Swiss Performance 02
Internationaler Seegerichtshof Hamburg Teppiche von TISCA TIARA Architekt: E. Freiin v. Branca Fotograf: Oliver Heissner
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Zeitschrift und Schriftenreihe für Architektur Revue thématique d’architecture
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TISCA Tischhauser + Co. AG ■ CH-9055 Bühler ■ 071-791 01 11 TIARA Teppichboden AG ■ CH-9107 Urnäsch ■ 071-365 62 62 TISCA/TIARA Objektberatung ■ CH-8021 Zürich ■ 01-241 97 10 info@tisca.com ■ www.tisca.com
CONCEPTA SG
Januar / Februar
Swiss Performance 02 Bauten und Projekte Andrea Bassi Burkhalter / Sumi A. und D. Cattaneo Diener & Diener Max Dudler Frei / Ehrensperger Herzog & de Meuron Theo Hotz Lazzarini Architekten Daniele Marques Meili und Peter Morger & Degelo Bernard Tschumi Stefan Zwicky UN Studio/ Ben van Berkel Hotel Castell, Zuoz
Editorial
Swiss Performance 02
Auch während des Jahres 2001 sind zahlreiche bemerkenswerte Bauten und Projekte entstanden, die – sei es wegen ihrer geografischen Lage, sei es wegen ihrer Autoren – unter dem weiten Begriff «Schweizer Architektur» subsumiert werden. Deshalb knüpft die erste archithese des Jahres thematisch und formal an ihre Vorgängerin «Swiss Performance» an (vgl. archithese 1/01) und widmet sich einem Rückblick auf das Architekturgeschehen der letzten Monate. Folgerichtig wurde auch in diesem Heft die gewohnte Heftaufteilung in thematische Beiträge, Architekturkritik und Rubriken zugunsten eines möglichst breiten Fächers von aktuellen Beispielen vorübergehend aufgehoben. Die Auswahl ist gewiss nicht vollständig – kann es in diesem Rahmen auch nicht sein. Die Auswahlkriterien für die Projekte waren primär deren architektonische Qualität und der Zeitpunkt der Fertigstellung; gleichzeitig galt es, eine vielfältige Mischung von Architekturbüros, Bauaufgaben, Massstäben, Haltungen und Ansätzen zu präsentieren. Das Panorama reicht denn auch vom ländlichen Schulhaus zum städtischen Sportstadion mit integrierter Altersresidenz, von der grossbürgerlichen Villa zur dörflichen Mehrzweckhalle, vom ephemeren Konzertsaal zur alpinen Industrieanlage, von der urbanen Grossüberbauung zum Altstadt-Kleinhotel. Eine solche Zusammenstellung kann nicht dazu dienen, ein repräsentatives Bild des Schweizer Baugeschehens zu vermitteln; gelungene oder interessante Projekte, wie sie sich in diesem Heft konzentrieren, sind in der Realität zahlenmässig stets untervertreten. Es ging uns auch nicht darum, anhand einiger Beispiele neue Tendenzen der Schweizer Architektur aufzuspüren; diese Tour d’Horizon soll vielmehr, im Sinne eines Jahrbuches, die Vielfalt des aktuellen Architekturgeschehens veranschaulichen. Der breite Fächer von Bauten und Projekten ist als Beitrag und Anregung zur weiteren Diskussion zu verstehen. Nach diesem keineswegs nostalgischen Rückblick wird sich archithese wieder vermehrt der Zukunft zuwenden: Heft 2 beschäftigt sich mit Bionik, insbesondere mit Parallelen zwischen den Konstruktionsprinzipien der Natur und der Architektur, Heft 4 thematisiert die Rolle neuer elektronischer Medien in der Architektur. In eigener Sache: Das seit 1972 in der jetzigen Form geführte Baudoc Bulletin der bekannten Schweizer Baudokumentation wird nicht selbständig weiterbestehen sondern mit der archithese zusammengeführt. Ab Heft 2/2002 werden Sie also das bekannte Logo des Bulletins auf der archithese finden und zugleich einzelne Rubriken des Heftes in der archithese. Neben den bekannten Synergieefekten von Fusionen können wir beiden Leserschaften ein erheblich erweitertes Spektrum bieten, ohne das thematisch ausgerichtete Profil der archithese zu verändern. Mit den Abonnenten der Baudokumentation werden wir unseren Verbreitungsgrad nahezu verdoppeln und somit unseren Standort innerhalb der Fachzeitschriften für Architektur nachhaltig konsolidieren.
