Warum der Aftermarket Chancen sich Zukunft hat. Welche durch Digitalisierung und neue Technologien erĂśffnen, welche Weichen Sie jetzt stellen mĂźssen.
Unser Ziel: Ihre Kunden sicher ans Ziel bringen. Seit fast 150 Jahren erfinden wir das Rad jeden Tag neu, indem wir das vermeintlich Perfekte noch ein wenig besser machen. Damit Sie sich auf uns verlassen kรถnnen, wenn Ihre Kunden sich auf Sie verlassen. Mehr erfahren: www.continental.at
EDITORIAL
Gute Zeiten für Anpacker Das nunmehr hinter uns liegende Jahr 2020 war insgesamt kein gutes Jahr für Pläne, wie zahlreiche Unternehmer, ja ganze Branchen, zähneknirschend quittieren müssen. Auch unsere Sonderausgabe, bei der wir in der Aufmachung traditionell mehr als sonst aus dem Vollen schöpfen wollen, haben wir uns ein bisschen opulenter vorgestellt: im Umfang, in der Eigenständigkeit, beim „Hochglanzfaktor“. Das Handwerk feiern wollten wir, mit Pauken und Trompeten und Reportagen über die geschickten „Anpacker“, deren Leistungen und Produkte in letzter Zeit – zum Beispiel infolge der Nachhaltigkeitsdebatte – wieder mehr geschätzt werden. Dass etwa die Meister nun ihren Titel in offiziellen Dokumenten führen dürfen, ist begrüßenswerter Beweis dieser gesteigerten Wertschätzung des Handwerkers in unserer Gesellschaft. Was Sie nun in der Hand halten, mag etwas dünner sein als vorgesehen, in der Botschaft aber hoffentlich genauso klar: Die Handwerker der Kfz-Branche und der Aftermarket insgesamt verdienen es, vor den Vorhang geholt zu werden.
„Die Handwerker der Kfz-Branche verdienen es, vor den Vorhang geholt zu werden.“
Als Doppellinkshänder – diese Erkenntnis musste ich schon zu Schulzeiten im Werkunterricht hinnehmen und habe sie mittlerweile akzeptiert – ist meine Position zum Handwerk die des stillen Bewunderers, dem die Nachahmung ausdrücklich nicht empfohlen wird. Zum Glück gibt mir mein Job ausreichend Gelegenheit, genau diese Position einzunehmen: bei Werkstattreportagen oder wenn ich zum Beispiel einer Meisterklasse von Lackierern bei einer Fortbildung über die Schulter schauen darf. Ich darf sagen: Highlights meines Berufsalltags. Dass wir den Aftermarket in dieser Sonderausgabe in den Mittelpunkt stellen, soll natürlich keineswegs die Leistungen von Produktion und Verkauf in Abrede stellen. Klar ist, dass nur jene Fahrzeuge serviciert werden können, die vorher auch entwickelt, gebaut und vermarktet worden sind. Gerade in Krisenzeiten hilft es nicht, wenn ein Teil gegen den anderen ausgespielt wird. Was hingegen ganz sicher hilft, ist überall dort anzupacken, wo es nötig ist. Und das ist eine Lektion, die man aus den Werkstätten des Landes tagtäglich mitnehmen kann.
Mag. Bernhard Katzinger Chef vom Dienst
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INHALT
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Hochkonjunktur für „Zangler“ 6 Grund genug für Selbstbewusstsein Warum der Aftermarket ein Geschäft mit Zukunft ist
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11 Der Reifen hat Zukunft Continental sieht wachsende Bedeutung des Pneus
Vernachlässigte Markenwerkstatt
12 Arbeit, die sich wirklich lohnt Business-Coach Roman Kmenta im Interview
14 Die da hinten sieht man nicht Werkstatt und Verkauf müssen eine Symbiose bilden
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Oldies but Goldies
16 Mit „Oldies“ in die neue Zeit Wie Oldtimer das Werkstattgeschäft ankurbeln
19 Prozessorientierte Zukunft AkzoNobel hilft Betrieben, effizienter zu werden
20 Hochvolt! Immer mehr Betriebe rüsten sich für die Stromer
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Hochspannende Arbeit
22 Check sie, die Batterie! Aviloo testet E-Auto-Batterien für den GW-Markt
23 Kernkompetenz des Reifens Bridgestone: Anforderungen an den Pneu in Bewegung
24 Kommt der digitale KDB? Digitalisierung als Zeitgewinn für das Kundengespräch
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Mehr Zeit für Kunden
26 Positives Erlebnis im Schadenfall Carplus-GF Sabine Berg und Olaf Helfer im Interview
27 Nachhaltiger mit Reparatur? Interview mit Dr. Wolfram Groschopf von der WU Wien
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Paint PerformAir powered by AkzoNobel
EINSPARPOTENZIAL ERHÖHUNG KABINENKAPAZITÄT durch Verkürzung von Abluft- und Trocknungszeiten von 20 % bis 35 %
BASISLACK von 20 % bis 35 %
KONVENTIONELLER KLARLACK von 10 % bis 15 %
FEUCHTIGKEITSHÄRTENDER KLARLACK von 20 % bis 30 %
ENERGIEKOSTEN SENKEN DURCH TROCKNUNG bei feuchtigkeitshärtenden Lacken von 80 % bis 100 %
EINSPARUNG VON FINISHKOSTEN von 20 % bis 25 %
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REPORTAGE
Grund genug für Selbstbewusstsein Vorspann 2 3zeilig
Mag. Bernhard Katzinger
Früher war alles besser – aber nicht für die Kfz-Werkstätten. Denn derzeit schwingen sich die einst „ungeliebten, schmutzigen Anhängsel“ der Glaspaläste zu Höhenflügen in den Geschäftsbüchern auf – eine nachhaltige Entwicklung? Und wie können kleine Betriebe davon profitieren?
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ei Arne Büchners Märchenstunde herrscht Zwist im Königshaus. Die fein gewandeten Verfechter des einstmals lukrativen Autohandels verweigern ihren Verwandten im ölverschmierten Blaumann den nötigen Respekt – obwohl deren Hände Arbeit längst mehr Profit abwirft als das Anpreisen der noblen Kut-
geschichte, ist aber sicher, dass er dabei keinesfalls Märchen erzählt. „In den 1980er-Jahren machten Autohäuser sechzig Prozent ihrer Gewinne mit dem Neuwagenabsatz, es herrschte Verkäufermarkt. Wenn man bei Daimler ein Auto wollte, suchte man um eine Audienz an, und Rabat(t) war eine Stadt in Nordafrika“, beschreibt er launig die einstigen Gegebenheiten. Dann habe sich das Geschäft verändert, durch die Marken aus Japan und später Korea, aber auch durch die bis heute anhaltende Überproduktion. Derzeit jedenfalls „kommen über 75 Prozent der Gewinne der Autohäuser aus dem Aftersales“. Gleichzeitig profitiere der Aftermarket von der permanenten Zunahme des Fahrzeugbestands. Gute Zeiten für die geschmähten Blaumänner.
ZEIT FÜR IDEEN
„Kunden und Mitarbeiter in den Mittelpunkt zu stellen funktioniert wirtschaftlich.“ Andreas Zanat, Flying Car Service
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schen mit den prestigeträchtigen Marken-Emblemen. Büchner, der mit seiner Firma „Die Trainingshandwerker“ seit 25 Jahren als Coach Aftersales-Prozesse für Autohäuser und Werkstätten optimiert, verpackt seine Kernbotschaften zwar in eine eingängige Kinder-
Andreas Zanat war von den positiven Zukunftsaussichten für das Kfz-Handwerk so sehr überzeugt, dass er sich entschloss, seine erfolgreiche Karriere als Automotive Manager u. a. bei MAN und A.T.U aufzugeben und seine eigene Werkstatt zu eröffnen. Mit „Flying Car Service“ gründete er im Jahr 2019 einen Betrieb, in dem er seither seine Ideen umsetzt, wie man mittels Kundenorientierung, Mitarbeitermotivation und Prozess-Know-how ein Geschäft macht. „Ich
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REPORTAGE
wollte unter Beweis stellen: Wenn man den Kunden und den Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellt, dann funktioniert das auch wirtschaftlich.“
Gerd Heinemann, BBE Automotive
„Markenbetriebe stehen vor turbulenten Zeiten, wovon Freie profitieren können.“
ZANGLERMARKT Dass die Konjunktur für die „Zangler“ besser steht als für die Verkäufer und dass diese Entwicklung keinesfalls bloß auf die Corona-Lockdown-Dellen zurückgeht, belegen aktuelle Marktdaten. Laut Erhebung der renommierten Kölner Beratungsgesellschaft BBE Automotive wurden in Deutschland im Jahr 2019 für Wartungs- und Reparaturarbeiten an privat genutzten Pkws über 24 Milliarden Euro ausgegeben (inkl. Mehrwertsteuer). 58 Millionen Pkws steuerten eine von mehr als 45.000 Werkstätten bei unseren nördlichen Nachbarn an. Dividiere man diese Zahlen durch zehn, habe man für Österreich gültige Größen, so Geschäftsführer Gerd Heinemann, der auch für die nächste Zeit keine schnellen strukturellen Veränderungen am Fahrzeugbestand prognostiziert, sondern von „ausreichend hohem Werkstattpotenzial“ in den kommenden Jahren ausgeht. Gleichzeitig stünden die herstellerabhängigen Autohäuser durch Direktvertrieb und Straffung der Werkstattnetze vor turbulenten Zeiten, wovon freie Betriebe profitieren könnten, so Heinemann.
KÖNIGSDISZIPLIN KUNDE „Wir empfehlen unseren Kunden nur jene Dienstleistungen und Produkte, die wir auch unseren Freunden empfehlen würden“, steht in den „Big Five for Flying Car Service“, den internen Leitlinien von Andreas Zanats Werkstattbetrieb. Trotz eines begrenzten Marketingbudgets hält das noch junge Unternehmen, das als namensgebendes Service eine „mobile Reparatur“ beim Kunden zuhause anbietet, nach knapp zwei Jahren bereits bei 1400 aktiven Kunden – darunter Firmenkunden wie die österreichische Post, LeasePlan und viele regionale Player. Die Werbung – größtenteils über soziale Medien, hauptsächlich Facebook und Instagram – ist Chefsache. „Ich mache vielleicht den einen oder anderen Tippfehler in meine Postings und werde manchmal emotional, aber das kommt ehrlich hinüber und wird vielfach positiv kommentiert“, so Zanat. Ob er 100 Kunden mit je einem Auto lieber hat als einen Kunden mit 100 Autos? „Die Mischung macht’s. Ich bin stolz, dass die Post zu meinen Kunden zählt.
