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Forderung: Barrierefreier Bahnhof

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Vor 100 Jahren

Vor 100 Jahren

Barrierefreier Bahnhof

Im Juni fand am Bahnhof Sterzing-Pfitsch eine Sensibilisierungskampagne der Initiative „Wipptal – der kleine Bezirk mit dem großen Herzen“ gemeinsam mit Organisationen und Verbänden, Gemeindevertretern und Privatpersonen statt, bei der auf zahlreiche Barrieren und Missstände am Bahnhof hingewiesen wurde. Nun legt die Bürgerwerkstatt Sterzing konkrete und umsetzbare Konzeptvorschläge vor.

Laut den jüngsten Presseberichten sind neben den betroffenen Gemeinden nun auch der Schienennetzbetreiber RFI und die Südtiroler Transportstrukturen AG (STA) gewillt, die architektonischen Barrieren am Bahnhof abzubauen. „Die bisherigen Maßnahmen am Bahnhofsgebäude sind beschämend, da der eigentliche Zugang in den Zug verwehrt bleibt“, so die Vertreter der Bürgerwerkstatt. „Diese Art der Diskriminierung von beeinträchtigten Menschen, die den öffentlichen Personennahverkehr nicht nutzen können, stellt alle geplanten Mobilitätsprojekte, wie die Radmobilität und den Halbstundentakt, in den Schatten.“ Aufgrund der Eigentumsverhältnisse und Verantwortlichkeiten

Der Treppenzugang ist nur eine der zahlreichen architektonischen Barrieren am Bahnhof Sterzing-Pfitsch.

rund um das Bahnhofareal hielt die Bürgerwerkstatt Sterzing zu diesem Thema kein öffentliches Treffen ab, um nicht falsche Hoffnungen zu wecken. „Mehr denn je möchte die Kerngruppe der BWS praktische Vorschläge unterbreiten, um den verantwortlichen Akteuren machbare und zukunftsorientierte städtebauliche Lösungen zu unterbreiten. Wir erwarten uns damit eine öffentliche Diskussion der Bürger, mediale Reaktionen aller Beteiligten und eine weitere Stärkung des bereits bestehenden Netzwerkes aller Vereine und Institutionen: Denn auch wir Bürger tragen eine Mitverantwortung, unsere Gemeinde in die gewünschte Richtung mitzugestalten.“

Gesamtkonzept erforderlich

Für einen barrierefreien Bahnhof ist ein Gesamtkonzept erforderlich, das viele Aspekte mitberücksichtigt: Fahrradabstellplätze, Parkplätze, Bushaltestellen, sämtliche Zugänge zum und im Bahnhofsgebäude und zu den Bahnsteigen, barrierefreie Zuggarnituren bis hin zum taktilen Leitsystem und zur barrierefreien Fahrgastinformation. Es bedarf zudem einer Erhöhung der Bahnsteige und der Errichtung von Aufzügen. Eine mögliche Grundidee für dieses Konzept ist der Vorschlag der Bürgerwerkstatt, ausgearbeitet von Urbanist und Architekt Arthur Pichler. Die Funktion des Bahnhofgebäudes ist laut Pichler grundsätzlich neu zu überdenken: Die Fahrkarten werden mittels App oder an den Automaten entwertet, weshalb auch bereits die Schalter unbesetzt sind. „Warum soll man nicht mit dem Rollstuhl, dem Kinderwagen oder gar mit dem Fahrrad bis zu den Bahnsteigen gelangen, um dort direkt in den Zug einsteigen zu können? Alles ist möglich und vieles mancherorts bereits in Anwendung“, so der Urbanist und Architekt.

