bahn manager #06/2020

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# 06 — 2020 16,50 Euro Österreich 16,50 € Schweiz 18,10 SFR BeNeLux 16,50 € www.bahn-manager.de

MESSEN NEIN, WERKSTATT JA – DIE ANSPANNUNG BLEIBT

Schwerpunkt Werkstatt & Service // Ermewa Maintenance Manual // Zugreinigung mit neuester Technik // Werkstatt 4.0 // Flughafen BER geht an den Start // SNCF weiblich // Brexit? Egal – investieren Sie // Zulassungstests // ICE Restaurantwagen


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Liebe Leserinnen, liebe Leser, auch wenn es derzeit patriotische Pflicht ist, weniger zu reisen — die Bahnbranche wird dringend benötigt. Es muss weiter repariert, modernisiert, investiert und digitalisiert werden. Staatliche Unterstützung sollte dabei auch den Nicht-Bundeseigenen Bahnen zuteilwerden, zum Beispiel durch Absenkung der Trassenkosten. Streit in der Branche können wir ebenso wenig brauchen wie wirtschaftliche Notlagen bei DB oder ihren Mitbewerbern. Weiterhin werden Messen und Kongresse verschoben. So könnte unverhofft der Newcomer-Event MES Expo Ende 2021 zur ersten Berliner Großmesse face to face werden. Eine polnische Redensart für solche Fälle: Man sagt ’nichts zu machen’ und lebt weiter. Das wünschen wir uns und Ihnen: Mit den Kräften haushalten, die Sorgen der Mitmenschen ernst nehmen, gesund bleiben und sicher sein: Auch ein Pandemie-bedingter Tunnel beglückt uns am Ende mit Licht! In diesem Sinne stellen wir in dieser Ausgabe verschiedene Neuentwicklungen für den Werkstattbereich vor. Wir freuen uns, dass „schon“ der Berlin-Brandenburger Flughafen eröffnet wurde, und referieren kontrapunktisch Forderungen und Aktionen zur sinnvollen Steuerung des Flugverkehrs. Als Chefredakteur setze ich mich für den Ausbau der Ostbahn ein und komme damit auch in die renommierte Fernsehsendung Eisenbahn-Romantik — eine erfreuliche Form der Synergie. Haben Sie schon mal von „SNCF weiblich“ gehört? Falls nein, wir schließen diese Bildungslücke und berichten zudem über das britische Bahnwesen. Nicht nur wegen des Brexit bleibt es dort spannend. Wir danken den Lesern, Kunden und Unterstützern für die gute Zusammenarbeit und das wachsende Vertrauen in 2020 — und wünschen ein besinnliches und friedliches Weihnachtsfest! Kommen Sie gut ins neue Jahr. Eine anregende Heft-Lektüre wünscht

Hermann F. Schmidtendorf Chefredakteur

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I N H A LT

18 Werkstatt & Service

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Editorial Top-Meldungen Buchvorstellung

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Werkstatt & Service 18

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Ostbahn Berlin – Küstrin Die deutsch-polnische Eisenbahnstrecke soll zukünftig zweigleisig und elektrifiziert werden.

Politik & Recht

SPITZKE-Interview 64 Allianz pro Schiene Über bauen unter „Rollendem Rad“, AutomatiVerkehrsbündnis fordert, Deutsche Einheit auch sierung und Personale sprachen wir mit dem auf der Schiene verwirklichen. CTO Mark Fisher. 66 Stahlkartelle Lantal-Interview Erst Schienenfreunde, jetzt Flachstahlfreunde. Sitzbezüge und Teppiche auf höchstem Niveau. Im Gespräch mit Karl Kuriger von Lantal. Bahnmarkt Europa 72 SNCF weiblich Ermewa Maintenance Manual Unbedarfte mögen sich fragen: Weibliche Safety-First: Für die Instandhaltung der ErmeSNCF, was soll das? wa-Güterwagen gilt ab 2021 verbindlich das neue EMM. Forschung & Entwicklung 82 Zulassungstests ACHAT-Interview PJM beschleunigt Zulassungstests der WestZugreinigung mit neuester Technik im S-Bahnbahn-Kiss-Züge für die DB. werk Berlin-Grünau.

Restverkehr Personenverkehr 54

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ICE-Restaurantwagen Was braucht es für eine entspannte Reise?

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Termine Impressum

DB-Regionetz Neuer Geschäftsführer ernannt.

Industrie & Infrastruktur 4

FOTO: PIXABAY

Inhalt



TO P - M E L D U N G E N

INVEHO, der französische Marktführer für Konstruktion und Instandhaltung von Güterwagen, übernimmt mit Wirkung zum 01. Januar 2021 die Gesellschaftsanteile der Villmann-Gruppe an den Instandhaltungswerkstätten FWB Fahrzeugwerk Brandenburg, FWN Fahrzeugwerk Niedersachswerfen und WBA Waggonbau Altenburg. Eine entsprechende Vereinbarung wurde diese Woche in Berlin unterzeichnet. Die geplante Transaktion unterliegt der Genehmigung der Wettbewerbsbehörde. „Wir freuen uns, als Mitglied der INVEHOWerkstattgruppe künftig Teil eines großen europäischen Netzwerks für Instandhaltung zu sein“, sagt Ines Villmann-Doll, Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Villmann-Gruppe, anlässlich der Vertragsunterzeichnung. INVEHO eröffne den VillmannWerkstätten hervor-ragende Zukunftsperspektiven. „Mit dieser Entscheidung stärken wir unsere Standorte und erweitern unser Angebot. Mitarbeitende wie Kunden werden

von der Zusammenarbeit profitieren“, betont Villmann-Doll. An insgesamt neun Standorten — sechs in Frankreich und drei in Deutschland — wird die INVEHO-Gruppe künftig Wagenhaltern und Eisenbahnverkehrsunterneh-men einen umfassenden Service bieten. „Der Zusammenschluss ist für INVEHO von großer strategischer Bedeutung. Wir etablieren uns damit als das führende europäische Netzwerk für Konstruktion und Instandhaltung von Güterwagen“, hebt der Managing Director von INVEHO, Julien Mathiaud, hervor. Er freue sich darauf, das fundierte Know-how der französischen und deutschen Teams zusammenzu-führen. „Der Erfahrungsaustausch wird die Entwicklung innovativer Lösungen für unsere Kunden fördern“, sagt Mathiaud. Die aktuellen technischen Entwicklungen im Schienengüterverkehr, besonders die Digitalisierung, stellen Werkstätten vor große Herausforderungen und erfordern Investitionen in erheblichem Umfang. Als Mitglied der ERMEWA Group verfügt INVEHO über eine solide Grundlage, um den eingeschlagenen Weg der Modernisierung an

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allen Standorten konsequent fortzusetzen. Die Führung der Villmann-Werkstätten verbleibt in den bekannten Händen. Das gilt für die Geschäftsführung durch Ines Villmann-Doll und Bodo Villmann ebenso wie für die Betriebsleitungen an den drei Standorten. Sie werden durch das INVEHOManagement-Team unterstützt. Die 450 Mitarbeitenden werden vertragstreu weiterbeschäftigt, die Geschäftsbeziehungen auf der bisherigen Grundlage fortgeschrieben. „Unser Anliegen war es, die Villmann-Werkstätten für die kommenden Jahre bestmöglich aufzustellen“, sagt Ines Villmann-Doll. Gemeinsam mit INVEHO werde es gelingen, die zukunftsorientierte Entwicklung der Werke fortzuführen und auszubauen. (red/INVEHO)

FOTO: INVEHO

INVEHO NEUER EIGNER FÜR VILLMANNWERKSTÄTTEN


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TO P - M E L D U N G E N

DEUTSCHE BAHN STELLT IC-BUSVERKEHR EIN 2014 HATTE DIE DEUTSCHE BAHN IHREM EIGENEN FERNZUG VON KRAKÓW / KRAKAU ÜBER WROCŁAW / BRESLAU NACH BERLIN MIT DEM DB-ICBUS SOWEIT KONKURRENZ GEMACHT, DASS DER ZUG EINGESTELLT WURDE. MIT DEM WINTERFAHRPLAN 2020/2021 KOMMT DER EC-ZUG BERLINKRAKAU WIEDER AUFS GLEIS, DAFÜR SCHAFFT DIE DB IHRE SÄMTLICHEN IC-BUSSE AB. Schon zuvor hatte die Deutsche Bahn ihr Fernbusnetz merklich ausgedünnt. Die aktuelle Webseite des Unternehmens listet nur noch die Verbindung Mannheim — Nürnberg über Heidelberg oder Frankfurt/M.-Würzburg mit Weiterverbindung über Prag nach Leipzig auf. Getrennt davon gibt es noch die Relation München-Zürich — aber auch das nur noch bis Jahresende. 2017 bediente der IC Bus noch europaweit 45 Verbindungen in elf Ländern. Den Fernbusbetrieb unter der Marke BerlinLinienBus hatte die Deutsche Bahn 2016 eingestellt. Jetzt bestätigte die DB die Einstellung der restlichen Bus-Fernverbindungen — schließlich gäbe es als Alternative „inzwischen attraktive und schnelle Zugverbindungen“. Dazu passt die Mitteilung, dass auch die von der französischen Staatsbahn SNCF gegründete Bus-Konkurrenz unter dem Namen Blablabus angekündigt hat, erst „im Frühjahr 2021“ auf Deutschlands Straßen anzutreten. Mit Bus-Fernverkehr lässt sich

in Corona-Zeiten offenbar nur schlecht Geld verdienen. Auch das am Platz verbleibende Fernbus-Unternehmen Flixbus bietet derzeit nur etwa ein Drittel der Relationen wie in der Vor-Corona-Zeit an. Am 24. Juli 2014 hatte der Verfasser dieser Zeilen den damaligen DB-Vorstand Ulrich Homburg bei einer DB-Bilanzkonferenz gefragt: Warum soll die Zug-Relation Breslau-Berlin gestrichen werden bei gleichzeitiger DB-Bus-Konkurrenz auf dieser Strecke viermal täglich? Homburg antwortete damals: „Das ist eine Verbindung, die weit, weit davon entfernt ist, den Nachweis zu erbringen, dass das eine attraktive Geschichte ist. Vier Fernbusrelationen am Tag sind eine Platzkapazität von etwa 160 bis 200 Plätzen über den ganzen Tag. Das ist weniger als die Hälfte als ein einziger Zug.“ Allerdings war die Einführung der DB-IC-Busse auf derselben Relation wie der EC-Zug eine einsame Entscheidung der DB gewesen und hatte dann die Nutzung des Zuges derart schrumpfen lassen, dass die polnische Staatsbahn PKP zunächst die Verlängerung Krakau-Breslau strich und bei weiterem offensichtlichem Desinteresse der DB der Komplettstreichung des Zuges zustimmte. Jetzt wird zwischen Krakau, Breslau und Berlin die Zugverbindung unter dem Namen „Wawel“ wieder auf null gestellt. Im polnischen Kursbuch firmiert sie als IC 57/73000 i IC56/37000. Um eine Reisezeit von etwa sieben Stunden zu erreichen, wird es weniger Zwischenhalte als bis 2014 geben. Jetzt wird der Zug in Krakau um 10.11 Uhr abfahren und vor der Erreichung der deutsch-polnischen Grenze nur noch in Katowice, Zabrze, Gliwice, Opole / Oppeln,

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Wrocław / Breslau, Legnica, Lubin, Głogów und Zielona Góra / Grünberg halten. Berlin Hauptbahnhof erreicht der Zug dann um 17.16 Uhr. Anders herum wird der Zug Berlin Hbf um 10.37 Uhr verlassen und Krakau um 17.51 Uhr erreichen — bei derzeitigem Buchungspreis ab 27.90 Euro inklusiv Platzreservierung. Der IC-Bus nahm damals für die viel kürzere Strecke Berlin-Breslau 38 Euro.

Hermann Schmidtendorf Chefredakteur bahn manager


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=ßge PacheQ Geschichte CharOes de GauOOe uQd .RQrad AdeQauer beschOieÂeQ die deutsch fraQ]Ùsische FreuQdschaft DeQQis Pei]ert uQd HerPaQQ SchPidteQdRrf beschOieÂeQ die Herausgabe vRQ gbahQOaQd eurRpav

1958 BESUCHTE FRANKREICHS STAATSCHEF CHARLES DE GAULLE DEN WESTDEUTSCHEN BUNDESKANZLER KONRAD ADENAUER UND BEGRÜNDETE MIT IHM DIE DEUTSCH-FRANZÖSISCHE FREUNDSCHAFT, DIE GRUNDLAGE FÜR EUROPAS EINIGUNG. Völkerverständigung bedarf der Reisefreiheit — auch mit der Bahn. Als aktiver Verfechter europäischer Werte beschloss der Hanse Medien-Verlag mit seiner Gründung 2016, diesem Gedanken zu folgen und regelmäßige Portraits europäischer Länder zu publizieren. Dem Themenschwerpunkt des Verlags folgend sollten die Beiträge das Bahnwesen im Fokus haben. Doch von Anfang an war klar: Wir skizzieren die Länder, einem Begriff aus dem Schulgeografie-Unterricht folgend, „von der Quelle bis zur Mündung“. Will sagen: Jedes Portrait sollte bei der ersten Bahnlinie des jeweiligen Landes beginnen und sich dann bis in die aktuelle Gegenwart hocharbeiten. Gegeben werden sollten also Überblicke, damit die so entstandenen Portraits eine möglichst lange „Haltbarkeitsdauer“ sprich Aktualität haben. Wieviel Kilometer Bahnstrecken gibt es, wie ist der Grad der Elektrifizierung, wie entwickelte sich bis heute die Staatsbahn des Landes, wer sind die wesentlichen nicht-staatlichen Bahnunternehmen im Personen- und Güterverkehr. Schon bei der Fixierung der Streckenlängen war Detektivarbeit gefragt. Wikipedia auf Deutsch gibt andere Zahlen als die Ausgabe auf Englisch oder Französisch. Wo man glaubwürdige Zahlen findet, sind diese teils auf lange zurückliegende Jahre be-

zogen und summieren also weder Stilllegungen noch Neubaustrecken späterer Perioden. Auch Fachartikel schreiben oft falsch von anderen ab. Mal sind Anschlussgleise oder stillgelegte, aber noch vorhandene Gleisstrecken inbegriffen, mal nicht, und wie ist es mit Industriebahnen? Auch die Webseiten der Infrastrukturunternehmen sind teils wenig hilfreich, geben sie doch nur gerundete Zahlen. So mussten wir Statistiken der EU durchforsten, Jahresbilanzen der Infrastrukturbetreiber und andere amtliche Dokumente, um zu belastbaren Angaben zu gelangen. Oft waren die wichtigsten Quellen nur in Originalsprache zu lesen — ohne Quellenstudium auf Estnisch, Türkisch, Französisch, Tschechisch... wäre das Buch nicht entstanden. Auch Interviews wurden teils in Landessprache geführt — Eisenbahn-Dänisch ist zum Glück kein Problem! War also die Exaktheit der Zahlen, Fakten, Namen und Funktionsangaben auftretender Bahnen, Unternehmen und Personen gesetzt — jeder einzelne beschriebene Fakt musste durch Quellen belegbar sein — sollten die Beiträge dennoch eines keinesfalls sein: schwer verdaulich, geschrieben in knochentrockenem Wirtschaftsdeutsch. Deshalb haben wir auch Zeit und Energie in einen interessanten Sprachstil gesteckt. Wenn bei den Leser*innen diese Gedanken angestoßen werden, hat der Artikel schon gewonnen. Denn er wird mit Sicherheit weitergelesen. Die Auflösung folgt ja in den nächsten Sätzen. Cedric ist ein Lokführer, der bewusst Zugverspätungen einfährt, damit er fristlos entlassen wird und zur besser zahlenden Privatkonkurrenz wechseln kann. Damit ist die wirtschaftliche Aussage klar: Belgiens Staatsbahn hat ein Problem mit den Pri-

