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Der Geschichts- und Heimatforscher Conrad Fischnaler I

Conrad Fischnaler

Ehrenbürger von Sterzing Conrad Fischnaler Geschichts- und Heimatforscher (1855 – 1941)

von Karl-Heinz Sparber

WICHTIGE ETAPPEN IN SEINEM LEBEN

1855: Geburt in Sterzing am 10. Dezember als Sohn des Ratsdieners Alois Fischnaler und Maria Pardeller 1874: Reifeprüfung an der Lehrerbildungsanstalt in Innsbruck 1875 – 1885: Fischnaler unterrichtet an der Übungsschule am Pädagogium in Innsbruck. 1878: In seiner Freizeit ordnet er das Sterzinger Stadtarchiv. 1883: Der erste „Führer durch das nördliche Eisacktal“ erscheint als Taschenbuch (neun Auflagen bis 1913). 1885 – 1912: Kustos am Landesmuseum Ferdinandeum, ab 1. Jänner 1886 fest angestellt 1893: Ehrenbürgerschaft von Sterzing (Diplomüberreichung in Innsbruck am 15. Februar 1894) 1906: Am 14. Oktober heiratet er in Klagenfurt die Lehrerin Maria Lechleitner, gemeinsam legen sie den Zettelkatalog und den „Wappenschlüssel“ am Ferdinandeum an. 1912: Ruhestand, aber aus finanziellen Gründen 1917 wieder Landesarchivar am Innsbrucker Landesarchiv 1927: Ruhestand aus Krankheitsgründen. Schlern-Schriften Nr. 12 erscheinen als Festschrift zu Ehren Conrad Fischnalers. 1933: Der Ehrenring der Stadt Innsbruck wird ihm angeboten, er lehnt ab, will ihn nicht aus den Händen eines deutschfeindlichen Systems entgegennehmen. 1935: Ehrenmitgliedschaft der Universität Innsbruck und des Landesmuseums Ferdinandeum 1935: Schlern-Schriften Nr. 30 (Tirolensia) zu seinem 80. Geburtstag 1936: Seine geliebte Frau Maria Lechleitner stirbt nach 30 Ehejahren. 1940: Zum 85. Geburtstag nimmt er den Ehrenring der Stadt Innsbruck mit Freude und Genugtuung an und wird zum 14. Träger dieser bedeutenden Auszeichnung. 1941: Fischnaler stirbt am 13. Februar in Innsbruck. Seine Manuskripte und Privatbibliothek (über 1.000 Bände) vermacht er der Stadt Innsbruck. 1959: Der Rechenweg in Innsbruck wird umbenannt in „Fischnalerstraße“ zu Ehren des Trägers des Ehrenringes der Stadt Innsbruck, seiner zweiten Vaterstadt (siehe auch Erker 03/1991)

Conrad Fischnalers Unterschrift 1920 (mit „C“ geschrieben)

Die Entsumpfung des Sterzinger Mooses und die Regulierung der Bäche um Sterzing ist in den drei letzten Erker-Ausgaben erschöpfend behandelt worden. Der nächste Ehrenbürger der Stadt ist ein gebürtiger Sterzinger: Conrad Fischnaler. Über ihn ist bereits sehr viel publiziert worden.

