Leipzig. Die IG Meta en-Po Das gelte insPolizeigewalt »schw trug litiker Wolfgang nur besondere auf die Bäume ll weist den GeWieland und der vor dem Hintergrun im Schloßgarten, erste Augenverletzun setzentwurf von Linkspartei-Abg gen« davon. Wie Ausschreibung die waltexzess d Bundesarbeitsm eord- behandelnd en zur Fällung e der Polizei gegen der Ge- nete Jan Korte warfe der inisterin Ursula von e Arzt n weite der Bundesregiefriedliche rung rer 80 Bäume gegenüber dem - Demonstranten der Leyen (CDU auf der Nordseite vor, sich dahinter Magazin Stern beric bei der Räumung ) zur Leiharbeit zurüc des Teils des zu Bahnhofs laufe htete, sind die verschanzen, eines daß die k. Dieser sei Schlo n bereits«, beric Lider des Mannes zerris »eine Zum htete Donnerstag ßparks am vergangenen wortu Einsatzleitung in der Veran Eckstein. Diese sen, utung«, sagte IG-M ist der Augenbot- den eines s Vorgehen entsp . »Es gibt viele ng Stuttgarts geleg etallChef Berthold Hube Auges gebrochen, reche für, daß Belege da- Wief ebenfalls exakt en habe. Dieter haut verm r (Foto) einem die Netzdie Polizei alles den ursprünglichen elspütz von der Onlinebericht der utlich eingerissen getan hat, um SPD Pla- Gewalt zu nungen der Bahn sprac h von die Linse Süddeutschen einem und sind provo AG. Ihr Fazit: Zeitung zufolge n zerstört. Ob Wagn »Von gegen Stuttg zieren. Der Widerstand satz« »tief mißglückten Polizeiein einem Moment bei einem bund er – der in- zwischen Straf des Innehalten . Es sei »politisch art 21 soll so krimi esweiten Arbeitstre s kann werd anzeige wegen überhaupt keine nalisiert »verh unklug« und ffen von rund 300 en«, kritisierte die KörperRede sein.« eerend«, wenn verletzung gegen Betriebsräten am Aktivistin. »Wir die Staatsmacht Baden-Württem fordern Aufklärun Mittwoch in Leipso gegen »norm bergs Innenminister g und, daß die zig. Durch den ale Bürger« vorge Heribert Rech Ver- Der Vorsi Entw urf werde die he. (CDU gestellt hat – je tzende des Bund Ausgliederung wieder sehen könn ) estagsinnenvon Besc häftig wird, ist ungewiß. en ten hoffähig gemacht. u Siehe Seite 8 Was bisher als Mißbrauch betra chtet worden sei, werde zum geset zlich geregelten Normalfall. Der Bundesanwalts IG-Metall-Vorsi chaft: Keine neu tzende kritisierte, en Ermittlunge die Leiharbeiter n zum Oktoberfes seien neben den und 30 Jahre Erwe t-Anschlag von nach dem Okeiner zweiten »indu rbslosen zu 1980 toberfest-Ansch Der damals 21 striellen ReserJahre alte Geol lag in Münvearm ee« geworden. ogie- eines student war bei chen mit 13 der schlimmsten dem Anschlag Woche hatten sich In der vorigen als 200 Verletzten Toten und mehr ums Lebe Attentate in selbst der Gesc Unternehmer und n gekommen. hat die BundesanAcht hichte der Bund IG Metall auf gleic waltschaft die esrepublik Atten Wochen vor dem Münchne Bei der Gedenkve he Bezahlung für schuldig. Auch Wiederaufnahm r tat war eine Bom etwa 3 000 Leiha ranstaltung zum Opfer-Anwalt e der 30. Jahre Ermittlungen be im Werner der italie rbeiter der Stahl Dietrich abgelehnt. Der stag des Atten branche geeinigt. nischen Universitä Bahnhof heuti- Forderung tats waren aufna hatte wiederholt die Wied ge Erkenntnisstan Die Gewerksch tsstad er- logna deton en nach Wied hme gefordert. d aft IG BCE drängt iert, 85 Menschen t Boeraufnahme Er nen Anlaß, sagte biete dazu kei- der Ermi ist überz nun auf eine analo eugt, daß es Hintermän starben. ttlungen laut gewo ein Sprecher ge Regelung für die ner des Anschlags Wie sich später herausstellte, rden. Der gab. der Münchne Bundesanwaltsc Chemie-Branche war der r Oberbürgerme haft am Mittw Die Bundesanw Anschlag das . och in stian ister Werk Karlsruhe. Die altsc Chrihaft italie nisch hatte schisten, Ude (SPD) sagte anfänglich unter er Faamtlichen Ermi (dapd/jW) die mit der in so anderem im Liba am 26. Septtlun- tember gen waren bishe junge Welt wird he gut wie allen non NATO-Lä ermittelt, wo sich bei einer Kran r zu dem Erge ndern konspirativ zeitweise Mitg zniederlegung bnis am Denk gelangt, daß der Genossinnen und Grausgegeben von 1 063 liede tätige der r heimarmee enossen (Stand 30.9.10). mal für die Opfe rechtsextremen rechtsextremis Informationen: der NATO »Gla n Ge tische schlags, Wehrsportgrup r des An- Hoff Attentäter Gund www.jungewelt.de/ dio« pe der olf Köhler ein Einz mann aufhielten sammenarbeitete zulpg Wunsch nach , zu der Köhler täter war. n. Spuren, dene volls el- diger Ermi n die ttlung müsse aufge tän- Kontakte hatte. Am Bundesbehörden 23. November aber offenbar griffen 1982 werden. Das nicht wurde das Ermi nachgingen, weise sei man den ttlungsverfahre 40040 > Opfern schli n darauf hin, n »Gladio« auch eßlich eingestellt daß hinte . Attentat gestanden r dem Münchner haben kann. (dapd/ jW) 4
CARLA BOZULICH
MICHAE L LATZ/DA PD
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LAURIE ANDERSON FEMOUS ORCHESTRA
LYDIA LUNCH
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GISÈLE VIENNE
FEMALE PRESSURE
NODES, ROOTS & SHOOTS
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Foto: Weinwurm
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41 Prozent aller Unternehmensgründungen in Wien wurden zuletzt von Frauen durchgeführt, vor 15 Jahren waren es erst 28 Prozent. In Summe sind heute 38 Prozent der Wiener Wirtschaftstreibenden Frauen. In technischen und handwerklichen Berufen sind Frauen allerdings nach wie vor stark unterrepräsentiert. Frauen müssen daher noch stärker ermutigt und Brigitte Jank, Präsidentin unterstützt werden, in Männerder Wirtschaftskammer Wien domänen einzudringen – und zwar bereits in der Phase der Berufswahl junger Frauen und Mädchen, wo es gilt, die Breite des Angebots aufzuzeigen und die Chancen technischer Berufe wahrzunehmen. Frauen gezielt entlasten und unterstützen „Eine besondere Herausforderung besteht in der Mehrfachbelastung vieler Unternehmerinnen,“ sagt WK Wien Präsidentin Brigitte Jank. Laut einer aktuellen Studie der Wirtschaftskammer sehen sich zwei Drittel der weiblichen Selbständigen
mit einer Doppel- bzw. Mehrfachbelastung durch Familie, Hausarbeit und Beruf konfrontiert. Es müssen daher Modelle entwickelt werden, die es Frauen ermöglichen, die unternehmerische Tätigkeit mit Betreuungsaufgaben in der Familie zu verbinden und gleichzeitig Karriere zu machen. In den vergangenen Jahren konnte die Wirtschaftskammer Wien zahlreiche Erleichterungen und Verbesserungen für Unternehmerinnen erreichen: • Einführung einer Betriebshilfe für Unternehmerinnen, die aufgrund einer Geburt, einer Krankheit oder einem Unfall ihren Betrieb vorübergehend nicht führen können • Reform des Kinderbetreuungsgeldes, die finanzielle Verbesserungen für kurze Karenzzeiten gebracht hat • Steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten, die gerade für Unternehmerinnen aufgrund der notwendigen Flexibilität außerhalb der üblichen Betreuungszeiten hohe Kosten verursachen SERVICE Über das breite Berufsangebot für Mädchen informieren das Berufsinformationszentrum der Wiener Wirtschaft (BiWi) am Währinger Gürtel (www.biwi.at) und der Wiener Töchtertag am 28. April 2011.
Programminfo und Tickets unter www.donaufestival.at oder Freeline 0800 664 022
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Rote Karte in rot-weiß-rot Widerstand gegen die geplanten Verschärfungen im österreichischen „Fremdenrecht“
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Wölfe im Schafspelz Interview: Die Familienanwältin Helene Klaar ist gegen die gemeinsame Obsorge
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Der Frauentag auf dem Tahrirplatz Arabische Frauen zwischen Partizipation und Exklusion an.riss international
Thema: Präimplantationsdiagnostik 16 >>>
Mein Ei gehört mir? Wie kann ein feministischer Standpunkt zur Präimplantationsdiagnostik aussehen?
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Was ist so unerträglich am Phänomen Behinderung? PID sorgt fürs Wunschkind – und für eine Gesellschaft ohne behinderte Menschen
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Autonomie oder Eugenik Fakten und Widersprüche in der Diskussion um PID
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an.sage: Wie organisierst du dich? sprechblase: Sager des Monats plusminus: Win a Wife …. or an Angel an.frage: Die ewige Fragerei medienmix: Supervisionen, Bibi & Moritz, Falafel an.sprüche: Schokolade und Surplus an.lesen: Feministische Gesundheitsfragen, Jule K., Andrea Levy, Initiative Minderheiten, Christa Hämmerle u.a., Sabine Gruber u.a., Andrea Karimé an.klang: MEN, Beth Ditto, PJ Harvey, Yelle, Stefanie Sourial an.sehen: Die Lust der Frauen an.künden: Termine & Tipps
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Kolumnen
an.riss kultur
Rubriken Rubriken
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neuland zeitausgleich heimspiel lebenslauf lesbennest bonustrack: clara luzia katzenpost zappho des monats
11 09 28 26 33 29 37 33 41 37 44 40 47 43 50 46
41 42 43 April 2011 an.schläge l 03
editorial Die Lagerbildungen sind höchst ungewöhnlich. Die Spaltungen verlaufen mitten durch die Parteien und führen zu skurrilen Schulterschlüssen. In Deutschland haben Abgeordnete aller fünf Bundestagsfraktionen einen Entwurf für die Zulassung eingebracht, während viele Behindertenorganisationen, die Kirche und bestimmte Grüne und Konservative strikt dagegen sind: Gentests an Embryos im Rahmen der sogenannten Präimplantationsdiagnostik (PID). Das Thema ist kompliziert, nicht nur, weil es um Biotechnologie geht. Embryonenschutz ist normalerweise das Terrain von AbtreibungsgegnerInnen – wie also sollen sich FeministInnen positionieren? Viele sprechen sich für die PID aus und begründen dies mit der Autonomie von Frauen. Aber ist die Entscheidung angesichts der sehr berechtigten Einwände an selektiven Erbguttests tatsächlich so einfach? Das Thema dieser Ausgabe liefert eine differenzierte Analyse aller Argumente und diskutiert Pro- und Kontra-Positionen. Die Redaktion Atomkraftwerke abschalten!
an.schläge werden gefördert von:
Feminist Superheroines Die Schriftstellerin, Frauenrechtlerin und Philosophin Mary Wollstonecraft (1759–1797) war eine Pionierin des englischen Feminismus. Ihr bedeutendstes Werk verfasste sie 1792: „Die Verteidigung der Rechte der Frau“ (A Vindication of the Rights of Women). In diesem Klassiker der frühen feministischen Literatur heißt es etwa: „Man mache die Frauen zu vernünftigen, freien Bürgerinnen. Sie werden dann auch gute Ehefrauen und Mütter werden – vorausgesetzt, dass die Männer nicht ihre Pflichten als Gatten und Väter vernachlässigen.“ Auch die Schulbildung von Mädchen war ihr ein großes Anliegen. So gründete sie eine private Schule in London, an der sie auch selbst unterrichtete. bicou Illustration: Lina Walde
leserinnenbrief Betrifft: „Die Frauen kommen! Die Frauen!“ an.schläge 03/2011 Ein sehr informatives Heft ist eure März-Ausgabe geworden, besonders interessant ist der Rückblick auf die 100-jährige Geschichte „Die Frauen kommen! Die Frauen!“ Nur an einer Stelle wurde ich stutzig. Johanna Zechner sagt, dass eine ausgewogene Präsentation in der Jubiläumsausstellung „nicht leicht war, weil die Unterlagen von den Parteien einfach besser – wenn auch ebenfalls nicht lückenlos – archiviert wurden“. Offensichtlich gibt es ist Österreich keine Bewusstheit darüber, dass in kaum einem anderen Staat der Welt die Autonomen Frauen- und Lesbenbewegungen so umfangreich dokumentiert sind wie im Stichwort in Wien,
wo systematisch die Dokumente aller Gruppen, Projekte und Einrichtungen des gesamten Landes archiviert werden. Die Frauenbewegung hat ja keine Ablieferungspflicht für ihre Dokumente. Feministische Archive setzen sich dies selbst als freiwillige Aufgabe, um Frauenbewegungskämpfe sichtbar zu machen. Und da nicht alle Tage eine Präsentation im Rahmen einer spektakulären Ausstellung erfolgt, gehören die Bewusstseinsarbeit über die Bedeutung von Archivierung immer wieder zu den Grundaufgaben im feministischen Archive-Alltag. Die Frauen kommen. Die Frauen. Und sie bleiben. Sammeln wir weiter. Herzliche Grüße, Rita Kronauer, feministisches Archiv ausZeiten, Bochum
impressum
Herausgeberinnen und Verlegerinnen: CheckArt, Verein für feministische Medien und Politik. A-1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/920 16 76, e-mail: redaktion@anschlaege.at,
office@anschlaege.at, www.anschlaege.at l Koordinierende Redakteurinnen: Sylvia Köchl, office@anschlaege.at, T.01/920 16 76, Lea Susemichel, redaktion@anschlaege.at, T. 01/920 16 78
Buchhaltung, Abos: Svenja Häfner, buchhaltung@anschlaege.at, abo@anschlaege.at l Termine, Tipps: Anita Weidhofer, termine@anschlaege.at l Inserate: Michèle Thoma, mi.thoma@chello.at l Redaktion: Bettina Enzenhofer/be, Andrea Heinz/han, Sylvia Köchl/sylk, Silke Pixner/pix, Fiona Sara Schmidt/fis, Verena Stern/vers, Lea Susemichel/les, Irmi Wutscher/trude, Vina Yun/ viyu l Praktikum: Birgit Coufal l Texte: Heba Amr, Andrea Arz de Falco, Mirjam Bromundt/mij, Clara Luzia, Birgit Coufal/bicou, Kendra Eckhorst, Sonja Eismann, Denice Fredriksson, Judith
Götz, Tamara Grundstein, Svenja Häfner/svh, Beate Hammond, Cilja Harders, Christine Hartmann, Gabi Horak/GaH, Mia Kager/miak, Leonie Kapfer/leka, Nadine Kegele/nad, Daniela Koweindl, Birge Krondorfer, Sanja Nedeljkovic/sane, Saskya Rudigier, Michèle Thoma l Layoutkonzept & Layout: Lisa Bolyos l Cartoons & Illustrationen: Paula Bolyos, Joanna Rubin Drange, Nadine
Kappacher, Bianca Tschaikner, Lina Walde l Fotos: an.schläge-Archiv, Meri Disoski, Lina Dokuzovic, Gigi Ibrahim, Elfi Mikesch, Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion, Gürcan Öztürk, Lisl Ponger,
scenecom media group, Valerie Schandl, Trust Africa/Senegal, Verein Wiener Jugendzentren, www.123rf.com l Homepage: Mirjam Bromundt, www.anschlaege.at l Druck: H.R.G. Druckerei ©
an.schläge: Titel, Vorspann und Zwischentitel von der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Auffassung der Redaktion entsprechen. Kürzungen vorbehalten.
l ISSN 1993-3002
04 l an.schläge April 2011
an.sage
Wie organisierst du dich? Ein Kommentar von Sylvia Köchl
Der 1. Mai ist so ein schöner Feiertag. Bei meist gutem Wanderwetter latsche ich mit FreundInnen vom 20. Wiener Gemeindebezirk beim Mai-Aufmarsch der SPÖ mit, biege vorm Burgtheater auf den Rathausplatz ein, wo sich die Bezirksgruppen zu einer riesigen Menge vereinen, und lausche den Reden der Granden der Sozialdemokratie, die am Ende gemeinsam mit der „Basis“ routiniert die „Internationale“ singt. Anschließend begeben wir uns zum Parlament, wo der Demonstrationszug der KPÖ gerade ankommt und weitere FreundInnen anzutreffen sind. Nun beginnt aber der Magen zu knurren und fordert sein Recht auf ein Feiertagsschnitzel im Schutzhaus „Zur Zukunft“. Danach ein paar Biere, und wer dann noch die Kraft dazu hat, fährt in den Prater. Den Rest zieht es zu den heimatlichen Sofas oder maximal zu noch ein paar Bieren bei der KPÖ-Party im „Siebenstern“. Seit dem 1. Mai 1999, als Marcus Omofuma bei seiner Abschiebung starb, weil ihn die Begleitpolizisten dermaßen stark gefesselt und ihm den Mund verklebt hatten, dass er erstickte, fühlt sich dieser Feiertag anders an. Viele Jahre lang standen nun an jedem 1. Mai AntirassistInnen vor dem Burgtheater Mahnwache und „störten“ die Feierlichkeiten mit der Erinnerung an diesen Tod, den ein SPÖ-Innenminister zu verantworten hatte, der ihn aber nicht besonders berührte. Am „Tag der Arbeit“ hatten die Fremdenpolizisten auch nur ihre Arbeit getan … Die Initiative „Euro Mayday“, die 2005 erstmals auch in Wien eine Parade organisierte, reklamiert seither prekäre, atypische, undokumentierte und illegalisierte Arbeit in diesen 1. Mai hinein, der zwar nicht überall so kuschelig gefeiert wird wie in Wien, der aber allerorts als jener Tag gelten kann, an dem „die Arbeiterbewegung“ sich selbst und ihre Errungenschaften feiert – die nicht zuletzt aus Frauensicht unbestritten sind. Aber irgendwann in den Jahrzehnten des Wirtschaftswunders sind die Sozialdemokratien Europas dabei stehen geblieben und wurden staatstragend. Was für den Prototyp des Vertreters der Arbeiterklasse erreicht wurde – dass also der inländische, männliche Vollzeit-Arbeiter mit seiner Kleinfamilie im Schlepptau den Aufstieg
schaffte und die neue Kleinbürgerschicht bildete –, ist großartig genug und muss offenbar für die nächsten Jahrhunderte reichen. Siehe die Frage der Lohngerechtigkeit zwischen Männern und Frauen und wie egal das Gewerkschaften und sozialdemokratischen Funktionären ist – vor 100 Jahren schon stand diese Forderung auf den Plakaten des ersten Frauentags. Siehe die atypisch Beschäftigten, die lange Jahre von allem ausgeschlossen waren, angefangen von der Arbeitslosenversicherung bis hin zur Vertretung durch eine Gewerkschaft. Siehe die anhaltend schlechte Situation der migrantischen ArbeiterInnen. Hier hat die Sozialdemokratie ihren „goldenen Mittelweg“ gefunden: Rassismus à la FPÖ ist pfui, aber „integrieren“ müssen sich schon alle, Deutsch lernen sowieso, und einen Arbeitsplatz besetzen, den ein/e MehrheitsösterreicherIn haben will, geht gar nicht. Aber da sei eh das Ausländerbeschäftigungsgesetz vor. In der Realität also keine Spur von jenem Klassen- und Geschichtsbewusstsein, das am 1. Mai so gerne zelebriert wird. Und da heuer die Übergangsfrist für die Bewegungsfreiheit von Arbeitskräften aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten in Osteuropa endet – eine Übergangsfrist, für die die hiesigen Gewerkschaften wie die Löwen gekämpft haben, um die „inländischen“ ArbeitnehmerInnen vor Lohndumping und weiteren Übeln zu schützen –, kann ich mir die populistischen Inhalte der heurigen 1. Mai-Reden schon lebhaft vorstellen. Solidarisch ist man(n) hier nur mit sich selbst. Nach einer zweijährigen Pause, in der an der Wirksamkeit der MayDay-Parade in Wien gezweifelt wurde, in der sich aber mit dem „Prekärcafé“ eine beständige Struktur entwickelt hat, findet heuer wieder eine Parade statt, die fragt: „Musst du arbeiten? Willst du arbeiten? Hast du bezahlte Arbeit? Darfst du arbeiten? Darfst du hier leben? Wovon lebst du? Hast du freie Zeit? Was machst du, wenn du krank bist? Was machst du im Alter? Was wünschst du dir? Wie wehrst du dich? Wie organisierst du dich?“
Infos und Vorbereitungstreffen: http://mayday.prekaer.at
April 2011 an.schläge l 05
an.riss politik verpartnerungen 2010 Gleichgestellt – und doch nicht Seit 1. Jänner 2010 können lesbische und schwule Paare in Österreich eine „gleichgeschlechtliche Partner_innenschaft“ eingehen. Im ersten Jahr haben sich insgesamt 705 Paare zu diesem Schritt entschlossen, also durchschnittlich zwei Paare pro Tag: die Hälfte davon in Wien und fast zwei Drittel Männer. Nur in Vorarlberg, Tirol und in Niederösterreich ließen sich mehr Lesben als Schwule verpartnern. Auf dem Weg zur Gleichstellung wurde die Einführung der gleichgeschlechtlichen Partner_innenschaft als wichtiger Schritt gefeiert, die Paare sind dadurch in vielen Bereichen rechtlich abgesichert. Gleichzeitig bleiben aber wesentliche Lücken: Die Zeremonien dürfen nicht auf Standesämtern abgehalten werden, weil die „Ehe“ halt doch was Besonderes sein soll. Wien hat sich hier quer gelegt und auch gleichgeschlechtlich Liebenden die Pforten ihrer standesamtlichen Trauungssäle geöffnet.
„Wie soll sich ein männlicher Mann gegenüber
Diskriminierungen bleiben auch im Adoptions- und Fortpflanzungsrecht, ebenso im Namensrecht – so gibt es für Lesben und Schwule keinen „Familiennamen“, sondern nur einen „Nachnamen“. Details wie diese zeigen, dass ein grundlegendes Gleichstellungsziel noch lange nicht erreicht ist: Gleichgeschlechtliche Paare endlich als Familie anzuerkennen und ihnen die gleichen Rechte wie anderen Familien zuzugestehen. GaH
tag der kriminalitätsopfer Rosa Logar geehrt Sie war Mitbegründerin des ersten Frauenhauses in Österreich 1978, ist seit 1988 ehrenamtliche Obfrau des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser, von denen es mittlerweile 30 landesweit gibt. Sie war maßgeblich beteiligt am Aufbau der kostenlosen Frauenhelpline 0800 222 555, am Vorzeigeprojekt Gewaltschutzgesetz, gründete das europäische Netzwerk WAVE (Women Against Violence Europe) und ist als Expertin im Europarat tätig. Viele Stunden unbezahlter Arbeit und unermüdliches Engagement, für die Rosa Logar nun von Innenministerin Maria Fekter Anerkennung bekam. Diese hat im Innenministerium erstmals den „Tag der Kriminalitätsopfer“ abgehalten, dabei wurden auch „freiwillige HelferInnen“ geehrt. Einrichtungen aus dem Bereich der Opferhilfe, so auch der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF), konnten verdienstvolle MitarbeiterInnen für eine Ehrung vorschlagen. GaH www.aoef.at
deutschland Feministische Verfassungsrichterin Seit dem 2. Februar sitzt Susanne Baer im deutschen Bundesverfassungsgericht, zuständig für Arbeitsrecht. Sie ist damit zwar nicht die erste feministische Verfassungsrichterin, aber die erste, die nicht aus einer
diesem Gender-
Kokolores verhalten? Nun, ritterlich.“
Michael Klonovsky, deutscher Schriftsteller und Journalist, erklärt in einem „Focus“-Artikel ausführlich, warum der ganze „Gender-Kokolores“ keine „schönen Aussichten für das gesellschaftliche Klima und für die Sitten“ verspricht. Die Frau ist eine „anbetungswürdige Zone“, und eine „Gleichmachung der Geschlechter“ würde zu einer „Entzauberung der Welt“ führen. Ritterliche Männlichkeit soll dies verhindern. Zu vergessen scheint Herr Klonovsky aber die vielen Ritterinnen, die sich ihre „Gleichmachung“ nicht mehr nehmen lassen. Notfalls mit Schild und Schwert! leka 06 l an.schläge April 2011
plus
Win a wife ... (+)
... or an Angel (–)
Mit diesem Gewinnspieltitel will ein neuseeländischer Radiosender seine Hörer glücklich machen. „Gewonnen“ werden kann eine ukrainische Frau. Reisekosten und „river cruise“ werden vom Sender übernommen. Gegen so viel misogyne Glücksspiellaune protestierte die ukrainische Feministinnengruppe „Femen“ lautstark vor dem Kiewer Standesamt. Ihr Slogan „Ukraine is not a brothel“, denn: „Ukrainian women are not a commodity.“ leka
Konnte mann Ende letzten Jahres auf der Webseite des Deo-Unternehmens „Axe“ noch „heißen weiblichen Sergeants“ virtuell die Hosen vom Leib schießen, wirbt die UnileverMarke nun damit, ihren Kunden „einen Engel zu schicken“. Der gewinnwillige Deo-Benutzer kann sich zwischen einem der vier Engel aus dem neuen Werbespot entscheiden und, wenn es das Losprinzip so will, ein Date mit einer leicht bekleideten Himmelsbotin ergattern. In „real life“ versteht sich. leka
an.frage großen Partei kommt, sondern aus der autonomen Frauenbewegung. Susanne Baer lebt außerdem offen lesbisch. Die 46-jährige Professorin für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Humbold-Universität Berlin beschäftigt sich in ihrer Forschung u.a. mit feministischer Rechtswissenschaft, Gleichstellungsrecht und Antidiskriminierungsrecht. Feministische Rechtswissenschaft ist für sie ein Grundlagenfach der juristischen Ausbildung: „Ein Jurist muss ein Gespür für die Formen der geschlechtsspezifischen Diskriminierung haben.“ Feministische Rechtswissenschaft sei ein „Training in Geschlechtssensibilität“. GaH www.tagesspiegel.de
eugh-urteil Ende ungleicher Versicherungstarife Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Ende Februar entschieden: Versicherungen müssen künftig einheitliche Tarife für Frauen und Männer anbieten. Das Geschlecht als Risikofaktor sei diskriminierend. Derzeit zahlen in Österreich Frauen etwa höhere Beiträge bei privaten Pensionsversicherungen und oft höhere Tarife bei Krankenversicherungen – weil sie statistisch länger leben und aufgrund des „Schwangerschaftsrisikos“. Dafür gibt es den „Lady-Bonus“ bei Autoversicherungen, da Frauen im Schnitt weniger Unfälle verursachen. Das sei Diskriminierung, befand der EuGH und möchte ab 21. Dezember 2012 bei neuen Versicherungsverträgen nur mehr Unisex-Tarife sehen. Bestehende Verträge sind von dem Urteil nicht betroffen. Zuvor muss sich aber noch die EU-Kommission mit dem EuGH-Urteil befassen, und entscheiden, ob, wann und in welcher Form dieses in EU-Recht umgesetzt wird. Die Versicherungsbranche reagiert ablehend: Es gehe nicht um Gleichbehandlung von Mann und Frau, sondern um Risikogerechtigkeit, heißt es etwa vom Österreichischen Versicherungsverband. Der Frauenfinanzdienst in Köln weist dieses Argument der Branche jedoch als „scheinheilig“ zurück: Erstens dürfe „kein Mensch wegen der Zugehörigkeit zu einer Gruppe, der er unabänderlich allein durch die Geburt angehört, höher belastet werden als andere“. Zweitens werde die Lebenserwartung auch durch andere Faktoren wie Lebensstil, Bildungsstand etc. beeinflusst. Die Grüne Frauensprecherin Judith Schwentner warnt: „Die Versicherungsprämien müssen transparenter und nachvollziehbarer werden, damit Unterschiede aufgrund des Geschlechts nicht durch komplexe Berechnungsweisen weiterhin verschleiert fortbestehen können.“ GaH
oberösterreich Massenbetteln gegen Bettelverbot Am 5. März rief die Bettellobby OÖ zum 1. Linzer Massenbetteln in der Linzer Hauptstraße auf. Anlass war ein verschärftes Bettelverbot, das der oberösterreichische Landtag am 10. März dann auch beschlossen hat. Die Bettellobby auf ihrer Website: „Mit diesem Gesetz sollen arme Menschen von den Straßen vertrieben werden. Die Armut wird bleiben, auch weil die Politik bei der Bekämpfung der Armut nachlässig ist. Mit Bettelverboten werden die Menschen aber bloß aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt. Wir glauben, dass Betteln ein Menschenrecht für Menschen in Not ist.“ Mittlerweile gibt es in fast allen Bundesländern in Österreich landesweite Bettelverbote. GaH www.bettellobby.at, http://bettelverbot.at
Die ewige Fragerei „FM4“-Radiomoderatorin Claudia Unterweger arbeitet jetzt auch fürs Fernsehen. Seit Februar ist sie die erste schwarze Nachrichtensprecherin im „ORF“. Lea Susemichel erläutert sie, wie sie als kritisch denkender Mensch ihren Job machen will. „Der ganze Rummel um meine Person als schwarze Nachrichtenmoderatorin zeigt, wie weit der Weg ist, den dieses Land noch vor sich hat“, sagten Sie kürzlich in einem Interview. Wie weit ist der Weg noch? Österreich ist seit jeher ein Einwanderungsland. Die Vielfalt der gesellschaftlichen Realität spiegelt sich allerdings bis heute in der monokulturellen Selbstwahrnehmung der Mehrheitsbevölkerung kaum wider. Es gilt die herrschende Norm: weiß, deutschsprachig, christlich – all jenen, die nicht in diese immer wieder neu festgeschriebene Norm passen, wird signalisiert, nicht „österreichisch“ zu sein. Die ewige Fragerei nach der Herkunft bzw. der „Abstammung“ und nach dem Zeitpunkt einer geplanten „Rückkehr in die Heimat“ verdeutlicht diesen Mechanismus des „Othering“, des Fremdmachens jener, die zwar hier genauso ihren Lebensmittelpunkt haben, denen aber der Alleinanspruch der Mehrheitsbevölkerung auf dieses Territorium klar gemacht werden soll. Welche Maßnahmen und Strategien sind notwendig für mehr migrantische Medienpartizipation? Sind eigene Medien wie „Biber“oder MigrantInnen-Redaktionen wie „daStandard.at“ zielführend? Solange MigrantInnen kaum die Möglichkeit bekommen, in Mainstream-Medien selbstbestimmt Inhalte zu gestalten und strukturell gleichberechtigt mitzubestimmen, sind eigene Medien notwendig. Nur so erhalten MigrantInnen oft überhaupt erst die Chance, ihre Stimmen hörbar zu machen und die eigenen Qualifikationen zu schärfen. Auch wenn migrantische MitarbeiterInnen in Mainstream-Medien wahrscheinlich noch lange minorisiert bleiben werden und sich in den Redaktionen der Erfolg beginnender Diversity-Bewusstseinstrainings nur langsam einstellen wird – auf längere Sicht sind für die gesellschaftliche Teilhabe von MigrantInnen sowohl eigene selbstbestimmte Räume als auch die Sichtbarkeit im Mainstream wichtig. Also ist es am besten, beide Strategien parallel zu verfolgen. Eines der ersten innenpolitischen Themen, über das Sie im ZIBFlash berichtet haben, waren die Verschärfungen im Fremdenrecht. Wie viel kritischer Kommentar ist einer Moderatorin grundsätzlich erlaubt? Diese Frage ist am besten meinen Vorgesetzten zu stellen. Ich definiere meine Aufgabe als Journalistin und kritisch denkender Mensch so, dass ich versuche, Sachverhalte ausgewogen, nach journalistischen Kriterien auf den Punkt zu bringen. Bei der Auswahl der Themen, deren Gestaltung und deren Präsentation fließt naturgemäß auch meine persönliche Perspektive mit ein. Ich gehe davon aus, dass das auch erwünscht ist, sonst hätte man mich nicht für den Job gewählt.