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FOTO: PIXABAY / HANSE-MEDIEN VERLAG

BAHNLAND EUROPA – EIN KOMPENDIUM FÜR WIRTSCHAFT UND BAHNFREUNDE


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vaten. Doch es macht — so jedenfalls hoffen wir — auch Spaß, darüber zu lesen! Dann fiel die Entscheidung, die bislang erschienenen Länderportrait-Facetten zu einem Buch zusammenzufassen. Wieder war klar: Die Exaktheit darf nicht leiden. Also hat unsere Redaktion jeden Beitrag, jeden Satz nach überholten Formulierungen und Fakten durchforstet. Ein Minister oder Bahnchef ist keiner mehr? Dann muss ein Zusatz her. Eine als offen dargestellte Frage wurde inzwischen entschieden? Dann muss der neue Stand referiert werden. Viele der Bilder hat die Redaktion selbst an den Originalschauplätzen aufgenommen, Gespräche und Eindrücke entstammen Reisen in die jeweiligen Zielländer. Hier wurde nicht einfach aus dem Internet abgeschrieben, die Produktionskosten umfassen vielmehr zahlreiche Inlands- und Auslandsfahrten! So kam auch der Kontakt zu der EU-KorridorKoordinatorin Catherine Trautmann zustande, der wir ein reizendes Grußwort verdanken. Wir trafen uns mit ihr in Helsinki anlässlich einer Konferenz zum europäischen Neubauprojekt Rail Baltica. Der VDB hingegen, VPI und die Allianz pro Schiene sind Institutionen, mit denen wir seit Jahren vertrauensvoll zusammenarbeiten. So war es selbstverständlich, dass wir das Buch für Beiträge aus diesem Bereich öffneten, und über das engagierte Vorwort des VDBHauptgeschäftsführers haben wir uns ebenfalls sehr gefreut. Einige Kapitel wurden speziell für das Buch geschrieben. Unter „Player, Supplier, Services“ werden vor allem Partnerverbände und Unternehmen portraitiert. Das Kapitel „Bahnen verbinden“ schildert hingegen vor allem den „europäischen Mehrwert“, den ein unbeschwertes Bahnfahren in Europa für die Bürger*innen bringt. Dass sich trotz aller Sorgfalt noch Fehler in das fertige Werk einschleichen konnten, lässt sich wohl nicht ausschließen. Auch ist die Auswahl mancher Fakten zuungunsten anderer Themen sicher auch der persönlichen Einschätzung geschuldet. Dennoch glauben wir, dieses Werk unserer verehrten Leserschaft mit gutem Gewissen zur Lektüre empfehlen zu können. Bestellungen nimmt unser Verlagshaus entgegen: redaktion@hanse-verlag.de sowie der Buchhandel.





WERKSTATT & SERVICE

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KOMPLEXE GLEISBAU, KOMPLEXE WERKSTATTARBEIT... WAS BRAUCHT ES ZUR TECHNISCHEN ÃœBERWACHUNG VON ROLLMATERIAL? SICHERHEIT, ZUGANG BIS HIN ZUM DACH, REINLICHKEIT... DAZU MEHR IM SCHWERPUNKT.

Was beiP Pferd die =ÇhQe ist beiP SchieQeQfahr]eug die UQterseite des FahrgesteOOs WeQQ es hier fOau aussieht ist wRPÙgOich auch der GesaPt]ustaQd ]weifeOhaft


S C H W E R P U N KT

SPITZKE: „DIE BAUVORHABEN WERDEN IMMER KOMPLEXER“

MARK FISHER Der Wirtschaftsingenieur mit Fachrichtung Bauwesen (HTWK Leipzig) ist seit dem 1. Januar 2020 CTO der SPITZKE SE. Von 2012 bis 2020 war er u. a. Bereichsleiter Einkauf bei SPITZKE und davor in gleicher Funktion bei der DB Bahnbaugruppe tätig.

ÜBER BAUEN UNTER „ROLLENDEM RAD“, AUTOMATISIERUNG, PERSONALE UND INNOVATIONSFREUDIGKEIT SPRACH DER HANSE MEDIEN-VERLAG MIT DEM CTO DES BAHNINFRASTRUKTURUNTERNEHMENS SPITZKE SE MARK FISHER.

unterstützen. Die Ergebnisse sind sehr positiv. Man darf aber nicht vergessen, dass unsere vergleichsweise entspannte Personalsituation nur eine Momentaufnahme ist. Wenn die Bauvorhaben an Komplexität wie auch Quantität zunehmen, steigen auch die Personalbedarfe. Damit ist zu rechnen, und das müssen wir im Blick behalten. Ein anderer Aspekt ist, dass unsere Mitarbeitenden eine gewisse Planbarkeit erwarten. Sie haben Familie, Freunde und Verpflichtungen wie alle anderen auch. Insofern wollen sie bei aller Leistungsbereitschaft wissen, wann sie arbeiten, wo sie arbeiten und wann sie frei haben. Mit der Vergabepraxis in unserer Branche gestaltet sich dies aber schwierig. Der Zeitraum zwischen Angebotsabgabe und Zuschlag ist oft sehr kurz, ebenso die Zeit zwischen Zuschlagserteilung und Baubeginn. Dennoch müssen wir als Unternehmen breit anbieten, um eine wirtschaftliche Auslastung zu erreichen. Das kann dazu führen, dass in einem eng begrenzten Zeitraum viele Aufträge erteilt

bahn manager Magazin: Herr Fisher, derzeit stehen offenbar auch langfristig die Mittel für umfangreiche Investitionen in die Bahn-infrastruktur zur Verfügung. Aber das Geld muss auch verbaut werden – und hier haben Sie, wie auch andere Vertreter der Branche, mit begrenzten Personal- und Kapazitätsressourcen umzugehen. Wie stellt sich Ihnen diese Problematik dar? Mark Fisher: Wir sind mit unseren vorhandenen Kapazitäten gut aufgestellt. Wir haben zudem probate und nachhaltige Konzepte im Bereich der Aus- und Weiterbildung. Beispielweise gibt es bei uns Ausbildungsverantwortliche, die zusätzlich zu den Ausbildern unsere Azubis über ihre gesamte Ausbildungszeit begleiten, Ansprechpartner sind und auch vor Ort auf den Bauvorhaben

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Die Pit der StaubabsauguQg ausgerßstete R0 900 S iP PuOverdiQger TuQQeO

FOTOS: SPITZKE SE

werden, deren Erfüllung wir sehr kurzfristig sicherstellen müssen. Insbesondere beim Einsatz spezieller Arbeitskräfte stellt dies oft eine gewisse Herausforderung dar. Bei einer guten Auftragslage sind Arbeitsplätze sicher. Aber die Arbeit wird durch immer mehr Maschineneinsatz auch komplexer. Was tut SPITZKE, um die passenden qualifizierten Mitarbeitenden zu gewinnen? Es ist nicht nur die Arbeit als solches, die Bauvorhaben selbst werden ebenfalls komplexer. Seit einiger Zeit geht der Trend mehr und mehr zu Großprojekten wie zum Beispiel die Revitalisierung der Schnellfahrstrecke SFS 4080, die vor Kurzem erfolgreich wieder in Betrieb genommen wurde. Dies liegt auch darin begründet, dass der Deutschen Bahn AG zunehmend die Fachkapazitäten fehlen, um nach Gewerken auszuschreiben und diese entsprechend zu betreuen. Dementsprechend werden die Projekte gebündelt. Für uns ist das ein Vorteil, da wir alle Gewerke bei uns unter einem Dach haben und so auch ambitionierte Bauvorhaben realisieren können. Wir müssen aber unsere Fachleute in der Projektsteuerung kontinuierlich qualifizieren, damit sie im Kontext Großprojekt erfolgreich agieren können. Insofern geht es nicht nur darum, qualifiziertes Personal neu einzustellen, sondern in einem erheblichen Maße auch um die Erweiterung der Kompetenzen unserer bestehenden Mannschaft. Das gelingt uns beispielsweise mit unserer gruppeneigenen AKADEMIE sehr gut.

Aber um auf Ihre Frage bezüglich der Bedienmannschaften zurückzukommen: Unsere Großmaschinen sind zweifelfrei ein Erfolgsfaktor und mitunter auch eine zwingende Voraussetzung für die Ableistung des Bausolls. Hier setzen wir auf Mehrfachqualifikation, so dass die Mannschaften zwischen den Maschinen wechseln können. Wir bieten diese Entwicklungschance aber auch Mitarbeitenden zum Beispiel aus dem konventionellen Gleisbau oder aus der Werkstatt. So können wir in der Regel Kapazitätsanpassungen gut aus den eigenen Reihen vornehmen. Um den Investitionsstau abzuarbeiten, ist der verstärkte Einsatz von Automatisierung und Robotik unverzichtbar. Bauzeiten müssen von der gesamten Dauer her, aber auch täglich auf der Baustelle unterm „rollenden Gleis“, maximal verkürzt werden. Was bedeutet das für schwere, wiederkehrende Arbeiten beispielsweise beim Schienenschweißen? Grundsätzlich ist der Effekt von Automatisierung auf den Personalbedarf in unserer Branche zumindest kurzfristig gering. Durch komplexe Maschinen, die physische Arbeit bis zu einem gewissen Grad obsolet machen, steigt in der Regel zugleich der Steuerungsund Wartungsaufwand. Die Arbeit verlagert sich also, wenn auch nicht unbedingt im gleichen Maße. Hier gibt es auf dem Markt bislang kaum Lösungsansätze, die eine schnelle Amortisierung über die Personalkosten und damit Wirtschaftlichkeit verspre-

chen. Das Schienenschweißen ist aber dennoch ein gutes Beispiel. Dies ist eine schwere Arbeit, die noch dazu oft nachts und am Wochenende stattfindet. Hier ist es durchaus sinnvoll, Maschinentechnik einzusetzen. Allerdings gibt es auch hier nur wenige zugelassene Maschinen auf dem Markt, die bisher nur im Hochgeschwindigkeitsbereich Anwendungen finden. Die Systeme schaffen pro Schicht zwischen 25 und 35 Schweißungen, eine Schweißerkolonne in der Regel maximal zehn. Bei den 2.100 Schweißungen auf der SFS 4080 zum Beispiel macht das einen deutlichen Unterschied. Das genügt jedoch nicht, um wirtschaftlich zu arbeiten. SPITZKE hat sich trotzdem entschieden, in diese Technik zu investieren. Wir bringen die Schweißmaschine aber nur in Lohn und Brot, wenn wir sie eben nicht nur auf langen Schnellfahrstrecken einsetzen, sondern zwingend auch auf kürzeren Abschnitten. Könnte man Komponenten bestehender Maschinen verbessern oder wären autonom agierende Maschinen mit eigener Sensorik sinnvoll? Ja, hier liegt sicherlich einiges an Potenzial verborgen. Ein Beispiel wäre das Lösen und Verspannen von Kleineisen während des maschinellen Gleisumbaus. Das ist derzeit händisch sehr aufwendig und entsprechend personalintensiv. Innerhalb unseres Umbauzuges geschieht dies in der sogenannten K-und-M-Linie. Dies sind Technologien, in denen Mitarbeitende vor dem Umbau die


S C H W E R P U N KT

Kleineisen lösen und anschließend wieder verspannen. Hier könnten Schraubautomaten die händische Arbeit unterstützen oder sogar ganz ersetzen. Ausgewählte Maschinen haben diese Robotik schon. Auch im Bereich der Messtechnik und damit verbunden in der Dokumentation ist einiges denkbar. Der autonome Einsatz der Maschinen ist vom Prinzip her ebenfalls her keine Utopie mehr. Hier war das Hemmnis bislang vor allem die fehlende Datengrundlage. Die ist aber zunehmend nicht mehr das Problem, denn inzwischen werden bei nahezu allen neu ausgeschriebenen Großprojekten digitale Geländemodelle erstellt. Diesen Datenpool für einen autonomen Maschineneinsatz aufzubereiten, wäre denkbar. Es bleibt die Frage nach dem Angebot der Maschinenhersteller und der Wirtschaftlichkeit. Je moderner eine technische Entwicklung ist, desto unsicherer dürften Sie sich als Entscheider fühlen: Soll ich schon jetzt in diese Richtung investieren oder kommt bald ein viel besseres Gerät; wird meine Investition durch die Auftraggeber honoriert, ist sie amortisierbar?

Aus Unternehmersicht sollte sich eine Investition immer rentieren. Das ist eine Grundvoraussetzung, will man nachhaltig agieren. Wir betrachten als SPITZKE aber das Gesamtportfolio und schauen, welche Bausteine wir brauchen, um in Summe gut zu funktionieren. Gegebenenfalls ist der eine oder andere weniger rentabel, schafft aber die Voraussetzungen für einen Erfolg an anderer Stelle. Wir sind eines der wenigen Bahninfrastrukturbauunternehmen, die in eine Schweißmaschine investieren. Warum machen das andere nicht auch? Weil sie davon ausgehen, dass sie die Maschine nicht rentabel einsetzen können. Das Gerät hat einen vergleichsweise hohen Anschaffungswert. Entsprechend groß muss der Zahl der Schweißungen pro Jahr sein, damit sich die Investition rechnet. Das ist, wie bereits angedeutet, unter heutigen Voraussetzungen schwer zu realisieren. Warum haben Sie sich dennoch dafür entschieden? Die Wirtschaftlichkeit war in diesem Fall für uns nicht das ausschlaggebende Kriterium. Es geht darum, sicherzustellen, dass wir mit-

Staubabsaugung der RM 900 S Für den Einsatz auf der Schnellfahrstrecke 4080 wurde die in den Pilotprojekten (bahn manager Ausgabe 06/2018) ursprünglich auf zweigleisigen Betrieb ausgelegte Staubabsaugung der Bettungsreinigungsmaschine RM 900 S für den eingleisigen Betrieb weiterentwickelt. Dafür wurden im hinteren Teil der RM 900 S, zwischen Aushubwagen und Stopfeinheit, zwei Res-Flachwagen integriert. Diese tragen die CFT-Entstaubungsanlage (zwei parallel aufgebaute Trockenentstaubungsanlagen des Typs HTKK 1/500–2–11) sowie die Steuerungs- und separaten Stromversorgungsanlagen. Die staubemittierenden Bereiche der RM 900 S (im Wesentlichen der Kettenbereich, das Turas-Getriebe sowie die Siebanlage und deren Förderbänder) wurden eingehaust. Die Zufuhr der Luft von diesen Bereichen wurde über vier KG 500-Rohre realisiert, die mit einer Gesamtlänge von etwa 300 Metern insgesamt 70 Meter der Maschine überbrücken. Zusätzlich wurden das Gleisbett und Teile der Maschine bewässert. Das entsprechende Wasserreservoir wurden in Form eines angekoppelten Tankwagens mitgeführt. (hfs/sp)

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telfristig überhaupt noch Schweißungen durchführen können. Wenn wir davon ausgehen müssen, dass sich die Fachkräftesituation weiter verschärft und wir die Leute nicht mehr in hinreichender Anzahl bekommen, müssen wir andere Wege gehen. Eine maschinelle Schweißung ist teurer als eine normale RT-Schweißung. Hier aber lautet die Frage: Ist sie teurer, oder kann ich die Schweißung gar nicht mehr durchführen? Wenn man dann noch die zum Teil mehrjährigen Lieferzeiten und Zulassungsverfahren mit einbezieht, ist die Frage schnell beantwortet. Wir haben kürzlich auch viel Geld für die Anschaffung alternativer Stopfaggregate in die Hand genommen. Derzeit wissen wir noch nicht, ob sich diese Investition auszahlt. Wenn die neuen Aggregate aber halten, was sie versprechen, können wir mit einer längeren Lebensdauer sowie günstigeren Wartungsintervallen rechnen und damit unter dem Strich eine positive Bilanz erreichen. Grundsätzlich muss man fairerweise sagen, dass die anhaltend gute Auftragslage uns als großes Unternehmen mit einem umfangreichen Technikpark auch ausreichend Spielraum lässt, neue Wege zu gehen. Für kleinere Betriebe sieht das sicherlich ganz anders aus. Hilft Ihnen in diesem Zusammenhang der Blick auf unsere europäischen Nachbarn, die vielleicht in manchem weiter sind? Und was wünschen Sie sich von Politik, Auftraggebern und Forschung? Wir verfolgen die Entwicklungen in Europa natürlich sehr interessiert. In einigen dieser Märkte sind wir ja auch aktiv. Im Vergleich sind wir in Deutschland auch mit Blick auf die Politik aber eigentlich ganz gut aufgestellt. Deutschland investiert viel in sein Schienennetz und mit einer Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und Bahn für die nächsten zehn Jahre sind die Vorzeichen recht gut. Dennoch können wir uns einiges aus dem Ausland abschauen.


