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Und was die neuen Pneus sonst noch draufhaben

neues aus dem Gummilabor

Wenn ein Reifen gut mit dem höheren Gewicht von E-Autos zurechtkommt und dazu noch mit tollem Rollwiderstand punktet, wird er gern als Elektroautoreifen bezeichnet. Hier die Neuheiten.

Text: Mag. Severin Karl, Fotos: Hersteller

Eigene Reifen für Elektroautos sind natürlich nicht obligat. Wie bei jedem Auto muss vom schwarzen Rundling die Höchstgeschwindigkeit und das Fahrzeuggewicht passend abgedeckt werden. Und Elektroautos bringen im Regelfall einfach mehr auf die Waage, ein höherer Tragfähigkeitsindex wird – ähnlich wie bei SUVs – nötig. Einen zweiten Punkt haben die meisten, die ein Elektrofahrzeug besitzen, ebenso im Fokus: Mit einem möglichst guten Rollwiderstand soll die Reichweite erhöht werden oder zumindest nicht leiden. Möglichst breite Reifen konnten früher noch mit verbesserter sportlicher Performance und Optik-Präferenzen argumentiert werden. In der Welt der Elektroautos fürchtet man da eher um rasch purzelnde Kilometer auf der Anzeige des Bordcomputers. Zum Thema Sportlichkeit und Elektroauto-Reifen sei die Formel E genannt: Diese verzichtet im Sinne der Nachhaltigkeit auf Slick-Reifen und hantiert seit dem Debüt 2014 mit Allwetter-Reifen. Auch die Dimensionen waren von Beginn an näher an Straßen-Reifen – die Formel 1 zog nach. Bereits der erste Reifenpartner Michelin hat auf eine lange Haltbarkeit fokussiert, Hankook wird an diesem Hebel, der ja auch im Alltag wichtig ist, noch weiter ansetzen.

NoKIAN: LEISE IM RIESELNDEN SChNEE

Während die anderen Hersteller Sommerreifen vorstellen, präsentiert Nokian den Winterreifen Hakkapeliitta R5 EV. Bei diesem wurde nicht nur der Rollwiderstand verbessert, sondern auch das Geräuschniveau. „Elektroautos sind leiser als herkömmliche Automodelle, was niedrige Rollgeräusche zu einer Frage des Komforts macht“, sagt Hannu Onnela, Senior Ingenieur bei Nokian Tyres, „wir wollen, dass die Fahrer im Auto Gelassenheit erleben und die Lärmbelästigung für die Umwelt auf ein Minimum reduzieren.“ Sogar die Schriftzüge sind eingelassen, um Verwirbelungen zu minimieren.

GooDyEAR: ADLER FüR SChNELLE StRoMER

Nachdem Elektrofahrzeuge bei der Beschleunigung oft mit Sportwagenwerten aufwarten, hat Goodyear den Eagle F1 Asymmetric 6 in vielerlei Hinsicht auf die Anforderungen der E-Hersteller abgestimmt. Dabei konnten Erkenntnisse aus der Rennserie FIA ETCR umgesetzt werden, bei der Goodyear Reifenpartner ist. Beim neuen Reifen wurde das Gesamtgewicht verringert und die Seitenwand aerodynamischer gestaltet. So werden Turbulenzen und Luftströmungen um den Reifen und die Fahrzeugseite herum gesteuert. Eine neue Mischungstechnologie reduziert zudem den Rollwiderstand für eine verbesserte Reichweite.