FISCHNALERS WERK

Die Schlern-Schriften, eine Monatsschrift zur Landes- und Heimatkunde, widmen Fischnaler eine Festschrift zum 70. Geburtstag (1927 mit zwei Jahren Verspätung). Darin befindet sich eine ausführliche Bibliographie, die zeigt, wie vielseitig der fleißige, talentierte, immer freundliche und liebenswürdige Autodidakt war: Bis 1925 veröffentlicht er 17 umfangreichere Arbeiten, Aufsätze, Artikel, Berichte und Abhandlungen zu Sterzing und Umgebung, 39 zu Kunst und Kunstgeschichte, elf zu Heraldik und Sphragistik (= Siegelkunde), 13 zur Kulturgeschichte und Landeskunde, zwölf zu Archäologie und Naturwissenschaften, zwölf zu Pädagogik und Didaktik sowie 19 belletristische Beiträge. Zu seinem 80. Geburtstag druckt die Schlern-Schrift Nr. 30 („Tirolensia“) 17 Beiträge verschiedener Autoren. Zahlreiche Artikel veröffentlicht Fischnaler in der Zeitschrift des Ferdinandeums in Innsbruck und ab 1920 im „Schlern“, der Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde. Das digitale Zeitungsarchiv der Südtiroler Landesbibliothek verwahrt 76 Artikel zu und über den vielseitigen Geschichtsforscher. Die Tiroler Heimatblätter von 1941 ergänzen das Verzeichnis der Schriften Fischnalers aus der Festschrift von 1927: Bis zu seinem Tod 1941 verfasst er noch 18 bedeutende Beiträge, darunter sein größtes Werk, die „Innsbrucker Chronik“ in fünf Bänden und schließlich seinen einzigartigen „Wappenschlüssel“ in sieben Bänden, worin er 18.000 Tirolisch-Vorarlbergische Wappen erklärt und zeichnet.

STERZINGS JÜNGSTER EHRENBÜRGER

Die Ehrenbürgerschaft der Stadt Sterzing erhält Conrad Fischnaler nicht für sein umfangreiches Schaffen, sondern „in Würdigung seiner großen Verdienste bei der langjährigen Sichtung und Ordnung des Stadt-Archives“ von Sterzing. Die

Conrad Fischnalers Zettelkatalog und Wappenzeichnungen im Ferdinandeum, seit 2003 digitalisiert

Auszeichnung wird ihm bereits mit 37 Jahren zuteil, womit er der jüngste Ehrenbürger Sterzings ist. Aber kehren wir zurück in Fischnalers Jugendjahre.

DAS EISENBAHN-ZEITALTER BRICHT AN

Für Sterzing hat eine neue Ära begonnen: Die Eisenbahn über den Brenner wird ab 1861 (erste Vorarbeiten) gebaut, was allgemein noch negativ gesehen wird. Der Sterzinger Lehrer Josef Noggler befürchtet in seiner „Chronik von Sterzing“ von 1919: „Sterzing bildete eine der wichtigsten Stationen auf der ganzen Alpenstraße vom Innthal bis ins Etschthal, und aus dem Fuhrwesen für die steile Brennerstraße sowie aus dem Gastwirtsgewerbe erblühte der Bevölkerung eine anscheinend unerschöpfliche Quelle des Wohlstandes (…). Dies änderte sich jedoch mit einem Schlage, als einmal (17. August 1867) der eiserne Schienenweg an der Stadt vorbeiführte. Damit hörte Sterzings große Bedeutung als Durchzugsstation zwischen Süden und Norden plötzlich auf, Handel und Gewerbe, das geschäftige Treiben der Fuhrleute in den Herbergen und Gasthäusern erstarrte förmlich unter dem schrillen Pfiff der bergankeuchenden Lokomotive, und die früher so lebensfrohe Eisakstadt blieb wie verzaubert stehen.“ Doch die anfänglichen Befürchtungen, die neue Brenner-Eisenbahn könnte für Sterzing den Untergang bedeuten, verklingen allmählich. Ein optimistisches Stimmungsbild im „Bothe für Tirol und Vorarlberg“ (20. Juli 1864) zeugt vom Fortschrittsglauben: „Von unberechenbaren Folgen wird aber die Brennerbahn für Tirol selbst und dessen Leben sein. Ein großer Theil des Welthandels wird durch die ehemals so stillen Thäler gehen, viele Tausende von Fremden werden durch dessen Berge ziehen und neue Ansichten und Ideen verbreiten, das geistige Leben und die Industrie wird einen neuen Aufschwung nehmen (…). Bisher lebte die ganze Bevölkerung vom Transito. Zahllose Wirthe, Schmiede und Wagner bildeten den Kern derselben. Der kleine Markt Matrei zählt bei 20 Gasthäuser, Sterzing deren noch mehr. Kleine Bauern machten sich durch Vorspanndienste bedeutenden Gewinn. In Sterzing allein soll sich der jährliche Ertrag des Vorspanns auf hunderttausend Gulden belaufen haben. Dies soll wie durch einen Zauberschlag anders werden – und trostlos sehen deshalb Viele in die Zukunft. Wir glauben zu Unrecht! Denn neue Erwerbsquellen werden sich erschließen. Das Wippthal mit seinen Nebenthälern wird von Sommerfrischlern und Touristen überfüllt werden und seine Erzeugnisse durch den erleichterten Verkehr viel besser verwerthen können. Einen neuen ausgiebigen Ertrag werden der weiche, feinkörnige, blendendweiße Obernberger Marmor, der dem karrarischen an Güte zunächstkommt, sowie der schöne Serpentin liefern. Sterzing, das am meisten leiden soll, gewinnt durch die Trockenlegung der meisten Moorgründe und wird wegen seiner schönen zweckmäßigen Lage viele Fremde an sich ziehen. (…) Der Umgebung dieser Stadt wird ihr Holzreichthum und herrliches Baumaterial, z. B. Ridnauner Marmor zu Gute kommen. Das warme Brennerbad, die gepriesene Bethesda (heilsamer Brunnen in Jerusalem, Anm.) aller Gichtbrüchigen Tirols, wird großen Gewinn bringen und der projektirte Handel mit dem Pfitscher

