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Firmenflotten als Treiber der Elektromobilität

Unter dieser Rubrik äussert sich

Andreas Burgener, Direktor auto-schweiz, zu aktuellen Themen der Verkehrspolitik und zum Marktgeschehen.

Mitte April war beim «Tages-Anzeiger» folgende Schlagzeile zu lesen: «Firmenflotten bremsen die Autowende in der Schweiz». Der Begriff «Autowende» steht in diesem Zusammenhang für die Anschaffung elektrisch angetriebener Fahrzeuge. Der Generalvorwurf in diesem Titel entpuppt sich beim Lesen des dazugehörigen Artikels als das Ergebnis einer Umfrage des Vereins «Clean Fleet» unter rund 100 Flottenbetreibern über die Zusammensetzung ihres Fahrzeugparks nach Antriebsarten. Wenig überraschend dominieren hier Dieselmotoren (73 % Anteil), mit grossem Abstand gefolgt vom Benziner (15 %). Die eigentliche Sensation ist der bereits bestehende Flottenanteil an Elektroautos von 7 %, der laut der Umfrage höher liegen soll als derjenige von Hybridantrieben aus Verbrennungs- und Elektromotor (4 %). Plug-in-Hybride (0,5 %) und weitere Antriebe (0,3 %) spielen (noch) keine Rolle.

Bestand und Markt sind zwei Paar Schuhe Beim Lesen des Artikels merkt man, dass dem Journalisten ein kapitaler Denkfehler unterlaufen ist, der zum inhaltlich völlig falschen Titel geführt haben muss: Er vergleicht die Antriebsanteile am Fahrzeugbestand in Firmenflotten mit der Gesamtzahl an Neuimmatrikulationen von 2022. Zitat: «Zum Vergleich: Letztes Jahr war insgesamt fast jeder fünfte verkaufte Neuwagen in der Schweiz ein Elektroauto.» Die Gegenüberstellung erinnert an den viel zitierten Vergleich von Äpfeln und Birnen. Richtig wäre es gewesen, den prozentualen Anteil am Gesamtbestand an Personenwagen mit demjenigen in Flotten zu vergleichen. Und wenn man dies tut, entpuppt sich die Schlagzeile endgültig als ein Schrei nach Aufmerksamkeit, der ungehört verhallen sollte.

Im Gesamtbestand der Schweizer Personenwagen, letztmalig erhoben vom Bundesamt für Statistik per Ende September 2022, finden sich 4 721 280 registrierte Fahrzeuge, wovon 110 751 über einen vollelektrischen Antrieb verfügen. Ergibt einen Anteil von

2,3 %. Im Vergleich dazu stellen die 7 % in Firmenflotten aus der Umfrage einen dreimal höheren Wert dar (offizielle Zahlen gibt es leider nicht, weil Flottenzulassungen in der Schweiz nicht systematisch erfasst werden). Der Titel dieses Textes hätte also eigentlich über dem «Tagi»-Artikel stehen müssen.

Rahmenbedingungen als Herausforderung

Was der Artikel allerdings korrekt aufführt, sind die vielen Hindernisse für Flottenbetreiber, die der Elektromobilität im Alltag eine Chance geben wollen. Auch dies war Bestandteil der Umfrage. So nenne jedes vierte Unternehmen mangelnde Ladeinfrastruktur als hohe Hürde, jede fünfte Firma klage über «generell schwierige Rahmenbedingungen», so der Artikel. Und ebenfalls jeder fünfte Umfrageteilnehmer werde von den höheren Anschaffungskosten von E-Fahrzeugen im Vergleich zu Verbrennermodellen abgeschreckt – obwohl sich Elektromobilität gerade im hoch frequentierten Bereich je länger, je stärker finanziell lohnt, wie jüngst diverse Studien ergeben haben (z. B. TCS, Bundesamt für Energie). Die höheren Listenpreise lassen sich jedoch nicht wegdiskutieren und sind eine Folge der derzeit noch höheren Materialund Produktionskosten, insbesondere für die Batterien der E-Fahrzeuge.

Nun könnte der Bundesrat aber seinen Teil zur Förderung der Elektromobilität tun und wie in der vergangenen Ausgabe beschrieben auf eine Erhebung der Automobilsteuer auf Elektrofahrzeuge noch zwei bis drei Jahre länger verzichten. Die derzeit bestehende Befreiung von der 4-prozentigen Abgabe, die beim Import fällig wird, soll 2024 fallen, um mit den Zusatzeinnahmen von anfänglich maximal 150 Millionen Franken pro Jahr das grosse Corona-Loch in der Bundeskasse zu stopfen. Diese Massnahme würde aber zwangsläufig zu noch höheren E-Kaufpreisen führen – darauf sollte der Bundesrat noch bis mindestens 2026 verzichten, so die Meinung von auto-schweiz, um das weitere Wachstum der Elektromobilität in der Schweiz nicht zu gefährden. Schliesslich hat sich auch der Bundesrat mit der «Roadmap Elektromobilität» dem Ziel des Umwelt- und Verkehrsdepartements UVEK verschrieben, 2025 einen 50-prozentigen Marktanteil der Steckerfahrzeuge in der Schweiz zu erreichen. Die Mitglieder von auto-schweiz halten diesen in einer aktuellen internen Umfrage nach wie vor für möglich. Sollten die Anschaffungskosten für Elektroautos im Vergleich zu Benzin und Diesel aber 2024 nochmals steigen, könnte dies gerade Flottenbetreiber von einem früheren (Teil-)Umstieg abhalten. Und im Gegensatz zum «Tages-Anzeiger» bin ich der festen Überzeugung, dass die Nachfrage von Flotten der Schlüssel zum weiteren Wachstum der Elektromobilität sein wird.

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