archithese 4.11 - Architekturkritik / Critism – 40 Jahre archithese

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Architekturkritik – Criticism

archithese

4.2011

Internationale Zeitschrift und Schriftenreihe für Architektur

Eine Chronik zum Jubiläum

International thematic review for architecture

Der Gründungsmythos im Gespräch Architektur und Architekturkritik Architekturkritik und das Elend der Welt Architekt und Politiker Die Beziehung von Praxis und Kritik Kleine Rede an die Verächter des Feuilletons The Rebirth of the Youth Voice Patrik Schumacher The Autopoiesis of Architecture Kritik nach der Biegsamkeit Jürgen Mayer H. Metropol Parasol, Sevilla Peter Zumthor Serpentine Gallery Pavillon 2011, London Interview Jacques Herzog

Architekturkritik – Criticism 40 Jahre archithese

Bauen mit Begeisterung kostenoptimal und termingerecht realisiert. Von der Studie bis zur erfolgreichen Realisation – jeder Bau ist eine Referenz. o. l.: Neubau Sportausbildungszentrum «Mülimatt», 5210 Windisch o. r.: Neubau Alterszentrum «Lanzeln», 8712 Stäfa u. l.: Neubau «Toro 3» und «Toro 4», 8050 Zürich

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Editorial

Architekturkritik Die archithese feiert ihr vierzigjähriges Jubiläum. Gegründet von Hans Reinhard mit Stanislaus von Moos – und am Leben gehalten von einer Vielzahl von Redaktoren, den Herausgebern von Verband und Verlag, den Autoren, den Anzeigenpartnern und schliesslich insbesondere den Lesern und Leserinnen sowie Abonnentinnen und Abonnenten, welche die anhaltende Existenz und Präsenz von archithese auf der nationalen und internationalen Bühne des Architekturdiskurses

mit ebensolcher Ausdauer begleiteten. Vierzig Jahre des kritischen Verfolgens des Bau- und Architekturgeschehens ohne Ausfälle und Unterbrechungen gibt – bei aller Kritik, die der eine oder andere anbringen möchte – vielerlei Anlass zum Feiern. Doch wie bei Festen üblich, bedeuten sie eine hohe Anspannung aufseiten der Gastgeber, welche um das Gelingen des Jubiläums ringen und Sorge tragen, dass sich jeder Gast gut unterhält und amüsiert. So hätten wir uns für das Jubiläumsheft auf eine Abfolge von Lobeshymnen einigen können, doch erschien es uns angemessener, unsere Aufgabe an sich und damit verbunden Fragen der Kritik zu beleuchten. Seit einiger Zeit mehren sich die Stimmen, welche eine anhaltende Kritiklosigkeit bemängeln, sich durch internetgleiche Beschreibungen langweilen und den anregenden Diskurs über das Einzelobjekt hinaus vermissen. Es sind berechtigte Stimmen, die sich um die Qualität und Entwicklung unserer gebauten Umwelt sorgen und ein unabhängiges Gegengewicht zu den üblichen Mechanismen und Kräften erwarten; die gegenüber dem gegenwärtigen Augenblick weder die Spekulation über die Zukunft vergessen noch den Wert der Vergangenheit negieren wollen. Diese Auseinandersetzung, der Blick aus unterschiedlicher Richtung, die Weitung des Horizonts waren seit jeher der Antrieb für die Arbeit der archithese, die ihrem Namen zum Trotz ungern Thesen vertrat und vertritt. Aus der Vielschichtigkeit der Beiträge zu einem Thema eine These zu bilden, bleibt damals wie heute den Leserinnen und Lesern überlassen. Unter diesen Vorzeichen müssen die Idee und der Widerspruch gesehen werden, die für das Jubiläum angemessene Höflichkeit mit dem sperrig-schmerzenden Begriff der Kritik zu verknüpfen. Daraus entstanden ist ein Heft, welches – verstärkt durch den wiedergefundenen Gründergeist – die Bedeutung der Kritik anerkennt und sich um deren Stellung verdient zu machen sucht. Der Wert der Kritik garantiert die Berechtigung der archithese, und somit schien uns nichts näherliegend als der archithese dieses Geschenk zu überreichen. Herzlichen Glückwunsch! Redaktion