Gletscher-Eise nach Verona und Venedig wird viele Hände beschäftigen. (…) So wird auch bei diesem großartigen Bau neuer Vortheil vielen Schaden aufwiegen.“

KUNSTFERTIGE FAMILIE

In dieser Zeit des Umbruchs und des aufkommenden Fremdenverkehrs wächst Conrad Fischnaler in Sterzing heran. Er wohnt mit seinen Eltern hinter dem historischen Rathaus im 2. Stock, sein Vater Alois ist dort nämlich Ratsdiener. Als solcher muss Alois Botengänge erledigen, das Inventar der städtischen ArbeitsConrad Fischnaler ist im Sterzinger Rathaus geboren und aufgewachsen. geräte überwachen sowie für Ordnung und Sauberkeit im Rathaus sorgen. Die Familie Fischnaler ist seit jeher künstlerisch begabt: Matthias (1737 in Sterzing geboren), der Großvater von Alois, ist Spezialist im Malen von Bildern auf Glas, mit denen er Handel treibt. Sein Sohn Jakob und Enkel Alois verstehen diese Kunst ebenso. Alois malt Dekorationen und Vorhänge für den neuen Theatersaal in Sterzing und entwirft 1853 den Arkadengang des neuen Sterzinger Friedhofes. Conrads Mutter Maria Pardeller stirbt sehr früh, so dass Alois den jungen Conrad nach Innsbruck an die Lehrerbildungsanstalt schickt. Unter dem Pseudonym C. Pardeller publiziert er in Anlehnung an seine liebe Mutter einige Beiträge. Als Lehrer hat Fischnaler gute Aussichten auf Beförderung: Nach seiner Reifeprüfung 1874 unterrichtet er ein Jahr lang als Adjunkt in Bozen und wird dann nach Innsbruck ans Pädagogium geholt, wo er bis 1885 an der Übungsschule lehrt. Dann kommt es zu einer Wende in seinem Leben: Er sagt dem Lehrerberuf ade und übernimmt im Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck die Stelle des 1884 verstorbenen Kustos Balthasar Hunold, anfangs unbesoldet. Doch mit 1. Jänner 1886

