# 05 — 2019 16,50 Euro Österreich 16,50 € Schweiz 18,10 SFR BeNeLux 16,50 € www.bahn-manager.de
INNOVATIVE SUPPLIER DAS ÖL DER BAHNINDUSTRIE
Schwerpunkt Zulieferer und ihre Stärken // Qualitätsmanagement // Messehighlight: CMS 2019 Berlin // Interview: Daniela Ludwig CSU/CDU // Projekt „Aero-Ferro Benchmark // Women in Mobility: TOP 100 // Länderspezial Türkei // IT gegen Bahnterrorismus //
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Liebe Leserinnen, liebe Leser, um Pünktlichkeit und gleichzeitig Qualität zu gewährleisten, muss sich unsere Branche dabei auf ihre Zulieferer verlassen können. Oft stehen diese vor logistischen aber, auch produktspezifischen Herausforderungen. Die Branche ist anspruchsvoll und will in ihre Partner vertrauen – hier gilt es also, Leistungsfähigkeit zu beweisen. Neben dem harten Wettbewerb muss in der Ausschreibungs- und Angebotsphase vollste Konzentration geboten sein sowie Überzeugungsarbeit. Übliche Routinen werden im digitalen Zeitalter selten überleben. Zuverlässiger und kostengünstiger mit beispielsweise Big Data und Predictive Maintenance: Wartungen, Instandhaltungen und Fehler, geplant oder ungeplant, sind einer der größten Kostentreiber und stellen den gesamten Sektor vor massive Herausforderungen. Projektmanagement als Schlüssel, um ans Ziel zu kommen. Ein agiles Projektmanagement bietet die perfekten Rahmenbedingungen für Projekte in schwierigen Umgebungen mit komplexen Rahmenbedingungen oder mit starren Konzernstrukturen. Alles nur, wie es im Buche steht? Nein! Diese Ausgabe zeigt, dass bereits heute die Unternehmen erfolgreich in und an Projekten arbeiten, um die Bahnindustrie in eine digitale Richtung zu lenken.
Eine anregende Heftlektüre wünscht
Dennis Peizert Herausgeber
I N H A LT
14 INNOVATIVE SUPLLIER
Inhalt
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Editorial Top-Meldungen
trie finden diese Lösungen immer mehr an Bedeutung
Innovative Supplier 14
Titelmotiv Es könnte ausgerechnet eine Branche sein, die kaum mehr oldschool sein könnte: Öl und Gas. Wer im schwierigen Börsenumfeld noch was verdienen möchte, sollte sich den StoxxEurope-600-Oil&Gas anschauen. In der Bahnindustrie ist es ähnlich. Zulieferer, Komponentenhersteller, aber auch Dienstleister müssen jeden Tag wachsam, behutsam und risikobereit agieren. Kein leichter Job in einem digitalen Zeitalter mit ernst zu nehmender Konkurrenz aus Europa, Übersee und Fernost.
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Interview Im Gespräch mit Karsten Kießling von Bombardier über die Entwicklung und Unterhaltung von Drehgestellen
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Digitalisierung und Effizienz Wettbewerbsvorteile auf dem globalen Markt durch Innovationen schaffen.
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QM in der Bahnindustrie Komplexe Systeme wie Augmented Reality oder komplementäre Sensorik müssen Bestandteil werden
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Interview II Kantenschutz ist schon lange kein Randbereich mehr. In der Bahnindus-
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Neues Denken für neue Lösungen Die Anforderungen an Ingenieure und Beratungsunternehmen im Bereich steigen
Werkstatt & Service 40
Interview III Die große CMS Reinigungsmesse steht auch dieses Jahr wieder an. Im Gespräch mit Matthias Steckmann
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Interview IV Reinigungsqualität äußert sich im Feedback der Kunden. Marc Liedtke von TEREG spricht über den Alltag und die Zukunft
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Reinigungsroboter Seit 2017 werden an den Bahnhöfen der SBB wie in Bern und Zürich Ro-
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40 Werkstatt & Service
Innovative Steigtechnik aus Günzburg
Arbeitsbühnen auch im Akku-Betrieb !
boter eingesetzt
Eine hochkarätige Jury und die Branchenverbände wählen die TOP 100 Führungsfrauen in der Mobilitätsbranche – das sind sie!
Industrie & Infrastruktur 56
Interview V Im Gespräch mit der Führungsspitze der beiden großen europäischen Wagenhalter Ermewa und GATX
Politik & Recht 64
Interview VI Im Politik-Talk mit Daniela Ludwig (CDU/CSU) über die positive Richtung der Regierungsarbeit in Berlin
Personenverkehr GRAFIKEN: MP DESIGNS
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Knoten Hamburg Das wichtige Neubauprojekt für Norddeutschland die Hamburger S-Bahnlinie 4 kommt doch
Personal & Management 82
TOP 100 Frauen
Bahnmarkt Europa 92
Türkei Die Bahnen in der Türkei waren lange Zeit Zankapfel ausländischer Nationen – heute sind die türkischen Staatsbahnen auf Modernisierungskurs
Dacharbeitsstände, motorisch verstellbare Arbeitsbühnen, Frontarbeitsbühnen mit innovativem 3-in-1-Fahrwerk, Tankwagenleitern, Laufstege, Rollgerüste oder Leitern: Für sämtliche Arbeiten in der Höhe haben wir die passende Lösung für Sie, auch in individueller Fertigung. Einen umfassenden Überblick bietet Ihnen unser Kompendium Steigtechnik-Lösungen für Schienenfahrzeuge Nr. 6. Wir bieten 15 Jahre Qualitätsgarantie auf unsere Serienprodukte „Made in Germany“. Fordern Sie umfassende Unterlagen an! Unser Partner ist der Fachhandel.
Forschung & Entwicklung 108 Mit IT gegen Bahnterrorismus In den letzten Jahren gewann das Thema Cyberkriminalität immer an Bedeutung 112 Termine 116 Impressum 118 Vorschau
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TO P - M E L D U N G E N
// NEWS // VPI 08 – Neuer Lenkungskreis // NEWS // Digitale Signaltechnik // NEWS //
VPI 08 NEUER LENKUNGSKREIS Ein moderner, zukunftsfähiger Schienengüterverkehr ist digital unterwegs – darüber herrscht sektorweit Konsens. Auch im europaweit etablierten Instandhaltungsleitfaden VPI-EMG nimmt das Thema Digitalisierung und elektronischer Datenaustausch seit Jahren eine wichtige Rolle ein. Vorstände und Geschäftsführer von Haltern und Werkstätten haben sich jetzt im neu gebildeten Lenkungskreis VPI 08 zusammengefunden, um den strukturierten Datenaustausch über das Leitfadenmodul 08 branchenweit voranzutreiben. Der neu gegründete Lenkungskreis will die bestehende VPI 08 Arbeitsgruppe bei der Weiterentwicklung des Tools unterstützen und die strategische Ausrichtung festlegen. Das gemeinsame Ziel: In naher Zukunft sollen alle Halter und Werkstätten ohne großen Aufwand in der Lage sein, elektronisch Daten auszutauschen – ganz gleich wie groß oder wie IT-affin sie heute sind. Für Halter und Werkstätten ist der strukturierte Datenaustausch auf Basis des Leitfadenmoduls VPI 08 zentral für die Effizienzsteigerung der eigenen Prozesse. Derzeit sind Anwendungsgrade und Umsetzungstiefe des VPI 08 noch sehr unter-
schiedlich – sowohl innerhalb der VPI-Mitgliedsunternehmen als auch unter den Nutzern des VPI–EMG insgesamt. Gründungsmitglieder des Lenkungskreises VPI 08 sind: Peter Reinshagen (ERMEWA SA), Sven Wellbrock (VTG AG), Bernd Hommels (Project Partners GmbH), Ines Villmann-Doll (Villmann Gruppe), Johann Feindert (GATX Europe), Carsten Elstner (Kaminski Waggonbau), Carsten Schiering (TRANSWAGGON GmbH), Malte Lawrenz (VPI), Markus Vaerst (WASCOSA AG).