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migrantInnenstreik
Rote Karte in rot-weiß-rot Qualifizierte Schlüsselkräfte bekommen die „Rot-Weiß-RotCard“, vielen anderen MigrantInnen hingegen droht die rote Karte. Ausweisungen werden entscheidend erleichtert, sollten die geplanten Verschärfungen im „Fremdenrecht“ tatsächlich beschlossen werden. Dagegen wurde nun auch in Österreich erstmals mit einem transnationalen Streiktag protestiert. Von Lea Susemichel
1. März 2011, Foto: Meri Disoski
„Favoriten soll beben!“, ruft die Künstlerin Grace Latigo von der Bühne am Viktor-Adler-Markt. Mitten im 10. Wiener Gemeindebezirk findet heuer der erste „Transnationale Migrant_innenstreik“ Österreichs statt. Der Markt des ArbeiterInnenbezirks ist traditionell ein sehr beliebter Ort für Kundgebungen der FPÖ. In Wahlkampfzeiten versammelt Heinz-Christian Strache hier regelmäßig viele tausende AnhängerInnen. Ganz so viele sind es nicht, die am 1. März bei Eiseskälte gegen Diskriminierung und Ausgrenzung protestieren. Aber sie sind laut und unter ihren „Wir sind hier! Wir bleiben hier“-Sprechchören bebt der Boden tatsächlich ein wenig. „Wir sind an diesem Platz, weil Favoriten ein Bezirk von ArbeiterInnen ist. Ihn wollen wir uns heute zurückerobern von Rechtsextremen und PopulistInnen. Das ist unser Platz!“, erklärt Mitorganisatorin Radostina Patulova in ihrer Auftaktrede die Ortswahl. 1 http://ausschlussbasta. wordpress.com Links www.1maerz-streik.net www.sprachenrechte.at www.ehe-ohne-grenzen.at www.asyl.at
08 l an.schläge April 2011
Streik und Selbstrepräsentation. In Frankreich, Spanien, Italien und Griechenland wurde bereits vergangenes Jahr erstmals zum 1. März-Streik aufgerufen (vgl. an.schläge 4/2010). Vorbild waren Proteste in den USA gewesen, wo schon 2006 nahezu eine
Million Menschen gegen Illegalisierung und Kriminalisierung auf die Straße ging und damit eindrücklich zeigte, welche drastischen Auswirkungen eine kollektive Arbeitsniederlegung von MigrantInnen hat: In vielen Städten funktionierte so gut wie nichts mehr. Während man 2010 unter dem Motto „24 Stunden ohne uns“ ebenfalls den enormen und unersetzlichen Anteil migrantischer Arbeits- und Konsumleistung in den jeweiligen EU-Ländern deutlich machen wollte, entschied man sich in Wien nicht für einen Streik, sondern stattdessen für die öffentliche Präsenz von MigrantInnen. Denn allgegenwärtig sind diese sonst nur in den Debatten, die über sie geführt werden und in denen sie selbst gewöhnlich nicht zu Wort kommen. Migration wird dabei nahezu ausschließlich als Problem verhandelt, dem nicht nur in Österreich kontinuierlich mit immer drastischeren Einschnitten im sogenannten Fremdenrecht begegnet wird. Bereits nach der Gemeinderatswahl in Wien im vergangenen Herbst, bei der die FPÖ ihren Stimmenanteil auf knapp 27 Prozent fast verdoppeln konnte, hieß es deshalb in der Petition der antirassistischen Initiative „Ausschluss Basta!“: „Ob Bildung, Wohnen oder Arbeitsmarkt – Migration wurde und wird in all diesen
Lebensbereichen als Problemfeld inszeniert. Es gehört mittlerweile zum guten Ton in der öffentlichen Debatte, über Migration und Migrant_innen als Konfliktquelle zu sprechen. In Österreich herrscht offenbar ein breiter Konsens darüber, dass auf gesellschaftliche und soziale Probleme rassistische Antworten gegeben werden können.“1 Die mehr als tausend Unterzeichnenden richteten sich in diesem Aufruf u.a. gegen eine Politik, die alleine einer „Kosten/Nutzen-Logik“ folgt „und Teile der Gesellschaft zur Ausschusspopulation erklärt“. Ausbildung und Anwesenheitspflicht. Doch genau dieser Logik folgen nun auch die geplanten neuerlichen Gesetzesverschärfungen, die kurz vor dem Streiktag Ende Februar den MinisterInnenrat passierten. Sie begleiten die Einführung der Rot-Weiß-Rot-Card (RWR-Card), durch die sich die Regierung „höheres Wirtschaftwachstum durch qualifizierte Zuwanderung“ verspricht. Ein Punktesystem erlaubt Hochqualifizierten, Schlüssel- und Fachkräften in Mangelberufen den (zeitlich begrenzten) Aufenthalt, sofern sie bestimmte Kriterien – z.B. Ausbildung, Alter, deutsche Sprachkenntnisse – erfüllen. Die
damit einhergehenden Verschlechterungen für all jene, die es nicht auf genug Punkte bringen, sondern beispielsweise einfach nur von ihrem Recht auf Asyl, auf humanitären Aufenthalt oder auf das Zusammenleben mit ihrer Familie Gebrauch machen wollen, schlagen sich in den Änderungen mehrerer Gesetze nieder: im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, im Fremdenpolizei-, Asylund im Staatsbürgerschaftsgesetz. Schon im Vorfeld gab es massive Kritik an einigen der geplanten Novellierungen. Insbesondere Innenministerin Maria Fekters Vorstoß, Eltern vor die Wahl zu stellen, ob sie ihre Kinder vor einer Abschiebung mit in die Schubhaft nehmen oder sie der Obsorge des Jugendamts überlassen wollen, sorgte für breite Empörung. Auch die sogenannte Mitwirkungspflicht, die es AsylbewerberInnen im Regelfall verbieten soll, die Erstaufnahmestellen
nicht wie AnwältInnen parteiisch für die Rechte von Flüchtlingen einsetzen dürfen. Etwas abgemildert wurde hingegen der ursprüngliche Entwurf der Schubhaftbestimmungen für unter 16-Jährige. Kinder sollen nun bei ihren Eltern bleiben, inhaftiert werden soll in „kindgerechter Unterbringung“, wie es äußerst schwammig heißt, und für nur maximal zwei Tage. „Egal wie kurz oder lang sie andauert, Schubhaft hat unter keinen Umständen etwas mit Kinderfreundlichkeit zu tun“, kritisiert jedoch die Bundesjugendvertretung auch diesen neuen Entwurf scharf. Denn er „widerspricht eindeutig dem Kindeswohl, das in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben steht. Wir fordern, dass Kinder und Jugendliche, die hierzulande Schutz suchen, nicht in Haft genommen werden dürfen!“ Zudem, so lautet eine weitere Kritik, sei
Angeboten werden Deutschkurse häufig nur an den Goethe-Instituten der Hauptstädte. Die erforderlichen Reisen für eine regelmäßige Unterrichtsteilnahme sowie die nicht unerheblichen Kurskosten können sich jedoch bei weitem nicht alle leisten. in den ersten fünf bis sieben Tagen zu verlassen, wurde als verfassungswidrig kritisiert. Das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR urteilte etwa, dass der „zwangsweise Aufenthalt in der Erstaufnahmestelle de facto einer Haft gleichkommt, selbst wenn die Türen nicht versperrt sind. Denn sobald ein Betroffener die Erstaufnahmestelle verlässt, droht ihm als Konsequenz Schubhaft.“
es jetzt leichter als bisher möglich, 16bis 18-Jährige in Schubhaft zu nehmen, denn sie bleiben von dieser Regelung ausgenommen.
Schubhaft und Sprachkurse. Dass auf jede kleine Abmilderung zahlreiche zusätzliche Härten kommen, gilt auch für viele andere Neuerungen im Gesetzesentwurf. So wird die Dauer der möglichen Schubhaft deutlich verlängert, im Regelfall beträgt sie jetzt vier Haft und Härte. Doch ungeachtet aller statt zwei Monate. Das Höchstmaß sind Proteste soll diese Anwesenheitspflicht nun insgesamt zehn Monate – 18 waren nun kommen. Asylsuchende werden ursprünglich gar vorgesehen – innerhalb damit direkt nach ihrer Ankunft nicht von eineinhalb Jahren. nur wie StraftäterInnen behandelt, sie Deutlich verschärft werden auch die werden auch vollkommen isoliert – und Vorschriften für MigrantInnen, Deutsch haben so keinerlei Möglichkeit, eine un- zu lernen, sowohl vor als auch nach der abhängige Rechtsberatung in Anspruch Einwanderung. Menschen aus Drittstaazu nehmen. Die EU verlangt jedoch ein ten, die etwa im Rahmen des Familienkostenloses Rechtsberatungssystem, die nachzugs einwandern, müssen bereits österreichische Umsetzung sieht nun vor, vor ihrer Einreise eine Deutschprüfung dass die BeraterInnen zur „Objektivität“ auf A1-Level (Basiskenntnisse) absolgezwungen sind, das heißt, dass sie sich vieren. Angeboten werden diese jedoch
neuland entdeckungen im alltag
Verborgene Geschichte/n – remapping Mozart 2006, Konfiguration III, Foto: Lisl Ponger
Beate Hammond
Josephine< Eine junge Frau ist verzweifelt – ihr Vater, ihr einzig noch lebender Verwandter, hat auf der Straße einen Schlaganfall erlitten und ist wenig später in der Wohnung, nahe der Wiener Freyung, gestorben. Noch bevor sie sich von diesem Schock erholen kann, wird der Leichnam abgeholt und angeblich zur medizinischen Fakultät gebracht, um an ihm medizinische Versuche vorzunehmen. Bei der Beerdigung am 23. November 1796, zwei Tage nach dem Tod des Mannes, werden nur die Eingeweide begraben. Wochen vergehen, in denen Josephine mit ihrer Trauer allein ist. Sie ist 25 Jahre alt und Einzelkind, ihre Mutter ist schon seit mehr als zehn Jahren tot. Schließlich erfährt sie, was wirklich mit ihrem Vater geschehen wird: Er soll ausgestellt werden. Der Direktor des Hofnaturalienkabinetts am Wiener Josephsplatz hat dem Leichnam bereits persönlich die Haut abgezogen. Nun soll er ausgestopft und zwischen einem Tapir und einem Wasserschwein zur Schau gestellt werden. Nach seinem Tod mutiert der zu Lebzeiten geachtete Afrikaner Angelo Soliman zum exotischen Schauobjekt. Josephine will dies verhindern und statt still zu leiden, wird sie aktiv. Am 14. Dezember 1796 wendet sie sich an die Polizeihofstelle und bittet, „dass ihr das Skelett und die Haut ihres Vaters ausgefolgt werden.“ Ihre Bitte wird protokolliert, auch als sie fünf Tage später erneut vorspricht. Es passiert aber nichts, in dieser Zeit, in der Bürgerrechte nur für Männer gelten. Sie wendet sich an den Fürsterzbischof von Wien, der ein ausführliches Gesuch verfasst. Die allgemeine Sitte und die Schamhaftigkeit fordern es, heißt es da, dass die Blöße menschlicher Körper nach dem Tode mit Erde bedeckt werde. Die „Befriedigung des lüsternen Auges“ oder die Neugier, die durch Ausstellung eines Afrikaners als einer „schönen Rarität“ erzielt werden soll, rechtfertige dieses Vorgehen nicht. Die Eingabe blieb erfolglos. Josephine Soliman heiratet einen Baron und zieht mit ihm nach Krakau, wo sie 1801 stirbt, noch nicht einmal 30 Jahre alt. Beate Hammond macht ihre Entdeckungen in Wien.
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migrantInnenstreik häufig nur an den Goethe-Instituten der Hauptstädte. Die erforderlichen Reisen für eine regelmäßige Unterrichtsteilnahme sowie die nicht unerheblichen Kurskosten können sich jedoch bei weitem nicht alle leisten. In vielen afrikanischen Ländern gibt es die Kurse erst gar nicht. Selbst das Recht auf Familienleben werde durch diese Pläne ausgehöhlt, sagen Kritikerinnen wie Anny Knapp von der „asylkoordination österreich“. Denn das Bestreben, möglichst keine unausgebildeten Personen mehr ins Land zu lassen, findet sogar bei der Familienzusammenführung Anwendung. Während die Hochqualifizierten mit RotWeiß-Rot-Card und ihre Angehörigen keinen Deutschnachweis erbringen müs-
vereinbarung“ gegründet wurde, fordert ein „Recht auf Sprachen statt Deutsch als Pflicht“ und deshalb die Regierung auf, „ein Maßnahmenpaket von kostenlosen oder kostengünstigen, niederschwelligen und zielgruppenadäquaten Deutschkursen (wie z.B. die ‚Mama lernt Deutsch‘-Kurse) zu entwickeln“. Doch Maria Fekter und mit ihr die SPÖ wollen stattdessen auf Sanktionen setzen, obwohl Angst vor Strafen (von Traumatisierungen, die Flüchtlinge oftmals erlitten haben, gar nicht erst zu sprechen) erwiesenermaßen die Lernfähigkeit mindert: Bei Nichtbestehen der Prüfung droht Ausweisung. Die ließe sich durch die neue Zweijahresregelung auch bedeutend leichter exekutieren, hatte doch die Menschen-
rechtskonvention eine Abschiebung nach fünfjährigem Aufenthalt – die bisherige Frist für die Deutschprüfung – deutlich erschwert.
„Ehe ohne Grenzen“ fürchtet, dass die Denunziationen, denen binationale Paare ohnehin ständig ausgesetzt seien, dadurch weiter zunehmen werden. Neu kommen soll auch eine Weisung ans AMS, unverzüglich zu melden, wenn bei bestimmten Personen Arbeitslosigkeit vorliegt. Wer nicht innerhalb von drei Monaten wieder ein bestimmtes Einkommen nachweisen kann, muss gehen. Der Verlust des Arbeitsplatzes kann so auch schnell zum Verlust des Aufenthaltstitels führen. Eine Verknüpfung, die bereits in anderen europäischen Ländern nachweislich dazu geführt hat, dass Nicht-EU-BürgerInnen auf dem Arbeitsmarkt noch ausbeutbarer werden. Wer hingegen einen österreichischen Pass oder ein unbefristetes Visum will, soll in Zukunft Deutschkenntnisse auf B1-Level (Maturaniveau für Fremdsprachen) nachweisen. Bis zu eintausend Unterrichtsstunden inklusive der anfallenden Kosten sind hierfür nötig. „Frauen werden von den neuen Anforderungen für die Erlangung des (Dauer-) Aufenthaltsrechts oder die Staatsbürgerschaft stärker betroffen sein, weil sie häufig sowohl von ihren Lernerfahrungen als auch von den verfügbaren finanziellen Mitteln und der Mobilität ohnehin schlechter gestellt sind“, prognostiziert Knapp von der „asylkoordination österreich“.
Ausweisen und Abschieben. Generell werden Aberkennung des Aufenthaltstitels und Ausweisungen künftig bedeutend leichter. Es genügt bereits eine Verurteilung auch wegen geringfügiger Delikte. So könnten etwa bestimmte Verkehrsübertretungen, das Vernachlässigen der Meldepflicht oder nicht angemeldetes Arbeiten in Zukunft bereits zu einer Abschiebung führen. Was dann automatisch auch ein befristetes Wiedereinreiseverbot in die gesamte EU zur Folge hat. Im Entwurf ist nun auch die Liste der Gründe für ein solches Einreiseverbot verlängert worden. Sie wurde um die Tatbestände der sogenannten Scheinehe und Scheinadoption ergänzt. Perfides Detail dabei: Die Eingetragene Partnerschaft wird hier ausnahmsweise genau wie die Ehe behandelt. Wer sich nur wegen des Aufenthaltstitels bindet, wird abgeschoben und darf so schnell in kein EU-Land mehr einreisen. Angela Magenheimer von der Initiative
Gleichberechtigung statt Gesetzesverschärfung. Angesichts dieser existenziellen Bedrohungen für MigrantInnen war der dringlichste Appell des 1. März-Streiks „die sofortige Rücknahme dieser Verschärfungen im Fremdenrecht“, erklärt Mitinitiatorin Kübra Atasoy. Lisa Bolyos, feministischantirassistische Aktivistin, ergänzt, dass die grundlegenderen Forderungen nach einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe und gleichen sozialen Rechten und Privilegien für alle daneben natürlich weiter bestehen bleiben. Die OrganisatorInnen wollen den 1. März auch in Österreich fest als migrantischen Streiktag etablieren und im nächsten Jahr wiederholen. Das Gesetzespaket soll jedoch schon Anfang April einem ExpertInnenHearing unterzogen und voraussichtlich Ende April im Nationalrat beschlossen werden. l
Tatsächlich plant die Innenministerin jedoch, die Mittel für begleitende Unterstützungsangebote bei den Sprachkursen, wie etwa Kinderbetreuung, zu kürzen. ExpertInnen gehen davon aus, dass deshalb besonders viele Frauen an den Vorgaben scheitern werden. sen, gelten für AnalphabetInnen keine Ausnahmen. Auch nicht bei der neuen Bestimmung, wonach Deutschkenntnisse auf A2-Niveau nun bereits nach zwei Jahren Aufenthalt im Land vorgewiesen werden müssen. Im Gegenteil: Alphabetisierungskurse werden abgeschafft. SprachenRechte statt Sanktionen. Als „Maßnahme für die Emanzipierung von Frauen“ bezeichnet Maria Fekter die verpflichtenden Sprachkurse dreist, Frauen würden so mehr Unabhängigkeit von ihren Männern erlangen. Tatsächlich plant die Innenministerin jedoch, die Mittel für begleitende Unterstützungsangebote wie etwa Kinderbetreuung zu kürzen. ExpertInnen gehen davon aus, dass deshalb besonders viele Frauen an den Vorgaben scheitern werden. Die Kurse sind außerdem grundsätzlich selbst zu bezahlen, bislang wurde immerhin die Hälfte der Kosten ersetzt, wenn die Prüfung innerhalb von zwei Jahren absolviert wurde, diese Frist soll nun auf eineinhalb Jahre verkürzt werden. Das Netzwerk „SprachenRechte“, das 2003 als Antwort auf die „Integrations10 l an.schläge April 2011
obsorge-debatte
Wölfe im Schafspelz Justizministerin Claudia Bandion-Ortner will nicht nur die automatische gemeinsame Obsorge nach der Scheidung, sie will überdies ledigen Vätern das Recht einräumen, auch nach Jahren noch einen Antrag auf Obsorge stellen zu können. Unabhängig davon, ob sie sich bislang um ihr Kind gekümmert haben. Die Begründung der Ministerin: „Bei manchen Vätern dauert es einfach etwas länger.“ Lea Susemichel hat die Anwältin Helene Klaar zum Gesetzesentwurf befragt. an.schläge: Sie sind eine entschiedene Kritikerin der automatischen gemeinsamen Obsorge für beide Elternteile nach einer Scheidung. Was bedeutet Obsorge genau? Helene Klaar: „Obsorge“ ist nach der Definition des Gesetzes das Recht und die Pflicht, ein Kind zu pflegen und zu erziehen, es gesetzlich zu vertreten – einen Passantrag zu stellen, eine Schulanmeldung durchzuführen, einen Lehrvertrag abzuschließen, über medizinische Behandlungen oder deren Unterlassung zu entscheiden etc. – und sein Vermögen zu verwalten. Mit der Obsorge sind bei aufrechter Ehe beide Elternteile betraut. Das österreichische Recht räumt auch geschiedenen und nicht verheirateten Eltern die Möglichkeit ein, die Obsorge beider Elternteile zu vereinbaren. Die neue gesetzliche Regelung zielt darauf ab, eine Obsorge beider Elternteile auch dann zu verfügen, wenn der Elternteil, der das Kind in seinem Haushalt betreut, damit nicht einverstanden ist. Nun sind AlleinerzieherInnen ohnedies mit besonderen Problemen belastet, sie sind in höherem Maß als andere armutsgefährdet, unterliegen erheblichen Einschränkungen bei ihrer Berufstätigkeit und sonstigen Lebensgestaltung und müssen alle Alltagsprobleme mit dem Kind alleine bewältigen. Es ist völlig unverständlich, warum der Gesetzgeber nicht über Maßnahmen nachdenkt, um AlleinerzieherInnen zu entlasten, sondern ein Gesetz plant, das bei allen erwähnten Bereichen gesetzlicher Vertretung zu einem gerichtlichen Verfahren führen wird, wenn sich die Eltern nicht einigen können. In der öffentlichen Diskussion ist immer wieder von machtgierigen Müttern die Rede, die den Vätern
willentlich das Kind vorenthalten. Entspricht das Ihrer Erfahrung als Familienanwältin nach der Realität? Auch der Gesetzesentwurf beruht auf einer Vorstellung von alleinerziehenden Müttern, die aus purer Bosheit und Rachsucht den geschiedenen Mann gänzlich aus dem Leben ihrer Kinder verdrängen wollen. Das Gegenteil ist wahr: Die meisten AlleinerzieherInnen würden sich eine Beteiligung des anderen Elternteils an der Betreuung ihrer Kinder wünschen – der getrennt lebende Elternteil zeigt aber oft nur ein sehr beschränktes Interesse daran, auch nur sein Besuchsrecht regelmäßig und pünktlich wahrzunehmen. Sie haben in einer „ORF“-Diskussionssendung gesagt, der Gesetzesentwurf erinnere Sie an das alte Familienrecht, bei dem der Vater der alleinige Vormund der Kinder war. Und Sie behaupten, er richte sich vor allem gegen Frauen. Natürlich sind alleinerziehende Väter ebenso betroffen. Im Hinblick auf die weitaus größere Zahl alleinerziehender Mütter erscheint die beabsichtigte Gesetzesänderung aber dennoch als eine gegen Frauen gerichtete Maßnahme, als Rückschritt zum patriarchalischen Familienrecht, wie wir es von 1811 bis 1978 hatten. Der Entwurf sieht vor, dass ab Jänner 2012 jeder Elternteil eines Kindes zwischen null und 18 Jahren, welcher derzeit nicht obsorgeberechtigt ist, einen Antrag auf Obsorge beider Elternteile stellen kann und diesem Antrag auch stattzugeben ist, wenn dies das Kindeswohl nicht geradezu gefährden würde. Das soll auch für uneheliche Kinder gelten, egal, welcher Art die Beziehung ihrer Eltern ist. Wie die Gerichte mit der zu erwartenden Antragsflut zurechtkommen sollen, bleibt völlig offen.
Wieso gelingt es Väterrechtlern, augenscheinlich so erfolgreich Lobbyismus zu betreiben und sich mit ihren Forderungen durchzusetzen? Den sogenannten Väterrechtlern ist es auch deshalb gelungen, in der Öffentlichkeit Stimmung für ihre Anliegen zu machen, weil sie „als Wölfe im Schafspelz“ auftreten und zum Teil scheinbar Losungen der Frauenbewegung übernommen haben: Das Recht des Kindes auf beide Eltern, die bessere Vereinbarung von Beruf und Familie für Frauen, der Wunsch nach Männern, die auch mit ihren Kindern in der Sandkiste spielen – all das sind Postulate der Frauenbewegung, die von einer Lobby von Frauenfeinden zur Vernebelung ihrer tatsächlichen Absichten eingesetzt werden. Es ist daher notwendig, immer wieder darauf hinzuweisen, dass in Österreich kein Vater gehindert wird, sich liebevoll um seine Kinder zu kümmern, und zwar am besten ab ihrer Geburt, nicht erst, wenn die Beziehung der Eltern auseinandergeht. Gesetze wie das jetzt geplante hingegen haben nur den Zweck, die ohnehin überlasteten AlleinerzieherInnen zu schikanieren. Dem „Wohl des Kindes“ dient dies nicht, im Gegenteil. Im Übrigen ist das öffentliche Mitgefühl, auch von Frauen, für Männer, die sich in ihren Besuchskontakten von der Ex-Partnerin beschnitten fühlen (auch wenn diese dafür gerechtfertigte Gründe haben mag), wesentlich höher als das Mitgefühl mit überforderten Alleinerzieherinnen, die in unserer „Hochleistungsgesellschaft“ als „Versagerinnen“ nicht mit Solidarität rechnen dürfen. l
Helene Klaar ist selbstständige Rechtsanwältin in Wien, u.a. mit dem Schwerpunkt Familienrecht.
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ägypten
Frauentag auf dem Tahrir-Platz Arabische Frauen zwischen Partizipation und Exklusion. Von Cilja Harders und Heba Amr
die Situation von AktivistInnen vor Ort verschärft.
Foto: Gigi Ibrahim
8. März 2011: Der 100. Frauentag soll auch in Kairo angemessen gefeiert werden. Mit einer Kundgebung auf dem Platz der Freiheit, berühmt geworden durch die Proteste, die seit dem 25. Januar 2011 Ägypten erschüttern und eine politische Transition in Gang gebracht haben. Die soziale und politische Veränderung tief in der Gesellschaft verwurzelter Strukturen jedoch wird einen langen Atem brauchen. Das mussten die, die sich an diesem Dienstag mit dem Slogan „Nein zur Einschränkung von Frauenrechten“ in Kairo für Gleichstellung einsetzten, schmerzhaft erfahren. AktivistInnen sahen sich auf dem Tahrir verbalen Angriffen und Drohungen durch Männer-Mobs ausgesetzt. Wie ist das zu verstehen? Drei Vorbemerkungen sind nötig, um sich der Situation von Frauen in der arabischen Welt angemessen anzunähern. Erstens: Im Gebiet zwischen Marokko und Saudi-Arabien gibt es viele Unterschiede. „Die“ arabisch-islamische Frau gibt es nicht. Klasse, ethnische und religiöse Zugehörigkeit, Alter und Sexualität sind ebenso wichtig wie die politischen Systeme und nationalen Traditionen, in denen Frauen leben. Zweitens: Diese Differenzen geraten 12 l an.schläge April 2011
„Alle haben für das Gleiche gekämpft“. Die etablierten Geschlechterverhältnisse in der arabischen Welt sind schon länger unter Druck, aber politische Reformen und gesellschaftlicher Wandel müssen mühsam erkämpft werden. Konservative gesellschaftliche Werte, politischer Autoritarismus, aber auch rassistische Stereotypen im Westen schränkten und schränken die Handlungsmöglichkeiten von AktivistInnen erheblich ein. Mit dem politischen Autoritarismus ist es in Ägypten und Tunesien nun hoffentlich vorbei. Erreicht haben diesen Wandel Männer und Frauangesichts der hier häufig sehr stereoen – junge und alte, verschleierte und typen Wahrnehmung von Frauen dieser nicht-verschleierte, arme und reiche, Region aus dem Blick. Zudem erleben linke, liberale und konservative Frauen. wir in unseren eigenen Gesellschaften „Während der Revolution war Tahrir der derzeit eine hitzige und oft rassistische sicherste Platz für mich als Frau. Ich Debatte über Islam und Muslime, in wurde nie angemacht. Alle haben für der die Frage der Frauenrechte zur das Gleiche gekämpft“, berichtet eine symbolischen und faktischen Trennlinie der Protestierenden. „Was dann bei zwischen „ihren“ und „unseren“ Werder Demonstration am 8. März passiert ten stilisiert wird. Gerade verschleierte ist, hat mich geschockt. Als Frauen für Frauen werden darin in höchst probihre Rechte und besonders für strengere lematischer Weise zum Sinnbild der Strafen gegen sexuelle Belästigung Rückständigkeit und damit zur orienaufgestanden sind, fühlten sich die talischen „Anderen“ der aufgeklärten Männer angegriffen und provoziert.“ westlichen Feministin. FeministischVerfassungsrichterin Tahani al-Gebali orientalistischer Maternalismus ist also sagte dazu in einem Interview mit der bei der Analyse der Rolle von Frauen in Oppositionszeitung „Al-masry al-yaum“: den aktuellen Umbrüchen in der arabi„Einige rückwärtsgewandte Kräfte verschen Welt ebenso fehl am Platze wie suchen sogar diejenigen Rechte infrage kulturalistische Beschönigungen. zu stellen, die Frauen in Ägypten seit Drittens: Zugleich befinden sich die Aklangem genießen.“ Doch was sei falsch tivistinnen vor Ort schon lange in dem an Frauenforderungen, wenn ArbeiterDilemma, dass ihr Einsatz für FrauenInnen und alle anderen, die sich an rechte als „westlich“ und „un-islamisch“ der Revolution beteiligt haben, jetzt diffamiert wird. Der sogenannte Krieg ihre Ideen in den politischen Prozess gegen den Terror, der die 2000er Jahre einbringen? durch Militarisierung und Kulturalisierung internationaler Politik prägte, Zwischen Staatsfeminismus und hat mit seinem höchst instrumentellen Autoritarismus. Der autoritäre Bezug auf Frauenrechte, etwa im Konpost-koloniale Staat hat eine sehr text des Einmarsches in Afghanistan, ambivalente Rolle für Frauen gespielt.
ägypten In den zunächst reformorientierten, links-nationalistischen Republiken wie Ägypten, Algerien, Libyen, Syrien, Irak und Süd-Yemen begann mit der Unabhängigkeit in den 1950er Jahren auch ein beeindruckender Aufbruch der Frauen im Bereich von Politik, Bildung, Gesundheit, Erwerbsarbeit. 1980 konnten nur 40 Prozent der erwachsenen ÄgypterInnen lesen und schreiben, 2005 waren es 71Prozent. Die Alphabetisierungsrate der Frauen stieg in derselben Zeit von 25 auf 59 Prozent, ist damit im arabischen Vergleich aber weiterhin eher niedrig. Gleichzeitig stieg die Frauen-Erwerbsquote in allen arabischen Staaten rasant, aber auch sie fällt im internationalen Vergleich (55,8%) mit durchschnittlich 33,4 Prozent zurück. Der Staat nahm sich der Frauen an und schrieb sich ihre (begrenzte) Gleichstellung auf die Fahnen. Der Preis dafür war das Verbot der seit der Wende zum 20. Jahrhundert in vielen arabischen Staaten entstehenden unabhängigen Frauenbewegungen, der Beschränkung der Frauenpresse und die Einschüchterung von Schriftstellerinnen und Intellektuellen. Obwohl die meisten Verfassungen Gleichberechtigung garantieren, sieht die politische und soziale Praxis oft anders aus. Einige arabische Staaten wie Ägypten, Marokko, Jordanien, Tunesien und die palästinensischen Gebiete haben deshalb Quotenregelungen für Parlamente oder Parteien eingeführt. Doch was nützt die Frauenquote, wenn die Wahlergebnisse so wie jene in Ägypten im November 2010 gefälscht sind und die Opposition weitgehend ausgeschlossen wird? „Einziges Ziel der Quotenregelung bei den letzten Wahlen war es, Sitze für die Regierungspartei zu gewinnen. Es war egal, ob die Frauen kompetent waren oder nicht“, betont eine Demonstrantin am Tahrir-Platz. Durchschnittlich sitzen in arabischen Parlamenten elf Prozent Frauen, der Weltdurchschnitt liegt bei 19 Prozent. Frauen sind ebenso in allen politischen Parteien vertreten wie auch in den neuen sozialen Bewegungen, wie sich derzeit eindrücklich zeigt. Sie sind aktiver Teil auch konservativer Bewegungen wie die der Muslimschwestern. Doch im Gremium, das die ägyptische Verfassung überarbeitet, um so den
Weg zur Demokratie zu bereiten, sitzt keine einzige Frau. Tahani Al-Gebali, die erste Verfassungsrichterin Ägyptens, ist eine der schärfsten Gegnerinnen des geplanten Referendums zu den Verfassungsänderungen. Sie gehen ihr nicht weit genug. Die streitbare Richterin fordert die Erarbeitung einer komplett neuen Verfassung, die den Präsidialismus verabschiedet und ein parlamentarisches System verankert. „Das ist doch alles aus dem Westen.“ Viele arabische Verfassungen enthalten Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsartikel, ebenso wie Hinweise auf traditionelles islamisches Recht. Dies fußt vor allem in den sehr konservativen Auslegungen der Idee der grundsätzlichen Unterschiedlichkeit und Komplementarität der Geschlechter, woraus die unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen resultiert. Dies macht sich besonders im Familienrecht (Scheidung, Polygamie, Sorgerecht, Heiratsalter) und im Strafrecht zu Ungunsten von Frauen bemerkbar. Die rechtlichen Bestimmungen und die soziale Praxis in der arabischen Welt sind dabei sehr unterschiedlich: So sind die Regelungen in Tunesien und Marokko fortschrittlich, während die Situation in Saudi-Arabien sehr restriktiv ist. Frauenrechtsaktivistinnen haben sich in allen arabischen Staaten für Verbesserungen eingesetzt und zum Teil auch erreicht: ein neues Familienrecht in Marokko (2004), ein verbessertes Scheidungsrecht (2000) und ein geändertes Nationalitätenrecht (2004) in Ägypten. In Jordanien konnten Frauen eine Erhöhung des Heiratsalters erreichen, doch die Änderung des Familienrechts wurde durch das Parlament blockiert. In Marokko gingen der Reform des Familienrechts breite öffentliche Debatten einschließlich Massenprotesten von GegnerInnen und BefürworterInnen voraus. Auch auf dem Tahrir wird heftig debattiert. Nein, Frauen können und sollen keine hohen politischen Ämter innehaben, sie seien zu emotional. Außerdem sollten sie sich um die Kinder kümmern. Die Aktivistin Riem hält dagegen: „Frauen sind nicht nur für Kinder zuständig. Ich fordere nur das Recht der Frauen, jedes politische Amt bekleiden zu dürfen. Wenn eine Frau bei den
Präsidentschaftswahlen kandidiert und du als Mann dagegen bist, dann stimm’ halt dagegen ab.“. Noch erhitzter werden die Debatten, wenn religiöse Argumente fallen – was fordert nun „der Islam“ von den Geschlechtern und was nicht? Darüber gehen die Meinungen auseinander: „Klar sollten auch Frauen einen einfacheren Zugang zur Scheidung haben“, so eine Demonstrantin. Doch eine andere widerspricht: „Scheidungsrecht soll sich nach dem islamischen Recht orientieren. Dies sichert auch meine Rechte.“ Über die politischen und sozialen Differenzen unter Frauen, die sich hier auftun, wird auf dem Tahrir nicht ausführlich geredet. Es dominiert die Auseinandersetzung zwischen den Geschlechtern. Und die wird zumindest vom Teeverkäufer am Rande des Platzes auch ganz deutlich als Grenze zwischen Arm und Reich wahrgenommen. Er weist auf die Plakate zum Frauentag: „Schau dir an, wie teuer das ist. Wir hatten nicht einmal Pappe, um unsere Forderungen darauf zu schreiben! Das ist doch alles aus dem Westen.“ Ahmed, der die FrauenDemo mitorganisiert hat, nimmt diese Kritik ernst: „Auf jeden Fall hätten wir die Demo viel einfacher organisieren müssen, damit wir die Leute erreichen können.“ Seine Mitstreiterin Suzi ergänzt: „Wir müssen uns eine Strategie überlegen, um die zu erreichen, die vor allem religiös argumentieren.“ Initiiert wurde die Demonstration von eher säkularen AkteurInnen wie der Facebook-Gruppe „Milioneyet al-mar’a – Eine Million für die Frau“. Dem Aufruf folgten mehrere Organisationen wie „Egyptian Women for Change“,„UN-Women“, „Verein der neuen Frau“ oder das „Ägyptische Zentrum für Frauenrechte“. Sie lassen sich nicht entmutigen und blicken nach vorn: Für den nationalen Tag der ägyptischen Frau, den 16.3, sind weitere Aktionen geplant. l
Cilja Harders ist Politologin und leitet die Arbeitsstelle Politik des Vorderen Orients an der Freien Universität Berlin. Heba Amr hat Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin studiert.
