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Ist Wohnen noch leistbar? Eine Analyse Hohe Zinsen – wenig Angebot
Wie entwickelt sich der Südtiroler Immobilienmarkt?
Der Immobilienmarkt hat sich nach der Wirtschaftskrise vor allem in Südtirol schnell erholt. Nachfrage und Preise sind kontinuierlich Jahr für Jahr gestiegen und befindet sich aktuell auf einem Allzeithoch. Rückt der Traum vom Eigenheim für viele junge Südtiroler in weiter Ferne?
Zu diesem Thema gibt Stefan Hintner, Geschäftsführer der Immobilienagentur Lifandi, einen Einblick in die aktuelle Marktlage und eine Prognose in die nähere Zukunft.
Die Gretchenfrage: Kann man sich Wohnungseigentum in Südtirol, Ihrer Meinung nach, noch leisten?
Seit der Finanzkrise von 2008 haben niedrige Zinsen das wirtschaftliche Umfeld geprägt. Das hat sich auch auf den Immobilienmarkt in Südtirol ausgewirkt. In Verbindung mit der natürlichen Verknappung des Lebensraums aufgrund der gebirgigen Landschaftsstruktur hat dies zu einer kontinuierlichen Steigerung der Immobilienpreise in der Region geführt. Diese kontinuierliche Steigerung hat durch die Covid-19-Krise noch einen weiteren Boost erhalten, da In- wie Ausländer händeringend nach interessanten Wohnimmobilien Ausschau hielten.
So befinden wir uns jetzt auf dem historischen Zenit der Immobilienpreise. Quo vadis – wie geht’s weiter?
Der Südtiroler Immobilienmarkt wird grundlegend von zwei Faktoren getrieben: zum einen vom Zinsniveau und der damit einhergehenden Flexibilität der Bank institute, Darlehen zu gewähren. Zum anderen von dem sehr knappen Immobilienangebot.
Somit gibt es zwei gegensätzliche Trends:
Stefan Hintner: Südtirol ist ein sehr wohlhabendes Land mit einer gesunden Wirtschaft und somit wird sich jener Südtiroler, der einen sicheren und gutbezahlten Arbeitsplatz hat, vor allem im Falle von gleichbleibenden niederen Zinsen, auch noch morgen ein geeignetes Eigenheim kaufen können. Jedoch gibt es in gewissen Premiumlagen, wie etwa in Bozen Dorf, Meran - Obermais oder Brixen – Kranebitt eine natürliche Verknappung. Diese führt zu einem überproportionalen Preisanstieg. Auch, weil Interessenten aus dem Ausland diese Lagen als Feriendomizil schätzen. Somit sind diese Objekte nicht mehr für jedermann erschwinglich.
Der prognostizierte Preisrückgang von Immobilien durch die Corona- Krise ist also ausgeblieben?
Positive Entwicklung:
- Immobilien in Bestlagen erfreuen sich internationalen Interesses und werden zu historischen Höchstpreisen verkauft.
- Immobilien in kleineren, aber sehr gefragten Gemeinden (z. B. Eppan, Algund, Jenesien usw.) bleiben sehr preisstabil, da ein entsprechendes Angebot praktisch fehlt.
- Einfamilienhäuser erfreuen sich extremer Nachfrage und
Stefan Hintner: Ich war stets erstaunt über den angeblichen Zusammenhang von Pandemie und Immobilienpreise. Ein Rückgang der Immobilienpreise bedeutet immer eine rückläufige Nachfrage, und diese rührt meist von einer rezessiven Liquidität am Markt her. Die Zinsen sind aber auf einem Allzeittief geblieben, und die Bankinstitute sind weiterhin liquide. Somit habe ich vorab diese Prognosen nicht geteilt. Ob die Krise andererseits den Markt relevant befeuert hat, ist ebenfalls diskutabel. Sicherlich flüchten vereinzelte Anleger ins Betongold, und auch der ein oder andere Bürger, ist bestimmt bereit, nach seinen bleiben landesweit Objekte der Begierde.
