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1913: St. Adolfus, Düsseldorf-Pempelfort | Seite
from Otto Glocken Gerhard Reinhold Familien- und Firmengeschichte der Glockengießerdynastie Otto
by Michael Körner. Intelligentes Design. Kreative Kommunikation.
den. Diese Glöckner wurden entlohnt, was Kosten verursachte, wenn auch sicher nicht sonderlich hohe. Darüber hinaus war es in der Zeit der Industrialisierung immer schwerer, geeignete Personen zu finden. So beklagte sich der Glockenläuter des Bremer Domes, Johann Elfers, schon 1905 bei der Bremer Domverwaltung, dass er zum Läuten zu oft Hilfskräfte von der Straße holen müsse, „wo man sich mit geniert, in den Dom zu gehen“.38 Werden Glocken an gestelzten Jochen aufgehängt, bewegt sich ihr Drehpunkt Richtung Schwerpunkt der Glocke. Hierdurch sind die Glocken leichter zu läuten. Man brauchte folglich weniger Glöckner, was wiederum die Kosten senkte. Zu den vorgenannten Gründen zur Verwendung gestelzter Joche kam noch eine aggressive Verkaufspolitik seitens der Fa. Bierling hinzu.
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Das Problem der geeigneten Läutemannschaften und der damit einhergehenden Kosten löste sich Anfang des 20. Jahrhunderts durch die Entwicklung von Läutemaschinen auf, die nach und nach technisch verbessert und flächendeckend eingesetzt wurden. Damit entfiel der Grund gestelzte Joche einzusetzen. Diese werden heute nur als Notbehelf angesehen, wenn zum Beispiel in einem Turm nicht ausreichend Platz für freischwingende Glocken vorhanden ist oder Glocken aus statischen Gründen nicht derart stark schwingen sollen. Die Glocken in der Basilika in Werden hängen heute wieder freischwingend an geraden Jochen aus Stahl und werden von Läutemaschinen bewegt. Die Glocken der Basilika werden nicht nur schwingend geläutet, sondern gelegentlich auch gebeiert. In der Tabelle der technischen und musikalischen Daten des Geläutes von St. Adolfus im Stadtteil Pempelfort auf S. 302 des OTTO-Glockenbuches wurden die Zeilen der Gewichte und Durchmesser der Glocken falsch wiedergegeben und werden hiermit wie folgt korrigiert. Im Werkverzeichnis auf S. 519 sind die Gewichte und Durchmesser korrekt angegeben.
St. Adolfus, Düsseldorf-Pempelfort 1913
Adolfus-Kirche an der Kaiserswerther Straße in
Düsseldorf von der Fischerstraße aus gesehen. Erbaut ist die Kirche 1914 vom Kgl. Baurat Kaspar Pickel, Düsseldorf. Quelle: wikipedia
TECHNISCHE UND MUSIKALISCHE DATEN DER OTTO-GLOCKEN IN ST. ADOLFUS, DÜSSELDORF-PEMPELFORT.
Glocke I II III IV V VI Name Adolfus Georg Josef Maria Helena Elisabeth Gussjahr 1913 1913 1913 1913 1913 1913 Gießer Karl (I) Otto, Fa. F. Otto, Hemelingen bei Bremen Material Bronze Rippe schwere Rippe Gewicht (kg) 4.650 2.650 1.860 1.300 840 650 Durchm. (mm) 1.910 1.610 1.432 1.270 1.070 960 Schlagring (mm) 146 (145) 122 (113) 111 (109) 96 (90) 80 (75) 73 (70) Schlagton a0 – 8 c’ - 6 d’ – 8 e’ – 5 g’ – 7 a’ - 2 Unterton A – 6 c0 - 10 d0 – 2 e0 + 1 g0 + 2 a0 – 2 Prime a0 – 6 c’ - 7 d’ – 10 e’ – 7 g’ – 7 a’ – 6 Terz c’ – 2 es’ - 4 f’ – 4 g’ – 1 b’ – 2 c’’ + 1 Quinte e’ – 2 g’ - 4 a’ – 2 h’ + 2 d’’ + 2 e’’ + 4 Oktave a’ – 8 c’’ - 6 d’’ - 8 e’’ - 5 g’’ – 7 a’’ - 2 Abklingdauer Sek. 97/45/23 85/42/20 78/35/19 67/33/17 57/30/11 52/27/9 (UT/P/T) Abklingverlauf schwebend unruhig steht steht steht steht
33 Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen. Klang zwischen Himmel und Erde, 2. aktual. u. ergänzte Auflage, Leipzig 2015, hier: S. 65–67: Giesserfamilie Bierling. 34 Mit der Bezeichnung „System ...“ verschleierten Glockengießer wie Bierling, aber auch Schilling, dass es sich letztlich um verkröpfte Glockenjoche handelte. 35 Die Evangelisch-lutherische Kirche Sachsens verbot für ihren Zuständigkeitsbereich per Verordnung vom 19.1.1918 aus denkmalpflegerischen Gründen das Absägen von Glockenkronen. Thümmel, 2015, S. 230. 36 Wenn sich die schwingende Glocke auf den Hörer zubewegt, werden die Schallwellen gedrängt und der Ton wird höher; schwingt die Glocke dagegen vom Hörer weg, werden die Schallwellen gedehnt, der Ton wird tiefer. Jeder kennt den Dopplereffekt durch Einsatzfahrzeuge mit Martinshorn, die erst auf einen zu fahren, dann vorbeifahren und sich schließlich entfernen. 37 K. Kramer: Die Voraussetzungen für eine gute Klangentfaltung des Geläutes, in: Glocken in Gegenwart und Geschichte. Herausgegebenen vom Beratungsausschuss für das Deutsche Glockenwesen, Karlsruhe, Bd. 2, 1997, S. 174–180. Limburger Richtlinien, 1951, Abschnitt F. 38 Brief Johann Elfers vom 11.12.1905 (Bremer Domarchiv). Erika Thies: „Maria Gloriosa“ ist die Älteste im Turm. Zur Geschichte und Gegenwart des Domgeläutes, in: Weserkurier, 24.12.2004.