Quellen: UNDP and The League of Arab States 2009: Development Challenges For The Arab Region: A Human Development Approach: http://content.undp.org/go/ newsroom/2009/december/ development-challengesoutlined-in-new-arab-statesreport.en Mohammed bin Rashid Al Maktoum Foundation and UNDP 2009: Arab Knowledge Report, Dubai: www.mbrfoundation.ae/ English/Knowledge/Pages/ AKR.aspx, UNDP 2006: „Towards the rise of Arab Women“, Arab Human Development Report No. 3 (2005), New York: www.arab-hdr.org/contents/ index.aspx?rid=5 UNDP: Programm on Governance in the Arab Region (POGAR): www.undp-pogar.org Inter-Parliamentary Union, Geneva: www.ipu.org
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an.riss international Forum auch früher schon kritisiert – für die Unterzeichnerinnen der Solidaritätserklärung des Frauenforums in Dakar, darunter mehrere nationale Attac-Gruppen sowie WIDE (Women against Violence Europe), scheint Antisemitismus aber offenbar kein Thema zu sein. sylk http://fsm2011.org, www.jungewelt.de, www.khulumani.net
world social forum II Keine Regenbogenfahnen in Dakar
Foto: Trust Africa/Senegal
world social forum I Die Globalisierung der Hoffnung? Seit 2007 in Nairobi ist die Frauenvollversammlung ein Fixpunkt beim Weltsozialforum, das dieses Jahr im Februar in Dakar/Senegal stattgefunden hat. Zur Vollversammlung, die am 10. Februar begann, kamen über 500 Frauen aus allen Kontinenten, um ihre Standpunkte und Forderungen zu diskutieren und daraus eine Abschlussresolution zu formulieren. Die senegalesischen Organisatorinnen stellten die Versammlung unter das Motto „Die Globalisierung unseres Kampfes ist die Globalisierung der Hoffnung.“ Zuvor schon hatte das Afrikanische Frauenforum stattgefunden, das sich mit einer ganzen Reihe von Themen auseinandersetzte: Kolonialgeschichte und Widerstand, die ökonomische Autonomie von Frauen, alternative Organisationsformen, sexualisierte Gewalt gegen Frauen besonders in Gebieten mit Bürgerkriegen, Probleme und Anliegen von Frauen, die als Flüchtlinge im Senegal leben und vieles mehr. Eine Abordnung von Frauen aus der Westsahara (vgl. an.schläge 02/2010) berichtete von systematischen Menschenrechtsverletzungen durch die marokkanische Besatzungsmacht und rief das Forum zur Solidarität auf. Dieses Auftreten der saharauischen Frauen führte bei der Frauenvollversammlung zu Problemen, da einige Marokkanerinnen das Vorgehen ihrer Regierung verteidigten und vehement dagegen polemisierten, eine Solidaritätserklärung für den Unabhängigkeitskampf in der Westsahara in die Abschlussresolution aufzunehmen. Mehrere Berichterstatterinnen beklagen, dass auf diese Vorgänge unzureichend reagiert worden sei. Letztlich musste auf eine Abschlussresolution sogar ganz verzichtet werden – stattdessen wurde eine „Solidaritätserklärung“ verabschiedet, die jedoch nur von einigen Organisationen unterzeichnet wurde. Darin wird der saharauischen Unabhängigkeitsbewegung solidarische Unterstützung allerdings ebenso zugesagt wie den Palästinenserinnen. Um Letztere zu unterstützen, wird nicht nur ein souveräner palästinensischer Staat mit Jerusalem als Hauptstadt gefordert, sondern auch zum Boykott israelischer Waren aufgefordert. Für ähnlich undifferenzierte Haltungen gegenüber der Geschichte und Gegenwart Israels und Palästinas und der Weigerung, Antisemitismus als Problem zu betrachten und zu diskutieren, wurde das World Social 14 l an.schläge April 2011
Bevor Aktivist_innen der Lesben-, Schwulenund Transgender-Organisationen am World Social Forum in Dakar/Senegal teilnahmen, wurde ihnen von den Organisator_innen eingeschärft, sich möglichst unauffällig zu verhalten, keine eigenen Demonstrationen zu veranstalten und keine Regenbogenfahnen mitzunehmen. Argument: Die Sicherheit der lokalen LGBTGruppen könnte dadurch gefährdet werden. Nach gemeinsamen Beratungen von LGBT- und feministischen Gruppen vor Ort wurde ein passender Slogan für die Teilnahme an der großen Eröffnungsdemonstration am 6. Februar gefunden: „Your mouth is fundamental against fundamentalisms.“ Die Teilnehmer_innen des Blocks trugen dazu Masken mit überlebensgroßen Mündern. Die Workshops der LGBT-Gruppen danach waren jedoch sehr erfolgreich, wie etwa jener des südafrikanischen „Lesbian and Gay Equality Project“, von dem Marcelo Ferreyra von der International Gay and Lesbian Human Rights Commission berichtete: „Die Reden von Ayesha Imam, einer senegalesischen Aktivistin, Françoise Mukuku vom feministischen APCNetzwerk aus der Demokratischen Republik Kongo, und Fikile Vilakazi von der ‚Coalition of African Lesbians‘ waren die Grundlage für unsere Diskussionen darüber, wie Homophobie politisch genutzt wird, über den Mythos, Homosexualität sei ‚unafrikanisch‘ und darüber, wie das reale Leben der LGBTIs, das in vielen afrikanischen Ländern von Hass, Diskriminierung und Ausschlüssen geprägt ist, damit zusammenhängt.“ Gleichzeitig, so Ferreyra, haben die Teilnehmer_innen viel darüber erfahren, wie die Kämpfe gegen die Unterdrückung von queerem Leben mit anderen progressiven Kämpfen zusammengeführt werden, und welche Strategien die afrikanischen Aktivist_innen entworfen haben. sylk http://iglhrc.wordpress.com, www.apcwomen.org, www.cal.org.za (Coalition of African Lesbians), www.equality.org.za (Lesbian and Gay Equality Project)
irland „Pille danach“ rezeptfrei Nur wenn das Leben der Frau gefährdet ist, kann im katholischen Irland legal eine Abtreibung vorgenommen werden, weswegen die irischen Frauen ungewollte Schwangerschaften meist in Großbritannien abbrechen lassen müssen. Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht nicht ganz so erstaunlich, dass nun ausgerechnet hier die „Pille danach“ aufgrund eines Beschlusses des „Irish Medicines Board“, der staatlichen Gesundheitsagentur, ab sofort rezeptfrei in jeder irischen Apotheke erhältlich ist. Ausgegeben wird das Medikament „Norlevo“ an Frauen jeden Alters. Mit dieser Entscheidung wird es für Frauen nicht nur einfacher, Notfallverhütungsmittel zu erhalten,
an.riss international sondern auch erheblich günstiger: Das Medikament wird nun für zehn statt bisher 45 Euro abgegeben. Sowohl die „Irish Family Planning Association (IFPA)“ als auch die ehrenamtliche Organisation „Choice Ireland“ begrüßten den Entschluss. „Dieser Schritt ist enorm wichtig, denn je früher Notfallverhütung eingenommen wird, desto größer ist der Schutz vor ungewollten Schwangerschaften“, sagte die leitende IPFA-Ärztin Dr. Caitríona Henchion, außerdem „zeigten internationale Studien, dass der erleichterte Zugang zu Notfallverhütung nicht die Bereitschaft erhöht, ungeschützten Geschlechtsverkehr zu haben“. Irland gehört nun zu den insgesamt 18 EU-Staaten, in denen die „Pille danach“ rezeptfrei zu erhalten ist. leka www.ifpa.ie/eng, http://choiceireland.org
türkei Dritter Freispruch für Pınar Selek Wie die an.schläge (03/2011) berichteten, musste der Fall der türkischen Soziologin und Feministin Pınar Selek, die im deutschen Exil lebt, am 9. Februar erneut vor einem Gericht in Ankara verhandelt werden, nachdem der Oberste Gerichtshof ein Jahr zuvor ihren Freispruch zurückgewiesen und eine lebenslange Haft empfohlen hatte. 1988 soll Pınar Selek im Auftrag der PKK, der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei, an einem Bombenanschlag mit mehreren Toten beteiligt gewesen sein. Es stellte sich jedoch rasch heraus, dass stattdessen einfach nur ein Gasbehälter explodiert war – was nun folgte, war reine Politjustiz. Auf polizeiliche Folter und Gefängnis folgte zehn Jahre später, 2008, zwar der Freispruch, die Staatsanwaltschaft legte jedoch Berufung ein und der Oberste Gerichtshof sah Selek, die daraufhin ins Exil nach Deutschland ging, als schuldig an und wies den Fall zur Neuverhandlung an ein Strafgericht zurück – zweimal ging das so hin und her, jedes Mal wurde Selek freigesprochen, und nun tatsächlich ein drittes Mal.
Allerdings nur vorläufig, denn die Staatsanwaltschaft hat abermals Berufung eingelegt. Im Sommer soll das Verfahren in der nächsthöheren Instanz fortgesetzt werden. Dennoch: „Ich freue mich, dass das Gericht dem politischen Druck widerstanden hat“, sagte Pınar Selek gegenüber deutschen Medien. Ihr Fall und die große internationale Solidarität werde die Justiz in der Türkei positiv beeinflussen, ist sie überzeugt. Zur Verhandlung war sie aber nicht persönlich erschienen, denn die Gefahr, wieder verhaftet zu werden, ist noch immer nicht gebannt. sylk
rumänien Unmoralische Arbeit Silviu Prigoana, derselbe rumänische Abgeordnete, der, wie die an.schläge berichteten (03/2011), jene Gesetzesinitiative einbrachte, nach der die Roma in Rumänien aufgrund der „Verwechslungsgefahr“ von RumänInnen mit Roma im Ausland in Zukunft in ihren Ausweisen als „tigan“ („Zigeuner“) bezeichnet werden sollen, brachte Ende Februar einen Gesetzesvorschlag zur Legalisierung der Prostitution ein. Der Rechtsausschuss des Senats lehnte ab, da „das Land aufgrund seines tief verwurzelten orthodoxen Glaubens für ein derartiges Gesetz noch nicht reif genug“ sei. Prigoanas Entwurf hätte Prostituierten – allerdings ausschließlich den Frauen – Zugang zum Sozialversicherungs- bzw. dem Gesundheits- und Rentensystem ermöglicht. Die Politologin und Bloggerin Victoria Stoiciu kommentierte die Debatte: „Arbeit bedeutet in der kapitalistischen Gesellschaft, seine körperlichen und intellektuellen Fähigkeiten gegen Geld anzubieten. Seine Gedanken und seine Kreativität einer multinationalen Firma zu verkaufen, gilt als selbstverständlich, während eine Person, die ihren ganzen Körper anbietet, empörend ist und als unmoralisch angesehen wird.“ sylk www.eurotopics.net, www.punkto.ro, http://victoriastoiciu.wordpress.com
medienmix Supervisionen Im Wiener Institut Frauensache im dritten Bezirk bieten vier Fachfrauen Psychotherapie, Coaching und Supervision. Außerdem werden dort zahlreiche Seminare, Workshops und Vorträge von Atemtherapie bis Geldanlage angeboten. Das Ziel der Einrichtung: Frauen zu unterstützen, ihren eigenen Zielen und Vorstellungen näher zu kommen. Neben der Schriftenreihe informiert die neue Ausgabe der hauseigenen Online-Zeitung über kostenlose Psychotherapie für Gewaltopfer, die rechtliche Situation bei Mobbing und Frauengruppen zum Selbstcoaching. www.frauensache.at. fis
Bibi & Moritz Bibi Fellner kennt die Mädels vom Babystrich, hat gerne ein paar Jägermeister in der Handtasche und fährt einen geliehenen Pontiac Firebird. „Ich brauche eine Assistentin und kein Wrack“, beschwert sich der müde Kieberer Moritz Eisner im jüngsten ORF-Tatort. Eisner-Darsteller Harald Krassnitzer wurde von Adele Neuhauser in einem Wiener Fall über Jugendkriminalität ordentlich aufgemischt und hatte eine Superquote. Bibi weiß, wie hart das Leben ist, und ist eine gestandene Frau – sogar Eisner findet sie schließlich schwer in Ordnung. Und wir erst! Der nächste Fall heißt „Ausgelöscht“, ein dritter ist in Produktion. fis
Falafel Ein Fallopian Falafel ist eine Mischung aus frittiertem Kichererbsenbällchen, Eierstock und Venuszeichen und außerdem der Titel eines Zines aus Jerusalem. Das englischsprachige, jeweils einem Thema gewidmete Heft über Feminismus in Israel ist links und kritisch, aber weder anti-religiös noch anti-zionistisch. Alle 15 Ausgaben sind im Archiv bei fallopianfalafel. blogspot.com einseh- und bestellbar. Aktuell: feministische Männer. Die nächste Nummer mit dem Titel „grrrlVIRUS“ wird nach vier Jahren leider die letzte sein, weil Herausgeberin Hadass Ben-Ari ein Buch schreibt. fis April 2011 an.schläge l 15
Mein Ei gehört mir? Dürfen wir entscheiden, welche Kinder wir bekommen wollen? Familienplanung durch Empfängnisverhütung ist längst unumstritten, ein Schwangerschaftsabbruch hierzulande meistens auch. Die Selektion von Ungeborenen in lebensfähig, gesund, krank oder nicht lebensfähig durch die Pränataldiagnostik ist schon deutlich umstrittener, aber sie ist erlaubt und inzwischen weit verbreitet. Die Selektion bereits vor einer Schwangerschaft durch künstliche Befruchtung, also noch im Reagenzglas, wird hingegen im deutschsprachigen Raum derzeit heftig diskutiert. Präimplantationsdiagnostik (PID) heißt das Verfahren, für das es genauso viele Pro- wie Kontra-Argumente gibt, die absolut unvereinbar scheinen. Doch was genau ist PID? Darf diese Selektion sein? Und wie kann ein feministischer Standpunkt aussehen? Eine Analyse von Gabi Horak.
thema: präimplantationsdiagnostik „Mein Bauch gehört mir!“ Diese klare Ansage frauenbewegter Frauen seit den 1970er Jahren hat immer noch Gültigkeit. Theoretisch entscheiden Frauen in Österreich – innerhalb gewisser Rahmenbedingungen wie der Fristenlösung zur Abtreibung – auch selbst, was in ihrem Bauch passiert. In der Praxis gibt es aber natürlich gesellschaftlichen Druck, Rollenbilder, Machtverhältnisse in Familie und Medizin und nicht zuletzt ökonomische Zwänge. Und wie sieht es aus, wenn das Leben nicht im eigenen Bauch beginnt, sondern außerhalb davon, im Reagenzglas? Wenn ganz viel Technik, Medizin und noch mehr Zwänge und Erwartungshaltungen dazu kommen bis zur Schwanger- und Mutterschaft? Heterosexuelle Paare können sich in Ös-
auch serielle Fehlgeburten oder gar tersucht wurden. PID ist keine Garantie die Situation, dem Neugeborenen beim für ein gesundes Kind. qualvollen Sterben zusehen zu müssen, Im Zuge einer PID ist theoretisch aber so die BefürworterInnen. natürlich vieles möglich, nicht zuletzt AktivistInnen aus der emanzipatoridie Ermittlung des Geschlechts. Es schen Behindertenbewegung kritisieren wäre naiv zu glauben, dass im Rahmen die PID jedoch hart: Niemand solle einer künstlichen Befruchtung nicht das Recht haben, zwischen wertem und schon heute oft das „Wunschgeschlecht“ unwertem Leben zu entscheiden. Eine des Kindes Thema ist. Dass es hier erste Lockerung des derzeit geltenden eine Nachfrage gibt, zeigt etwa ein PID-Verbots in Österreich, wie sie Forumseintrag in einem Weblog zu PID: derzeit diskutiert wird, führe über kurz „Haben fünf Jungs und wünschen uns oder lang zu weiteren Liberalisierungen ein Mädchen. Gibt es da Möglichkeiten? und in der Zukunft gar zum „DesignerFalls ja, wo genau und wie viel würde baby“: richtiges Geschlecht, kerngesund, es kosten?“1 Mamas Augen, Papas voller Haarwuchs. Kinder mit Behinderung als vermeidDie Rechtslage. PID ist in Österreich baren „Schadensfall“ zu klassifizieren de facto verboten. Weder Fortpflanverstärke die diskriminierende Haltung zungsmedizingesetz (FMedG) noch Gender Gesellschaft gegenüber behindertechnikgesetz (GTG) regeln das explizit, aber implizit läuft es auf ein Verbot hinaus. Paragraph 9 (1) FMedG besagt: Dass es hier Nachfrage gibt, zeigt etwa ein „Entwicklungsfähige Zellen dürfen … Forumseintrag in einem Weblog zu PID: nur insoweit untersucht und behandelt werden, als dies … zur Herbeiführung „Haben fünf Jungs und wünschen uns ein einer Schwangerschaft erforderlich ist.“ Künstliche Befruchtung, eine VoraussetMädchen. Gibt es da Möglichkeiten? Falls ja, wo zung für PID, ist nur Paaren in Ehe oder eheähnlicher Gemeinschaft erlaubt, die genau, und wie viel würde es kosten?“ als unfruchtbar eingestuft sind. Die im Bundeskanzleramt eingesetzte terreich für eine künstliche Befruchtung tem Leben weiter. Nicht zuletzt wachse Bioethikkommission sprach sich in einer (In-Vitro-Fertilisation, IVF) entscheiden der Druck auf Frauen, doch gefälligst Stellungnahme 2004 unter ganz be– sofern sie es sich finanziell wie emotifür gesunden Nachwuchs zu sorgen. stimmten und relativ strikten Bedingunonal leisten können. Die Frau kann sich gen für eine Zulassung der PID aus. Die befruchtete Eizellen einsetzen lassen Das Verfahren. Was genau passiert im damalige Gesundheitsministerin Maria und – vor allem wenn das Paar erblich Zuge einer Präimplantationsdiagnostik? Rauch-Kallat (ÖVP) bereitete daraufhin vorbelastet ist und schwere BehinderunPID ist nur im Rahmen einer künsteinen Novelle zum Gentechnik-Gesetz gen des Kindes zu befürchten sind – den lichen Befruchtung möglich, denn es vor, die sie im September 2005 wieder oder die Embryos nach ein paar Wochen geht um die Untersuchung des Embzurücksetzte – nachdem Behindertengenetisch untersuchen lassen (Pränatalryos, noch bevor er in die Gebärmutter organisationen und andere Vereine wie diagnostik). Banges Warten. Sollte eingesetzt wird. Am dritten Tag nach „Aktion Leben“, aber auch das Justatsächlich eine schwerwiegende Beder Befruchtung, im 4- bis 8-Zellstaditizministerium massive Kritik an dem einträchtigung festgestellt werden oder um, wird dem Embryo eine totipotente Vorhaben geübt hatten. Gudrun Kugler, gar die Nicht-Überlebensfähigkeit des Zelle entnommen, das ist eine Zelle, Vorsitzende des Vereins „lebens.wert“, Kindes, dann entscheiden sich viele Paaaus der sich ein vollständiger Mensch sagte damals: „Die PID hat das Potenre für einen Schwangerschaftsabbruch. entwickeln kann. Aus der Zelle wird das zial, eine schleichende Veränderung der Und wenn noch Geld und Energie da sind, Genom extrahiert und auf das VorhanGesellschaft voranzutreiben.“ startet danach der nächste Versuch. densein genetischer Besonderheiten Seither gab es zwar keine neuen Dieses aufreibende Verfahren zu untersucht. Was genau untersucht wird, Vorstöße mehr, die Diskussion ist in verkürzen und nicht-lebensfähige hängt davon ab, welche ErbkrankheiÖsterreich aber neu aufgeflammt, weil Embryos zu selektieren, noch bevor ten in der Familie der Eltern gehäuft in Deutschland eine Lockerung des Versie in „meinem Bauch“ landen, ist das vorkommen. Ein kompletter Test auf bots der PID im Bundestag debattiert Hauptargument für eine Präimplantatialle Erbkrankheiten oder Stoffwechwird. Auslöser war ein Einzelurteil des onsdiagnostik (PID). Dadurch könnten selkrankheiten würde den zeitlichen Bundesgerichtshofes, in dem die UnterSchwangerschaftsabbrüche verhindert und finanziellen Rahmen sprengen. Das suchung einer Eizelle vor der künstliwerden, der Frau blieben emotionale heißt, auch ein untersuchter Embryo chen Befruchtung auf schwere genetiBindung und Verlust durch eine „Probe- kann noch unzählige „Defekte“ oder sche Defekte als nicht strafbar beurteilt Schwangerschaft“ erspart, manchmal Krankheiten in sich tragen, die nicht un- wurde. Eine Gruppe von Abgeordneten
1 www.praeimplantationsdiagnostik.net/vorteile-derpraeimplantationsdiagnostik (10.3.2011)
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thema: präimplantationsdiagnostik
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aller Fraktionen hat im Dezember 2010 einen gemeinsamen Gesetzesentwurf vorgestellt, der diesem Urteil folgend eine bedingte Erlaubnis der PID vorsieht: Das Embryonenschutzgesetz solle durch einen Paragraphen erweitert werden, der PID zwar verbietet, jedoch bestimmte Ausnahmen zulässt, etwa wenn aufgrund genetischer Vorbelastung eine „hohe Wahrscheinlichkeit für
man sich mit ihrem individuellen Fall befasst.“ Widerspruch ließ nicht lange auf sich warten: Im Bundestag fand sich eine andere, ebenfalls fraktionsübergreifende Gruppe, die zeitgleich ein umfassendes gesetzliches Verbot der PID forderte, unter ihnen Kanzlerin Angela Merkel. Das Ringen um eine Einigung hält an, im März wurde noch diskutiert.
Eva Menasse: „Wenn es vor 39 Jahren genützt hat, dass Frauen sagten:Wir haben abgetrieben!, dann nützt es vielleicht heute, wenn Frauen sagen: Ja, ich bin auch so eine, die Schwierigkeiten mit dem Kinderkriegen hat.“ 2 Vgl. Daniela Reitz: Die ethische Beurteilung der PID aus der Perspektive der Prinzipienethik und der feministischen Ethik, Dissertation, Fachbereich Medizin, Philipps-Universität Marburg 2007, S. 157ff
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eine schwerwiegende Erbkrankheit“ oder für eine Tot- oder Fehlgeburt vorliegt. Eine Liste mit Krankheiten solle es jedoch nicht geben. „Das würde bestimmte Krankheiten stigmatisieren“, sagt Ulrike Flach (FDP). „Wir glauben auch, dass jede Frau das Recht hat, dass
Das EU-Parlament hat schon 2009 eine Empfehlung für PID unter gewissen Umständen ausgesprochen. Die Rechtslagen in Europa sind unterschiedlich: Während in Österreich, Deutschland und Irland PID verboten ist, ist sie in Frankreich, Dänemark, Spanien und
Großbritannien erlaubt. Und sie wird in Ländern wie Italien, Portugal, Belgien, Schweden, Finnland und Griechenland angewandt, da es dort gar keine gesetzlichen Regelungen gibt. Die Argumente der BefürworterInnen. Argumente für Präimplantationsdiagnostik drehen sich vor allem um Szenarien, die damit verhindert werden sollen. Es sei Frauen nicht zumutbar, schwerkranke Kinder auszutragen, ihnen beim Sterben zuzusehen oder immer wieder „Schwangerschaften auf Probe“ einzugehen, zumal eine späte Abtreibung oder Fehlgeburten eine große Belastung darstellen. Zudem sei es geradezu paradox, die PID zu verbieten, während die Abtreibung eines Embryos nach einer Pränataldiagnostik sogar in fortgeschrittenem Stadium der Schwangerschaft zulässig ist. Die Schriftstellerin Eva Menasse hat sich vor einem halben Jahr im „Spiegel“ als Betroffene geoutet und mit ihrer persönlichen Geschichte zahlreicher Fehlgeburten für Aufsehen gesorgt. Das
thema: präimplantationsdiagnostik Verbot der PID bedeute „ganz einfach, dass gewisse Frauen per Gesetz dazu gezwungen werden, vorhersehbare Fehlgeburten und Spätabtreibungen zu erleiden“. Menasse weiter: „Wenn es vor 39 Jahren genützt hat, dass Frauen sagten: Wir haben abgetrieben!, dann nützt es vielleicht heute, wenn Frauen sagen: Ja, ich bin auch so eine, die Schwierigkeiten mit dem Kinderkriegen hat.“ Die feministische Ethikerin Susan Sherwin weist darauf hin, dass Frauen selbst ihre Möglichkeiten und sozialen Verpflichtungen am besten überblicken können. Sie seien als moralische Entscheidungsträgerinnen ernstzunehmen, und es sei ihnen zuzumuten, eine verantwortliche Entscheidung für oder gegen medizinische Diagnoseverfahren zu treffen.2 Auch manche Behindertengruppen, etwa Gehörlosen-Bewegungen in den USA, wollen selbst das Recht auf positive Selektion in Anspruch nehmen – sie betrachten sie als Teil ihrer reproduktiven Autonomie. Rund die Hälfte aller Embryos (auf natürlichem Wege oder durch IVF entstanden) sterbe ohnedies ab, wird zudem argumentiert. Sie sind aufgrund einer Chromosomenveränderung nicht lebensfähig. Meist endet die Schwangerschaft, noch bevor frau überhaupt etwas davon bemerkt hat. Bei manchen Paaren ist das Risiko von nicht lebensfähigen Embryos aufgrund genetischer Anlagen noch größer. Solchen Paaren möchte die Reproduktionsmedizin den Kinderwunsch erfüllen. Selbst wenn die PID zugelassen wird, bleibt sie eine Ausnahmeerscheinung, zumal sie nur nach künstlicher Befruchtung möglich ist. Ein Verbot würde nur zu PID-Tourismus führen, denn in Nachbarländern gibt es einen wachsenden Markt mit Kinderwunschkliniken. Die Angst vor „Designerbabys“ sei unbegründet, glauben MedizinerInnen wie Peter Husslein, Leiter der Frauenklinik am AKH: „Einen Embryo kann man nicht maßschneidern.“ PID könne nur Defekte an einzelnen Genen feststellen. Intelligenz, Haarfarbe, Körpergröße und ähnliches sind von mehreren Genen abhängig. Die alle zu beeinflussen sei derzeit nicht einmal technisch machbar. Ein gesetzliches Verbot der PID sei ein Eingriff in das Recht auf Privatleben laut Europäischer Menschenrechtskonvention, resümierte die Bioethik-
kommission 2004. Schließlich werde PID nicht abgeschafft, sondern Frauen lediglich daran gehindert, ein angebotenes medizinisches Diagnoseverfahren in Anspruch zu nehmen. Es gehe also letztlich um die Entscheidung, ob eine staatliche Zugangsbeschränkung zulässig ist, und nicht etwa um Bereitstellung und Finanzierung der PID. Schließlich wird die Diskussion darüber,
Entscheidungsfreiheit für alle Frauen, sondern nur für jene, deren Reproduktion erwünscht ist. So sind in Österreich und Deutschland etwa nur heterosexuelle Frauen in festen Partnerschaften zur künstlichen Befruchtung zugelassen. Die gesamte Durchführung der Diagnose- und Therapieverfahren ist fremdbestimmt, was das Erleben von Schwangerschaft und Geburt stark beeinflusst.
BefürworterInnen argumentieren, es sei geradezu paradox, die PID zu verbieten, während die Abtreibung eines Embryos nach einer Pränataldiagnostik sogar in fortgeschrittenem Stadium der Schwangerschaft zulässig ist. wann das schützenswerte Leben beginnt, nicht selten dahingehend gelenkt, das Recht auf Abtreibung auszuhöhlen – zumal das Leben im Fall einer PID ja nicht einmal im eigenen Bauch beginnt. Das „Selbstbestimmungsrecht der Frau“ steht auch für österreichische Frauenpolitikerinnen im Mittelpunkt. Die Grüne Frauensprecherin Judith Schwentner findet „russisches Roulette“ als Alternative zur PID „inhuman und zynisch“. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek sieht in der PID „eine echte Chance zur Verbesserung für die Situation von Frauen“. „Natürlich muss es dafür, wie bei allen Fragen der Fortpflanzungsmedizin, genaue Rahmenbedingungen geben, und die Freiwilligkeit muss selbstverständlich gewährleistet sein.“ Aber wie freiwillig können Frauen solche Entscheidungen tatsächlich treffen? Die Argumente der GegnerInnen. Die feministische Ethikerin Susan Sherwin gibt zu bedenken: PID erweitere zwar die Optionen einzelner Frauen , aber innerhalb der bestehenden gesellschaftlichen Strukturen führe sie zunächst vor allem zu einem Kontrollverlust der Frauen und zu einem Machtgewinn der Medizin. Die Struktur unseres Gesundheitssystems bewirke, dass Zugangsvoraussetzungen und Durchführungen assistierter Fortpflanzung nicht von den Frauen selbst, sondern von gesetzlichen Richtlinien und ÄrztInnen kontrolliert werden. Es gehe daher nicht um die
Mehr Möglichkeiten durch Reproduktionstechnologien haben also auch zu mehr Kontrolle über Frauen geführt. Das verfestigt traditionelle Rollenmuster von Dominanz und Unterdrückung und nicht zuletzt die Rolle der Frau als Mutter. „Man redet Frauen ein, dass ihr höchstes Ziel im Leben darin besteht, Kinder zu gebären und aufzuziehen. Es wird ihnen unentwegt gesagt, dass ihr Leben ohne Kinder unvollkommen ist …“3 Wie groß mag der Druck auf Frauen in 50 Jahren sein, wenn sie am Höhepunkt ihrer Karriere immer noch kinderlos sind, wo ihnen die Medizin doch alle Möglichkeiten bietet? Pränataldiagnostik war in den 1980ern noch ein Verfahren, das nur bei Risikofällen angewandt wurde. Heute gehören Nackenfaltenmessung und Organscreening schon zur „normalen“ Geburtsvorbereitung, und frau kann sich dem gesellschaftlichen Druck kaum entziehen: Wieso willst du nicht wissen, ob dein Kind gesund ist? Der Druck auf Frauen wächst merkbar, genauso wie ihre „Schuld“, trotz medizinischen Fortschritts beispielsweise ein Kind mit Down-Syndrom geboren zu haben. Technische Details wie die Tatsache, dass auch die Nackenfaltenmessung nur Wahrscheinlichkeiten eines DownSyndroms berechnet und keinesfalls ein Ausschlussverfahren mit 100-prozentiger Sicherheit ist, interessieren den öffentlichen Diskurs um den „Schadensfall Kind“ da nicht mehr.