wird der junge Conrad definitiv angestellt. In den kommenden 26

Jahren entstehen umfangreiche Forschungsarbeiten, worin seine Heimatstadt Sterzing immer wieder vorkommt. Bereits als junger Student entdeckt Fischnaler bei seinen Streifzügen in den Räumen des Sterzinger Rathauses auf dem Dachboden eine Kiste mit Manuskripten von Vigil Raber. Er deckt die Autorschaft Jörg Kölderers am Lusterweibchen im Ratssaal auf. Besonders interessiert ihn der gotische Hochaltar von Hans Multscher in der Pfarrkirche. Er begründet gewissermaßen die Multscherforschung. Im Sommer 1878 beginnt Conrad Fischnaler, das Sterzinger Stadtarchiv zu ordnen, neu aufzustellen und zu katalogisieren. Er nützt dazu seine Ferialzeit und die freien Tage als Lehrer in Innsbruck und fährt schon um vier Uhr morgens mit dem Fahrrad nach Sterzing, um abends nach getaner Arbeit wieder zurückzuradeln (nach Kurt Walde fährt er mit der Eisenbahn). Im rückwärtigen Teil des Rathauses steht ihm ein kleiner Raum mit 30 Laden und mehreren Stellagen zur Verfügung. Rechnungsbücher der Bruderschaften, des Landgerichtes und der Stadtbaumeister, verschiedene Urbare und kirchliche Inventare, Hunderte von kulturhistorisch wertvollen Akten, Kauf- und Schuldurkunden gilt es zu ordnen und aufzulisten. Er verfasst das Inventar des Sterzinger Stadtarchives und sendet es der Gemeinde zu. Für diese überaus mühevolle und aufwendige Arbeit will die Gemeinde eine Entschädigung bezahlen, doch sind die Gemeindevertreter überzeugt, dass „genannter Herr bares Geld nicht annehmen würde“. Also wird im Ratsprotokoll vom 18. November 1893 einstimmig beschlossen, Fischnaler aufgrund der vielen Verdienste um die Stadt zum Ehrenbürger zu erheben. Das Diplom wird ihm am 15. Februar 1894 von einer Abordnung der Stadtgemeinde durch Bürgermeister Alois Gschwenter und den ersten Magistratsrat Franz Stauder persönlich in Innsbruck überreicht. „Von der Meisterhand Girardis (Innsbrucker Glasmaler und Kalligraph Karl Girardi, Anm.) wirklich künstlerisch ausgeführt, zeigt das auf Pergament gemalte Diplom als Hauptfigur einen Genius mit einem Lorbeerkranz, rechts im Hintergrunde das berühmte Stadthaus nebst einem Putto mit dem Stadtwappen, links die Embleme der Alterthums- und Geschichtsforschung. Die bekannte Firma Reden (Tiroler Vergolder-Firma, Anm.) lieferte einen geschmackvollen Rahmen dazu.“ (Bote für Tirol und Vorarl-

Der Verschönerungsverein gibt insgesamt neun Auflagen des Sterzinger Fremdenführers heraus.

Conrad Fischnaler widmet das Regestenwerk 1902 „seiner lieben Vaterstadt“ Sterzing. berg vom 21. Februar 1894). Das ne meisten Schriften für uns eher Dankschreiben Conrad Fischnalers ungewöhnlich mit „C. Fischnawird in der darauffolgenden Rats- ler“. Deshalb sei hier sein Vornasitzung verlesen. me auch mit „C“ geschrieben. In Ehrendes Gedicht von Kurarzt und Historiker Karl Schadelbauer aus Gossensaß (1902 – 1972) zu Fischnalers 80. Geburtstag Fischnaler arbeitet unermüdlich der Literatur über ihn wird hingefort. In den Laden 12 bis 17 lie- gen meist die Schreibweise „Kongen die 1658 Einzelurkunden, die rad“ verwendet. Auch die nach er entziffert und 1902 in Form des ihm benannte Mittelschule in Buches „Urkunden-Regesten aus Sterzing schreibt sich mit „K“. E dem Stadtarchiv in Sterzing“ „seiner lieben Vaterstadt“ widmet. Lesen Sie in der nächsten Bis zu seinem Lebensende 1941 Ausgabe des Erker: veröffentlicht Fischnaler alljähr- BENEFIZIAT lich Beiträge. Dabei signiert er sei- JOSEF OBEXER

„Art(h)rose“

Gedichtband von Christine Haller-Martin

Im Verlag A. Weger in Brixen ist vor kurzem der Gedichtband „Art(h)rose“ von Christine Haller-Martin erschienen.

