1 minute read
DER THEOLOGENPAPST
from Angelus n° 02 / 2023
by Cathberne.ch
Auch wenn es für eine endgültiges Urteil zu früh sei, werde Benedikts Amtszeit bedeutender sein als die seines Nachfolgers Franziskus. Das sagt der Historiker Volker Reinhardt, der an der Universität Freiburg (Schweiz) lehrt. Reinhardt weist auf die konsequente Haltung von Benedikt XVI. hin. Das Pontifikat Benedikts XVI. lässt sich aus Sicht des Historikers «im oberen Mittelfeld» in der Geschichte der Päpste einordnen. «Er hat die Kirche nicht revolutioniert, aber Akzente gesetzt», sagt der Geschichtswissenschaftler im Interview der «Zeit»-Beilage «Christ und Welt».
Benedikt sei ein «Theologenpapst» gewesen, so Reinhardt weiter. Das unterscheide ihn von den meisten anderen Päpsten der Neuzeit, die eher Juristen und weniger theologisch gebildet gewesen seien. Er habe versucht «die Kirche an die Tradition zurückzubinden», erklärt der Historiker. «Er wollte deutlich machen, dass die katholische Religion mehr ist als ein Lippenbekenntnis, auch mehr als ein sonntäglicher Gottesdienstbesuch.» Dafür habe er eine konsequente Haltung vertreten, und sich auch gegen den Zeitgeist gewandt. «Einen allgemeinen Beifall darf kein Papst bekommen», betont Reinhardt.
Letztlich ist Benedikt laut Reinhardt aber daran gescheitert, seine Haltung einer breiten Öffent- lichkeit zu vermitteln. Dazu habe ihm auch die mediale Präsenz gefehlt. «Benedikt XVI. war kein Papst zum Anfassen, er setzte auf eine Distanz, die historisch zum Selbstverständnis des Papsttums gehört», urteilt der Historiker. Das tue der Bedeutung des Pontifikats aber keinen Abbruch: «In einer Kirche, die sich auf Märtyrer beruft, kann Scheitern der höchste Triumph sein.»
Dementsprechend bewertet Reinhardt auch den Rücktritt Benedikts im Jahr 2013 als markantesten Punkt des Pontifikats. «Er hatte wohl das Gefühl, seine Kräfte verschlissen zu haben im Kampf gegen den Zeitgeist. Andere sollten diese Schlacht fortsetzen – so würde ich das gewagt interpretieren.»
(kna)
GRAB VON BENEDIKT XVI. ZUGÄNGLICH
Zahlreiche Päpste haben in den Vatikanischen Grotten unter dem Petersdom die letzte Ruhe gefunden. Nun können wieder Besucher hinabsteigen. Der Vatikan hat das Grab des kürzlich verstorbenen eremitierten Papstes Benedikt XVI. für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Über seinem Grab, bedeckt von einer steinernen Platte mit seinem Namen, ist eine steinerne Skulptur an der Wand angebracht.