3 Susan Sherwin zitiert in: Daniela Reitz: Die ethische Beurteilung der PID aus der Perspektive der Prinzipienethik und der feministischen Ethik, Dissertation, Fachbereich Medizin, Philipps-Universität Marburg 2007, S. 163 Buchtipp: Daniela Reitz: Wunschkinder. Präimplantationsdiagnostik aus der Perspektive der Prinzipienethik und der feministischen Ethik, Edition Ruprecht 2011
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thema: präimplantationsdiagnostik
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Die massive Kritik von Behindertenorganisationen an der PID richtet sich vor allem auf die möglichen gesellschaftlichen Folgen. „Künstliche Selektion“ sei letztlich nicht kontrollierbar. Sich gegen das Einpflanzen von Embryonen mit letalen Gen-Defekten zu entscheiden, mag relativ nachvollziehbar sein. Aber wer garantiert, dass eine stark eingeschränkte Erlaubnis der PID mittelfristig nicht mehr und mehr liberalisiert wird, um schließlich zu einer gängigen Methode zu werden, um den „optimalen Nachwuchs“ zu zeugen? Die Entscheidung, Embryonen mit körperlicher und geistiger Behinderung zu zerstören, wertet automatisch Menschen mit Behinderung ab, was eine inakzeptable Diskriminierung darstellt. Wer soll
derzeit technisch noch nicht machbar ist, könnte sie das in Zukunft sehr wohl sein – zumal es genug zahlungskräftige Paare gibt, die alles für Nachwuchs geben würden. Befürchtet wird auch die Instrumentalisierung von Kindern: Schon heute ist die Zeugung eines genetisch kompatiblen Embryos, um ein erkranktes Geschwisterkind zu retten, in manchen Staaten Realität.
entscheiden, welcher Embryo lebenswert ist? Welche Erbkrankheit ist der Familie und der Gesellschaft zumutbar? Und wie sollen Frauen den gesellschaftlichen Druck aushalten, ein behindertes Kind zur Welt zu bringen, obwohl sie es doch verhindern hätten können? Ist die Büchse der Pandora einmal geöffnet, ist der Weg zum maßgeschneiderten Baby nicht mehr weit. Nur weil die Festlegung bestimmter Merkmale
der Bioethikkommission 2004 in der Medizin auch einiges getan hat, wird sich diese wohl erneut mit dem Thema beschäftigen müssen (vgl. Interview mit Christiane Druml S. 21). Dann ist aber die Politik gefragt, gesetzliche Rahmenbedingungen vorzulegen. Wie Frauenministerin Heinisch-Hosek möchte auch Gesundheitsminister Stöger PID in bestimmten Fällen zulassen, der Ball sei jedoch bei der Justizministerin,
Ernsthafte Auseinandersetzung. Für den Gynäkologen Husslein steht fest: „In einigen Jahren wird es die Präimplantationsdiagnostik in Österreich geben.“ Das würde dem europäischen wie auch weltweiten Trend entsprechen. Nachdem sich seit der Empfehlung
die einen Gesetzesentwurf vorbereiten muss. Im Justizministerium wird dazu geschwiegen. Spätestens wenn in Deutschland die Wogen noch höher gehen oder eine Entscheidung für oder gegen PID gefällt wird, muss sich auch die österreichische Politik eindeutig positionieren. l
thema: präimplantationsdiagnostik
Was ist so unerträglich am Phänomen Behinderung? Präimplantationsdiagnostik verhilft dem unfruchtbaren Paar zum maßgeschneiderten Wunschkind. Und nebenbei zu einer leistungsfähigen Gesellschaft ohne behinderte Menschen. Ein Kommentar von Tamara Grundstein Behindertes Leben wird durch PID in einem noch früheren Stadium verhindert, als es ohnehin schon möglich ist. Die diagnostischen Verfahren (PND – Pränataldiagnostik), denen sich schwangere Frauen oftmals unterziehen müssen, werden immer genauer und können immer früher feststellen, ob das zu erwartende Kind eine „Schädigung“ haben wird oder nicht. Föten, bei denen erst nach Ablauf der Fristenregelung im Zuge des Screenings eine zu erwartende Behinderung diagnostiziert wird – genannt „eugenische Indikation“ – können bis zum Tag der Geburt abgetrieben werden. Und wenn bei einer Spät-Abtreibung der Fetozid nicht „gelingt“ und die Mutter das Kind nicht annimmt, wird diesem Kind jegliche medizinische Behandlung verwehrt, es wird in ein Handtuch gewickelt und zum Sterben „liegen gelassen“. All dies ist Alltag in österreichischen Spitälern. Sogar Ärzt_innen, die sich grundsätzlich weigern, Abtreibungen innerhalb der Fristenregelung vorzunehmen, führen (Spät-)Abtreibungen im Rahmen der eugenischen Indikation durch. Auch auf die Gefahr hin, polemisch zu klingen: All dies ist die „modernere, sauberere“ Fortsetzung dessen, was in der NS-Zeit unter „T4“ gelaufen ist – die systematische Vernichtung bzw. Verhinderung sogenannten unwerten Lebens. Für mich stellen sich zwei Fragen: Was ist so unerträglich am Phänomen Behinderung, dass eine Gesellschaft derart rassistisch agiert – und zwar ideologie-, lager- und klassenübergreifend? Und warum lassen Frauen sich dazu instrumentalisieren? Behinderte Menschen sind tagtäglich in ihrer Existenz bedroht. Damit meine ich nicht „nur“ PID, PND und die eugenische Indikation. Gemeint ist auch die sogenannte Alltagseuthanasie. Dieser
Begriff, geprägt von der SelbstbestimmtLeben-Bewegung, steht für die täglichen Diskriminierungen, sowohl struktureller als auch sozialer Art, denen behinderte Menschen ausgesetzt sind, und die eine chancengleiche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben verhindern. Da wir davon ausgehen, dass viele dieser Diskriminierungen bewusst und willentlich von der nicht-behinderten Gesellschaft ausgehen, bezeichnen wir dies als Euthanasie. Eine der häufigsten Zuschreibungen, die im Zusammenhang mit Behinderung vorkommen, ist die Zuschreibung von Leiden. Aber: Behinderte Menschen leiden nicht per se, sehr wohl sind aber
entscheidet, ist sie selbst dafür verantwortlich. In der Tat wird es für Mütter behinderter Kinder immer schwieriger, adäquate Unterstützung zu bekommen.
Plötzlich wird selbst von konservativster Seite auf das Selbstbestimmungsrecht der Frau verwiesen. Und es wird dabei außer Diskussion gestellt, dass es für die Frau unzumutbar sei, ein behindertes Kind zu bekommen. oft die Rassismen, denen sie alltäglich ausgesetzt werden, schwer auszuhalten! Vielleicht „leiden“ vielmehr nichtbehinderte Menschen beim Anblick behinderter Personen? Das Phänomen Behinderung ist immer auch Projektionsfläche für die eigene Endlichkeit, für das Krank-werden-können, für das Altwerden. Doch damit will sich eine derart leistungsorientierte Gesellschaft nicht auseinandersetzen und auch nicht konfrontiert werden. Behinderung wird in der „normalen“ Gesellschaft entweder gar nicht wahrgenommen oder sie wird mit Anders-Sein, mit Nicht-IchSein verbunden. Plötzlich wird selbst von konservativster Seite auf das Selbstbestimmungsrecht der Frau verwiesen. Und es wird dabei außer Diskussion gestellt, dass es für die Frau unzumutbar sei, ein behindertes Kind zu bekommen. Und wenn sie sich falsch
Georg Feuser schreibt: „Behinderung ist mithin nicht ein pathologisches, sondern ein entwicklungslogisches Ergebnis des Versuches des Menschen, sich an ihn isolierende Bedingungen bestmöglich anzupassen und seine individuelle Existenz mittels dieser Anpassung an und der Aneignung von isolierenden Bedingungen zu erhalten.“1 Niemand redet davon, dass es in unser aller Verantwortung liegt, für alle Menschen unserer Gesellschaft optimale Rahmenbedingungen zu schaffen, um gleichberechtigt teilhaben zu können. Behinderung ist kein Schicksal, schon gar kein Einzelschicksal, weder für die Mutter eines behinderten Kindes noch für die behinderte Person selbst! l Tamara Grundstein ist langjährige Aktivistin der emanzipatorischen Behindertenbewegung und Mitinitiator_in der „Queers on Wheels“.
1 Feuser, Georg: Gemeinsame Erziehung behinderter und nichtbehinderter Kinder im Kindertagesheim – ein Zwischenbericht; 3. Aufl.; Selbstverlag Diak. Werk e.V.; Bremen, 1987, S.103
April 2011 an.schläge l 21
thema: präimplantationsdiagnostik
Autonomie oder Eugenik? Die Schweizer Ethikerin Andrea Arz de Falco über Fakten und Widersprüche in der Diskussion um eine Zulassung der Präimplantationsdiagnostik.
1 H.-P. Schreiber, Ethische Probleme technischer Eingriffe in die menschliche Fortpflanzung, in: A. Bondolfi/H.J. Müller (Hg.), Medizinische Ethik im ärztlichen Alltag, Basel/ Bern 1999, S. 155-170, hier S. 161. 2 S. Reiter-Theil/W. Kahlke, Fortpflanzungsmedizin, in: dies (Hg.), Ethik in der Medizin, Stuttgart 1995, S. 34-45, hier S. 34. Vgl. kritisch auch E. Pelkner, Neue Technik – alte Werte? Feministische Ethik und Fortpflanzungsmedizin, in: Althans K., u.a. (Hg.), Inmitten von Lust und Last. Frauenalltag und Religiosität, München 2000. 3 Vgl. zur Diskussion die Übersicht zu den einzelnen Argumenten in: K. Ruppel/D. Mieth, Ethische Probleme der Präimplantationsdiagnostik, in: M. Düwell/D. Mieth (Hg.), Ethik in der Humangenetik. Die neueren Entwicklungen der genetischen Frühdiagnostik aus ethischer Perspektive, Tübingen 1998.
22 l an.schläge April 2011
Die Fortpflanzungsmedizin hat sich in einem komplexen gesellschaftlichen Umfeld entwickelt und wird – wie andere medizinisch-technische Errungenschaften auch – teils befürwortet, teils abgelehnt. Auf der Seite derer, die die Entwicklungen insgesamt begrüßen, ist der Begriff der „reproduktiven Autonomie“ zentral: „Selbst wenn ein Leben ohne Kinder ein durchaus sinnerfülltes Leben sein kann, so wird doch niemand für andere diesen Lebenssinn wählen können. Daher muss die Inanspruchnahme eines technischen Eingriffs in die Fortpflanzung – jenseits eines sozialen Paternalismus – einzig den Betroffenen selbst und ihrem Selbstbestimmungsrecht anheimgestellt bleiben.“1 KritikerInnen dagegen fragen sich: „Wird die Fortpflanzungsmedizin der wohlverstandenen Autonomie der Frau und des Paares gerecht oder steht sie im Dienst des bis in die Intimsphäre von Sexualität und Fruchtbarkeit ausgedehnten Leistungsprinzips ‚der Körper soll funktionieren‘?“2 Die ethische Diskussion entwickelt sich daher im Spannungsfeld der Frage, ob die neuartigen Handlungsmöglichkeiten eher unter dem Aspekt der Erweiterung der reproduktiven Autonomie oder vielmehr unter dem Aspekt von Entscheidungszwängen zu diskutieren sind. Verbote. Um die Zulässigkeit der Nutzung von und der Forschung an Embryonen im Allgemeinen und der Präimplantationsdiagnostik (PID) im Besonderen hat in Deutschland bereits Ende der 1990er Jahre eine heftige Debatte eingesetzt. Der Kern der Kontroverse betrifft die Frage nach dem moralischen Status und damit der Schutzwürdigkeit des Embryos. Kritik wird – je nach Standpunkt – am als zu restriktiv empfundenen Embryonenschutzgesetz geübt.3 In der Schweiz gilt die PID als reproduktionsmedizinische Maßnahme und ist seit Inkraftsetzung des Fortpflanzungsmedizingesetzes, d.h. seit dem 1. Januar 2001, verboten. Die Voraussetzungen
unterscheiden sich insofern von denen in Deutschland, als die Schweiz kein spezifisches Embryonenschutzgesetz kennt, wenn auch in der schweizerischen Bundesverfassung Verbotsnormen im Blick auf den Umgang mit dem Embryo formuliert sind. Als verboten gelten beispielsweise das Klonen von Embryonen, der Handel mit ihnen und auch die Embryonenspende. Neben diesen verfassungsrechtlichen Verboten existieren weitere Beschränkungen auf gesetzlicher Ebene. So wird in der Botschaft zum Fortpflanzungsmedizingesetz ein Verbot der PID folgendermaßen begründet4: • Die Langzeitfolgen für den untersuchten Embryo sind nicht bekannt. • Es besteht die Möglichkeit von Fehldiagnosen. • Die Gefahr einer immer weiter um sich greifenden Embryonenselektion ist wahrscheinlich. • Es existiert eine Unmöglichkeit der Grenzziehung zwischen Prävention und Selektion. • Das Risiko eines Automatismus der Selektion bei einem Befund ist gegeben. Wesentlich ist also, dass das Verbot der PID nicht generell gültig ist. Die hinter dem Verbot stehende Argumentation ist – im Gegensatz zur in Deutschland dominanten Status-Diskussion – teleologischer Art, d.h. sie gilt nicht in Bezug auf eine Setzung wie die Zuschreibung von Menschenwürde an eine Zygote oder einen Embryo, sondern aufgrund von Folgeüberlegungen, von Konsequenzen, die ein ganz bestimmtes Vorgehen haben könnte. Sollten sich die Voraussetzungen ändern, entfällt auch die Grundlage für das Verbot. Neu ist, dass seit einigen Jahren ein Auftrag des Schweizer Parlaments besteht, das aktuell existierende Verbot der PID in eine Erlaubnis umzuwandeln. Ein erster Vorschlag für eine Gesetzesänderung wurde nach einer breiten öffentlichen Konsultation zur Überarbeitung zurückgewiesen, weil die Rahmenbedingungen für die Durchführung der PID als zu restriktiv und in-
praktikabel erachtet wurden. Ein neuer Vorschlag ist in Ausarbeitung. Moral oder Rechte. Die PID liegt unmittelbar in der Kreuzung der Diskussion um pränatale Diagnostik, den moralischen Status des Embryos, der In-vitroFertilisation und dem
Embryotransfer (IVF/ET) sowie der Zulässigkeit von Eingriffen in die Keimbahn. Die Zielsetzung, mit der die PID als Mittel legitimiert werden soll, ist die Ersetzung eines Teiles der pränataldiagnostischen Maßnahmen während der Schwangerschaft, die die Konsequenz eines Schwangerschaftsabbruchs nach sich ziehen können, durch Maßnahmen, die nach IVF im Labor ergriffen werden können und im Falle eines Befundes ein
thema: präimplantationsdiagnostik Absterben-Lassen des Embryos zur Folge haben. Es geht also in erster Linie darum, Frauen die leidvolle Erfahrung eines Schwangerschaftsabbruchs zu ersparen und eine von Anfang an unbelastete Schwangerschaft zu offerieren, frei von Ängsten, ein krankes oder behindertes Kind zur Welt zu bringen. Die PID setzt allerdings immer eine IVF-Behandlung voraus, die ihrerseits mit physischen und psychischen Belastungen verbunden ist. Was könnte – jenseits der Zuschreibung eines moralischen Status, der jegliche Verfügbarkeit des Embryos verhindert –
verringern helfen könne. Das Verbot der PID wird – angesichts der Zulassung anderer Verfahren, die ebenfalls die Übertragung von Erbkrankheiten auf die Nachkommenschaft verhindern wie Pränataldiagnostik und selektiver Schwangerschaftsabbruch – von vielen als Widerspruch wahrgenommen. Demgegenüber wird von anderer Seite betont, dass bei der Pränataldiagnostik ein konkreter Interessenskonflikt zwischen dem Lebensrecht des Embryos oder des Fötus
Wie kann man beim Vorliegen eines Befundes die Frage nach dem Lebenswert aus dem Entscheid ausklammern? und dem Interesse der Frau an einer intakten psychischen Gesundheit vorliegt5, während bei der PID kein solcher Interessenkonflikt gegeben ist, sondern es dabei um den Lebensentwurf der Frau oder des Paares geht und Embryonen zu Untersuchungszwecken erzeugt werden.
gegen die PID sprechen, was nicht auch schon gegen die Pränataldiagnostik eingewendet werden könnte, und was trotzdem nicht zu einer gesellschaftlichen Ächtung der Pränataldiagnostik geführt hat? Denn ein Hauptargument für die PID lautet, sie sei quasi als „vorgezogene“ Pränataldiagnostik zu betrachten und somit stünde mit der PID ein Verfahren zu Verfügung, das die Anzahl später Schwangerschaftsabbrüche nach einer Pränataldiagnostik
weil er die beabsichtigte Linderung oder Aufhebung konkreter Not behindert und damit in seinen Augen geradezu als moralisch kontraproduktiv erscheinen lässt. Der Sozialethiker wiederum insistiert darauf, dass die Isolierung eines Problemzusammenhangs nicht auch zugleich eine Verblendung hinsichtlich weitreichender Folgen einschließen darf. Er sieht zudem ein Fortschrittsparadigma am Werk, das fortwährend Hoffnung auf immer neue Problemlösungen erzeugt;
Verschiedene Horizonte. Gesetz, Alltag und Medizin sind sehr inkonsistent im Umgang mit Embryonen, je nachdem ob es sich um den Bereich Empfängnisverhütung, In-vitro-Fertilisation, Embryonenforschung oder Schwangerschaftsabbruch handelt. Diese Inkonsequenz rechtfertigt sich zwar nicht aus der isolierten Betrachtung des Embryos und den ihm zugeschriebenen Status, wohl aber teilweise aus der Berücksichtigung eines bestimmten Handlungskontextes. Neben diesem denkbaren Fokus auf den Status des Embryos und daraus abgeleitet auf die Vertretbarkeit verschiedener Handlungen, ist auch eine Reflexion möglich, die sich eher auf die Einschätzung von Folgeproblemen, von möglichen Auswirkungen auf die Stellung von Menschen mit Behinderung, von Einflüssen auf das Bild der Gesellschaft und des Menschen in einem umfassenden Kontext bezieht. Dies führt zu einer Privilegierung von sozialethischen Aspekten und entfernt sich von der individualisierten Problemstellung, die aus dem Arzt/ Ärztin-Patientin-Verhältnis resultiert. Dietmar Mieth beschreibt den Konflikt so: „Der Medizinethiker, der sich im Horizont der klinischen Praxis bewegt, neigt dazu, den weiterreichenden Horizont auszublenden oder zurückzustellen,
Lösungen, die jetzt zwar noch nicht erreichbar sind, aber deren Versprechen für die Zukunft der Gesellschaft helfen sollen, mit schon jetzt erkennbaren Folgeproblemen fertig zu werden.“6 Sogenannte Slippery-Slope-Argumente verweisen – wenn auch nicht mit zwingender Plausibilität – auf die Tendenz, dass von der anfänglichen Diagnose von schweren Erkrankungen automatisch zu leichteren Abweichungen bis hin zur Geschlechtswahl, zur Selektion sozialer Auffälligkeiten oder gar der sexuellen Orientierung fortgeschritten wird. In der Diskussion um Positiv- oder Negativlisten von Krankheiten oder Behinderungen, die eine Indikation für eine PID darstellen könnten, wird darauf verwiesen, dass jede Festlegung von Kriterien oder Listen zu Standardisierungen führt, d.h. die Selektion entspricht dann einem gültigen Standard. Was heißt das für Betroffene? Wie kann man beim Vorliegen eines Befundes die Frage nach dem Lebenswert aus dem Entscheid ausklammern? Die Diskussion um die„Eugenik von unten“ wird kontrovers diskutiert. Letztlich stellt sich die Frage, wie Grundsatzüberlegungen im Blick auf gesellschaftlich wünschbare Entwicklungen es erlauben könnten, trotzdem der Tragik des Einzelfalles gerecht zu werden und die Autonomie in reproduktiven Belangen nicht ungerechtfertigt zu beschneiden. l Andrea Arz de Falco hat in theologischer Ethik promoviert und ist derzeit Vizedirektorin des Direktionsbereichs Öffentliche Gesundheit im Bundesamt für Gesundheit in Bern.
4 Vgl. Botschaft über die Volksinitiative „zum Schutz des Menschen vor Manipulationen in der Fortpflanzungstechnologie (Initiative für eine menschenwürdige Fortpflanzung)“ und zu einem Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung (Fortpflanzungsmedizingesetz, FmedG), in: 10. Bundesblatt, 148. Jg., Bd. III, S. 205-305, hier S. 322.135 Verbot der Präimplantationsdiagnostik (Art. 5 Abs. 3), S. 256-257. 5 Vgl. zum Vergleich von Präimplantationsdiagnostik und Pränataldiagnostik auch M. Düwell, Präimplantationsdiagnostik – eine Möglichkeit genetischer Frühdiagnostik aus ethischer Perspektive, in: Ethik in der Medizin 11 (1999) S. 4-15. 6 Vgl. D. Mieth, Präimplantationsdiagnostik im gesellschaftlichen Kontext – eine sozialethische Perspektive, in: Ethik in der Medizin 11 (1999) S. 77-86, hier S. 78.
April 2011 an.schläge l 23
thema: präimplantationsdiagnostik
„Wichtige Fragen direkt ansprechen“ Was das Wissen um neue Medizin-Technologien betrifft, ist Österreich europaweit fast Schlusslicht. Deswegen gibt es auch kaum eine öffentliche Diskussion zu diesen Fragen, beklagt Christiane Druml, Vorsitzende der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt, im Interview mit Gabi Horak
an.schläge: Was sind die wichtigsten Argumente für die Zulassung von Präimplantationsdiagnostik? Druml: Eine gesetzliche Zulassung der PID sollte jedenfalls für diejenigen Paare möglich sein, die ein erhöhtes Risiko haben, ein Kind mit einer genetisch bedingten Erkrankung zu bekommen. Da Pränataldiagnostik möglich ist und durchgeführt wird, ist es widersinnig, bei Paaren, die mittels künstlicher Befruchtung ihren Kinderwunsch erfüllen, einen Embryo zu implantieren, um danach erst zu untersuchen, ob dieser Embryo die genetisch bedingte Erkrankung trägt. Dies ist extrem belastend für die Eltern und darüberhinaus können die Ergebnisse einer solchen Diagnostik zu einer Beendigung der Schwangerschaft führen, was einen invasiven und traumatisierenden Eingriff für die Frau bedeutet. Welche Argumente gegen PID sind für Sie nachvollziehbar? Ein nachvollziehbares Argument ist jenes, dass sich durch die Diskussion um die PID Menschen mit Behinderungen diskriminiert fühlen können. Wir haben als Gesellschaft die Pflicht, alles zu unternehmen, dass Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige unterstützt werden. Eine gesetzliche Zulassung der PID darf diese gesellschaftliche Pflicht nicht in Frage stellen. Argumente gegen die PID sind oft verbunden mit einer generellen Angst vor dem Tabubruch: Ist das Verbot erst einmal gelockert – wer weiß, was 24 l an.schläge April 2011
dann in Zukunft noch so alles möglich ist. Stichwort: Designerbaby. Interessanterweise wird immer bei Fragestellungen, die moralisch beurteilt werden, das Institut des Rechts für unzuverlässig erachtet und die Gefahr des „Tabubruchs“ gesehen! Diese Unzuverlässigkeit wird in anderen Bereichen nicht ins Treffen geführt, sondern führt zum Ruf nach Ordnung durch den Gesetzgeber. Als Gesellschaft können wir doch durch Verbote und strenge Regeln verhaltensbestimmend eingreifen, und dadurch das immer wieder heraufbeschworene „Designerbaby“ verhindern. Bei einer Umfrage 2004 sprachen sich fast 70 Prozent der befragten ÖsterreicherInnen gegen eine Selektion der Embryonen im Rahmen der künstlichen Befruchtung aus. Gleichzeitig konnten zwei Drittel der Befragten mit dem Begriff „Bioethik“ nichts anfangen. Ein Zusammenhang? Wie die letzte „Eurobarometer“-Untersuchung 2010 zu „Science and Technology“ ergeben hat, ist Österreich in Europa nahezu das Schlusslicht in Bezug auf Wissen und Kenntnis um neue Technologien. Das Wissen um die PID wird daher ebenso gering ausfallen wie über andere Technologien im Gesundheitsbereich. Da wir keinen öffentlichen Diskurs zu diesen Fragen pflegen, sind Vorurteile und unreflektierte Informationen existent. Die Bioethikkommission sprach sich schon 2004 für die PID in ganz genau festgelegten und relativ engen Grenzen aus. Ein gelungener Kompromiss? Diese Empfehlung stammt aus der Zeit, als ich noch nicht Mitglied der Bioethikkommission war, aber ich denke, dass sie nach wie vor aktuell ist. Natürlich sind seit 2004 schon einige Jahre vergangen, Jahre, in denen sich auch die Fortpflan-
zungsmedizin weltweit geändert hat, da wir jetzt auf wesentlich mehr Daten und Erfahrungen zurückblicken können. Insofern wäre wahrscheinlich eine Neuorientierung sinnvoll.
Ist es ein Fehler der Politik, diese emotionale Diskussion außerhalb politischer Entscheidungsstrukturen zu belassen, und damit Raum für Populismus auf beiden Seiten zu geben? Ich bin immer dafür, einen öffentlichen – allerdings gut vorbereiteten und auf hohem Niveau stattfindenden – Diskurs zu führen. Ich glaube, dass eine Politik des Kopf-in-den-Sand-Steckens falsch ist und wesentlich mehr Raum für Populismus gibt. Man muss diese gesellschaftlich wichtigen Fragen direkt ansprechen und darf sich vor anderen Meinungen nicht fürchten. In Frankreich entscheidet eine Ethikkommission über jeden einzelnen Fall: Ist so eine Struktur auch in Österreich denkbar bzw. durchsetzbar? Frankreich ist ein Land mit intensiver öffentlicher Diskussion in bioethischen Fragen und einer hohen Akzeptanz des französischen Ethikrates als Beratungsinstrument für die Politik. Man hat sich viele Gedanken zu den einzelnen Themen gemacht! Was die Entscheidung einer Ethikkommission für derartige Fragestellungen betrifft, ist es wichtig, eine solche auch spezifisch zu etablieren und sich mit den entsprechenden Experten zusammenzusetzen. Wenn man das so will, dann muss man auch rechtliche, nachvollziehbare Voraussetzungen dafür treffen. l Drin Christiane Druml ist Vorsitzende der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt, Geschäftsführerin der Ethik-Kommission der Medizinischen Universität Wien und Mitglied des International Bioethics Committee der UNESCO.
an.sprüche
Schokolade und Surplus
Muss politische Arbeit bezahlt werden, damit sie überhaupt leistbar ist? Oder ist politisches Handeln prinzipiell unbezahlbar? Daniela Koweindl und Birge Krondorfer diskutieren.
Illustration: Bianca Tschaikner
Soll politische Arbeit bezahlt werden? Soll gemeinnützige Arbeit bezahlt werden? Soll Pflege- und Betreuungsarbeit bezahlt werden? Und Hausarbeit? Auch die eigene? Aber klar doch! Und nicht zu knapp. Und natürlich nicht, weil Arbeit geleistet wird, sondern weil wir alle – gleichgültig ob fleißig oder faul, ob politisch aktiv oder nicht – von etwas leben müssen. Existenzsicherung lautet daher die Devise, bedingungsloses Grundeinkommen ist dabei ein verlockendes Versprechen. Monat für Monat, unabhängig von irgendeiner (Bedarfs-)Prüfung oder Staatsbürger_innenschaft, ohne Arbeitszwang oder anderen zwielichtigen Kompromissen. Das Rundumangebot an Gesundheitsversorgung nach Wahl, kultureller Teilhabe, gratis U-Bahn-Fahren usw. bitte gleich mit dazu. Und ja, es darf ein bisschen mehr sein. Ist erst einmal geklärt, woher das Geld für die nächste Miete kommt, wer bei Bedarf die Kinder gut betreut oder wie auch morgen wieder Schokolade auf dem Speiseplan stehen kann, lässt es sich gleich viel freier und unbeschwerter nicht nur von neuen Utopien träumen, sondern auch für diese kämpfen. Über Selbstausbeutung bei der politischen Arbeit in Form von Stress, Schlafmangel, fehlenden längeren Erholungsphasen können wir dann immer noch selbst entscheiden. Und wer will über die eigene Zeit nicht am liebsten selbst bestimmen? Deshalb gilt es, nicht länger vereinzelt gegen die Mühlen der Prekarisierung von Arbeit und Leben anzutreten, sondern der Zersplitterung einen Strich durch die Rechnung zu machen: Organisieren wir uns! Zum Beispiel, wenn es dieses Jahr auch in Wien wieder heißt: Mayday! Mayday! Auf zur Parade der Prekären am 1. Mai. Denn: Noch zu warten ist Wahnsinn. Her mit dem schönen Leben! Treffpunkt für die Mayday!-Parade 2011 in Wien ist um 14.00 am Wallensteinplatz im 20. Bezirk. Infos unter www.mayday-wien.org Daniela Koweindl macht politische Arbeit – bezahlt und unbezahlt, Ersteres macht Letzteres leichter möglich.
Staaten schmeißen das Geld der BürgerInnen der Großfinanz hinterher, und das Jahr der Freiwilligenarbeit wird proklamiert. Was für ein Zufall. Schwierig also, für ehrenamtliches politisches Engagement zu optieren. Auch Realpolitik muss bezahlt werden, dies soll vor Käuflichkeit schützen, auch wenn Korruption „grasseriert“. Mein Plädoyer für unbezahlbares politisches Tun gilt Orten, die in ihrem Selbstverständnis der Kritik und Alterität verpflichtet sind – und hier besonders den feministischen. Ein heikles Terrain, denn Frauenarbeit ist unterbezahlt und ihre Gratisarbeit wird in häuslichen, kirchlichen etc. Gemeinden nach wie vor still-geschwiegen angenommen. Das traditionell männliche Ehrenamt ist nach wie vor (ausrangierten) Potenzträgern – oft versehen mit Aufwandsentschädigung und/oder öffentlichem Ansehen – vorbehalten. Die Frauenbewegung hat die weibliche Zuarbeit infrage gestellt – wird dafür nun kompensatorisch Bürgerengagement großgeschrieben? Der Frauenprojekte-Szene gilt es als Errungenschaft – und das ist es ja auch –, dass Frauen(sozial)arbeit bezahlt wird. Doch sobald Subventionen entzogen werden, verschwindet das betroffene Projekt. Auch zählt dort heute wie überall Professionalisierung (Totalisierung des Geld- und Zertifizierungsmaßstabs) als Standard; dessen Effekte sind unreflektiert. Die neoliberalistische Durchdringung der Welt- und Selbstwahrnehmungen wird nicht mehr kritisiert, jegliche Sinnproduktion ist dem monetären Tauschwert gewichen. Doch darf das Surplus des Politischen nicht zu einem Job wie jeder andere verkommen. Handeln ist nach Hannah Arendt mit wirtschaftlichen Abhängigkeiten unverträglich, will sich die Freiheit zu Neuem bewahren. Auch das Argument der Selbstausbeutung kann in eine Ego-überschreitende Verausgabung (nach Georges Bataille ein Mehrwert, der nicht ökonomistisch ins homogenisierende System zurückgespeist wird) umgeschrieben werden. Darin stecken der Wunsch nach Heterogenität und das Motiv der Gabe: Unabhängiges politisches Handeln ist möglich durch eine Haltung der Großzügigkeit. Birge Krondorfer ist Philosophin, Lehrende, feministische Aktivistin.
April 2011 an.schläge l 25
zeitausgleich
arbeitsfragen in allen
lebenslagen
Text: Irmi Wutscher, Illustration: Nadine Kappacher
Scheitern (auf hohem Niveau) Ich habe in den letzten Nächten interessante Träume. Sie betreffen meine berufliche Zukunft. Ein Thema, das sonst kaum Eingang in mein während des Schlafs zu verarbeitendes Unbewusstes findet. Letztes Wochenende wurde ich im Traum zur Lokführerin umgeschult und habe am vorübergehend stillgelegten Westbahnhof Waggonverschieben geübt. Davor war der Traumberuf Zuckerbäckerin. Ich tänzelte wie in einem Disney-Film zwischen meterhohen weißen Hochzeitstorten umher und formte Marzipanrosen und war überhaupt eine weltweit gefragte Patissière, die von der Oscar-Verleihung bis zum saudiarabischen Königshaus alle belieferte und gleichermaßen entzückte. Diese kindlichen Berufsfantasien – übrigens gerade schnell nach Jobangeboten für LokführerInnen gegoogelt: so wenig gibt’s da gar nicht und Umschulung scheint in der Branche gang und gäbe zu sein –, also diese innerlichen Ausflüge ins Reich der Kinderfantasie-Berufe scheinen mein Umgang zu sein mit dem Scheitern. Ich hab‘s nämlich gerade wieder mal nicht geschafft. Ich bin eine, die gerne in der letzten Runde von Jobgesprächen, Auswahlverfahren o.ä. rausfliegt. Ich komme unter die letzten zwei oder drei, das Ziel schon direkt vor der Nase und dann doch nix. Das würde ja per se noch nicht viel heißen, denn grundsätzlich muss frau ja nicht jedes Gespräch oder Verfahren für sich entscheiden, sondern nur eines. Bloß bei mir habe ich ein Muster entdeckt: Ich bekommen oft zu hören, dass inhaltlich, qualifikationsmäßig, ja sogar persönlich eh alles „total gepasst“ hätte. Aber halt: „Wir haben das Gefühl, du machst grad so viel“, „Dieser Job scheint derzeit aber nicht dein Hauptziel zu sein“, und ganz lustig auch: „Ich kann die Leidenschaft für Sportklamotten-Verkaufen leider nicht erkennen.“ Letzteres bei der Bewerbung als Aushilfskraft in einem trendy Sportgeschäft. Aber auch die anderen Vorstellungsgespräche waren meist für Teilzeitjobs, oft nicht einmal angestellt und dementsprechend schlecht bezahlt, und ich frage mich, was sich die anbietenden Menschen eigentlich vorstellen. Wie verlogen ist denn die Annahme, dass ich bei einem mies entlohnten 20-Stunden-Job trotzdem unbegrenzt zur Verfügung stehe und natürlich kein anderes Ziel im Leben verfolge? Also da sag mir doch bitte noch eine, dass Lokführerin oder eine Lehre bei Sacher keine Option ist! Irmi Wutscher ist in Konkurrenzsituationen zu sozial und dafür im persönlichen Gespräch zu wenig „nett“. Sonst hat sie aber alles total drauf! Nadine Kappacher gibt es da www.salon-nadine.at und dort http://meerweh.tumblr.com.