BOMBARDIER TRANSPORTATION DIGITALE SIGNALTECHNIK FÜR ZUKUNFTSFÄHIGEN SCHIENENVERKEHR Mobilitätsanbieter Bombardier arbeitet kontinuierlich daran, mit innovativen Signaltechnikprodukten und -systemen die Bahninfrastruktur zu verbessern und unterstützt damit die DB bei der Steigerung ihrer Beförderungskapazitäten. Dies erfolgt im Sinne der Verkehrsund Klimapolitik der deutschen Bundesregierung, die unter anderem eine deutliche Verlagerung des Straßen- und Flugverkehrs auf die Schiene vorsieht. Ein Beispiel dafür, wie Signal- und Zugsteuerungstechnik zu
KNORR-BREMSE
LIEFERVERTRAG VON ALSTOM GEWONNEN Knorr-Bremse, der weltweit führende Hersteller von Bremssystemen und Anbieter weiterer Subsysteme für Schienen- und Nutzfahrzeuge, wird die neue Generation der französischen TGV-Hochgeschwindigkeitszüge des Typs Avelia Horizon ausrüsten. Im Rahmen eines Platform Agreement mit dem Hersteller Alstom umfasst der im Juli 2019 unterzeichnete Vertrag die Lieferung von Brems- und Klimasystemen für zunächst bis zu 100 Avelia Horizon-Züge und -Wagen des TGV 2020 mit der Option auf weitere Abrufe.
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diesem richtungsweisenden Vorhaben beiträgt, ist das BOMBARDIER EBI Lock 950 Stellwerksystem, das im niedersächsischen Bahnhof Kreiensen installiert ist. Dieses zukunftsfähige System ist ein Vorreitermodell für die künftigen digitalen Stellwerke der DB. Es ist die Schnittstelle zwischen der streckenseitigen Ausrüstung und der zentralen Verkehrsüberwachung, die an diesem hochfrequentierten Bahnverkehrsknotenpunkt die sichere und effiziente Durchfahrt der Züge ermöglicht. Die genutzte internetprotokollbasierte (IP)-Architektur ist ein wichtiger Bestandteil moderner digitaler Stellwerke. Das System regelt zuverlässig den Bahnverkehr in einem Bereich von 60 km und steuert bereits im Normalfall über 300 Züge pro Tag, wobei Kapazitätsreserven eingeplant sind. Diese Kapazitätsreserven kommen nun während der Sperrung der Hochgeschwindigkeitsstrecke Hannover-Göttingen zum Einsatz (Dauer Juni – Dezember 2019). Seit Juni unterstützt das EBI Lock Stellwerk erfolgreich den nunmehr vollständig umgeleiteten Bahnverkehr der Nord-Süd-Achse und zeigt so eindrucksvoll, welche Kapazitäten es überwachen und steuern kann. Unterstützung eines erweiterten Servicebetriebs in der Gegenwart, Vorbereitung auf das Kapazitätswachstum in der Zukunft. Das leistungsstarke EBI Lock Stellwerksystem Kreiensen wurde 2011 von der InoSig GmbH, einem Joint Venture von Bombardier Transportation, für die Deutsche Bahn Netz AG installiert. Mit der neuesten Aktualisierung, die nachgewiesenermaßen eine zuverlässige digitale Integration mit drei angrenzenden Stellwerken in Kreiensen ermöglicht, hat das System von Bombardier nun den bis dato höchsten Grad an Interoperabilität im DBNetz erreicht und ist somit für die künftige Digitalisierung des Schienenverkehrs bestens gerüstet.
Knorr-Bremse gewinnt Liefervertrag // NEWS // Leo Express-Zug in Europa // NEWS //
LEO EXPRESS
CHINESISCHER LEO EXPRESS-ZUG LANDET IN EUROPA Der erste vom chinesischen Hersteller CRRC stammende Personenzug für ein EU-Land erreicht am 11. September 2019 Europa, meldet sein Besteller – das tschechische EVU Leo Express nutzt die Einführung seiner Neuerwerbung zu einer groß angelegten Werbe- und Kundenbindungsaktion. Der Elektro-Triebzug wurde von China per Frachtschiff über 20.000 Seekilometer angeliefert und soll in Kürze auf der tschechischen Erprobungs-Ringstrecke in Velim etwa 60 Kilometer östlich von Prag die für die Zulassung notwendigen Erprobungsfahrten absolvieren. Das Bahnunternehmen erhofft einen schnellen Zertifizierungsprozess und plant, das neue Fahrzeug 2020 einzusetzen. Nach Angaben des Eigentümers handelt es sich bei dem neuen Schienenfahrzeug trotz seiner Herstellung im fernen China im Prinzip um einen tschechischen Zug. “Gemeinsam mit unserem Hersteller haben wir einen neuen Leo Express Sirius-Zug entwickelt, der auf die Bedürfnisse unserer Kunden zugeschnitten ist. Wir haben das Projekt, das Eigentum von Leo Express ist, auf Erfahrungen aus einer Milliarde zurückgelegter Kilometer gestützt”, sagte Peter Köhler, CEO von Leo Express, bei der Ankündigung auf dem Prager Manifestmarkt. Diese Erfahrungen waren mit den bislang eingesetzten Zügen des Schweizer Herstellers Stadler gesammelt worden, der schon zahlreiche Sonderwünsche des Betreibers verwirklicht hatte. Im Dezember 2019 wird Leo Express auf regionalen Strecken in den Regionen Pardubice und Zlin mit Leo Express Lint-Einheiten den Betrieb aufnehmen.
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BOMBARDIER SIEGEN – KOMPETENZ FÜR ALLE DREHGESTELLE
KARSTEN KIEßLING
in technischen Fragestellungen. Kompetenzzentrum Drehgestelle heißt auch, hier ist der Engineering-Bereich, das Entwicklungszentrum von Bombardier für Eisenbahnfahrwerke, und gleichzeitig sind wir hier bei dem größten Hersteller von Drehgestellen in Deutschland.
bahn manager Magazin: Herr Kießling, wir sind hier in Siegen-Netphen auf dem Gelände eines interessanten Werkes des Konzerns Bombardier, dem Kompetenz- und ServiceZentrum für Drehgestelle. Was ist hier Ihre Aufgabe? Karsten Kießling: Wir haben hier Entwicklungsaktivitäten und Arbeiten für die dritte Lebensphase von Drehgestellen, nämlich den Bereich Service. Das heißt, wenn die Fahrzeuge dem Kunden übergeben sind, die Gewährleistung abgelaufen ist, beraten wir
Sie haben in 2018 das tausendste aufgearbeitete Drehgestell überreicht an einen Kunden. Was passiert bei so einer Frischkur? Werden – Stichwort dritte Lebensphase von Drehgestellen – sozusagen die drit-
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FOTO: BAHN MANAGER MAGAZIN / HERMANN SCHMIDTENDORF
Der Diplom Ingenieur ist Chief Engineer Service Bogies & Drives bei Bombardier.