hANKooK: NEuE GLobALE REIFENFAMILIE

Ein Trio aus Sommer-, Winter- und Ganzjahresreifen schickt Hankook künftig unter dem Namen iON auf den Markt. Es ist die erste Reifenfamilie der Südkoreaner, die speziell für Elektrofahrzeuge konzipiert wurde und mit deren unmittelbar einsetzenden Drehmomenten umgehen können soll. Klaus Krause, Chef des Hankook Tire Europe Technical Center in Hannover: „Besonders stolz sind wir darauf, dass wir beispielsweise das EU-Reifenlabel des neuen Hankook iON-Sommerreifens mit einem A/A/A-Rating ausweisen können. Das entspricht Bestwerten in Sachen Rollwiderstand, Nass-Grip sowie beim Abrollgeräusch.“ Der höheren Fahrzeugmasse wird mit besonders widerstandsfähigen Aramidfasern entgegengetreten, sie stellen sich effektiv den Verformungskräften entgegen. Ein hoher Anteil natürlicher Öle macht die iOn-Reifen nachhaltiger und wirkt sich auf die Laufleistung aus. Nicht nur als FIA-Partner im Elektromotorsport sammelt Hankook fleißig E-Erfahrungen. Auch bei der Erstausrüstung von Modellen der Marken Audi, BMW, Porsche etc. kommt Hankook-Know-how zum Einsatz. Die Reifenentwickler von Continental haben fünf Dimensionen des Ganzjahresreifens AllSeasonContact mit Note A beim Rollwiderstand auf den Markt gebracht. Nachdem vier davon eine XL-Kennung für höhere Lasten aufweisen, können beliebte Elektrofahrzeuge damit ausgerüstet werden: Opel Mokka-e, Hyundai Kona Electro und weitere ähnliche SUVs sind Beispiele. Auch in die Erstausrüstung – etwa für den Jeep Compass – geht Conti mit dem Reifen, der Elemente der bekannten Sommer- und Winterreifen vereint. Eine reduzierte Materialmenge und eine weiter auf Rollwiderstand optimierte Gummimischung gibt die Marke als Attribute an. Stolz sind die Entwickler, dass das Ganze ohne Abstriche bei der Sicherheit geschieht. Continental empfiehlt, „Ganzjahresreifen mindestens einmal pro Jahr von einem Fachmann auf eventuelle Schäden und Abnutzung untersuchen zu lassen“. Die besonders spannenden XL-Dimensionen mit Rollwiderstand A: 215/55 R17 98H XL, 215/65 R16 102H XL, 235/55 R17 103H XL und 205/65 R15 99H X.

CoNtINENtAL: ohNE SIChERhEItSAbStRIChE

Diese reifenfakten und -tipps gelten natürlich auch für elektroautos

Man kann es nicht oft genug schreiben: Es gibt in Österreich keine Winterreifenpflicht, allerdings eine situative Winterausrüstungsverordnung. Bei einer Pflicht müsste jedes auch nur auf der Straße geparkte Auto vom 1. November bis zum 15. April Winterreifen aufgezogen haben, damit es zu keiner Strafe kommt. Wahr ist: Sollte jemand nicht umstecken wollen und nur Ausfahrten an schnee- und eisfreien sowie ungewöhnlich warmen Wintertagen unternehmen, ist das rechtlich in ordnung. Und: Auch Schneeketten sind okay, wenn die Fahrbahn durchgehend mit Schnee oder Eis bedeckt ist. Jetzt kommt aber der Sommer, die themen verlagern sich. Mindestens 1,6 Millimeter Profiltiefe sind für Sommerreifen vorgeschrieben (Winterreifen: 4 Millimeter), jeder Millimeter mehr ist ein Sicherheitsplus! Eine gesetzliche Bestimmung für überalterte reifen gibt es nicht. Unabhängig vom Profil sollte man spätestens nach acht Jahren die reifen wechseln, da physikalische und chemische Prozesse die Gummimischung immer spröder werden lassen. Das Alter liest man aus der vierstelligen Dot-Nummer an der reifenflanke ab: 4217 wäre die 42. Kalenderwoche 2017. Wer umsichtig fährt und das sowieso nur bei guten Verhältnissen, für den kommen Ganzjahresreifen durchaus infrage. Wohnt man am Berg und erwartet auch im Winter Bestleistungen vom reifen, ist der saisonale Wechsel anzuraten.

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