26 l an.schläge April 2011
quote Netzwerke aufbrechen Die Häme war spürbar: Ausgerechnet im Italien des Macho-Regierungschefs Silvio Berlusconi wurde die Einführung einer Frauenquote für Aufsichtsräte staatlich kontrollierter Unternehmen noch vor Österreich beschlossen. Seit 15. März ist es aber auch hierzulande so weit: Die VerhandlerInnen Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) bezeichnen die Lösung beide als Kompromiss – und so sieht sie auch aus: In jenen 55 Unternehmen, an denen der Staat mehr als 50 Prozent der Beteiligungen hält oder die er selbst besitzt, sollen bis 2013 25, bis 2018 35 Prozent Frauen in den Aufsichtsräten sitzen. Jährlich muss über Fortschritte berichtet werden, wer 2018 das Ziel verfehlt hat, darf mit Strafen rechnen, die aber noch nicht beschlossen sind. Auch in Italien wurde der erste Entwurf abgeschwächt, Sanktionen gibt es immerhin jetzt schon. Caterina Soffici kommentierte den italienischen Kompromiss in der linken Tageszeitung „Il Fatto Quotidiano“: „Alle Gründe gegen die Frauenquote sind nur Gerede, um Positionen, Macht, Seilschaften, Lobby-Interessen und Vorteile zu retten.“ In Österreich wies Mitterlehner die Kritik, dass die Quote nicht auch für die Vorstände gelte, mit einem interessanten Argument zurück: „Ich gehe davon aus, wenn Netzwerke aufgebrochen werden, werden auch mehr Frauen im Vorstand sein.“ Der Mann hat doch tatsächlich verstanden, worum es hier geht. sylk http://diestandard.at, www.eurotopics.net
rektorin Please welcome Frau TU! Sprichwörter haben auch nicht immer Recht. Aller guten Dinge sind drei, zum Beispiel. Sonst könnte frau sich nun zurücklehnen. Tun wir aber nicht, auch wenn es erst mal doch eine schöne Nachricht ist, dass Österreich seine (bisher insgesamt) dritte Universitätsrektorin feiern kann, die es durch die gläserne Decke geschafft hat. Die 49-jährige Werkstofftechnikerin Sabine Seidler wurde vom Universitätsrat einstimmig zur neuen Rektorin der Technischen Universität (TU) gewählt. Die TU ist nach der Universität für Bodenkultur (Ingela Bruner, 2008–2009) und der Veterinärmedizinischen Universität (Sonja Hammerschmid, seit 2010) die dritte staatliche Universität mit einer Frau an der Spitze. Aktuell sind zwei von 21 amtierenden Rektor_innen weiblich. Also lange noch kein Grund sich zurückzulehnen, aber doch einer, um zu gratulieren! nad http://diestandard.at
studie Pille mit & ohne Rezept Was passiert, wenn Frauen die Pille rezeptfrei in Apotheken erhalten können? Hat dies Effekte hinsichtlich der Einnahme? Welche Gegenanzeigen gibt es? US-Forscher_innen untersuchten diese Zusammenhänge und stellten fest: Die rezeptfreie Pille hat für Frauen Vor- und Nachteile. In zwei Studien wurden zwei Gruppen von Frauen miteinander verglichen: Frauen aus El Paso (Texas), denen die Pille verschrieben wurde, und Frauen, die die Pille im angrenzenden Mexiko rezeptfrei kaufen konnten. Die Ergebnisse sind ambivalent: Für die Gesundheit der Frauen ist es empfehlenswert, die Pille erst nach ärztlicher Abklärung – und somit nur mit Rezept – auszugeben. Denn jede Pille ist anders zusammengesetzt, und es ist relevant, welches konkrete Präparat eine Frau nimmt. Die erste Studie
an.riss arbeit wissenschaft wies nach, dass Frauen ohne Rezept oft zu einer Pille greifen, die für sie nicht geeignet ist. Die zweite Studie zeigte hinsichtlich einer anderen Fragestellung einen positiven Effekt: Benötigen Frauen kein Rezept, so brechen sie die Pilleneinnahme weniger häufig ab. Dies hat u.a. damit zu tun, dass der Gynäkolog_innen-Besuch finanziell und zeitlich aufwändig sein kann. Kein Unterschied hinsichtlich der Pilleneinnahme war in den beiden verglichenen Gruppen nur dann vorhanden, wenn die Frauen mit Rezept gleich sechs Pillenpackungen bekommen hatten. Ob es insgesamt besser wäre, Frauen die Pille ohne Rezept auszuhändigen, bleibt mit diesen beiden Studien somit unentschieden. be http://feministing.com, http://journals.lww.com/greenjournal
broschüre Prävention von sexuellem Missbrauch Das „Wiener Netzwerk gegen sexuelle Gewalt an Mädchen, Buben und Jugendlichen“ – eine Plattform mit Vertreter_innen aus 20 spezialisierten Einrichtungen – leistet Aufklärungsarbeit zum Thema sexualisierte Gewalt. Nicht nur Betroffene und Angehörige, sondern auch Multiplikator_innen sind Adressat_innen, die in konkreten Situationen Unterstützung bekommen können. Die „Zusammenarbeit von PädagogInnen/MultiplikatorInnen mit Eltern und Bezugspersonen zur Prävention von sexuellem Missbrauch“ war das Thema einer Fachtagung, deren Dokumentation ab sofort als PDF zum Download bereitsteht. Auf 30 Seiten kann z.B. nachgelesen werden, wie altersgerechte Sexualerziehung aussehen kann (Stefanie Vasold und Lilly Axster, Verein Selbstlaut), was sich Pädagog_innen und Multiplikator_innen von der Polizei erwarten können (Susanne Rauer und Walter Huber, Fachstelle Kriminalprävention) oder wie Elternarbeit von Institutionen für Menschen mit Behinderungen gestaltet werden kann, wenn es darum geht, selbstbestimmte Sexualität von Menschen mit Lernschwierigkeiten oder Mehrfachbehinderung zu unterstützen und Gewalt vorzubeugen (Marion Maidorfer und Elisabeth Udl, Verein Ninlil). be www.wienernetzwerk.at/dokumente/netzwerktagung2010.pdf
frauengesundheit Neuer Bericht, alte Fakten
postdoc Familienfeindliche Uni-Karriere Frauen, die ein Doktorat in einem naturwissenschaftlichen Fachgebiet absolviert haben und eine Postdoc-Stelle oder eine universitäre Anstellung suchen, scheitern daran viel eher als ihre männlichen Kollegen. Vor allem mit der Familienplanung lasse sich die akademische Laufbahn schlecht vereinbaren, wie eine Studie der Universität Berkeley nun zeigte. Erfolg in der akademischen Post-PhD-Phase zu haben, ist für verheiratete Frauen mit Kleinkindern um fast 30 Prozent schwerer – verglichen mit Vätern, die die gleichen Qualifikationen aufweisen. Das eigentliche Problem ist dabei die familienfeindliche Zeitaufteilung, unter der überwiegend Frauen zu leiden haben, so die Studie. Denn sie sind weiterhin hauptverantwortlich für die Betreuung von Kleinkindern. Conclusio der Untersuchung: Wollen die US-AmerikanerInnen nicht an den immensen Ausfällen von hochqualifizierten und exzellent ausgebildeten Forscherinnen leiden, sollte an den Universitäten von nun an familienpolitisch freundlicher agiert werden. miak http://economix.blogs.nytimes.com
„Es geht darum, die Bedürfnisse der unterschiedlichen Frauen wahrzunehmen und ihre Gesundheit zu sichern. Es geht darum, das Recht jeder Frau auf Gesundheit umzusetzen, unabhängig von ihrem kulturellen Hintergrund oder von sozioökonomischer Schicht oder Bildung“, hält Sylvia Groth, Geschäftsführerin des Frauengesundheitszentrums Graz fest. Sie ist MitAutorin des neuen Österreichischen Frauengesundheitsberichts, der knapp 600 Seiten dick ist und u.a. auch Informationen zu gesundheitsrelevanten Bereiche wie Lebensrealitäten und Lebensphasen von Frauen enthält. Doch seine Ergebnisse überraschen nicht. Einige Beispiele: Der Vorsprung, den Frauen in puncto Lebenserwartung Männern gegenüber haben, nimmt seit Jahren ab – aktuell liegt er bei 5,4 Jahren. Die Mehrfachbelastung von Frauen ist ein Gesundheitsrisiko, gerade die psychische Gesundheit wird durch krankmachende Lebenszusammenhänge beeinträchtigt. Frauen leiden doppelt so oft wie Männer an einer Depression, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind mittlerweile bei allen Geschlechtern die führende Todesursache. Auch die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen sind altbekannt: Soziale Ursachen von Gesundheit/ Krankheit sollen stärker berücksichtigt, Gewalt als Thema von Frauengesundheit wahrgenommen werden, die Handlungsfelder von Frauengesundheit sind außerdem von der jeweiligen Lebensphase abhängig. In fünf Jahren soll der nächste Frauengesundheitsbericht veröffentlicht werden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die diesjährigen Erkenntnisse zu politischen Entscheidungsträger_innen – und somit Geldgeber_innen – vordringen. Denn bessere soziale und damit auch gesundheitliche Bedingungen müssen auch finanziert werden. be www.bmg.gv.at/cms/home/attachments/0/1/3/CH1004/CMS1299496168458/frauengesundheitsbericht.pdf
Call for Papers Konferenz: „Love, Sex, Desire & the (Post)Colonial“ (London), Abstract bis 1.5., http://ies.sas.ac.uk/ Konferenz: „Kollektivität nach der Subjektkritik“ (Berlin), Abstract bis 23.5. www2.gender.hu-berlin.de/ztg-blog/2011/02/cvp-konferenz-kollektivitat-nach-der-subjektkritikcollectivity-beyond-identity-28-30-6-2012 April 2011 an.schläge l 27
literatur
„Mich interessiert das Existenzielle“ Für die türkische Schriftstellerin Aslı Erdog˘ an ist das Schreiben eine ernste Sache. Michèle Thoma traf sie zum Interview.
Foto: Gürcan Öztürk
Aslı Erdog˘ an wurde 1967 in Istanbul geboren. Sie studierte Informatik und Physik, arbeitete in Genf am Kernforschungszentrum CERN als Hochenergiephysikerin und ging als Wissenschaftlerin für zwei Jahre nach Rio de Janeiro. Dort brach sie jedoch mit der Welt der Wissenschaft, deren menschliche Kälte sie nicht mehr ertrug. Heute lebt sie als freie Schriftstellerin in Istanbul. Aslı Erdog˘ an erhielt zahlreiche Preise. Die „poetische Intensität“ ihres Romans „Die Stadt mit der roten Pelerine“ wurde etwa von Kritikerinnen wie Elke Heidenreich oder Ruth Klüger hoch gelobt.
Auf Deutsch erschienen bisher „Der wundersame Mandarin“ (Edition Galata 2008) und „Die Stadt mit der roten Pelerine“ (Unionsverlag 2008).
28 l an.schläge April 2011
an.schläge: Ihre Literatur erinnert an jene des beginnenden 20. Jahrhunderts: Das in der Stadt und in der modernen Welt herumirrende Individuum wie in „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“, den „Poètes Maudits“... Aslı Erdog˘ an: „Malte Laurids Brigge“ habe ich mit 16 entdeckt, ich schleppe es immer noch mit mir herum.
Sie befriedigen den „Kopftuch-Reflex“ nicht. Westliche LeserInnen erwarten von türkischen AutorInnenen, besonders den weiblichen, dass sie das Kopftuch und das, was es repräsentiert, thematisieren und Stellung beziehen. Ihre Protagonistinnen bewegen sich in der Welt wie westliche Frauen, oder vielleicht sogar wie westliche Männer. In der Türkei werde ich dafür kritisiert, dass meine Literatur zu wenig in der türkischen Literatur verwurzelt ist. Der Westen hingegen erwartet Kopftuchgeschichten. Mich interessieren diese Zuweisungen nicht. Mich interessiert das Existenzielle, das der Westen angeblich längst hinter sich hat. Als türkische Frau kann und soll ich mich aber mit Existenziellem beschäftigen. Wir denken schließlich auch nicht jeden Morgen beim Aufwachen daran, wie sehr wir doch unterdrückt sind! Sind Sie eine Ausnahmeerscheinung in der Türkei?
Es gibt mehrere solcher Ausnahmeerscheinungen. Obwohl meine Familie eine Mittelschichtfamilie ist, besuchte ich die Amerikanische Schule: die Chance meines Lebens! Ich lernte Sprachen, ich las Kafka, Beckett, Welten eröffneten sich.
Wie werden Sie als Schriftstellerin in der Türkei wahrgenommen? Ich gelte als Linke und werde sowohl von der kemalistischen als auch von der islamfreundlichen Presse angefeindet, habe auch meine Tätigkeit als Kolumnistin einstellen müssen. Deswegen haben auch kaum Mitglieder türkischer Organisationen meine Lesungen in Wien besucht. Wie haben türkische Feministinnen ihre Literatur aufgenommen? Ich war nie Mitglied einer feministischen Organisation, habe aber vor allem als Kolumnistin sehr viel über Frauenthemen geschrieben. Über Vergewaltigung von kurdischen Frauen
leben mit kindern durch Mitglieder paramilitärischer Organisationen zum Beispiel. Das ist ein absolutes Tabu, darüber zu berichten, ist sehr riskant. Als ich dann selbst Probleme hatte, haben mich feministische Organisationen unterstützt.
In der Gegenwartsliteratur finde ich nur noch selten Wesentliches, Bedeutungsvolles. Die postmoderne Literatur spielt. Für mich ist Schreiben Ernst. So ernst, wie es ein Spiel nur sein kann.
Sie haben auch über Rassismus in der Türkei geschrieben. Ein anderes Tabu. Schwarze galten als animalische, sexgesteuerte, AIDS verbreitende Barbaren. Ein ähnlicher Rassismus, wie er im Norden gegenüber Türken herrschte. Aber selbst die türkische Linke griff mich in den Achtzigern wegen meiner Stellungnahme gegen Rassismus an.
In „Der wundersame Mandarin“ erlebt eine junge Frau auf einer Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft eine Loslösung von ihrem Körper. Sie beschreiben diesen Moment als Heiligung, als Reinigung. Ich ging über die Brücke und ließ meinen Körper hinter mir. Ein mystischer Augenblick, eine meiner Lieblingspassagen.
„In der Türkei werde ich dafür kritisiert, dass meine Literatur zu wenig in der türkischen Literatur verwurzelt ist. Der Westen hingegen erwartet Kopftuchgeschichten.“ In Ihren Romanen streunen Frauen durch Städte, in einem Zustand schrecklicher, nahezu illuminierter Einsamkeit. Nicht nur im Leben, auch in der Literatur ist diese Daseinsform eher Männern vorbehalten. Mir wird oft gesagt, mein Schreiben sei maskulin. In meinem letzten Buch sind die Erzähler abwechselnd Frauen und Männer. Es ist nicht so einfach, zu wissen, wer der Mann und wer die Frau in uns ist. In Ihren Romanen sind Menschen auf einer magisch-mystischen Reise in wechselnden Kulissen unterwegs – Genf, Rio. Der innere und der äußere Wahnsinn spiegeln einander. Im Rio-Buch „Die Stadt mit der roten Pelerine“ sucht Özgür sich, indem sie sich im Wahnsinn dieser Stadt verliert. Ich bin nicht religiös. Das Rio-Buch ist ein mythologisches Buch, alles ist in Verwandlung begriffen, alles mischt sich, löst sich auf. Gerechtigkeit, Liebe, Tod, Erlösung: Ich versuche, mit den alten Begriffen zu arbeiten. Als ich das Rio-Buch schrieb, war ich sterbenskrank. Als es fertig war, spürte ich eine Verwandlung. Der Tumor war verschwunden, ich war geheilt.
„Der wundersame Mandarin“ ist ein düsteres Buch. In „Die Stadt mit der roten Pelerine“ sind die Bilder schrill und bunt vor einem rabenschwarzen Hintergrund. Ist die Hoffnungslosigkeit in der Kunst nicht ein Privileg der Jugend, die mit dem Tod flirtet? Für einen jungen Menschen mag der Tod sexy sein. Die Frau, die das RioBuch schrieb, war 30 und sehr krank. Ich verdanke der Krankheit dieses Buch. Die Konfrontation mit dem Tod ist sehr reell. Wenn ich einmal dem Tod nahe sein werde, werde ich diese Reise noch einmal machen, eine Reise zurück, und ein ähnliches Buch schreiben. Dessen bin ich mir jetzt schon bewusst. Die meisten DichterInnen überleben diese Art der Dichtung nicht. Sie sterben jung, werden verrückt oder flüchten in ein „normales“ Leben. Ich würde gern bis zum „point of no return“ gehen. Özgün im Rio-Buch hat das getan. Ich habe Tragödien, Krankheiten und Gewalt erlebt, aber ich habe überlebt. l
heim spiel
Sonja Eismann
Nie zu früh für queer „Leonie! Lass den Bub auch einmal auf die Rutsche! Der kleine Bub möchte gerne rutschen!“ Ein Traum in rosa Rüschen drängelt sich an meiner Tochter vorbei. Grrr. Weil Hannah die meisten Kleidungsstücke von ihren älteren Neffen geerbt hat, trägt sie häufig blau, khaki, grau und grün – also all das, was in den streng geschlechtersegregierten Kinderabteilungen der Bekleidungsketten als Jungsfarben verkauft wird. Zusätzlich zu ihrem Baggy-Pant-Style führt ihr recht rabaukiges und butches Verhalten dazu, dass sie oft für einen Buben gehalten wird. Wenn der „Fehler“ dann von mir ab und an „korrigiert“ wird, reagieren fast alle Falsch-AdressiererInnen unangenehm berührt und schieben Beschwichtigungen wie „Ach, sie hat so zarte Züge, da sieht man ja eigentlich genau, dass sie ein Mädchen ist!“ nach. Nachdem mich das früher amüsiert hat, ärgert es mich mittlerweile. Und zwar nicht, weil ich beleidigt wäre, dass meiner eineinhalb Jahre alten Tochter ihre „Feminität“ abgesprochen wird, sondern weil andere Menschen meinen, nur aufgrund von Kleidung und Haarschnitt Aussagen über ihr Geschlecht treffen zu können. Warum ist es den Leuten so wichtig, auch kleine Menschen bereits in eine eindeutige Geschlechtermatrix einzupassen? Andererseits muss ich mich auch selbst immer wieder überprüfen: Wenn ich Hannah Bilder in einem Buch zeige, sage ich dann: „Schau mal hier, das Mädchen“, oder einfach „ein Kind“? Will ich sie bedacht vor Stereotypisierungen bewahren oder bringe ich sie übereifrig dazu, später als „Freak“ aus den meist sehr auf Binarität bedachten Kinderzirkeln ausgeschlossen zu werden? In ein paar Jahren ist das vermutlich aber alles sowieso hinfällig. Denn wenn kein Wunder passiert, wird dann auch Hannah dem von globalen Marketing-Strategien angeheizten Rosa-Wahn anheim fallen – und nur noch Prinzessin sein wollen. Vielleicht sollte ich die Zeit bis dahin getrost zur frühkindlichen Genderqueer-Erziehung nutzen.
Michèle Thoma ist Schriftstellerin.
Sonja Eismann lebt mit ihrem Partner Pascal und ihrer Tochter Hannah (eineinhalb) in Wien und wundert sich ehrfürchtig, wie Hannahs Tagesmutter fünf kleine Kinder auf einmal bändigt, wo doch Hannah allein schon beiden Eltern alle Hände voll zu tun gibt.
April 2011 an.schläge l 29
rechtsextremismus
Das rechtsextreme Geschlecht
Europaweit lässt sich, auch bei Wahlen, ein kontinuierlicher Trend zu rechtem bis rechtsextremen Gedankengut verzeichnen. Wie sieht der aktuelle Forschungsstand zu rechtsextremen Ideologien aus? Und zu welchen Ergebnissen kommen geschlechtssensible Analysen der Rechtsextremismusforschung? Ein Überblick von Judith Götz
1 Amesberger, Helga / Halbmayr, Brigitte (Hginnen): Rechtsextreme Parteien – eine mögliche Heimat fürFrauen? 2002 Rösslhumer, Maria: Die FPÖ und die Frauen, 1999
30 l an.schläge April 2011
Zu Auseinandersetzungen mit Frauen in der organisierten (extremen) Rechten bzw. als Trägerinnen rechter Gesinnungen kam es im deutschsprachigen Raum vor allem in den 1990ern. So erschienen zu diesem Zeitpunkt einige Sammelbände, die Frauen nicht mehr als „Opfer“ oder das „friedfertige Geschlecht“ wahrnahmen, sondern als aktive Anhängerinnen rechten bis rechtsextremen Gedankenguts erkannten, theoretische Erklärungsmuster erarbeiteten, strukturelle Untersuchungen vornahmen und einzelne rechte Frauenorganisationen oder bestimmte Protagonistinnen erforschten. Die Erkenntnisse, die die Forschungen dieser Zeit mit sich brachten, drehten sich insbesondere darum, dass Frauen in rechten Führungspositionen nach wie vor in geringer Anzahl anzutreffen waren, jedoch rund ein Drittel der Wählerinnen rechter Parteien ausmachten und hinsichtlich ihrer Einstellung ihren männlichen Kameraden um nichts nachstanden. Es zeigte sich zudem, dass „Frauenthemen“ weniger ausschlaggebend für das Engagement von Frauen in rechten Gruppierungen waren als Nationalismus oder Rassismus. Auch das oftmals als homogen wahrgenomme
rechtsextreme Frauenbild vom „Heimchen am Herd“ ließ sich nicht halten. Vielmehr wurde deutlich, dass gerade die vielfältigen Weiblichkeitsentwürfe eine bestimmte Attraktivität für Frauen ausüben. In all diesen Publikationen wurde jedoch kaum bis gar kein Bezug auf die Situation in Österreich genommen, obwohl auch hier in den 1990ern einige Diplomarbeiten zum Thema entstanden und journalistische Sensationsberichte beispielsweise zu den Frauen der VAPO (Volkstreue außerparlamentarische Opposition, Gruppe rund um Gottfried Küssel) publiziert wurden. Umfassendere Forschungsarbeiten abseits der mittlerweile veralteten Publikationen zu Frauen in der FPÖ1 blieben aus, und sowohl in Deutschland als auch hierzulande kehrte wieder Ruhe um das Thema ein. Geschlechtsblindheit. Erst in der jüngsten Vergangenheit wurden einige feministische Vorannahmen relativiert und die Perspektiven erweitert. Der 2005 vom „Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus“ herausgegebene Sammelband „Braune Schwestern? Feministische Analysen zu Frauen in
der extremen Rechten“ stellt eine der wenigen neueren Veröffentlichungen dar. Hier fanden aktuelle Ansätze Eingang in die Analysen, so wurde beispielsweise diskutiert, dass sich nicht nur differenzfeministische Ideen in rechtem Gedankengut wiederfinden lassen, sondern durchwegs auch gleichheitsfeministische. Das überregional und interdisziplinär ausgerichtete „Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus“ selbst entstand 2000 in Rockstock am Rande einer Fachtagung und richtet seitdem seinen Blick, wie seine Vertreterinnen selbst betonen, auf die immer noch „häufig fehlende Aufmerksamkeit für geschlechtsspezifische Aspekte des Forschungsgegenstands“. So ist es eines der Hauptanliegen des Forschungsnetzwerks, dieser Geschlechtsblindheit „einen differenzierteren und geschlechter-reflektierenden Blick entgegenzusetzen, der für eine angemessene Analyse und für die Entwicklung situations- und zielgruppenorientierter Handlungsansätze unabdingbar ist“. Dieser Zugang spiegelt sich u.a. in zahlreichen Publikationen, Tagungen, Fortbildungen, Workshops, Vortragsund Diskussionsveranstaltungen der
rechtsextremismus einzelnen Mitarbeiterinnen, zu denen beispielsweise Renate Bitzan2 zählt, wider. Von der Frauen- zur Geschlechterforschung … Anlässlich des zehnjährigen Bestehens des „Forschungsnetzwerks Frauen und Rechtsextremismus“ fand im September 2010 unter dem Titel „Zwischen ‚Action‘ und ‚Arterhaltung‘ – Feministische Analysen zur Bedeutung von Geschlecht in der extremen Rechten“ in Frankfurt am Main eine Werkstatt-Tagung statt, die die Möglichkeit bot, „Bilanz zu ziehen und neue Perspektiven zu diskutieren“. Sowohl in der Arbeit des Forschungsnetzwerks als
andererseits durchgängig einen gemeinsamen übergeordneten Bezugspunkt haben: das rassistische Ideal einer homogenen ‚Volksgemeinschaft‘“, heißt es vonseiten der Organisatorinnen resümierend. Dass diese sich auch oftmals mit Auffassungen der Mehrheitsbevölkerung überschneiden, sparen sie dabei nicht aus, und so wurden bei der Tagung auch pädagogische Handlungsstrategien gegen Rechtsextremismus, die eine gendersensible Perspektive integrieren, diskutiert – ein wichtiger Transfer zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, der sich etwa in Medien, Institutionen und der Präventionsarbeit niederschlägt.
Auch das oftmals als homogen wahrgenommene rechtsextreme Frauenbild vom „Heimchen am Herd“ ließ sich nicht halten. Vielmehr wurde deutlich, dass gerade die vielfältigen Weiblichkeitsentwürfe eine bestimmte Attraktivität für Frauen ausüben. auch bei der Tagung selbst wurde der Blick auf die „Frauen“ hinsichtlich ihrer geschlechtlichen Konstruktion erweitert und mit Ansätzen der Geschlechter- wie auch der Männlichkeitsforschung verknüpft. Erörtert wurde, wie Männlichkeit und Weiblichkeit verhandelt werden und wie sich Frauenbilder und „weibliche“ Aktionsformen in der extremen Rechten entwickelt und verändert haben. Dabei wurde beispielsweise ein Re-Traditionalisierungstrend konstatiert und Anti-Gendermainstreaming als Brücke zwischen extremer Rechte und Konservativismus der Mitte erkannt. Gleichzeitig stabilisiert, wie Renate Bitzan in ihrem Vortrag bei der Tagung betonte, die weibliche Präsenz die rechte Szene, weil Frauen nicht nur nach außen das Image verbessern und die Möglichkeit rechter Familiengründungen bieten, sondern auch leichter Eingang in zivilgesellschaftliche Bereiche wie Elternbeiräte, Vereine etc. haben. „Expertinnen und Experten aus Wissenschaft sowie politischer Bildung und Pädagogik zeigten auf, dass die Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit in der Extremen Rechten einerseits viele Facetten aufweisen,
… zur Männlichkeitsforschung. Eine ähnliche Perspektive wird auch in der kürzlich erschienenen Publikation „Was ein rechter Mann ist …“3 verfolgt, die sich mit dem lange vernachlässigten Thema „Männlichkeiten im Rechtsextremismus“ auseinandersetzt. Auf die Frage, warum Männlichkeit in der Rechtsextremismus-Forschung so lange Zeit unbeachtet geblieben war, meinen die HerausgeberInnen Robert Claus, Esther Lehnert und Yves Müller: „Männlichkeit ist gesetzt und wird nicht hinterfragt oder problematisiert. Nach Männlichkeit zu fragen, bedeutet, sich mit den Geschlechterverhältnissen auseinanderzusetzen, und nicht zuletzt auch mit den eigenen Vorstellungen. Da sowohl die heutigen Sozialwissenschaften als auch die Beratungspraxis der Organisationen, die im Bereich von Rechtsextremismusprävention unterwegs sind, immer noch männlich geprägt sind, wundert es nicht, dass das Thema Männlichkeit nur am Rande oder überhaupt nicht betrachtet wird. Hierzu passt, dass Frauenforschung in Deutschland indessen eine Tradition hat, kritische Männlichkeitsforschung hingegen noch eine sehr junge Disziplin darstellt.“
Auch in diesem Sammelband wird deutlich, dass Männlichkeitskonstruktionen keinesfalls homogen sind, sondern sich hier ebenfalls sehr unterschiedliche Lebensentwürfe finden lassen. Von Neonazis, autonomen Nationalisten über Burschenschafter, Fußballfans bis hin zu Väterrechtlern und anderen Maskulinisten werden verschiedene Männlichkeitsverhandlungen unter die Lupe genommen. Gemeinsam ist ihnen, wie die AutorInnen betonen, „dass sich hegemoniale Männlichkeit im Rechtsextremismus an folgenden Attributen orientiert: heterosexuell, soldatisch, kämpferisch, Familienernährer, stark, in der Lage, Schwäche selbst zu überwinden.“ Bedroht werden diese Männlichkeitsentwürfe in ihrer Selbstwahrnehmung vor allem durch Demokratie, Feminismus, „Überfremdung“ und einer Vielfältigkeit von Geschlechtlichkeit. Männer haben unterschiedliche Resouveränisierungsstrategien auf die immer wieder konstatierten „Krise der Männlichkeit“ entwickelt, lautet eine populäre These. Die AutorInnen stehen dieser Annahme jedoch kritisch gegenüber und betonen, dass fraglich bleibt, ob Männlichkeit wirklich „in die Krise gebracht wurde“ oder „ob eine gewisse Krisentendenz nicht zum Grundrepertoire geschlechtlicher Identitätskonstruktionen gehört und von daher immer da war. Das, was Rechtsextreme als Krise beschwören, könnte auch als Beweis dafür dienen, dass Männlichkeit eine historisch und sozial hergestellte und somit sozialen Veränderungen unterliegende Kategorie ist. Rechtsextreme jeglicher Couleur können auf moderne Phänomene und Veränderungen anscheinend nur mit Krisendiskursen antworten.“ l Judith Götz ist Literatur- und Politikwissenschaftlerin und derzeit AkademikerInnentrainee im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW). 2 Renate Bitzan ist Autorin von „Zwischen Antisexismus und völkischem Denken“ und Herausgeberin von „Rechte Frauen. Skingirls, Walküren und feine Damen“ 3 Robert Claus, Esther Lehnert, Yves Müller (Hg.): „Was ein rechter Mann ist ...“ Männlichkeiten im Rechtsextremismus. Dietz Verlag 2010
April 2011 an.schläge l 31
an.riss kultur Studio und ein Bühnenauftritt vor öffentlichem Publikum an. Im Sommer 2010 fand das Girls Rock Camp erstmals in Graz statt. Die Anmeldungen für heuer laufen ab Anfang April über die Website. Let’s rock! bicou Girls Rock Camp NÖ 2011 ... oder warum es Spaß macht, in einer Band zu spielen., 15.–20.8., Jugend- und Kulturhaus Triebwerk, Wiener Neustadt, Infoabende im April und Mai 2011, www.girlsrock.at, info@girlsrock.at
ausstellung Grenzen testen
Joanna Rubin Drange: „Miss Remarkable And Her Career“
kino Zungen, Orangen und Hunde Tricky Women, das internationale Frauen-Trick- und -Animationsfilmfestival, hat dieses Jahr sein zehnjähriges Jubiläum gefeiert. Aus 41 tollen Wettbewerbsbeiträgen hat die Jury acht Preisträgerinnen gewählt. Den Hauptpreis räumte Ellie Vuorinen mit ihrem Film „The Tongueling“ ab. Darin begeben sich Menschen auf die skurrile, aber beherzte Suche nach dem passenden Gegenstück für ihre Zungen. Michaela Müller überzeugte in „Miramare“ mit ihrer grandiosen malerischen Technik und darf den Trailer für das Festival 2012 konzipieren. Anita Killi freute sich über ihren Preis für „Angry Man“. Die märchenhafte Bildsprache der Geschichte, die von einem gewalttätigen Vater handelt, hat eine intensive Wirkung auf die Zuseher_innen. Den Publikumspreis heimste Joanna Rubin Drange mit „Miss Remarkable And Her Career“ ein. Humorvoll kämpft Miss Remarkable mit ihren dunklen Seiten und dem gesellschaftlichen Erfolgsdruck. Adele Raczkövi gewann den Preis für einen österreichischen Animationsfilm. In ihrem Werk „Looking for Love“ erweckt eine Orange sehnsüchtige Liebe in einem Hund. Spezielle Erwähnung der Jury fanden Marina Moshkova, Urte Zintler und Sanni Lahtinen. Lahtinens Film „Who Dares“ regt dazu an, Autoritätspersonen einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Ein weiterer Leckerbissen im Programm, der allerdings leer ausgegangen ist, war „Flawed“ von der kanadischen Künstlerin Andrea Dorfman. „Flawed“ erzählt auf einfühlsame und mitreißende Weise von körperlicher Selbstwahrnehmung und der Unsinnigkeit auferlegter Schönheitsideale. bicou/ sane www.trickywomen.at
musikcamp Be the guitarist „Don’t fall in love with the guitarist, be the guitarist!“ Ganz in Riot GrrrlTradition werden Mädchen und junge Frauen beim Girls Rock Camp NÖ im August 2011 in Wiener Neustadt für eine Woche beim Musikmachen gefördert. Expertinnen aus den vielfältigsten Musikbereichen leiten Workshops und unterstützen beim Band gründen, Songs schreiben, Poetry slammen, Platten auflegen sowie beim Erlernen der Grundlagen von Tontechnik und Soundproduktion. Am Ende des Camps stehen eine CD-Produktion im 32 l an.schläge April 2011
Wer schon immer wissen wollte, wie sich der eigene Kopf in der Toilette anfühlt, kann dies seit Ende März im Rahmen der Ausstellung „head in the closet“ der österreichischen Künstlerin Sofia Goscinski im kunstraum Bernsteiner in Wien testen. Das Experimentieren mit Erfahrungswirklichkeiten und mentalen Grenzsituationen steht im Vordergrund der gezeigten Arbeiten: Während die Text- und Bildinstallation „XXX“ mittels 375 gleich großen und beschrifteten Spiegeln die Begriffswelt der Pornografie und ihre Wirkungsweise reflektiert, lädt die titelgebende Rauminstallation aus zwei Toilettenschüsseln die Besucher_innen dazu ein, den eigenen Kopf in eine Muschel zu stecken, die verkehrt an der Wand hängt, während man auf der zweiten sitzt. Um die Grenze zwischen Vertrautem und Verwandeltem geht es auch im letzten Teil der Ausstellung, der dreiteiligen Videoarbeit „I love you“. Goscinskis Gesicht wird auf drei Bildschirme projiziert, während sie in einer Endlosschleife „I love you“ rezitiert. Eine Aussage, deren Sinn sich zunehmend dekonstruiert, bis nur noch Leere zurückbleibt. Definitiv eine Ausstellung der Grenzempfindungen. sane bis 8. 5., Sofia Goscinski: head in the closet, kunstraum Bernsteiner, 1020 Wien, Schiffamtsgasse 11, telefonische Terminvereinbarung unter 0664 30 77 097, www.friendsart.at
netzkultur GenderCamp 2011 Zur besseren Vernetzung der queer-feministischen Internetszene wird auch in diesem Jahr das „GenderCamp“ im ländlichen Hüll bei Hamburg stattfinden. Die Teilnehmer_innen gestalten das Programm aktiv vor Ort, als sogenanntes Bar-Camp. Dabei ist alles erlaubt, von Diskussionsrunden, Workshops, Vorträgen, Filmen bis hin zur Planung gemeinsamer Projekte. Neben dem Vernetzungscharakter des Camps wollen die Veranstalter_innen auch darauf aufmerksam machen, dass selbst im „anonymen“ Web 2.0 nicht in „Post-Gender-Zeiten“ gelebt wird. Sexistische, trans- oder homophobe Angriffe, „Androzentrismus, Privilege Denying Dudes und shitstürmende Trollhorden“ lassen sich überall finden. Im letzten Jahr wurde u.a. über „Geschlechterkonstruktionen in Computerspielen“, „Hausrecht im Web“, „Alternativen zur Kleinfamilie“ und „Netzpolitik und social justice“ diskutiert. leka GenderCamp 2011, 13.–15.5., ABC Bildungs- und Tagungszentrum, 21706 Drochtersen-Hüll, Bauernreihe 1, www.gendercamp.de
preisverleihung I Wer bekommt den Goldstaub? Zum ersten Mal prämierte die Autorinnenvereinigung e.V. deutschsprachige Lyrik und Prosa. Aus über 200 Einreichungen zum Thema „Am Rande des Abgrunds ist die Aussicht schöner“ konnten Iris Keller (Lyrik) für ihr
Gedicht „Kaffee für Grünlilie“ und Claire Walka (Prosa) für ihren Text „Einfach gut drauf“ die meisten Stimmen für sich gewinnen und somit den „Goldstaub“-Wettbewerb für sich entscheiden. Die Autorinnenvereinigung versteht sich als aktives Frauennetzwerk mit den Motti „Selbstbewusstsein für ein freies künstlerisches Leben“ und „Präsenz von Autorinnen in der literarischen Welt“. Sie fungieren als Initiatorinnen für die Vergabe des Deutschen Schriftstellerinnenpreises, organisieren regionale Autorinnentreffen, Diskussionen und Lesungen, bieten berufliche Beratung, vergeben Stipendien und organisieren Projekte mit Institutionen, die sich für die Interessen von Autorinnen einsetzen. svh
lebenslauf auch feministinnen altern
www.autorinnenvereinigung.eu, Texte zum Nachlesen unter: www.ameliaavblog.wordpress.com
preisverleihung II Lollipop Monster Julia Brandes wurde beim 15. Femina Filmpreis für das Kostümbild in Ziska Riemanns Spielfilm „Lollipop Monster“ auf der Berlinale ausgezeichnet. Brandes ist gelernte Schneiderin und studierte Modedesign und Kostümbild an der Internationalen Filmschule Köln. „Lollipop Monster“ erzählt in schrillen Bildern vom Erwachsenwerden der beiden unterschiedlichen Freundinnen Oona und Ari. Der mit 2.000 Euro dotierte Preis wird vom Femina Filmpreis e.V. an Mitarbeiterinnen von deutschsprachigen Spielfilmproduktionen verliehen und finanziert sich durch Spenden. Die Frauen im Verband der Filmarbeiterinnen möchten mit der Auszeichnung die Präsenz und hervorragende Leistung von Frauen in künstlerischen und technischen Filmberufen in den Bereichen Kamera, Kostüm, Montage, Musik oder Szenenbild hervorheben. fis www.feminafilmpreis.de
Dies & Das Zum achten Mal wird heuer der Lisa Meitner Literaturpreis ausgeschrieben. Die nach der österreichischen Physikerin benannte Auszeichnung prämiert mit einem Preisgeld in Höhe von 2.200 Euro Prosatexte rund um die Themen Naturwissenschaft, Technik und Geschlecht. Die Initiatorinnen – das Frauenreferat der HochschülerInnenschaft an der TU Wien und die Kunstvereinigung Akunst – wenden sich mit ihrer Ausschreibung an Autorinnen mit unveröffentlichten, höchstens 30seitigen deutschsprachigen Texten. Dabei können drei Werke pro Person eingereicht werden. Einsendeschluss ist der 26. August 2011. Einsendungen an: Frauenreferat der HTU, Kennwort Lise Meitner Literaturpreis, 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 8-10. Ausführliche Infos: www.lisemeitnerpreis.at Künstlerisch, punky, grenzenlos, anarchisch, Dokumentationen, trashy, feministisch, AIDS/HIV, homo-sozialistisch, people of colour, polyamourös, faul, tranny-dykey, schwul, alt, provokativ … Für das queer D.I.Y. Filmfestival „entzaubert“ werden Filme innerhalb, außerhalb und jenseits dieser Kategorien gesucht. Gezeigt werden sie dann vom 7.–10. Juli auf dem queeren Wagenplatz Schwarzer Kanal in Berlin. Dieses seit 2007 jährlich stattfindende nicht-kommerzielle Filmfestival bietet queeren Künstler_innen und Filmschaffenden eine Plattform für ihre Filme und Dokumentationen, die nicht auf Mainstream-Festivals gezeigt werden. Gesucht werden außerdem Workshopleiter_innen, die Lust haben, ihre Fähigkeiten in den Bereichen Filmen, Schneiden, Regie, Untertitel, Schreiben, Kostüme, Make-up, Schauspiel, Licht/Ton/Kamera usw. an andere weiterzugeben. Einreichfrist für die Filme ist der 30. April 2011. Nähere Infos unter entzaubert.blogsport.de
Miriam in meiner Bank Zu der Zeit, als ich mein erstes Girokonto eröffnete, war die Wahl des Geldinstitutes ein politisches Statement. In den mittlerweile vergangenen vier Jahrzehnten wurde „meine“ Bank mehrmals umbenannt, hat Mitbewerber aufgekauft, wurde – auch mehrmals – fusioniert und schließlich globalisiert. Mein langgedienter Kundenbetreuer fand sich in einem Kleinraumbüro mit anderen langgedienten KollegInnen wieder, wo nun mehrere hundert Jahre Bankerfahrung versammelt und mit Kleinkundengeschäften befasst sind. Am Schalter hingegen treffe ich auf einen Herrn, den ich auch vor einer Beratungspraxis für Schwangere angetroffen habe, als Sandwich verkleidet mit den bekannten Informationen, gestaltet von „Miriam – Verein fürs Leben“. Ich bin auf die andere Straßenseite ausgewichen und habe mich geistesabwesend gestellt, um ihm nicht grüßend zunicken zu müssen, in einer Kleinstadt kennen wir einander. Überwältigendes Fremdschämen ist steigerbar: Denselben Herrn sichtete ich in der Fußgängerzone als Teil einer Gruppe von MiriamJüngern singend und betend und auf dem Boden kniend, umgeben von den erwähnten Antiwerbetafeln. Diesmal war meine Reaktion: Augen zu und vorbei, dabei war ich hochkonzentriert, um die schlagartig aufgetretene starke Übelkeit zu bewältigen. Gibt’s denn in diesem Arbeitsleben überhaupt keine Unvereinbarkeiten mehr? Beschränken sich Unvereinbarkeiten ausschließlich auf Dresscodes, Piercings und Tattoos? Und wie viele der Schalterangestellten sind noch anzugsgetarnte Extremisten, und ich weiß es nur nicht? Das Geldinstitut zu wechseln ist auch keine Lösung, denn wer garantiert mir extremistenfreie Geldhallen, und wo nähme man mich als Kundin, die nicht nur von der Krise gründlich gebeutelt wurde, sondern auch, nicht zuletzt deshalb, alt ausschaut? Anscheinend kann ich besser mit Bankern umgehen, die meine Rentengelder zur Gänze verzockten als mit christlichen Fundamentalisten. Klar ist, dass mir für den Umgang mit den jeweiligen Vertretern derzeit nur Verdrängung hilft. Christine Hartmann, Jg. ’53, lebt und arbeitet hauptsächlich in Bregenz und wundert sich je länger umso mehr. www.prozesswissen.at
April 2011 an.schläge l 33
jessica, 30
Zumindest keine Mutterproblematik Walnuss-Eis, weibliches Kulturprekariat und Männermacht. Alex. Riener inszeniert Marlene Streeruwitz’ Roman „Jessica, 30.“ im Wiener Theater Drachengasse. Lea Susemichel traf Regisseurin und Autorin zum gemeinsamen Gespräch.