ÜBER ENTWICKLUNG UND UNTERHALTUNG VON DREHGESTELLEN IM BOMBARDIER-KOMPETENZZENTRUM SIEGEN SPRACH BAHN MANAGER MIT DIPL.-ING. KARSTEN KIEßLING.
ten Zähne eingesetzt? Na ja, das ist bildlich nach der Pubertät, eher etwas wie die Mitte des Lebens, wo im Prinzip eine Art Runderneuerung stattfindet. Komponenten, die für die gesamte Lebensdauer ausgelegt wurden, werden überprüft, ob sie diese Vorhersage einhalten. Verschleißkomponenten werden getauscht, und es werden Maßnahmen ergriffen, um vielleicht Komfort oder andere Eigenschaften noch einmal für die nächste Lebensdauer zu verbessern. In welchen Etappen findet hier bei Ihnen die Bearbeitung von Drehgestellen statt? Nach der Fertigung des Rohbaus, der nicht hier am Standort erfolgt für die großen Serien, wird zuerst die Vermessung durchgeführt, danach eine mechanische Bearbeitung. Dann wird wieder bei einem Messprozess das Ergebnis der mechanischen Bearbeitung überprüft. Danach wird die Oberfläche behandelt, Grundieren, Lackieren nach dem Sandstrahlen, und danach gehen die Drehgestelle in die Endmontage und werden dort versehen mit allen Komponenten, die dazugehören – Bremse, Radsätze, Antriebe und alle Nebeneinrichtungen. Bis sie zum Schluss auf dem Druck-
stand landen, wo die Höhenmaße simuliert werden und eingestellt werden, die sich später unter dem Wagenkasten einstellen. Danach erfolgt dann der Versand zum Finalisten, zur Montage unter dem Wagenkasten. Wenn ich das richtig verstehe, haben die Komponenten alle unterschiedliche Lieferzeiten. Sie haben unter anderem auch eine ziemlich aufwendige Logistik zu bewerkstelligen. Aufgrund der Teile-Vielfalt, die Teile werden bei Zulieferern zum großen Teil hergestellt und werden hier montiert, haben wir natürlich sehr viele Komponenten, eine sehr fragile Logistikkette, die einen sehr großen Steuerungsaufwand erfordert, um die richtigen Teile zum richtigen Zeitpunkt auch hier im Haus zu haben und an der richtigen Stelle einzubauen. Aber Sie bauen ständig auch Ihre Möglichkeiten aus, damit möglichst viel bei Ihnen im Hause stattfinden kann. Prüfungen, auch Festigkeitsdauerprüfungen, das machen Sie inzwischen alles schon hier. Ja, wir haben viele Prüfungen, die einmal zur Absicherung des Typs als auch der Serien dienen. Die werden hier im Hause in diesem Technologiezentrum durchgeführt, um
Entwicklungen abzusichern und auch Entwicklungen voranzutreiben. Es gab ja mal Zeiten, da hatten wir nur den einen großen Bahnbetrieb Bundesbahn oder Reichsbahn, und die hatten dann ihre Werke, da waren auch Drehgestelle in einer Hand. Heutzutage ist ein Bahnbetreiber froh, wenn er solche externen Kompetenzzentren hat wie das Ihre als Betreuer seiner Drehgestelle? Ja, in den letzten zehn Jahren hat sich durch eine Veränderung im Bahnmarkt, angefangen 1994 mit der Privatisierung, sehr viel getan. Wir haben viele private Betreiber, die heute so eine Kompetenz nicht mehr aufbauen können. Und die brauchen einen Partner, der diese Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten für sie übernimmt. Zudem hat die Komplexität der Fahrzeuge und der Fahrwerke zugenommen, und auch das erfordert doch eher den Aufenthalt in der Fachwerkstatt. Und beim Stichwort Prüfen, Messen, Nachweise, da scheinen ja auch die Vorschriften inzwischen immer schärfer zu werden. Das ist richtig. Als Bestandteil der Zulassung der Fahrzeuge und auch für den weiteren Betrieb ist es erforderlich, dass alle Maßnahmen von entsprechend zertifizierten
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Prüfern durchgeführt und dokumentiert werden und vorliegen im Falle der Nachfrage durch die Zulassungsbehörden. Was würden Sie denn sagen, welche Art von Fahrzeug dominiert jetzt, oder ist das ungefähr gedrittelt zwischen Lokomotive, Triebzüge, Straßenbahnen? Wenn man das Werk Siegen sieht, würde ich sagen, ist es eigentlich über die Jahre konstant schon verteilt über alle diese Verkehrsbereiche, angefangen bei Straßenbahnen, S-Bahnen, U-Bahnen bis hin zum Fernverkehr und Hochgeschwindigkeitslokomotiven. Es kommt eigentlich immer alles vor. Es gibt natürlich Schwankungen, wo mal der Nahverkehr ein bisschen stärker, dann der Fernverkehr wieder stärker ist, aber im Prinzip kann man sagen: Es findet alles immer statt. Wenn jetzt so ein Unternehmen kommt und sagt, wir hätten gerne was in Auftrag gegeben, aber das Fahrzeug als solches wurde früher nicht bei Ihnen gebaut, ist das dann ein Problem? Nein, wir können sicherlich auch Fremdprodukte warten. Voraussetzungen sind, dass entsprechende Dokumente vorliegen, die der Betreiber aber im Regelfall zur Verfügung hat. Und damit sind auch Wartungsarbeiten an Produkten möglich, die nicht ursprünglich bei uns entwickelt worden sind. Stichwort Entwicklung. Sicherlich ist das immer ein gewisses diskretes Thema, aber als allgemeine Aussage vielleicht: Da Sie offensichtlich auch in der Neuentwicklung für Ihren Konzern tätig sind, in welche Richtung kann man denn noch entwickeln. Offensichtlich gibt es Dinge am Drehgestell, die ja immer komplexer werden, wo Sie dann doch noch was ändern und vielleicht optimieren können? Ja, es gibt einmal sicherlich den großen Bereich der Werkstoffe, die eingesetzt werden. Da gibt es einen Wandel von Schweißkonstruktionen vielleicht zu anderen Konstruk-
tionsmethoden, Gusswerkstoffe zum Beispiel sind da zu nennen. Und dann gibt es natürlich das große weite Feld der Mechatronik, wo auch die Elektronik verbunden mit der Mechanik Einzug ins Fahrwerk findet. Da geht es um Diagnosesysteme zum einen, es geht aber auch um aktive Systeme, um das Fahrverhalten der Fahrwerke und der Fahrzeuge zu beeinflussen, um Verschleiß zu reduzieren, Geräusche, Erschütterungen zu minimieren. Das sind sicherlich Schwerpunkte der Entwicklung der letzten Jahre und auch in den nächsten Jahren. Und wo jetzt immer über Predictive Maintenance gesprochen wird, Vorausschauende Unterhaltung, können Sie denn auch Sensoren einbauen, die Funksignale geben nach dem Motto: In drei Wochen müssen wir etwas tun? Wir haben solche Systeme entwickelt in einer relativ großen Breite sowohl für das Fahrzeug als auch für den Oberbau, das heißt, für die Schiene, für die Strecke, um dort Vorhersagen machen zu können. Diese befinden sich teilweise in Erprobung, und teilweise sind sie auch schon marktreif und sind in Diskussionen mit dem Kunden. Manche Systeme werden bereits seit einigen Jahren eingesetzt. Was ja auch Regierungsprogramm ist und wohl auch inzwischen auf europäischer Ebene, die ruhige Bremse, die stillen Wagen, haben Sie da auch etwas anzubieten? Sicherlich sind das auch Schwerpunkte, dass man versucht, die Schallemissionen zu reduzieren, Erschütterungen, Vibrationen zu senken. Im Bereich Straßenbahnen versucht man, die unabgefederten Massen zu reduzieren und gerade solche Bodenerschütterungen zu beseitigen, Lenkachsen zu nutzen, um Kurven-Quietschen zu vermeiden, aber auch andere Verfahren, andere Schmiersysteme zu verwenden, um in dem Bereich Schall deutliche Verbesserungen zu bringen.
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Dabei sind wir im Personenverkehr schon sehr weit. Der Güterwagen ist sicherlich ein Bereich, der akustisch noch Nachholbedarf hat. Aber mir scheint, Sie sind um Antworten nicht verlegen, und offenbar haben Sie mit einer versierten Truppe auch die Energie und den Ehrgeiz, da weiter voranzukommen. Als einer der größten Hersteller der Welt denke ich, ist das unsere tägliche Aufgabe, unsere Motivation, unsere Mission, auch weiterzuentwickeln und der Schiene das Gewicht zu geben, das sie verdient.
Das Interview führte Hermann Schmidtendorf.
Hier werden die Weichen für die Zukunft gestellt.