Barrierefreie Unterführung

Eine mögliche Lösung ist eine barrierefreie Unterführung samt überdachter Fahrradabstellplätze, mit natürlichen Lichtquellen und möglichst offen gestaltet, entlang einer bereits vorgegebenen Fußgänger-Hauptachse zwischen Bahnhof und Stadtmitte. Die Rampe kann Richtung Stadtzentrum realisiert werden, da auch die traditionelle Rolle der Bahnhofschalter durch die Digitalisierung überholt und deshalb als einzig möglicher Zugang nicht mehr notwendig erscheint. Das Areal für die Rampe ist gegenwärtig sogar frei (gegenwärtig Lager für Baustelle) von jeglichen Hindernissen wie Gleisen oder Bauwerken und wird als Lager für die Baustelle am Bahnhof genutzt. „Aus städtebaulicher Sicht liegt dieser attraktive und verkehrsfreie Zugang bereits auf

Ein gelungenes Beispiel für einen barrierefreien Bahnhof: Das 375 Tonnen schwere Kernstück der neuen Bahnhofsunterführung am Bahnhof Neumarkt-Köstendorf während des Versetzens an seinen Standort.

der korrekten Richtungsachse ins Stadtzentrum“, so Pichler. Die bestehende Treppe und der neu zu errichtende Aufzug sollten dabei lediglich alternative Zugangsmöglichkeiten darstellen. „Auf diese Weise wird gleichzeitig die Radmobilität gefördert und der motorisierte Individualverkehr reduziert“, betont Pichler. Auch könnte auf weitere Autoabstellflächen verzichtet werden.

Halbstundentakt im Visier

„Sollte in Zukunft ein Halbstundentakt nur mit Hilfe einer Wendemöglichkeit am Bahnhof Sterzing-Pfitsch ermöglicht werden, so müsste zumindest sichergestellt werden, dass künftige Zuganbindungen nach Österreich in Sterzing halten und ohne Umsteigen am Brenner erfolgen“, fordert die Bürgerwerkstatt weiter. Als positives Beispiel einer partizipativen Aktion nennt sie die Autobahn-Ausfahrt in Sterzing: Dort wird im Zuge der Parkplatzerweiterung auch eine Fußgänger-Unterführung errichtet – das Ergebnis einer fruchtbringenden Zusammenarbeit zwischen Gemeindeverwaltung, Brennerautobahn AG und Bürgerwerkstatt Sterzing.

„Wir haben einiges erreicht“

Dr. Hartmut Steinle, Spezialist für Gastroenterologie, Hepatologie, Pankreaserkrankungen sowie interventionelle Endoskopie, leitet seit zwei Jahren die Abteilung Innere Medizin am Krankenhaus Sterzing. Im Erker zieht er eine erste Bilanz und spricht u. a. über das, was er bisher am Krankenhaus Sterzing erreichen konnte. Im Fokus stehen die Festigung der Grundversorgung mit Ausbau der kardiologischen Betreuung und die Endoskopie, die sich bereits als landesweites Zentrum für diese hochspezialisierten Untersuchungen etablieren konnte.

Interview: Renate Breitenberger

Erker: Herr Dr. Steinle, 2020 haben Sie sich mehrere Ziele gesetzt. Konnten Sie diese auch erreichen?

Dr. Hartmut Steinle: Wenn ich auf die letzten zwei Jahre zurückblicke, dann kann ich mit Stolz feststellen, dass wir trotz nicht immer einfachen Rahmenbedingungen wie etwa Covid-Pandemie oder Personalmangel sehr viel von unseren Zielen verwirklichen konnten.

Welche?

Die internistische Grundversorgung ist die zentrale Aufgabe, der wir gerecht werden müssen. Und es freut mich sehr, dass wir hier ein sehr gutes Angebot mit hoher Qualität geschaffen haben. Ein ganz wichtiger Grund dafür war, dass wir weitere erfahrene Fachärzte nach Sterzing holen konnten, die mit ihrem Können unser Leistungsangebot hervorragend ergänzen. Insbesondere haben wir die Kardiologie mit Dr. Sandmann und Dr. Cividini verstärken können. Die kardiologische Diagnostik und Therapie ist ein ganz zentraler Pfeiler für die Innere Medizin und Grundversorgung unserer stationären, aber auch unserer ambulanten Patienten. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie schnell, effizient und mit großer Qualität wir mittlerweile unsere stationären Patienten versorgen können. Das sage ich auch, wenn ich den Vergleich mit teils deutlich größeren Krankenhäusern, an denen ich schon tätig war, ziehe. Da brauchen wir uns überhaupt nicht verstecken, im Gegenteil! Natürlich kann das Sterzinger Krankenhaus nicht alle Untersuchungen und alle Behandlungen bei sämtlichen internistischen Erkrankungen anbieten, kaum ein Haus kann das. Aber wir sind gut vernetzt und arbeiten sehr gut mit den anderen Krankenhäusern in Südtirol und auch mit Innsbruck zusammen.