ganzes Ensemble, das Jessica in unterschiedlichen Formen verkörpern wird. Insgesamt stehen 14 Frauen auf der Bühne – es gibt das elfköpfige Ensemble, zwei Besetzungen für Jessica und eine für Veronika.
Wer ist Veronika? Die Figur kommt im Roman nicht vor. Marlene Streeruwitz: Die Mutter. Es war mir sehr wichtig, dass man einmal eine positive Mutter-Tochter-Beziehung in die Literatur einspeist.
Anna Morawetz, Karola Niederhuber, Stefanie Philipps. Foto: Valerie Schandl
an.schläge: Alex. Riener, wie inszeniert man einen Roman, der nur aus Introspektion und innerem Monolog besteht? Alex. Riener: Ich bin nicht alleine vom Roman ausgegangen, es gibt ja bereits eine dramatisierte Fassung. Eine reduzierte, auf wesentliche Motive beschränkte Bühnenversion, in der es aber eine zusätzliche Figur gibt. Allerdings bleibt es bei Monologen. Mein Zugang war, dass ich diese „Jessica, 30“ einerseits als konkrete Person, das heißt als Individuum gelesen habe. Andererseits wird dadurch, dass ihr Alter im Titel angegeben wird, auch auf eine Generation verwiesen, und die Figur trägt ganz viele Facetten dieser Generation in sich. Und diese unterschiedlichen Facetten werde ich dadurch zeigen, dass es nicht nur eine Darstellerin gibt, sondern ein 34 l an.schläge April 2011
Wie sieht die aus? Streeruwitz: Freundlich. Good enough. Die Töchter werden ja generell über die Mütter ausgeschaltet, weil sie sich solange mit dieser Mutter-TochterProblematik beschäftigen müssen. Das ist gesellschaftlich vorgeschrieben und kommt nicht aus einer Innenschau dieser Beziehung. Und diese Beschäftigung kostet die Frauen sehr viel Kraft und Zeit. Das wird im Stück aufgelöst, indem es eine kleine Fürsorglichkeit und Freundlichkeit füreinander gibt. Als Tochter würde ich sagen, dass sich das durchaus auch aus der Innenperspektive der Beziehung ergibt … Streeruwitz: Das ist Ihre persönliche Erfahrung als Tochter. Sie müssen mir als Autorin schon zugestehen, dass ich das anders sehe. Sie behaupten also, Mutter-TöchterKonflikte würden als gesellschaftliches Problem konstruiert und pathologisiert, das jungen Frauen Ressourcen raubt und sie von Wichtigerem abhält? Streeruwitz: Ja. Davon, zu sich selbst zu kommen. Es ist eine – etwa durch diverse Fernsehserien – hysterisierte
Beziehung, die Töchter zu einer Auseinandersetzungzwingt, die reine Zeitverschwendung ist. Junge Frauen werden so buchstäblich im Haus gehalten. Sie können nicht richtig loslegen, was dann zu tausend Behinderungen führt. Die Dissertation wird dann doch nicht so schnell fertig etc. Es schränkt ihre Bewegungsfreiheit ein. Auf die Beziehung von Müttern und Töchtern wird grundsätzlich nie positiv Bezug genommen. Im „Falter“, dieser Maturazeitung für kleine Buben, stand in einer Restaurantkritik, dass man in ein bestimmtes Lokal nicht mehr gehen könne, weil da die Mütter mit ihren Töchtern die Bude vollquatschen. Dürfen wir jetzt nicht einmal mehr öffentlich gemeinsam auftreten?
Warum haben Sie sich für das Stück „Jessica, 30“ entschieden, Alex. Riener? Weil es feministisch ist? Oder weil es exemplarisch prekäre, metropolitane Lebens- und Arbeitsverhältnisse im Neoliberalismus zeigt? Riener: Für mich ist zunächst einmal der Rhythmus der Sprache zentral. Wenn ich mit dem Sprachduktus nichts anfangen kann, interessiert mich das Stück nicht, wie spannend es inhaltlich auch sein mag. Bei der Inszenierung in Graz 2005 wurde der Part der Veronika in einzelne Sequenzen geteilt. Ich lasse ihn als Gesamttext, weil ich denke, dass der Sprachfluss, der Rhythmus der Sprache nicht unterbrochen werden sollte. Auf der inhaltlichen Ebene hat mich in erster Linie tatsächlich die prekäre Lebenssituation von Jessica interessiert, weil das ja auch etwas sehr Theaterimmanentes ist, wenn man sich beispielsweise die unbezahlten Hospitanzen im Theaterbetrieb ansieht.
jessica, 30 Grundsätzlich gibt es bei mir immer einen ganz persönlichen, spezifischen Zugang. Aber ich denke, dass man nur etwas machen sollte, was auch mit einem selbst zu tun hat.
Sind Sie irgendwie in die Inszenierung eingebunden, Frau Streeruwitz? Streeruwitz: Nein. Zumindest diese Mutterproblematik haben wir nicht. Das ist auch langweilig für beide Seiten. Riener: Man muss sich von seinem Baby lösen können. Ich muss nach der Premiere auch loslassen und meinen Schauspielern vertrauen. Streeruwitz: Mir ist schon wichtig, dass der Text ernst genommen wird. Das Vergnügen bei diesem Stück besteht ja darin, dem Text zu folgen. Aber darauf vertraue ich und das reicht mir. Früher haben Sie mehr Theaterstücke als Romane geschrieben. Warum hat sich das geändert? Streeruwitz: Erstens ist Prosa die
land anders als in Österreich. In Wien gibt es die vollkommene Außerkraftsetzung. Das ist an der Bundesheer-Diskussion ganz wunderbar zu sehen, da gibt es überhaupt kein Männlichkeitskonstrukt, das gerettet werden muss, es steht alles zur Disposition. Männer haben keine Pflichten mehr, die sich aus ihrer Männlichkeit ergeben, während den Frauen immer noch gesagt wird, wie sie zum Beispiel ihre Kinder erziehen sollen. Männlichkeiten bröseln zunehmend weg. Männer folgen nur noch Konventionen, je nachdem welcher Elite sie angehören oder nicht angehören. Das ist etwas sehr Hohles und Gespenstisches. Ich hätte fast Lust, über solche Figuren ein Theaterstück zu schreiben. Die Auseinandersetzungen und Diskussionen widmen sich nur den Frauen, aber nicht den Männern und ihren Entwürfen bzw. Nicht-Entwürfen. Deshalb bleiben auch die „rekonstruierten“ Männer – es gibt ja auch nette Männer – komisch und seltsam unbestimmt. Sie müssen ja
„Im Theater stellt sich durch die Konstellation der Figuren sofort heraus, dass ich es ernst meine mit dem Feminismus.“ (Marlene Streeruwitz) größere Herausforderung. Zweitens sind Theaterstücke einfach expliziter feministisch. Und werden deshalb nicht genommen. Im Theater stellt sich durch die Konstellation der Figuren sofort heraus, dass ich es ernst meine mit dem Feminismus.
In einem Interview mit „Der Standard“ stellen Sie die These auf, dass die neoliberale Globalisierung auch Männer zunehmend in eine „weibliche Position“ drängt. Heißt das, dass Diskriminierung aufgrund des Geschlechts an Bedeutung verliert und stattdessen die soziale Zugehörigkeit entscheidender wird? Streeruwitz: Geschlecht ist durch die Verwirtschaftlichung außer Kraft gesetzt. Geld ist das eigentliche Geschlecht. Die Frage ist nun, wie die Hegemonien ihre Besitzstandswahrung betreiben. Das muss man sich allerdings immer für den jeweiligen Kontext ansehen, das ist beispielsweise in Deutsch-
in dieser Wiener Gesellschaft irgendwie weiter existieren. Man muss sich zum Beispiel nur anschauen, wie verschämt Männer immer noch gestehen, dass sie in Karenz sind.
Auf Ihrer Homepage sagen Sie, dass der 8. März 2011 ein Tag der Wut und der Trauer für Sie ist. Gibt es anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Frauentags wirklich überhaupt keinen Grund zu feiern? Streeruwitz: Wir haben es hier schon nicht gut, aber wir haben es nicht schrecklich. Doch global gesehen, angesichts der gesamten Gewaltsituation, in der Frauen sich befinden, gibt es keinen Grund zu hüpfen. Es ist schwierig, eine Balance zu finden, die aushaltbar ist. In der wir diese globale Gesamtsituation nicht vergessen, nicht hochmütig werden, in der wir aber trotzdem die eigene Situation vorantreiben und uns hier durchkämpfen. Ich würde lieber gegen Gewalt demonstrieren als ein Fest feiern.
Ist „Jessica, 30.“ für Sie ein feministisches Stück? Nicht unbedingt in dem Sinne, dass Jessica eine feministische Figur ist, sondern dass es der Blick auf sie ist? Riener: Der Blick auf sie ist es auf jeden Fall. Für mich ist das Stück dennoch nicht vordergründig feministisch. Aber ich sehe das durchaus positiv, das macht für mich gerade die Kraft des Textes aus. Er beschäftigt sich mit Frauen, aber in die Situation von Jessica könnte durchaus auch ein Mann geraten … Streeruwitz: Aber er würde nicht mit einem Politiker im Bett landen und diese Erfahrungen machen … Riener: Ja natürlich, was dann in weiterer Folge passiert, unterscheidet sich, da haben Männer weiterhin ganz andere Lobbys etc. Aber zentral ist für mich: Auch Frauen, die von sich behaupten, mit Feminismus nichts am Hut zu habe, können sich mit bestimmten Aspekten der Figur identifizieren. Das ist für mich ein ganz großes Plus. Denn vielleicht gibt es zumindest einen winzigen Prozentsatz im Publikum, der nach dem Theaterbesuch ein anderes Verhältnis zum Feminismus hat. l Marlene Streeruwitz ist Autorin und Regisseurin. Sie lebt in Wien, Berlin, London und New York. Alex. Riener hat in Amsterdam und Wien Theaterwissenschaft studiert. Regieassistenz (u.a. von Barrie Kosky) im Theater und an der Oper im In- und Ausland. Seit 2007 eigene Regiearbeiten.
Jessica, 30. 4.–16. April, Di–Sa, 20.00 Eine Koproduktion von dielaemmer und Theater Drachengasse http://jessicadreissig.wordpress.com Theater Drachengasse 1010 Wien, Fleischmarkt 22 www.drachengasse.at www.dielaemmer.net
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elfi mikesch
Perverse Poetin, Zauberin des Lichts Die (Wieder)Entdeckung einer Künstlerin. Von Saskya Rudigier © Elfi Mikesch
1 Die Ausstellung „Der androgyne Blick – Elfi Mikesch: Regie, Kamera, Fotografie. Hommage zum 70. Geburtstag“ war vom 24.3.–28.6. 2010 im Schwulen Museum in Berlin zu sehen. www.schwulesmuseum.de 2 Werner Schroeter im Vorwort zu „Der Traum der Dinge“, Martin Schmitz Verlag 2004 3 Laudatio von Rosa von Praunheim 4 Frauen und Film, 1980, Nr. 24, S. 16 5 „Der Traum der Dinge“, S. 58 Tipp: 14.–17.4., Hommage: Verrückt bleiben, verliebt bleiben. Das Dokumentarische Kino der Elfi Mikesch, Filmcasino, 1050 Wien, Margaretenstr. 78, www.filmcasino.at 7.4., Kinostart von „Mondo Lux“ in Deutschland
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„Hier werden zwei Perverse Poeten geehrt, zwei Außenseiter, zwei Zauberer des Lichts, die sich vom gewöhnlichen Realismus deutscher Filmkunst angenehm unterscheiden. Elfi Mikesch. Die Elfe, das passt zu ihr. Sie ist geheimnisvoll, liebenswürdig, fleißig und sie verwandelt jeden mit ihrem Blick in ein Juwel.“ So beginnt Rosa von Praunheims Laudatio im Schwulen Museum1 anlässlich des 70. Geburtstags seiner langjährigen Freundin, der Regisseurin, Kamerafrau und Fotografin Elfi Mikesch. Der zweite angesprochene „Zauberer“ konnte an diesem Abend, der vor etwas mehr als einem Jahr stattfand, krankheitsbedingt nicht anwesend sein. Regisseur Werner Schroeter starb wenige Wochen später an Krebs. Mikesch und Schroeter verband eine jahrzehntelange Zusammenarbeit, er schätzte die sensible Arbeit seiner Kamerafrau wegen „ihrer Kunst, eine verkehrte Welt, durch deren wahrhaftige Poesie sichtbar zu machen.“2 Mikesch ihrerseits lobt die intensive Atmosphäre und „höchste Konzentration für diesen ‚einen Augenblick‘, der auf das Negativ belichtet wird“. Beiden ist nicht nur gemein, den deutschen Nachkriegsfilm mit Arbeiten wie „Der Rosenkönig“ geprägt zu haben. Schroeter und Mikesch verweigerten sich darin auch normativen Bild- und Denkkonzepten und stellten (hetero-)sexuelle Konventionen infrage. Praktisch alle Persönlichkeiten der West-Berliner Subkultur sind in den Filmen der beiden versammelt.
Flatternde Haare, beißender Humor. In Mikeschs Film „Mondo Lux – Die Bilderwelten des Werner Schroeter“ ist es einmal Schroeter selbst – „der seine Weiblichkeit nie versteckte, der mit flatternden langen Haaren und beißendem Humor durch die Welt flog“3 –, der im Mittelpunkt steht. „Mondo Lux“ gewährt einen sehr persönlichen Blick in die vier Jahre voller Schaffensdrang vor seinem Tod. Es ist ein Film über das Abschiednehmen, über künstlerische und existenzielle Klarheit, über höchst vitale, konzentrierte Energie, über Lebensfragen und -menschen, und über beeindruckende Künstlerinnen wie Maria Callas, Magdalena Montezuma und Isabelle Huppert. Und es ist das Vermächtnis eines Theater- und Filmmenschen, eine Einladung, an seinen Denkprozessen und seinem besonderen, künstlerischen Entwicklungsraum teilzuhaben. „Meine Filme und auch die Fotoarbeiten verraten etwas ganz extrem: nämlich die unglaubliche Abhängigkeit von anderen Menschen, in der ich lebe. (...) Ohne den anderen ist man in der Tat ein Vakuum in sich. So empfinde ich das Leben“, sagt Schroeter an einer Stelle des Films. Der Traum der Dinge. Gleichwohl Elfi Mikesch seit Jahren eine der „bedeutendsten Figuren des neueren deutschen Films“ ist und ihre Arbeiten der 1970er und -80er-Jahre nicht mehr aus der feministischen Filmgeschichte wegzudenken sind, ist sie hierzulande fast unbekannt. Auch
das hat Diagonale-Intendantin Barbara Pichler veranlasst, die Künstlerin mit einer Werkschau zu präsentieren. „Ihre Filme sind Befragungen herkömmlicher Erzählmuster und Strategien, immer auf der Suche nach einer ästhetisch überzeugenden und differenzierten Ausdrucksweise, im Dokumentarischen besticht sie durch genaue Beobachtung und dem Respekt vor den ProtagonistInnen“, beschreibt Pichler ihr Interesse an der Filmemacherin. „Judenburg findet Stadt“, der neue Dokumentarfilm von Elfi Mikesch, hat ebenso wie „Mondo Lux“ seine Österreich-Premiere bei der diesjährigen Diagonale in Graz gefeiert. Im Film reist die Regisseurin noch einmal in ihren Heimatort Judenburg und trifft dort auf MusikerInnen und Ortsansässige. Erinnerungen und Spuren der Zeit, in Bild und Ton. „Noch Jahre, nachdem ich diese Stadt verlassen habe, träume ich von ihr. Judenburg. (…) Für mich war dieser Ort Albtraum und Verzauberung“, schreibt Mikesch in ihrer Monografie „Der Traum der Dinge“. Die Transparenz kolorierter Weintrauben. Ihr Vater, Filmvorführer im Judenburger Stadtkino, gibt ihr die Möglichkeit vor der Realität ins Kino zu flüchten. Ihre Träume als Jugendliche in der Provinz? Nach Amerika gehen und Schauspielerin werden. Eher zufällig denn aus Wunsch beginnt sie mit 15 Jahren eine Lehre als Fotografin in Knittelfeld.
„Der Fotograf, bei dem ich zuerst lernte, hatte eine große Fähigkeit und Liebe, mit Licht umzugehen. Kurz bevor er an der Provinzialiät und dem Alkohol zu Tode kam, erklärte er mir in einer seltsamen Art die Gefährlichkeit von Zyankali, die Transparenz kolorierter Weintrauben oder die Perspektive zweier Steinsäulen“, erzählt Mikesch in einer Gesprächsrunde für die feministische Zeitschrift „Frauen und Film“4, deren Cover für rund zwei Jahre ihre künstlerischen Fotocollagen zierten. Die Sehnsucht nach der weiten Welt wächst. Erste heimliche Liebe aus der Ferne zu einem Mädchen. Bald darauf lernt sie den Maler Fritz Mikesch kennen, gemeinsam gehen sie nach Frankfurt, kommen in Kontakt mit der StudentInnenbewegung. In Berlin findet sie „eine Stadt voller Bilder“,
Menschen zu erzählen, die sonst nie zu Wort kommen. Daneben nimmt die Frauenbewegung und Frauengeschichte einen bedeutsamen Stellenwert in Mikesch Leben ein. „Was soll’n wir denn machen ohne den Tod“ – eine viel beachtete Regiearbeit über die zärtliche Freundschaft zweier Frauen im Altersheim – folgt 1980. „Auch hier kein Abbildrealismus im Reportageformat, sondern filmische Poesie, eine Komposition aus Off-Ton und Bildern“, benennt Filmwissenschaftlerin Birgit Kohler das Neue an Mikeschs dokumentarischem Schaffen. 1983 erneut ein Wendepunkt. Die Filmemacherin Monika Treut wird Lebens- und Arbeitsgefährtin. Gemeinsam gründen sie die HyäneFilm-Produktion in Hamburg. Mit „Verführung, die grausame Frau“,
Den Dokumentarfilm als Genre entdeckt Mikesch, weil sie einen „Film für jedes Wohnzimmer“ machen möchte … lässt als freie Künstlerin das bürgerliche Erwerbsleben hinter sich. „Licht und Schatten, Langzeitbelichtungen und die Dunkelkammer bekommen eine neue Dimension.“5 Als filmische Vorstufe dieser Experimente gelten „Oh Muvie“ – der Titel ist zugleich Mikesch Pseudonym –, eine anarchistische Fotogeschichte mit Texten von Rosa von Praunheim, sowie „Exekution. A Study of Mary“, ursprünglich eine Studie mit Schwarzweißfotografien über Maria Stuart, die sie erst viel später zu einem Fotofilm verarbeitet. Filmische Poesie. 1971 die erste Super-8-Kamera. Ohne Budget, aber mit viel Leidenschaft und Hilfe von FreundInnen entstehen einige Kurzfilme. 1978 bekommt Elfi Mikesch mit dem Debüt „Ich denke oft an Hawaii“ auf Anhieb den Bundesfilmpreis in Silber. Es ist die Geschichte eines jungen Mädchens von der Familie nebenan. Den Dokumentarfilm als Genre entdeckt sie, weil sie einen „Film für jedes Wohnzimmer“ machen möchte, und um die Geschichten von
eine freie Adaption des Romans „Venus im Pelz“ von Sacher-Masoch, sorgen die Filmemacherinnen 1985 für rege Diskussionen rund um die souveräne Lust und Selbstbestimmung der Frau. Mikesch arbeitet einige Jahre als Kamerafrau für Treut und andere RegisseurInnen, bevor sie 1992 ihr privates Glück bei der Filmemacherin Lilly Grote findet und wieder beginnt, eigene Dokumentarfilme zu machen. 1997 realisierte Elfi Mikesch den mit zahlreichen Preisen bedachten Film „Verrückt bleiben, verliebt bleiben“. Ein berührendes Porträt über die Weltsicht des Schauspielers und Malers Torsten Ricardo Engelholz, der von seiner dunklen Kindheitshölle direkt in die Psychiatrie gesteckt wurde. „Bilder sind sehr scheu und es ist nicht einfach, welche zu finden“, meinte Elfi Mikesch einmal. Welche Bilderwelten sie für den Film aufgespürt hat, kann im Rahmen der Hommage im April im Wiener Filmcasino entdeckt werden. l
lesbennest
the fabulous life of a queer femme in action
denice
Hände weg von meiner Badewanne!! I always thought there was something wrong with me. That I didn’t love enough. Care enough. Show enough interest. Books, music, magazines, films. There’s this whole fucking industry built around it, with custom-made travel ideas, gifts, packages. I’m talking romance here … Things that make me extremly nervous: - Candlelight dinners. Just make me feel like a fake and make me wanna get drunk. - Holding hands while walking through the park. Just for the sake of „holding hands while walking through the park“. If I’m gonna do this I want to have a purpose, like walking the dog, or a goal (aka a beer afterwards). Holding hands while walking is actually not that comfortable, either. - Taking a bath together. In a tiny bathtub. I’m a big lady. I need space. And when I take a bath I want to read or do a Sudoku, not have toes in my face or scrub somebody’s back. (That is just icky!) Here we can also add „sex in the shower“. I mean, who actually likes that?? It is slippery and dangerous, you have to stand up = uncomfortable, and it’s almost impossible to have an orgasm. And there is always someone getting cold because they are too far away from the water stream. Since we are on the subject of sex: All things staged as „romantic sex“; eating stuff (cream, chocolate sauce, honey etc.) off of each other’s bodies; feeding each other (for example strawberries); rose petals on the bed; sensual massages. NonononoNO! - read, sing, play an instrument to your partner in a seductive manner. Don’t ever do that. My absolute nightmare would be to go away on a „romantic weekend“ to the country side (read „Therme“ if you are in Austria), where there is nothing else to do, where you are supposed to do all those things. You wanna woo me? Then I would suggest: pizza, couch, laughing your ass off to „Cybill for the 50th time with me“, let me smoke in the living room. And then: sex on the bed. Where it’s comfortable and clean. That, my friends, is romance. Denice’s idea of the ultimate romantic gesture: Her partner providing coffee, a greasy English breakfast and painkillers on Sunday noon.