FiOteraQOage vRQ CFT iQtegriert iQ die R0 900 S

FOTOS: SPITZKE SE

Dänemark hat zum Beispiel eine sehr interessante Vergabepraxis. Dort werden die eingereichten Angebote zuerst von einer technischen Kommission nach deren technischer Machbarkeit bewertet, erst anschließend kommt das Kriterium Preis hinzu. Das ist insofern sinnvoll, als dass die beste Lösung für ein Problem nicht zwangsläufig auch die günstigste ist. In Deutschland gewinnt in der Regel der mit dem besten Preis. Eine entsprechende Anpassung des deutschen Vergaberechts wäre sicher überlegenswert, wenn auch aufwendig. Dass Innovationskraft entscheidend ist, zeigt Ihr Unternehmen immer wieder. 2018 hatten Sie beispielsweise im bahn manager Magazin über Pilotprojekte zur Staubabsaugung berichtet. Welche Schlüsse konnten Sie aus diesen Projekten ziehen, und haben Sie vielleicht noch weitere aktuelle Beispiele für Innovationen? Das ist richtig. In den beiden Pilotprojekten, über die im bahn manager zu lesen war, haben wir erprobt, mit welchen technischen Ansätzen eine Staubreduktion zu erreichen ist, um auch eine maschinelle Bettungsreinigung in Tunneln zu ermöglichen. Jetzt muss man wissen, dass bei diesen Reinigungsprozessen naturgemäß sehr viel Staub aus dem Schotterbett aufgewirbelt wird. Dieser ist stark gesundheitsgefährdend. Tunnel werden aber inzwischen in Fragen des Gesundheitsschutzes als geschlossene Räume eingestuft. Daher sind die Grenzwerte für diese Stäube richtigerweise sehr viel niedriger als

auf freier Strecke. Bei unseren Pilotversuchen konnten wir ermitteln, dass die Kombination von Absaugung der Stäube und Bewässerung des Gleisbettes vor der Reinigung die besten Ergebnisse erzielte. Jetzt galt es, das Prinzip weiterzuentwickeln. Inwiefern? Zum einen hatten wir damals noch nicht alle Stellen der Maschine mit einbezogen, an denen Staub emittiert wurde. Aber das eigentliche Problem war, dass wir die Ansaug- und Filteraggregate unseres Entwicklungspartners CFT auf einem zweiten Gleis neben der Maschine mitführen mussten. Dieses Vorgehen wäre bei der SFS 4080, für deren Revitalisierung der Einsatz einer Staubabsaugung Teil der Ausschreibung war, nur bedingt möglich gewesen. Einer der insgesamt 15 Tunneln auf der Strecke verläuft teilweise in getrennten Tunnelröhren. Also mussten wir die Aggregate zur Absaugung direkt in die Bettungsreinigungsmaschine integrieren. Das ist uns nach mehrmonatiger Entwicklungs- und Umbauzeit auch recht gut gelungen. Wir lagen bei Messungen der BG Bau während der Arbeiten in Tunneln zum Teil deutlich unter den Grenzwerten für die alveolengängigen und einatembaren Stäube. Ein anderes Beispiel ist eine Gleisramme, deren Antrieb wir von Diesel- auf Elektromotor umgerüstet haben. Aus heutiger Sicht ein lange überfälliger, zeitgemäßer Umbau, welcher die Arbeitsbedingungen für die Bediener als auch die damit einhergehenden Umweltschutzbedingungen deutlich

verbessert und die Einsatzbedingungen entspannt. Über allem schweben natürlich Gesundheitsschutz und Sicherheit für die Mitarbeitenden. Ist das auch wichtig für die Attraktivität der Arbeitsplätze? Die Sicherheit ist natürlich einer der wichtigsten Punkte überhaupt. Wir sind als Arbeitgeber zum Gesundheitsschutz verpflichtet. Insofern dürfen Mitarbeitende erwarten, dass ihre Arbeitsplätze so sicher sind, wie es die Gesetzgebung und hoffentlich die Tätigkeit zulässt. Das ist ein Selbstverständnis. Aber natürlich stellt sich das für eine Bürotätigkeit anders dar als beispielsweise bei Arbeiten an Oberleitungen, im Gleis oder an der Stopfmaschine. Für die Attraktivität kommt es aber auf das Gesamtpaket an. Natürlich müssen die Arbeitsbedingungen und das Gehalt stimmen, die Arbeit muss aber auch als sinnhaft empfunden werden. Das wird oft unterschätzt. In unserer Branche haben wir den Vorteil, dass der Nutzen für die Gesellschaft sehr offensichtlich ist. Er betrifft nicht nur die Mobilität der Menschen, sondern auch zunehmend ökologische Aspekte. Zudem hat sich in der Pandemielage, der wir ja leider ausgesetzt sind, wieder einmal gezeigt, wie krisenfest das System Bahn ist. Herzlichen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Hermann Schmidtendorf.




Die AQOage SERAS StatiRQÇr Pisst schQeOO uQd prÇ]ise .rÇfte aQ EiseQbahQrÇderQ

MIT SERAS SICHER AUF DIE SCHIENE MESSANLAGEN DER AGGANLAGEN- UND GERÄTEBAU GMBH SIND POPULÄR. ANGESICHTS EINER KUNDENLISTE MIT SO ILLUSTREN NAMEN WIE SIEMENS MOBILITY, ÖBB, DB REGIO, THYSSENKRUPP UND TÜV SÜD RAIL SCHEINT ES EINFACHER ZU FRAGEN: WER FEHLT DENN DA NOCH…?

lagen separat optimiert. Zum Einsatz kommen für Wagenkästen sogenannte „Eckkraftmessanlagen“ und für Drehgestelle “Drehgestell-Prüfstände“. Final werden die montierten Fahrzeuge auf Radaufstandskraftmessanlagen geprüft und erst nach positivem Abschluss der Messungen und Einstellungen zum Fahrdienst übergeben. Doch auch während des regulären Einsatzes heißt es immer wieder „Messen und Prüfen“. Wenn sich nach bestimmten Unterhaltungsarbeiten vermuten lässt, dass eine Veränderung der Radaufstandskräfte stattgefunden haben könnte, müssen diese erneut gemessen werden. Dies ist immer dann der Fall, wenn es Veränderungen an den Fahrwerken gegeben hat, etwa einen Achswechsel. In diesen Fällen ist die weitere oder auch erneute Einhaltung der zulässigen Toleranzen der Radaufstandskräfte im Drehgestell nachzuweisen. Für genau diese Zwecke wurden durch die Potsdamer AGG- Anlagen- und Gerätebau GmbH die Messanlagen SERAS stationär und SERAS mobil entwickelt. Das System SERAS

Das Interesse an diesen Installationen ist verständlich. Denn das Ermitteln von Rad- und Radsatzaufstandskräften ist Voraussetzung für die Sicherheit auf der Schiene. Eine gleichmäßige Verteilung der Radaufstandskräfte innerhalb der Drehgestelle ist wichtig für die Entgleisungssicherheit und Verschleißminimierung der Räder. Deshalb werden neue Eisenbahnfahrzeuge beim Hersteller auf verschiedenen Messan-

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SERAS STATIONÄR – FACTS AND FIGURES

FOTOS: AGG

•Stationäres System zum Erfassen von Aufstandskräften und Fahrzeugmassen •Erfassung der Radaufstandskräfte über Lauffläche •Systemkommunikation über störungssicheren Datenbus •Anzahl der Messachsen nicht begrenzt •Flexible Messbrückenlänge •Einsatzfähig in allen Schienentypen ab S49 aufwärts, unabhängig von Spurweite •Flache Bauweise erlaubt Einbau mit minimalem Änderungsaufwand •Dynamische Messung möglich •Kalibrierung durch akkreditierte Stelle •Das System ist entsprechend den geltenden Regelwerken (DIN 27201, DIN EN 50215, EN 14363 usw.) entwickelt worden •Brückenanzahl nicht eingeschränkt (zurzeit maximal 24 Achsen gleichzeitig messend) •Messbrückenlängen von 400 mm – 1200 mm

stationär dient der Erfassung der Radaufstandskräfte von Gleisfahrzeugen, ist aber auch als Rad- und Achslastwaage im Einsatz. Dabei können die Messungen in Werkstätten sowohl statisch als auch dynamisch erfolgen. Das Messsystem SERAS eignet sich in besonderer Weise zur Endprüfung von Fahrzeugen in Messgleisen. Schnell und bequem können Einstellarbeiten am Drehgestell direkt auf der Anlage vorgenommen werden. Da die Messdaten via Industrie-Datenfunk zu Panel-PCs gesendet werden, lassen sich die Veränderungen der Messwerte direkt bei der Arbeit am Drehgestell feststellen. Dies ermöglicht gezieltes Arbeiten und somit eine Optimierung der Arbeitsabläufe. Wichtig für Anwender: Die Messschienen SERAS stationär zeichnen sich durch eine äußerst flache Bauform aus. Der benötigte Platz für die Messanlage entspricht der Höhe der verwendeten Schiene. Deshalb müssen an der Unterkonstruktion keine Veränderungen vorgenommen werden. Zum stoßfreien Auffahren der Fahrzeuge werden die Schienenköpfe mit 45-Grad-Schnitten versehen. Bei diesem System werden die Rad-

aufstandskräfte über die Lauffläche ermittelt. Die Schienen sind so konzipiert, dass sie sich bei Volllast (150 kN) maximal 0,35 mm biegen. Diese Biegung liegt deutlich unter den durch die DIN-Norm für Messgleise zulässigen Werten. Die einzelnen Messschienen werden über einen Datenbus miteinander verbunden. Dies reduziert den Installationsaufwand merklich. Der Datenbus wird an einen Steuerkasten angeschlossen, in dem sich auch die für die Kommunikation mit dem Notebook (oder Panel-PC) notwendige Industrie-Datenfunk-Einrichtung befinden kann. Danach erfolgt die Messdatenauswertung auf Notebooks, Touch-Panel-PCs oder auf Datenfunk-Messdatenanzeigen. Sollten Einstellungen an den Drehgestellen notwendig sein, können diese Geräte direkt mit zum Fahrzeug genommen werden. Dort werden dann die entsprechenden Einstellarbeiten am Drehgestell durchgeführt — ein optimierter Arbeitsdurchgang der kurzen Wege. Über die Industrie-Datenfunk-Anbindung werden die vorgenommenen Änderungen, Fehlerberechnung eingeschlossen, dynamisch auf der Messoberfläche dargestellt.

Die auf dem Rechner installierte Software SERAsoft ist Touch-orientiert, so dass alle Eingaben und Messvorgänge auch über den Touch-Bildschirm vorgenommen werden können. Die einzelnen Messstellen können wahlweise in den Messprozess eingebunden werden. Protokollerstellung und Fehlerberechnung erfolgen entsprechend den Vorschriften der DIN EN 15654-2.

RAINER BASTIAN Ist seit 2010 Geschäftsführer der AGG Anlagen- und Gerätebau GmbH und Inhaber mehrerer Patente. Er war auch Geschäftsführer der KVD Kalibrier- und Vermessungsdienst GmbH.


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LANTAL: BAHNTEXTILIEN FÜR ALLE GELEGENHEITEN UND JAHRESZEITEN

KARL KURIGER

SITZBEZÜGE UND TEPPICHE AUF HÖCHSTEM NIVEAU MIT HOHER ÄSTHETIK UND LANGER HALTBARKEIT IN KONKURRENZFÄHIGEM PREISNIVEAU ZU HALTEN – DIESEN SPAGAT DER ANFORDERUNGEN ERFÜLLT SEIT VIELEN JAHREN DER SCHWEIZERISCHE HERSTELLER LANTAL BEI SEINEN TEXTILIEN FÜR DEN ÖFFENTLICHEN VERKEHR.

dann sehr gut in der Schweiz, das ist absolut kein Problem. Es gehört etwas Pflege dazu, wie beim Sitzbezug auch, also von Zeit zu Zeit muss man schon auch etwas tun! Es gibt spezielle Beschichtungen, wenn Sie jetzt auf das Wasser anspielen. Die älteren Züge haben Holz im Unterbau, was bedeutet, Wasser ist dort nicht unbedingt beliebt, weil das dann durchgeht und das Holz angreift. Beim Aluminium ich das nicht unbedingt so der Fall, aber das Wasser muss ja auch dort wieder raus. Aber in der Regel klappt das bei unseren Teppichen. Die Schweizer Bahnen performen auch unter diesen Bedingungen. Wir haben hier drei verschiedene Qualitäten von Teppichen. Eine Qualität hat loops, das heisst, es ist eine Schlinge, die nicht aufgeschnitten wurde. Dann haben wir einen eher hochwertigen Teppich, der auch Wolle und Polyamid mit drin hat, und wir haben einen nur aus Polyamid bestehenden Teppich. Alle sind geprintet. Da kann man jedes Muster aufdrucken. Ein Firmenlogo zum Beispiel, das wäre das Einfachste. Jeder Teppich hat noch einen gewissen Unterschied in der Höhe. Das sind etwas unter-

bahn manager Magazin: Herr Kuriger, Sie präsentierten als Messeneuheit auf der letzten Innotrans einen Fussbodenbelag. Der firmiert als Teppich, wobei ich Angst hätte, von Teppich in einem Zug zu reden, wo im Winter Schnee, Eis und Schmutz daraufkommen? Karl Kuriger: Lantal hatte schon immer ein volles Sortiment gehabt. Wir stellen nicht nur die Sitzbezüge her, sondern wir haben immer schon Teppiche im Sortiment, wir haben Vorhänge, Leder und Kunstleder — alles Textile können Sie bei Lantal aus einer Hand kaufen, das haben andere Anbieter nicht unbedingt. Wenn Sie den Winter ansprechen: Unsere Teppiche fahren auch

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FOTO: HFS

Er war bis Mai 2019 Director Markets bei der Schweizer Lantal Textiles AG.