Gemeinsam mit Dr. Christian

Wenter haben Sie die Gastroenterologie und die interventionelle Endoskopie ausgebaut.

Das ist der nächste Punkt, auf den ich stolz bin. Zum einen haben wir innerhalb kurzer Zeit die nötigen Strukturen geschaffen, um in Sterzing die gastrointestinale Endoskopie mit Sedierung anbieten zu können. Obwohl diese für die Patienten meist angenehmere Art der Untersuchung in Deutschland, Österreich und Schweiz bereits seit Jahren Standard ist, war sie in Südtirol bislang noch nicht etabliert. Mittlerweile wird sie von sehr vielen Patienten gewünscht und auch sehr geschätzt. Diese Sedierung mit einer „Schlafspritze“ ermöglicht eine sichere Kurznarkose und eine angenehmere, schmerzfreie Untersuchung, die von unserem speziell geschulten Pflegefachpersonal mit dem Arzt durchgeführt und überwacht wird. Hierzu haben wir auch einen Aufwachraum geschaffen, der mit neuester Technik ausgestattet ist und für maximale Patientensicherheit sorgt. Hier sind wir Spitze in Südtirol! Zum anderen haben wir das Angebot an endoskopischen Untersuchungen erweitert und Spezialuntersuchungen in Sterzing etablieren können, die ich in Innsbruck erlernen durfte und die bislang in Südtirol teils nur in Bozen durchgeführt wurden. Dass wir das geschafft haben, war nur möglich, weil uns der Sanitätsbetrieb gezielt unterstützt hat und wir ein tolles und motiviertes Endoskopie-Assistenzteam hier in Sterzing haben. Diese neuen Untersuchungstechniken erlauben uns, vom Magen und Zwölffingerdarm aus sehr genau die Bauchspeicheldrüse und

Hartmut Steinle (53) ist in Baden-Württemberg aufgewachsen und hat nach dem Abitur an der AlbertLudwigs-Universität in Freiburg im Breisgau Medizin studiert. Die Facharztausbildung zum Internisten hat er an einem städtischen Krankenhaus in Berlin begonnen und 2003 in der Schweiz abgeschlossen. Ab 2005 war Dr. Steinle an der Uniklinik Innsbruck tätig und schloss dort 2008 die Spezialisierung zum Gastroenterologen ab. Am 1. Dezember 2020 hat er als Primar die Führung der Inneren Medizin am Sterzinger Krankenhaus übernommen. Er wohnt in Sterzing.

die Gallengänge zu untersuchen, wenn nötig gezielt Proben zu entnehmen und bei Bedarf auch minimalinvasive Behandlungen durchzuführen. Es ist schön zu sehen, dass dieses neue Angebot in ganz Südtirol angenommen wird. Am Anfang hatten wir uns zum Ziel gesetzt, das nördliche und östliche Gebiet, also das Einzugsgebiet von Bruneck/Innichen und Brixen/Sterzing abzudecken. Mittlerweile haben wir auch Zugänge aus Meran und Schlanders.

Ist die Patientenzufriedenheit in kleinen Krankenhäusern grundsätzlich höher als in großen Häusern?

Das Arbeitsklima sowie die Qualität der Patientenbetreuung hängen eigentlich nicht von der Größe des Hauses ab, sondern von den Menschen, die dort arbeiten. Eine Stärke des Krankenhauses Sterzing war immer schon die gute Ausbildung von Ärzten und Pflegern, ihr großes Engagement, ihr patientenorientiertes Arbeiten und die Empathie, die sie dem einzelnen Patienten entgegenbringen. Jetzt, nach zwei Covid-Pandemiejahren, wo wir nun endlich wieder etwas Normalität zurückerlangt haben, kommt diese Qualität noch einmal mehr

zum Tragen.

Konnten in den Ambulanzen auch die Wartezeiten verkürzt werden?