4    archithese 4.2011

Der Schüler Blunts, Giedions und Pevsners; Architekturkritiker, Förderer der Independent Group und von Archigram sowie Professor für Architekturgeschichte: Reyner Banham (1922 – 1988) dokumentierte 1972 Los Angeles für die BBC (Foto: Filmstill aus: Reyner Banham loves Los Angeles)



AR c h i t e k t u r Ak t u e l l

Am falschen Ort

1

Das «Ich» taucht in der archithese nicht auf. Das

Tag weilte ich auf der Weltausstellung und davon

von Peter Zumthor

Persönliche soll durch Untersuchung, Auseinander-

mehrere Stunden im «Holzstapel». Das temporäre

Meine Heimat London, oder: «Wer Erde

setzung und Abwägung verallgemeinert wie objek-

Bauwerk erlaubte es. Man musste sich keineswegs

Der Serpentine Pavillon 2011 in London

riechen will, sollte sich in den Park legen.»

tiviert und damit zu einer im besten Fall allgemein-

für seine Hingabe schämen, hatte mitunter Einsam-

gültigen Instanz werden. Der Verlust des «Ich» gilt

keit zwischen den Stapelreihen, konnte die Musiker

als notwendiger Ausdruck der notwendigen Über-

an sich vorbeiziehen lassen, die Bewegungsmuster

windung allzu rascher Urteile wie unabgewogener

und die Partitur der Bespielung erkunden – mit ein

Meinungen. Für das Jubiläum stelle ich mich gegen diese

26    archithese 4.2011

wenig Glück und Überwindung mit einem Musiker sprechen. Ich erinnere mich nicht mehr an das Ge-

ungeschriebene Hausregel, denn die biografische

spräch, aber an die Kraft, ein solches zu suchen und

Befangenheit macht es mir unmöglich, das Ich im

zu finden. – Das Essen war ebenfalls ausgezeichnet,

Allgemeinen aufgehen zu lassen: Peter Zumthors Ar-

und auch wenn der Regen durch das Gebäude zog

chitektur war meine erste Leidenschaft. Präziser: Die

und von den Metallprofilen tropfte, war der Wille

Fotografie der Architektur Peter Zumthors war meine

zum Verweilen, zum Aufnehmen der Atmosphäre,

erste Leidenschaft. Hélène Binets Bilder in der Mono-

zur Erfahrung vorhanden.

grafie Häuser, welche die im Bauprozess verloren ge-

Kann ein Gebäude jemanden ergreifen und um-

gangenen Träume des Architekten wiedergewinnen

armen? Ich bin Kontrabassist wie Peter Zumthor.

und weitergeben, formten für lange Zeit eine eigene,

Kontrabässe verleiten zum Animismus; das hat

meine individuelle Traumvorstellung von Architektur.

schon Patrick Süskind eindrücklich beschrieben.

Bei der Expo 2000 – damals war ich 19 – hatte

Der Arco-Klang des Kontrabasses berührt, durch-

mein Studium noch nicht einmal begonnen. Einen

dringt, ist tief ergreifend. Auch wenn Peter Zumthor


2

1 Der Pavillon am Tag (Fotos 1+3: Hufton & Crow) 2 Aussenansicht nach Osten (Fotos 2, 4+5: Walter Herfst)

27


38    archithese 4.2011


40 Jahre archithese Ein kurzer Rückblick auf die Geschichte Anfang 1971 erschien das erste Heft der neu gegründeten Zeitschrift archithese. Verschiedene Redaktionsteams haben das Blatt geprägt, die archithese hat sich verändert und ist mit der Zeit gegangen, ohne ihren theoretischen Anspruch und ihre kritische Ausrichtung zu verlieren. Ein Rückblick auf die vergangenen vier Dekaden.