schiedliche Komfortstufen durch unterschiedliche Qualitäten, und das widerspiegelt sich dann wieder im Preis. Von nichts kommt nichts... Sie haben den Ruf, dass Ihre Qualitätsstoffe auch bei schweren Belastungen lange halten, denn es bringt ja nichts, wenn beispielsweise eine Armlehne nach zwei Jahren durchgescheuert ist. Das ist richtig. Auch im Bahnbereich sind unsere Materialien sehr lange im Einsatz. Ein Zug wird in der Regel nach 15 Jahren revidiert, das heißt, da werden die Stühle und das Interieur aufgefrischt, um ihn noch mal für etwa gleich viele Jahre fit zu machen. Es ist logisch, das natürlich nicht jeder Sitzbezug für 15 Jahre drin ist, das wäre wahrscheinlich auch nicht so gut, aber in der Regel ist ein Bahnstoff doch sehr, sehr lang im Einsatz, das ist wichtig. Wenn er lange durchhält, dann relativiert sich der eventuell etwas höhere Kostenfaktor im Einstieg dann auch wieder, weil man doch mehr davon hat. Das sollte man meinen. Aber die Tendenz ist nicht unbedingt so. Denn die Einkäufer müssen auch ihre Erfolgserlebnisse haben, und ich würde mal sagen, der positive Effekt kommt ja erst in 15 Jahren, und dann sind sie vielleicht sowieso nicht mehr da, dann spielt es keine Rolle. Das ist etwas provokativ, aber es hat was... Ihre Firma weist eine besonders grosse Fertigungstiefe in der Schweiz beziehungsweise in Europa auf, darauf weisen Sie unter dem Begriff Qualitätsarbeit hin. Sie bieten keine Produkte aus Fernost, die, sagen wir, von Kindern oder in zweifelhaften Verhältnissen hergestellt würden, das sollte man durchaus unterstreichen. Gerne! Wir haben eine eigene Garnweberei, aber auch das Garn wird bei uns hergestellt, gefärbt und nachher verzwirnt. Das ist speziell für den Teppichbereich. Wir liefern

wirklich vielfältig in die Flugzeugindustrie. Die neuen Flieger haben einen recht guten Anteil von Lantal-Teppichen drin, auch in den Sitzen und Trennvorhängen zum Beispiel gibt es einen grossen Teil von Lantal. Wir haben weltweit bei Neuflugzeugen 60 bis 70 Prozent Marktanteil. Das ist enorm. Wir weben auch selber in der Schweiz, wir haben in Melchnau eine Weberei für Teppiche. Logischerweise arbeiten wir bei Spezialitäten auch mit spezifischen Partnern zusammen, die uns dann aber exklusiv beliefern und Lantal das auch unter ihrem Logo dann verkaufen. Haben Sie ein Standardangebot, das immer auf Lager ist? Im Bus-Bereich haben wir Musterkollektionen kurzfristig lieferbar. Man muss sich vorstellen, ein Bus wird in 6 bis 10 Wochen hergestellt je nach Bushersteller. Zwischendurch muss auch noch der Sitz hergestellt werden, der muss ausgestattet werden mit dem Stoffüberzug. Da kann man nicht erst hingehen und noch produzieren. Wir machen aber auch dort kundenspezifische Motive und Stoffe vor allem natürlich für Grosskunden. Wenn diese ihre Corporate Identity eindringen wollen, dann machen wir auch dort spezifische Kundenstoffe. Zum Beispiel Keolis, ein großer Personentransporteur in Îls-de-France in Frankreich oder auch jetzt im Ausland, der hat einen ganz spezifischen Stoff, wir nennen ihn auch den Keolis-Stoff. Im Bahnbereich ist das ein wenig anders. Da muss man auch wieder unterscheiden zwischen Westeuropäern und Osteuropäern. Die Westeuropäer haben ihren Standard, ihr Logo. Nehmen wir die Deutsche Bahn mit den Quadrätchen, blau, ein bisschen dunkel, und die Schweizer SBB genau das Gleiche. Ein ganz klares Image bei diesen Stoffen, die sie einsetzen erste Klasse, zweite Klasse, das kann man auch gut unterscheiden. Aber wenn wir jetzt den französischen Markt nehmen, dann ist das dort far-

big. Die wollen was Neues, die wollen ein bisschen mehr Pepp. Wenn man Îls-deFrance anschaut, die Pariser Region, dann ist das farbig, das lebt. Dort machen wir fast für jedes Projekt neue Stoffe, neue Designs. Angesichts hoher Kosten für Neudesign sollte vielleicht das Interesse an einer neutralen Kollektion von Mustern wachsen? Dann sagen vielleicht doch manche Kunden, in Ordnung, ich bestelle ein bereits erprobtes, zugelassenes Muster? Das stimmt. „Modern look“, „premium light“... so haben wir für diese verschiedenen Design-Welten die passenden Muster erarbeitet. Diese Muster nehmen wir dorthin mit, wo der Kunde etwas Anderes will, um das ein bisschen in eine gewisse Grenze zu bringen und nachher zum Abschluss zu kommen. Das hilft schon. Wir bieten diese Elemente auch an für die neuen Bus Kollektionen. Im Herbst sind immer alle Hersteller auf die Ausstellungen für das nächste Jahr fokussiert — neue Busse mit welchem Interieur, mit welchen Farben, und da kommt so ein Angebot dann genau richtig. Und das eine oder andere Muster werden wir dann in den neuen Bussen sehen.

Das Interview führte Hermann Schmidtendorf.


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CG RAIL GMBH MIT „ERCI INNOVATION AWARD 2020“ AUSGEZEICHNET DIE CG RAIL GMBH DRESDEN HAT DEN EUROPÄISCHEN „ERCI INNOVATION AWARD 2020“ IN DER KATEGORIE „INNOVATIVSTES KMU“ GEWONNEN. Das sächsische Engineering-Unternehmen erhielt die Auszeichnung für einen CFK-Leichtbau-Drehgestellrahmen in innovativer Differentialbauweise. Die Awards werden jährlich vom Zusammenschluss der europäischen Eisenbahncluster ERCI für die drei besten Neuentwicklungen in der Bahntechnik verliehen. Neben dem innovativsten Mittelständler wird das innovativste Großunternehmen gekürt und zusätzlich ein Jury-Preis unter allen Bewerbern vergeben. Der Drehgestellrahmen von CG Rail verkörpert dank seiner Produkteigenschaften und seinem Herstellungsprozess eine echte Sprunginnovation. Die Längs- und Querträger als die vier Hauptkomponenten des Systems bestehen vollständig aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK). Gegenüber herkömmlichen Metall-Bauweisen ist der Rahmen damit fast 50 Prozent leichter. Zudem weist er hervorragende fahrdynamische Eigenschaften auf. Der CFKRahmen erfüllt alle gängigen Bahnanforderungen, wie etwa bei Brandschutz- und Impactverhalten, und erlaubt die Integration von Sensorik zur kontinuierlichen Bauteilüberwachung und zustandsbasierten Instandhaltung. In einem zyklischen Test nach DIN EN 13749 hat der Rahmen zwölf Millionen Lastwechsel bei einem um bis zu 60 Prozent höheren Lastniveau gegenüber der normalen Betriebslast erfolgreich bestanden. Das entspricht einer Lebensdauer von mehr als 33 Jahren. Benchmark-Kriterien weist auch die Fertigung auf. Alle Prozesse sind hochautomatisiert nach Industrie 4.0-Kriterien und erlauben eine reproduzierbare, äußerst effiziente Produktion.

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FOTO: CG RAIL


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FOTOS: CG RAIL

Der Pit deP ERCI IQQRvatiRQ Award 2020 ausge]eichQete CF. DrehgesteOOrahPeQ vRQ CG RaiO DresdeQ


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ECHTE HELDEN HANDELN, BEVOR ETWAS PASSIERT. Beugen Sie Schäden an Schienenfahrzeugen vor– und vertrauen Sie BELFOR. Jede Sekunde Stillstand kostet Sie viel Geld. Wir reinigen und dekontaminieren Schienen, Maschinen, Schaltschränke und Co. Ihr Nutzen: So verhindern wir lange Ausfallzeiten durch Schäden oder Verunreinigungen. Unsere Superpower: Ɣ Vorbeugende Reinigung von Schaltschränken und Schaltgerüsten in Reisezugwa

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gen, S- und U-Bahn-Wagen und Lokomotiven, um Kurzschlüsse u. elektrische Fehler zu vermeiden Ɣ Reinigung von Stromschienen in Elektrolokomotiven, zur Vermeidung von Überspannungsschäden Ɣ Reinigung von Maschinenräumen in Lokomotiven nach Ölaustritt Ɣ Reinigung von Klimaanlagen und Klimakanälen Ɣ Trocknung und Sanierung von Feuchte- und Schimmelschäden Ɣ Strahlarbeiten an Aluminiumfahrzeugen zur Prüfung von Schweißnähten Ɣ Dekontamination von Schadstoffen wie z.B. Asbest, KMF (künstl. Mineralfasern), PCB, PAK, Schimmel usw.

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VERBINDLICH AB 2021: DAS NEUE ERMEWA MAINTENANCE MANUAL SAFETY FIRST: FÜR DIE INSTANDHALTUNG DER 42.000 ERMEWAGÜTERWAGEN GILT ZUM JAHRESWECHSEL 2021 VERBINDLICH DAS NEUE ERMEWA MAINTENANCE MANUAL (EMM). ALS ERSTER WAGENHALTER ETABLIERT ERMEWA DAMIT EINEN LEITFADEN, DER EUROPAWEIT FÜR INSTANDHALTUNGSARBEITEN IN JEDER PARTNER-WERKSTATT GILT.

Das EMM deckt die spezifischen Anforderungen der gesamten Ermewa-Flotte ab und sorgt für ein gleichbleibend hohes Sicherheitsniveau in der Instandhaltung der Assets. Die Umstellung auf das Ermewa Manual gilt auch für den 2010 von der SNCF übernommenen Wagenbestand, der heute von der SNCF Fret angemietet wird. Die mehr als 7.000 Wagen wurden bislang weiter nach dem SNCF-Schema instand gehalten. Hier ist der Sprung besonders groß und bringt für die Partner-Werkstätten einen echten Kulturwandel mit sich. Das neue Ermewa Maintenance Manual baut auf dem VPI European Maintenance Guide (VPI-EMG) auf. Der mittlerweile europaweit als Standard etablierte Leitfaden für Entities in Charge of Maintenance (ECM) wurde als Grundlage gewählt, weil er für ein hohes Niveau in der Instandhaltung steht und von den europäischen Werkstätten am besten beherrscht wird. „Der EMM ist kein Gegenentwurf, sondern Ermewas spezifische Erweiterung und Anpassung“, betont Olivier Piana, Technischer

„Wir arbeiten mit über 50 verschiedenen Werkstätten quer durch Europa zusammen. Bei dieser Vielzahl von Partnern ist die Vereinheitlichung von Instandhaltungsprozessen entscheidend für unser Sicherheitsmanagement. Standardisierung bedeutet Verringerung von Fehlerrisiken“, erläutert Peter Reinshagen, Managing Directory von Ermewa SA, die Bedeutung des neuen Manuals.

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FOTO: ERMEWA

Ab 2021 verpfOichteQd Das ErPewa IQstaQdhaOtuQgs 0aQuaO

Manager beim Wagenhalter und gleichzeitig Mitglied des VPI-EMG-Genehmigungsausschusses. Ermewa begrüße ausdrücklich die im vergangenen Jahr verstärkt in Angriff genommene Europäisierung des VPI-EMG. Dies sei ein Prozess, den man aktiv mit vorantreiben wolle. Noch sei es jedoch so, dass der VPI-EMG nicht immer genüge, um die spezifischen Anforderungen an die Instandhaltung der eigenen Flotte in allen Feldern befriedigend abzudecken. „Insbesondere für Wagen der ehemaligen SNCF Fret-Flotte und für Arbeiten an den Wagenaufbauten brauchen wir ergänzende Vorgaben“, begründet Piana die Initiative. Hier bietet das Ermewa Manual nun klare Leitlinien, die bindend für Partnerwerkstätten sind. Die Standardisierung eröffnet den Werkstätten die Möglichkeit, effizienter, schneller und damit kostengünstiger zu arbeiten. Ein weiterer wichtiger Treiber für ein einheitliches Ermewa-Schema auf Basis des VPI-EMG ist die Digitalisierung. Nur eine Vereinheitlichung aller Prozesse ermöglicht einen standardisierten elektronischen Datenaustausch mit den Partnerwerkstätten. Der Sektor wird vermehrt auf einen Austausch großer Datenmengen angewiesen sein, um sich technisch zu entwickeln und Effizienzpotenziale zu identifizieren — auch und gerade in der Instandhaltung. In den letzten Monaten hat Ermewa seine Partnerwerkstätten bei der Einführung eng begleitet und auch die vertraglichen Bedingungen europaweit vereinheitlicht. Zum 1. Januar 2021 gelten das EMM und der neue Instandhaltungsvertrag. „Die Umstellung auf unser Manual seit April verläuft reibungslos“, bestätigt Piana. Sie werde sowohl für Ermewa als ECM als auch die Werkstätten ein Gewinn sein. (hfs)


Auf 95 0eterQ /ÇQge bietet der DacharbeitsstaQd der GßQ]burger SteigtechQiN deQ WartuQgsteaPs der DB RegiR AG iQ Stuttgart eiQ POus aQ Effi]ieQ] uQd Arbeitssicherheit

BAHN FREI FÜR EIN PLUS AN EFFIZIENZ UND ARBEITSSICHERHEIT KURZE STAND- UND TAKTZEITEN, OPTIMIERTE ARBEITSABLÄUFE UND DABEI EIN HÖCHSTMAß AN ARBEITSSICHERHEIT: UM BEI DER WARTUNG IHRER SCHIENENFAHRZEUGE AM STANDORT STUTTGART ALLE ANFORDERUNGEN BESTMÖGLICH ERFÜLLEN ZU KÖNNEN, SETZT DIE DB REGIO AG AUF EINEN MAßGEFERTIGTEN DACHARBEITSSTAND DER GÜNZBURGER STEIGTECHNIK.

