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09 Retraite

MUTIGE SCHRITTE INS NEUE

Mit Bewegungs- und Schrittübungen stimmen sich die Teilnehmenden im Pfarreizentrum Christ-König auf die Retraite ein.

Foto: Niklaus Baschung

Festlicher Sonntagsgottesdienst in der Kirche Christ-König zum Abschluss der Retraite.

Foto: Thomas Messmer-Meile «MUTIGE SCHRITTE INS NEUE» HIESS DAS MOTTO DER RETRAITE DES PASTORALRAUMS BIEL-PIETERLEN» IM PFARREIZENTRUM CHRIST-KÖNIG. ERSTE SCHRITTE WURDEN UNTERNOMMEN.

Nach einer Vakanz in der Leitung und einer lähmenden Coronapandemie haben sich dreissig Frauen und Männer, Kirchenmitglieder im Pastoralraum Biel-Pieterlen, auf die Suche nach neuen Perspektiven gemacht. Bereits in der Einstiegsrunde wurden die unterschiedlichsten Erwartungen deutlich, aber auch Gemütslagen, die von Resignation bis Aufbruchsstimmung reichten. So meinte ein Kirchenmitarbeiter, dass die Kirche, die er einst gekannt habe, gar nicht mehr existiere und auch nicht gebraucht werde. Eine Katechetin stellte hingegen fest, dass sich Schüler und Schülerinnen immer noch über das Thema Schöpfung emotional ansprechen lassen und so ein guter gemeinsamer Bogen zum Glauben gespannt werden könne.

Als Referent konnte Urs Eigenmann und als Referentin Jutta Lehnert gewonnen werden. Urs Eigenmann gilt als ein führender Vertreter der Befreiungstheologie im deutschsprachigen Raum. Er zeigte in seinem Vortrag auf, dass die Christianisierung des römischen Imperiums im 4. Jahrhundert zu einer «Imperialisierung des Christentums» geführt habe. Der biblisch bezeugte Ursprung des Glaubens wurde zu einer kirchlichen Orthodoxie, die sich über die Jahrhunderte zunehmend verfestigt und verfeinert hat. Für den Referenten ist das Reich Gottes der Schlüsselbegriff der christlichen Botschaft und

der kirchlichen Praxis. Im Grunde ein Weg zurück zu den Anfängen des Christentums und dem Einsatz für Gerechtigkeit als Basis des Handelns für jeden Christen und jeder Christin.

Gelegenheit, die abstrakten theologischen Gedanken auf das kirchliche Handeln der Gegenwart zu konkretisieren, bot sich den Teilnehmenden der Retraite in Gruppenarbeiten zu «Fünf praktische Impulse für die Pfarrei vor Ort».

– Achten auf Zeichen der Zeit – Eine Pfarrei muss darauf achten, was vor Ort geschieht.

– Orientieren an Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit – gibt es Ausgrenzungen und Diskriminierungen in der Gemeinde?

– Sensibel sein für Arme und Bedrängte – wo in der Gemeinde gibt es wirtschaftlich Arme?

– Achten auf finanzielle und kulturelle Ausschliessungsmechanismen – und diese abbauen.

– Die verschiedenen Charismen der Kirchenmitglieder entdecken und fruchtbar machen. Was können wir tun, um uns selber zu ermächtigen?

Eine Arbeitsgruppe wird nun aus den gesammelten Ergebnisse nächste Schritte diskutieren und vorbereiten.

BIBELARBEIT

Die Theologin Jutta Lehnert, Trägerin des Dorothee Sölle-Preises 2013, stellte in einem eindrücklichen Referat dar, wie der erste Korintherbrief (Verse 11.17 bis 11, 34) im damaligen Kontext zu verstehen ist und zu «unserem Text» gemacht werden kann. Vielen Christen ist der Satz geläufig: «Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!» Weniger bekannt ist, dass dieser Satz im Korintherbrief nicht losgelöst ist, sondern im Zusammenhang mit einer Kritik von Paulus an den unsolidarischen Essgewohnheiten innerhalb der Gemeinde steht. Die reicheren Gemeindemitglieder nehmen keine Rücksicht auf die Armen. Paulus ruft zur Solidarität auf.

Die Retraite wurde am Sonntag mit einem Gottesdienst «Feier des Lebens» abgerundet, in dem der Chor Cantus Cordis und der Organist Diego Rocca mitwirkten.

Niklaus Baschung

RETRAITE: WIE WEITER?

Anlässlich der Retraite21 am 16. Oktober hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich inzwischen einmal getroffen und die Ergebnisse weiter diskutiert hat. Nun soll es einen weiteren, konkretisierenden Schritt geben und zwar mit einem «Offenen Forum kathbiel-pieterlen», an dem sich jede/r Interessierte einbringen kann. Datum gerne vormerken: Samstag, 22. Januar 2022, 10.00–15.00 Uhr. Der Ort steht noch nicht fest. Anmeldung ist ab sofort möglich. Spätere Informationen kommen im nächsten Angelus bzw. auf der Webseite des Pastoralraumes.

Theologin Jutta Lehnert und Theologe Urs Eigenmann während ihren Referaten im Pfarreisaal Christ-König.

Fotos: Niklaus Baschung

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