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1911: St. Blasius, Düsseldorf-Hamm und Hl. Dreikönige, Neuss | Seite

1911

St. Blasius, Düsseldorf-Hamm und Hl. Dreikönige, Neuss

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St. Blasius, Düsseldorf-

Hamm (links) Foto: Julius Söhn, Düsseldorf, aus: Rhein und Düssel, No. 36, 2. Sept. 1911. ?????

Hl. Dreikönige, Neuss

(rechts) Foto: G. Reinhold Im Jahr 1911 lieferte die Fa. Otto jeweils vier Glocken nach Neuss und nach DüsseldorfHamm. In Düsseldorf-Hamm wurde auf den Fundamenten einer Vorgängerkirche in den Jahren 1909 bis 1911 nach Plänen des rheinischen Kirchbauarchitekten Peter Josef Kleesattel die neue Blasius-Kirche errichtet und eingeweiht.

Für die neue Kirche wünschte die Gemeinde sich ein neues vierstimmiges Glockengeläut. „Der Auftrag … wurde der weithin bekannten und altbewährten Gießerei Otto in Hemelingen bei Bremen übertragen, wo vor Zeiten ein katholischer Pfarrer, der Oheim des jetzigen Firmen-Inhabers, den ersten Glockenguß vorgenommen hat.“xx Die vier Bronzeglocken hatten ein Gesamtgewicht von 109 Zentnern und stimmten mit den Tönen c‘ - es‘ - f‘ - g‘ das Präfationsmotiv an. Die einzelnen Glocken hatten Durchmesser von 1540 mm, 1290 mm, 1130 mm und 1100 mm. Ihre Gewichte: 2360 kg, 1390 kg, 990 kg und 705 kg. Die größte der vier Otto-Glocken, die Salvatorglocke, wurde aus drei alten Glocken aus den Jahren 1511 und 1860 gegossen, woran die Glockeninschrift mit den Worten „ex tribut und revixi“ erinnerte.xx Die erste gottesdienstliche Handlung in der neuerrichteten St.-Blasius-Kirche war die Weihe der Glocken am Fest Peter und Paul des Jahres 1911. Die Glocken wurden auf die Namen Salvator, Maria, Blasius und Johannes geweiht.

In demselben Jahr goss Otto auch vier Glocken für die Kirche Hl. Dreikönige in Neuss, die in denselben Jahren wie St. Blasius erbaut worden war. Es war einfach die Zeit der Gründungen neuer Pfarreien und der Errichtung neuer Pfarrkirchen aufgrund des Zunahme der Bevölkerung an Rhein und Ruhr. Die Kirche Hl. Dreikönige wurde mit einer Reihe von Fenstern des holländischen Künstlers Jan Thorn Prikker ausgestattet, die vor den Zerstörungen des Bombenkrieges bewahrt werden konnten oder nach dem Krieg wiederhergestellt werden konnten. Im Gegensatz zur neoromanischen St.-BlasiusKirche ist die Dreikönigskirche bei Kirchbau mit diversen Renaissancebauelementen. Beide Kirchen haben hohe Türme. Der Turm von St. Blasius hat ein Zelt- oder Pyramidendach; der Turm von Dreikönigen ist mit einer hohen Haube gekrönt. Unter ihr hingen im Turm vier OTTO-Glocken, Gussjahr 1911 mit fast der gleichen Disposition wie die Glocken von St. Blasius. Zusätzlich hat die Firma Otto noch eine kleine Mess-/Wandlungsglocke gegossen, die heute noch im Giebel des südlichen Querschiffes der Kirche hängt.xx

Im Ersten Weltkrieg wurden die drei größeren Glocken der Dreikönigskirche beschlagnahmt und eingeschmolzen. Nur die kleinste Glocke blieb erhalten. Als die Kirchengemeinde im Jahr 1922 ein neues, vierstimmiges OTTO-Geläut mit einem Gesamtgewicht von 6487 kg und den Tönen c‘ es‘ - f‘ - g‘ erhielt, wurde die kleine g-Glocke von 1911 umgegossen. Die neuen Glocken wurden auf die Namen Dreikönige, Maria, Joseph und Cornelius geweiht. Folgende Personen sollen bei der Glockenweihe Paten gewesen sein: „Herr Posselt und Frau Marx bei der Dreikönigenglocke, die Lehrerin Ständer und Herr Fammler bei der Marienglocke, Herr Keuten und Herr Kreuter bei der Josephsglocke, Herr Huppertz und Frau Linden bei der Corneliusglocke.xx

Im Zweiten Weltkrieg verlor die Pfarrei Hl. Dreikönige erneut fast das gesamt Geläut. Wieder blieb nur die kleine Cornelius-Glocke im Turm hängen. Im Gegensatz dazu haben zwei Glocken von St. Blasius aus dem Jahr 1911 den Zweiten Weltkrieges überstanden. Diese wurde zum Bronzeschrott-Preis an die Kirchengemeinde in Neuss verkauft, welche damit in den ersten Nachkriegsjahren über ein dreistimmiges OTTO-Geläut verfügte mit zwei Glocken aus 1911 und einer aus dem Jahr 1922. Dieses Geläut wurde 1958 durch eine neue c‘-Glocken von Petit & Gebr. Edelbrock ergänzt. Zwei Jahre später wurde die kleine gGlocke von Otto aus dem Jahr 1922, die in schwerer Rippe gegossen worden war, durch eine Glocke von P & E in mittelschwerer Rippe ersetzt. Neben den beiden Glocken aus Gescher verfügt die Gemeinde heute noch über zwei OTTO-Glocken aus dem Jahr der Kirchweihe und mit den gleichen Tönen: es und f. Die es-Glocke ist der Jungfrau Maria geweiht, die f-Glocke dem Hl. Blasius.