Breite von 1,71 Meter ausziehen lassen, können mehrere Wartungsteams gleichzeitig an unterschiedlichen Stellen des Zuges arbeiten. Inspektions- und Reparaturarbeiten lassen sich mit dem Dacharbeitsstand schnell und so sicher wie nie zuvor erledigen. Vor der Neuinvestition, bei der die Günzburger Steigtechnik einmal mehr mit ihrer Expertise als erfahrener Anlagen- und Projektplaner überzeugte, hatte die DB Regio AG in ihrer Wartungswerkstatt in Stuttgart mit einer mobilen sechs Meter langen Bühne gearbeitet, die für jeden neuen Vorgang an den jeweiligen Einsatzort gefahren werden musste. „Mit dem neuen Dacharbeitsstand der Günzburger Steigtechnik gehört das aufwändige Verfahren der Arbeitsbühne endgültig der Vergangenheit an. Die Züge sind nun über die gesamte Fahrzeuglänge

Der Stand lässt sich flexibel an unterschiedliche Zugtypen anpassen. Auf den beidseitig 95 Meter langen Plattformen, die sich bis zu einer

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FOTO: GÜNZBURGER STEIGTECHNIK

frei zugänglich, und unsere Techniker können sogar gleichzeitig an verschiedenen Stellen arbeiten. Das erhöht nicht nur die Effizienz, sondern spart uns im Wartungsalltag auch Zeit und Geld. Denn die Rüst- und Taktzeiten verkürzen sich dadurch enorm“, sagt Mathias Schulz, stellvertretender Leiter Instandhaltung Werkstatt Stuttgart der DB Regio AG. Darum sind Mathias Schulz und sein Team so begeistert von der Sonderkonstruktion aus Günzburg: Die Züge können direkt in den Dacharbeitsstand einfahren, und je nach Zugtyp sowie Zuglänge kann die Arbeitsfläche über Quergeländer flexibel auf den jeweiligen Bedarf angepasst werden. Da die ausschiebbaren Arbeitsplattformen mit Spaltmaß Null andocken, ergibt sich eine geschlossene Arbeitsfläche. Die Einfahrtfreigabe des Zuges erfolgt über ein Lichtsignalsystem, so dass die Komplettanlage dem Bedien- und Wartungspersonal bei allen Aufgaben ein Höchstmaß an Arbeitssicherheit garantiert. In der Regel arbeiten bei der DB Regio

AG in Stuttgart bis zu vier Mann gleichzeitig in einem der etwa sechs Quadratmeter großen Wartungssegmente — um dort zum Beispiel Klimaanlagen, Stromabnehmer und Fahrmotorlüfter auf dem Wagendach zu warten, reparieren oder auszutauschen. Im Zweischichtbetrieb schaffen die Techniker so die Wartung von bis zu zwei Schienenfahrzeugen pro Tag — je nach den anstehenden Arbeiten und ohne aufwändiges Verfahren der Arbeitsbühnen. In Stuttgart inspiziert die DB Regio AG vor allem Züge des Typs BR 3442, möglich sind mit dem neuen Dacharbeitsstand aber auch die Baureihen ET 425 sowie ET 426. PROJEKTMANAGEMENT: ALLES AUS EINER HAND Für das Wartungsprojekt hat die DB Regio AG ganz gezielt die Günzburger Steigtechnik als Projektpartner gewählt, denn der Spezialist für individuelle Lösungen entwickelte ein maßgeschneidertes Gesamtkonzept und projektierte die Komplettanlage mit unterschiedlichsten Facetten. „Auch Stutt-

gart hat wieder gezeigt: Eine gute Projektierung ist bereits die halbe Steigtechniklösung. Als Innovations- und Technologieführer ist es für uns selbstverständlich, Lösungen aus einer Hand anzubieten. Unsere Kunden schätzen dabei unsere Planungs- und Beratungskompetenz, die Vor-Ort-Betreuung während des gesamten Projekts sowie natürlich den umfassenden After-Sales-Service“, sagt Ferdinand Munk, Geschäftsführer der Günzburger Steigtechnik GmbH. So hat der bayerische Qualitätshersteller für die DB Regio AG neben der Entwicklung und Maßfertigung des Dacharbeitsstands auch die komplette Stahlkonstruktion sowie zwei Krananlagen von Abus in das Projekt integriert. Ein Kran lässt sich frei über den Dacharbeitsstand der Günzburger Steigtechnik verfahren, mit ihm lassen sich Bauteile, Komponenten und Werkzeug bis zu einer Last von 500 Kilo transportieren. Die 3,2-Tonnen-Krananlage ist den Wartungsgleisen vorgelagert. Somit sind die Techniker der DB Regio AG allen Wartungsaufträgen gewachsen – ANZEIGE –


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chungseinheit mit Lichtsignalsystem. Erst wenn alle Kontrolllampen grün aufleuchten und signalisieren, dass die Plattformen zurückgefahren sind, darf eine Fahrzeugbewegung erfolgen. Die Plattformausschnitte für die Stahlkonstruktion wurden so gewählt, dass bei der Verbreiterung keine gefährlichen Zwischenräume entstehen. Bei der Umsetzung des Projektes war der Faktor Zeit eine große Herausforderung für die Günzburger Steigtechnik, denn es galt den maßgefertigten Dacharbeitsstand für die DB Regio AG in nicht einmal vier Monaten zu realisieren. „Hier kam uns unsere langjährige Erfahrung im Bereich der Projektentwicklung von Wartungsanlagen für Schienenfahrzeuge zu Gute, so konnten wir auch diesen Auftrag innerhalb der gewünschten Zeitspanne planen, fertigen und schließlich montieren. In Stuttgart haben wir uns so einmal mehr als Komplettanbieter für Steigtechnik-Lösungen beweisen können. Die positive Resonanz der DB Regio AG freut mich sehr. Wir gehören aus gutem Grund zu den Besten der Besten und Top-Innovatoren des deutschen Mittelstands“, sagt Ferdinand Munk.

Der 95 0eter OaQge DacharbeitsstaQd ist iQ der 0itte Pit eiQer 1RtOeiter ausgestattet formen, die sich mechanisch in der Breite um je 350 mm variieren und so exakt an die Kontur von Lokomotiven, Triebwagen und Waggons anpassen lassen. „Der Dacharbeitsstand kann völlig unabhängig von der Form der Fahrzeuge millimetergenau an die Außenhaut angedockt werden. Das Spaltmaß geht damit gegen Null, was für ein Höchstmaß an Arbeitssicherheit sorgt. Auch Werkzeug kann so nicht mehr nach unten fallen“, erklärt Munk. HÖCHSTE SICHERHEIT DURCH PLATTFORMÜBERWACHUNG Weiterer Vorteil der neuen Anlage: Kontrolliert wird die mechanische Plattformverbreiterung mit Hilfe einer eigenen Überwachungseinheit mit Lichtsignalsystem. Erst terung mit Hilfe einer eigenen Überwa-

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FOTO: GÜNZBURGER STEIGTECHNIK

und das bei einem Höchstmaß an Sicherheit. Sicheren Zugang zu den Arbeitsplattformen haben sie über zwei Treppen, zusätzlich steht in der Mitte der Konstruktion eine Notleiter zur Verfügung. Um das Absturzrisiko zu minimieren, hat die Günzburger Steigtechnik ein ausgeklügeltes Geländerkonzept realisiert — eine Kombination aus starren und flexiblen Geländern, die sich individuell an die jeweiligen Wartungsbedingungen sowie Zugtypen anpassen lassen. Auch der Aluminium-Plattformbelag mit einer Rutschhemmung der Bewertungsgruppe R11, das Überwachungssystem mit Kontrolllampen sowie die Konturenanpassung an verschiedene Zugtypen mit Spaltmaß Null sind tragende Säulen im Arbeitssicherheitskonzept. Für die nötige Flexibilität sorgen auf beiden Seiten des Dacharbeitsstandes Platt-


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Vollsortimenter im Bereich Zweiwegefahrzeuge und Rangiertechnik Die ZAGRO Group bietet vom Kleinrangierer bis zur Lokomotive für jede Rangieraufgabe die optimale Lösung. Auch Arbeitsfahrzeuge für verschiedene Arbeiten an der Schieneninfrastruktur werden nach Kundenwunsch konzipiert. Mit entsprechenden Zulassungen sind unsere Fahrzeuge für jeden Einsatz auf der Schiene gerüstet.

Alles aus einer Hand


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ACHAT UND S-BAHNWERK BERLIN-GRÜNAU: ZUGREINIGUNG MIT NEUESTER TECHNIK

PASSEND ZUR EINFÜHRUNG DER NEUEN S-BAHN-ZÜGE DER BAUREIHE 483/484 ERHÄLT DAS S-BAHNWERK IN BERLIN-GRÜNAU EINE NEUE WASCHANLAGE. EIN BAHN MANAGER GESPRÄCH MIT DEM CHEF DES POLNISCHEN BAUUNTERNEHMENS ACHAT UND DEM WERKLEITER IN GRÜNAU.

Przemyslaw Bresch: Gerne! Ich bin Geschäftsführer der Firma Achat Infrastruktur GmbH. Wir bauen hier in Grünau für die S-Bahn Berlin GmbH eine ARA, also eine Außenreinigungsanlage. Das ist schon unser zweites Projekt für die S-Bahn Berlin GmbH. Wir haben vor vier Jahren bereits eine Außenreinigungsanlage in Friedrichsfelde gebaut.

Herr Retzke, Sie sind hier im S-Bahnwerk der Leiter und gleichzeitig auch Projektleiter für das Projekt Neubau ARA Grünau. Wie läuft der Betrieb? Dirk Retzke: In der Werkstatt Grünau arbeiten rund 120 Mitarbeiter — und das in Schichten, jeden Tag, rund um die Uhr, auch sonntags und an Feiertagen. Instandgehalten werden hier die Züge des Systems 3 der S-Bahn Berlin GmbH. Wenn die Züge zur Instandhaltung kommen, werden sie bei uns im Werk auch gewaschen.

Was zeichnet den Werkstatt-Standort Grünau aus, und warum wurde gerade jetzt eine neue Reinigungsanlage fällig? Retzke: Unser Werkstattgelände ist so angelegt, dass Züge, welche vom Bahnsteig kommen, gleich zur Außenreinigungsanlage fah-

Herr Bresch, dann können Sie uns verraten, was die Abkürzung ARA bedeutet?

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FOTOS: HERMANN F. SCHMIDTENDORF / DB

1eu uQd AOt iP WerN GrĂ&#x;Qau OiQNs eiQ Qeuer WageQ der BR 481 rechts eiQ Vertreter der bisOaQg MĂ&#x;QgsteQ Baureihe 481 die ]wischeQ 1996 uQd 2004 durch BRPbardier AdtraQ] iP UPfaQg vRQ iQsge saPt 500 VierteO]Ă&#x;geQ geOiefert wurde

SiPuOatiRQ WaschaQOage uQd WerN GrĂ&#x;Qau

ren, dort gewaschen und dann zur Instandhaltung in die Werkhalle rangiert werden. Es stehen zwei Optionen zur Auswahl: Eine Standwäsche, bei der der Zug steht und die Waschportale bei der Reinigung am Zug vorbeifahren. Alternativ kann das Rangierpersonal auch die Durchfahrtswäsche nutzen. Dabei werden die WaschbĂźrsten gestartet, und der Zug kann dann langsam selbst durch die Waschhalle und dann direkt weiter zum Bahnsteig fahren. Aufgrund des Einsatzkonzeptes unserer ZĂźge erfolgt der Hauptanteil der Zugwäschen in den Nachtstunden und am Wochenende. Wir hatten hier am Standort schon immer eine AuĂ&#x;enreinigungsanlage. Diese war im Gegensatz zu unserer neuen Vollzug-Waschanlage um mehr als die Hälfte kĂźrzer. Der neue Ring-LinienVertrag, der am 1. Januar 2021 startet, sieht auch verschiedene Erneuerungen im Werk GrĂźnau vor. Insgesamt werden in die 106 neuen ZĂźge und die notwendigen Anpassungen der Werkstatt in GrĂźnau rund 900 Millionen Euro investiert.

Firma CSR Maschinenbau GmbH aus Olpe, die Firma ist verantwortlich fĂźr die Waschtechnik in der Halle. Wir als Firma sind auch verantwortlich fĂźr die gesamte Koordination zwischen allen drei Firmen. Die Inbetriebnahme der AuĂ&#x;enreinigungsanlage ist im FrĂźhjahr 2021 geplant. Was fĂźr uns ein — wir mĂśgen das Wort Problem nicht, eine Herausforderung ist, ist, dass sich unsere Halle zwischen zwei Gleisen befindet — dem S-Bahn-Gleis 854 und dem Werkstattgleis 21. Das bedeutet fĂźr uns

Wie ist die Aufteilung der Verantwortlichkeiten auf der Baustelle? Bresch: Die neue AuĂ&#x;enreinigungsanlage ist 170 Meter lang, sieben Meter breit und siebeneinhalb Meter hoch. Wir sind verantwortlich fĂźr den Hochbau der Halle einschlieĂ&#x;lich der 50 Hz-Anlage. Es gibt zwei weitere Baufirmen auf der Baustelle — die Firma KKP Elektroanlagenbau aus Berlin, verantwortlich fĂźr den Bahnstrom, und die

Welche Ăśkologischen Features hat die neue Reinigungsanlage? Dirk Retzke: Wir werden neueste Technik in die AuĂ&#x;enreinigungsanlage installieren. Das eingesetzte Wasser wird zu 85 Prozent wiederverwendet, nur ein kleiner Bruchteil flieĂ&#x;t direkt in die Kanalisation. Das spart Wasser, schont die Umwelt und senkt die Kosten. Die eingesetzten Komponenten verbrauchen deutlich weniger Strom als die

Komponenten der alten Anlage. Da in der neuen Waschanlage wesentlich mehr Technik steckt, verbraucht sie unterm Strich etwas mehr Energie. Wir haben uns in der Planungsphase fĂźr eine Vollzuganlage entschieden, weil wir in strengen Wintern darin auch Fahrzeuge auftauen wollen. Das heiĂ&#x;t im Detail, dass wir in der Halle LĂźfter installieren kĂśnnen, die an die Heizung angeschlossen werden und dann direkt in die Drehgestelle warme Luft blasen. Im Anschluss kann dann der aufgetaute Zug zur In-

 GEMEINSAM SCHAFFEN WIR DAS!  praktisch, wir konnten nicht anfangen, die Halle an verschiedenen Stellen gleichzeitig zu bauen. Wir mßssen von hinten Schritt fßr Schritt uns nach vorne vorarbeiten. Man kann sagen, wir werden in vier Schritten alles betonieren, danach kommen die Stahlkonstruktion, die Fassade aus Trapezblech, und wenn das Gebäude geschlossen ist, machen wir die Ausrßstung in der Halle.

standhaltung in die Werkhalle fahren. Weiterhin gibt es eine Unterflurreinigungsanlage. Diese kommt zum Einsatz, wenn ein Fahrzeug beispielsweise in einen Wildunfall verwickelt war und der Unterboden gereinigt werden muss. Im Werk Grßnau bieten wir also ein Rundum-Sorglos-Paket fßr unsere Fahrzeuge: Sie werden gewaschen, repariert und instandgehalten, um zuverlässig ihren Dienst im Fahrgastbetrieb zu leisten. Wir wßnschen Ihnen viel Erfolg, damit Sie 2021 mit dieser wunderbaren Anlage dann starten kÜnnen. Herzlichen Dank fßr das Gespräch!

Das Interview fĂźhrte Hermann Schmidtendorf.


ÖPNV: LUFTHYGIENE IN ZEITEN VON CORONA

Um hygienisch reine Luft wieder in die Wagen abgeben zu können und das Gesundheitsrisiko für die Fahrgäste zu minimieren, müssen die RLT-Anlagen regelmäßig hygienisch begutachtet werden. Die VDI 6032 schreibt daher Hygieneinspektionen an Lüftungsanlagen alle drei Jahre vor. Besonders in Zeiten von Corona achtet der Großteil der Bevölkerung besonders auf Hygiene. Die Berührung von Türklinken, Treppengeländern und auch Haltestangen in öffentlichen Verkehrsmitteln wird von den meisten Menschen weitestgehend vermieden. AUSREICHENDE FRISCHLUFTZUFUHR – DAS A UND O Doch obwohl bekannt ist, dass die Übertragung des Virus laut Virologen überwiegend über Aerosole, also über die Atemluft (auch durch RLT-Anlagen) erfolgt, hat die keimfreie Luft häufig einen geringeren Stellenwert als saubere Oberflächen. Generell gilt: so häufig wie nur möglich lüften! Dies ist im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nur bedingt möglich (häufig nur beim Öffnen der Türen an Haltestellen). Bei Fernzügen erfolgt der Luftaustausch sogar ausschließlich über Zuluftanlagen. Daher sollten diese voll funktionstüchtig und möglichst keimfrei

sein. Wichtig ist, die Anlagen nicht abzuschalten oder auf „Umluft“ zu fahren, sondern größtmögliche Frischluftzufuhr auszuwählen, da sonst keine frische Luft mehr hinzukommt und die eventuell kontaminierte Luft im Raum verbleibt. Die Folge: Die mittlere Virenkonzentration erhöht sich kontinuierlich. Bei einer defekten Klimaanlage sollten zum Schutz der Fahrgäste demnach unmittelbar Sofortmaßnahmen ergriffen werden, zum Beispiel die Sperrung des betreffenden Wagens. FILTER UND DESINFEKTION REINIGEN ZUSÄTZLICH Wenn ein Umluft-Betrieb aufgrund von niedrigen Außentemperaturen im Winter notwendig ist, muss die Filterung angepasst und der Einsatz geeigneter Desinfektionsmaßnahmen wie der UVC-Entkeimung überdacht werden. Luftfilter sorgen für eine deutliche Minderung der Staub- und Aerosolkonzentration in RLT-Anlagen und in der Zuluft von Räumen. Bereits mit der Verwendung der Filterklasse ePM1≥ 60 % (früher F7) wird eine deutliche Reduzierung von Viren und Bakterien in der Raumluft erreicht — um bis 90 Prozent. Mit einer doppelten Filterung werden 99 Prozent der luftgetragenen Bakterien und Viren aus einem Luftstrom entfernt. Die Wirkung von UVC-Strahlung auf Corona-Viren ist bekannt, die D10-Dosis liegt bei etwa 40 Ws/m² (Wattsekunde pro Quadratmeter). Beim Austausch beladener Filter ist eine persönliche Schutzausrüstung (PSA) zu tragen. Dazu gehören Schutzkittel, Handschuhe, Mund-/Nasenschutz FFP3 und Schutzbrille. Auf Nummer sicher geht man, wenn der Filterwechsel durch einen zertifizierten Profi durchgeführt wird.