Die Hauptstadtregion ist Ost-West-Drehscheibe, Europas größter Nahverkehrsmarkt und führender Standort für Wissenschaft und Forschung. Große Verkehrsunternehmen wie die Deutsche Bahn, aber auch Branchenriesen wie Bombardier, Siemens oder Stadler sind hier angesiedelt. Ebenso eine Vielzahl kleiner, spezialisierter Firmen – insgesamt über 100 Unternehmen. In der Branche arbeiten schon heute mehr als 20.000 Menschen, und die Tendenz ist weiter steigend. Stellen Sie hier die Weichen für Ihren Erfolg. Besuchen Sie uns! TRAKO 2019: Stand G27 Railway Forum Berlin: Stand N07 www.mobilitaet-bb.de
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FOTO: PIXABAY
Sitzpolster im Zug – hier sind Kaffeeflecken tabu.
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W E R K S TAT T & S E RV I C E
CMS BERLIN 2019 ZÜNDET INNOVATIONSFEUERWERK
MATTHIAS STECKMANN Er ist Senior Vice President Mobility & Services bei der Messe Berlin GmbH.
DIE GROßE CMS-REINIGUNGSMESSE IN BERLIN STEHT AUCH DIESES JAHR VOR DER TÜR. BAHN MANAGER MAGAZIN IM GESPRÄCH MIT MATTHIAS STECKMANN. bahn manager Magazin: Die Reinigungsmesse CMS hat sich in den letzten Jahren zur global führenden Fachmesse der Branche entwickelt. Welche Trends und Neuigkeiten können die Besucher dieses Jahr erwarten? Matthias Steckmann: In der Tat ist die CMS Berlin in diesem Jahr das global bedeutendste Branchenevent – mit der Kombination aus Fachmesse, dem CMS World Summit 2019 und den zahlreichen NetworkingEvents. Im Ausstellungsbereich trumpft die CMS Berlin mit einer Fülle an Innovationen auf. Der CMS Purus Innovation Award
Setzt sich das steigende Interesse an Ihrer Veranstaltung auch in diesem Jahr fort – wie viele Teilnehmer und Aussteller erwarten Sie in diesem Jahr, für die Gesamtmesse, aber auch für den Mobility Cleaning Circle? Die CMS Berlin ist eine Erfolgsgeschichte und hat seit der Premiere 2001 kontinuierlich zugelegt, mit zuletzt 430 Ausstellern sowie 23.000 Branchenvertreter aus rund 80 Ländern. Wichtiger als die reine Messestatistik ist jedoch die Qualität des Branchenevents. Die Marktführer sind ebenso vertreten
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FOTO: MESSE BERLIN
spiegelt dieses innovative Potenzial der Branche. Nachhaltigkeit und Digitalisierung durchdringen die Reinigungsindustrie als zukunftsweisende Trends. KI ist das Thema der Stunde. Diese Trends finden sich im Ausstellungsbereich, sie werden darüber hinaus auch in ihrer ganzen Vielschichtigkeit auf dem CMS World Summit am 25. Und 26. thematisiert.
wie Newcomer und Start-ups. Zu den Konferenzen treffen sich die Entscheidungsträger und Ideengeber der Branche. Und auch für den Mobility Cleaning Circle (MCC) erwarten wir ein ebenso starkes Interesse aus dem In- und Ausland wie bei der Erstveranstaltung auf der CMS 2017. Großen Erfolg hatte bereits im vorletzten Jahr die Premiere des Mobility Cleaning Circle, einem Spezialangebot vor allem für Partner aus der Schienenverkehrsbranche. Bemerkenswert erschien uns das große, zu weiten Teilen internationale, Interesse an diesem Angebot. Kam der Anstoß zur Gründung aus Ihrer Messegesellschaft direkt, aus dem Reinigungssektor oder von Mobilitätsanbietern? Sauberkeit und Hygiene sind wesentliche Anforderungen in allen Lebensbereichen, so auch in der Servicequalität der Mobilitätsprovider. Wir hatten schon länger in der Planung, die Verkehrsunternehmen stärker als Besucherzielgruppe für die CMS Berlin zu sensibilisieren, da sie ja auf dieser Marketingplattform alle Reinigungsprodukte und Dienstleistungen für ihren Bedarf finden. Ausgenommen natürlich die sehr spezialisierten Angebote wie Fahrzeugreinigungsanlagen etc., die man natürlich auf der InnoTrans findet. Ein zufälliges Treffen auf der CMS 2015 mit einem Vertreter des zuständigen DB-Einkaufsbereiches, der Stammgast auf der Messe ist – war dann Anlass, dass wir ein neues und spezialisiertes Format zu diesem Thema entwickelt haben, mit dem wir in 2017 recht erfolgreich gestartet sind. Was haben Sie mit diesem Circle in 2019 vorbereitet? Wir werden den MCC in 2019 leicht modifiziert durchführen. Das heißt, dass wir neben dem Angebot der Produkte und Dienstleistungen auf der Fachmesse das Thema etwas mehr inhaltlich fokussieren. Eine Podiumsdiskussion wird sich mit den Herausforde-
rungen und den Lösungen zum Thema „Reinigung im Mobilitätsbereich“ auseinandersetzen. Hier diskutieren Verkehrsunternehmen, Hersteller von Reinigungsmaschinen und Reinigungsmitteln sowie die Reinigungsdienstleister. Nachdem wir in 2017 gemeinsam mit DB-Services sehr medienwirksam Graffitientfernung live auf unserem Gleisgelände gezeigt haben, stellen in diesem Jahr Havelbus und die BVG jeweils einen Bus auf dem Freigelände zur Verfügung. Sehr praxisnah führen ausgewählte Aussteller der CMS hier dann ihre spezifischen Produkte und Lösungen für Reinigungsprozesse vor. Ich denke da z. B. an spezielle Staubsauger oder Reinigungsmittel zur Graffiti- und Schmutzentfernung. Wie schätzen Sie das Interesse der Teilnehmerschaft ein – ist eine Institutionalisierung des Angebots erwünscht, z.B. mit festen Mitgliedschaften, regionalen Treffen (auch außerhalb des Messetermins)? Oder schätzen die Teilnehmer gerade die offene Formel Ihres Angebots? Ganz klar zweites. Der MCC ist ein Angebot im Rahmen der CMS Berlin, die ja mit weit über 400 Ausstellern auf rund 30.000 m² Ausstellungsfläche das ganze Spektrum der Reinigungsbranche aufzeigt. Wir haben hier mit Bedacht ein Format aufgestellt, das den Verkehrsunternehmen einen inhaltlichen Rahmen und Anlaufpunkt bietet und andererseits den Raum für den individuellen Informations- und Gesprächsbedarf auf der Fachmesse lässt. Können Sie sich vorstellen, den Mobility Cleaning Circle auch als festen Teil auf der kommenden InnoTrans zu verankern? Oder ist denkbar, dass ein solches Angebot auch in andere Länder exportiert wird? Nein, so ziemlich alle relevanten Verkehrsunternehmen sind auf der InnoTrans vertreten, sei es als Aussteller oder auch Fachbesucher. Das höchst spezialisierte Angebot zu
Reinigungsleistungen der Branche wird hier bereits gezeigt und das Rahmenprogramm der InnoTrans ist mit Bedacht sehr fokussiert und begrenzt. Es macht wenig Sinn, an dieser Stelle das Konzept zu verändern. Wir bieten der Mobilitätsbranche mit der InnoTrans und dem sehr spezialisierten Angebot in den geraden Jahren auf der einen Seite und der CMS mit dem gesamten Reinigungsspektrum in den ungeraden Jahren ein rundes Angebot für ihren Bedarf. Darauf konzentrieren wir uns zunächst, zumal – wie bereits erwähnt – der MCC ein Format im Rahmen der CMS ist. Und dies ist der besondere USP: Für die Hersteller von Reinigungsmaschinen und Reinigungsmitteln sowie für die Dienstleister im Mobilitätsbereich ist die CMS Berlin die wichtigste Plattform zu diesem Thema. Glauben Sie, dass der Mobility Cleaning Circle innerhalb der Branche inzwischen schon fest verankert ist? Sehen Sie die Unternehmen bereits dazu mobilisiert, über das Thema Reinigung zu kommunizieren und zu einem eigenen Schwerpunkt zu machen? Zahlreiche Umfragen bestätigen: Sauberkeit und Hygiene stellen einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil für die Verkehrsunternehmen dar. Das hat die große Resonanz bei der Premiere auf der CMS 2017 gezeigt. Die Bedeutung des Themas „Reinigung im Mobilitätsbereich“ ist noch nicht in ihrer gesamten Dimension vom Markt erkannt. Der MCC trägt daher entscheidend dazu bei. Und die CMS Berlin stellt dafür die zentrale Einkaufsplattform zu diesem Thema dar.