Text: Hubertus Adam

1971 – 1976: Die ersten zwei Serien

Im Jahr 1968 gründete Hans Reinhard, der spätere Zentralprä-

Das letzte Heft von fsai erschien im vierten Quartal des Jah-

sident des FSAI (Verband freierwerbender Schweizer Archi-

res 1970 und enthielt die Ankündigung, dass das Verbands-

tekten / Fédération suisse des architectes indépendants) das

organ ab 1971 «in neuer Aufmachung und im innern Aufbau

im vierteljährlichen Turnus als geklammerte A4-Broschüre

geändert» unter dem Titel archithese publiziert werde. Die

erscheinende Verbandsblatt fsai. In der zweiten Nummer war

Redaktion der Hefte oblag von Moos und dem Westschwei-

erstmals der Kunsthistoriker Stanislaus von Moos mit einem

zer Redaktor Jean-Claude Widmer. Die Verbandsnachrichten,

Aufsatz vertreten – einem Beitrag über Moshe Safdies struk-

die einen Grossteil der fsai-Hefte in Anspruch genommen

turalistisches, am Rande der Expo 67 in Montreal realisiertes

hatten, traten zurück hinter einer Folge von Aufsätzen ver-

Wohnbauprojekt Habitat. Von Moos veröffentlichte damals

schiedener Autoren. Verantwortlich für die Herstellung der

unter dem Titel Le Corbusier. Elemente einer Synthese die

kleinen schwarzen Hefte – Heft 3/4 des Jahres erschien als

erste umfassende Monografie über den drei Jahre zuvor ver-

Doppelnummer – war die Imprimerie Réunie in Lausanne, die

storbenen Architekten. Reinhard intensivierte in den folgen-

ihr Engagement indes auf den Druck beschränkte und nicht

den Heften von fsai die Zusammenarbeit mit von Moos, um

vermochte, die Hefte in den Buchhandel zu bringen. Für den

eine kritische Architekturberichterstattung zu forcieren. Da

Verband erwies sich das neue Organ dadurch als finanzielles

Reinhard, wie er in fsai 1’1969 schrieb, ernsthafte Archi-

Desaster, sodass man sich auf die Suche nach einem Ver-

tekturkritik als Desiderat sah, beauftragte er von Moos mit

lag begab. Nicht zuletzt um neben den Abonnenten weitere

einer Serie von Beiträgen zur Schweizer Architektur; dieser

Käufer zu gewinnen, schärfte man das Profil, indem – anders

war in das Thema eingearbeitet, da er zusammen mit Jul

als in den Heften des Jahres 1971 – alle Aufsätze einer Num-

Bachmann die Veröffentlichung New Directions in Swiss

mer ein Thema behandelten. Im Vorwort zur ersten Ausgabe

Architecture verfasst hatte, die noch im gleichen Jahr in

schrieb Hans Reinhard zur Kursänderung: «Das Heft wird ge-

New York erschien. In Gesprächen zwischen Verbandspräsi-

wissermassen noch mehr als bisher den Rahmen einer tradi-

dent und Redaktor entstand die Idee, eine wirkliche Architek-

tionellen Zeitschrift sprengen. Der Grundgedanke liegt darin,

turzeitschrift zu gründen.

archithese als eine thematisch sinnvoll geordnete Reihe von 39


Architekturkritik und das Elend der Welt Das Parkhaus 1111 Lincoln Road in Miami Beach von Herzog & de Meuron Selten werden Parkhäuser der Kategorie der Prestigebauten zugeordnet. Ebenso selten treten sie mit aufwendiger wie gelungener Gestaltung ins Rampenlicht. All dies leistet das Parkhaus 1111 – und vertreibt doch nicht alles Unbehagen.