André Hähner Rentokil Initial GmbH & Co. KG

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FOTO: RENTOKIL

DER MODERNE MENSCH VERBRINGT ETWA 90 PROZENT SEINES TAGES IN GESCHLOSSENEN RÄUMEN. DAZU ZÄHLEN AUCH DIE FAHRZEUGE DES ÖPNV. VIELE MENSCHEN BEDEUTEN AUCH VIEL VERBRAUCHTE UND DURCH KEIME VERUNREINIGTE LUFT. DIESE MUSS DURCH RAUMLUFTTECHNISCHE ANLAGEN (RLT) BEZIEHUNGSWEISE KLIMAANLAGEN KONTINUIERLICH VERBESSERT WERDEN.


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DIE VERS-APP: DIGITALER DATENAUSTAUSCH LEICHT GEMACHT einen neuen Auftrag“, sagt Joachim Wirtgen, Geschäftsführer der VERS. Bisher galt: Jeder Wagen, der in die Werkstatt rollte, musste komplett neu aufgenommen werden — und zwar händisch auf einem Blatt Papier. Künftig können die Daten bereits im Vorfeld vom Wagenhalter digital zur Verfügung gestellt und dann in einem einheitlichen System digital weiterbearbeitet werden. Die Zeitersparnis ist erheblich. Die vorgegebene Systematik der Eingabemasken vereinfacht zudem die Dateneingabe und verringert gleichzeitig die Gefahr von fehlerhaften Einträgen. Das neue Tool läuft auf allen gängigen Geräten wie Smartphone, Tablet und Laptop mit den Betriebssystemen Android, iOS und Windows. Die App wird einfach auf das jeweilige Gerät heruntergeladen. Voraussetzung ist lediglich ein aktueller Internetbrowser. Die digitale Datenpflege kann dann direkt nach dem Log-in losgehen. Seitens der Nutzer müssen keine weiteren Installationen durchgeführt werden, denn die Anwendung läuft in der Cloud. „Die App-Lösung ermöglicht auch kleineren Werkstätten einen unkomplizierten Einstieg in den elektronischen Datenaustausch.

DIGITALER DATENAUSTAUSCH STATT HÄNDISCH AUSGEFÜLLTE FORMULARE AUF PAPIER: DIE NEUE APP DER VPI-SERVICEGESELLSCHAFT VERS MACHT ES MÖGLICH. SIE SORGT FÜR MEHR EFFIZIENZ IN DER INSTANDHALTUNG. Eine neue App der VPI-Servicegesellschaft VERS macht den Weg frei für digitalen Datenaustausch zwischen Wagenhaltern und Werkstätten. Zum Ende 2020 steht das neue Tool für alle Bezieher des VPI European Maintenance Guide (VPI-EMG) zum Download bereit. Im Focus stehen zunächst die Themen „Betriebsfreigabe“ und „Radsätze“. Beide Aufgabenfelder sind die häufigsten Anwendungsgebiete des VPI-EMG im Werkstattalltag. Der elektronische Austausch dieser Daten verbessert die Planbarkeit von Instandsetzungsarbeiten, optimiert die Datenqualität und verkürzt im Ergebnis die Verweildauer der Wagen in den Werkstätten. „Von unserer App profitieren Wagenhalter und ECM ebenso wie die Werkstätten selbst: Der Wagen ist schneller wieder einsatzbereit und der Platz in der Halle zügig frei für

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FOTO: PROJECT PARTNERS / VERS

0it der QeueQ App OasseQ sich die techQischeQ uQd RperativeQ DateQ fĂ&#x;r eiQe Betriebsfreigabe fĂ&#x;r das Radsat]iQstaQdset]uQgsbOatt uQd die Radsat]PeOduQg Qach VPI E0G digitaO ]wischeQ HaOter uQd WerNstatt Ă&#x;berPitteOQ Das war uns wichtig“, betont Wirtgen. GroĂ&#x;en Wert haben die Macher der App auch darauf gelegt, dass diese sowohl online als auch offline betrieben werden. Denn nicht in jeder Werkstatt ist eine flächendeckende Internetverbindung vorhanden. Auch fĂźr mobile Serviceeinsätze ist das ein entscheidender Faktor. Der VPI-EMG wird europaweit genutzt. Entsprechend international ist auch die App aufgesetzt. Die Eingabemasken kĂśnnen in zwĂślf Sprachen aufgerufen und befĂźllt werden. Das erleichtert die Nutzung der App Ăźber Grenzen hinweg. Weitere Vor-

teile der Internationalität: Mitarbeiter, die die Landessprache ihres Arbeitsortes nicht flieĂ&#x;end beherrschen, kĂśnnen die Eingabemaske in ihrer Muttersprache nutzen. Eingaben, die bei vorangegangenen Revisionen gemacht wurden, kĂśnnen später in jeder der verfĂźgbaren Sprachen aufgerufen werden. Auch das macht die Nutzung und Pflege der Datensätze zuverlässiger und damit sicherer. „Unser Vorhaben ist ein wichtiger Baustein fĂźr die Digitalisierung von Prozessen im Sektor“, sagt VERS-GeschäftsfĂźhrer Wirtgen und betont: „Der elektronische Datenaustausch zwischen Werkstatt und Halter

wird die Effizienz und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors spĂźrbar verbessern.“ Erst die elektronische Erhebung von Daten und deren Austausch ermĂśglicht Anwendungen wie etwa KI-Analysen. Die Branche kĂśnne daraus vielfachen Nutzen ziehen, sei es fĂźr die Weiterentwicklung der Instandhaltung oder neuer Komponenten. „Hier schlummert groĂ&#x;es Potential fĂźr alle Marktteilnehmer, das es zu heben gilt“, betont Wirtgen. Mit dem Go Live der neuen App sei die Instandhaltung auf gutem Weg in die digitale Zukunft. (d)

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EIN GESPRÄCH MIT INES VILLMANN-DOLL ÜBER DEN EINSATZ DER NEUEN VERS-APP IN INSTANDHALTUNGSWERKSTÄTTEN

Was heißt das konkret? Wie wird der Einsatz der App Abläufe verändern und verschlanken? Die Datenaufnahme für einen Wagen wird damit schneller und einfacher, da sich die App auf das Wesentliche konzentriert. Es werden nur Daten erfasst, aus denen hinterher die Formulare generiert werden, die der Halter nach Instandsetzung seiner Wagen erhalten möchte. Das Hochladen der Daten ins Kundenportal oder auch der elektronische Versand sind äußerst bedienungsfreundlich. Zudem ist es sehr attraktiv, dass die App auf fast jedem Tablet oder Smartphone benutzt werden kann. Das ist für die Anwendung selbst und auch für die Anschaffung der notwendigen Endgeräte ein entscheidender Vorteil.

bahn manager Magazin: Katapultiert die neue App die Arbeit der Werkstätten ins digitale Zeitalter? Ines Villmann-Doll: Nein, Werkstätten haben in Sachen Digitalisierung zwar einiges aufzuholen, aber in der Steinzeit befinden wir uns nun auch nicht mehr. Digitale Messtechniken, elektronischer Rechnungsaustausch sowie digitale Aufnahme und Versand von Daten haben auch bei uns Einzug gehalten. Für den Datenaustausch zwischen Haltern und Werkstätten bedeutet die App allerdings einen großen Schritt nach vorn.

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FOTO: VILLMANN

Sie ist Vorsitzende des Arbeitskreises Werke im VPI und Geschäftsführerin der aus sieben eigenständigen Unternehmen bestehenden Villmann-Gruppe.


Sie sind Vorsitzende des Arbeitskreises Werke im VPI und waren mit Ihren Werkstätten in die Entwicklungsphase der App eingebunden. Was war Ihnen besonders wichtig? Erstens: Die App sollte kostengünstig und unkompliziert für jede Werkstatt einzusetzen sein. Gerade für kleinere Werkstätten wollten wir die Einstiegshürde niedrig halten. Wir haben uns zweitens für den Anfang bewusst darauf beschränkt, dass nur die wichtigsten Daten mit der App aufgenommen werden, dieser Prozess aber einwandfrei und einfach funktioniert. Auf dieser Basis wollen wir Schritt für Schritt weitere Funktionalitäten aufbauen. Und drittens soll die App selbsterklärend und einfach zu bedienen sein. Es müssen auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der App arbeiten können, die zwar Erfahrung mit dem Smartphone haben, aber sich kaum mit Soft-

ware auskennen. Wie sieht Ihre Wunschliste für die Zukunft des digitalen Datenaustauschs zwischen Haltern und Werkstätten aus? Wohin soll die Reise gehen? Wir würden uns wünschen, zukünftig mehr Daten von Kunden zu erhalten, schon bevor ein Wagen zu uns in die Werkstatt kommt. Wir möchten vorausschauend planen können. Das gilt besonders für die Beschaffung von Ersatzteilen. Außerdem würde es den Zeitaufwand für die Datenaufnahme der Wagen erheblich verringern. Mittelfristig halte ich einen standardisierten, elektronisch verfügbaren Arbeitsgangkatalog für den Austausch zwischen Werkstatt und Halter für erstrebenswert. Aktuell nehmen wir die Daten digital auf und versenden zum Abschluss auch die Rechnungen elektronisch. Dazwischen liegt die

eigentliche Arbeit in der Werkstatt. Ein digitalisierter Arbeitsgangkatalog ist aus meiner Sicht der noch fehlende Baustein, der den Prozess abrunden würde. (d/hmv) Danke für das Gespräch!

Das Interview führte Hermann Schmidtendorf.

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INDIVIDUELLE ZUGANGSLÖSUNGENAUS ALUMINIUM FÜR BAHNEN, BUSSE UND LKW Steuerungselemente — die Liste der Vorgaben ist lang und individuell. Dank der Anbindung von SPS-Steuerungen und innovativer Produktionstechniken sind speziell optimierte Lösungen heute kein Problem mehr.

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DIE KRAUSE 360°-COMPETENCE Spezialisten wie das KRAUSE-Werk, mit einer Erfahrung von mehr als 100 Jahren im Bau von Steigtechnik und mehr als 10 Jahren im Sonderlösungs-Bau, bieten die passenden Lösungen. Gut, wenn Sie sich in einem derartigen Projekt von „A“ wie „anfängliche Projektanalyse“ bis „Z“ wie „zusätzliche Serviceleistungen“ auf einen Anbieter verlassen können. Das Credo der Alsfelder SteigtechnikSpezialisten ist es, alle Aufgaben aus einer Hand zu bedienen. Mit der gemeinsamen Entwicklung der ersten Idee beginnt die umfassende KRAUSE-Komplettbetreuung. Es folgen die

Bei Arbeiten über einen längeren Zeitraum sind große, stabile und komfortable Arbeitsbereiche gefragt, wobei der Anspruch an Flexibilität und Sicherheit an oberster Stelle steht. Manuell oder motorisch verstellbar, stationär oder flexibel, mit oder ohne zusätzliche Sicherheitselemente, flexible Konturanpassungen oder integrierte Signale und

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FOTOS: KRAUSE-WERK GMBH

konkrete Planung und der Bau der Zugangslösung bis hin zur Endmontage. Die Benutzer-Unterweisung, zum Beispiel in die Steuerung mittels Bedienpult, und die finale Abnahme sowie genau an die Bedürfnisse des Kunden abgestimmte Wartungsverträge runden den kompletten Service ab. Ob es sich um einen Gleisüberstieg, ein Grubenpodest, eine Plattform zum Erreichen der oberen Fahrzeugregionen oder einen speziell angepassten, individuellen Dacharbeitsstand handelt: Jede gewünschte Anlage wird durch ein spezielles Projektteam geplant und betreut. Viele zusätzliche Ausstattungsvarianten sind bei kompletten Anlagen möglich. Unter anderem zählen dazu die Integration eigener Signale oder Zutrittskontrollen für geschultes Personal, automatische Einfahrt-

steuerungen und vieles mehr. Jeder Zugang kann entsprechend angepasst werden und ist auch für die Nutzung mit wechselnden Fahrzeugen perfekt ausgestattet. Mithilfe modernster Elektronik sind viele Komfortmerkmale wie zum Beispiel eine Kollisionserkennung mittels Sensoren umsetzbar. Mit dieser können Arbeitspodeste, automatisch, einzeln oder in Gruppen, perfekt an die Außenhaut der Fahrzeuge heranfahren ohne mit den verschiedenen Fahrzeugtypen zu kollidieren. OPTIMALE STEIGLÖSUNGEN Das KRAUSE-Werk bedient, als führender Anbieter klassischer Steiglösungen aus Aluminium, ein breites Produktspektrum wie Tritte, Leitern und Fahrgerüste. Täglich bewähren sich die Produkte

des Traditionsherstellers im privaten Einsatz, bei ambitionierten Heimwerkern oder der professionellen Anwendung in Industrie und Handwerk. Weitere Informationen zum Unternehmen und der Branchenlösung – Rail finden Sie unter: https://www.krause-systems.de/rail


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PROFI-SCHUTZ FÜR ALLE FLÄCHEN: ZUG UM ZUG BESTE ERGEBNISSE BELEGSCHAFT SCHÜTZEN, ARBEITSFÄHIGKEIT ERHALTEN, AUSBREITUNG BEKÄMPFEN – DAS SIND IN CORONA-ZEITEN WICHTIGE ANLIEGEN: EINE GROßE HERAUSFORDERUNG AUCH FÜR DIE REINIGUNG VON ZÜGEN UND NUTZFAHRZEUGEN, DENN TRANSPORTMITTEL WERDEN VON JEHER VIEL GENUTZT UND BRAUCHEN DAHER ENTSPRECHENDE PFLEGE.