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REPORTAGE
Aber ich sehe es auch als groĂ&#x;en Vertrauensbeweis, dass zum Beispiel viele AuĂ&#x;endienstmitarbeiter aus der Branche mit ihren Privatautos zu mir kommen, weil sie sehen, wie wir arbeiten.“ Neben Respekt vor den Kunden legt Zanat besonders hohen Wert darauf, seinen Mitarbeitern mit Wertschätzung zu begegnen – fĂźr ihn ein probates Mittel, geeignete Facharbeiter zu finden und in seinem Unternehmen zu halten. Dass er sie am Unternehmenserfolg beteiligt – etwa in Form einer einfachen Prämie, die sich nachvollziehbar aus dem Ertrag errechnet –, gehĂśrt fĂźr Zanat dazu. Im „AuĂ&#x;endienst“ bei Flying Car Service sehen seine Angestellten eine willkommene Abwechslung zur Arbeit in der Lanzenkirchener Schauwerkstatt, was wohl auch daran liegt, dass Zanat und sein Team den dahinterliegenden Prozess inklusive der nĂśtigen Teilelieferungen penibel ausgetĂźftelt haben. „Bis aufs Pickerl und grĂśĂ&#x;ere Sachen machen wir beinahe alles auch beim Kunden vor Ort,
„E-Autos sind deutlich unkomplizierter als herkĂśmmliche Verbrenner – eine Chance.“ Arne BĂźchner, Die Trainingshandwerker
20 Prozent des Umsatzes erzielen wir drauĂ&#x;en. Das muss man sich vorstellen wie bei einer Rallye. Damit der Hof oder die Garageneinfahrt nicht schmutzig wird, legen wir eine Folie unter das Auto. Die Mitarbeiter bekommen fĂźr die AuĂ&#x;endienste eine Zulage und sind sehr zufrieden“, so Zanat, der dem mobilen Kfz-Service in Zeiten von Innenstadtschauräumen und Internet-Autohandel eine groĂ&#x;e Zukunft prophezeit.
ABER DIE DAMOKLESSCHWERTER? Alles eitel Wonne also fĂźr die freien Schrauber? Dominieren nicht die groĂ&#x;en Konzerne mehr und mehr auch dieses Geschäft? Steht nicht auch der Aftermarket unter der Fuchtel mächtiger Branchenriesen, welche die kleinen Betriebe mit unerfĂźllbaren Vorgaben und Software-Sperren nach und nach aus dem Servicegeschäft drängen? Wird der Markt nicht von unten herauf konsolidiert, der Kleine jeweils vom NächstgrĂśĂ&#x;eren gefressen, bis nur noch die ganz, ganz GroĂ&#x;en Ăźbrig sind? „Wir haben immer noch zu viele Kfz-Betriebe“, meint Arne BĂźchner lapidar. Es gelte: „Freu dich Ăźber jeden der zumacht, solang’s nicht dein Betrieb ist!“ Man mĂźsse als freie Werkstatt akzeptieren, dass man von gewissen Aufträgen bereits jetzt ausgesperrt sei. Der Markt habe nun einmal Segmente, so BĂźchner, der nicht damit hinter dem Berg hält, dass er den Kampf um die Daten aus modernen Fahrzeugen als Zeitverschwendung ansieht. Ă„hnlich aussichtslos sei die Auseinandersetzung mit Schadenssteuerern. „LĂśsen Sie diese Verträge auf, mit den GroĂ&#x;en lässt sich nicht reden!“, rät er Betrieben. Allerdings gebe es neben jenen Herstellern,
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welche die Freien aussperren, auch solche, die dies bewusst nicht tun – und darĂźber hinaus jede Menge Nischen, in denen sich Betriebe etablieren und wachsen kĂśnnen: Service in ländlichen Regionen, die sich fĂźr die groĂ&#x;en Player nicht länger rentieren; kleine Schäden, die nicht von Versicherungen reguliert werden; Folieren. „Die Nische, das kĂśnnen auch emotionale Komponenten sein. Gerade Kleine haben immer wieder gezeigt, dass sie regionale Märkte gestalten kĂśnnen.“
LERNEN VON DER GASTRONOMIE Wo sich der deutsche Autohaus-Coach und der niederĂśsterreichische Unternehmer Zanat – der in Sachen Datenzugang auf die Diagnosetester-Hersteller setzt und sicher ist, auch moderne Fahrzeuge noch lange reparieren zu kĂśnnen – einig sind: Der Schwenk zur vielgeschmähten E-Mobility stellt fĂźr die Werkstätten eine Chance dar, die sich zu ergreifen lohnt. „Die E-Mobilität ist deutlich unkomplizierter als die komplexe Verbrennertechnologie und steht allen offen, vorausgesetzt ich lege mir die MĂśglichkeiten zu“, spielt BĂźchner auf die notwendigen Investitionen an. Bei Flying Car Service – wo bereits jetzt Elektrofahrzeuge der Post serviciert werden – verfĂźgen bereits 4 Mitarbeiter Ăźber die HV2-Qualifikation, der Chef Ăźber HV3. „Wer heute ein E-Auto fährt, befasst sich mehr mit Mobilität als der normale Kunde, und Tesla-Fahrer diskutieren auch kaum Ăźber den Preis“, so Zanat. BefĂźrchtungen, dass die Stromer keine Services mehr brauchen, kann er aus der Praxis nicht bestätigen. Die Antriebseinheit sei zwar beinahe wartungsfrei, aber nicht die Peripherie. Batteriereparatur und -wartung seien sicherlich Zukunftsthemen. Aus seinen Erfahrungen mit Flottenkunden meint er: „Man muss prozessmäĂ&#x;ig gut aufgestellt und effizient sein, um die Vorgaben einhalten zu kĂśnnen. Im Gegenzug sehen auch die Unternehmenskunden ein, dass Qualität Geld kostet.“ AuĂ&#x;erdem ziehe ein groĂ&#x;er Flottenkunde auch Privatkundschaft sozusagen nach sich. Welche Tipps BĂźchner einem Jungunternehmer vor der WerkstattgrĂźndung geben wĂźrde? â€žĂœberlege, was du am liebsten tust, spezialisiere dich und lass’ es alle wissen“, so lautet die „Zauberformel“. Gerade der letzte Teil dieser Formel sei allgemein unterschätzt: „Permanentes Herausstellen: Mich gibt’s, dafĂźr stehe ich!“ Ein Positivbeispiel sei die Gastronomie. „Jedem Lokal sieht man auf den ersten Blick an, welche Klientel dort willkommen ist.“ Man muss nicht mit jedem kĂśnnen – dann kann man mit „seinen“ Kunden umso besser. Keine Angst vor der Zukunft also. Zanat ist sicher: „In den nächsten 20 Jahren wird die freie Werkstatt gleiche oder sogar grĂśĂ&#x;ere Chancen haben als der NBSLFOHFCVOEFOF #FUSJFC à É ,"5
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6-FACHER TE S T SIEGER 2020 1
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Der Blizzak LM005 ist zudem jeweils Testsieger in den Winterreifen-Tests 2020 von AUTO BILD Sportscars (Ausgabe 11/2020), AUTO ZEITUNG (Ausgabe 24/2020), AUTO STRASSENVERKEHR (Ausgabe 23/2020) und ACE (Online 10/2020).
TESTSIEGER 2019 4
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SEHR EMPFEHLENSWERT BRIDGESTONE Turanza T005
Dimension 225/50 R 17 Ausgabe 6 / 2020
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Bridgestone Europe NV/SA www.bridgestone.de
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Platz 1 von 15. · 2Platz 1 von 10. · 3Platz 1 von 9. · 4Platz 1 von 16 · 5Platz 2 von 20 (Gesamtbewertung). · 6Platz 10 von 32: 5x vorbildlich, 6x gut, 3x befriedigend, 18 Reifen erreichten nicht die Finalrunde. · 7Platz 3 von 11: 5x vorbildlich,1x gut, 3x befriedigend, 1x bedingt empfehlenswert, 1x nicht empfehlenswert.
GUT ZU WISSEN
Handwerk historisch Was sind die ältesten Berufe? DAS INTERNET SAGT: der Chef
DAS SPRICHWORT SAGT: die Prostituierte
DIE HISTORIKER SAGEN: - Steinmetze und Schmiede (3.000 v. Chr.) - Bierbrauer (Bier aus wildem Getreide 12.000 v. Chr.) - Müller (Getreideanbau 8.000 v. Chr.)
HANDWERK ORGANISIERT SICH Die älteste urkundlich belegte Handwerkszunft des europäischen Mittelalters war die Frankfurter Fischer- und Schifferzunft aus dem Jahr 945 n. Chr. (Ulrich Wagner: Geschichte der Stadt Würzburg)
HANDWERK BLEIBT UP-TO-DATE 2020 wurden in Österreich 13 „neue“ Lehrberufe ins Leben gerufen. Nagelneue Lehrberufe der letzten Jahre sind etwa: Eventkaufleute, Sportgerätefachkräfte, Informationstechnologen, E-Commerce-Kaufleute, Medienfachleute … HANDWERK IST UNTERNEHMERSCHULE Mehr als jeder dritte Selbständige (34,3 %) in Österreich ist Absolvent einer Lehre, während nur ein Viertel der Uni-Absolventen (25 %) Unternehmer werden.
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INTERVIEW
Der Reifen gewinnt weiter an Bedeutung, sowohl in seiner technischen Funktion als auch zur Kundenbindung. Continental Reifen bietet die entsprechenden LĂśsungen.
