LEDERER *!GKU3Anm_Layout 1 06.03.14 16:40 Seite 1
HELMUTH H. LEDERER 16.2.1937–4.3.2014
LEDERER *!GKU3Anm_Layout 1 06.03.14 16:40 Seite 2
Gebrauchtwagen und Medien: Die Stationen eines Lebens
Helmuth H. Lederers Wort war gefragt, unter anderem auch beim damals „größten“ Autohandelsmann Ernst Brandauer (oben rechts) in der harten Zeit der Anfänge mit den ab 1961 herausgegebenen „Preisnachrichten für Gebrauchtwagen“
(V. l.) Handelsminister Josef Staribacher, Helmuth H. Lederer, Bundesgremialvorsteher Karl Basch in den 1970er-Jahren
Georg „Schurl“ Auer (l.), legendärer Redakteur der von Lederer initiierten „AUTO-Information“
Es war ein 19 PS starker Aero Minor, Baujahr 1948, dem die Ehre zuteil wurde, als allererstes Fahrzeug in der Nr. 1 der „Preisnachrichten für Gebrauchtwagen“ aufzuscheinen. „Je nach Zustand“ war das Auto zwischen 1.000 und 3.000 Schilling wert. 24 Seiten umfasste die mit Schreibmaschine getippte Liste anno 1961 – und sie war genau das, worauf die Branche gewartet hatte. 110 Schilling kostete ein Jahresabonnement und es gab später nur wenige Betriebe, die glaubten, auf die gelben bzw. blauen Listen verzichten zu können. Die Gebrauchtwagen-Preislisten standen am Anfang des Lebenswerkes von Helmuth H. Lederer: 24 Jahre jung war Lederer damals, sprühend vor Ideen. Bald folgten die wöchentlich erscheinenden Brancheninformationen, die heute von den Fachredakteuren des A&W-Verlags verfasst werden. Und damit schließt sich der Kreis: Denn Lederer war im Jahr 2000, als er seine Aktienmehrheit an der Eurotax Holding an eine Investment-Gesellschaft verkauft hatte, noch voller Ideen. Die brachte er in den von ihm gegründeten A&W Verlag ein, der – ausgehend von „AUTO & Wirtschaft“ – zur Nummer 1 unter den Fachverlagen der österreichischen Kfz-Branche aufgestiegen ist. Wir werden Helmuth H. Lederers Weg auch in Zukunft weitergehen. • (MUE)
Prominenter Besucher am Neujahrsempfang: Bundeskanzler Franz Vranitzky mit Helmuth H. Lederer und BGO Ing. Josef Schirak
Werbefrei, jeden Freitag mit geballtem Wissen aus der Branche: die „AUTO-Info“, die mittlerweile im A&W-Verlag recherchiert und herausgegeben wird
40 Jahre Eurotax: Erich Pomassl, Renate Okermüller, Hanns W. Schwacke und Helmuth H. Lederer (v. l.)
Stets gut besucht waren die Feste im Eurotax-Haus im 8. Bezirk, hier mit BGO Heinz Havelka
LEDERER *!GKU3Anm_Layout 1 06.03.14 16:40 Seite 3
Kochen für Gäste war eine der Leidenschaften Lederers, sein Reisfleisch legendär
Beiderseitige Achtung trotz mancher Konflikte prägte Helmuth H. Lederers Verhältnis zu Gerhard Lustig Startplätze für die von Helmuth H. Lederer initiierten Oldtimerrallyes (Arlberg, Südsteiermark) waren sehr begehrt
Komm.-Rat Friedrich Frey (Toyota-Importeur), Markus Auferbauer (car4you-Geschäftsführer), Helmuth H. Lederer (v. l.) Peter Affolter wird Helmuth H. Lederers Ideen weiterführen
2004, Gründung des A&W Verlags: Sascha Pryszlak, Auguste Bauer, Helmuth H. Lederer, Gerhard Lustig, Alexander Jonas, Andreas Dusovsky und Lutz Holzinger (v. l.) Beim Besuch der verregneten Allradmesse mit Uschi Ernst, Gerhard Lustig und Schwiegersohn Peter Affolter
Mit Gustav Trubatsch (Castrol) verband Helmuth H. Lederer eine enge Freundschaft über Jahrzehnte
LEDERER *!GKU3Anm_Layout 1 06.03.14 16:40 Seite 4
Renate Okermüller und Erich Pomassl, EurotaxGeschäftsleitung früher Jahre
Über 60 Jahre mit Helmuth H. Lederer ... … gemeinsam zu arbeiten, war uns beiden geschenkt. Anfang der 1980er-Jahre begann unsere Arbeit in der kleinen Eurotax Wien mit damals 6 Mitarbeitern. Angetrieben und angesteckt von Lederers Neugier und Schaffenskraft nutzten wir die Möglichkeiten, innerhalb weniger Jahre den kleinen, feinen Wiener Eurotax Verlag zum führenden automotiven Dienstleister mit über 150 Mitarbeitern im CEE-Raum auszubauen.