Wartezeit bedeutet nicht nur die Zeit bis zum Erstkontakt mit einem Krankenhaus, sondern besonders wichtig für chronisch Kranke die rasche Einbindung in eine kontinuierliche Betreuung am heimatnahen Krankenhaus. Und das wird mit den gemessenen und veröffentlichten Wartezeiten nicht immer ausreichend abgebildet. Hier sind wir sehr bemüht, die Wartezeit zum Erstkontakt und auch zur kontinuierlichen ambulanten Betreuung zu verbessern. Da sind wir auf einem guten Weg, aber noch nicht dort, wo wir sein möchten. Während es im gastroenterologischen Bereich kaum bis keine Wartezeiten gibt, gilt es in anderen internistischen Bereichen, die Wartezeiten schrittweise zu verkürzen. Die ambulante kardiologische Betreuung zu optimieren, ist hierbei eines unserer Hauptziele. Voraussetzung für die weitere Verbesserung der ambulanten Versorgung ist natürlich, dass wir alle Facharztstellen besetzt haben. Hier haben wir noch zwei offene Stellen, die es gilt, in den nächsten Monaten mit guten Bewerbern zu besetzen.

Müssen die beiden Stellen erst geschaffen werden oder hat

niemand auf die Ausschreibung reagiert?

Ärztemangel gibt es in ganz Europa, in fast jedem Haus, in Italien genauso wie nördlich des Brenners. Die besagten Stellen müssen nicht neu geschaffen werden, sie sind zu besetzen. Dass wir die beiden Stellen noch nicht besetzen konnten, liegt natürlich in erster Linie am genannten Ärztemangel, zum anderen daran, dass jüngere Ärzte meist große Kliniken für ihre weitere Ausbildung und Spezialisierung suchen. In Südtirol haben wir zudem die Hürde der Zweisprachigkeit, die manche Kollegen aus dem italienischen oder deutschsprachigen Raum abschreckt. Sehr wichtig hierbei ist, dass der Sanitätsbetrieb oft einen einsprachigen Arbeitseinstieg ermöglicht und für die Erlangung des verpflichtenden Zweisprachigkeitsnachweises einen zeitlichen Aufschub gewährt.

Wie kommen Sie selbst mit der

italienischen Sprache zurecht? Ich bin auf einem guten Weg, aber das Erlernen der italienischen Sprache ist angesichts der knappen Zeit, die mir neben meiner Arbeit bleibt, kein Selbstläufer. Das verlangte Niveau ist relativ hoch. Da geht es mir aber gleich wie den anderen „einsprachigen“ Kollegen. Umso wichtiger ist es, dass es trotz der sprachlichen Hürde einen Anreiz gibt, in Sterzing zu arbeiten. Dieser Anreiz ist nur dann gegeben, wenn gute Medizin gemacht wird, attraktive Arbeitsbedingungen vorherrschen, die Abteilung gut funktioniert sowie Aus- und Weiterbildung möglich sind. Letztere wird in Südtirol übrigens hervorragend unterstützt. Und das in einer Form, wie ich sie aus anderen Ländern nicht kenne.

Wird in Sterzing auch mit modernster Technologie gearbeitet?

In diesem Bereich sind wir unterschiedlich zufrieden, Wünsche haben wir immer. Aber auch das ist ein Problem, das fast jedes Krankenhaus betrifft. Klar ist auch, dass nicht jede einzelne Abteilung in allen Bereichen die immer neueste Technik haben kann. Das wäre nicht finanzierbar. Was unsere Abteilung betrifft, sind wir mit der endoskopischen Ausstattung und der Ultraschalldiagnostik zufrieden. Doch das ist wie bei Autos oder Handys: Nach ein paar Jahren gibt es ein besseres. Neue Technik ist insbesondere in der Medizin oft sehr teuer. Aber wir sind Jahr für Jahr danach bestrebt, in Absprache mit dem Sanitätsbetrieb unsere technische Ausstattung zu verbessern. Wichtig ist hierbei, dass nicht nur das Krankenhaus Bozen, sondern auch die anderen Häuser in Südtirol die Möglichkeit erhalten, mit der dafür notwendigen technischen Ausstattung Spitzenmedizin in den Bereichen, in denen das ärztliche Know-how bereits vor Ort ist, anbieten zu können. Andernfalls verlieren wir