52    archithese 4.2011

Text: Christian Gänshirt

von der Kreuzung mit der achtspurigen, stark befahrenen

Die Lincoln Road Mall ist eine Mall noch im ursprünglichen

Alton Road bis zur Washington Avenue, von der man nur noch

Wortsinn: eine schattige Promenade, an der sich Läden, Cafés

zwei Blocks bis zum Strand geht.

und Restaurants angesiedelt haben, und die so zur Shopping-

Hier, an der Kreuzung mit der Alton Road, markiert das

mall geworden ist. «Fussgängerzone» wäre der ungelenke

Parkhaus städtebaulich präzise das eine Ende der Mall. Für

deutsche Ausdruck dafür; unpassend insofern, als diese Mall

Autos ist es genauso direkt und selbstverständlich zugäng-

eher abends zum Ausgehen als tagsüber zum Einkaufen

lich wie für die Fussgänger. Indes – grosse Lust, eine Ar-

genutzt wird. Ende der Fünfzigerjahre wurde sie von Morris

chitekturkritik darüber zu schreiben, habe ich nicht, obwohl

Lapidus, dem lange verkannten Vertreter einer hedonistischen

es ja ein durchaus gelungenes Gebäude ist. – Was heisst

Moderne, charmant und liebevoll mit kleinen modernisti-

hier gelungen: Bauherr und Architekten haben offensichtlich

schen Architekturen, Brunnen und Schattendächern möbliert.

keine Mühen gescheut, ein grossartiges Projekt zu entwer-

Ihr markanter Bodenbelag aus breiten weissen und schwar-

fen und zu realisieren. Es ist an alles gedacht, und es ist

zen Bändern geht ebenfalls auf Lapidus zurück. Die Mall um-

ungewöhnlich viel Geld ausgegeben worden. Das Resultat

fasst nicht die ganze Lincoln Road, sondern nur den Abschnitt

sind ausserordentlich grosszügige Räume und intelligent


1 1111 an der Kreuzung Alton Road, Lincoln Road Fotos 1, 4: Iwan Baan)

kombinierte Nutzungen. Gehobener Einzelhandel im Erdge-

assistants des Büros sind anscheinend ganz ähnlicher Mei-

schoss, Wohnungen und ein Restaurant auf dem Dach, dazwi-

nung – meine Bitte um Information wird jedenfalls nicht er-

schen dreihundert Parkplätze auf sechs Etagen, die teilweise

füllt. Das ist, wie sich bald zeigt, auch unnötig. Im Internet

zwei- oder dreifache Geschosshöhen haben. Die Enge, der

und den einschlägigen Zeitschriften findet sich mehr als ge-

fehlende Ausblick, die schlechte Luft, die Beklemmung, die

nug Material. Wer will, kann sich mit ein paar Mausklicks mü-

Parkhäuser so oft zu unangenehmen Orten macht, an denen

helos ganze Bilderserien und die wichtigsten Rezensionen

man sich keine Minute länger als notwendig aufhält, ist hier

ansehen. Zum Gebäude existiert sogar eine eigene Webseite

in befreiende Offenheit verwandelt. So offen, dass Leute mit

– 1111lincolnroad.com.

Höhenangst die oberen Etagen meiden. Und so grandios der Ausblick, dass die oberste Parketage auch für Veranstaltun-

Schwebende Exklusivität

gen gebucht wird.

Ja schön, aber warum dann noch mehr schreiben? Die Architekten brauchen diesen Text sicher am wenigsten. Sie sind

Zur-Sprache-Bringen

seit Langem etablierte Akteure des medialen Starsystems

Trotzdem hält sich meine Arbeitslust in Grenzen. Am verlo-

und arbeiten mit Budgets und Bauherren, die normalen Ar-

ckenden Sommerwetter kann es nicht liegen. Das war schon

chitekturbüros nicht zugänglich sind. Interessant sind die

im vergangenen Herbst so, als ich den Schreibauftrag, wider-

von ihnen selbstverständlich mit Bravour bewältigten Bau-

strebend und mehr überredet als überzeugt, angenommen

aufgaben nur noch insofern, als sie die Architekturzeitschrif-

habe. Überredet hat mich das Zugeständnis des Redakteurs,

ten lesenden Architektinnen und Architekten von Erfolgen

meine Unlust im Text thematisieren zu können. Zu einem

träumen lassen, die sie selbst aller Wahrscheinlichkeit nach

Honorar allerdings, das weit davon entfernt ist, auskömmlich

nie erringen werden. Dass ein weltweit tätiges Grossbüro

zu sein – selbst wenn die Reisekosten übernommen würden.

mit mehreren Hundert Mitarbeitern immer noch gerne als

Aber auch das habe ich schon öfter erlebt, und selten genug

das Schweizer Architektenduo Jacques Herzog und Pierre

hat es mich vom Schreiben abgehalten. Wenn ein Gebäude

de Meuron vorgestellt wird, zählt zu den funktionalen

mich begeistert, packt mich die Lust, herauszufinden warum.