Seit Beginn der Corona-Pandemie werden die Oberflächen durch zusätzliche Hygienemaßnahmen noch weiter beansprucht. Grundsätzlich ist die regelmäßige Reinigung von Schienen- und anderen Nutzfahrzeugen (NFZ) gleich in mehrfacher Hinsicht wichtig: Saubere Fahrzeuge steigern zum einem maßgeblich die Zufriedenheit der Fahrgäste und tragen aus unternehmerischer Sicht zum Werterhalt bei. Zum anderen lässt sich das Ziel maximaler Auslastung nur mit minimalen Standzeiten vereinbaren. Eine Herausforderung für die gesamte Branche. Die Nachfrage nach effizienten und nachhaltigen Transportdienstleistungen steigt. Die Logistik ist in Deutschland nach Automobilwirtschaft und Handel der größte Wirtschaftsbereich. Damit erhöhen sich aber auch die Anforderungen an die Verkehrsmittelreinigung. Absolute Sauberkeit ist in Zeiten von Corona ein entscheidender Gesundheitsfaktor. Denn nur professionell gereinigte und desinfizierte Oberflächen helfen, die Ausbreitung von Viren und Keimen zu bekämpfen. BESTE ERGEBNISSE VOM PROFI Hier setzen die Reinigungslösungen von Caramba an. Das deut-

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FOTO: ISTOCK.COM/FRANCKREPORTER / ISTOCK.COM/IRONSTUFF

sche Traditionsunternehmen entwickelt hochwirksame Spezialchemie, die in einem reinigt und desinfiziert, wie beispielsweise Tegee Sol. Das Produkt ist ein desinfizierender Reiniger für Oberflächen aller Art. Durch seinen Wirkstoff bekämpft er effektiv eine Vielzahl an behüllten Viren, zu denen auch das neuartige Coronavirus gehört. Zusätzlich entfernt er mühelos Öle, Fette, Wachs, Seife, Tinte, Ruß, Nikotin und Insekten und sorgt so für ein sicheres Gefühl in allen Innenräumen sowie in Sanitärbereichen. „Desinfektionsmittel wirken am besten und am schnellsten auf sauberen Oberflächen. Man müsste also vorher erst den Schmutz entfernen, der sich über die Viren gelegt hat und sie sozusagen beschützt, bevor man Desinfektionsmittel einsetzt“, erläutert Patrick Maione, Segmentmanager bei Caramba. Zudem sei der Reiniger durch spezielle Rezepturen außergewöhnlich materialverträglich. „Tegee Sol wird unter anderem auch zur Innenreinigung in Flugzeugen eingesetzt und hat Freigaben von Boing und Airbus, wo die Anforderungen an die Materialverträglichkeit sicher noch höher sind als bei Schienen- und Nutzfahrzeugen“, so Maione. Außerdem sei der Reiniger im Gegensatz zu alkoholhaltigen Desinfektionsmitteln nicht als feuergefährlich gekennzeichnet. Durch die Kennzeichnungsfreiheit des Produkts sind Lagerung, das Mitführen und die Anwendung (keine Schutzausrüstung) somit völlig unproblematisch. Auch für die Außenreinigung bietet Caramba eine große Produktpalette, wie beispielsweise das Truck Wash Shampoo, ein mild alkalisches Bürstenshampoo mit Selbsttrocknungs- und Glanzeffekt für den Einsatz in NFZ-Waschanlagen aller Art. Es ist NTA-frei und entfernt selbst hartnäckige Verschmutzungen wie Insekten mühelos. GUTE REINIGUNG BRAUCHT MEHR ALS CHEMIE Wenn Caramba glänzende Ergebnisse verspricht, bezieht sich der Chemiespezialist allerdings längst nicht mehr allein auf Waschergebnisse. Um optimale Reinigungsergebnisse zu gewährleisten, Ausfallzeiten zu minimieren sowie Funktions- und Werterhalt zu sichern, braucht es perfekt abgestimmte Prozesse. „Top-Produkte mit kompromissloser Leistungsqualität sind natürlich die grundlegende Voraussetzung für unseren Erfolg“ sagt Patrick Maione. „Aber wir verbinden unsere große Entwicklungs-Expertise in der Spezialchemie mit gezieltem Prozess-Know-how und sorgen so für eine deutliche Effizienzsteigerung beim Waschprozess“. Der Chemiespezialist setzt auf ganzheitliche, individuelle Prozesslösungen nach seinem bewährten ABC-Prinzip: A wie ausführliche Analyse der vorhandenen Situation bei Verschmutzung und Infrastruktur von Fahrzeugen, Waschanlage und Brauchwasseraufbereitung sowie der individuellen betrieblichen Abläufe. B wie Beurteilung, Beratung und Empfehlung von Lösungswegen.

Saubere uQd gepfOegte Fahr ]euge siQd der TßrÙffQer ]u ]u friedeQeQ Fahr gÇsteQ Dafßr gibt es hRch wirNsaPe ReiQiger vRQ CaraPba

Und schließlich C wie „Caramba-Effekt“, eine deutliche und messbare Steigerung von Effizienz und Wirtschaftlichkeit. „Wir betrachten beispielsweise jede Fahrzeugwäsche als ganzheitlichen Prozess“, so Maione. Die Experten analysieren die Parameter vor Ort und stimmen die einzelnen Reiniger und Schritte des Waschprozesses genau aufeinander ab. Egal bei welchem Reinigungsprozess, durch die gezielte Analyse vor Ort verbessern die Fachleute von Caramba sowohl den Einsatz der Chemie als auch die Abläufe der Reinigung. Für die Kunden des Unternehmens bedeutet dies eine gesteigerte Effizienz und eine höhere Wirtschaftlichkeit bei gleichzeitigem Werteerhalt. Namhafte Transportunternehmen zählen zum Kundenstamm von Caramba.

Stephanie Wedehase Director Communication Caramba Chemicals Group


AUS ALT MACH NEU – RADSATZINSTANDHALTUNG BEI DER GHH RADSATZ TRADITIONELLE RADSATZINSTANDHALTUNG UND MANUELLE ODER MASCHINELLE NACHBEARBEITUNG VON BAUTEILEN – DIESER DIENSTLEISTUNGSMIX VERSETZT DIE GHH RADSATZ IN DIE LAGE, KOMPONENTEN FÜR DEN FAHRBETRIEB ZU „RETTEN“ UND SOMIT EINEN BEDEUTENDEN BEITRAG AUCH IM SINNE DER NACHHALTIGKEIT VON PRODUKTEN UND DIENSTLEISTUNGEN ZU ERBRINGEN. GHH, das ist die Abkürzung für Gutehoffnungshütte Radsatz GmbH. Der langjährige Hersteller von kundenindividuellen Lösungen für Radsätze, Räder und Radsatzkomponenten ist inzwischen auch ein gefragter Dienstleistungspartner für Bahnbetreiber oder Instandhaltungsgesellschaften. Viele Betriebswerkstätten sehen sich in Zeiten der Mobilitätswende neuen Anforderungen hinsichtlich Betrieb und Technik ihrer Fahrzeuge ausgesetzt. So gehören Begriffe wie Standzeitverlängerung oder auch Fragen zur Nachhaltigkeit von Komponenten und Systemen zu den täglichen betrieblichen Herausforderungen. Dank der Ausweitung seiner Dienstleistungsaktivitäten nimmt die Nachbearbeitung von Komponenten bei der GHH Radsatz inzwischen einen breiten Raum ein und ergänzt im Sinne der Nachhaltigkeit das bestehende Leistungsprogramm bei der Radsatzinstandhaltung.

NACHBEARBEITUNG VON RADSATZWELLEN Neben den traditionellen Instandsetzungsarbeiten an Radsätzen wie Tausch der Vollräder, Aufarbeitung der Radsatzlager und Radsatzgetriebe hat sich seit geraumer Zeit ein neuer Trend bei der Instandsetzung von Radsatzwellen ergeben. Nicht zuletzt seit dem Bruch einer Radsatzwelle im ICE aus dem Jahre 2008 wird diesem sicherheitsrelevanten Bauteil eine verstärkte Aufmerksamkeit zuteil. Zur Sicherstellung eines problemfreien Fahrbetriebes wird der fachgerechten Aufarbeitung, Instandsetzung und Nachbearbeitung von Radsatzwellen inzwischen noch mehr Bedeutung beigemessen. Wenn sicherheitsrelevante Beschädigungen nicht detektiert und behoben werden, können sie zur Rissbildung bis hin zum Wellenbruch und im Worst Case zu Sach- und Personenschäden führen. Dieser Erkenntnis folgend und unter Berücksichtigung der relevanten Normen, Regelwerke und Verordnungen werden Radsatzwellen in den Betriebswerkstätten heutzutage einer immer intensiveren Kontrolle unterzogen. Zielsetzung ist es, Risse oder Beschädigungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu entdecken. Gleichwohl benötigen viele Betreiber Unterstützung bei der Beurteilung und Bewertung von Auffälligkeiten bei Radsatzwellen. Aufgrund ihrer Kompetenzen in der Entwicklung, Auslegung, Herstellung und Wartung von Radsatzwellen ist die GHH Radsatz inzwischen ein vielgefragter Ansprechpartner der Bahngesellschaften für die Befundung, Prüfung und maschinelle Nachbearbeitung von Radsatzwellen. Gemäß den grundsätzlichen Leitlinien der GHH

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Radsat]weOOe Pit AuffÇOOigNeiteQ vRr der 1acharbeit

FOTOS: RADSATZ GMBH

Radsatz werden die Betreiber nicht nur über den Lebenszyklus ihrer Fahrzeuge und Produkte betreut, sondern es wird weitestgehend und im Sinne der Nachhaltigkeit der Reparatur eines Bauteiles auch der Vorrang gegenüber einem Austausch eingeräumt. MAL MANUELL, MAL MASCHINELL Getreu dieser Wartungsphilosophie hat die GHH Radsatz Instandhaltungskonzepte entwickelt, um in einer Vielzahl von Fällen Beschädigungen in der Radsatzwelle durch Nacharbeit zu eliminieren. Je nach Grad der Beschädigung erfolgt eine Bewertung des Schadbildes sowie individuelle Einschätzung zur weiteren Verwendung des „Altproduktes“. Im Idealfall wird das „Altprodukt“ anschließend durch manuelle oder maschinelle Bearbeitung für den weiteren Fahrbetrieb „gerettet“. Mittels dieses Konzeptes ist die GHH Radsatz heute bereits durch manuelle Nacharbeit in der Lage, Radsatzwellen für den weiteren Betrieb instand zu setzen und Auffälligkeiten wie beispielsweise Kerben, Steinschläge, Eindrücke oder Korrosion zu eliminieren. Gleichwohl engen die Vorgaben aus den Normen und Regelwerken sowie die Empfehlungen der Originalhersteller den Spielraum für die manuelle Nacharbeit ein. So ist im Falle eines stark fortgeschrittenen Grades an Korrosion oder einer Beschädigung in bestimmten Übergangszonen wie Korbbögen eine manuelle Nacharbeit nicht

Radsat]weOOe Qach der 1acharbeit

zulässig, da die Konturen nicht mehr zeichnungsgerecht nachgearbeitet werden können. In solchen Instandsetzungsfällen werden Radsatzwellen bei der GHH Radsatz mittels maschineller Nacharbeit (Überdrehen der Wellenkontur) aufgearbeitet und nachfolgend auf Fehlerfreiheit unter Anwendung zerstörungsfreier Prüfmethoden untersucht. THERMISCHES BESCHICHTEN VON RADSATZWELLEN Neben der Nacharbeit hat sich die GHH Radsatz auch auf die thermische Beschichtung von Radsatzwellen spezialisiert. Bei der „Veredelung“ von Radsatzwellen werden die Wellensitze durch ein geeignetes Flammspritzverfahren wie die Molybdänbeschichtung instandgesetzt, was die Wiederinbetriebnahme des Bauteiles ermöglicht. Ein solches Verfahren wird zum Beispiel angewendet, um Riefen in Nabensitzen zu eliminieren, welche auf das Auf- und Abpressen von Anbauteilen zurückzuführen sind, etwa bei Radkörpern, Bremsscheiben oder Kupplungsnaben. Grundsätzlich erfolgt die Instandsetzung von Radsatzwellen bei der GHH Radsatz unter Berücksichtigung der Zeichnungsmaße und Oberflächenrauheiten inklusiv Passungen und Toleranzen sowie der im Wartungshandbuch genannten Empfehlungen der Originalhersteller und gültigen Regelwerke.

WORKSHOPS IM RAHMEN DER FACHTAGUNG NAHVERKEHR Die vorgenannten Trends wurden auch in der jüngsten Fachtagung Nahverkehr erörtert, zu der Techniker aus Werkstatt und Betrieb verschiedener Kunden im Hause der GHH Radsatz zusammenkamen. Bedingt durch die gestiegenen Anforderungen der technischen Aufsichtsbehörden sind auch die kommunalen Verkehrsbetriebe inzwischen zu einer extensiven Inspektion und Schadensbeurteilung ihrer Radsatzwellen und Komponenten aufgefordert. Eine Aufgabenstellung, bei der viele Verkehrsbetriebe externes Know-how zu Rate ziehen. Entsprechend wurde den Verkehrsbetrieben im Rahmen von Workshops nicht nur Expertenwissen bei der Beurteilung von Auffälligkeiten bei Radsatzwellen oder Portalachsen vermittelt, sondern auch Möglichkeiten zur Instandsetzung, wie maschinelle Bearbeitung oder thermisches Beschichten vorgeführt.

PETER FAHL Ist Prokurist und Leiter Service bei der GHH Radsatz GmbH.


PFAFF VERKEHRSTECHNIK LIEFERT JETZT AUCH ELEKTROMECHANISCH VERSTELLBARE BUS-DACHARBEITSBÜHNEN

PFAFF VERKEHRSTECHNIK ERWEITERT DAS PRODUKTPORTFOLIO UM LÖSUNGEN FÜR WARTUNGSUND INSTANDHALTUNGSARBEITEN AUF DEN DÄCHERN VERSCHIEDENSTER BUSSE, VOR ALLEM AUF ELEKTRISCH UND GASBETRIEBENEN FAHRZEUGEN.

gleichgültig ob es sich um einfache Busse mit 12 m, Doppelstockbusse mit 14 m oder Gelenkbusse mit 18 m Länge handelt. Die elektromechanischen, teleskopierenden Bühnen und verschiebbare Absturzsicherungen an der Front und am Heck sorgen für eine ergonomische Rundum-Absturzsicherung, egal welches Flottenfahrzeug sich aktuell im Arbeitsstand befindet. Über verstellbare Treppen mit korrekter Stufenhöhe gelangen die Mitarbeiter sicher an ihren Arbeitsplatz auf dem Dach des Fahrzeugs. Optionale Komponenten, wie Kransysteme für den Batteriewechsel, verschiedene Beleuchtungseinrichtungen, Signalanlagen oder überwachte Zutrittstüren erhöhen die Sicherheit noch weiter.