Durchführung einer Endosonografie (v. l.) Primar Dr. Hartmut Steinle und Dr. Christian Wenter

„Spannend und abwechslungsreich“

Dr. Fabian Sandmann (42) stammt aus der Nähe von Hannover. Nachdem er zehn Jahre lang in Berlin gearbeitet hat – er praktizierte in kleineren und größeren Krankenhäusern – bekam er, großstadtmüde geworden, Lust auf einen Tapetenwechsel. Bei der Jobsuche ist er auf Sterzing aufmerksam geworden. „Das kleine Krankenhaus hat mir sofort zugesagt“, so Dr. Sandmann. „Die Wege sind kürzer, die Patientenversorgung ist familiärer und das Handlungsfeld weiter, da wir viele verschiedene Krankheitsbilder abdecken.“ Auch erschien es ihm einfacher, in einem Krankenhaus Fuß zu fassen, in dem viele Patienten, Ärzte und Pfleger Deutsch sprechen. So kann er sich die italienische Sprache Schritt für Schritt aneignen. Der Internist mit Schwerpunkt Notfallmedizin möchte demnächst die Kardiologie-Facharztprüfung ablegen. Zurzeit lebt er mit seiner Frau und seinen Kindern in Bozen und pendelt jeden Tag nach Sterzing.

„Ein großartiges Team“

Seit Juli verstärkt Dr. Agostino Cividini (57) aus der Provinz Bergamo das Team der Inneren Medizin. Er hat sich an der Klinik in Pavia im Fach Infektiologie spezialisiert und insgesamt elf Jahre dort im Bereich Lebererkrankungen gearbeitet. Nach seinem Wechsel nach Tione im Trentino spezialisierte er sich zudem im Fach Kardiologie. In diesem Jahr entschied er sich für eine neue berufliche Erfahrung und bewarb sich in Sterzing als Facharzt für Medizin und Kardiologie. „Ich bin sehr positiv beeindruckt vom Krankenhaus. Hier gibt es großartige Fachleute, nicht nur in der Gastroenterologie, auch in anderen Bereichen“, so Cividini. Am meisten gefällt ihm, dass in der Abteilung Patienten mit sehr unterschiedlichen Erkrankungen behandelt werden und dass er sowohl stationäre als auch ambulante Patienten betreut. Zurzeit besucht er einen Sprachkurs, um Deutsch zu lernen, und wohnt in Ratschings. diese gut ausgebildeten Spezialisten früher oder später und sind auch für die Ausbildung junger Ärzte nicht attraktiv genug.

In den Medien ist fast täglich über das Krankenhaus zu lesen, u. a. vom Personalmangel bis hin zur permanenten Angst vor der Schließung von Abteilungen und der gesamten Struktur. Wie wirkt diese Berichterstattung auf jemanden, der hier tagtäglich arbeitet?

Diese Berichterstattung ist für uns nicht immer nachvollziehbar. Sicherlich hat ein kleines Krankenhaus am Rande Italiens durch den Personalmangel, den wir bei Ärzten und vor allem bei der Pflege nicht nur in Sterzing spüren, größere Probleme. Dennoch sind die Hintergründe mancher irritierender Berichte sicher vielfältig. Auf diese kann und möchte ich nicht im Detail eingehen. Grundsätzlich ist zu sagen, dass eine negative Berichterstattung immer berechtigt ist, wenn sie kritisch-konstruktiv ist. Das ist sie leider selten. Ein kleineres Krankenhaus zu führen und im Gesamtverbund eines Sanitätsbetriebes langfristig zu etablieren, ist und wird immer besondere Anstrengungen und Bemühungen notwendig machen. Wir Primare und Leiter des Krankenhauses Sterzing kennen die Probleme, aber auch die Stärken unseres Krankenhauses sehr gut. Wir sehen es als unsere Aufgabe, die Schwachstellen und manche Fehlentwicklung aufzuzeigen, nicht um jemandem Schuld zuzuweisen, sondern um konstruktiv eine Lösung zu suchen. Die in allen Abteilungen geleistete bestmögliche Behandlung wird leider viel zu selten in der Berichterstattung erwähnt, wie auch die vielen positiven Rückmeldungen unserer Patienten. Das ist sehr schade, weil dies ein einseitiges, zu negativ gezeichnetes Bild des Krankenhauses provoziert, das so nicht der Realität entspricht.