Herzog & de Meuron: Stadion St. Jakob-Park, Basel (Foto: Ruedi Walti)
Redaktion
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Die Hänge über dem See bei Küsnacht zählen zu den bevorzugten Wohnlagen in der Zürcher Agglomeration. Nur wenige Bauten allerdings weisen eine dem exklusiven Umfeld entsprechende Gestaltung auf. Luxus, so zeigt eine neue Villa von Meili und Peter, bedeutet nicht die Adaption formaler Manierismen; Luxus zeigt sich in perfekter handwerklicher Qualität, in ausgeklügelter Detaillierung und in einem funktionalen Grundriss.
Konkretion des Machbaren Marcel Meili und Markus Peter: Villa Ringier, Küsnacht J. Christoph Bürkle
«Das Einzelhaus ist heute eine schwierigere Aufgabe als die der zusammenhängenden Siedlungen und Baublöcke.» Dieser Satz, von Bruno Taut 1927 formuliert, drängt sich auf, wenn man in Küsnacht am Seehang von Zürich steht: Der zeittypische Entwurfsansatz Tauts, die Typologie des Hauses grundlegend neu zu definieren, scheint an den dortigen Häusern spurlos vorbeigegangen zu sein. Hier, an einer der gediegensten Gegenden des Zürcher Grossraums, sind die Häuser architektonisch simpel und so bescheiden, dass die exorbitanten Preise, die für die einfachsten Häuser bezahlt werden, kaum in Relation zur baulichen Substanz stehen. Die Zeit ist zumindest in diesem Geviert stehen geblieben, auch neuere Häuser sind sattelbedacht und verströmen Heimatstilaura, deren Analogie des Alltäglichen sich von selbst ergibt. Erratischer Block
Ein neues Haus scheint hier nicht hinzupassen, zumindest zeigt es eindringlich, dass es auch anders geht: Es ist das neue Domizil der Familie Ringier, und schon in Form und Farbe will der erratische Block mit seinem Umfeld so gar nichts zu tun haben. Die Anlage besteht aus der Villa mit einem Nebengebäude, in dem Garage sowie Gäste- und Einliegerwohnung untergebracht sind. Mit zwei Quadern stehen die Häuser gestaffelt im offenen Winkel zur abfallenden Landschaft und zum Seeblick. Zum Hang öffnet sich das massiv und steinern wirkende Volumen der Villa mit Terrassen und schmalem Laubengang vor den Schlafzimmern im Obergeschoss. Es
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sind nicht die «hellen Kuben unter dem Licht», vielmehr ist das Haus auf horizontale Schichtung angelegt. Einer transparenten, skulpturalen Raumauffassung wurde die geschlossene, additive und erdverbundene Massivität vorgezogen, die von aussen schon durch die Wirkung des grüngräulichen Kalksandsteins hervorgerufen wird. Es ist der Anröchter Dolomit, ein Kalksandstein, dessen haptische Qualitäten und lichtabsorbierende Eigenschaften ihn bereits zum Markenzeichen der Steinplastiken Ulrich Rückriems werden liessen. Diese reliefhafte Schichtung setzt sich im Aussenraum fort, zieht sich über die Terrassen, das Schwimmbad bis hin zur Gartengestaltung. Das rechteckige Blumenfeld vor der Terrasse, eingefasst von Mauern als betont vertikaler Zäsur, verstärkt dieses Moment, wodurch die hausnahen Gartenbereiche gleichsam zu architektonischen Aussenräumen werden. Die ferneren Bereiche wiederum wurden von Kienast, Vogt und Partner als Landschaftsgarten gestaltet, der den bewussten Gegensatz zur Architektur darstellt. Serpentinenförmige Wege schlängeln sich den Hang hinauf, zwischen Pflanzen und Bäumen hindurch. Der Pfad, selbst Ziel und Selbstzweck, führt immer zum Haus; auf eine geometrisierende Gliederung des Freiraumes wurde verzichtet. Das Haus sollte «modern und gleichzeitig gemütlich» sein, so der Bauherr Michael Ringier – zwei Parameter, die sich noch immer auszuschliessen scheinen. Dementsprechend ist das Haus nicht weitflächig verglast, sondern hat grosse Panoramafenster mit Brüstungen, die den gezielten Blick auf
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3 1 Volumetrische Skizze (Foto: Ralph Richter)
2 Eingang in das Haupthaus, von der Vorfahrt aus gesehen (Fotos: Heinrich Helfenstein) 3 Gartenfront
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Drei an einem lose bebauten, ehemaligen Rebhang erstellte Häuser thematisieren zentrale Fragen des Siedlungsbaus: die Angemessenheit des Massstabs, die Balance zwischen formaler Einheit und Vielfalt und die Spannung zwischen privaten und öffentlichen Aussenräumen. Die der Bauaufgabe inhärenten Konflikte werden souverän geschlichtet; das Ergebnis wirkt zugleich innovativ und vertraut, verspielt und ausgewogen – und ist ein Beispiel für eine Siedlung, die nicht nur in städtebaulicher Hinsicht gelungen ist, sondern auch räumlich interessante, gehobene städtische Wohnungen anbietet.