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an.lesen
Feministische Gesundheitsfragen Wie funktioniert der weibliche Körper? Welchen medizinischen Normen wird er unterworfen? Und wie können feministische Definitionen von Gesundheit bzw. Krankheit lauten – insbesondere im Bereich der Psychotherapie? Vier neue Bücher zu feministischer Gesundheitsforschung widmen sich diesen Fragestellungen – der Fokus ist ein jeweils anderer, empfehlenswert sind alle. Eine Sammelrezension von Bettina Enzenhofer. Als Einstieg in Sachen „Lerne Deinen Körper kennen“ kann allen die Publikation von Sabine Fisch ans Herz gelegt werden. „Das große Frauengesundheitsbuch“ hält, was es verspricht: Frau kann sich in diesem Wälzer über jegliches Gesundheitsthema informieren – von Anatomie und Funktion der Haut bis hin zu Fragen der Sexualität, Ernährung und möglichen Erkrankungen. Die leicht verständliche Sprache des Buches und die oft auch persönlichen Schilderungen fallen positiv auf, außerdem sind die beschriebenen Körperteile vielfach bebildert: Sehr schön bspw. die Darstellungen von Vulva und Klitoris – wer hätte gedacht, aus wie vielen Einzelteilen die Klitoris eigentlich besteht! Auch der Teil, in dem die Autorin verschiedene Krankheiten beschreibt, ist höchst lehrreich: Ob Allergien und Unverträglichkeiten, Depressionen oder Zysten, Harnwegsinfekten und sexuell übertragbaren Krankheiten – Fisch verfolgt prinzipiell einen erfreulich ganzheitlichen, nichtpathologisierenden Blick. Auch in einem Kapitel, das „Sexualstörungen“ heißt, betont sie: „Das wichtigste Kriterium zur Diagnose einer solchen Störung ist der Leidensdruck – und wenn der fehlt, dann ist bei Ihnen auch alles in Ordnung, egal, was in den Medien kolportiert wird.“ Um einiges theoretischer, aber ebenfalls gut lesbar und informativ ist der von Gerlinde Mauerer herausgegebene Band „Frauengesundheit in Theorie und Praxis“. Darin beleuchten mehrere Frauen, die wissenschaftlich oder praktisch im Bereich der Frauengesundheit tätig sind, unterschiedliche Fragestellungen an der Schnittstelle von Frauengesundheitsforschung, Frauengesundheitspraxis und feministischen Theorien. So geht etwa die Heraus38 l an.schläge April 2011
geberin in ihrem Aufsatz der Frage nach, inwieweit Vorsorgeuntersuchungen (z.B. die Mammografie oder der PAP-Abstrich zur Krebsfrüherkennung) der Gesundheit von Frauen tatsächlich dienlich sind. Denn obwohl sich Frauen durch Inanspruchnahme derartiger Tests Zeit für ihren Körper nehmen, finden sie sich damit zugleich in einer medizinischen Praxis wieder, die ihren Körper zunehmend medikalisiert. Eine frauengesundheitspolitische Praxis kann mit dem weiblichen Körper aber auch anders umgehen, wie im letzten Teil des Buches gezeigt wird: Frauen sind nicht krank, wenn sie mit Ohnmacht auf Macht reagieren oder männlichen Normen nicht genügen wollen. Vielmehr sei dies eine durchaus „gesunde“ Reaktion auf „ungesunde“ Verhältnisse, mit der sich Frauen belastenden Situationen entziehen. Diese Überzeugung liegt auch der aktuellen Publikation von „Frauen beraten Frauen“ zugrunde: In einer Reihe von Aufsätzen widmen sich verschiedene Autorinnen der Frage, was feministische Beratung und Psychotherapie ausmacht, denn eine feministische Grundhaltung ist in den verschiedenen Psychotherapierichtungen noch längst nicht verbreitet. Feminismus in Beratung und Therapie kann dabei viel bedeuten: etwa die Thematisierung von Gender-inkongruenter Sprache in der Praxis (bspw. wenn sich eine Klientin als „Klient“ bezeichnet) oder auch die Reflexion von „Doing Gender“ in Therapieausbildungen. Ein lesenswerter Sammelband – nicht nur für Therapeut_innen. Wie wirken sich bestimmte Geschlechtervorstellungen auf die Medizin aus? Welche Rolle spielen dabei Politik und Ökonomie? Diesen komplexeren
Abbildung: Fisch 2010:55
Fragestellungen geht der aktuelle 14. Teilband der Reihe „Focus Gender“ nach: „Ethik – Geschlecht – Medizin“ lautet der Titel des Sammelbands, in dem Wissenschaftlerinnen den Zusammenhang von biomedizinischer Forschung und einem binären Geschlechtermodell darstellen. In den meist englischsprachigen Beiträgen geht es u.a. um Osteoporose, Brustkrebs oder Eizellspende. Was dabei – und dies ist ein zentraler Punkt von Frauengesundheit – als gesund oder krank gilt, ist nicht unumstritten. l Sabine Fisch: Das große Frauengesundheitsbuch. Persönlich – praktisch – alltagstauglich. loewenzahn 2010, 24,95 Euro Gerlinde Mauerer (Hg.in): Frauengesundheit in Theorie und Praxis. Feministische Perspektiven in den Gesundheitswissenschaften. transcript 2010, 25,50 Euro Frauen beraten Frauen (Hg.innen): In Anerkennung der Differenz. Feministische Beratung und Psychotherapie. Psychosozial-Verlag 2010, 27,70 Euro Waltraud Ernst (Hg.in): Ethik – Geschlecht – Medizin. Körpergeschichten in politischer Reflexion. LIT Verlag 2010, 19,90 Euro
an.lesen Heartbreak Hospital
l Für Charlotta, Hauptdarstellerin in Jule K.s neuestem Comic „Love Rehab“, bricht die Welt zusammen: Ihr Freund geht für drei Jahre nach Australien und aufgrund eines akuten Lonesome-Cowboy-Syndroms konnte er das vorher nicht mit ihr besprechen. Auf seiner Abschiedsparty knutscht dann auch noch ihre beste Freundin mit dem Ex. Charlotta beschließt, mit Maiglöckchen ihrem Leben ein Ende zu setzen, isst glücklicherweise nur Bärlauch und wird von Eltern und Nachbarin in die Love Rehab geschickt: Im Heartbreak Hospital soll sie sich u.a. durch Schießen auf Bilder ihres Exfreundes von ihrer alten Beziehung befreien. Charlotta haut aber lieber aus der Liebesentzugsklinik ab und testet eigene Methoden: Diese reichen von Kiffen-und-Sex-and-the-City-Schauen (geht gut), über Den-Freund-in-Australienzur-Rede-Stellen (geht schief) bis zu neuen Hobbys wie Yoga (geht gar nicht). Und am Ende steht die Erkenntnis, dass es v.a. Freunde und Freundinnen und auch ein wenig Zeit braucht, um über Rückschläge hinwegzukommen. Eine alte, allgemein bekannte Weisheit, ansprechend verpackt in zuckersüße Comicstrips, in denen Fifties-Rockabellas gemeinsam durch Höhen und Tiefen stöckeln. Irmi Wutscher Jule K.: Love Rehab Edition 52, 8 Euro
Brutal und brilliant
l Es dauert ein paar Seiten, vielleicht sogar ein ganzes Kapitel, bis sich die Leserin daran gewöhnt: Wir sind in Jamaica Ende 17., Anfang 18. Jahrhundert, die Sklaverei blüht, die britischen Kolonialherren verdienen sich eine goldene Nase an den Zuckerrohrplantagen, in denen die „Neger“ schuften. Die Ich-Erzählerin ist eine davon und erzählt ihre Geschichte, das lange, tragische Lied ihres Lebens. Sie erzählt von „den Negern“. Sie selbst ist eine „Negerin“. Selbstbewusst und selbstverständlich zieht sich die Bezeichnung durch – die Erzählerin kennt es nur so, kann nur berichten, wovon sie weiß. Genau diese brutale Direktheit – neben der brillianten und originellen Erzählstruktur – macht aus dem Roman ein besonderes Stück Literatur. Und so nebenbei erfährt die Leserin ein Stück von der Geschichte Jamaicas, wie sie nirgends sonst geschrieben steht. Ganz nah ist sie dran am Ende der 300-jährigen Sklaverei auf
Jamaica per Gesetz 1938 und muss erkennen, dass das Elend der Schwarzen Bevölkerung und ihre Versklavung deshalb aber noch lange nicht vorbei sind. Andrea Levy ist eine preisgekrönte britische Schriftstellerin, Kind jamaikanischer EinwanderInnen. Ihr letzter Roman „Eine englische Art von Glück“ hatte sich eine Million Mal verkauft und wurde von der „BBC“ verfilmt. „Das lange Lied eines Lebens“ sollte mindestens so erfolgreich werden. Gabi Horak Andrea Levy: Das lange Lied eines Lebens DVA 2011, 19,99 Euro
Good Luck!
l Grün wie ein Kleeblatt ist der Umschlag dieses Bandes, der die Ergebnisse eines mehrjährigen, interdisziplinären Rechercheprojekts der antirassistischen Plattform Initiative Minderheiten aus Wien zusammenführt. Die Farbsymbolik ist bewusst gewählt: „Viel Glück!“, das wünschen Familienmitglieder und Freund_innen ihren Liebsten, wenn diese in ein anderes Land und damit in eine unbekannte Zukunft aufbrechen. Tatsächlich gleicht die Überschreitung nationalstaatlicher Grenzen immer mehr einem Glücksspiel. Wie das EUMigrationsregime die herrschenden wie auch die widerständigen Politiken in den Ein- und Auswanderungsländern beeinflusst, beleuchtet der Sammelband anhand zahlreicher Fallstudien, theoretischer Reflexionen und thematischer „Timelines“. Letztere vergleichen die gesetzlichen Maßnahmen in Bezug auf Migration/ Asyl in Österreich, Serbien und in der Türkei und setzen diese in einen historischen Kontext – schließlich sind diese Länder (zusammen mit Kroatien) durch die Anwerbe- und Entsendepolitiken der „Gastarbajteri“ in den 1960er Jahren miteinander verbunden. In diesem Sinne bilden Wien, Belgrad, Zagreb und Istanbul auch die geografischen Eckpunkte eines „transnationalen diskursiven Raums“, in dem heute „Migrationsbewegungen unterschiedlichster Art“ stattfinden und dabei immer wieder von neuem verhandelt, reglementiert und kontrolliert werden. Die zweisprachige Publikation (Deutsch/Englisch), die neben Text- und Bildbeiträgen auch die Dokumentation zweier Ausstellungen umfasst (zur Repräsentation von Migrationsräumen sowie zu migrantischen Musikszenen), eröffnet jedoch weitaus mehr als einen kritischen Blickwinkel auf Migrationsgeschichte(n): Als transnationale Kollaboration zwischen Forscher_innen, Aktivist_innen und Künstler_innen richtet sie die Aufmerksamkeit auch auf mögliche Bündnispoli-
tiken – und damit auf deren politisches Veränderungspotenzial. Vina Yun Initiative Minderheiten (Hg.): Viel Glück! Migration heute. Wien, Belgrad, Zagreb, Istanbul (Englisch/Deutsch) Mandelbaum Verlag 2010, 29,90 Euro
Apokalypse Wien
l 1995 hatte die „Sammlung Frauennachlässe“ an der Universität Wien Glück: Die Enkelin von Therese Lindenberg (1892–1980) übergab sämtliche Tagebücher ihrer Großmutter, die viele Jahrzehnte, 1910 bis 1980, umfassen. Nun liegt ein Teil davon vor, hervorragend eingeleitet und kontextualisiert von Christa Hämmerle und Li Gerhalter – nämlich die Jahre 1938 bis 1946. Wobei zwei Fassungen gedruckt wurden: die Originalfassung und eine von Therese Lindenberg selbst neu bearbeitete Version von 1975. Therese Lindenberg, die seit 1915 mit dem Juden Ignaz Lindenberg verheiratet war, beschreibt im Großen wie auch in kleinen Details die sich verändernde Lage und Stimmung: „19. März 1938. Sehe die Menschen auf den Straßen marschieren. … Mein Mann voll Trauer und Sorge. Er weint. Noch nie habe ich ihn weinen gesehen.“ – „19. September 1940.
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an.lesen Gestern bat mich Ingenieur Spitz … ich möge mit ihnen ausgehen – als Schutz, denn seit einem Jahr dürfen die Juden keinen Wald besuchen.“ – „9. März 1941. Jeden Tag denke ich: Kommt heute die Karte zur Ausweisung? Ein Damoklesschwert.“ – „4. September 1943. Der Mann – 40 Fieber. Er sieht so schlecht aus. Ich hatte Halsentzündung – habe ich ihn angesteckt? – Ediths Mutter in Theresienstadt gestorben …“ Sylvia Köchl Christa Hämmerle, Li Gerhalter (Hginnen): Apokalyptische Jahre. Die Tagebücher der Therese Lindenberg 1938 bis 1946 Böhlau 2010, 39 Euro
Arbeit, Arbeit
l Kollektive Handlungsfähigkeit statt Prekarisierung und Working Poor! Darum geht es in einem neuen Aufsatzband, der sich dem Themenkomplex Arbeit widmet. Da die klare Trennung von Arbeits- und Freizeit im Postfordismus immer mehr verschwindet, ist das Wissen um diese Veränderungen in der Arbeitswelt für ein Ein- und Gegenwirken von großer Bedeutung. Der vorliegende Sammelband beinhaltet sowohl theoretische Zugänge als auch praxisnahe Beiträge sachkundiger AutorInnen. In einer Einführung erörtert Sabine Gruber
anschaulich und prägnant wichtigste Strömungen und Kritikpunkte des Arbeitsbegriffs im Kapitalismus. Dies erweist sich als gute Basis für die weitere Lektüre, ist jedoch nicht zwingend notwendig, da die weiteren Texte auch für sich stehend informativ und verständlich sind. Sie beschäftigen sich u.a. mit Gewerkschaftsbewegungen (Bernd Röttger, Stephan Krull), der Frage von Sexismus und Rassismus im Arbeitsfeld (Alexandra Weiss) oder einer feministischen Perspektive auf die marxistische Definition von Arbeit (Frigga Haug). Eine kritische Nachlese für alle! Verena Stern Sabine Gruber, Frigga Haug, Stephan Krull (HgInnen): Arbeiten wie noch nie!? Unterwegs zur kollektiven Handlungsfähigkeit Argument 2010, 17,40 Euro
Onkel mit Wolkenhaar
l Mina fährt mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder Fatou zum ersten Mal in die Heimat ihres Vaters, den Libanon. Dort lernt sie Onkel Mustafa kennen, einen alten Mann mit Wolkenhaar, wie das seiner Schafe, bei dem die Zeit manchmal mit dem Bus wegfährt und der sich in Luft auflösen kann. Sein Haus sitzt in einem Olivenbaum und sein kleiner schmutziger Teppich
leuchtet in der Mitte rot wie der Abendhimmel; vermutlich hat er zu viel Abendsonne verspeist. Und der Wolkenonkel erzählt unglaubliche Geschichten: Wie er den Mond vor dem Ertrinken gerettet hat, über seine Kamelprinzessin, wie er einmal drei Tage unter Wasser verbrachte, seine ungewöhnliche Rettung aus der Wüste, wie Allah ihm seinen Teppich vom Abendhimmel hat regnen lassen oder wie seine Wäsche Regen macht. Vor allem aber führt er Mina in die Welt der Wunder. Und dann gibt es noch den Krieg. Krieg heißt: Leute sterben und Häuser brennen ab. Für Mina und ihre Familie bedeutet diese Katastrophe eine frühzeitige Rückkehr in das sichere Deutschland. Onkel Mustafa kommt mit. Doch die Sorgen wegen des Krieges kann Mina nicht zurücklassen, und Onkel Mustafa plagt sehr bald das Heimweh, denn was soll er in einem Land, in dem es selbst im Sommer regnet und in dem niemand auf der Straße sitzt? Humorvoll und doch mit der nötigen Ernsthaftigkeit gelingt der Autorin eine kindgerechte Aufbereitung der Themen Krieg, Zuhause, Leben und Tod, und sie fordert ihre jungen Leser_innen auf, Fragen zu stellen und Tabus zu brechen. Svenja Häfner Andrea Karimé, Annette von Bodecker-Büttner: Tee mit Onkel Mustafa Picus Verlag 2011, 13,90 Euro, ab 7 Jahren
Katzenschule bonustrack: Clara Luzia
Viele Jahre lang habe ich mich gewehrt, weil ich weiß, es soll nicht sein, es ist nicht gut für sie: Katzen in einer Wohnung. Aber schließlich war die Sehnsucht doch größer als die Vernunft, und so wohnt seit bald drei Jahren ein Katzen-Geschwisterpaar bei uns. Die beiden Fellknäuel machen mich sehr glücklich, auch wenn ich immer von schlechtem Gewissen geplagt bin, dass ich ihnen keine weiten Wiesen und hohen Bäume bieten kann. Ich versuche mein Bestes, stehe der Katzendame als Kletterbaum und Sprungbrett zur Verfügung und diene dem Kater, der sich offenbar mit einem Hund verwechselt, geduldig als Apportiergehilfin. Er revanchiert sich, indem er, wann immer ich zur Gitarre greife, freudig erregt angetrottet kommt, sich direkt vor mir auf den Tisch pflanzt und seine Pfoten auf die Saiten klatscht. Er hat sich als nicht völlig talentfrei erwiesen, auch scheint ihn mein Gesang zu faszinieren. Seine Schwester hingegen zeigt die gegenteilige Reaktion: Sie stürmt panisch aus dem Zimmer, sobald ich zu singen beginne, was mich jedes Mal aufs Neue leicht verun-
sichert. Mein Versuch der Selbstberuhigung, dass Katzen nun mal ein sehr delikates Gehör haben und meine Frequenzen für sie vermutlich einfach unangenehm sind, erklärt natürlich nicht, warum ihr Bruder so gar nichts gegen meinen Frequenzbereich zu haben scheint. Ich muss also wohl davon ausgehen, dass Koschka meinen Gesang schlichtweg scheußlich findet, was nicht so leicht zu verkraften ist, andererseits aber auch eine ganz gute Schule ist für mein Leben jenseits der Katzenwelt. Da wiederum könnte so manches Publikum von unserer Katze lernen und einfach die Flucht ergreifen, wenn es nicht gefällt, anstatt zu bleiben und zu jaulen – aber das ist eine andere Geschichte. Für mich heißt es jedenfalls: Höchste Konzentration auf den Kater, der zwar arhythmisch, aber immerhin inbrünstig mitklatscht, und mich ansonsten nicht weiter irritieren lassen von fliehenden Katzen. Ganz wie im richtigen Leben.
Clara Humpel betreibt seit 2006 ihr Plattenlabel Asinella Records (Marilies Jagsch, Luise Pop, Bettina Koester, Clara Luzia, Mika Vember) und macht selbst unter ihren Vornamen Clara Luzia Musik. Illustration: Lina Walde, http://evaundeva.blogspot.com
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an.klang
Krieg und Liebe
Es scheppert, stöhnt oder schwebt in den neuen Alben von QueerIkonen und Rock-Ladys. Kein Wunder, denn sie nehmen sich nicht nur der Liebe, sondern auch so unmelodiöser Themen wie Krieg und Geld an. Von Kendra Eckhorst
Die queeren Stil-Ikonen um JD Samson von MEN sind zurück und haben ihre erste Platte im Gepäck. Talk about Body heißt sie und wurde laut eigener Webseite nicht ganz komplikationslos geboren. Nach drei Jahren aufwendigen Hegens und Pflegens erschien sie im Februar bei IAMSOUND und knüpft sowohl an Sound und Themen ihrer LiveAuftritte als auch an der musikalischen Vorgängerin an: Le Tigre. Eine Vielzahl klappernder Schlagzeug-Becken wurde mit trockenen Basslinien abgestimmt und zu guter Letzt mit ein paar Gitarrenriffs verfeinert. Hin und wieder verirren sich auch Samba-Rhythmen in die Songs, die von Körper, Politik und Geld als Tauschware und Leistungsanreiz singen. „I’m gonna fuck my best“, heißt es etwa in dem Song „Credit Card Babies“, der bei schätzungsweise 120 Beats pro Minute dahinturnt beziehungsweise scheppert. Denn ihrem immer leicht klirrenden Sound sind sie treu geblieben, einem Sound, der am besten auf der Tanzfläche wirkt, am stärksten bei Live-Auftritten einnimmt, aber auch aufgrund seiner geraden und durchgängigen Beats als Aerobic-Musik gut die Arme und Beine in Schwung bringt. Und noch ein weitere queere Ikone der Tanzflächen brachte Anfang März eine Disco-Scheibe heraus, die so heißt wie sie selbst: Beth Ditto. Diesmal ohne „Gossip“ und ihre Band, dafür aber mit musikalischer Unterstützung des Duos Simian Mobile Disco veröffentlichte sie eine EP mit vier Songs bei Deconstruction Records. Der Sound der 1980er Jahre lässt grüßen: in den funky Bassläufen, der glatten Pop-Stimme oder den Synthie-Beats. Eingefleischte Gossip-Fans mögen die Kraft und den angekratzten Sound vermissen. Auch die „alte“ Lady des Rockgeschäfts PJ Harvey brachte ihre mittlerweile
achte Soloplatte heraus. Let England Shake (Island Records) lautet der Titel, der zugleich Programm ist, denn es geht um die Rolle Englands als Kriegspartei in Afghanistan. Blut, Soldaten und Gräber spuken durch die Liedtexte, die von einem sehr getragenen Klang umspült werden. Gospelchöre und PJ Harveys Stimme im oberen Tonbereich geben dem ganzen etwas Pastorales, was nicht weiter verwundert, ist das Album doch in einer Kirche aufgenommen worden. Das Verstörende der Texte findet eher in der andächtigen Stimmung Widerklang denn in der harmonisch aufgespielten Musik. Zieht der Wahnsinn in ein bonbonfarbenes Puppenhaus ein und würde Musik machen, dann müssten die Songs wie Yelle klingen. Eine französischsprachige Band, die im Ohr bleibt aufgrund des mädchenhaften, auch mal schrillen Gesangs von Julie Budet, der gewöhnungsbedürftig und Maskerade ist. Auf einer Mischung aus HipHop, Elektro und Chanson surrt ihre Stimme wie die einer aufgezogenen Puppe, die durch Labyrinthe der Liebe stolziert und fiese Rüffel verteilt. Mitte März erschien das neue Album Safari Disco Club (Recreation Center), das poppiger als sein Vorgänger ist, aber auch hier wieder die Bilder der idealen Liebe zurückweist. Hämisch, desillusioniert und auch ein wenig bösartig. Eine zuckersüße Randale im Dollhouse, in dem mit zwinkerndem Augenaufschlag mädchenhafte Stereotype hintertrieben werden. Es wird gestöhnt, gejault und gejodelt – eine Menge Aahs, Oohs und noch mehr Uuhs stößt Stefanie Sourial auf ihrer Platte Amsterdam aus, die soeben bei Fettkakao erschienen ist. Sie begleitet ihren Gesang auf der Ukulele, nicht unähnlich einer akustischen Gitarre, da die Berg und Tal fahrende Stimme Auslauf braucht. Sie rutscht nicht in
Beth Ditto
tonale Extreme, sie zieht die Töne aneinander, schraubt sich an ihnen hoch und setzt auf den leiernden Abgesang, um am Schluss noch mal die Stimme hochzureißen. Der Gesang ist nicht nur Text, sondern ein weiteres Instrument mit einer eigenen Linie. Eben wie eine Rockröhre in melodramatischer Stimmung, die am staubigen Straßenrand auf eine charmante Mitfahrgelegenheit wartet. Aber so pessimistisch sind ihre acht Lieder nicht, Stefanie Sourial besingt die Wechselbäder der Gefühle und eine Lobhymne auf die Masturbation – die verständlicherweise eine Vielzahl von Aahs und Uuhs braucht. l
Links: www.menmakemusic.com www.myspace.com/bethditto www.pjharvey.net www.yelle.fr www.fettkakao.com
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an.sehen
Sex ohne Ablaufdatum
„Wir wollen Sex“, lautet die klare Botschaft in Gabriele Schweigers Film „Die Lust der Frauen“. Fünf Frauen über 60 brechen lustvoll ein Tabu und fordern ungeniert Befriedigung. Von Mirjam Bromundt
„Ich brauch’ den Mann eh nur für ein Thema“, lacht Birgit und wirft ihrer Interviewerin einen schelmischen Blick zu. Birgit ist 64 Jahre alt und eine von fünf mutigen Frauen, die sich in Gabriele Schweigers Film „Die Lust der Frauen“ vor die Kamera trauen. Von Schamgefühl oder peinlicher Berührung keine Spur, und so rüde wie die Bemerkung klingt, ist sie dann doch nicht gemeint. Von ihren Freundinnen unverstanden, hat sich Birgit bewusst dafür entschieden, keine feste Bindung mehr einzugehen und sich kurzerhand im Internet einen Liebhaber gesucht. Auf Sexualität will die 64-Jährige in ihrem Leben nämlich keineswegs verzichten und pfeift auf Tipps wie jenen, dass man sich im Alter besser auf den Rücken legt, um die faltigen Schwimmreifen zu verstecken. „Ich war nach Absetzen der Pille supergeil und mein Mann fand das furchtbar“, erzählt Christa über ihr eheliches Sexleben. Seit sie nach zehnjähriger Abstinenz ihren um 24 Jahre jüngeren Freund kennenlernte, blüht die 65-Jährige regelrecht auf und steht voll und ganz zu ihren Bedürfnissen – denn: „Der Spaß kam erst durch die Selbstbestimmung.“ Auch vom Geist her schlaff. Auch Bernadette fordert ihr Recht auf Sexualität im Alter ein. Hatte sich die 63-Jährige als junge Frau noch für ihren ersten Mann „aufgehoben“, brach sie bald aus der (christlichen) Norm aus und hat heute ihre Probleme, einen ausreichend potenten Mann zu finden. Weil: „Ältere sind oft auch vom Geist her schlaff“. Sex gehört 42 l an.schläge April 2011
© Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion
für Bernadette zum Altern in Würde, denn ihr sinnliches Empfinden hat sich wie jenes von Ina entgegen gängiger Klischees nach den Wechseljahren noch gesteigert. Um der Harmonie in der ersten Ehe willen hat Ina (62) ihre eigenen Wünsche oft hintangestellt und erst in der jetzigen Ehe Formen gefunden, wie Sexualität für sie und ihren Partner befriedigend funktionieren kann. Sexualität im Alter wird von den Frauen immer noch als gesellschaftliches Tabu empfunden: Ältere Menschen haben keinen Sex, keine erotischen Begehrlichkeiten und allein der Gedanke daran werde gerne als unappetitlich abgetan. Bernadette will nicht nur als Oma für ihre Enkelkinder da sein, für Birgit konnte es mit 40 noch nicht alles gewesen sein, und auch Brigitte (70) braucht Herausforderungen in Erotik und Sexualität, was sie am Konzept der Monogamie zweifeln lässt. Einfach nicht in Illustrierte schauen. In Gabriele Schweigers „Die Lust der Frauen“ stehen fünf Frauen aus verschiedenen Lebenszusammenhängen vor der Kamera, die entwaffnend offen für dasselbe eintreten: erfüllenden Sex im Alter. Nach dem kleinen Kaffeekränzchen oder dem schön gedeckten
Jausentisch, in einer Beziehung oder einer losen Konstellation – bei den Damen geht es zur Sache wie bei den Jungen, nur mit einigem mehr an Erfahrung und mit weniger Problemen. Verhütung ist nach den Wechseljahren kein Thema mehr, die Kinder sind schon aus dem Haus, und Sinnlichkeit wird nicht mehr mit oberflächlicher Schönheit gleichgesetzt. Die Frauen stehen zu ihren Falten, den nicht mehr ganz so straffen Körperteilen und Rundungen, und haben kein Problem damit, sich nackt zu zeigen. „Einfach nicht in Illustrierte schauen“, rät Christa und ist mit ihrem Körper rundum zufrieden. Ich will. Selbstbestimmung ist der zentrale Begriff, um den sich Schweigers Dokumentation über Sexualität entspinnt. Das „Ich will“ oder das „So will ich nicht“ der Frauen ist das Resultat eines langen emanzipatorischen Prozesses, den jede auf ihre Weise gestaltete und der sie heute ihr Leben und ihre Sexualität in vollen Zügen genießen lässt. Sie bestimmen, was, wann und wie etwas passiert, sie sagen, was sie wollen und das trotz der Skepsis in ihrer – auch familiären – Umgebung, in der älteren Menschen gerne die Rolle der Bedürfnislosen zugeschrieben wird. Intime Kuschelszenen haben
in „Die Lust der Frauen“ genauso Platz wie Alltäglichkeiten oder mit Fotos illustrierte Blicke in die Vergangenheit. „Nein, man muss nicht. Nicht mit 35 und auch nicht mit 50“, fasst Birgit ihr Anliegen zusammen, „aber man darf!“ Und soll es wie die fünf Protagonistinnen auch genießen.
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„Die Lust der Frauen“ (A 2011, 61 min), ab 25. März täglich im Filmhaus Kino am Spittelberg und über den Stadtkino Verleih österreichweit in den Kinos. Am 8. Mai ist der Film außerdem im „ORF“ bzw. Mitte des Jahres auf „3sat“ zu sehen. Die DVD ist außerdem für 18 Euro bei der Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion (office@geyrhalterfilm.com) erhältlich.