Lockdown-Erfahrungen, gutes Geld für eine Parterrewohnung mit Garten zu bezahlen. Dies sind aber zweitrangige Faktoren.
Eine vorsichtige Prognose: Wie geht es weiter?
- Durch die anhaltend hohe Inflation drängen Großinvestoren weiterhin teilweise in den Immobilienmarkt.
Negative Entwicklung:
- Die Verkaufszeiten für klassische Volkswohnungen, welche vorwiegend mit Darlehen finanziert werden, haben sich etwa verdreifacht.
Stefan Hintner: Man sollte sehr zurückhaltend mit radikalen und allgemeinen Aussagen sein. Meine Meinung – diese bilde ich mir auf der Basis der Informationen, die ich heute habe - ist, dass der Markt weiter steigen wird. Für viele ist dies nicht vorstellbar. Der Mensch tendiert immer dazu, die aktuellen Preise mit den vergangenen zu vergleichen. Da aber schon der Wohnungskäufer aus den 70er Jahren über die Preise der 90er Jahre empört war, wird sich auch der Käufer von 2015 über die Preise von 2023 wundern. Es ist nämlich nicht vorstellbar, dass das Zinsniveau sprungartig nach oben schießt. Somit bleibt die Nachfrage stabil. Das Angebot hingegen wird voraussichtlich weiter schwinden. Unter anderem auch durch das Inkrafttreten des neuen Landesraumordnungsgesetzes, welches richtigerweise die Zersiedelung der Ortschaften, aber auch das zukünftige mögliche Bauvolumen, eingrenzt. Ein erweitertes Angebot an Immobilien kann, meiner Meinung nach, nur über eine quantitative Aufwertung der bestehenden Volume in den Siedlungsgebieten geschaffen werden. Dies klingt jetzt einfach, ist aber eine Herausforderung für Land und Gemeinden.
- Die Preisentwicklung bei dieser Art von Immobilie ist eher negativ, jedoch ist noch keine marktübergreifende Tendenz erkennbar.
- Die Nachfrage im fragilen Preissegment von 600.000 bis 900.000 Euro hat sehr stark abgenommen, vor allem bei zu sanierenden Objekten.
- Der Preis von konventionierten Baukubaturen in mittelmäßigen und schlechten Lagen ist leicht rückläufig.
- Investitionen in Mietwohnungen sind durch das gestiegene Zinsniveau auf den Kapitalmärkten ebenfalls eher rückläufig.
Abschließend einen Tipp für Käufer und Verkäufer?
Eine abschließende vorsichtige Prognose: Landesweite jährliche Preissteigerungen gehören der Vergangenheit an. Im Premiumsegment werden die erzielbaren Verkaufspreise durch die natürliche Verknappung zwar noch ansteigen, dies wird aber ein Einzelphänomen bleiben. In sehr gefragten Gemeinden bleibt der Markt sehr stabil, in weniger attraktiven Gemeinden sind Rückgänge von fünf bis zehn Prozent denkbar. Der Markt der großzügig, zu sanierenden Wohnungen wird einen stärkeren Rückgang erleben, genauso wie Baukubaturen in schlechten Lagen.
Stefan Hintner: Wer heute eine Immobilie kaufen möchte, sollte vorab seine Hausaufgaben machen, Finanzierung und Landesbeitrag abklären und sich dann ein klares Bild vom Markt machen. Interessante Objekte sind leider rar, wer zögert, kann oft zu kurz kommen. Wer hingegen mit dem Gedanken spielt seine Immobilie zu verkaufen, sollte penibel über die Preisgestaltung nachdenken. Es werden aktuell in gewissen Lagen Bestpreise erzielt, welche sogar mich beeindrucken. Wer aber zu unverschämt mit seiner Forderung ist, muss sich auf längere Verkaufszeiten einstellen und erreicht meist das Gegenteil.