Reifen fĂźr alle Anforderungen, mit der automotiven Kompetenz des Continental-Konzerns im Hintergrund
Der Reifen hat Zukunft A &W: Wie entwickeln sich Rolle und Aufgabe des Reifens in den kommenden Jahren? Kurt BergmĂźller: Wir sehen das Thema Sicherheit auch zukĂźnftig an erster Stelle. Die Assistenzsysteme werden immer komplexer und besser, aber sie wirken nur, wenn ein guter Reifen den Kontakt zur Fahrbahn hält. Und dies muss natĂźrlich auch fĂźr das unmittelbar nachfolgende Fahrzeug gelten. Mirco Brodthage: Sollten immer mehr Flottenbetreiber die Reifenwahl anstelle der privaten Endverbraucher treffen, so ist die Rolle des Reifens sicherlich verbunden mit Ausfallsicherheit und Gesamtkosten fĂźr die Flotte. Hier werden intelligente Reifen und Systeme helfen, den Flottenbetreibern zu jeder Zeit einen Ăœberblick zu verschaffen und Serviceprozesse zu automatisieren. Wie entwickelt sich die Bedeutung des Reifens fĂźr die Kfz-Branche? Brodthage: Einige Entwicklungen wie Elektrifizierung 8BSUVOHTBSNVU EFS 'BIS[FVHF PEFS EFS "VTCBV EFS "TTJTUFO[TZTUFNF XFOJHFS 6OGBMMTDI EFO XFSEFO die Frequenz in den Werkstätten mittelfristig senken. Dadurch wird der Reifen eine immer stärkere Bedeutung als Kundenbindungsinstrument einnehmen, da das Depot den Kunden an den Betrieb bindet. Wie kann sich der Betrieb vorbereiten? BergmĂźller: Die Betriebe mĂźssen weiter verlässlicher Partner ihrer Kunden sein und die unterschiedlichen BedĂźrfnisse, z. B. privater Endverbraucher vs. Flottenbetreiber, erkennen. Die fortfĂźhrende Schulung ihrer Mitarbeiter ist sicherlich ein wichtiger Punkt hierbei; wir unterstĂźtzen gerne.
Ing. Kurt BergmĂźller, Vertriebsleiter, Semperit Reifen Ges.m.b.H.
Welche Chancen ergeben sich daraus? BergmĂźller: Wenn Beratung relevanter wird, so kann sich hierdurch jeder Betrieb von „transaktionsorientierten“ Geschäftsmodellen abgrenzen. FĂźr Flotten kann er ganzheitliche LĂśsungen bieten, das kĂśnnen z. B. eCommerce-Modelle nur sehr schwer. Brodthage: Der Handel hat schon in den letzten Jahren einen groĂ&#x;en Fokus auf die Dienstleistung in Verbindung mit Reifen gesetzt – das wird auch weiterhin eine groĂ&#x;e Chance sein.
„Der Reifen wird eine immer stärkere Bedeutung als Kundenbindungsinstrument einnehmen.“
Was sind die Vorteile einer Zusammenarbeit mit Continental? Bergmßller: Unsere lokale Organisation ermÜglicht es uns, nahe am Kunden zu sein und entsprechend interagieren zu kÜnnen. Dadurch lÜsen wir spezifische Anforderungen auch individuell. Durch die Mehrmarkenstrategie haben wir zudem nachgefragte Produkte von Premium bis Budget. Schulungen und individuelle Marketingunterstßtzungen runden unser Angebot ab. Brodthage: Wir haben einen hohen Anspruch bei unseren Prozessen und werden diese auch immer weiterentwickeln. Unsere Belieferung erfolgt bei Verfßgbarkeit innerhalb von 24 Stunden in ganz Österreich – und das gilt auch fßr Einzelstßcke. Auch fßr die Zukunft sehen wir uns sehr gut gerßstet. Durch den Continental-Konzern im Rßcken wissen wir, wie der vernetzte Reifen in Zukunft funktionieren wird, und leiten daraus neue Servicebausteine fßr unsere Kunden ab. Wir wollen es den Kunden so leicht wie mÜglich NBDIFO TJDI G¸S VOT [V FOUTDIFJEFO É (&8
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Mirco Brodthage, Geschäftsfßhrer, Semperit Reifen Ges.m.b.H.
Lesen Sie das gesamte Interview unter www.zukunft-werkstatt.at
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INTERVIEW
Arbeit, die sich wirklich lohnt Auf dem Weg vom Handwerker zum erfolgreichen Unternehmer will ein mysteriĂśses Wesen verstanden werden: der Kunde. Business-Coach Roman Kmenta gibt Tipps, wie Kundenbeziehung zum Erfolgsfaktor im Handwerksbetrieb wird. Text: Mag. Bernhard Katzinger
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&W: Was wßrden Sie einem Handwerker und Grßnder raten, damit er seine Dienstleistungen erfolgreich vermarkten lernt? Roman Kmenta: Ein erster Schritt wäre aufzuhÜren, den Kunden als gegeben und selbstverständlich hinzunehmen. Er ist es, der alles bezahlt. Im zweiten Schritt sollte man sich die Prozesse im Betrieb genau anschauen: Kunde ruft an, was passiert? Was passiert danach, und danach? Der Unternehmer muss nicht nur im, sondern vor allem auch am Unternehmen arbeiten.
„Sie kĂśnnen den Preis senken, Sie kĂśnnen aber auch den Wert erhĂśhen.“ Roman Kmenta, Business Coach, Autor und Unternehmer
Gibt es „Kardinalfehler“, die unbedingt zu vermeiden sind? Kmenta: Da gibt es einige: Dem Kunden VorwĂźrfe machen, dagegen sein, Recht haben wollen. Fragen Sie sich stattdessen, wie Sie ein bisschen besseres Service bieten kĂśnnen, welche nette Geste Sie bereithalten kĂśnnen. Glauben Sie nicht, der Preis sei das Wichtigste! Aber der Preis spielt doch eine wichtige Rolle? Kmenta: In der Dienstleistung geht’s um Selbstbewusstsein. Man kann den Preis senken, das scheint leicht. Resultat: Viele Gewerbetreibende arbeiten rund um die Uhr, und es bleibt nichts Ăźbrig. Man kann
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aber auch den Wert erhĂśhen. Wie? Indem ich mich an meinen KundenberĂźhrungspunkten verbessere. Wie bekommt der Kunde das Auto zurĂźck – gereinigt und mit einer persĂśnlichen Notiz? Biete ich guten Espresso an, bekommt der Kunde das GefĂźhl, persĂśnlichen Service zu erleben, wenn ihn der Chef selbst begrĂźĂ&#x;t? Wie wichtig ist die Online-Präsenz? Kmenta: Im Internet hat man derzeit noch eine gute Chance, der Einäugige unter den Blinden zu sein. Denn viele haben sich darum noch nicht gekĂźmmert – das wäre eine „Arbeit am Unternehmen“. Das Wissen gibt es gratis auf Youtube, oder man holt sich einen Profi. Es ist keine Frage des Budgets, sondern der Ideen. Online-Empfehlungen gibt es nur fĂźr auffallend gute Leistung, wenn die Erwartungen Ăźbertroffen werden. Wie schafft man den Zusatzverkauf? Kmenta: Wichtig ist, keine Scheu zu haben. Stellen Sie sich vor, wie dankbar der Kunde sein wird, wenn Sie ihn rechtzeitig an den Winterreifentermin erinnern. Sie tun dem Kunden etwas Gutes! Wer hat sich noch nicht darĂźber geärgert, ein Kinderspielzeug gekauft zu haben, und dann waren keine Batterien dabei? Ich schlage vor, den Zusatzverkauf von vornherein mit einzuplanen: Wann mache ich das Angebot? Wie trage ich es vor? Das muss mit Selbstverständnis erfolgen. Im Umgang mit GroĂ&#x;kunden fĂźhlt man sich schnell „ausgeliefert“. Wie kann man damit umgehen? Kmenta: Jeder Unternehmer muss die Grundsatzentscheidung treffen, welche Art von Geschäft er machen will und welche nicht. Wenn ich mit groĂ&#x;en Kunden arbeiten will, brauche ich selbst eine gewisse (S²›F VOE HVUF 1SP[FTTF É
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REPORTAGE
Die da hinten sieht man Oft stehen die verkaufenden Kollegen im Schauraum im Vordergrund. Doch kein Autohaus kĂśnnte ohne funktionierende Werkstatt Ăźberleben. Eine Symbiose! Text: Mag. Heinz MĂźller
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s gibt sie zwar nicht, diese Umfrage: Doch angenommen, wir wĂźrden 1.000 Ă–sterreicher befragen, was ihnen sofort zum Stichwort „Autohaus“ einfällt. Was glauben Sie, wäre die Antwort? Eine (nicht wirklich repräsentative) Umfrage unter Freunden und Bekannten ergab eine relativ deutliche Tendenz: Es sind die glänzenden Autos im Schauraum. Das wundert mich nicht wirklich: Noch immer gilt fĂźr die Ăźberwiegende Mehrheit der Ă–sterreicher das Auto als Statussymbol. Zumindest so lange, als es unsereins perfekt funktionierend von A nach B bringt. Tag fĂźr Tag, Woche fĂźr Woche, Jahr um Jahr. Doch genau dafĂźr benĂśtigt man „die Werkstatt“. Ein Bereich, den viele Kunden nur am Rande kennen, vom flĂźchtigen Hineinschauen. Ein fĂźr AuĂ&#x;enstehende schwer verständlicher Kosmos mit Abläufen, die perfekt ineinanderpassen mĂźssen, damit „am Ende des Tages“ (und oft stimmt das wirklich) aus einem kaputten Vehikel, das in der FrĂźh dort abgestellt wurde, wieder ein schĂśnes Auto wird. So wie die Kunden haben auch nicht alle Beschäftigten bei den Importeuren verstanden, wie wichtig eine Werkstätte ist: Denn wie sonst kämen die teils vernichtenden Urteile zustande, die wir auch diesmal wieder im Spätsommer/FrĂźhherbst bei der Umfrage unter den Markenbetrieben erhoben haben. Beim „Händlerradar“ haben wir 505 Unternehmen befragt, je nach HĂśhe des Marktanteils zwischen 15 und 25 pro Hersteller. Die Ergebnisse sind ganz klar – und zwar Ăźber alle 25 Marken hinweg: Am meisten wĂźnschen sich die Markenbetriebe mehr UnterstĂźtzung bei der Gewinnung von Werkstattkunden älterer Fahrzeuge. Wobei auch hier die Ergebnisse vĂśllig unterschiedlich sind: Die Werkstätten von Volvo, Mazda, Seat und Skoda (deren Werbung auch unĂźberhĂśrbar im Radio läuft) sind deutlich zufriedener als jene von Nissan, Jeep, Peugeot oder CitroĂŤn. Rang zwei in den verbesserungswĂźrdigen Punkten geht, eigentlich logisch, an die Vorgabezeiten fĂźr Wartungs- und Reparturarbeiten: Am zufriedensten sind hier die Suzuki-Händler, während ihre Kollegen von Jaguar/Land Rover am weitaus lautesten jammern und beispielsweise bei Hyundai eben-
