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Rasen: Eigenverantwortung Mitverantwortung
from aFLEET 01/2022
Wer keine Übertretung im Strassenverkehr begangen hat, soll seine Reifen weiss anmalen. Viele weisse Reifen würden wir nicht sehen. Denn allen ist gewiss, dass bewusst und unbewusst gegen das Strassenverkehrsgesetz verstossen wird. Die Verantwortung, welche mit den Übertretungen einhergeht, nehmen wir aber erst wahr, wenn uns die Polizei darauf aufmerksam macht oder ein Schadenfall die Folge ist.
Es wird klar beschrieben, was ein «Raser» oder eine «Raserin» ist. Wer aber glaubt, dass «nur» das Tempo massgebend ist, irrt. Denn bei Geschwindigkeitsübertretungen gilt als Raser/-in, wer durch vorsätzliche Verletzung elementarer Verkehrsregeln das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern eingeht, namentlich durch waghalsiges Überholen.
Von Emotionen gelenkt und durch die Arbeit abgelenkt
Das Wort «rasend» kann aber auch in anderem Kontext genutzt werden: rasende Wut, rasende Schmerzen, rasender Beifall, aber auch rasend verliebt. All diese Beschreibungen sind mit Emotionen verbunden. Emotionen, welche leiten und lenken oder ablenken. Zu den Emotionen gesellt sich die Gewissheit. Um das Wissen, dass wir uns unserer Verantwortung als Verkehrsteilnehmende bewusst sind. Wer steht schon am Morgen mit der Gewissheit oder dem Willen auf: «Heute werde ich Raser/-in», oder: «Heute verursache ich einen Schadenfall» – sicherlich niemand.
Mit dem Starten des Fahrzeuges verändert sich aber alles. Wir lassen uns von Emotionen lenken und durch die Arbeit ablenken.
Eine Meldung könnte nun heissen: Rasend vor Wut über die Verspätung, war der oder die Lenkende unterwegs zum nächsten Kunden und verursachte den Schadenfall. Es wurde festgestellt, dass das Handy während der Fahrt für ein Gespräch genutzt wurde.
Oder: Ob des rasenden Glücksgefühls, dass sich die Schweizer Fussballnationalmannschaft für die Weltmeisterschaft qualifizieren konnte, übersah der oder die Lenkende das Stoppsignal und es kam zum verheerenden Unfall.
Oder: Der oder die Motorradfahrer/-in war rasend schnell unterwegs und überholte an einer unübersichtlichen Stelle. Mit diesem Manöver wurden Schwerverletzte oder gar Todesopfer billigend in Kauf genommen. Der Führerausweis wurde auf der Stelle abgenommen und das Fahrzeug konfisziert. Es droht ein Führerausweisentzug von mindestens zwei Jahren und eine Haftstrafe von bis zu vier Jahren. Das Gericht kann ausserdem das Fahrzeug anschliessend verkaufen oder verschrotten. Nach zwei Jahren kann der Ausweis nur mit einem positiven verkehrspsychologischen Gutachten zurückerlangt werden.
Unserer Verantwortungen bewusst sein
Wir Verkehrsteilnehmende müssen uns unserer Verantwortungen bewusst sein. Wir müssen wissen, dass Emotionen uns beein-
Christoph G. Kamber, Inhaber Kamber SE.
flussen können, und lernen, damit umzugehen. An all unseren Kursen, Seminaren und Workshops hören wir dieselbe Aussage: «Kann allen passieren – war nicht so schlimm.» Emotionale Aussagen, die von den effektiven Ursachen ablenken. Diese Aussage ist nie angebracht, denn alle Verfehlungen und Schadenfälle bergen Leid und Kosten.
Vielmehr sollten Gedanken in die umgekehrte Richtung gemacht werden. Anstelle von «Heute ist mir ein Auto aufgefahren, hab wohl zu spät gebremst oder war abgelenkt – kann passieren» ist vielleicht der Gedanke angebrachter: «Weil ich abgelenkt war, habe ich zu spät gebremst. Das nachfolgende Auto hatte keine Chance, um rechtzeitig zu bremsen – ich bin mitschuldig, auch ohne rechtliche Folgen.»