Living in a Red Box Burkhalter/Sumi: Mehrfamilienhäuser in Witikon, Zürich Judit Solt
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1 Fassaden Haus 6, 1:300 2 Situation 3 Ansicht mit Bandfenstern, Terrassen und Loggia (Fotos: Heinrich Helfenstein)
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Der für Zürcher Verhältnisse sonnige Hang war ursprünglich ein Rebberg. Heute prägen ihn neben älteren, ländlichen Bauten – stattlichen Gutshöfen mit Fachwerkfassaden und kleineren Dépendancen – auch Wohnbauten späteren Datums, von der Heimatstil-Villa über zaghafte moderne Versuche bis hin zu wuchtigen Siedlungen in Sichtbeton. Sowohl die Nähe des Stadtzentrums als auch die noch junge bäuerliche Vergangenheit sind deutlich spürbar. Die in den letzten Monaten von Marianne Burkhalter und Christian Sumi fertig gestellten Häuser sind als Siedlung erkennbar, ohne den ortsüblichen Volumenmassstab zu sprengen: Drei bis auf Drehungen und Spiegelungen identische Volumen mit Flachdach, einspringenden Terrassen und vorgehängten Loggien stehen teils quer, teils längs zum Hang und bilden zusammen mit einer bestehenden Villa eine zusammenhängende Einheit.
Stadtpalast und Landschaft
Der Entwurf hat seit seinen Ursprüngen als Siegerprojekt eines privaten Studienauftrages 1998 einige Wandlungen durchgemacht. Geblieben sind jedoch die Vorbilder – die Doldertal-Häuser von Alfred Roth und Marcel Breuer (1936) sowie die Stadtpalazzini, wie sie von Libera und Moretti ab Mitte der Dreissigerjahre in Rom erstellt wurden – als Beispiele einer sinnvollen Typologie für den gehobenen städtischen Wohnungsbau. Die Verteilung der Siedlung auf einzelne Punkthäuser ermöglicht nicht nur den Bau von allseitig orientierten Wohnungen, sondern sie vermeidet auch, trotz einer relativ hohen Ausnützung, einen optischen Abschluss in der Landschaft. Im Gegensatz etwa zu einem langen Riegel, wie man ihn in der Umgebung vereinzelt findet, erlaubt diese Bauweise immer wieder Blickachsen durch die Siedlung. Die Aussicht ist es wert: Unterhalb der Parzelle ducken sich archithese 1.02 13
Welche städtebauliche Struktur lässt sich für ein ehemaliges Industriegebiet entwickeln, das durch seine Tallage vom Stadtzentrum abgeschnitten ist? Bernard Tschumis Vision für Lausanne war eine Stadt der Brücken, die sich über das Tal legt und neue räumliche Verknüpfungen entstehen lässt. Die Ponts-villes blieben Theorie, realisiert wurde jetzt der Interface Flon – die Erweiterung und Umstrukturierung eines Verkehrsknotenpunktes eben in diesem Tal. Der Architekt schafft ein Ensemble, das eine funktionale und visuelle Verknüpfung von Tal und Altstadt ermöglicht.