Das Interview führte Dennis Peizert.
INDUSTRIE & INFRASTRUKTUR DER GÃœTERVERKEHR AUF DER SCHIENE KANN MANCHES VOM FLUGBETRIEB LERNEN. AUTOMATISIERUNG WIRD AUCH HIER IMMER WICHTIGER.
FOTO: PIXABAY
Im Hafen werden Container gestapelt, doch auf der Bahn fahren sie brav hintereinander.
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I N D U S T R I E & I N F R A S T RU KT U R
SCHIENENGÜTERVERKEHR 4.0 – BITTE JETZT EINSTEIGEN! DIE KLIMASCHUTZ-DISKUSSION SCHLÄGT WELLEN. DOCH DIE VERKEHRSWENDE DÜMPELT WEITER VOR SICH HIN, AUCH IM TRANSPORTWESEN. MIT DEM ANLEGEN DIGITALER INFRASTRUKTUREN KANN DER BAHNSEKTOR SEINE ATTRAKTIVITÄT STEIGERN UND DIESEN PROZESS BESCHLEUNIGEN.
Die Sanierung und der Ausbau der Infrastruktur ist angelaufen, aber zahlreiche Baustellen belasten den Verkehrssektor zusätzlich. Parallel bereiten erforderliche Digitalisierungsprojekte oft Kopfzerbrechen. Es stehen nach wie vor viele Fragen im Raum: Wie lässt sich das Potenzial der Digitalisierung nutzbringend für alle Beteiligten erschließen? Wo setze ich an? Verfügt unser Team überhaupt über hinreichende IT-Expertise? Die Formel zur Lösung lautet: sich gut informieren und konsequent anfangen – und zwar dort, wo sicher schnelle Verbesserungen erreicht werden können!
Wir wissen nicht erst seit gestern, dass wir dringend die überbordende Ressourcenverschwendung und den damit verbundenen Schadstoffausstoß verringern müssen – etwa durch eine stringente Verlagerung von Warentransporten auf die Schiene. Verlader wundern sich angesichts der Entwicklungen – wie autonome Lkw, E-Lkw und Platooning – über manuelle Prozesse und Intransparenz in der Bahnlogistik. Und das Verhalten jener, die hier etwas ausrichten könnten, ist nach wie vor eher abwartend. Der von der Bundesregierung 2017 auf den Weg gebrachte „Masterplan Schienengüterverkehr“ zeigt in die richtige Richtung, entfaltet aber noch nicht vollständig seine Wirkung.
ZUKUNFT BRAUCHT KOLLABORATION Fakt ist, dass eine Stärkung des Verkehrsträgers „Schiene“ nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes von immenser Bedeutung ist, sondern auch aus ökonomischer Perspektive. In diesem Kontext setzt sich zum Beispiel der VDV aktiv dafür ein, dass die vom Bund angestoßene, auf jährlich bis zu 350 Mio. Euro veranschlagte Trassenpreisförderung für den Güterverkehr auch für Innovationen verwendet werden, damit die Wettbewerbsfähigkeit der Bahnen gesteigert wird. Die SGV-EVUs sind aufgefordert, zur Modernisierung der Branche beizutragen und möglichst rasch konkrete Projekte zu starten. Wo setze ich an? Die gute Nachricht: die Technolo-
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gien für die angesagte und dringend erforderliche Vernetzung und Kollaboration der Partner untereinander sind vorhanden! Diese basieren auf Plattformtechnologien, die nicht nur die Zusammenarbeit vereinfachen und beschleunigen, sondern auch die Auftragsabwicklung insgesamt in effizientere Bahnen lenkt. Geschäftsbeziehungen, die primär auf Telefon- und/oder E-Mail-Kommunikation basieren und einen hohen dispositiven Aufwand erzeugen, haben schlicht keine Zukunft mehr. EFFIZIENT STEUERN OHNE STRESS So steht „catkin“ für eine zentrale Vernetzungsplattform, mit der sich beliebige Arbeitsabläufe und Transportketten unternehmensübergreifend verbinden lassen. Auch lässt sich beispielsweise mithilfe damit verbundener Tools wie „cLOCOPLAN“ die Planung und Disposition von Zügen, Loks und Personalen einfach und nachhaltig organisieren. Verfügbarkeiten werden ebenso visualisiert, wie sich anbahnende Orts- und Zeitkonflikte. Personale erhalten ihre Fahrtaufträge direkt per App aufs Smartphone. Ergänzend steht „cSTAFF“ für das operative Personalzeitmanagement zur Verfügung. Anwender haben damit alle geleisteten Arbeitsstunden sowie An- und Abwesenheitszeiten im Blick. Sie können unabhängig von Raum und (Büro-)Zeit Personalstammdaten und Kostenstellen anlegen und verwalten, Betriebsvereinbarungen pflegen, Schichten erstellen, Urlaubsanträge bearbeiten und vieles mehr – die perfekte Kommunikation zwischen Betriebspersonal und Planung. An ganz anderer Stelle setzt der Baustellenmerkkalender (BMK) an. Mit dem BMK wird es möglich, tausende Baustellenformationen der verschiedenen Netz-Abteilungen automatisiert auszulesen und übersichtlich darzustellen. Somit ist auf einen Blick klar, welcher Zug von derartigen Restriktionen betroffen ist. Fplos und ZvFs können schnell und präzise durchgearbeitet werden, ohne den Überblick zu verlieren. Ein anderes Beispiel ist„RailNow!“, eine Art Dating-Plattform für Lokomotiven die hilft, den kurzfristigen Bedarf zu decken und Auslastungen zu steigern. RailNow! übernimmt eine Mittlerfunktion zwischen Vermieter und Mieter, Lok-Angebote und Bedarfe können nach Ort, Zeit und Typ gematcht werden, bis hin zur Lokübernahme/-übergabe. Der Vorteil ist, dass sich Über-/Unterbestände der teuren Assets einfach unternehmensübergreifend ausgleichen lassen.
FREIE FAHRT DANK AUTOMATISIERUNG Mit den zuvor skizzierten Tools steht ein Portfolio für einen zukunftssicheren, effizienten Güterbahnbetrieb zur Verfügung. Tiefgreifendes IT-Wissen auf der Anwenderseite ist hierfür nicht erforderlich. Auch Drittanwendungen werden über die zentrale catkin Plattform vernetzt. Somit kann der Bahnbetrieb durchgängig weiter optimiert werden, indem Partner ihre Daten automatisch austauschen. Im KV-Bereich werden auf diese Weise Arbeitsabläufe von EVU, Operateuren und Truckern verbunden. Auch das Potenzial von eigener ERP-Software lässt sich weiter ausreizen, indem mithilfe einer Plattformschnittstelle Kunden, Dienstleister und das mobile Personal integriert werden. Planungsfehler oder Anschlusskonflikte werden so ausgeschlossen. Zudem lassen sich die angeschlossenen Apps nutzen, um beispielsweise aktuelle Wagenreihungen zu übermitteln oder auch bahntechnischen Pflichten, wie Bremsproben und die Erstellung von Bremszetteln, rasch und zuverlässig nachkommen zu können. Die Weichen sind also gestellt und ein Testbetrieb jederzeit möglich. Die Politik allein wird’s nicht richten. Und auch das Hoffen und Warten auf lang ersehnte Infrastrukturmaßnahmen bringt niemanden konkret weiter. Vielmehr lassen sich schon jetzt mit vergleichsweise geringen Investitionen in die digitale Infrastruktur Vorteile generieren, die der Schiene im Verkehrsträger-Mix einen deutlichen Vorsprung verschaffen.