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falls keine sonderliche Zufriedenheit herrscht. Das drittschlechteste Zeugnis erhielten die Importeure fßr den telefonischen/digitalen Support bei technischen Problemen der Fahrzeuge: Machen Sie einen Blick auf ein paar Zitate auf der rechten Seite, dann wissen Sie bestens Bescheid! Opel ist in diesem Bereich abgeschlagener Negativ-Champion ‌ 4 der insgesamt 9 abgefragten Punkte liegen im Mittelfeld: Die Preise fßr wettbewerbsgefährdete Teile ebenso wie das Margen- und Bonussystem fßr Teile und ZubehÜr, die Angemessenheit der geforderten Investitionen in die Werkstattausrßstung und die Unterstßtzung des Werkstatt- und AftersalesGeschäftes. Am zufriedensten sind die Markenwerkstätten hingegen mit 2 Kategorien: Die Lieferfähigkeit von Teilen war offenbar auch im Pandemie-geprägten Jahr 2020 sehr gut. Spitzenreiter ist hier Mazda, am negativsten fiel Opel auf. Und auch die Garantieund Gewährleistungsabwicklung bei Neuwagen funktioniert im Schnitt relativ klaglos: Champion ist hier Honda, Schlusslicht Peugeot. Wie gesagt: Die Werkstätte bringt im Lauf der Jahre einem Autohaus jenes Geld, das vorne (also im Schauraum) beim Verkauf eines Neuwagens nicht wirklich verdient wurde bzw. wegen der niedriger gewordenen Margen und der immer hÜheren Auflagen der Hersteller gar nicht verdient werden konnte. Die Rabattitis, die im Üsterreichischen Neuwagenhandel weiterhin frÜhliche Urständ’ feiert, wollen wir natßrlich nicht unerwähnt lassen (deutsche Fachleute sind immer wieder erstaunt ßber den extrem ausgebildeten Intrabrand-Wettbewerb in Österreich). Genau hier stehen wir nach dem Seuchenjahr 2020 vor einem Problem: Da in den vergangenen zwÜlf Monaten rund ein Viertel weniger neue Autos abgesetzt wurden, werden diese in den folgenden Jahren in den Markenwerkstätten fehlen. Und das sind nicht wenige, nämlich rund 90.000 Einheiten, im Schnitt also einige Dutzend Fahrzeuge weniger fßr jede einzelne Werkstätte! Ein Prozess, vor dem nicht nur Bundesinnungsmeister Komm.Rat Josef Harb warnt: „Jeder Werkstattbesitzer kann sich selbst ausrechnen, wie stark ihn das betrifft. Markenwerkstätten werden ab dem nächsten Jahr leiden, die freien in ein QBBS +BISFO à É
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nicht
„Kein Angebot für Kunden mit älteren Fahrzeugen, keine Paketlösungen.“ (Ein österreichischer BMW-Händler im „Händlerradar“)
„Der Importeur bereichert sich, in dem er Werkzeuge verkauft, die auf dem freien Markt viel günstiger sind.“ (Meinung eines Hyundai-Händlers)
„Telefonisch gibt’s nicht, und digital geht über Deutschland, was dann zu lang dauert und zu aufwendig ist.“ (Ein heimischer Toyota-Händler)
„Sie sind personell zu dünn besetzt, deshalb werden technische Anfragen abgewiesen. Sie können es nicht mehr bearbeiten, und das ist alles andere als partnerschaftlich.“ (O-Ton eines Peugeot-Händlers)
„Die Aktionen für ältere Fahrzeuge sind zu freien Werkstätten nicht wettbewerbsfähig.“ (Äußerung eines VW-Händlers)
„Kein Support bei technischen Problemen. Wir warten schon seit einer Woche auf ein Telefonat. Es hebt keiner ab, wenn ich da anrufe. Wenn ich direkt bei der PSA-Gruppe anrufe, gibt es die Möglichkeit, sich mit verschiedenen Marken verbinden zu lassen, außer mit der Marke Opel. (Die Verärgerung eines Opel-Händlers ist deutlich)
„Zu hohe Kosten für Werkstattausrüstung, die fast nie benötigt wird.“ (Ein VW-Händler macht seinem Ärger Luft)
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Josef Wiener mit einem Mercedes-Benz 170 (li) und beim Transport der R4-Bodengruppe
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Mit „ OLDIES “ in die neue Zeit Fast 220.000 angemeldete Pkws sind laut Statistik Austria derzeit 25 Jahre oder älter – Tendenz steigend. Bringen Klassiker auch Schwung ins Werkstattgeschäft? Text: Dieter Scheuch
eine persönliche Meinung ist, dass man in der Werkstatt jede Nische nutzen sollte, um für entsprechende Auslastung zu sorgen“, meint Komm.-Rat Josef Harb, Bundesinnungsmeister der Fahrzeugtechnik und selbst Liebhaber klassischer Fahrzeuge. „Es braucht dafür aber auch spezielle Fähigkeiten und die Liebe zu Oldtimern“, so Harb. Seien diese Voraussetzungen gegeben, „dann sollte man das unbedingt in sein Portfolio einbauen“. Das ließe sich in Form einer Nebenschiene im Betrieb realisieren, wobei es natürlich auch die Möglichkeit gebe, sich ausschließlich auf die Restaurierung, Reparatur und das Service historischer Fahrzeuge zu spezialisieren. „Ersteres machen wir auch in unseren Betrieben in Weiz und Voitsberg mit spezialisierten Technikern, die Old- und Youngtimer der Kunden mit Liebe bearbeiten.“ Da ja jährlich Fahrzeuge „nachrückten“, sei am Markt auch für Nachschub gesorgt. „Diesen Markt darf man nicht unterschätzen, er stellt ein bedeutendes Potenzial dar.“ Eine nicht unbeträchtliche Zahl von Besitzern historischer Fahrzeuge sei auch bereit, viel Geld für Restaurierung in die Hand zu nehmen. Gewisse Erfahrung, Interesse gepaart mit Begeisterung für ältere Fahrzeuge bilde die Grundvoraussetzung, um mit diesen Fahrzeugen arbeiten zu können. „Die älteren Kfz-Techniker, die früher daran geschraubt haben, werden natürlich weniger. Wir haben aber auch junge Mitarbeiter, die sich für Oldtimer begeistern und von erfahrenen Kollegen das entsprechende Know-how erhalten. Darüber hinaus gibt es sehr viel Literatur, da kann man sich sehr gut einlesen.“
WERKSTATTUMSATZ MIT OLDTIMERN Auch Komm.-Rat Josef Wiener, Landesinnungsmeister der Fahrzeugtechnik und erklärter Fan klassischer Fahrzeuge, ist überzeugt, dass Oldtimer ein lukratiJensen Classics by Unterberger: Fritz Unterberger, Helge Jensen, Dieter Unterberger und Gerald Unterberger (v.l.n.r.)
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ves Zusatzgeschäft fĂźr entsprechend spezialisierte Werkstätten bringen: „Das sehe ich in unserem eigenen Werkstatt-Betrieb in Eltendorf. Bereits 35 Prozent des Umsatzes generieren wir mit der Restaurierung, Wartung und dem Service von Oldtimern. In der Werkstatt haben sich zwei Mechaniker darauf spezialisiert, auch fĂźr die Spenglerei sind wir gerĂźstet und haben derzeit 10 historische Fahrzeuge in Arbeit, darunter einen Chevrolet Camaro, einen Porsche, einen Skoda und einen VW-Käfer.“ Oldtimer wĂźrden auch in Corona-Zeiten fĂźr eine hohe Werkstatt-Auslastung sorgen: „Wir haben durchgearbeitet und keine Kurzarbeit gehabt.“ Dass das Interesse fĂźr diese Fahrzeuge auch beim Kfz-Techniker-Nachwuchs vorhanden sei, daran zweifle er nicht: „Es ist gewaltig und steigt weiter an.“ Nicht zuletzt deshalb habe die Fahrzeugtechnik der Wirtschaftskammer Burgenland gemeinsam mit den Berufsschulen Pinkafeld und Mattersburg ein Pilotprojekt gestartet. Die Innung Fahrzeugtechnik kaufte einen Renault 4 Oldtimer. Dieser wurde bereits zerlegt und wird in weiterer Folge von den SchĂźlern komplett instand gesetzt. Mit dem Pilotprojekt „Oldtimer Kfz-Techniker/Spengler Lackierer“ ab der 2. Klasse der Berufsschulen werden Kfz-Techniker-/Karosseriebautechniker- und Lackiererlehrlinge geschult. Die Teilnahme erfolgt freiwillig, die Lehrlinge bekommen das Diplom „Oldtimer Fahrzeugrestaurator“. Während sich die Nachwuchstechniker der Berufsschule Pinkafeld um die mechanischen Teile kĂźmmern, sind fĂźr das „Blech“ die Karosseriebautechniker in der Berufsschule Mattersburg zuständig. Das Projekt schreitet voran: „Motor, Getriebe und Bodengruppe sind bereits revidiert bzw. instand gesetzt“, so Wiener. Sobald das Fahrzeug fertiggestellt ist, bleibt es in den Berufsschulen und wird bei diversen Veranstaltungen ausgestellt.