Vektorielle Infrastruktur Bernard Tschumi: Interface Flon, Lausanne Anne Wiesner
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Kann man Bewegungen im Raum materialisieren? Bernard Tschumi bejaht diese Frage und verweist auf seine theoretischen und praktischen Arbeiten, in denen er sich mit Bewegung in Abhängigkeit von statischen Räumen auseinander gesetzt hat, wie beispielsweise in der Publikation Manhattan Transcripts und in dem 1992 in Paris realisierten Landschaftsgarten Parc de la Villette. In der Tat ist es nicht die formale Ästhetik, der Tschumi in seiner Architektur nachgeht; ihn interessieren Bewegungen der Menschen – verursacht durch räumliche Beziehungen und Ereignisse, die sich aufgrund der Architektur und der ihr eingeschriebenen Programme ergeben. Auch seine für die Schweiz entwickelten Projekte basieren auf Überlegungen zur Dynamik: K-Polis, ein von einer Rampe durchzogenes Kaufhaus für Zürich; EPFL Extension, eine mit Leerräumen durchsetzte Institutserweiterung, und Ponts-villes, ein auf Brücken basierender Masterplan, beide für Lausanne. Alle diese Projekte blieben unrealisiert. Lausanne aber ist nun doch die erste Stadt in der Schweiz, die den gebürtigen Westschweizer mit der Realisierung eines Projektes beauftragte: der Erweiterung und Umstrukturierung des Interface Flon, eines Verkehrsknotenpunkts im Herzen der Stadt. Die Altstadt von Lausanne liegt oberhalb des Genfersees. Täler durchziehen die Moränenlandschaft und bilden eine spezifische Topografie. Diese hat ein im Vergleich zu gewohnten urbanen Situationen umgekehrtes Verhältnis von Strassen zu umbautem Raum hervorgebracht: Häuser sind in den Hang hineingebaut, und Strassen werden zu Brückenbauwerken. Die Vallée du Flon, ein vom Fluss Flon gebildetes Tal, liegt im Zentrum von Lausanne, ungefähr auf halber Strecke zwischen Bahnhof und Kathedrale. 13 Meter trennen das in der Talsohle liegende ehemalige Industriegebiet von der oberhalb gelegenen historischen Stadt. Eine alte Brücke – der Grand Pont – führt Fussgänger und Autofahrer über das Tal und verbindet die sich gegenüberliegenden Stadtteile. Obwohl das Tal mitten in der Stadt liegt, gab es lange Zeit keine Zukunftsvision. Der neue Verkehrsknotenpunkt, der Interface Flon, der am nördlichen Ende der Vallée du Flon gelegen ist, schafft neben einer Verknüpfung von verschiedenen Verkehrsmitteln auch neue räumliche Verbindungen zwischen den einzelnen Stadtniveaus.
zeigt die bereits bestehende Station, als deren Erweiterung die Station LEB gilt: eine in den Berg hineingebaute, trostlos anmutende Metrostation. Tschumi und Merlini haben durch ein neues räumliches Beziehungsgeflecht, das sich in den Luftraum zwischen die Berghänge und über die Talsohle setzt, eine visuelle und funktionale Verknüpfung von Tal und Altstadt geschaffen. Eine neue Brücke – auf der Höhe des Grand Pont gelegen – stellt eine fussläufige Verbindung zwischen den gegenüberliegenden historischen Stadtteilen her. Daran angeschlossen verbinden Aufzug und Treppe die Brücke mit der 13 Meter tiefer liegenden Place de l’Europe. Ein Kreisverkehr für Autos und Busse liegt im westlichen Teil des Platzes. Der Glaskubus
Interface Flon
Ausgangspunkt für die Umstrukturierung und Erweiterung des Interface Flon war die neue Endstation der Bahnlinie Lausanne-Echallens-Bercher – kurz LEB –, mit deren Bau die Stadt Lausanne Bernard Tschumi und Luca Merlini beauftragte. Hinzu kam die Aufgabe, von dieser in der Talsohle gelegenen U-Bahn-Station aus vertikale Verbindungen zur bestehenden Metrostation, zum darüber liegenden Platz und zur Höhe der Altstadt herzustellen. Dass eine solche Aufgabe funktional richtig gelöst werden kann, ohne der Entwicklung des Ortes wirklich zu dienen, 2
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In einer sensiblen Berglandschaft wie dem Engadin stellt jede architektonische Intervention eine gestalterische Herausforderung dar – für den Industriebau aber gilt dies in besonderem Masse. Mit erstaunlich einfachen Mitteln realisierte Kurt Lazzarini im Tal bei Samedan eine Asphalt-Aufbereitungsanlage, die der Landschaft nicht abträglich ist.