Die in Trens lebende Autorin – sie war über vier Jahrzehnte als Lehrerin tätig – thematisiert in vier Lyrik-Zyklen Stimmungen, Eindrücke, Empfindungen, Erlebnisse und Gedanken eines sich fortwährend wandelnden lyrischen Subjekts, notiert zwischen 2004 und 2014. In den Zyklen „Art(h)rose“, „Tunnelblick“ und „Einzelkämpfer“ verdichtet sie „existenzielle Fragen, versucht Vergangenheitsbewältigung, entschärft Konfliktsituationen, verarbeitet einschneidende Ereignisse, hält unterschiedliche Stimmungen fest, fängt Bewusstseinszustände ein, betreibt Psychohygiene, bewertet Leseerlebnisse, erprobt sprachliche Vorstellungen, tätigt literarische Aussagen“. Im „Schneeberg-Zyklus“ beschäftigt sich die Autorin in 15 Gedichten mit dem Bergbau in Tirol allgemein und dem des Schneeberges im Besonderen. Sie stellt Berufsbilder wie den Häuer, den Haspler, den Huntstößer, den Wasserheber oder die „Tschodilen“ vor, fängt die besondere Atmosphäre der Örtlichkeiten in vergangenen Zeiten und zu bestimmten Jahreszeiten ein. Der Text „sterzing – neustadt 28“ hat das ehemalige Pfennwertlager der Knappschaft in Sterzing zum Inhalt (siehe Erker-online). Ergänzt wird der Zyklus durch ein Glossar jener Bergmannsausdrücke, die in den Gedichten Verwendung gefunden haben. Eine besondere Eigenart der lyrischen Texte sind eine durchgehende Kleinschreibung und eine beinahe völlig fehlende Interpunktion. Das literarische Schaffen Haller-Martins umfasst Sagen-Sammlungen und die Gestalt des Pfeifer Huisele, historische Romane und Erzählungen sowie lyrische Texte und Kinderbücher.

Im Gedenken an Oskar von Redwitz

Ende Juli gedachte Gossensaß dem 125. Todestag des fränkischen Dichters Oskar Freiherr von Redwitz, dem im nahen Wald an der Westseite des Ortes eine Lichtung gewidmet ist.

Am frühen Samstagabend füllte sich der Theatersaal des ehemaligen Vereinshauses mit unerwartet vielen Bürgern. Ortschronist Günther Ennemoser begrüßte u. a. Bürgermeister Franz Kompatscher, die Sterzinger Vizebürgermeisterin Verena Debiasi und den Vizebürgermeister von Franzensfeste Richard Amort, die Urenkelinnen des Dichters, Stephanie Sorger-von Keudell, geborene Freiin Die Enthüllung der neuen Erinnerungstafelvon Redwitz, und Stepha- am Redwitzplatz nie Schroiff, deren Mutter eine geborene Freiin von Redwitz war, Oberstudienrat Rainer Domke aus Küps in Oberfranken, der den Festvortrag hielt, und Rechtsanwalt Rudolf Pichler aus Sterzing, Liebhaber der deutschen Literatur. Auch die Universität Würzburg und eine Abordnung der Partnergemeinde Seefeld-Hechendorf (Bayern) war vertreten. Solosängerinnen der Musikschule Sterzing – Katrin Rainer-Wieser, Astrid Gschliesser, Karin Schölzhorn, Barbara Röck und Marlis Taibon – trugen, begleitet von Organist Oswald Salcher, fünf Lieder aus dem Versroman „Amaranth“ von Redwitz vor, die mit großem Applaus gewürdigt wurden. Melanie Nagele rezitierte Gedichte von Oskar von Redwitz, u. a. „Dank an Gossensaß“, das der Dichter anlässlich der Einweihung des Redwitzplatzes in Gossensaß im Jahr 1886 selbst vorgetragen hatte. Festredner Domke zeichnete schließlich das Leben und das Lebenswerk des deutschen Dichters und Schriftstellers nach. Anschließend wurde im Rathaus eine Ausstellung über Oskar von Redwitz eröffnet, die bis Ende August besichtigt werden konnte. Tags darauf wurde von Bürgermeister Franz Kompatscher die neu angefertigte Gedenktafel des Dichters am Redwitzplatz enthüllt. Eine Bläsergruppe der Vereinskapelle Gossensaß begleitete diesen feierlichen Schlussakt. rr