AUSSICHTEN SIND INSGESAMT GUT Laut einer Studie des deutschen ZDK stellten die unter 30-Jährigen mit 23 Prozent die grĂśĂ&#x;te Gruppe mit Interesse an der Fahrt mit einem Oldtimer dar, erklärt Komm.-Rat Franz Steinbacher, Oldtimer-Experte, Sachverständiger und Mitglied im Landesgremium des Wiener Fahrzeughandels. „Die jungen Leute kĂśnnen das, und wenn sie wollen, lernen sie auch diese Fahrzeuge zu warten, zu reparieren oder zu restaurieren.“ Es gebe in Ă–sterreich auch mehrere auf Vorkriegsfahrzeuge spezialisierte Top-Betriebe, die heute nicht nur hierzulande, sondern auch in Europa zu den besten zählten. „Wichtig ist, sich Tipps und Tricks von erfahrenen Experten zu holen oder in einem Betrieb zu erlernen, darĂźber hinaus gibt es jede Menge Literatur und weit mehr Fachzeitschriften fĂźr Oldtimer als fĂźr aktuelle Fahrzeuge.“ Leute, die mit Liebe zu alten Autos schrauben, „sind heute gesucht“. Das Kernthema der Kraftfahrzeugtechnik
Oldtimer-Experte Franz Steinbacher mit dem Lincoln V12 Convertible Cover
und Mechanik sei ja immer das gleiche, neu seien Randbereiche wie Elektronik. „Wenn jemand das beherrscht und sich auf alte Fahrzeuge – idealerweise von erfahrenen Technikern begleitet – konzentriert, sind das die besten Voraussetzungen, um vĂśllig in die Materie einzutauchen.“ Hilfreich, um den Kfz-Nachwuchs fĂźr das Thema zu begeistern, seien auch Initiativen: „Wir wollten an der Berufsschule Stockerau eine Oldtimer-Akademie installieren, bei der jungen Kfz-Technikern in 2 Semestern Grundwissen – etwa wie man historische Fahrzeuge repariert und restauriert – vermittelt wird. Leider ist uns Corona dazwischengekommen, ich hoffe, wir kĂśnnen dieses Projekt noch umsetzen.“ Insgesamt seien die Aussichten gut: „Man lernt interessante Kunden, darunter oft finanzstarke Sammler kennen, die nicht nur ein, sondern mehrere Fahrzeuge, manche sogar 100 und mehr, besitzen. Es ist ein internationaler Markt und geografisch nicht beschränkt.“
„Es braucht dafĂźr aber auch spezielle Fähigkeiten und die Liebe fĂźr Oldtimer.“ Komm.-Rat Mst. Josef Harb, Bundesinnungsmeister Fahrzeugtechnik
AUCH „GROSSE“ SETZEN AUF KLASSIKER Auch bei groĂ&#x;en Autohandelsbetrieben stehen Klassiker hoch im Kurs: Mehr als 30 Jahre restaurierte Helge Jensen klassische Automobile am Standort im oberbayerischen Grassau. Mit seinem Wissen – vor allem fĂźr die Marken Porsche und Jaguar – hat er sich weltweit einen Namen in der Oldtimer-Szene gemacht. KĂźrzlich wurde der Betrieb von der Tiroler Unterberger Gruppe, die Ăźber 19 Standorte in Tirol, Vorarlberg, SĂźdbayern, im Allgäu und in Salzburg verfĂźgt, Ăźbernommen und samt 5-kĂśpfigem Team nach Kufstein verlagert. Insgesamt 3,5 Millionen Euro wurden fĂźr die Errichtung einer neuen Werkstatt sowie fĂźr BĂźroräumlichkeiten investiert. „Wir haben keine Kosten und MĂźhen gescheut und uns fĂźr innovative Hightech-Lackieranlagen und LĂźftungstechniken entschieden“, erläutert Fritz Unterberger. Die 1.900 Quadratmeter groĂ&#x;e Fläche biete ideale Voraussetzungen fĂźr die Oldtimer-Restauration. Zudem werden die Räumlichkeiten auch fĂźr klassische ,BSPTTFSJFBSCFJUFO BMMFS "VUPNBSLFO HFOVU[U É
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GUT ZU WISSEN
Lehre in Österreich Erfolgsweg ins Arbeitsleben (Quelle: WKO)
39.598
39,5 % der 15-Jährigen in Österreich waren 2019 Lehrlinge im 1. Lehrjahr (1970 waren es 44 %).
Lehrabschlussprüfungen wurden 2019 in Österreich positiv abgelegt, das entspricht einer Erfolgsquote von 79 Prozent.
ANZAHL DER LEHRBETRIEBE IN ÖSTERREICH 2019
2.524 16.307 26.558 Fachgruppe Kfz-Technik
Sparte Gewerbe und Handwerk
109.111
Lehrlinge wurden Ende 2019 in Österreich ausgebildet, die meisten davon (23.294) in Oberösterreich.
200 Lehrberufe (ca.) gibt es in Österreich.
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Gewerbliche Wirtschaft
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Anzahl und Umfang der Schäden geht in den nächsten Jahren zurßck, die Herausforderungen fßr Lack- und Karosseriebetrieb nehmen zu. AkzoNobel begleitet die Betriebe in eine effizientere Zukunft.
Paint PerformAir von on AkzoNobel fĂźr effizienenteres Lackieren ren
Prozessorientierte Zukunft W ir sehen es als unsere Aufgabe, die UnUFSOFINFO CFJN 8FH JO FJOF FSGPMHSFJDIF Zukunft bestmĂśglich zu unterstĂźtzen. Dabei sind Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung aus unserer Sicht die wichtigsten Herausforderungen fĂźr die Karosseriebetriebe“, erklärt Daniel Kapeller, VR Premium Sales Manager Austria. Dabei geht es um eine ErhĂśhung des Durchsatzes, um die Verbesserung der Qualität, eine Optimierung des gesamten Betriebsablaufs und um Einsparung von Energie, aus ²LPMPHJTDIFO VOE ²LPOPNJTDIFO (S¸OEFO /JDIU zuletzt bedarf eine gleichmäĂ&#x;ig hohe Auslastung auch einer entsprechenden Auftragslage. „Bei all diesen Herausforderungen wollen und kĂśnnen wir die Betriebe unterstĂźtzen“, so Kapeller.
VIELE WERKZEUGE FĂœR DIE WERKSTĂ„TTEN %JF 0QUJNJFSVOHT 8FSL[FVHF EBG¸S TJOE WJFMG MUJH Ă‹%BT CFHJOOU CFJ 8FSLTUBUU 4DBO VOE 8FSLTUBUU Analyse fĂźr bestehende oder neue Partner“, berichtet Daniel Kapeller. Der Zugang erfolgt einfach und unbĂźrokratisch Ăźber den AkzoNobel-AuĂ&#x;endienst. „Unsere Mitarbeiter vor Ort sind heute viel mehr Consulter als Lack-Verkäufer“, erzählt Kapeller. „Das Produkt muss ohnehin passen, und die BeTUFMMVOH FSGPMHU JNNFS ²GUFS EJHJUBM 8JS IFMGFO EFO Betrieben daher immer intensiver bei den Themen rund um den Lack.“ Die hĂśchste Stufe der Beratung bietet AkzoNobel mit PCE, einem ganzheitlichen Konzept, bei dem die Optimierung der prozessorientierten Umgebung im Fokus steht. Einfach gesagt, geht es dabei um die Verbesserung des Arbeitsumfeldes fĂźr einen optimalen Ablauf im Betrieb. „Mit unserem Experten
„Wir mĂśchten die Unternehmen beim Weg in eine erfolgreiche Zukunft bestmĂśglich unterstĂźtzen.“
Andreas Bäurle findet hier eine umfassende Analyse statt, aus der gemeinsam mit dem Unternehmer ein Ziel mit den entsprechenden MaĂ&#x;nahmen definiert wird“, erklärt Kapeller. Die regelmäĂ&#x;ige Betreuung erfolgt dann durch den AuĂ&#x;endienst.
Daniel Kapeller, VR Premium Sales Manager Austria, AkzoNobel
UMFASSENDES PARTNERPROGRAMM PCE ist ein Teil des Acoat Selected-Partnerprogrammes von AkzoNobel, mit dem die Betriebe ihre Qualität nach innen absichern und nach auĂ&#x;en signalisieren kĂśnnen. „Um unsere Kunden zukunftsfit zu machen, helfen wir Ihnen dabei, sich in einem qualitativ hochwertigen Segment zu positionieren“, erklärt Daniel Kapeller. Die Qualität muss dabei zur geänderten Auftragslage passen: „Mit den Assistenzsystemen reduzieren sich die durchschnittlichen Aufprallgeschwindigkeiten in den nächsten Jahren deutlich.“ Sowohl die Zahl als auch das Volumen der Schäden nimmt daher ab. „Die Betriebe mĂźssen so aufgestellt sein, dass sie auch bei der zukĂźnftigen Situation wirtschaftlich erfolgreich sein kĂśnnen“, analysiert Daniel Kapeller. Neben der Beratung und dem umfassenden Schulungsprogramm hat AkzoNobel kĂźrzlich einen weiteren, wichtigen Baustein fĂźr die Zukunftssicherheit der Betriebe entwickelt. Der PaintPerfomAir erwärmt, befeuchtet und entlädt die Pistolenluft. Damit werden Material und Energiekosten eingespart und, SJDIUJH 1SP[FTTF PQUJNJFSU É (&8
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REPORTAGE
Hochvolt Mit dem kontinuierlichen Anstieg an elektrifizierten Fahrzeugen am Gesamtbestand rüsten sich immer mehr Werkstätten für die neuen Reparaturen. Denn gerade im Hochvoltbereich ist das Thema Sicherheit wesentlich.
D
abei spielen für die Betriebe bei der Entscheidungsfindung, wann der richtige Zeitpunkt zum Einstieg in die neue Technologie ist, nicht nur der Investitionsbedarf in Werkzeuge, Schulungen und allfällige Adaptierungen der Arbeitsplätze eine Rolle – für Hochvoltarbeiten ist der Platzbedarf größer und es sind eigene Kennzeichungen bzw. Abgrenzungen
„Bei Investitionen in die Werkstatt muss bei der Elektromobilität mit 20 bis 30 Prozent an Mehrkosten gerechnet werden.“ Katia Melz-Giovanella, AVL DiTest
erforderlich –, sondern es ist auch maßgeblich, dass Wertschöpfung in der Werkstätte bleibt. So sieht etwa Katia Melz-Giovanella, Produktmanagerin bei AVL DiTest, im Rahmen der „Autoservicetage 2020“ mit der Elektromobilität nachhaltige Veränderungen auf die Werkstätten zukommen, die zu einem Umdenken bei den Prozessen führen und von den Mitarbeitern ständiges Lernen einfordern. Denn es gilt nicht nur entsprechend dem Umfang der Tätigkeiten – nach der R19-Ausbildungsverordnung in Österreich – die jeweilige Art der Hochvoltschulung absolviert zu haben, sondern auch zu diesen „Basisschulungen“ die vom Hersteller vorgeschriebenen Qualifikationen für die einzelnen Fahrzeuge aufzuweisen. Denn es gebe bei
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den Herstellern unterschiedliche Herangehensweisen, so Melz-Giovanella, aber auch differenzierende Reparaturstrategien: Dürfen Arbeiten an der Batterie vor Ort durchgeführt werden? Gibt es zentrale Reparaturstützpunkte? Oder muss die Batterie in der Werkstatt ausgebaut und dann als Sondertransport deklariert zu einer zentralen Stelle gebracht werden? Je mehr die Werkstatt selbst machen darf, desto höher wird die Wertschöpfung bei der Werkstätte sein, ist die Expertin überzeugt, aber auch das Fahrzeug wieder schneller beim Kunden. Dies müsste eigentlich die meisten Hersteller bei entsprechend hohen Stückzahlen am Markt dazu bringen, dass sämtliche Arbeiten in der Werkstatt vor Ort durchgeführt werden dürfen.