an.künden Redaktionsschluss Termine 05/11: 12.04.2011 termine@anschlaege.at
fest musik 2.–13. 4., Wien MARE NOSTRUM – Festival mediterraner Musik, mit ZARA feat. Sabri Tulug Tirpan aus der Türkei und LA SHICA aus Spanien, Tickets: € 25/18, genaues Programm unter www.marenostrum-fest.at Porgy und Bess, 1010 Wien, Riemergasse 11, Tickets unter 01/ 512 88 11 tägl. ab 15.00 und Sonn- und Feiertag ab 16.00 2.4., 19.00, Graz Grrrls Night Out, Vol.IV präsentiert den Nachwuchs der weiblichen Kultur- und Musikschaffenden. Drei Liveacts und eine DJane stehen gestylt von drei DesignerInnen im Rampenlicht des ForumKellers. AK: € 6/4 für Teens unter 20 und Grrrls Kulturvereinsmitglieder Verein Forum Stadtpark, 8010 Graz, Stadtpark 1, T. 0316/ 827734 www.forumstadtpark.at 15.4., 17.00–17.4., Karlsruhe 20 Jahre Frauenperspektiven Kulturfestival – Vorträge, Elektronische Musik, Podiumsdiskussion Zentrum für und Medientechnologie, Medientheater, 76135 Karlsruhe, Lorenzstraße 1, T. (0049) 721/133 4016 16.4., 22.00, Innsbruck „QUEERATTACK!“ – les-bi-schwule Clubnacht Hafen Veranstaltungszentrum, 6020 Innsbruck, Innrain 149, T. 04351/ 2562 222, www.hafen.cc bis 16.4., Wien WORTinTONation Musikwochen – Pop, Klassik, Chanson & Jazz, mit liedke, Wortfront und Band, D&A-Connection, Einzeltickets: € 16/10, 6-KartenPackage: € 72/42, Detailprogramm: www.kosmostheater.com Kosmos Theater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42, T. 01/ 523 12 26 20.4., 19.00, Wien Clara Luzia präsentiert ihr neues Album „Falling Into Place“ WUK, 1090 Wien, Währinger Straße 59, T. 01/40 12 10, Einlass 19.00 Uhr, Beginn 20.00, Tickets €16/14 22.4., 20.30, Dornbirn Konzert: Youn Sun Nah – Koreanische Jazz-Sängerin und Gewinnerin des
Koreanischen Music Award, an der Gitarre Ulf Wakenkius, Tickets: € 19/15/10 Spielboden Dornbirn, 6850 Dornbirn, Rhombergs Fabrik, Färbergasse 15, T. 05572/ 21933, www.spielboden.at 29. u. 30.4., 19.30, Wien TanzTag.11 – 2-Tages-Festival anlässlich des Welttanztags, ein Projekt vom Verein tanz.coop umfasst 6 Uraufführungen, 2 Tanzworkshops, 2 Filmabende WERK – Kunst und Kulturzentrum, 1160 Wien, Neulerchenfelder Straße 6-8, www.tanz.coop.at 30.4., 21.00, Wien Folie à Trois – CD-Präsentation und Konzert, queer-alternativer Folk-Pop Unplugged, 1090 Wien, Lichtensteinstraße 61, www.folieatrois.net
film 29.3. 19.30, Wien „Liebe Geschichte“, Klub 2. Im Anschluss an die Filmvorführung findet ein moderiertes Publikumsgespräch statt: Dokumentarfilme über die Auseinandersetzung mit NS-Täter_innenschaft - wie addressieren Filme ihr Publikum und formulieren darin Begriffe des Politischen? Mit Ruth Beckermann, Maren Grimm, Klub 2, Jakob Krameritsch, Kati Morawek u.a. Filmhaus Kino, 1070 Wien, Spittelberggasse 3, T. 01/522 48 16 3.4., 12.00, Wien „Winter‘s Bone“, Regie: Debra Granik, mit Jennifer Lawrence, John Hawkes u.a., Karten: € 12,50/7 (mit/ ohne Frühstück) – Reservierung für Filmfrühstück erbeten! Votivkino, 1090 Wien, Währinger Straße 12, T. 01/317 53 71 www.votivkino.at bis 7.4., Wien Retrospektive Dorothy Arzner Österreichisches Filmmuseum, 1010 Wien, Augustinerstraße 1 T. 01/ 533 70 54, www.filmmuseum.at ab 8.4., Österreich „Die Vaterlosen“ (A 2011), Regie: Marie Kreutzer, mit Andreas Kiendl, Andrea Wenzl, Emily Cox, u.a. www.dievaterlosen.at
12.–17.4., Linz CROSSING EUROPE 2011 – Filmfestival, das sich dem AutorInnenkino in Europa widmet Verschiedene Spielorte, nähere Informationen unter www.crossingeurope. at oder am Info- und Kartentelefon 0800/ 664 060 ab 1.4. 17–22.00, 12.–17.4. 10–23.00 15.4., Linz „Yes we are“, Doku-Film von Magda Wystub mit anschließender Diskussion mit der Regisseurin HOSI – Homosexuelle Initiative Linz, 4020 Linz, Fabrikstraße 18, T. 070/60 98 98, www.hosilinz.at
KosmosTheater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42, T. 01/523 12 26 26.4., Wien Das gleichzeit-Studio #5 widmet sich Autorin Ursula Scheidle, in einer szenischen Lesung werden ihre Texte präsentiert. Eintritt frei, um Reservierung wird gebeten unter studio@gleichzeit.at WUK, 1090 Wien, Währinger Straße 59, T. 01/40 12 10
ab 29.4., Österreich „Der Brand“ (A/D 2010), Regie: Thomas Roth, mit Josef Bierbichler, Angela Gregovich, Erika Deutinger, Manuel Rubey, Denis Moschitto, Heribert Sasse
26. u. 27.4., 20.00, Wien „Approaching Myself as a Stranger“ von Sabine Holzer, Versuch einer Annäherung durch Sprache und Stimme an die Er/Lebenswelten von Frauen aus dem arabischen Raum durch die Verbindung unterschiedlicher Texturen und Praktiken WUK, 1090 Wien, Währinger Straße 59, Projektraum, T. 01/40 12 10, www.wuk.at
div. Termine, Österreich „Powder Girl“ (GB/D/A 2011), Regie: Phil Traill, mit Felicity Jones, Ed Westwick, Bill Nighy, Adam Bousdoukos, Brooke Shields, Gregor Bloeb, http://chaletgirlfilm.wordpress.com
27.4., 22.00, Wien „Ohne mich“ – eine Leseperformance von und mit Elke Krystufek, Karten: € 7 Rote Bar im Volkstheater, 1070 Wien, Neustiftgasse 1, 01/ 52111 400, www.volksheater.at
bühne 2.4., 19.30, Wien „Humberrie“ von Ronald Rudoll, mit Martin Bermoser, Klara Steinhauser u.a., Karten: € 18/12 3raum-anatomietheater/Raum 2, 1030 Wien, Beatrixgasse 11, T. 0650/32 33 377, www.3raum.or.at 6.4., 19.30, Wien „Die letzte Jungfrau“ Premiere, Komödie der Irrungen von Tuvia Tenenbom, Regie: Hartmut Nolte, eine Produktion von „Modernes Theater Wien“ mit Atina Tabiei Razligh und Artur Ortens, Tickets: € 23/13, Folgetermine: 7.–9., 13.–16., 27.–30.4., 19.00 TU Wien, Treitlsaal, 1040 Wien, Treitlstraße 3, 01/ 504 86 81 8.–16.4., ab 19 Uhr, Wien „NOTSTAND. Aus der Tugend eine Not machen.“ Installation und Minidramen von und mit Barbara Ungepflegt. Festivalpass: € 38/20,Tagesticket: € 15/9 Externe Spielstätte, brut im Künstlerhaus/ Vorplatz, 1010 Wien, Karlsplatz 5, T. 01/ 587 87 74, www.brut-wien.at 27.4.–14.5., 20.30, Wien „Die Quadratur des Kreisky“ – eine Diskursrevue, Regie: Tanja Witzmann, Einzeltickets: €16/10, 6-KartenPackage: € 72/42
28.u.29.4., 20.00, Wien Andrea Salzmann und Julia Kläring: 37 Jahre zu spät – Die Show, Dramaturgie: Gini Müller, Musik: Stefan Geissler, Karten: € 13/7 brut – Koproduktionshaus Wien GmbH, 1010 Wien, Karlsplatz 5, T. 01/ 587 87 74, www.brut-wien.at
seminar workshop 15.–18.8., Wiener Neustadt „Girls Rock Camp NÖ“ – einwöchiges Musikcamp für Mädchen/junge Frauen von 16–21 Jugend- und Kullturhaus Triebwerk, 2700 Wr. Neustatdt, Neunkirchnerstraße 65b, nähere Informationen zum Programm und Anmeldung unter info@girlsrock.at 13.5.–15.5., Drochtersen, Deutschland GenderCamp 2011, eine offene Tagung rund um Feminismus, Queer, Gender und Netzkultur; Teilnahmebeitrag: € 45/35 ABC Bildungs- und Tagungszentrum in Hüll, Drochtersen, Bauernreihe 1, Anmeldung derzeit nur für die NachrückerInnenliste unter http://www.abc-huell.de/abc/gendercamp-2011-13-15-05-2011/
vortrag diskussion 7. u. 14.4., 12–13.30, Wien Gewalt & Handlungsmacht: Interdisziplinäre Ringvorlesung des Gender Initiativkollegs. Am 7.4. „Subjekt der Medien: Medien – Gewalt – Handlungsmacht“ von Brigitte Hipfl, am 14.4. „Transsexuality, Violence and Agency“ von Kathleen Lennon, nähere Information unter gik.univie.ac.at/home/termine NIG- Neues Institutsgebäude Hörsaal 3 (Erdgeschoss), 1010 Wien, Universitätsstraße 7 8.4., 20.00, Wien Vortrag zu Auguste Flickert von Petra Unger mit anschließender Diskussion FZ-Bar, 1090 Wien, Währinger Straße 59/6 (Eingang Prechtlgasse), T. 01/402 87 54 7.4., 19.00, Wien „Alte Frauen“ Vortrag und Vernissage der Künstlerin und Soziologin Dominique Doujenis Frauenhetz – Feministische Bildung, Kultur und Politik, 1030 Wien, Untere Weißgerberstraße 41, 01/ 715 98 88, www.frauenhetz.at 4.4., 16–20.00, Hamburg Queer & post-feministisch – die Zukunft des Feminismus, neue Ansätze in der feministischen Debatte, Kosten: €10 Nordelbisches Frauenwerk in Hamburg, Dorothee-Sölle-Haus, 22767 Hamburg, Königstraße 54, T. 0(49) 40/ 306 20 1360, Anmeldung unter www.ne-fw.de 14.4., 19.30, Wien „Aufruf an alle kämpfende Frauen und Frauenbewegungen“ – Bericht über die Weltfrauenkonferenz der Frauen der Basis, organisiert von Autonomen Feministinnen, in Zusammenarbeit mit der kurdischen Frauenbewegung und Frauen von Utamara, mit anschließender Diskussion FZ-Bar, 1090 Wien, Währinger Straße 59/6 (Eingang Prechtlgasse), T. 01/402 87 54
ausstellung bis 8.5., Herford „That´s me – Fotografische SelbstBilder“, über 100 Fotoarbeiten von Cindy Sherman, Valie Export, Elke Krystufek, Aino Kannisto u.v.m. MARTa Herford Museum, 32052 Herford, Goebenstraße 4-10, Di–So
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an.künden und Feiertage 11–18.00, T. (049)/52219944300 www.marta-herford.info bis 8.4., ab 19.00, Wien „Grundsätzlich provokativ – Manifeste der neuen Frauen- und Lesbenbewegung“ Ausstellungsreprise FZ-Bar, 1090 Wien, Währinger Straße 59 (Eingang Prechtlgasse), donnerstags bis sonntags ab 19.00, T.01/ 4028754 bis 15.4., Wien Gerda Fassl: BRÜCHE. Plastiken & Zeichnungen Refektorium/Heiligenkreuzerhof, 1010 Wien, Schönlaterngasse 5, Mo–Fr 14–18.00 bis 16.4., Zürich SOSHANA Retrospektive Bollag Galleries, 8001 Zürich, Werdmühlestraße 5, Di –Fr 12–18.30, Sa 12–16.00, www.bollaggalleries.com bis 24.4, Hittisau Mariella Scherling Elia: Die elf Gebote Frauenmuseum, 6952 Hittisau, Platz 501, Do 15–20.00, Fr 14–17.00, Sa u. So 10–12.00 u. 14–17.00, T. 05513/62 09 30, www.frauenmuseum.at bis 30.4., Wien „miracles“ mit Animationen von Babara Doser/ Kurt Hofstetter, Renate Egger, Ina Loitzl, Teresa Präauer Kro Art Gallery, 1060 Wien, Getreidemarkt 15, Di –Fr 14–19.00, Sa 12–17.00, T. 01/585 71 43, www.kroart.at
bis 1.5., Berlin Else Lasker-Schüler: Die Bilder Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart, 10557 Berlin, Invalidenstr. 50–51, Di–So 11–18.00, Sa 11–20.00, T. 030/3978 3411, www.hamburgerbahnhof.de bis 1.5., Wien „Anonyme Skulpturen“, Video und Form in der zeitgenössischen Kunst, mit Werken von Nathalie Djurberg, Matias Faldbakken, Zilla Leutenegger, Aernout Mik, Yves Netzhammer u.a., Eintritt: € 4/2 Galerie im Taxispalais, Galerie des Landes Tirol, 6020 Inssbruck, Maria-Theresien-Straße 45, Di – So 11– 8.00, Do 11–20.00, T. 0512/ 508 3175, www.galerieimtaxispalais.at 1.4., 4.–8.4., 11.–15.4., 18.–22.4., 26.–29.4., 2.–6.5., 14.00–19.00, Wien Sofia Goscinski: head in the closet Kunstraum Bernsteiner, 1020 Wien, Schiffamtsgasse 11, T. 0664/ 307 709, www.friendsandart.at bis 29.5., Wien Trude Fleischmann: Der selbstbewusste Blick Wien Museum, 1040 Wien, Karlsplatz, Di–So & Feiertag, 10–18.00, T. 01/505 87 47-0, www.wienmuseum.at bis 23.6., Berlin-Neukölln „Frauen in der internationalen Arbeiterbewegung“, Ausstellung und Veranstaltungsreihe, am 7.4. „Wie Zugänge zum Schwangerschaftsabbruch durch Stigmatisierung erschwert werden“, am 14.4. der Doku-Film „Grundsätzlich gleichberechtigt“, am 21.4. „Guatemala am 8. März 2011“
Galerie Olga Benario,12043 BerlinNeukölln, Richardstraße 104, T. (0049) 680 59 387, www.Galerie-Olga_Benario.de bis 30.6., Wien FESTE.KÄMPFE. 100 Jahre Frauentag. Bild-, Ton- und Filmdokumente zur wechselvollen Geschichte des Frauentags Österreichisches Museum für Volkskunde, 1080 Wien, Laudongasse 15– 19, Di–So 10–17.00, Mo geschlossen außer an den Feiertagen, T. 01/ 406 89 05, www.volkskundemuseum.at
lesung 11.4., 19.00, Wien Otto-Stössl-Preis 2010 an Andrea Grill, Preisverleihung und Lesung Literaturhaus Wien, 1070 Wien, Seidengasse 13, T. 01/ 52 620 440 11.4., 19.30, Hamburg „Feminismus zwischen Emanzipationsanspruch und antimuslimischen Rassismus“ mit Birgit Rommelspacher, in Kooperation mit dem Hamburger Arbeitskreis Asyl e.V. Werkstatt 3, 22765 Hamburg, Nernstweg, T. 0(49) 40 18 11 43 32, www.werkstatt3.de 28.4., 19.00, Wien Anna Kim liest aus „Invasionen des Privaten“ – das Essay handelt von der Kolonialgeschichte Grönlands aber auch von Heimatverlust und Ausgrenzung Alte Schmiede – Kunstverein Wien, 1010 Wien, Schönlaterngasse 9, T. 01/ 513 19 629, www.alte-schmiede.at
aktivitäten 4.–9.4., Wien „SCORES N°3: uneasy going“, künstlerisch-theoretischer Parcours über Antworten und Verantwortung in Tanz und Performance: work-in-progressPräsentationen, Dialoge, Forschungsskizzen, Lectures, Trainings, u.v.m., nähere Infos unter www.tqw.at
Foto: Verein Wiener Jugendzentren
Freiraum im Mädchencafé „FLASH“ – Wiens erstes partizipatives Mädchencafé ist eröffnet! Seit 22.3. können Mädchen und junge Frauen von 10–18 Jahren von Dienstag bis Samstag z.B. quatschen, tanzen, wuzzeln oder im Internet surfen. Freiraum – geschaffen von und für Mädchen! Mädchencafé FLASH, 1070 Wien, Zieglergasse 34, für Juniors von 10–14 Jahren am Di und Mi 17– 19.00 und Sa 16–19.00, für Jugendliche von 14–18 Jahren am Di und Mi 19–21.00, Fr 16–21.30 und Sa 19–21.30, am Do 18–21.00 gemischt Tanzquartier, 1070 Wien, Museumsplatz 1, T. 01/ 581 35 91 7.u.14.4., 18.00, Graz Offener Abend im „feel free“ der „RosaLila PantherInnen“ feel free – steirisches Schwulen- und Lesbenzentrum, 8020 Graz, Annenstraße 26, T. 0316/ 36 66 01, www.homo.at 9.4, 17.00, Graz 2. Frauenstadtspaziergang – „Lesben im Mittelpunkt“ Treffpunkt: 17.00 Uhr, 8010 Graz, Paulustorgasse 11
10.4., 10–14.00, Linz Regenbogenbrunch für queere Familien und Friends, Unkostenbeitrag: € 5, um Anmeldung wird gebeten Eltern-Kind-Zentrum Linz, 4020 Linz, Figulystraße 30, T. 0732/66 96 11, www.ekiz.at 10.4., 16–20.00, Wien Frauenbadeträume, Badenachmittag ausschließlich für Frauen, Eintritt: € 12.90/ 8.60 + Kosmetika 4 Sargfabrik – Verein für integrative Lebensgestaltung, 1140 Wien, Goldschlagstraße 169, T. 01/ 988 98 111, www.sargfabrik.at
Sweets & Beats The female gaze Ende der 1960er Jahre begann die feministische Auseinandersetzung mit der durch den männlichen Blick nach wie vor dominierten Film-Branche. Das Internationale Frauenfilmfestival in Dortmund stellt dagegen den Blick von Spielfilm-Regisseurinnen in den Mittelpunkt. Verschiedene gut dotierte Preise ehren und unterstützen die Künstlerinnen. Parallel zum Filmfestival finden diverse Veranstaltungen statt, wie etwa ein Orientierungs-Workshop für Mädchen oder Seminare zur Weiterbildung für Frauen in der Filmbranche. 12.–17.4., Frauenfilmfestival Dortmund/Köln, Infos und Programm: www.frauenfilmfestival.eu
44 l an.schläge April 2011
Seit Jahresbeginn gastiert die sweetest queere Alternativ-Elektro-Indie-Party im deutschsprachigen Raum in Wien: Im zweimonatlichen Rhythmus versüßt der Candy Club nicht nur der Queer-Szene, sondern Musikliebhaber_innen aller Art das Wiener Nachtleben mit neuen Geschmacksrichtungen und internationalen Live-Acts. Erlaubt ist, was schmeckt! Im April zu Gast: „My Little Pony“ – das Quintett aus Oslo feiert Österreich-Premiere! 16.4., 22.00, Candy Club goes Wien, Badeschiff/Laderaum, 1010 Wien, Donaukanallände zwischen Schwedenbrücke und Urania, Eintritt: € 8, www.badeschiff.at, www.candyclub.de
an.künden Allroundkünstlerin Die niederösterreichische Pianistin, Komponistin und Sängerin Irmie Vesselsky erzählt mit ihrer gefühlvollen Musik persönliche Geschichten. Im stimmigen Gleichklang von Gesang und Klavier treffen poppige Rhythmen auf Jazz-Elemente und Klassik.
Laurie Anderson performing Transitory Life
Queens of Donaufestival Das Donaufestival 2011 wartet wieder mit schillernden Stars auf, ob düster wie Gisèle Vienne oder bunt wie Candelilla. „Vergesst alles, was vor mir war“, sagt Elke Krystufek, die ihr neues Projekt HUB vorstellen wird. Garantierte Highlights: die Musikerinnen und Performerinnen Lydia Lunch und Laurie Anderson. Lunch wird ihr Debüt-Album „Queen of Siam“ von 1979 neu präsentieren, und Laurie Anderson verknüpft in ihrer Performance „Transitory Life“ diverse Enden ihres Schaffens zu einem neuen Ganzen. 28.4.–7.5., Krems, verschiedene Veranstaltungsorte, Tickets: pro Woche € 88/80, Programm & Infos: www.donaufestival.at 26.–28.4., Wien Mädchentage im WUK anlässlich des Wiener Töchtertags, für Mädchen mit und ohne Beeinträchtigung, genauere Infos unter www.factori.wuk.at WUK, 1090 Wien, Währinger Straße 59, Projektraum, T. 01/40 12 10 und diverse andere Veranstaltungsorte 28.4., Wien 10. Wiener Töchtertag, für Wiener Mädchen von 11–16 Jahren, Mädchen bekommen Einblick in verschiedenste Berufe, Anmeldefrist für Unternehmen bis 8.4., für Mädchen bis 20.4. Informationen unter www.toechtertag. at, Anmeldung für Unternehmen unter office@toechtertag.at, für Mädchen unter 0800 22 22 10 oder online jeden Montag ab 18.00, Linz Frauencafé Autonomes FRAUENzentrum Linz, Starhembergstraße 10/ 2. Stock, Ecke Mozartstraße, T. 0732 602200 jeden 2. u. 4. Freitag, 17.00, Wien ARGE Dicke Weiber – Feministische Initiative dicker Frauen gegen Gewichtsdiskriminierung und Schlankheitsterror – für Vielfalt und positive Selbstbilder, Treffen, Infos: http://argedickweiber.wordpress.com, argedickeweiber@gmx.at FZ-Beisl, 1090 Wien, Währingerstr. 59/Ecke Prechtlgasse jeden Do u. Fr, 18–24.00, Wien Feministische Kneipe, für Frauen, Lesben, Transpersonen, Intersexpersonen Frauencafé, 1080 Wien, Langegasse 11, www.frauencafe.com
beratung 12.4., 16–18.00, Graz Information und Erfahrungsaustausch für Frauen in Trennung, Thema: Neuorganisation und Existenzsicherung, mit Gudrun Auer palver connected, 8010 Graz, Griesgasse, Anmeldung und Info: anmeldung@ frauenservice.at, T. 0316/ 716022 jeden 2. u. 4. Sa, 14–18.00, Wien Frauen-Lesben-Theatergruppe, für Frauen und Mädchen jeden Alters, Infos: Regina Stierschneider, T. 0664/186 06 13, regina@elektrobox.com FZ – Autonomes FrauenLesbenMädchenZentrum, 1090 Wien, Währingerstr. 59/Stiege 6 Do, 17.30–20.45, Wien SAPPHO – Psychotherapeutische Gruppe für lesbische und bisexuelle Frauen: Das zufriedene les-bi-sche Ich bin Ich, 14-tägig jeweils Do, Kosten: € 48 pro Abend, Anm.: T. 01/585 69 66 Beratungsstelle COURAGE, 1060 Wien, Windmühlg. 15/1/7, www.courage-beratung.at
radio fixtermine Mo 18–19.00, Wien Khorschid Khanum – Die persischsprachige Frauensendung Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 1. Mo Mo 19–20.00, Oberösterreich 52 Radiominuten – Sendung von FIFTITU%, Vernetzungsstelle für Frauen
Foto: scenecom media group in Kunst und Kultur in OÖ Radio FRO, 105.0 MHz (Linz), Live Stream: http://fro.at, jeden 4. Mo Mo 18–19.00, Kärnten Frauenstimmen – Glas zena Radio Agora 105.5 MHz (Dobrac), Live Stream: www.agora.at, wöchentlich Mo 21–22.00, Schweiz K-Punkt Kalila – Feminine und feministische Themen Kanal K 94.9 MHz (Aargau), Live Stream: http://kanalk.ch, wöchentlich Di, 13–14.00, Wien Globale Dialoge – Women on Air Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, wöchentlich
14.4., ab 22.00, Rote Bar im Volkstheater, 1070 Wien, Neustiftgasse 1 (Eingang Burggasse), Karten: € 12/14, erhältlich an der Tageskassa des Volkstheaters, T. 01/ 52 111 400, Infos zur Künstlerin: www.irmievesselsky.com Sa 18–19.00, Deutschland Rainbow City – Radio für Lesben und Schwule 97.2 MHz (Berlin), Live Stream: www.radiorainbowcity.de, wöchentlich
So, 17–18.00, Steiermark Genderfrequenz – Sozialpolitisch, feministisch, unbeugsam Radio Helsinki, 92.6 MHz (Graz), Live Stream: www.helsinki.at, jeden 2. So
Sa 19–20.00, Steiermark Bertas Bücherstunde – Das feministische Literaturmagazin Radio Helsinki 92.6 MHz (Graz), Live Stream: www.helsinki.at, jeden 4. Sa
So, 19–20.00, Tirol Weibertalk – Sendung des Autonomen FrauenLesbenZentrums Innsbruck FREIRAD 105.9 MHz (Innsbruck), Live Stream: www.freirad.at, jeden 1. So
Lina Dokuzovic, Sex Works, Internet browser video, 2008
Di, 18–19.00, Wien Weibertalk – Sendung des Autonomen FrauenLesbenZentrums Innsbruck Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 2. Di Di, 20–21.00, Deutschland Mrs. Pepsteins Welt – FeminismusAllüren, und Musik, Musik, Musik Radio Blau 99.2 MHz (Leipzig), www.mrspepstein.de, alle 4 Wochen Di, 21–22.00, Wien female:pressure – Feministisches Magazin zu Musik- und Clubkultur Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 2. Di Mi 18–18.30, Salzburg Frauenzimmer – Plattform für eine frauenspezifische Information Radiofabrik 107.5 MHz (Salzburg Stadt), Live Stream: www.radiofabrik.at, wöchentlich Mi 18–19.00, Wien Bauch, Bein, Po – Die Sendung für die ganze Frau Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 2. Mi Do 18–19.00, Wien Transgender Radio Orange 94.0 MHz (in Kooperation Radio ALEX, Berlin), Live Stream: http://o94.at, jeden 1. und 3. Do Fr 18–19.00, Wien Radio UFF – Sendung des Unabhängigen FrauenForums Orange 94.0 MHz, Live Stream: http://o94.at, jeden 1. Fr Fr 19–20.00, Oberösterreich SPACEfemFM Frauenradio Radio FRO 105.0 MHz (Linz), Live Stream: http://fro.at, jeden 1., 3. u. 4. Fr
Verwobene Vergangenheiten Die Ausstellung „Eine Arbeit, die das, was sie reflektiert, nicht loswird“ beschäftigt sich mit ineinander verwobenen kolonialen, faschistischen und nazistischen Vergangenheiten. Versammelt sind künstlerische Positionen, die solche Praktiken betrachten und ihnen widerständige Strategien entgegensetzen wollen. bis 20. 4., Kunsthalle Exnergasse, WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59, Di–Fr 13–18.00, Sa 11–14.00, T. 01/40 121 42, Infos auch zum Rahmenprogramm: www.kunsthalleexnergasse.wuk.at
April 2011 an.schläge l 45
Vorschau auf die Mai-Ausgabe:
Militarismus & Maskulinismus
zappho des monats
Die Wehrpflicht wird in immer mehr Staaten Europas abgeschafft. Soldatische Männlichkeitsbilder auch?
an.schläge gibt’s in folgenden Buchhandlungen: Fachbuchhandlung ÖGB 1010 Kuppitsch 1010 Morawa 1010 Winter 1010 Frick International 1010 tiempo 1010 Facultas 1010 Lhotzkys Literaturbuffet 1020 Südwind 1070 Tabak Trafik Brosenbauch 1070 Riedl 1080 Löwenherz 1090 Südwind 1090 Infoladen Infomaden 1110 Infoladen Treibsand 4040 Kulturverein Waschaecht 4600 Rupertusbuchhandlung 5020 Wagnersche Buchhdlg. 6020 Amazone-Zentrum 6900 Berta – Bücher & Produkte 8020 KiG! Kultur_in_Graz 8020 Hacek-Bücherei 9020
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Rathausstr. 21 Schottengasse 4 Wollzeile 11 Rathausstr. 18 Schulerstr. 1-3 Johannesgasse 16 Universitätsstr. 7 Taborstraße 28 Mariahilferstr. 8 Kaiserstr. 96 Alser Str. 39 Berggasse 8 Schwarzspanierstr. 15 Wielandgasse 2-4 Rudolfstr. 17 Dragonenstr. 22 Dreifaltigkeitsgasse 12 Museumstr. 4 Brockmanngasse 15 Siebenundvierzigerg.27 Feuerbachgasse 25 Paulitschgasse 5/7
und auch in vielen Städten in Deutschland. Vollständige Liste der Verkaufsstellen auf:
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»Ich will die DKP wieder zusamme nführen.« Inter view mit der designierten Vorsitzenden Bettina Jürgensen
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13 Euro für nix: Der Bund-Län der-Kompromiß zur BAfö G-Erhöhung deck t gerade den Preis anstieg
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Staatsdoktrin
Israel gilt manc hem als Schutzm acht und Heimstätt e schlechthin aller Juden. Doch wie ist es tatsächlich um das Verhältnis zu Antisemitismus und Shoah-Üb erlebenden beste llt? Von Moshe Zucke rmann Seiten 10/1 1
Gegenwehr
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Zehntausende gegen Rasmusse ns Regierung: In Dänema rk nehmen die Proteste gegen Sozialabbau zu
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Stieg Larsson hat den Erfolg seine r Bücher nicht meh r erlebt. Jetzt liegt die erste Biographie vor
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N ein zur Mappu s-Show
Baden-Württemb ergs Ministerprä sident ernennt Hei Demonstranten ner Geißler zum fordern Baustop Vermittler in Sac p und Aufklärun hen »Stuttgart 21« g der Polizeiübe . ngesichts anhal rgriffe. Von Daniel tender Mass
166 Millionen Menschen hung ern
Rom. 166 Millionen Menschen weltweit leiden laut einer UN-Studie an Hunger. In 22 Ländern seien die Bewohner chron en Behruzi proteste gegen isch unterernäh »Stuttgart 21« rt oder hätten Prob wird Baden-Wü leme rttembergs Miessen zu bekomme , genug zu nisterpräsident n, heißt es in Stefan Mappus einem am Dien (CDU) kreativ. Am Mittw stag vorgestellt och ernannte er en Bericht der Ernä per Regierungserklä hrungs- und Land rung den CDU wirtschaftsorga -Polit ker Heiner Geiß nisat ler zum Vermittler ides Welternährung ion (FAO) und zwischen Gegnern sprogramms und (WFP) der Verei Projekts. Geißler, Befürwortern des nten Nationen. Zu auch in Tarifausei den betroffenen andersetzungen nLänd ern zählen vielgefragter Schli unter anderem ter, sei bereit, chAfghanistan, Haiti »als objektiver , der Irak, Somalia Vermittler aufzutreten«, und der Sudan. so Mappus. Zugle Schuld daran sind stellte der Mini ich den Angaben sterpräsident klar, zufolge vor allem daß er am Bau des Kriege, NaturkaTiefbahnhofs und tastrophen und der ICE- Strecke nach mangelhaft arbei Ulm festhalten tende staatliche will. Gespräche, die Instit Mapp anhaltenden Lebe utionen. Von erneut anbot, sollen us den Kritikern nsmittelkrisen sich nur um Frage sprechen die beide der Ausgestaltung n n UN-Organisadrehe tionen, wenn ein »Die Projektträg n. Land mindesten er sind bereit s acht Jahre lang unter einem klaren Signa zu Nahrungsl und werden desknappheit leide halb den Abriß t und mehr als des Südflügels zehn Prozent seiner vorerst nicht beginnen« Entw , sagte Mappus in Form von huma icklungshilfe weiter. Als »pure Auge nitären Hilfsgünwis tern erhält. nete daraufhin Caro cherei« bezeichla (dapd/jW) Gruppe »Parkschüt Eckstein von der zer« diesen Schri Der Abriß des tt. Regierung Südfl schef Mappus: IG Metall greift »Bereit zu eine störung des Nord ügels – die Zerm klaren Signal flüge « ter Bahnhofs wurd ls des Stuttgarvon der Leyen a Die »Parkschüt e zer« – Teil des n gen Wochen unter bereits vor eini- ten Bünd brei- antwortlic nisses verschiede lautstarkem Prote hen Konsequen ner vollzogen – sei zen ziehen.« Auch aus Sicht ohnehin nicht vor st sationen, das sich seit Mon Organiausschusses, Wolf der Opposition aten gegen teien 2011 das Milli geplant gewesen, gang Bosbach (CDU spar- sagte hinge ardenprojekt zur im Bundestag – so die Aktivistin ) gen, ob das Vorg Wehr wo am Mittwoch Mittwoch gegen am lehnen die ehen unver über junge Welt. angebotenen Gesp setzt – nachmittag im Rahm hältn ismäßig gewesen en einer Aktuellen Auch ter diese Mappus’ Ankü räche un- Stund sei, lasse sich n Umst ndigu e über »Stuttgart aus der Distanz nicht bewerten. kommenden Jahre ng, bis Sommer keinen Bau-, änden ab. »Solange es werd 21« debattiert en sollte – sind s keine weiteren Vielleicht sollte noch Bäu- gibt, sehen Abriß- und Vergabestopp zum me fällen zu lasse er Dietrich Wagn Vorgehen der Poliz viele Fragen fragen. Der wir keinerlei Anla n, sei kein Zeich er 66jährige Rent der Annäherung. ß für Ge- ben. en spräche«, ei offengebliener sagte Eckstein. »Das bezieht sich Der infol Grün ge der Leipzig. Die IG Meta en-Po Das gelte insPolizeigewalt »schw trug litiker Wolfgang nur besondere auf die Bäume ll weist den GeWieland und der vor dem Hintergrun im Schloßgarten, erste Augenverletzun setzentwurf von Linkspartei-Abg gen« davon. Wie Ausschreibung die waltexzess d Bundesarbeitsm eord- behandelnd en zur Fällung e der Polizei gegen der Ge- nete Jan Korte warfe der inisterin Ursula von e Arzt n weite der Bundesregiefriedliche rung rer 80 Bäume gegenüber dem - Demonstranten der Leyen (CDU auf der Nordseite vor, sich dahinter Magazin Stern beric bei der Räumung ) zur Leiharbeit zurüc des Teils des zu Bahnhofs laufe htete, sind die verschanzen, eines daß die k. Dieser sei Schlo n bereits«, beric Lider des Mannes zerris »eine Zum htete Donnerstag ßparks am vergangenen wortu Einsatzleitung in der Veran Eckstein. Diese sen, utung«, sagte IG-M ist der Augenbot- den eines s Vorgehen entsp . »Es gibt viele ng Stuttgarts geleg etallChef Berthold Hube Auges gebrochen, reche für, daß Belege da- Wief ebenfalls exakt en habe. Dieter haut verm r (Foto) einem die Netzdie Polizei alles den ursprünglichen elspütz von der Onlinebericht der utlich eingerissen getan hat, um SPD Pla- Gewalt zu nungen der Bahn sprac h von die Linse Süddeutschen einem und sind provo AG. Ihr Fazit: Zeitung zufolge n zerstört. Ob Wagn »Von gegen Stuttg zieren. Der Widerstand satz« »tief mißglückten Polizeiein einem Moment bei einem bund er – der in- zwischen Straf des Innehalten . Es sei »politisch art 21 soll so krimi esweiten Arbeitstre s kann werd anzeige wegen überhaupt keine nalisiert »verh unklug« und ffen von rund 300 en«, kritisierte die KörperRede sein.« eerend«, wenn verletzung gegen Betriebsräten am Aktivistin. »Wir die Staatsmacht Baden-Württem fordern Aufklärun Mittwoch in Leipso gegen »norm bergs Innenminister g und, daß die zig. Durch den ale Bürger« vorge Heribert Rech Ver- Der Vorsi Entw urf werde die he. (CDU gestellt hat – je tzende des Bund Ausgliederung wieder sehen könn ) estagsinnenvon Besc häftig wird, ist ungewiß. en ten hoffähig gemacht. u Siehe Seite 8 Was bisher als Mißbrauch betra chtet worden sei, werde zum geset zlich geregelten Normalfall. Der Bundesanwalts IG-Metall-Vorsi chaft: Keine neu tzende kritisierte, en Ermittlunge die Leiharbeiter n zum Oktoberfes seien neben den und 30 Jahre Erwe t-Anschlag von nach dem Okeiner zweiten »indu rbslosen zu 1980 toberfest-Ansch Der damals 21 striellen ReserJahre alte Geol lag in Münvearm ee« geworden. ogie- eines student war bei chen mit 13 der schlimmsten dem Anschlag Woche hatten sich In der vorigen als 200 Verletzten Toten und mehr ums Lebe Attentate in selbst der Gesc Unternehmer und n gekommen. hat die BundesanAcht hichte der Bund IG Metall auf gleic waltschaft die esrepublik Atten Wochen vor dem Münchne Bei der Gedenkve he Bezahlung für schuldig. Auch Wiederaufnahm r tat war eine Bom etwa 3 000 Leiha ranstaltung zum Opfer-Anwalt e der 30. Jahre Ermittlungen be im Werner der italie rbeiter der Stahl Dietrich abgelehnt. Der stag des Atten branche geeinigt. nischen Universitä Bahnhof heuti- Forderung tats waren aufna hatte wiederholt die Wied ge Erkenntnisstan Die Gewerksch tsstad er- logna deton en nach Wied hme gefordert. d aft IG BCE drängt iert, 85 Menschen t Boeraufnahme Er nen Anlaß, sagte biete dazu kei- der Ermi ist überz nun auf eine analo eugt, daß es Hintermän starben. ttlungen laut gewo ein Sprecher ge Regelung für die ner des Anschlags Wie sich später herausstellte, rden. Der gab. der Münchne Bundesanwaltsc Chemie-Branche war der r Oberbürgerme haft am Mittw Die Bundesanw Anschlag das . och in stian ister Werk Karlsruhe. Die altsc Chrihaft italie nisch hatte schisten, Ude (SPD) sagte anfänglich unter er Faamtlichen Ermi (dapd/jW) die mit der in so anderem im Liba am 26. Septtlun- tember gen waren bishe junge Welt wird he gut wie allen non NATO-Lä ermittelt, wo sich bei einer Kran r zu dem Erge ndern konspirativ zeitweise Mitg zniederlegung bnis am Denk gelangt, daß der Genossinnen und Grausgegeben von 1 063 liede tätige der r heimarmee enossen (Stand 30.9.10). mal für die Opfe rechtsextremen rechtsextremis Informationen: der NATO »Gla n Ge tische schlags, Wehrsportgrup r des An- Hoff Attentäter Gund www.jungewelt.de/ dio« pe der olf Köhler ein Einz mann aufhielten sammenarbeitete zulpg Wunsch nach , zu der Köhler täter war. n. Spuren, dene volls el- diger Ermi n die ttlung müsse aufge tän- Kontakte hatte. Am Bundesbehörden 23. November aber offenbar griffen 1982 werden. Das nicht wurde das Ermi nachgingen, weise sei man den ttlungsverfahre 40040 > Opfern schli n darauf hin, n »Gladio« auch eßlich eingestellt daß hinte . Attentat gestanden r dem Münchner haben kann. (dapd/ jW) 4
CARLA BOZULICH
MICHAE L LATZ/DA PD
CANDELILLA
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LAURIE ANDERSON FEMOUS ORCHESTRA
LYDIA LUNCH
Rolle von »Glad
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GISÈLE VIENNE
FEMALE PRESSURE
NODES, ROOTS & SHOOTS
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Foto: Weinwurm
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41 Prozent aller Unternehmensgründungen in Wien wurden zuletzt von Frauen durchgeführt, vor 15 Jahren waren es erst 28 Prozent. In Summe sind heute 38 Prozent der Wiener Wirtschaftstreibenden Frauen. In technischen und handwerklichen Berufen sind Frauen allerdings nach wie vor stark unterrepräsentiert. Frauen müssen daher noch stärker ermutigt und Brigitte Jank, Präsidentin unterstützt werden, in Männerder Wirtschaftskammer Wien domänen einzudringen – und zwar bereits in der Phase der Berufswahl junger Frauen und Mädchen, wo es gilt, die Breite des Angebots aufzuzeigen und die Chancen technischer Berufe wahrzunehmen. Frauen gezielt entlasten und unterstützen „Eine besondere Herausforderung besteht in der Mehrfachbelastung vieler Unternehmerinnen,“ sagt WK Wien Präsidentin Brigitte Jank. Laut einer aktuellen Studie der Wirtschaftskammer sehen sich zwei Drittel der weiblichen Selbständigen
mit einer Doppel- bzw. Mehrfachbelastung durch Familie, Hausarbeit und Beruf konfrontiert. Es müssen daher Modelle entwickelt werden, die es Frauen ermöglichen, die unternehmerische Tätigkeit mit Betreuungsaufgaben in der Familie zu verbinden und gleichzeitig Karriere zu machen. In den vergangenen Jahren konnte die Wirtschaftskammer Wien zahlreiche Erleichterungen und Verbesserungen für Unternehmerinnen erreichen: • Einführung einer Betriebshilfe für Unternehmerinnen, die aufgrund einer Geburt, einer Krankheit oder einem Unfall ihren Betrieb vorübergehend nicht führen können • Reform des Kinderbetreuungsgeldes, die finanzielle Verbesserungen für kurze Karenzzeiten gebracht hat • Steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten, die gerade für Unternehmerinnen aufgrund der notwendigen Flexibilität außerhalb der üblichen Betreuungszeiten hohe Kosten verursachen SERVICE Über das breite Berufsangebot für Mädchen informieren das Berufsinformationszentrum der Wiener Wirtschaft (BiWi) am Währinger Gürtel (www.biwi.at) und der Wiener Töchtertag am 28. April 2011.
Programminfo und Tickets unter www.donaufestival.at oder Freeline 0800 664 022
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l l an.schläge das feministische monatsmagazin. april 2011
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an.schläge Nr. 04/11, 25. Jahrgang, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M
Präimplantationsdiagnostik Mein Ei gehört mir? 8. März auf dem Tahrir-Platz Arabische Frauen gehen auf die Barrikaden Perverse Poetin, Zauberin des Lichts A Tribute to Elfi Mikesch Plus: Aslı Erdog˘an >> MayDay >>Transnationaler MigrantInnenstreik >> Die Lust der Frauen >> Obsorge-Debatte >> Marlene Streeruwitz >> und vieles mehr