Voraussetzungen dieser medialen Traumproduktion.

Von da her verstehe ich mich streng genommen auch nicht

Man kann nicht ernsthaft über ein Gebäude schreiben,

als Architekturkritiker. Es geht mir eher um das Verstehen

wenn man es nicht gesehen hat. Glücklicherweise fand sich

und Erklären als ums Kritisieren und Bewerten. Das Zur-Spra-

eine Universität in der Nähe, die an einem Vortrag interes-

che-Bringen und das Fotografieren (dazu komme ich später)

siert war. Aber der junge Professor, der mich dann zum Park-

sind für mich die besten Mittel dafür.

haus fährt, möchte mit seinem Wagen (ganz unamerikanisch:

Aber hier wird meine Begeisterung gedämpft durch eine

ein Mini) nicht hineinfahren. Es sei zwar sehr schön, sagt er,

diffuse Abneigung, die sich nicht auf den ersten Blick ent-

aber leider auch viermal so teuer wie die normalen Parkmög-

schlüsseln lässt. Dieser Text ist somit ein Versuch, zu verste-

lichkeiten in South Beach. Wenn ich schon für karges Entgelt

hen, warum ein so herausragendes Projekt doch nicht meine

schreibe, dann ungern, um die Aufmerksamkeit des geneig-

volle Zustimmung findet. Obwohl es viel, sehr viel von dem

ten Publikums auf ein rein kommerzielles Projekt zu lenken.

realisiert, was ich mir unter guter Architektur vorstelle. So

Besonders wenn es sich um jene Form des Kommerziellen

kraftvoll es sich als Objekt präsentiert, so einfühlsam ist es

handelt, die sich «exklusiv» gibt und mit Mitteln der sozialen

auf den Ort bezogen, an dem es steht. Dennoch bleibt meine

wie ästhetischen Distinktion arbeitet.

Sympathie begrenzt. Liegt es am prosaischen Thema der

Wie vollkommen durchkommerzialisiert dieses Projekt

Bauaufgabe? Das Auto, so notwendig es als Verkehrsmittel

tatsächlich ist, zeigt sich beim Besuch seiner Webseite.

sein mag, ist mir eher gleichgültig geblieben in seiner Rolle

Kulturelle Bedeutung wird hier mit ingenieurmässiger Be-

als Luxusobjekt und Statussymbol, die dieses Parkhaus so ge-

rechnung und Effizienz generiert. Wer weiss, was zu tun

konnt zelebriert. Trotzdem kann ich einem Projekt, das eine

ist und die entsprechenden Mittel aufbringt, braucht kein

auf den ersten Blick überzeugende Lösung für ein oft genug

Risiko einzugehen. Trotz, oder vielleicht gerade wegen des

lieblos behandeltes Thema vorschlägt, einiges abgewinnen.

kommerziellen Kontextes sind Ressourcen anscheinend in

Finde ich es vielleicht einfach überflüssig, über dieses Ge-

jedem gewünschten Umfang verfügbar. Aufschlussreich ist,

bäude zu schreiben? Das Parkhaus in Miami trägt die lau-

wer auf dieser Webseite zum Designteam gezählt wird. Ini-

fende Projektnummer 279. Herausragende Projekte aus dem

tiiert wurde das Projekt von Robert Wennett, einem devel-

Büro Herzog & de Meuron kennen wir doch schon zur Genüge;