ES WERDEN LAUFEND MEHR Auch wenn sich große prozentuelle Zuwachsraten aktuell noch in niedrigen Anteilen widerspiegeln – mit Jahresende 2019 lagen die batterieelektrischen Fahrzeuge bei einem Anteil von 0,6 Prozent am gesamten Pkw-Bestand, die Hybride machen rund 1 Prozent aus – so scheint die Richtung auch durch politische Lenkungseffekte wie Elektromobilitätsförderungen oder erhöhten Investitionskostenzuschuss klar: Der Anteil der elektrifizierten Fahrzeuge wird weiter steigen. Und damit auch der Investitionsbedarf der Werkstätten. Denn wer glaubt, er kann auf Elektromobilität verzichten, wird schleichend seinen
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Foto: Adobe Stock
Text: Matthias Pilter
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Kundenstock abbauen. Damit die Arbeiten dann noch die notwendige WertschÜpfung bringen – ein Geldbringer wie das Öl ist beim Elektroauto nicht mehr vorhanden –, errechnet Kfz-Sachverständiger Dipl.-Ing. (FH) Christian Eissner aufgrund der erhÜhten Gefahren und des dadurch bedingten technischen Mehraufwands einen um bis zu 20 Prozent hÜheren Stundensatz – auch aufgrund der intensiven Hochvolt-Ausbildungen (HV1, 2 und 3).
ELEKTRIFIZIERTE FAHRZEUGE 2012–2020 90.000 80.000 Hybride
70.000 60.000 50.000 40.000
ELEKTRO FĂ„NGT BEI HYBRIDEN AN Denn ohne die Schulungen ist ein Arbeiten an elektrifizierten Fahrzeugen nicht erlaubt. Dabei geht es nicht einmal nur um die rein batterieelektrischen Fahrzeuge, sondern auch um die Hybride, deren Segment in den letzten Jahren noch stärker angewachsen ist. Dabei muss auch den WerkstatteigentĂźmern klar sein, dass sie die Verantwortung fĂźr ihre Mitarbeiter tragen. Daher nehmen auch immer mehr freie Werkstätten Schulungen in Anspruch, berichtet Ing. Deniz Kartal, GeschäftsfĂźhrer von Evalus. Er hat bereits mehr als 3.000 Personen im Hochvolt-Bereich sensibilisiert. Waren es zu Beginn eher die Markenwerkstätten, so kamen in den letzten Jahren immer mehr „kleine“ Werkstätten hinzu. Denn auch diesen ist bewusst, dass andernfalls ihre Wahrscheinlickeit, ausreichend Geschäft zu haben, kontinuierlich sinkt. Schulungen bieten neben Evalus etwa
Elektro 30.000 20.000 10.000 0 2012
2014
2016
2018
11. 2020
„Die HV-Ausbildung ist sehr wichtig. Je frĂźher man sich damit auseinandersetzt, desto hĂśher ist die Wahrscheinlichkeit, in den kommenden Jahren ein Geschäft in der Werkstätte zu haben.“ Ing. Deniz Kartal, GF Evalus
auch die Birner Akademie, TĂœV SĂźd, das Bfi Wien, WN-Technical Training oder TĂœV Austria an.
HOCHVOLT-SCHULUNG: Was wofĂźr?
MIT DER RICHTIGEN AUSRĂœSTUNG STARTEN HV-1: NICHT-ELEKTROTECHNISCHE ARBEITEN Arbeiten an Hochvoltfahrzeugen, die jedoch nicht mit dem HV-System in Verbindung stehen. Beispiele: Karosseriearbeiten, Ă–l- oder Radwechsel, Instandsetzung mechanischer Komponenten
HV-2: ARBEITEN IM SPANNUNGSFREIEN ZUSTAND Die abgeschlossene Ausbildung ist Voraussetzung, dass die Werkstatt Hochvoltfahrzeuge warten und reparieren darf; technischer Kfz-Beruf erforderlich. Wenn die Spannungsfreiheit hergestellt ist, dĂźrfen elektrotechnische Arbeiten am Fahrzeug – unter Einhaltung der SchutzmaĂ&#x;nahmen (Schutzkleidung und isolierte Werkzeuge) – durchgefĂźhrt werden.
HV-3: ARBEITEN UNTER SPANNUNG Diese Ausbildung erlaubt Messungen, die Fehlersuche und den Austausch von unter Spannung stehenden Bauteilen des HV-Systems. Aber auch die Arbeit an nicht HV-eigensicheren Fahrzeugen, wie beispielsweise an Prototypen.
Neben einer klaren Abgrenzung des Hochvolt-Arbeitsplatzes, damit auch der Laie keiner Gefahr ausgesetzt werden kann, bedarf es in der Werkstatt auf jeden Fall isolierter Handschuhe der Klasse 0 (bis 1000 V), schwer entflammbarer Arbeitsbekleidung, Gesichtsschutz und Sicherheitsschuhe. Der gesamte Bedarf ist abhängig von den durchzufĂźhrenden Tätigkeiten, so Kartal, der mit Evalus Arbeitsplatzevaluierungen vor Ort anbietet und so die Betriebe beim Einstieg in das Thema Hochvolt begleitet. Ganz ohne Spezialwerkzeug und Diagnosesysteme komme man nicht aus, wie Melz-Giovanella weiĂ&#x;: So gelte es nicht nur vor dem Start der Werkstattarbeiten sicherzustellen, dass das Fahrzeug spannungsfrei ist, sondern auch nach Abschluss der Arbeiten eine Isolationsmessung und einen Potenzialausgleich durchzufĂźhren. Werden Arbeiten direkt an der Batterie durchgefĂźhrt, gilt es nicht nur mittels geeignetem Gerät das neue Modul zu konditionieren, d. h. dieses wird an die Spannung der anderen Module angepasst –, auch die Dichtheit des Systems ist zu ĂźberprĂźfen. Denn eindringende 'M¸TTJHLFJUFO L²OOUFO TPOTU [V 4DI EFO G¸ISFO É
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REPORTAGE
Die FirmengrĂźnder Dr. Marcus Berger, Dipl.-Ing. Nikolaus Mayerhofer und Dipl.-Ing. Wolfgang Berger
Nach der Prßffahrt erhält der Kunde ein Zertifikat ßber den Zustand der Batterie
Check sie, die Batterie! GehĂśrt diesem Unternehmen die Zukunft? Wahrscheinlich! Denn wer wissen will, wie gut die Batterie seines Elektroautos noch ist, muss sich an Aviloo in Wiener Neudorf wenden. Notwendig dafĂźr ist ein Gerät in GrĂśĂ&#x;e einer Zigarettenschachtel, eine Testfahrt – und viel Know-how. Text: Mag. Heinz MĂźller
N
Dieses Gerät ßberträgt die Daten aus der Batterie an den Aviloo-Server
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ein, wir wollen jetzt nicht die klassische Garage erwähnen, in der vor rund zwei Jahren die Geschichte von Aviloo begann, denn so starteten auch andere Erfolgsgeschichten (etwa in Kalifornien). Vielmehr ist es eine einzige Zahl, die den steilen Aufschwung ausdrĂźckt, den man in Wiener Neudorf hingelegt hat: „Vor einem Jahr waren wir hier noch zu viert, jetzt sind wir 25“, sagt Dipl.-Ing. Wolfgang Berger. „Hier“, das ist der ehemalige Kia-Verkaufsraum der Firma GrĂźnzweig, die anderswo ein grĂśĂ&#x;eres Zuhause gefunden hat. Ein bisserl sieht es hier immer noch aus wie bei einem klassischen Start-up: Schnell hingestellte MĂśbel, Improvisation, ein riesengroĂ&#x;er Raum fĂźr die Mitarbeiter. Und mittendrin ein Besprechungstisch: Da sitzen wir, und Berger erzählt mit seinem Kompagnon Dipl.-Ing. Nikolaus Mayerhofer seine Story. Das Leben hatte die einstigen Schulfreunde später in unterschiedliche Richtungen verschlagen: Nachrichtentechniker der eine, Verfahrenstechniker der andere. Und dann kam das Aha-Erlebnis: Denn Wolfgang Berger hatte einen BMW i3 als Firmenauto und wollte seiner Frau auch ein E-Auto kaufen. Ein gebrauchtes sollte es sein. Und genau da hakte es: Denn woher, bitte, weiĂ&#x; man, wie gut der Zustand der Batterie ist? „Bei einem Verbrenner gibt es das Baujahr, den Kilometerstand
und die Eurotax – und man weiĂ&#x;, wie viel das Auto wert ist“, sagt Nikolaus Mayerhofer: „Aber bei einem E-Auto weiĂ&#x; niemand, wie das Auto genutzt wurde. Wenn die Batterie zu oft bei Schnellladestationen war, ist das nicht gut. Dabei ist die Batterie ein Vielfaches von einem Motor oder einem Getriebe wert.“ Die Wiener Neudorfer begannen zu tĂźfteln: Die Software wurde ebenso „inhouse“ entwickelt wie die wenige Zentimeter groĂ&#x;e Box: Sie wird an die Diagnose-Schnittstelle im Auto mit voll geladener Batterie angesteckt, das Auto quasi im Aviloo-System „angelegt“. Der Nutzer erhält einen Unique-Link, Ăśffnet die Aviloo-App und kann starten. Während der Fahrt nimmt die Box Millionen an Datensätzen (Spannung, Temperatur, Ladezustand, Zellspannung) auf und Ăźbermittelt diese Ăźber die SIM-Karte an den Aviloo-Server. Je länger man fährt, desto genauer sind die Ergebnisse. Egal, ob Sommer oder Winter, das Ergebnis wird auf eine Temperatur von 20 Grad normiert – und der Kunde erhält ein prozentgenaues Ergebnis Ăźber die Kapazität der Batterie, das auch herstellerĂźbergreifend vergleichbar ist. Aviloo will nun Händler gezielt ansprechen. Eine ideale Ergänzung eines Ankaufstests oder ein Zertifikat fĂźr jedes gebrauchte E-Auto. Berger: „Wir glauben fest daran, dass sich Elektroautos mit einem Aviloo-Zertifikat schneller und zu FJOFN I²IFSFO 1SFJT WFSLBVGFO MBTTFO à É
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Leichtbau-Technologie Enliten von Bridgestone
Der Kontakt zur StraĂ&#x;e bleibt auch in Zukunft die entscheidende Aufgabe des Reifens. Premiumreifenhersteller Bridgestone entwickelt die optimalen Produkte fĂźr aktuelle und kĂźnftige Anforderungen.