Beeinflusst die Berichterstattung auch arbeitssuchendes Fachpersonal?

Mit Sicherheit! Da wir oft keinen direkten Einfluss auf die Berichterstattung nehmen können, haben wir zumindest den Internetauftritt der Inneren Medizin auf eigene Initiative hin modernisiert, zeitgemäßer gestaltet und unsere Leistungen abgebildet. Wir möchten Pflegern, Schwestern und Ärzten, die sich über das Haus erkundigen, zeigen, dass in Sterzing einiges vorangeht, teilweise sogar mehr als an anderen, deutlich größeren Standorten. Unsere Primare und Ärzte machen ihre Arbeit mit viel Herzblut und bemühen sich sehr, ein hochwertiges Angebot zu schaffen, wichtige Dienste abzudecken und zukunftsorientierte Projekte umzusetzen.

Was sagen Sie zur aktuellen Krise in der Chirurgie?

Das, was Primar Dr. Robert Pfitscher über viele Jahre in der Chirurgie Sterzing aufgebaut hat und welche Leistungen hier an dem vergleichsweise kleinen Haus möglich waren, verdient große Beachtung und Re-

Ärzteteam an der Inneren Medizin in Sterzing (v. l.) Dr. Christian Wenter, Dr. Fabian Sandmann, Dr. Agostino Cividini, Dr. Giulia Lever, Primar Dr. Hartmut Steinle, Dr. Klaus Dorfmann, Dr. Andreas Stahn, Dr. Andrea Miotti und Dr. Manfred Kuppelwieser

spekt. Mit seiner Pensionierung scheint dies nicht mit der gleichen Abteilungsstruktur fortsetzbar. Das ist aus meiner Sicht keine Krise, aber eine Situation, die eine große Herausforderung darstellt. Eine Herausforderung mit dem Ziel, dass weiterhin eine chirurgische Grundversorgung insbesondere auch im Notfall gewährleistet wird. Die Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus Brixen und der Schaffung eines gemeinsamen Primariats für Chirurgie ist sicher kritisch zu sehen, bringt aber auch Vorteile. Ein Primariat über zwei Häuser bietet die Möglichkeit, ein größeres Spektrum anzubieten und somit auch attraktiver für neue Ärzte zu sein. Aber die Zusammenarbeit muss ein Gewinn für beide Häuser sein und darf keines von ihnen gefährden. Wichtig ist, dass die Umsetzung gut überlegt ist. Und die chirurgische Grundversorgung am kleineren Haus Sterzing muss gewährleistet werden.

Warum wird die zugesicherte

Grundversorgung seit Jahrzehnten immer wieder in Frage gestellt?

Wird sie das? Das Krankenhaus Sterzing hat in der Vergangenheit bewiesen, dass eine gute Medizin auch an einem kleinen Haus möglich ist und eine heimatnahe Versorgung bei vielen Erkrankungen bieten kann. Und das tun wir weiterhin. Durch den Verlust mancher Abteilungen – denken wir nur an die Geburtshilfe – haben sich berechtigt kritische Stimmen erhoben, welche die Grundversorgung in Gefahr sehen. Klar ist, dass ein kleines Haus wie Sterzing nicht alle Leistungen in einem immer komplexer werdenden Gesundheitssystem anbieten kann und soll. Ebenso klar ist aber auch, dass die Grundpfeiler – die chirurgische und internistische Versorgung – in einem Haus mit Notfallversorgung vorhanden sein müssen. Das muss auch für Sterzing gelten. Die Grundversorgung muss auch für die gynäkologischen und pädiatrischen Patienten gewährleistet bleiben. Eine gestärkte Orthopädie, eine betriebsweit vernetzte Neuroreha sowie eine interventionelle Endoskopie auf hohem Niveau sind Garant für eine gute Entwicklung des Standortes Sterzing. Die Polyambulatorien sind ein weiterer wichtiger Faktor für eine umfängliche Versorgung. Hier haben wir tagtäglich sehr viele spezialisierte Ärzte im Haus, die in Summe ein sehr breites Leistungsspektrum anbieten und eine gute Betreuung unserer Bevölkerung heimatnah sichern. Wenn wir weiterhin konstruktiv-kritisch die Herausforderungen angehen und mit notwendiger Unterstützung seitens des Landes und des Sanitätsbetriebes rechnen dürfen, so sehe ich, dass das Sterzinger Krankenhaus weiterhin eine gute Adresse für unsere Patienten, aber auch ein interessanter Arbeitsplatz für unser Fachpersonal bleibt.