oper, der bereits in New York, Washington, D.C. und vielen

ist das überhaupt noch eine Nachricht? Die communication

anderen amerikanischen Städten Erfolge gefeiert hat. Ihm 53


HOW TO START A REVOLUTION The Rebirth of the Youth Voice in Architecture

ArchEndWorld’s Guide to this Year’s AA Diploma Units

2011 has been a remarkable year, punctuated by political upset

ArchEndWorld, September 22nd, 2010

at various schools of architecture around the world. At the Rhode

A knot develops in the stomach when looking at the selection

Island School of Design, a revolt led by staff resulted in a “Vote of No Confidence” in the school’s president, John Maeda, student

of units in this year’s Prospectus of the Architectural Association. In 1983, Alvin Boyarsky, famed Chairman of the AA’s ‘golden era’, described the school as a ‘compost’ for learn-

uprisings at the Architectural Association in London voiced

ing. A ‘compost’ it certainly is … And it was Alvin who filled

concerns over the expansion of the school and François Roche

the unit system at the AA with volatile personalities who he

pulled out of his exhibition and lecture at SCI-Arc protesting

knew would despise each other. By creating an acidic mix

against what he called a “Beaux Arts” style of education.

he anticipated the bubbling of class A mulch, prime fertiliser into which students could dip their roots. “When sifting through compost, there is the occasional

Text: Aram Mooradian

plastic shard of packaging, the occasional indigestible ele-

Ours is a seemingly anxious generation. And it is hard not

ment that stubbornly refuses to decay.” […] Likewise, where

to recognise the parallels with the world at large – the Arab

you least expect it, you might find the acidic swill of an old

Spring, a loss of faith in global financial capitalism, looming

tomato – a prime ingredient of any fertile patch.

environmental disaster. The rug has been pulled from under our feet before we’ve had a chance to stand – or, to use an

Education is Not a Commodity

architectural metaphor, – the columns that supported previ-

ArchEndWorld, March 6th, 2011

ous generations have begun to wobble.

Students from the University of East London and Westmin-

But through this anxiety, the past year has seen a flurry of

ster University marched on the British Parliament in protest

exciting independent student movements. As a generation

against the dramatic rise in fees. “Education is not a Com-

of 18 to 28 year olds begins to disassociate itself from the

modity” read large banners. On Gower Street, the historic

systems that it has inherited, frustrated with the excessive

line of houses in Bloomsbury that is home to the University

branding strategies of universities, the commodification of

College London, the School of Oriental and African Studies

degrees, burdened by a sense of being isolated from mean-

and various other schools, canvas banners reading “Solidar-

ingful debate, student magazines and publications have

ity” were draped from windows and parapets.

begun to legitimise a discussion in architecture that seeks

68    archithese 4.2011

to articulate and to crystallise the principles of the Facebook

happy birthday ma.

Generation.

Fulcrum #20, J. Self

At the Architectural Association, in London, three such

Writing and publishing may have changed over those five

publications have emerged in the past year – in a school

decades, in both format and content – but it still costs money

that hasn’t seen an independently run student publication

to print real text. Even Fulcrum is only possible because the

in close to a decade. Architecture for the End of the World,

AA (Brett) and Bedford Press (kindly) permit us to print.

an underground student blog, began the academic year with

As much as we might want to claim total independence from

controversial reviews of the units, turning criticism away

all socio-political and economic hierarchies – the honest truth is

from the quality of students’ work onto the quality of their

that print media will always be expensive and regulated. […]

tutors’ agendas. This was soon followed by the re-launch of

By contrast, a blog costs nothing, and it requires no per-

the Ghost Dance Times, the newspaper that recorded much

mission. Neither does it require any assistance, collaboration

of the AA’s activity during its heyday in the 1970’s until it was

or – most importantly – anyone’s opinion or direction. The

banned when it became too politically disruptive, and smell-

blogger, the Facebooker, the Tweeter, is free to publish how-

ing the potential to compete, Fulcrum was launched, the AA’s

ever much on whatever they choose. There is no need what-

first weekly free sheet, which seeks to elevate student ideas

soever to ask the old questions: who am I writing for, what

within the context of more established writers and architects.

and why am I writing? Facebook Freedom is pushing print

As they slowly accumulate, these fragmented observa-

media in strange directions. The attitude of publishers seems

tions of the present hint at the future. Though we may only

to be that if you’re going to print at all it may as well be a

judge in retrospect which of those observations will turn out

unique object in its own right, and not merely a transmitter

to be valid, it is the ink of these documents that will permit

of information – publications are increasingly bespoke, error-

us to make those judgements.

ridden and egomaniac.