Kernkompetenz des Reifens S eit mittlerweile 90 Jahren entwickelt und produziert Bridgestone kontinuierlich Premiumreifen und zukunftsweisende MobilitätslĂśsungen. Heute wie damals bedeutet das, an der Stelle Vertrauen zu schaffen, wo es am meisten darauf ankommt: dort, wo das Fahrzeug Kontakt zur StraĂ&#x;e hat. Die Kernaufgabe des Reifens bleibt also ebenso unverändert wie die Kernkompetenz von Bridgestone. Die Anforderungen an den Reifen sind allerdings in Bewegung. Im klassischen Segment der Sommerund Winterreifen beweist Bridgestone mit zahlreichen Testsiegen laufend die Kompetenz des Konzerns. Dazu kommen immer stärker All-Season-Produkte als wichtiger Trend: „Im Vergleich zur Leistung eines Spezialisten, eines reinen Sommer- oder Winterreifens, sind All-Season Produkte immer eine KompromisslĂśsung und entsprechend fĂźr bestimmte Zielgruppen geeignet“, erklärt Mag. Martin Krauss, Country Manager Bridgestone Ă–sterreich.
NEUE TECHNOLOGIE Zudem ist Bridgestone Vorreiter in der Entwicklung einer Reihe neuer Technologien, wie der bahnbrechenden Leichtbau-Technologie Enliten. Diese kommt in der ErstausrĂźstung beim Audi RS Q3 sowie bei den neuen, vollelektrischen Volkswagen ID.3 und ID.4 zum Einsatz. „Elektrofahrzeuge der neuesten Generation weisen deutliche konzeptionelle Unterschiede gegenĂźber herkĂśmmlichen Fahrzeugkonzepten auf. Dazu gehĂśren unter anderem der durch das Batteriepaket bedingte tiefe Schwerpunkt, die geringere dynamische Achslastverlagerung, das hohe Drehmoment am Rad oder auch die veränderte Fahrzeuginnenraumakustik“, so Martin Krauss. „Um das individuelle Anforderungs-
„Um das Anforderungsprofil eines BEVs bestmĂśglich zu erfĂźllen, liefern speziell entwickelte Reifen die Ăźberzeugendsten Ergebnisse.“
profil eines BEVs bestmĂśglich zu erfĂźllen, liefern speziell entwickelte Reifen im Gesamtergebnis natĂźrlich die Ăźberzeugendsten Ergebnisse.“ Mit etablierten Testsiegern und innovativen Neuheiten bietet Bridgestone die nĂśtige Produktvielfalt und ein umfassendes Portfolio, um auch in Zukunft alle Anforderungen des Autofahrers und der Autos zu erfĂźllen.
WACHSENDES FLOTTENGESCHÄFT Nicht zuletzt verändert sich auch die Kundenstruktur, immer mehr Fahrzeuge werden von Flottenbetreibern gemanagt. Dieser Entwicklung trägt Bridgestone mit Webfleet Solutions Rechnung, einem der weltweit fßhrenden Anbieter von TelematiklÜsungen fßr Flottenmanagement, Fahrzeugtelematik und vernetzte 'BIS[FVHTFSWJDFT É (&8
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Mag. Martin Krauss, Country Manager, Bridgestone Ă–sterreich
Auf die Anforderungen von Elektrofahrzeugen zugeschnitten: Enliten von Bridgestone
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REPORTAGE
Kommt der digitale KDB? M
an kann es gar nicht mehr hören, und dennoch ist es wahr und wichtig: Die Digitalisierung hat durch Corona einen Turbo erfahren. Im Handel ist das klar, aber was bedeutet das für den Servicebereich, was heißt Digitalisierung im Werkstättenablauf? Im Bereich der Fahrzeugreparatur und Diagnose genauso wie im Ersatzteilbereich ist die Elektronik ja längst Realität, aber wie sieht es im Kundenkontakt aus? Hier wird in Österreichs Betrieben noch sehr analog gearbeitet: Das Service ist fällig, der Kunde ruft an, und der Termin wird eingetragen. Alles Weitere erfolgt meistens erst dann, wenn der Kunde das Fahrzeug bringt.
DIGITALISIERUNG GEHT ANDERS
Zitat Z itat
Die Digitalisierung im Werkstätten-Management wird den Kundendienstberater und den persönlichen Kundenkontakt nicht ersetzen, sondern mehr Zeit und mehr Qualität für das persönliche Gespräch ermöglichen. Text: Gerald Weiss
die nötigen Arbeiten schreibt er in Ruhe dazu. Jetzt fällt ihm noch ein, dass vor Kurzem die elektrische Heckklappe gesponnen hat, vorne rechts ein Geräusch auftritt und dass er gerne neue Wischerblätter hätte. Was verschleißseitig am Fahrzeug zu tun ist, weiß der Betrieb nach Kenntnis von Auto, Fahrer und Kilometerstand meist ohnehin. (Und bald wird es das Auto auch berichten.) „Damit liegt die Erstverantwortung über den Auftrag einmal beim Kunden“, berichtet Manuel Weitmann, Alfa-Romeo- und Jeep-Händler in Amstetten und Gewinner des A&W DIGITAL AWARD in der Kategorie Digitales Autohaus- und Werkstatt-Management. Danach hat der Kundendienstberater Zeit, den Termin zu bestätigen oder eine Alternative vorzuschlagen,
In der neuen, bereits existenten Welt plant der Kunde seine Woche samt Werkstattaufenthalt am Sonntagabend auf der Couch, er schickt einen Wunschtermin oder kann in modernen Systemen gleich direkt in die Werkstattplanung zugreifen,
Das Tablet dient zur Unterstützung des Kundendienstberaters, nicht als dessen Ersatz
„Für uns bedeutet Digitalisierung: die richtige Information zum richtigen Zeitpunkt zum richtigen Mitarbeiter.“
Foto: Weitmann
Thomas Wagner, Orth Automobile
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AUTO AUT O & Wirtschaft Wirtsc Wir t ha tsc haf aftt 12/2020–01/2021 12/2 12/2 2/2020 020–01 –0 /20 /2021 21
einen Kostenvoranschlag zu erarbeiten und den Auftrag inklusive Ersatzteilen vorzubereiten. Das alles erfolgt natĂźrlich digital und ist im System hinterlegt. Wenn der Kunde vorher noch einmal anruft oder wenn er zum Termin kommt, kĂśnnen alle Mitarbeiter auf den Auftrag zugreifen und wissen Bescheid. „Davon weiĂ&#x; ich nichts, das war sicher der Kollege“, gilt dann nicht mehr. „Die volle Transparenz ist entscheidend“, weiĂ&#x; Weitmann. Diese Transparenz ist einer der grĂśĂ&#x;ten Vorteile der Digitalisierung. „FĂźr uns bedeutet Digitalisierung: die richtige Information zum richtigen Zeitpunkt zum richtigen Mitarbeiter“, hat Thomas Wagner, Serviceleiter bei Orth Automobile in Beselich (D), im Rahmen einer Veranstaltung erzählt.
Dokumentation und Transparenz sind groĂ&#x;e Vorteile der Digitalisierung
ONLINE-TERMINVEREINBARUNG Eines der zentralen Elemente der Digitalisierung des Werkstatt-Managements ist die Online-Terminvereinbarung, die von immer mehr Kunden gewĂźnscht und noch immer von vielen Werkstattbetreibern kritisch gesehen wird. Abgesehen von organisatorischen Herausforderungen haben viele Unternehmer und Kundendienstberater Sorge, dass der Werkstattprozess durch die Digitalisierung anonym und unpersĂśnlich wird. „Die Kunden wollen digitalen Service, diesen Wunsch muss die Branche erfĂźllen“, hat Dipl.-Ing. Jens Brech von Toyota Deutschland schon vor Längerem gesagt: „Entscheidend ist dabei, mit dem Kunden in Kontakt zu bleiben, damit die Serviceabwicklung nicht anonym wird.“ Dr. Thomas Aubel, bis vor Kurzem GeschäftsfĂźhrer beim Werkstatt-AusrĂźster Maha, ist Ăźberzeugt: „Der Serviceerfolg wird weiterhin Ăźber den direkten persĂśnlichen Kontakt generiert, also Face-to-Face.“ Das Ziel muss sein, alles, was beim Werkstattservice hinter den Kulissen abläuft, zu automatisieren, den Kundenkontakt zu individualisieren. Ist die Digitalisierung in Wahrheit das Hilfsmittel, um letztlich mehr Zeit fĂźr den Kunden zu haben? „Das ist das oberste Ziel“, sagt Manuel Weitmann und denkt dabei nicht nur an den wichtigen freundlichen Austausch. „Wenn der komplette Auftrag fĂźr die erforderlichen Tätigkeiten schon vorab online vereinbart ist, hat der Kundendienstberater bei der FahrzeugĂźbergabe die Zeit und die Ruhe, mit dem Kunden Ăźber Zusatzaufträge zu reden“, so Weitmann. Soll eine Komplettaufbereitung gemacht werden, sollen die Steinschläge ausgebessert oder eine Klimaanlagendesinfektion durchgefĂźhrt werden? Kunde und Berater sind entspannt, auĂ&#x;erdem wird bei Weitmann alles sofort am Tablet dokumentiert. FĂźr Auftraggeber und Auftragnehmer bringt das volle Transparenz, Sicherheit und Vertrauen. „Steinschläge ausbessern steht dann am digitalen Auftrag, wenn der Kunde Auto und Autohaus verlässt“, erklärt Weitmann. Nicht zuletzt: „Durch die gute Planung wird der ganze Arbeitsprozess auch in der Werkstätte ruhiger.“
Foto: Bosch
REPORTAGE
Treten im Zuge der Reparatur doch notwendige Zusatzarbeiten auf, wird der Kunde ebenfalls digital kontaktiert. So wird ein Foto oder ein Video vom Ă–laustritt am StoĂ&#x;dämpfer geschickt, und der Kunde gibt digital sein OK; ein groĂ&#x;er Vorteil gegenĂźber der Info am Telefon, bei der der visuelle Beweis fehlt. Die Herausforderung ist dabei die Vielfalt der Kunden und deren Systeme: E-Mail, SMS, WhatsApp: der Kfz-Betrieb muss wissen, wo der Kunde gerne und schnell erreichbar ist. Manuel Weitmann ist Ăźberzeugt: die Digitalisierung macht das Unternehmerleben einfacher: „Und es fasziniert mich, wenn ich es mir leichter machen kann“, so der engagierte Unternehmer, der damit auch Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit sowie den Erfolg steigert.