Präzise gesetzte Kuben Lazzarini Architekten: Asphalt-Aufbereitungsanlage, Samedan Mathias Remmele
Die Aufgabe der Architekten bestand im Wesentlichen darin, die von der in Chur ansässigen Catram AG saisonal betriebene Fabrikationsanlage, in der aus Kies und Bitumen Asphalt für den Strassenbau hergestellt wird, einzuhausen – ihr also eine dem Witterungs- und Sichtschutz dienende Hülle zu geben. Dabei waren der Standort und die Dimensionen der hochtechnisierten, nur von wenigen Mitarbeitern bedienten Fertigungsstätte ebenso fixierte Vorgaben der Planung wie die räumliche Organisation der Produktionsabläufe. Für das inmitten der Samedaner Ebene am Rand eines Gewerbegebietes, in direkter Nachbarschaft zu Strasse und Bahnlinie situierte Asphaltwerk nutzt man das Areal einer ehemaligen Kiesgrube. Die gesamte Anlage, die in Form zwei44 archithese 1.02
er unterschiedlich grosser Kuben in Erscheinung tritt, liegt in der durch den Kiesabbau entstandenen Senke. Von der Ebene aus betrachtet, wirkt die Höhenerstreckung deshalb um gut ein Drittel geringer, als sie in Wirklichkeit ist. Die beiden weitgehend geschlossenen Kuben platzierte Lazzarini direkt am inneren Rand der Grube. Eine Stützmauer aus Sichtbeton markiert und sichert den Terrainsprung. Der grössere Baukörper birgt mit der Aufbereitungshalle gleichsam das Herzstück der Anlage. Er wird von einer gläsernen Dachlaterne bekrönt, die eine natürliche Belichtung und Belüftung der Halle ermöglicht. Der zweite, deutlich kleinere Kubus hüllt den durch ein Förderband mit der Produktionshalle verbundenen Verladesilo ein.
2 1+2 Ansichten der Anlage (Fotos: Ralph Feiner) 3+ 4 Schnitt Hauptgebäude und Grundriss Gesamtanlage, 1:1000
Beide Körper sind als reine Stahlgerüstbauten ausgeführt. Ihre Fassaden bestehen aus sich schuppenartig überlappenden, rechteckigen Alublechen, die mit einer beschieferten Polymerbitumenbahn beplankt wurden. Aus der Anordnung der grossflächigen Blechpaneele ergibt sich eine bandartige, horizontale Gliederung der Fassaden, die durch einen Richtungswechsel in der vertikalen Überlappung noch akzentuiert wird. Ein Effekt, der je nach Lichtverhältnissen und Betrachtungsstandpunkt mehr oder minder stark ins Auge fällt. Mit der Materialisierung der Fassaden thematisiert Lazzarini auf ebenso originelle wie überzeugende Weise den Zweck der Anlage beziehungsweise die Ausgangsstoffe der Asphaltherstellung. Die feinen Schieferplättchen, welche die Polymerbitumenbahnen bedecken, verleihen der Gebäudehülle fast schon die Anmutung eines «natürlichen» Baustoffes: Ihre graue Farbe wirkt erdverbunden. Der Gesamtkomplex steht dank der einfachen und doch markanten monolithischen Form der beiden wohl proportionierten Baukörper zurückhaltend und zugleich selbstbewusst in seiner Umgebung. Die Asphalt-Aufbereitungsanlage stellt zwar unbestreitbar einen weiteren Eingriff in den Naturraum der Samedner Talebene dar, im Kontext der Engadiner Landschaft kann sie aber als Bereicherung gelesen werden – und das besonders, wenn man sie mit den gestaltlosen Gewerbebauten ringsum vergleicht.
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Architekten: Lazzarini Architekten: Kurt Lazzarini; Mitarbeiter: Mierta Lazzarini-Kaiser, Annabelle Breitenbach, Preza Pajkic; Auftraggeber: Catram AG, Chur
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Der Sterilität von Kettenhotels zu begegnen, war in den vergangenen Jahren wesentlicher Beweggrund für eine Reihe neuer Konzepte im Gastgewerbe. Ein Kleinsthotel in Mainz bietet weder Ausstattungsluxus noch das geeignete Ambiente für glamouröse Auftritte: Die Reduzierung auf das Wesentliche ist im «Quartier 65» Prinzip, man leistet sich den Luxus des Verzichts. Bei aller Bescheidenheit wurde weder mit dem Raum gegeizt noch bei der Sorgfalt der Ausstattung und Materialisierung.