Erfolgsdruck, aber mit familiärem Umfeld Chancen rasch erkennen oder gestalten und entsprechend schnelle Umsetzungen waren Helmuth Lederers Vorgaben. Der dadurch entstandene Erfolgsdruck für Mitarbeiter wurde durch ein familiäres Umfeld mit hoher sozialer Verantwortung abgefedert. Menschlichkeit war für Helmuth Lederer wie das tägliche Brot. Unternehmen statt unterlassen war stets angesagt.
Manche seiner Ideen kamen zu früh Nicht alle Ideen waren erfolgreich. Rückschläge waren aber speziell für Helmuth Lederer wie Gift für die Seele. Zu früh war die Initiative Fair Play für den Gebrauchtwagenmarkt. Trotzdem war es auch Balsam für die Seele, da damit der Startpunkt für die Branche gesetzt war, dem Gebrauchtwagen einen neuen Stellenwert zu geben. Die Mehrzahl der Eurotax-Entwicklungen der letzten 30 Jahre, wie zum Beispiel Autowert oder Versicherung Online, sind heute täglicher Standard der Branche. Was uns von Helmuth Lederer mitgegeben wird, ist trotz aller körperlichen Beeinträchtigungen niemals die Neugierde und die Schaffenskraft zu verlieren. Also, bleiben wir neugierig und voller Tatendrang.
Die März-Ausgabe von AUTO & Wirtschaft war soeben fertig gedruckt, als Helmuth H. Lederer starb: Dass das Schlusswort (Seite 66) seine letzte publizistische Tat sein würde, hätte niemand von uns gedacht. Helmuth H. Lederer wurde mittlerweile im engsten Familienkreis verabschiedet.
Herausgeber Gerhard Lustig: Noch an seinem 77. Geburtstag im Februar sprach HHL von großen Zielen für seinen Verlag.
„Stimmt es oder nicht?“ Für wenige Menschen sind Bezeichnungen wie „Urgestein“ oder „Charakterkopf“ so treffend gewählt wie für Helmuth H. Lederer. Er konnte poltern, stur und zäh seine Ansichten verteidigen, schaffte es dabei aber immer, sich bei Freunden und Gegnern durch profunde Sachkenntnis und Charme zu empfehlen. Der Verleger und Entrepreneur verstarb am 4. März im Alter von 77 Jahren während des Genfer Automobilsalons. Lederer war Gestalter der neueren Autogeschichte. Als Eurotax-Gründer verschaffte er Gebrauchtwagen in Österreich und später in 24 Ländern Europas, darunter Deutschland und die Schweiz, stabile Marktwerte. Bei ihm wusste man, nicht angelogen zu werden. Er konnte einem die Meinung sagen, ohne Rücksicht auf Rang und Person. In der Schweiz lebend, blieb er Österreich sein Leben lang verbunden. Lederer war maßgeblich daran beteiligt, dass es seit nunmehr 45 Jahren den wöchentlichen Eurotax-Brancheninformationsdienst gibt.
Es begann mit geborgten 800 Schilling Seine Karriere startete der in Addis Abeba geborene und in Kärnten aufgewachsene Lederer mit von der Schwiegermutter geborgten 800 Schilling, um sich als Werbezeichner beim damaligen Suzuki-Importeur Wöhrer zu entwickeln. Eurotax bestimmte seinen Erfolgsweg. Als er 2000 sein Lebenswerk verkaufte, tat er das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Drei Jahre später gründete Lederer mit dem Autor dieser Zeilen den A&W Verlag, um mit AUTO & Wirtschaft einen neuen, offenen Fachverlagstyp zu kreieren. Schreibenden Liebdienern, die keine eigene Meinung zustande brachten, setzte er journalistische Offenheit entgegen: Mit der Formel „Stimmt es oder nicht?“ parierte Lederer jede Kritik an seinen Medien und seinen Redakteuren.
Kommerzialrat? Nein, das wollte Lederer nicht sein Ohne Rücksicht auf die kammerale Meinung lehnte er die Würdigung seiner Verdienste mit dem Kommerzialratstitel ab, zu sehr ärgerte ihn die inflationäre Verteilung an Leute mit viel Eitelkeit und geringem Sachverstand. Noch an seinem 77. Geburtstag im Februar sprach er von großen Zielen, weitere Fachmedien in Österreich und in der Schweiz zu lancieren. Alles mit Eigenmitteln, wie er stolz verkündete. Für ihn war es unerträglich, Steuermittel zu erhalten, von Fördergeldern abhängig zu sein. Er galt als Gewissen der Autobranche, als Mahner und Antreiber. Er war eine moralische Instanz, seine Stimme hatte Gewicht und sie wird fehlen, spätestens beim 45. Eurotax-Branchenempfang mit rund 800 Gästen im Festsaal – Lederers Erfindung übrigens.
AUTO & Wirtschaft • MÄRZ 2014