„Wenn der Auftrag schon online vereinbart ist, hat der Kundendienstberater bei der FahrzeugĂźbergabe Zeit und Ruhe, Ăźber Zusatzaufträge zu reden.“ Manuel Weitmann, AH Weitmann
WAS KOSTET DIGITALISIERUNG Neben der Vereinfachung und den mĂśglichen Zusatzgeschäften berichtet Weitmann auch von einer umfassenden Effizienzsteigerung, da der Auftrag einmal digital angelegt wird und nicht mehr mit Papier herumgetragen und eingegeben werden muss. „Der Aufwand der unproduktiven Mitarbeiter sinkt, die produktiven Mitarbeiter haben – ohne Mehraufwand – mehr Anteil an der Arbeitsleistung.“ Und rechtfertigen auch eine hĂśhere Bezahlung: ein wichtiger Punkt in Zeiten des Arbeitskräftemangels. Auch Jens Brech ist Ăźberzeugt, dass sich die Digitalisierung rechnet: „Das Autohaus profitiert von der Online-Service-Buchung mit durchschnittlich 15 Minuten Zeitersparnis QSP 5FSNJO Ă /B EBOO É
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INTERVIEW
Geschäftsfßhrer carplus: Sabine Berg und Olaf Helfer
Positives Erlebnis im Schadenfall Die Versicherungsvermittlung im Autohaus bringt nicht nur Kompetenz und Zusatzerträge, sondern auch wichtige Vorteile in der Schadensabwicklung. Die carplus-Geschäftsfßhrer Sabine Berg und Olaf Helfer erklären, worauf es dabei ankommt.
A
Olaf Helfer
&W: Welche Bedeutung hat die Schadensabwicklung im Autohaus? Sabine Berg: Mit der Schadensabwicklung im Autohaus schlieĂ&#x;t sich der Kreis des Komplettangebots aus Autoverkauf, Finanzierung und Versicherung. Vor allem mit den Vorteilen, wie sie carplus bietet, kann man den Kunden stärker ans Autohaus binden. Olaf Helfer: Ein Auto zu kaufen und es später auch in diesem Betrieb reparieren zu lassen, sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Bei einer Zusammenarbeit mit uns wird der Kunde zum Besuch in der ausliefernden Werkstätte motiviert, dort zahlen wir normale Stundensätze und Originalteile. Das schätzen die Kunden und die Werkstätten. AuĂ&#x;erdem schätzen es beide, wenn es bei der Abwicklung keine Probleme gibt. In unserem Fall wickelt die Werkstätte fĂźr den Kunden ja alles ab.
„Das Ziel ist, eine negative Situation in ein positives Erlebnis umzukehren.“
Worauf kommt es bei der Versicherungsabwicklung an? Berg: Wichtig ist, dass der Kunde gleich direkt beim Autohaus anruft, wenn etwas passiert. Es ist
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entscheidend, dass sich der Kfz-Betrieb als ProblemlĂśser positioniert. Dazu braucht der Händler einen starken Partner, der ihm Sicherheit in der Abwicklung gibt. Helfer: Der Kunde mĂśchte seinen Schaden sehr schnell erledigt haben und das Auto gleich in der Werkstätte lassen. Da gibt es einige Voraussetzungen fĂźr die gute Zusammenarbeit mit der jeweiligen Versicherung: Die Prozesse mĂźssen in einem engen Zeitrahmen durchlaufen, die Abwicklung muss einfach und elektronisch erfolgen, wie in unserem Fall Ăźber das Schadenbearbeitungssystem NEXA, und der Sachverständige muss rasch kommen. Dabei ist es auch wichtig, mit dem Kunden Ăźber die Leistung und die Vorteile, die er beispielsweise durch carplus erfährt, zu sprechen. Der Kunde behält das Autohaus in positiver Erinnerung: Der Schaden wurde schnell und – durch den reduzierten Selbstbehalt – auch gĂźnstig abgewickelt. Das Ziel ist also, eine negative Situation in ein positives Erlebnis umzukehren. Je grĂśĂ&#x;er die Bindung, die dadurch entsteht, desto grĂśĂ&#x;er die Chance auf neues Geschäft. Was kann carplus fĂźr den Händler tun? Helfer: Neben den carplus-Vorteilen ist es unsere Aufgabe, den Mitarbeitern des Betriebs Sicherheit zu geben und sie im Versicherungsgeschäft zu unterstĂźtzen. Das tut unser Team in der täglichen Betreuung im Innen- und AuĂ&#x;endienst, aber das tun wir auch bei unseren regelmäĂ&#x;igen Schulungen. Berg: Die sind durch die Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD vorgeschrieben und haben bei uns einen groĂ&#x;en Mehrwert. Die Fortbildung ist nicht nur eine Pflicht, sondern sie schafft einen echten Zusatznutzen fĂźr unsere Partner, worauf wir auch TFIS QPTJUJWF 3¸DLNFMEVOHFO FSIBMUFO É (&8
AUTO & Wirtschaft 12/2020–01/2021
INTERVIEW
Nachhaltiger mit Reparatur? Was ist besser fßr Klima und Umwelt – ein mÜglichst aktueller oder ein mÜglichst langlebiger Fahrzeugbestand? Wir haben bei Dr. Wolfram Groschopf vom Institut fßr Transportwirtschaft und Logistik an der WU Wien nachgefragt.
&W: Wie definieren Sie Nachhaltigkeit in der Mobilität? Dr. Wolfram Groschopf: Nachhaltigkeit wird in drei Dimensionen betrachtet, der Ăśkonomischen, Ăśkologischen und der sozialen. Wer nachhaltig handelt, vermeidet es, die MĂśglichkeiten kommender Generationen negativ zu beeinträchtigen – das ist laut Definition eine Art Generationenvertrag. Bei der Mobilität sehen wir unterschiedliche Kategorien von externen – also nicht „eingepreisten“, sondern der Allgemeinheit aufgebĂźrdeten – Effekten, etwa negative Umwelteffekte. Reparatur versus Neuanschaffung – was ist besser? Groschopf: In puncto Treibhausgasemissionen schneidet laut einer Studie ein Fahrzeughalter, der seit den 1970er-Jahren seinen Käfer fährt und instandhalten lässt, besser ab als jemand, der alle 5 bis 6 Jahre ein neues – und eigentlich umweltverträglicheres – Auto kauft. Tendenziell ist eine längere Lebensdauer des Fahrzeuges sicher vorteilhaft. Aber man kann hier keine einfachen, pauschalen Aussagen treffen, weil moderne Fahrzeuge natĂźrlich deutlich weniger Luftschadstoffe emittieren. Jedenfalls sollte man den ganzen Lebenszyklus von der Produktion bis hin zum „End of Life“ in die Betrachtungen mit einbeziehen. Etwa 70 Tonnen an Ressourcen werden schon in der Produktion fĂźr 1,5 t Auto „verbraucht“. Daneben werden Faktoren wie Recycling oder Energiebereitstellung derzeit noch zu wenig mit einkalkuliert. Beeinflusst der Nachhaltigkeitstrend das Mobilitätsverhalten von Privaten oder Unternehmen? Groschopf: Private wählen aus unterschiedlichsten
GrĂźnden ein Fahrzeug aus und verkaufen es wieder – oder behalten es. Da kann emotionale Bindung eine Rolle spielen, aber auch eine sehr kurzfristige Betrachtung: Was kostet mich eine Neuanschaffung jetzt, was im Vergleich dazu die Reparatur? Bei Flotten ist es ein Unterschied, ob ich es mit einem Unternehmen zu tun habe, das sich eventuell einen Imagevorteil davon verspricht, „nachhaltige“ Mobilität einzusetzen, oder beispielsweise mit einem Fuhr- oder Frachtunternehmen. Bei diesem spielen die Kosten eine groĂ&#x;e Rolle – dort werden alternative Antriebe sicherlich erst dann eingesetzt, wenn es sich rechnet. Bei Firmenwagen fĂźr Mitarbeiter zählen nicht nur das gesteigerte Nachhaltigkeitsbewusstsein, sondern auch finanzielle und steuerliche Aspekte.
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Foto: Adobe Stock
Text: Mag. Bernhard Katzinger
Dr. Wolfram Groschopf, WU Wien (Copyright: Angel, WU Wien)
„Etwa 70 Tonnen an Ressourcen flieĂ&#x;en in die Produktion eines 1,5-Tonnen-Autos.“
Wie sehen Sie die immer wieder aufkeimenden Debatten um Neuwagenprämien? Groschopf: Es ist sehr schwierig, eine solche „Verschrottungsprämie“ so aufzusetzen, dass die erwĂźnschten Umweltziele erreicht werden, ohne dass es zu unerwĂźnschten Mitnahmeeffekten kommt – etwa dass Leute ihre 5 Jahre alten Autos loswerden. Es sollen ja die schmutzigsten Fahrzeuge von der StraĂ&#x;e. Die Reparatur hat den Vorteil, dass sie lokale WertschĂśpfung erzeugt, während der Neuwagenhandel derzeit einen Zentralisierungsschub durch die Hersteller erlebt, was WertschĂśpfung abflieĂ&#x;en lässt. Gerade in Zeiten des Umbruchs werden sich viele eher abwartend verhalten, was wiederum fĂźr die 3FQBSBUVS TQSJDIU É
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GUT ZU WISSEN
Österreichs Kfz-Techniker In Kennzahlen und …
180
Neugründungen
5.499 Unternehmen
4,6 Mitarbeiter pro Unternehmen (Durchscnitt)
25.356 Beschäftigte (inkl. geringfügige)
24,4 %
der Beschäftigten sind Frauen.
25,2% 4.952 28
der Betriebe in der Fachgruppe sind EPU. In der übergeordneten Sparte Gewerbe und Handwerk beträgt dieser Wert 67,3 %.
Unternehmen der Kfz-Technik beschäftigen 0–9 Mitarbeiter, bei Weitem die häufigste Unternehmensgröße.
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3,3 Milliarden Produktionswert
... in Euro ausgedrückt Quelle: WKO (Österreichs Gewerbe und Handwerk. Zahlen, Daten, Fakten; Sept. 2020)
5,2
Milliarden Umsatzerlöse
93 Millionen Bruttoinvestionen
1,43 Milliarden Bruttowertschöpfung
971 Millionen Euro Personalaufwand
31,8
Milliarden zahlte die übergeordnete Sparte Gewerbe und Handwerk (in der die Fachgruppe Kfz-Technik enthalten ist) 2018 insgesamt an Bruttolöhnen und Gehältern (inkl. Arbeitgeberbeiträge).
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