TECHNISCHE UND MUSIKALISCHE DATEN DER GLOCKEN II UND III DES GELÄUTES VON HL. DREIKÖNIGE, NEUSS.xx

Glocke II III

Name Maria Blasius

Gießer Gussjahr

Karl (I) Otto, Fa. Otto, Hemelingen 1911 1911 Metall Bronze Konstruktion Mittelschwere Rippe Gewicht (kg) 1390 990 Durchm. (mm) 1290 1130 Nominal es‘-2 f‘-3 Unterton es0-10 f0-7 Prime es‘-5 f‘-6 Terz ges‘-2 as‘-2 Quinte b‘-6 c‘‘-4 Oktav es‘‘-3 f‘‘-3 Abkl.-Dauer (Sek.) 165/-/32 105/-/30 UT/P/T Abklingverlauf schwebend schwebend

xx Joh. Schmitz, Festschrift Kirchweihfest, 1911, S. 60–62. Der Hinweis zur Geschichte der Glocken von St. Blasius (Düsseldorf-Hamm) und Hl. Dreikönige (Neuss) stammt von Markus Mockel (Grevenbroich-Hemmerden) xx Zum Thema Umgüsse siehe G. Reinhold, 2019, S. 73-75.Die Glocken von 1860 waren selbst schon Umgüsse ältere Glocken. xx Nach Ketzer, 1969, S. 12, sollen die Glocken gestimmt gewesen sein auf

Die Inschriften befinden sich oben an der Schulter der Glocken zwischen je zwei Zierstegen. Unten am Wolm sind fünf Zierstege angebracht. Die Inschriften sind in von der gotischen Schrift inspirierten, historisierenden Majuskeln gesetzt.

Glocke II - Marienglocke an der Schulter: + 1911 + PIETAS ET GRATITVDO FUNDI ME IVSSIT. ME RESINANTE PIA LAVDETVR VIRGO MARIA.

(Fromme Dankbarkeit hat mich gießen lassen. So oft ich erklinge, möge die gütige Jungfrau Maria gepriesen werden.xx)

Flanke; frontal:

ovales Relief der Muttergottes

Glocke III - Hl. Blasius

an der Schulter: + ST. BLASIVS + DE SVECKE DES HALSES HEFFSTV MACHT MENNIGEN KRANKEN HEFFST MIT GNADEN BEDACHT DYNER ANDEREN GNADE YS KEIN TALL BEWAHRE VNS VOR ALLEM VNFALL. 1473 +

(St. Blasius, über die Schwäche des Halses hast du Macht, viele Kranke hast mit Gnaden bedacht, deiner anderen Gnads ist ohne Zahl, bewahre uns vor allem Unfall.)

Flanke oben; frontal:

19 (Gießerzeichen) 11 Bei der Inschrift der Blasius-Glocke handelt es sich um ein Gebet an den Hl. Blasius. Der Text wurde einem Schriftstück aus dem Jahr 1473 entnommen ist.xx Die Übersetzung in Hochdeutsch stammt von Silvia Steinberg, Bottrop, und Prof. Dr. Helmut H. Spiekermann von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Die Inschrift der neuen Blasius-Glocke von Petit & Gebr. Edelbrock in der Kirche St. Blasius in Düsseldorf-Hamm aus dem Jahr 1971 ist mit der alten Inschrift nicht vergleichbar:

B L A S I U S HEISS ICH STERBLICH FÜR CHRISTUS STARB ICH UNSTERBLICH DURCH CHRISTUS LEB ICH.

oben:

Marien Glocke, Gussjahr und Giesserzeichen, Blasius Glocke.

Fotos: G. Reinhold

Dechant Johannes Schmitz zur Glockenweihe am Fest der Apostel Peter und Paul

Quelle: Kirchweihfestschrift 1911, S. 62

d, e, fis, g mit einem Gesamtgewicht von 5155 kg. Dieter Hoevels: Fast dreißig Jahre hinter Gittern, in: Festschrift zum 100jährigen Jubiläum von Hl. Dreikönige Neuss, 2011, S. 28 ff. xx Ketzer, 1969, S. 31. Vgl. zum Thema „Glockenpaten“ das große OTTO-Glockenbuch, 2019, S. 62 und Sartori, 1932, S. 14 f. xx Quelle, Joh. Schmitz, 1911, S. 61.

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