GEERT-JAN GORTER Er machte sich 2004 mit dem Logistik-IT Unternehmen proLOGiT GmbH in Dortmund selbstständig. Gemeinsam mit Christian Krüger entwickelte er die catkin-Idee, woraus im Jahr 2013 die catkin GmbH entstand. Seither ist er auch Geschäftsführer des in Dortmund ansässigen Unternehmens.
POLITIK & RECHT FROHE KUNDE AUS BERLIN UND BONN: FÜR DIE CDU/CSU BUNDESTAGSSPRECHERIN STIMMT DIE VERKEHRSPOLITIK, UND AUCH DAS EBA IST AUF VERÄNDERUNGEN VORBEREITET.
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Der Bundestag, Schaltstelle auch für Entscheidungen im Bahnwesen.
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POLITIK & RECHT
EBA: INTENSIVE VORBEREITUNG AUF NEUE EU-REGELN BEI FAHRZEUGZULASSUNGEN GERALD HÖRSTER
ÜBER SCHIENENVERKEHRSFORSCHUNG, DIGITALISIERUNG DES BAHNVERKEHRS UND ERHEBLICHE VERÄNDERUNGEN BEI DER NEUZULASSUNG VON BAHNFAHRZEUGEN SPRACH BAHN MANAGER MIT DEM PRÄSIDENTEN DES EISENBUNDESAMTS EBA GERALD HÖRSTER.
rung bieten. Dazu fließen erhebliche Mittel in die Forschung, die es sinnvoll zu nutzen gilt. Ich halte den Ansatz, das DZSF beim EBA anzusiedeln, für ideal, weil hier unabhängiges Fachwissen an der Schnittstelle von Wissenschaft, Industrie, Verwaltung und Politik entsteht. Wir profitieren seit jeher vom Wissenstransfer zwischen dem EBA als Aufsichts- und Genehmigungsbehörde und der Forschung. Das können wir im DZSF nun ausbauen. Wichtig ist, dass die Eisenbahnforschung nicht von Partikularinteressen geleitet wird und dass ihre Ergebnisse auch wirklich bei den Kunden der Bahn im Güter- und Personenverkehr ankommen. Das schafft man nicht nur mit theoretischer Grundlagenforschung allein; man braucht vor allem pra-
bahn manager Magazin: Herr Hörster, im Mai 2019 begann das Deutsche Zentrum für Schienenverkehrsforschung beim Eisenbahn-Bundesamt (DZSF) mit Sitz in Dresden und Bonn seine Arbeit. Warum ist es bei Ihrem Amt angesiedelt, was ist seine Aufgabe? Gerald Hörster: Wenn die Schiene auch in Zukunft ein wesentlicher Teil der Mobilitätskette bleiben will, muss sie sich weiterentwickeln. Vor allem geht es natürlich darum, die Chancen zu nutzen, die beispielsweise die Digitalisierung und Automatisie-
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Der Jurist leitet das Eisenbahn-Bundesamt seit 2009. Zuvor arbeitete er für die damalige Deutsche Bundesbahn und das Bundesverkehrsministerium, das heutige BMVI.
xistaugliche Lösungen. Das ist mir besonders wichtig, und das hat das EBA in den vergangenen Jahren im Rahmen der Ressortforschung auch schon praktiziert: So wurde z.B. bereits in einem Projekt ein vollständiger Testfallkatalog für ETCS und GSM-R konzipiert; eine wertvolle Hilfe bei der Zulassung dieses für den internationalen Eisenbahnverkehr wichtigen Zugsteuerungs- und Zugsicherungssystems.
Daher bringt sich das DZSF aktiv in die Aktivitäten des BMVI im Rahmen des Projektes digitale Schiene Deutschland mit den zwei wesentlichen Elementen digitale Stellwerke und dem Europäischen Zugsteuerungs- und Zugsicherungsprogramm ETCS ein. In diesem Zusammenhang sind aber auch über dieses Programm hinausgehende Fragen wichtig wie z. B. IT – Sicherheit.
Wie entwickelt sich die Arbeit des Zentrums konkret? Die Forschungsschwerpunkte ergeben sich aus dem Bundesforschungsprogramm Schiene des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Dabei wollen wir als unabhängige Forschungseinrichtung zukünftig alle Instrumente der Ressortforschung für die Schiene nutzen: Auftragsforschung, eigene Forschung und aktive Forschungsförderung. Welches Instrument das Mittel der Wahl ist, hängt vom Einzelfall ab und davon, welche Erkenntnisse man gewinnen will. Es ist absehbar, dass es auch eine positive Rückkopplung des Forschungszentrums zu den übrigen Aufgaben des EisenbahnBundesamtes gibt. Das Fachknowhow des EBA kann eine wertvolle Hilfe bei der Identifizierung oder Beschreibung von neuen Forschungsprojekten sein; andererseits können die praxisbezogenen Aktivitäten des DZSF dem EBA dabei helfen, seine gesetzlichen Aufgaben – etwa in der Zulassung – wahrzunehmen.
Das 4. Eisenbahnpaket der Europäischen Union bringt erhebliche Neuerungen im Bereich der Zulassung von Fahrzeugen. Stichwort ist Single European Railway Area, der Einheitliche Europäische Eisenbahnraum. Was ändert sich jetzt für das EBA? Die technische Säule des Vierten Eisenbahnpaketes (4. EP) ist seit Juni 2016 in Kraft. Sie fasst die EU-Richtlinien über die Interoperabilität und die Eisenbahnsicherheit sowie die Verordnung über die ERA neu. Daraus ergeben sich für das EBA insbesondere Änderungen für die Fahrzeugzulassung und für die Erteilung von Sicherheitsbescheinigungen an Eisenbahnverkehrsunternehmen. Für grenzüberschreitende Fahrzeuge wird zukünftig ausschließlich die Agentur der Europäischen Union für Eisenbahnen, abgekürzt ERA, die Zulassungsbehörde sein. Bei nationalen Fahrzeugprojekten kann der Antragsteller zwischen dem EBA und der ERA wählen. Hinsichtlich der Erteilung der Sicherheitsbescheinigungen gilt analog: für grenzüberschreitend verkehrende Eisenbahnen wird ausschließlich die ERA zuständig sein, bei nationalen Verkehren kann sich das Eisenbahnverkehrsunternehmen zwischen EBA und ERA entscheiden.
Automatisierung und Digitalisierung der Schiene werden immer wichtiger. Welche Schwerpunkte sehen Sie dabei für die nächste Zeit? Ein wichtiges Thema ist die Optimierung der vorhandenen Infrastruktur. Die erheblichen Investitionen in die digitale Schiene machen nur dann Sinn, wenn insbesondere die konzeptionellen und technischen Voraussetzungen geschaffen werden.
Derzeit beteiligen sich an dem ERA-Einheitsverfahren Bulgarien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Niederlande, Rumänien und Slowenien sowie die Schweiz von Fall zu Fall, ab Juni 2020 soll auch Deutschland hinzukommen. Warum dieser zeitliche Unterschied?
Die reguläre, dreijährige Umsetzungsfrist für das 4. EP ist für die Mitgliedstaaten zwar am 16.06.2019 zu Ende gegangen. Aber viele von ihnen – darunter auch Deutschland – haben die vorgesehene Option gezogen, die Übergangszeit um ein Jahr zu verlängern. Das bedeutet, dass sich die Zuständigkeit des EBA grundsätzlich erst im Juni 2020 verändert. Es gibt eine Ausnahme: für europaweit eingesetzte Güterwagen wird das EBA ab sofort die Genehmigung der ERA akzeptieren und – im Sinne der Antragsteller – keine zusätzliche Genehmigung für Deutschland einfordern. Darüber hinaus arbeitet das EBA bereits jetzt eng mit der ERA zusammen, um den Übergang zu dem neuen Zulassungsregime im nächsten Jahr für die Antragsteller möglichst reibungslos zu organisieren. Das 4. Eisenbahnpaket führt unter anderem europaweite Antragstellungen über das IT – System „One-Stop-Shop“ der ERA ein. Was bedeutet das konkret? Mit der Umsetzung des 4. Eisenbahnpakets in Deutschland wird aus der bislang bekannten Inbetriebnahmegenehmigung eine Genehmigung für das Inverkehrbringen von Schienenfahrzeugen. Über eine webbasierte zentrale europäische Anlaufstelle (OneStop-Shop) werden dann die Anträge auf Zulassung gestellt und an die jeweils beteiligten Behörden in Europa weitergeleitet. Aber auch wenn die ERA die Genehmigungsbehörde ist, muss es das EBA für die Prüfung der Einhaltung der nationalen Anforderungen beteiligen. Dies gilt sowohl für die Fahrzeugzulassung als auch für die Erteilung der Sicherheitsbescheinigungen. Das heißt, es werden Kooperationsabkommen geschlossen? Deutschsprachige Antragsteller werden ja sicher gerne weiterhin Unterlagen auf Deutsch einreichen wollen und nicht für jede persönliche Absprache nach Valenciennes fahren, wo es vielleicht mit deutschen Sprachkenntnissen hapert?