WOHER STAMMT EIGENTLICH DER NAME ... Brennerbad?

von Harald Kofler

Das Brennerbad liegt an der orographisch linken Seite des Eisacks. Die kleine Ansiedlung gehört zur Katastralgemeinde Brenner und ist mit dieser verwaltungstechnisch Teil der Marktgemeinde Brenner. Die Wasserquelle des Brennerbades dürfte wohl uralt und lange vor menschlicher Besiedelung an die Oberfläche getreten sein. Das Brennerbad selbst wird urkundlich erstmals in spätmittelalterlicher Zeit erwähnt. Im Jahr 1338 wird eine größere Summe Geldes „ad faciendum balneum in Ayterwanch“, d. h. für den Bau eines Bades in Ayterwanch von der landesfürstlichen Behörde zur Verfügung gestellt. Es dürfte damals jene Badebehausung entstanden sein, die später als das „alte Bad“ bekannt wurde. Im Jahr 1400 wird das Bad am Brenner erneut urkundlich erwähnt und 1460 erholten sich der Tiroler Landesfürst Sigmund der Münzreiche (1439 – 1490) und seine Frau Eleonore von Schottland in der warmen Quelle. In den folgenden Jahrzehnten haben Vermurungen und Hangrutschungen die warme Quelle wohl teilweise verschüttet und ihre Nutzung weitgehend unzugänglich gemacht. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wird die Gegend mit dem „Pad“ jedoch in Verbindung mit dem Oberwishof wieder genannt. Schließlich ließ Zacharias Geizkofler im Jahr 1605 die Quelle wieder neu fassen und ein Badhaus für arme und kranke Leute errichten. Für die Erhaltung des Bades und für die armen Leute, die darin unentgeltlich baden sollten, ließ er 1607 eine eigene Stiftung einrichten. Neben dem Brennerbad bestand seit 1680 die kleine Kapelle Maria Heimsuchung. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde diese Kapelle jedoch abgebrochen und durch die heutige Brennerbadkapelle ersetzt. Diese ist als Maria-Hilf-Kapelle 1886 geweiht worden. Der Name Brennerbad lässt sich etymologisch also von der warmen Heilquelle und der errichteten Badeanstalt ableiten.

FRANZENSFESTE

Einweihung der Lokomotiven-Drehscheibe

Der Bahnhof Franzensfeste wird zum Technikschauplatz: Am 1. August wurde hier die verlegte historische Lokomotiven-Drehscheibe aus der Pionierzeit des Eisenbahnbaus eingeweiht und dem Publikum vorgestellt.

Die Drehscheibe diente nach dem Bau der Pustertalbahn (1871) den Dampfloks, um die Fahrtrichtung zu ändern. Ursprünglich befand sie sich am Nordende des Bahnhofs Franzensfeste. Nun wurde sie verlegt, um der im Bau befindlichen Zulaufstrecke am Südportal des Brenner-Basistunnels Platz zu machen. Die Lokomotive wurde um ihre Achse gedreht, um die Fahrtrichtung zu ändern oder um in ein benachbartes Gleispaar umzusetzen. Die Drehscheibe, die zum Einsatz der E-Loks im Einsatz stand, ist auch heute noch voll funktionsfähig und kann mit einer Kurbel über ein Zahnradgetriebe händisch bedient werden. Die Brücke besteht aus genieteten Fachwerkträgern in Gussstahl, wiegt zirka 30 Tonnen und hat einen Durchmesser von 18,18 Metern. Das unverwechselbare und intakte Sichtmauerwerk (1,10 m Höhe) wurde am ursprünglichen Standort abgetragen und am Südende des Bahnhofs dank eines Fotoplanes originalgetreu wiedererrichtet. Die Anastylose unterstreicht die Bedeutung des Bauwerks für die Eisenbahngeschichte. Um die Wirkung bei Nacht zu unterstreichen, ist der Technikschauplatz am Eisacktaler Radweg beleuchtet. Das Projekt wurde vom Lichtplaner Bartenbach geliefert. Vorgesehen ist auch die Anbindung an das Schienennetz, um geplante Schaufahrten zu ermöglichen. Nach der geplanten Wiedereröffnung der alten Militärhaltestelle im Festungsgelände, das von der Pustertalbahn täglich durchquert wird, wäre die Festung damit per Bahn erreichbar und um eine zusätzliche touristische Attraktion reicher.