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Kritik nach der Biegsamkeit «Für den Jungen Menschen in der Architektur sollte Radikal als schönes Wort gelten. Radikal bedeutet an die Wurzel gehen […]. Jeder Architekt sollte von Natur aus Radikal sein, denn es ist für ihn nicht genug dort zu beginnen wo andere aufhörten.»

Text: Hannes Mayer Diese Worte sprach Frank Lloyd Wright 1931 in Chicago; pu-

Komplexität von Technologie widerspiegelt. Auch die Wis-

bliziert wurden sie erstmals 1955 in Future of Architecture.

senschaft scheint dem Produktionsdruck unterworfen, und

Könnten diese Worte auch die Zukunft der Kritik und Theorie

die Fülle von Publikationen befördert ausserhalb des Spe-

darstellen?

zialistenkreises statt tief greifender Erkenntnisse vielmehr

Während des vierzigjährigen Bestehens der archithese

Formen von Verschwörungstheorien.

war die Architekturwelt grossen Veränderungen unterwor-

Blogs, Tweets und digitale Plattformen bilden eine neue

fen. Unter dem Diktum des Wachstums und des technischen

Medienlandschaft, welche sich überwiegend an den Polen

Fortschritts entwickelte das stets übergreifende und kaum

von Nachrichtenagentur und persönlichem Kommentar aus-

spezialisierte Berufsfeld der Architektur eine bislang unbe-

bildet – üblicherweise jedoch zumeist spezifisch und von ge-

kannte professionelle Divergenz.

ringer Informations- und Interessensbandbreite, dafür jeder-

Büros, welche vor nicht allzu langer Zeit als Studios und Ateliers der Avantgarde zuzurechen waren, haben mittler-

mann zugänglich, kostenlos und ohne Hemmung. Zum weiteren Verständnis im Hinblick auf die Medien

weile mehrere hundert Angestellte. Sie sichern Fortschritt

lohnt es sich, auf eine erste Phase der Liberalisierung zu-

nicht mehr allein durch Ideen, sondern durch Innovation. Sie

rückzublicken: der Privatisierung des Fernsehens. Ihr ge-

haben die Strukturen von Kanzleien und Beratungsunterneh-

genüber steht der Sendeauftrag der öffentlich-rechtlichen

men übernommen, arbeiten in einem Netzwerk von weiteren

Sendeanstalten. Er fordert und fördert als Ausdruck einer

Beratern und Ingenieuren und haben ihre eigenen PR- und

Gesellschaft Verantwortung, welche das individuelle Inter-

Presseabteilungen.

esse übersteigt. Nimmt man als Beispiel die BBC und deren

Der Professionalismus der Praxis findet sein Gegenstück

Sendeauftrag, so ergibt sich ein kaum ausgestrahltes, zumin-

in der akademischen Welt, deren wissenschaftliche Gründ-

dest jedoch festgeschriebenes Ideal eines Mediums, das trotz

lichkeit und zunehmende Spezialisierung die wachsende

dramatischem Grössenunterschied auch einer Zeitschrift

78    archithese 4.2011


1 Staatsanwalt Chalmers (Robert Vaughn) und Lieutnant Frank Bullitt (Steve McQueen) in Bullitt (Regie:Peter Yates, 1968) Der Film ist nicht allein wegen seiner Verfolgungsjagd bedeutend, sondern auch wegen Bullitts Gewissensentscheidung zwischen der von Chalmers in Aussicht gestellten Karriere und dem Willen, den Fall auf seine Weise zu lรถsen. (Foto: Solar Productions/Mel Traxel)

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