POLITIK & RECHT
Es ist mir ein besonderes Anliegen, dass das EBA und die ERA eng zusammenarbeiten. Daher habe ich frühzeitig das Gespräch mit dem Exekutivdirektor der ERA, Herrn Dr. Doppelbauer gesucht. Das EBA hat mit der ERA dafür bereits im April dieses Jahres als erste europäische Sicherheitsbehörde eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen, in der die Einzelheiten wie z. B. Verantwortlichkeiten, Haftung, Aufteilung der Gebühren etc. geregelt sind. Darüber hinaus enthält die Vereinbarung auch Regelungen für die Unterstützung der ERA bei der Wahrnehmung ihrer Prüfungen im Rahmen eines sogenannten „Pool of Experts“. Denn es zeichnet sich ab, dass die ERA möglicherweise nicht über ausreichendes deutschsprachiges Personal verfügt, um die Anträge aus Deutschland eigenständig bearbeiten zu können. Dies ist einer der Gründe, weshalb das EBA sich bereits jetzt so intensiv mit dem 4. Eisenbahnpaket auseinandersetzt. Es ändern sich somit zwar teilweise die Zuständigkeiten, ich gehe jedoch nicht davon aus, dass die Arbeit des EBA weniger wird. Was wird mit laufenden Verfahren passieren, die bis Juni 2020 nach bisherigen Zuständigkeiten beim EBA behandelt wurden? Die neuen europäischen Regelungen zur Fahrzeugzulassung und Erteilung von Sicherheitsbescheinigungen sehen Übergangsvorschriften für die Zulassungsverfahren vor, die das EBA nicht bis Juni 2020 wird abschließen können: danach muss der Antragsteller seinen Antrag bei der ERA (neu) stellen, jedoch wird die ERA die Prüfungen, welche das EBA bereits durchgeführt hat, übernehmen. Damit sollen Verzögerungen und Mehrkosten in den Zulassungsverfahren vermieden werden. Dieses Verfahren praktiziert das EBA mit der ERA für europaweit eingesetzte Güterwagen ja bereits zum 15.06.2019.
Wie bereitet sich das EBA auf die neuen Zulassungsregeln vor? Wir haben die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Eisenbahn-Bundesamt frühzeitig über die sich aus dem 4. Eisenbahnpaket ergebenden Änderungen informiert und so eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen für die Zusammenarbeit mit der ERA gewinnen können. Denn klar ist auch: ohne motivierte und aufgeschlossene Kolleginnen und Kollegen können wir diese für das EBA gravierende Änderung nicht bewältigen. Das EBA hat darüber hinaus die ERA im Rahmen sogenannter „learning cases“ in laufende Zulassungsverfahren eingebunden und der ERA damit wertvolle Starthilfe für ihre neue Aufgabe geben können. Wichtig ist auch, dass wir – im engen Austausch mit der ERA – eine Reihe praktischer Fragen geklärt haben, damit die Verfahren möglichst reibungslos laufen. Das EBA denkt aber nicht nur an seine eigenen Vorbereitungen. Wir haben bereits im Oktober letzten Jahres zwei Workshops mit jeweils mehr als zweihundert Teilnehmern organisiert, in denen wir – gemeinsam mit der ERA – den deutschen Eisenbahnsektor über die Neuerungen im Rahmen des 4. Eisenbahnpaketes informiert haben. Diese Veranstaltungen werden wir im Oktober dieses Jahres wiederholen. Sie sehen, dass wir die Neuerungen, die mit dem 4. Eisenbahnpaket für das EBA aber auch für den Verkehrsträger Schiene in Deutschland einhergehen, ernstnehmen. Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass die erhofften Vorteile des 4. Eisenbahnpaketes insbesondere für den grenzüberschreitenden Verkehr in Europa auch tatsächlich eintreten. Ich möchte, dass dieser Prozess, den das EBA seit der Unterzeichnung der sogenannten „Cross Acceptance“- Vereinbarung im Jahre 2006 mit der europäischen Eisenbahnsicherheitsbehörde EPSF maßgeblich mitgestaltet hat, zu einer deutlichen Reduzierung der Zulassungskosten im internationalen Ei-
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senbahnverkehr führt und der erhebliche Aufwand, den das EBA in seine Vorbereitung auf das 4. Eisenbahnpaket investiert hat, seine Rechtfertigung findet. Herr Hörster, herzlichen Dank für diese Informationen!
Das Interview führte Hermann Schmidtendorf.
BAHNMARKT EUROPA
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DIE TÜRKEI IST EIN STRATEGISCHES BINDEGLIED ZWISCHEN EUROPA UND ASIEN – EINE IMMER WICHTIGERE ROLLE SPIELT DABEI DIE EISENBAHN.
Mustafa Kemal, genannt Atatürk – der Vater der Türken – bildete nach dem Untergang des Osmanischen Reiches den modernen Nationalstaat Türkei.
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M A R K T R E P O RT : T Ü R K E I
TÜRKISCHE EISENBAHNEN: EINE HEILIGE FACKEL FÜR ZIVILISATION & WOHLSTAND
Mit dem VelaroTürkei-Hochgeschwindigkeitszug durch Anatolien.