Auratische Einfachheit Max Dudler: Hotel «Quartier 65», Mainz Hubertus Adam
platz aus Granit. Selbst unter dem Druck des bescheidenen Budgets lässt Dudler mit seiner Materialwahl und Formensprache anklingen, dass ein Hotel ein besonderer Ort ist, der sich aus der ununterscheidbaren Normalität des Alltagslebens ausgliedert. Obwohl die schmalen Fensterschlitze der Stirnseiten eine Dreigeschossigkeit suggerieren, gliedert sich das Innere in Wahrheit um vier Ebenen – im Erdgeschoss eine Bar, darüber in drei Geschossen jeweils zwei Zimmer. Eines orientiert sich jeweils zum Rhein, das andere zum Ort hin. Reduzierte Gestaltung auch hier: Schwarze Asphaltplatten bilden den Boden, die Wände sind weiss gestrichen; hinzu tritt ein leicht gräulich getönter hölzerner Raumteiler in Längsrichtung, in den zuunterst Barbereich und Treppe, in den oberen Geschossen Nasszellen und Schränke integriert sind. Tische und Stühle stammen aus Dudlers bewährtem Bistro-Möbelprogramm «Black Monday», die Stehlampen in den sechs geräumigen Zimmern von Arne Jacobsen. Von den üblichen Hotels unterscheidet sich das «Quartier 65» in zweierlei Hinsicht: Der Gast findet hier nur das Nötige. Und dieses Nötige wurde mit der nötigen Sorgfalt gestaltet und ausgewählt. Was, wie jeder Reisende weiss, nicht wenig ist.
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Hof
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Korridor
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Architekt: Max Dudler, Berlin, mit Thomas Kröger; Tragwerksplanung: Büro Idstein, Mainz; Auftraggeber: Rosemari und Rainer Schreeb GbR Hotelbetriebsgesellschaft.
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Ein Hotel mit sechs Zimmern und einer Bar – kein Restaurant, kein Schwimmbad, keine Konferenzräume, keine Minibar und auch kein Fernseher auf dem Zimmer: Welch waghalsiges Unterfangen, mag man zunächst denken. Doch das Hotel im Mainzer Vorort Weisenau will sich nicht mit den Standards der Kettenhotels messen und nennt sich deshalb schlicht «Quartier». Als Quereinsteiger ins Gastgewerbe wagte Rainer Schreeb nach einer Karriere bei IBM den Neubeginn. Zunächst war es ein in Frankfurt ansässiges Architekturbüro, das mit ersten Planungen für die dem eigenen Wohnhaus benachbarte schmale Parzelle beauftragt wurde – eine überzeugende Lösung für das beengte Grundstück entstand indes nicht. Man trennte sich einvernehmlich. Durch Zufall sah der Auftraggeber im Oktober 1997 einen von 3sat ausgestrahlten Film über den aus der Ostschweiz stammenden, aber seit Jahren in Berlin tätigen Architekten Max Dudler. Die unter dem Titel Reichtum der Askese vorgestellten Bauten des Architekten überzeugten Schreeb so sehr, dass er unverzüglich mit Dudler Kontakt aufnahm. Mit dem bescheidenen Budget von einer Million Mark entstand an der Wormser Strasse eine Herberge für Individualisten, die auf die vermeintlichen Standards zu verzichten bereit sind und die persönliche Betreuung durch das Hotelierehepaar ebenso zu schätzen wissen wie eine klare, auf das Wesentliche reduzierte Ausstattung. Vom Rhein durch die Bundesstrasse und eine Bahntrasse getrennt, reiht sich das «Quartier 65» mit seinem den Auflagen des Ensembleschutzes gehorchenden spitzen Giebel in die zum Teil historische Uferfront von Weisenau ein. Dudler gelingt hier ein ironisches Spiel: Er fügt sich den Bauauflagen, schafft aber ein hochgradig abstraktes Volumen; ein Volumen, das einen Kontrast zur Bebauung ringsum darstellt, ohne diesen Kontrast aber zu stark zu betonen. Gerade einmal gut sechs Meter breit, wirkt das Hotel wie die auf das Äusserste reduzierte Miniatur eines Hauses: Durch den Verzicht auf jegliche ornamentalen Applikationen und die auch die Dachflächen einschliessende Verkleidung mit Platten aus portugiesischem Granit wird das Gebäude zur monolithischen Skulptur. Fast gewinnt das lang gestreckte Volumen einen tempelhaften Charakter – ein Eindruck, der durch das zur Strasse hin vorgelagerte Podium noch verstärkt wird. Von zwei niedrigen Mauern begrenzt, besteht auch dieser Vor-
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4 1+2 Grundrisse Erdgeschoss (Bar) und Regelgeschoss (Hotelzimmer) 1:300 3 Ansicht der Rückseite (Fotos: Ivan Nemec) 4+5 Strassenansicht 6 Längsschnitt 1:300
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