Das sind gute Aussichten.

Welche Ziele streben Sie für die nächsten Jahre an?

Den weiteren Ausbau der Inneren Medizin möchte ich mit einem Fußballteam vergleichen. Wir haben gut trainiert, sind auf vielen Positionen top besetzt, haben einen super Mannschaftsgeist und spielen in einer oberen Liga. Das alles trotz fehlendem privaten Sponsor oder umliegender Großstadt. In Zukunft möchten wir uns nicht nur an manchen Positionen verstärken, sondern auch das Erreichte stabilisieren. Dabei müssen wir den Jungen eine gute Ausbildung bieten und weiterhin attraktiv sein für Allrounder genauso wie für Spezialisten. Die Unterstützung durch unser hervorragendes Pflegeteam auf der Station und in der Ambulanz ist für unsere Gesamtleistung ebenso wichtig. Aber auch die anderen Abteilungen des Krankenhauses müssen unterstützt werden. Dies gilt es genauso zu verfolgen wie das Erreichen der eigenen Ziele.

Paul Christian Franz Josef Maria Anna Monika Kinzner Mair Eisendle

Josef Franz Johann Maria Anna Monika Rainer Wieser Leitner

FREIENFELD

FRANZENSFESTE

Muhammad Alex Ivan Markus Maria Anna Martina Bilali Singh Mair

Josef Peter Michael Thomas Maria Anna Martina Hofer Tötsch Volgger

PFITSCH

Josef Peter Martin

RATSCHINGS

Maria Anna Elisabeth Rainer Siller Volgger 25 23 22 22 58 31 17 43 38 36

46 32 32 64 47 22 120 89 76

10 7 7 7 19 8 7 17 12 11

43 35 34 34 69 53 27 134 92 92

112 63 57 110 69 37 194 151 148

Thomas Martin Josef

STERZING

Maria Anna Elisabeth Rainer Mair Hofer

58 54 52 157 120 57 105 96 86

Maria und Josef, Rainer und Hofer

So heißen die Wipptaler

Frau und Herr Wipptaler heißen zu einem großen Teil Maria und Josef. Rainer, Hofer und Mair sind die häufigsten Nachnamen im Bezirk. Eine Ausnahme bildet die Gemeinde Franzensfeste: Dort ist mittlerweile Muhammad der am öftesten aufscheinende Vorname in den Melderegistern und Bilali der am häufigsten genannte Nachname.

Biblische Vornamen

Mit ihren Vornamen stehen die Wipptaler – zumindest die Älteren von ihnen – wie die Südtiroler ganz in der biblischen Tradition. Denn so wie landesweit sind auch im Bezirk die häufigsten Vornamen Maria und Josef. Zurzeit gibt es im Wipptal nicht weniger als 477 weibliche Personen, die auf den Namen Maria getauft sind. Es folgen die Namen Anna (328) und Elisabeth (148). Auch südtirolweit sind diese drei Namen am weitesten verbreitet. Monika (135), Barbara (106) und Martina (103) scheinen im Bezirk ebenfalls sehr beliebt zu sein. Häufig scheinen in den sechs Wipptaler Gemeinden südlich des Brenners auch die Namen Julia (95), Waltraud (95), Karin (92) und Rosa (86) auf. Zu den zehn häufigsten männlichen Vornamen im Bezirk zählen nach Josef (275) Peter (193), Thomas (186), Martin (186), Michael (185), Christian (162), Andreas (154), Karl (154), Johann (153) und Franz (141). Josef ist auch der am häufigsten anzutreffende Name in ganz Südtirol. Als Pendant dazu ist es bei der italienischsprachigen Bevölkerungsgruppe Giuseppe. Er kommt am häufigsten vor, bei den Frauen ist es wie bei der deutschsprachigen Bevölkerung Maria. Zu deutlichen Namensverschiebungen ist es in jüngster Zeit durch eine stark anhaltende Zuwanderung in der Gemeinde Franzensfeste gekommen: Dort ist heute der am häufigsten vorkommende Vorname Muhammad, während Bilali und Singh die häufigsten Nachnamen sind.