DIE BAHNEN IN DER TÜRKEI WAREN LANGE ZEIT ZANKAPFEL AUSLÄNDISCHER NATIONEN, BEDUINEN VERÜBTEN AUF SIE SOGAR IN BRITISCHEM AUFTRAG SPRENGSTOFFANSCHLÄGE. HEUTE SIND DIE TÜRKISCHEN STAATSBAHNEN AUF STRAMMEM MODERNISIERUNGSKURS. 1859 verkündigte die deutsche Illustrierte „Die Gartenlaube“ Unerhörtes. „Locomotiven und Türken, das klingt wie rote Republik und Polizeipräsident, wie Biene und Faultier. Und doch ist der Türke schon auf dem Wege, seine krummen Beine seufzend in das Coupé zu schleppen… Der bisherige Transport auf Tier-Rücken ist langsam, kostspielig und deshalb unfähig, dort Kultur zu begünstigen und zu verwerten. Alles schläft und faulenzt daher in jenen Tälern alter Kultur. Die Eisenbahn wird ihnen wieder Kraft, Frische und Leben
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schaffen.“ Drei Jahre zuvor war auf heute türkischem Boden der erste 130 Kilometer lange Bau einer Eisenbahnlinie begonnen worden zwischen Smyrna, heute İzmir, und der Stadt Aydın. Außerhalb der heutigen Türkei wurde die erste Bahn des Osmanischen Reichs 1856 eröffnet, in der osmanischen Provinz Ägypten (Alexandria-Kairo). İzmir liegt an der Ägäisküste und ist nach Istanbul die zweitgrößte Hafenstadt der Türkei. Dieser Bahnbau geschah nicht freiwillig. Er war eine der Bedingungen für das Engagement Großbritanniens und Frankreichs im Krimkrieg 1853 bis 1856 gegen Russland auf Seiten der Osmanen. Im Ergebnis wurde das Osmanische Reich faktisch durch die beiden Westmächte kolonialisiert: Sie bekamen Zugang zum türkischen Markt für ihre Produkte und durften kostenlos türkische Bodenschätze abbauen. Dazu gehörte der Bau der genannten Bahnlinie durch die englische Oriental Railway Company ORC und später der Bahnbau durch die französisch-englische Gesellschaft Societé ottomane du chemin de fer Smyrna – Cassaba et pronlongement“ SCP. Diese Eisenbahnen waren reine Stichbahnen für den Abtransport von Lebensmitteln und Rohstoffen zum Hafen, der Gewinn verblieb beim ausländischen Betreiber, die Finanzierung jedoch bei den Ottomanen – ein schlechter Deal für das Reich. 1875 musste das Osmanische Reich den Staatsbankrott erklären. Das nutzten die Gläubigernationen, um den Einfluss auf das Land weiter auszuweiten – zur Schuldenverwaltung gründeten sie als offizielle Staatsbank die Otomanbank. Im Eigeninteresse des Reiches lag es, eine 2500 km lange Diagonalverbindung von Konstantinopel, heute Istanbul, bis ins osmanisch kontrollierte Bagdad zu schaffen. 1873 geriet das drei Jahre zuvor gestartete Projekt zunächst im 91 Ki-
FOTOS/GRAFIK: SIEMENS / ONEDIO COM HABER
lometer entfernten İzmit aus Finanzmangel ins Stocken. DEUTSCHE BAHNBAUER IM ORIENT Deshalb nahm die osmanische Führung gerne das Angebot deutscher Industrieller und Financiers an, sich ebenfalls im osmanischen Bahnwesen zu engagieren. Zunächst entstand 1870 unter Leitung des Konzessionärs Moritz Freiherr von Hirsch die Betriebsgesellschaft Société Générale pour l’Exploitation des Chemins de Fer Orientaux, ab 1878 Compagnie d’exploitation des chemins de fer Orientaux, abgekürzt CO. Sie führte den Bahnbetrieb des Orient-Express auf der Orientbahn durch, der durchgehenden Bahnverbindung von Konstantinopel nach Wien. Der Streckenneubau begann bei Dobrljin an der Grenze zum damaligen ÖsterreichUngarn, der erste Zug erreichte 1888 Istanbul. 1890 übernahmen die Deutsche Bank, der Wiener Bankverein sowie schweizerische Bankinstitute die CO, die Finanzierung lief über die neu gegründete Bank für Orientalische Eisenbahnen, kurz Orientbank. Als eine der letzten Privatbahnen der Türkei wurde die CO 1936 verstaatlicht. Vollends zum strategischen Partner des Osmanischen Reiches wurde Deutschland 1888 mit der Gründung der Anatolischen Eisenbahngesellschaft, Société du Chemin de fer Ottoman d’Anatolie (CFOA) unter Führung der Deutschen Bank und ihrem Vorstandssprecher Georg von Siemens. 1890 plädierte von Siemens im Deutschen Reichstag bei der Erörterung des von Kaiser Wilhelm II. initiierten Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsabkommens mit dem Osmanischen Reich: „Das Deutsche Reich und unsere deutsche Nation hat im Orient nichts zu erobern und nichts zu wünschen; wir haben nur ein Interesse an der Stabilisierung der dortigen Verhältnisse.“ Tatsächlich war der Eisenbahnbau im Interesse der Osmanischen Führung. Die deutschen Bahnindustriellen, unter ihnen das Bauunternehmen Philipp Holzmann, der Schienenlieferant Friedrich Krupp AG und mehrere Lokomotivbauer, lockten vor allem die wirtschaftlichen Chancen. England hatte sich seit seiner Besetzung des ottomanisch verwalteten Ägyptens 1882 als Partner desavouiert. Britische Investoren lehnten auch
Staatsgründer Atatürk bei einer seiner Bahnreisen. von Siemens’ Angebote ab, sich an der neuen Bahngesellschaft zu beteiligen. So übernahm die CFOA als ausschließlich deutsches Unternehmen den bereits bestehenden Bahnabschnitt von Istanbul-Haydarpaşa nach İzmit und konnte bereits am 31. Dezember 1892 den 486 Kilometer langen Streckenabschnitt nach Ankara eröffnen, dem am 29. Juli 1896 der Abschnitt vom Abzweig Eskişehir nach Konya folgte (445 Kilometer). Dieser diente ab 1903 als Ausgangspunkt der Bagdadbahn. Bagdad befand sich seit 1534 unter osmanischer Herrschaft und sollte nach dem Willen der Staatsführung unter deutscher Federführung bahntechnisch angeschlossen werden. MODERNE TÜRKEI – MODERNE BAHN Die Geschichte der neuzeitlichen Türkei nach Ende des 1. Weltkriegs begann 1923 mit der Gründung der Republik durch den neuen Staatslenker Mustafa Kemal Atatürk. Hauptstadt des gegenüber dem Osmanischen Reich stark geschrumpften Staates wurde Ankara. Der visionäre Modernisierer konzentrierte sich darauf, sein Land real vom Ausland selbständig zu machen und es in allen Landesteilen zu entwickeln. Dazu war die Eisenbahn von entscheidender Bedeutung. „Eisenbahnen sind eine heilige Fackel, die ein Land mit den Lichtern der Zivilisation und des Wohlstands erleuchtet“, erklärte Atatürk am 10. Mai 1937 in einer Rede. Immer wieder befuhr er bei Visitationen das Land per Bahn. Zwei Salonwagen Atatürks sind heute museal ausgestellt. Bahnen in ausländischem Eigentum wurden ab 1924 schrittweise in die im gleichen Jahr gegründete staatliche Generaldirektion überführt, ab 23. Mai 1927 umgewandelt in die dem Verkehrsministerium unterstellten Türkischen Staatsbahnen Türkiye Cumhuriyeti Devlet Demiryolları TCDD. Beim Beschaffungsprogramm für neue leistungsfähige Dampflokomotiven orientierte sich die Türkei an den im Krieg als einfach und robust geschätzten Fahrzeugen der Preußischen Staatsbahn, später der Deutschen Reichsbahngesellschaft. So war die erste 1923 bestellte neue Baureihe 45001 eine etwas verlängerte preußische G 8.2. Gebaut wurden diese Loks hauptsächlich durch das schwedische Unternehmen NOHAB, das beim Bau der Strecke zur Schwarzmeerstadt Zonguldak vom Abzweig der Anatolien-Bahn in Irmak auch die Konsortialführung übernahm. In den 1950er Jahren ging das türkische Interesse am Bahnwesen stark zurück. Straßenbau, Bus- und Lastwagenverkehr rückten stark in den Vordergrund. Das änderte sich diametral in den letzten Jahren, unterstreicht der Minister für Verkehr und Infrastruktur Mehmet Cahit Turhan in seinem Vorwort zum jüngsten Jahresbericht der TCDD: „Nach 1950 verlangsamte sich die Eisenbahn allmählich. Doch nach 2002 wurde der Zug, für den Volkslieder gesungen wurden und Gedichte sich aneinanderreihen, wieder auf die Tagesordnung unserer Bürger gestellt. Gleise, die über Jahrhunderte nicht angerührt worden waren, wurden erneuert, elektrifiziert und signalisiert.“ (hfs)
IMPRESSUM
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Registergericht und Registernummer Amtsgericht Lüneburg HRB 206117 Steuernummer 33/206/02227 Geschäftsführer / Herausgeber Dennis Peizert Hauptstadtrepräsentanz Hermann Schmidtendorf Bruchsaler Straße 3 10715 Berlin Chefredaktion Hermann Schmidtendorf (V.i.S.d.P.) Telefon 0157 865 393 57 E-Mail schmidtendorf@bahn-manager. de Internet www. bahn-manager. de Anzeigen Dennis Peizert (verantwortlich) E-Mail vertrieb@bahn-manager. de Roland Schenke Telefon 04131 78 98 145 E-Mail schenke@bahn-manager.de Aboverwaltung / Vertrieb Maya Thomulka E-Mail thomulka@bahn-manager.de Telefon 04131 78 98 146 Grafik/Design MPDesigns Druck Kössinger AG, Schierling Erscheinungsweise 6 x jährlich ISSN 2367–1998 116
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