Die Errichtung dieses neuen Technikschauplatzes am Südende des Bahnhofs Franzensfeste versteht sich als Teil der Ausstellung „Bahnlandschaften“ und wurde auf Initiative des Kuratoriums für Technische Kulturgüter zur Gänze von der italienischen Bahngesellschaft RFI (Baukosten 300.000 Euro) finanziert. Die Kosten für Infopoint und Beleuchtung wurden von der Gemeinde Franzensfeste übernommen. Bei der Einweihung waren Landeshauptmann Arno Kompatscher, Bürgermeister Thomas Klapfer, Carlo De Vito (FS Sistemi Urbani), Pier Paolo Olla (RFI Direktor Verona), BBT-Vorstand Raffaele Zurlo, STA-Präsident Martin Ausserdorfer und Wittfrieda Mitterer, Direktorin des Kuratoriums für Technische Kulturgüter anwesend, umrahmt wurde die Einweihungsfeier mit einer Feuershow und von der St. Pauls Jazz-Band.

Dinnerkrimi in Ridnaun

Die Theatergemeinschaft Wipptal lädt Detektive und Genießer ab Ende September zu einer kulinarisch-kriminellen Verbrecherjagd in den Pfitscher Stadl in Ridnaun. Bei knisternder Spannung wird dem Publikum von Küchenchef Uli ein 4-Gänge-Menü kredenzt. Die Feststimmung bei der Jubiläumsfeier von Antonia Kruselburger ist trügerisch. Denn im Verlauf des delikaten Festessens öffnen sich immer mehr mysteriöse Verwicklungen, die Anlass für Gerüchte und Verdächtigungen geben – und schließlich die Polizei auf den Plan rufen. Das Publikum ist angehalten mitzuraten, wer wen wann und warum umgebracht hat. In den einzelnen Rollen sind Werner Hohenegger, Thomas Siller, Thomas Wurzer, Georg Aukenthaler, Edeltraud Zössmayr, Renate Siller, Paul Mayr, Gabi Holzmann und Walter Larch zu sehen, der das Stück auch in Szene gesetzt hat. Premiere ist am 23. September; weitere Aufführungen im Veranstaltungskalender.

STILFES

buchbar in concert

Am 22. September findet im Vereinshaus Stilfes das jährliche Konzert des „vokalensemble buchbar“ statt. Die sechs Sängerinnen aus dem Wipptal – Lisa Gogl, Xenia Gschnitzer, Astrid Holzer, Tamara Rieder, Michaela Sparber und Marlis Taibon – präsentieren mit ihrer Band um Michael Braun, Martin Schürmann, Siegfried Weirather, Georg Ploner und Florian Gschnitzer ein buntes Programm aus Coversongs und Eigenarrangements quer durch die verschiedensten Musikgenres. Sicherlich ist auch heuer wieder die eine oder andere Überraschung dabei. Konzertbeginn ist um 20.00 Uhr.

Frei.Wild legt Pause ein

Die Südtiroler Deutschrock-Band Frei. Wild um Frontman Philipp Burger aus Brixen hat im August eine Pause auf unbestimmte Zeit angekündigt. Im Dezember gibt die gleichermaßen erfolgreiche wie umstrittene Band – am Schlagzeug sitzt Christian Forer aus Thuins – noch drei letzte Konzerte in Deutschland, bevor sie sich vom Bühnenleben vorerst zurückzieht, um sich „zwei neuen und zwei eben sehr großen, risikoreichen Unterfangen“ zu widmen.

