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Wie gut ist der Preisbrecher?

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Die Qual der Wahl

Die Qual der Wahl

Das Ende der Preis-Ausrede

All jene, die meinen, sie würden ja gern auf ein E-Auto umsteigen, es würde aber allein an den hohen Preisen der aktuell angebotenen Fahrzeuge scheitern werden mit der Markteinführung des Dacia Spring in echte Erklärungsnot kommen …

Text & Fotos: Johannes Posch

Bei Elektroautos ist der Preis gelegentlich relativ. Gern warb schon so mancher Hersteller mit einem Sternderl neben selbigem, das auf eine Fußnote im Stile von „nach Abzug aller staatlichen Prämien“ verwies. Erst haben wir beim Dacia Spring das gleiche vermutet. Aber nein: Er startet tatsächlich – unverhandelt brutto – unter 20.000 Euro. Heißt: Mit Stand November 2021 ist dieses kleine Elektro-SUV in der Anschaffung eines der günstigsten Autos überhaupt in Österreich. Der billigste Stromer sowieso. Am dichtesten kommt, nach der Einstellung des Seat Mii electric, noch der Konzernbruder Renault Twingo e-tech electric ran, der knapp über 20.000 startet. Fest steht: Wenn man bei einem E-Auto je von einem Kampfpreis sprechen konnte, dann hier. Und noch einmal zur Veranschaulichung: Zieht man die 5.000 Euro Förderung ab, landet man bei 14.390 Euro, Unternehmen mit Vorsteuerabzug landen gar bei unglaublichen 11.158 Euro!

Passt oder eben nicht Die erste Erklärung für den niedrigen Preis findet sich in der Plattform. Der Spring ist eigentlich eine „badgeengineerte“ Variante des Renault City K-ZE, Venucia e30 oder Dongfeng Aeolus EX1, die allesamt auf die CMF-APlattform von Renault-Nissan setzen und nur in China verkauft werden. Just dort, in Shiyan, läuft auch der Dacia Spring vom Band. Um die strengeren EU-Regulatorien in Sachen Sicherheit zu erfüllen, wurde die Dacia-Version allerdings mit einer verstärkten Karosserie, zusätzlichen Assistenzsystemen und insgesamt sechs Airbags versehen. Unter seinesgleichen ist der Dacia Spring also sogar ein Top-Modell … schau, schau. Natürlich merkt man dennoch an einigen Stellen, wo der Spring und sein niedriger Preis herkommen. Zum Beispiel, wenn man sich auf den Fahrersitz schwingt. Der Spring ist kein Auto für jedermann. Und das ist nicht im Sinne vom üblichen „er trifft vielleicht nicht jedermanns Geschmack“, sondern tatsächlich rein physisch gemeint. Der Sitz ist nicht höhen- und nur eingeschränkt längsverstellbar, das Lenkrad überhaupt komplett starr. So passt man also entweder in den winzigen Spring (kleiner als ein Mini, wohlgemerkt) oder nicht. Je nach

Körperbau. Außerdem wird beim Losfahren rasch deutlich, dass man es hier mit einem reinen City-Flitzer für traditionsbewusste Gleiter denn neumodischen Glühern zu tun hat. „One-Pedal“? Gibt’s nicht. Einstellbare oder nennenswerte Rekuperation beim Lupfen des Gasfußes? Ebenso wenig. Zudem dauert der Sprint auf 100 km/h andächtige 19,1 Sekunden, bei 125 km/h ist Schluss. Rein subjektiv ist der Antritt dennoch gar nicht so schlecht, vor allem bis Tempo 50. Der beim Start standardmäßig aktivierte Eco-Modus drosselt die Leistung übrigens weiter auf 23 kW/31 PS. Natürlich hat der asketische Antrieb aber auch sein Gutes: Mit einem Testverbrauch von gerade einmal 13,1 kWh/100 km (inklusive Autobahn, wohlgemerkt) reicht selbst die kleine Batterie für brauchbare PraxisReichweiten. Vor allem innerstädtisch, wo auch die Leistung ausreicht und der Spring einfach hingehört.

Mit dem optionalen CCS-ladestecker (500 euro netto extra) wird mit maximal 30 kW geladen; das reicht bei nur 27,4 kWh gesamt- kapazität allemal

günstig oder schon billig? Da dort fahrdynamisch die Latte zudem niedrig liegt, ist auch das Fahrverhalten erträglich. Der Vollständigkeit halber: Die indirekte Lenkung ist gefühllos und irritiert etwas mit ihrem geringem Rückstellmoment. Zudem ist der Spring mit seinen dünnen Reifen und geringem Gewicht anfällig für Seitenwind, das Fahrwerk ist poltrig und schwammig, das ESP humorlos. „Fahrspaß“ darf man also keinen erwarten. Erneut sei an dieser Stelle aber auf das Einsatzgebiet, vor allem aber auch den Preis hingewiesen. Dennoch schade ist aber, dass die Materialien im Innenraum deutlicher liebloser ausfielen, als man das mittlerweile etwa vom Sandero und Duster kennt. Außerdem ist der Platz auf der Rückbank arg eingeschränkt und der Innenraum nachts schlecht ausgeleuchtet (was wo im sehr geräumigen Handschuhfach liegt, muss man auswendig wissen). Immerhin vertröstet der relativ große Kofferraum samt Ersatzrad und die besonders bei der nur 1.400 Euro teureren Top-Version „Comfort Plus“ solide Ausstattung samt 7-ZollTouchscreen mit Navi, CarPlay- und Android Auto, Rückfahrkamera, Parkpiepserl und Metallic-Lack samt farbiger Akzente. •

Dacia Spring – im Test

Leistung | Drehmoment 44 PS (33 kW) | 125 Nm 0–100 km/h | Vmax 19,1 s. | 125 km/h Getriebe | Antrieb 1-Gang aut. | Vorderrad Reichweite (max.) | Batterie 230 km (WLTP) | 27,4 kWh Ø-Verbrauch 13,9 kWh/100 km (WLTP) Ladedauer AC | DC ca. 8:28 h1 | ca. 56 min (80 %)2 Kofferraum | Zuladung 270–1.100 l | 255 kg Garantie Fahrzeug | Batterie 3 J./100.000 km | 8 J./120.000 km

Basispreis | NoVA 19.390 (16.158 exkl.) | -

das gefällt uns: der Preis, der Look das vermissen wir: bessere Materialien und Manieren die alternativen: Renault Twingo, Seat Mii, Škoda Citigo 1 3,7 kW 1-phasig; 2 30 kW von 0 auf 80 % Werksangaben die Sitze in leder-optik samt orangener ziernähte gehören unter anderem zur „Comfort Plus“-ausstattung, der höheren der beiden verfügbaren linien; immer mit an Bord ist ein Bordcomputer samt 3,5-zoll-display, klimaanlage, lichtsensor, elektrische fensterheber und Spiegelverstellung plus so manches mehr: für den Preis nicht schlecht

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