Hochrainer und Aukenthaler: Urtypische Wipptaler Nachnamen

Der am weitesten verbreitete Nachname im Bezirk ist mit großem Abstand Rainer. 537 Personen schreiben sich auf diesen Namen. Es folgen die Namen Hofer, Mair, Volgger, Siller, Sparber, Leitner, Gschnitzer, Wieser und Eisendle. Dabei fällt auf, dass eine Vielzahl von Namen mit dem alten bäuerlichen oder traditionellen handwerklichen Leben in Verbindung stehen oder von landschaftlichen Gegebenheiten abgeleitet bzw. auf Flurnamen zurückzuführen sind. Überaus interessant auch, dass die Häufigkeit mancher Nachnamen stark an einzelne Gemeinden gebunden oder zu einem guten Teil auf den Bezirk beschränkt ist. So findet sich der Name Aukenthaler südtirolweit beinahe ausschließlich im Wipptal: 92 der 109 Personen, die sich Aukenthaler schreiben, leben hier. Von südtirolweit 153 Personen mit dem Nachnamen Keim leben ebenfalls 109 im Bezirk. Daneben gibt es manch typische Namen, die regional noch enger gefasst werden können: So kommt der Name Tötsch hauptsächlich in der Gemeinde Pfitsch vor, Kinzner und Teissl in erster Linie in der Gemeinde Brenner. 69 von 108 Personen mit dem Namen Saxl leben hingegen in der Gemeinde Freienfeld. Rund die Hälfte (109 von 219) aller Personen mit dem Namen Wurzer kommt aus der Gemeinde Ratschings, und dort vor allem aus Ridnaun. Bezirksweit sind es zwei Drittel aller in Südtirol aufscheinenden Namen. Der Name Hochrainer findet sich mit 96 Personen beinahe ausschließlich in den beiden Gemeinden Freienfeld und Ratschings. 136 von 147 Hochrainer leben im Wipptal.

Bei den Post-Millennials (2000 – 2014) hat sich die Namensgebung dem Zeitgeist entsprechend verändert: Die beliebtesten Namen sind für diesen Zeitraum Lukas, Simon, Alex, Daniel und Manuel bei den Buben und Anna, Sara, Lisa, Lena und Julia bei den Mädchen. Für die allerjüngste Zeit (Genera-

Kinzner 43

Brenner

Rainer 194

Ratschings Rainer 105

Sterzing

Freienfeld Hofer 134

Pfitsch

Rainer 120

Franzensfeste

Bilali 17

tion Alpha, seit 2015) bevorzugen die Eltern die Namen Samuel, Elias, Jakob, Jonas und Noah sowie Emma, Anna, Sofia, Marie und Greta.

Die Daten sind dem neuen Online-Tool „So heißt Südtirol“ des Landesinstituts ASTAT entnommen. Darin finden sich die beliebtesten Kindernamen als auch sämtliche Vor- und Nachnamen, gefiltert nach Wohnsitzgemeinde, Generation, Sprache und vielem mehr. Der digitale Namensatlas zeigt auch, wie sich die Häufigkeit der Namensgebung im Laufe der vergangenen Jahrzehnte entwickelt bzw. verändert hat und welche Babynamen gerade im Trend liegen oder welche Namen in einem bestimmten Gebiet am häufigsten vorkommen. lg

Die Top 25 NACHNAMEN

im Wipptal

Rainer Hofer 537 428

Mair Volgger Siller 374 326 271

Sparber

267 Leitner 248 Gschnitzer 222 Wieser 217 Eisendle 204 Kofler 203 Haller 201 Wild 192 Schölzhorn 180 Wurzer 142 Hochrainer 136 Bacher 131 Plank 121 Messner 117 Überegger 117 Trenkwalder 115 Holzer 110 Keim 109 Tötsch 109 Graus 107

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