Seit 15 Jahren spielt die Band mit dem Geweih im Namen in ein und derselben Formation, eilte dabei von Erfolg zu Erfolg, füllte große Konzerthallen, spielte in Deutschland mehrere Nummer-1-Alben ein, holte Gold- und Platin-Auszeichnungen, wurde 2013 nach Protest- und Boykottaufrufen aber auch von der Nominierungsliste für den „Echo“, Deutschlands bekanntesten Musikpreis, gestrichen. Mit dem Album „Opposition“ (2015) stand die Formation auch in Österreich an der Spitze der Albumcharts. Im April dieses Jahres wurde ihr der EchoPreis in der Sparte Rock/ Alternative dann doch zugesprochen. Auf ihrer Website heißt es: „Wir suchten keinen Bogen um non-konforme Themen, stellten uns auch ohne Bock darauf den immer wiederkehrenden Fragen und möchten auch in Zukunft diese eine Band sein, die ihren Weg einzig und allein nach ihrem Willen und eigenem Gefühl geht.“ Man wolle sich nicht „vor fremde Karren spannen lassen, auch fortan frei und wild bleiben“. Für die Zukunft kündigen die vier Deutschrocker an, „in gewissen Dingen noch unbequemer zu werden. Es gibt neue Visionen, wir tüfteln an neuen Projekten und Werken.“ Wohin diese führen werden, verrät die Band vorerst nicht.

TOMATENBLUES

Lurx-Kunstprojekt zum Thema Artenvielfalt

„Little Blue Tomato“ nennt sich das diesjährige Kunstprojekt zum Thema Biodiversität, das die Künstervereinigung Lurx heuer in Sterzing zum vierten Mal zeigt.

Wohl jeder von uns hat bereits die Erfahrung gemacht, dass Tomaten im Winter nach rein gar nichts schmecken. Treibhausgereift, manche von ihnen in großen Zuchthäusern kaum mit Erde in Berührung gekommen, sind sie „wässrig im Abgang“, ist man geneigt zu sagen, während ledrig-zähe Fruchthautfetzen zwischen den Zähnen stecken bleiben. Da lobt sich manch einer die „pomodori pelati“ oder gar einen Spritzer Ketchup. Dabei gibt es neben Dattel-, Eier-, Cocktail-, Kirsch-, Stier- oder Ochsenherztomaten unzählige alte Paradeisersorten, die sich ihr volles Aroma abseits der „Supermarkttomaten“ erhalten haben. Lurx stellt heuer rund 55 verschiedene Tomatensorten, „haarige, stachelige – und auch ‚Tomaten mit Gletscherblick‘ aus. Sie alle wurden in unseren eigenen Gärten aufgezogen“, so Peter Kaser. Bei der Performance, die auf den Verlust der biologischen und genetischen Vielfalt hinweist, der mit einer zunehmend intensiveren Landwirtschaft unaufhaltbar einhergeht, erfährt der Besucher auch, wie vielfältig im Geschmack die Nachtschattengewächse der Paradiesäpfel sein können. Die musikalisch-künstlerische Performance mit Tomaten und Peperoni zum Erhalt der Artenvielfalt ist in Zeiten, in denen sich das EU-Parlament doppelgesichtig für eine weitere Verwendung des als krebserregend verdächtigen Unkrautvernichters Glyphosat ausspricht, ein bedeutsamer Beitrag. Die Idee zur diesjährigen Performance stammt von Künstler Peter Kaser aus Gossensaß. Der in Berlin und Zürich lebende Südtiroler Schriftsteller Kurt Lanthaler, der bereits mehrmals mit der Künstlervereinigung Lurx zusammengearbeitet hat, schrieb für die diesjährige Aktion den 20-strophigen BluesText „Little Blue Tomato“. Die Musik komponierte Werner „Haifisch“ Heidegger. Bei der Vorführung wirken auch Eric Siviero, Xenia Gschnitzer und Jack Alemanno mit. Zu sehen und zu hören ist das Kunstprojekt am 23. September ab 9.00 Uhr am Bauernmarkt in Sterzing und am 24. September ab 11.00 Uhr beim „Vinzenz – zum feinen Wein“. Bereits ab dem 2. September wird das mehrjährige Tomatenprojekt in der Hofburg in Brixen anlässlich der Jubiläumsausstellung „70 Jahre Künstlerbund“ zum Thema „Garten/ Giardino“ gezeigt. lg

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