Die neuen Dacharbeitsbühnen mit einer verstellbaren Höhe von 1,5 m bis 4,5 m können aufgrund verschiedener Segmentlängen von 3 m bis 9 m nach dem Baukastenprinzip flexibel an die jeweilige Busflotte angepasst werden,

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FOTO: PFAFF-VERKEHRSTECHNIK_HIGHRES

Pfaff VerNehrstechQiN erweitert das PrRduNtpRrtfROiR uP /Ă™suQgeQ fĂ&#x;r WartuQgs uQd IQstaQdhaOtuQgsarbeiteQ aQ BusseQ spe]ieOO aQ eOeNtrisch betriebeQeQ BusseQ

ELEKTROMOBILITĂ„T AUF DEM VORMARSCH Mit den neuen DacharbeitsbĂźhnen wird das Unternehmen dem wachsenden Markt der Elektromobilität und der hier notwendigen Betriebssicherheit gerecht. Die Elektromobilität ist nicht nur in Deutschland ein wichtiges zukunftsweisendes Thema. Auch das umweltbewusste Land Schweden gilt hier als Vorreiter; Pfaff Verkehrstechnik hat bereits eine Anlage an ein schwedisches Unternehmen ausgeliefert, weitere Projekte sind in Planung. Die Umstellung der Fahrzeugflotten auf nachhaltige Antriebe im Ăśffentlichen Nahverkehr wird durch die EU-Richtlinie

„Clean Vehicle Directive“ derzeit europaweit vorangetrieben. Elektrofahrzeuge leisten hierzu ihren unverzichtbaren Beitrag. Sie tragen zum Klimaschutz bei und vermindern zudem die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Damit haben sie sich zu einer treibenden Kraft im Rahmen der Energiewende entwickelt. NEUE HERAUSFORDERUNGEN DURCH E-MOBILITĂ„T Die stetige Zunahme und regelmäĂ&#x;ige Kontrolle der Elektrobusse stellt aber auch neue Herausforderungen an BetriebshĂśfe, Werkstätten und Mitarbeiter. Im Gegensatz zu den herkĂśmmlichen Bussen, die mit Diesel

fahren und kaum Arbeiten auf dem Dach erfordern, sind bei Elektrobussen vermehrt Wartungsarbeiten auf dem Dach notwendig, da sich dort zugunsten des Komforts die Elektrik und schwere technische Komponenten, wie Batteriepacks, sowie Sicherungskästen, Wechselrichter und Klimaanlagen, befinden. Diese Komponenten mĂźssen regelmäĂ&#x;ig gewartet werden. Aufgrund der Rundungen am Kunststoff-Dach ergeben sich hier aber spezielle Gefährdungen und Herausforderungen fĂźr das Personal. Die neuen DacharbeitsbĂźhnen von Pfaff Verkehrstechnik sorgen bei allen Busvarianten fĂźr hĂśchste Sicherheit und Ergonomie — auf ihr fĂźhlen sich die Mitarbeiter so sicher wie


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am Boden. Mechaniker können nun auch bei gemischten Fahrzeugflotten, z. B. bestehend aus Diesel-, Hybrid- und Elektrobussen, mühelos für absolut sichere Arbeitsbedingungen sorgen, ohne das Fahrzeug durch improvisierte Sicherheitsmaßnahmen zu beschädigen. Die flexibel anpassbaren Dacharbeitsbühnen setzen hohe Sicherheitsstandards, da potenzielle Absturzstellen minimiert werden und das Fahrzeugdach rundum ergonomisch betreten werden kann. Sie ermöglichen Fuhrparkbetreibern eine moderne, sichere und zuverlässige Mobilität. Aufgrund kurzer Rüstzeiten sind die Fahrzeuge schnell wieder betriebsbereit, und die Betriebszeiten im Verkehrseinsatz verlängern sich. VON DER PLANUNG ÜBER DEN GESAMTEN LEBENSZYKLUS Die neuen Dacharbeitsbühnen für Busse ergänzen das bislang vor allem auf schienengebundene Fahrzeuge fokussierte Produktprogramm. Das Leistungspaket der Pfaff Verkehrstechnik erstreckt sich von der Planung der Arbeitsbühne über die Inbetriebnahme bis hin zur Schulung des Personals. Der Implementierung in Neubauten und Bestandshallen geht eine umfassende Beratung und Analyse der vorliegenden Infrastruktur voraus. Zudem wird ein umfangreicher After-Sales-Service, wie langjährige Wartungsverträge und ein Ersatzteilservice, angeboten.

Pfaff Verkehrstechnik Die Pfaff Verkehrstechnik GmbH ist ein Schwesterunternehmen der ebenfalls in Kissing ansässigen Columbus McKinnon Engineered Products GmbH unter dem Dach des US-amerikanischen Columbus McKinnon-Konzerns. Pfaff Verkehrstechnik bietet neben der Lieferung von verkehrstechnischen Komponenten in erster Linie die vollständige Projektierung, Installation und Wartung von schlüsselfertigen Hubanlagen für Schienenfahrzeuge. Die Pfaff-silberblau Hubanlagen werden weltweit eingesetzt. Mehr Informationen zu den Leistungen und Produkten der Pfaff Verkehrstechnik unter www.pfaff-silberblau.com.

Pfaff-silberblau und Columbus McKinnon Engineered Products Die Columbus McKinnon Engineered Products GmbH, Kissing, zählt mit ihrer Marke Pfaff-silberblau seit vielen Jahrzehnten zu den Technologieführern bei Komponenten und Systemlösungen für mechanische Antriebs- und Hebetechnik. Das Portfolio reicht von hochwertigen Spindelhubelementen über innovative Linearantriebe bis hin zu leistungsstarken Hubtischen und Seilwinden. Auf Basis dieser Komponenten bietet Columbus McKinnon Engineered Products auch kundenspezifische Lösungen für verschiedenste Anwendungsbereiche. Columbus McKinnon Engineered Products ist ein Tochterunternehmen der börsennotierten Columbus McKinnon Corporation (CMCO), Getzville/USA, einem führenden Anbieter für Hebe- und Fördertechnik. Columbus McKinnon Engineered Products ist Partner der Nachhaltigkeitsinitiative Blue Competence des VDMA (www.bluecom petence.net). Informationen zu Columbus McKinnon Engineered Products sowie Produkten der Marke Pfaff-silberblau finden Sie unter www.pfaff-silberblau.com

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Sie sorgen für gute Fahrt. Wir für reine Luft. Der moderne Mensch verbringt circa 90 % seines Tages in geschlossenen Räumen. Auch die Fahrzeuge des ÖPNV, gerade in Ballungszentren, zählen dazu, ebenso wie Fernzüge. Viele Menschen bedeuten auch viel verbrauchte Luft, die durch raumlufttechnische Anlagen bzw. Klimaanlagen verbessert werden muss. Rentokil Technischer Hygieneservice bietet nicht nur die vorgeschriebenen Hygiene-Inspektionen gemäß VDI 6032 an, sondern auch die komplette Reinigung/Desinfektion von Lüftungssystemen in Fahrzeugen aller Art.

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Ein Rentokil Initial Unternehmen.


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WELTER ZAHNRAD – JETZT AUCH DIREKTLIEFERANT DER DB GEDULD ZAHLT SICH AUS. NACHDEM DIE WELTER ZAHNRAD GMBH ÜBER JAHRZEHNTE SUB-LIEFERANT WAR, PRODUZIERT SIE SEIT 2020 FÜR SPEZIELLE ÜBERHOLUNGSPROJEKTE JETZT AUCH DIREKT AN DIE DB. „WELTER zahnrad ist weltweit der Ansprechpartner für innovative Antriebssysteme“, berichtet dem bahn manager Geschäftsführer Ingo Kluge. „Mit unserer Zahnradfertigung haben wir uns auf die Herstellung von Einzelteilen, kleinen und mittleren Serien spezialisiert. Hier profitieren wir von unserer über 70-jährigen Erfahrung in der Antriebstechnik. Da freut es natürlich, wenn unsere Anstrengungen honoriert werden und der Kontakt zum Kunden so eng wie nur möglich ist.“ Die WELTER zahnrad GmbH in Lahr/Schwarzwald wurde 1946 gegründet und ist ein führender Hersteller von Kegelrädern für Schienenfahrzeuge sowie von Stirnrädern, Stirnradwellen, Hohlrä

rädern und Hohlwellen, Verzahnungskupplungen und sonstigen verzahnten Teilen für den Bahnbereich. Auch ausländische Staatsbahnen setzen seit Jahrzehnten gerne in Lokomotiven Großräder von Welter ein. Dabei gilt die Regel: Man sieht sie nicht von außen und soll auch so lange wie möglich gar nicht an sie denken müssen! Damit die damit angesprochene lange Lebensdauer ermöglicht wird, fertigen bei Welter 120 Mitarbeiter hochpräzise Zahnräder meist nach Kundenzeichnung und nach den höchsten Normen und detaillierten Spezifikationen. Die Qualitätsmerkmale werden sorgfältig bestimmt und sind von der Schmiede über die Bearbeitung und die Wärmebehandlung bis zur Lieferung an den Kunden nachvollziehbar. So haben sich Welter-Verzahnungen weltweit im Bahnwesen bewährt, aber auch in anderen anspruchsvollen Branchen wie der Luftfahrttechnik, dem Schiffbau, bei Oil&Gas, Energie, Bergbau, für Stahl-, Chemie- , Bau-, und Werkzeugmaschinen.

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FOTO: WELTER ZAHNRAD

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KONSTRUKTEUR, PRODUZENT, DIENSTLEISTER Bei Welter setzen qualifizierten Mitarbeiter in Entwicklung und Produktion neueste Erkenntnisse um. Internationale Zertifizierung besteht nach der Qualitätsmanagement-Normenreihe ISO 9001:2015 und nach der erweiterten Norm EN 9100:2018 fĂźr die besonderen Qualitätsanforderungen in der Luftfahrt. Die erfahrenen Anwendungsingenieure kĂśnnen unter Nutzung umfangreicher Softwarepakete an der Getriebekonstruktion beim Kunden mitwirken. So liefert WELTER zahnrad auch selbst entwickelte Einzelteile, Zahnräder, Radsätze, komplette Innenteilsätze, zum Beispiel Lokomotivantriebe, und auch Antriebskomponenten fĂźr Schredder, FĂśrderbänder, Pumpen, ZementmĂźhlen und FĂśrderkĂśrbe. Neben der Nutzung der Produktionskapazität hat WELTER zahnrad durch den Aufbau der Abteilung Anwendungstechnik systematisch Schritte auf den Weg zum Dienstleister Antriebstechnik unternommen. Auch die Reduzierung von Geräuschen wird immer mehr in den Fokus genommen. Das Schleifen und Freiformfräsen von Verzahnungen bietet neben hĂśchstmĂśglicher Flexibilität bei der Erzeugung der Verzahnungskontur insbesondere auch die MĂśglichkeit, geräuscharme Verzahnungen zu fertigen. Dabei ist nach dem Härten das Feinstfräsen einer Verzahnung mĂśglich. Daher wurde 2020 in neue Spezialmaschinen investiert — eine leistungsfähige Reiden RX10 mit 5fach-Palettenwechler fĂźr WerkstĂźcke bis zu einem Durchmesser von 1400 mm und eine Reiden RX14. Aufspannen und RĂźsten schon während der Laufzeit — ein geniales Automationskonzept reduziert bei diesen Maschinen Nebenzeiten auf ein Minimum und erweitert bei Welter die Werkkapazität bedeutend. Kein Wunder, dass Welter zahnrad seit Ăźber 30 Jahren regelmäĂ&#x;ig auf der Innotrans vertreten ist und wie alle anderen treuen Messeaussteller den derzeitigen Pandemie-bedingten Ausfall dieses direkten Treffens mit der Branche bedauert. Seit 2017 ist Welter auch auf dem Gemeinschaftsstand der IHK Rhein Neckar auf der TRAKO in Danzig vertreten. Und im Oktober 2018 zeigte das Unternehmen seine Qualitäten auch auf (hfs) der RAIL Expo in Kiew.

WELTER ZAHNRAD – DAS ANGEBOT IN STICHWORTEN Zahnradfertigung: Wir fertigen Kegelräder, Stirnräder, Ritzelwellen, Hohlräder und sämtliche Maschinenteile mit AuĂ&#x;en- und Innenverzahnung. – Lieferung von Neu- und Ersatzteilen – Flexible Anpassung der LosgrĂśĂ&#x;en – Schadensanalyse und Ursachenfindung – Auslegung und Berechnung – Neuanfertigung nach Muster Konstruktion und Re-Engineering: Zur Konstruktion und Berechnung von Getrieben verfĂźgen wir Ăźber umfangreiche Softwarepakete wie z.B. KIMOS und KissSoft mit denen wir u.a. folgende Nachweise erbringen kĂśnnen: – Festigkeitsnachweise nach DIN, ISO, AGMA, API und anderen Normvorgaben – Geometrische Bestimmung nach DIN, ISO inkl. der Verzahnungsdaten – Definition der Qualitätsklassen – Definition von Werkstoffen und notwendiger Wärmebehandlung – CAD-Zeichnungen Qualitätsmanagement: Alle hergestellten Bauteile werden fertigungsbegleitend Ăźberwacht und dokumentiert. – Werkstoffzeugnisse – Wärmebehandlungsprotokolle – SchleifbrandprĂźfung – RissprĂźfung – MaĂ&#x;protokolle – Verzahnungsmessung – EinflankenwälzprĂźfung -3D Messung der Verzahnungstopografie GroĂ&#x;kunden im Bahnbereich: unter anderem Siemens, Alstom, Vossloh, CAF.


PERSONENVERKEHR

NEUER GESCHÄFTSFÜHRER DER DB REGIONETZ VERKEHRSUND INFRASTRUKTUR GMBH etwa 1.200 Kilometer Schienenwege in fünf zusammenhängenden Nebenbahnnetzen zusammengefasst, welche ab dem 1. Januar 2002 mit den dazugehörigen Bahnhöfen und Haltepunkten ausgegliedert vom DB-Gesamtkonzern betrieben wurden. Kern der Neuerung war die Anwendung von Low-Cost-Techniken und Verfahren zur Kostenreduzierung durch einfache Organisationsformen. Dabei sollten Infrastruktur und Verkehrsbetrieb im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen so eng wie möglich verzahnt sein.

NACH FAST 20 JAHREN GIBT DR. JÜRGEN DORNBACH AUS PERSÖNLICHEN GRÜNDEN DIE LEITUNG DER DB REGIO-NETZE AB. SEIN NACHFOLGER CHRISTOPH KRALLER WAR BISHER GESCHÄFTSLEITER DES GRÖßTEN REGIO-NETZES SÜDOSTBAYERNBAHN. DIE DERZEITIGEN BESTANDTEILE DER GESELLSCHAFT SOLLEN WIE BISHER EIGENSTÄNDIGE PROFITCENTER BLEIBEN, DOCH DER BISHERIGE VERKEHRSBETRIEB GÄUBODENBAHN (BAYERN) SOWIE DIE VERTRIEBSEINHEIT VERTRIEBSSERVICE OSTBAYERN WERDEN PERSPEKTIVISCH IN DIE SÜDOSTBAYERNBAHN INTEGRIERT.

FÜNF REGIONALNETZE, FÜNF ERFOLGSGESCHICHTEN So entstand die DB Regionetz Verkehrs- und Infrastruktur GmbH mit den in jedem Teilnetz getrennt anzutreffenden Abteilungen DB RegioNetz Infrastruktur GmbH (RNI) und DB RegioNetz Verkehrs GmbH (RNV). Beide Gesellschaften sind hundertprozentige Töchter der DB Netz AG beziehungsweise der DB Regio AG. Bundesweit bestehen seither fünf RegioNetze: Erzgebirgsbahn (Sachsen), Oberweißbacher Berg- und Schwarzatalbahn (Thüringen), Kurhessenbahn (Hessen), Westfrankenbahn (Bayern, Baden-Württemberg) und die Südostbayernbahn (Bayern) sowie das Fahrzeug- und Technologiezentrum Chemnitz. Zunächst gab es nicht wenige Skeptiker. Sollte das ein Zwischenschritt sein, um weitere ungeliebte Nebenbahnen abzuwickeln? Eine Art Bad Bank à la Deutsche Bahn? Keineswegs! lobte im August 2003 ausgerechnet die Kapitalismus-kritische Tageszeitung Neues Deutschland. Unter der Überschrift „Regional und be-

Der jetzt scheidende Dr. Dornbach ist ein Veteran. Er war von Anfang an dabei, als 2000 der damalige Chef der Deutschen Bahn Hartmut Mehdorn eine „DB-Mittelstandsinitiative“ ausrief. Der Begriff umschreibt, dass man von der entstandenen Konkurrenz aus Privat- und Kommunalbahnen lernen wollte, die der DB Regio seit der Bahnreform 1994 das Leben schwer machte. Plötzlich sollten, unerhört, zumindest manche der vor Ort Verantwortlichen der Deutschen Bahn persönliche Entscheidungsbefugnis bekommen! Für das Experiment wurden bundesweit aus 9.000 Kilometern vorselektierter Bahnstrecken

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GRAFIK: DB REGIO

weglich — Mittelstandsoffensive der Deutschen Bahn rettet Strecken vor der Stilllegung“ schrieb damals Erich Preuß unter anderem: „Eine Infas-Untersuchung gab der DB-Spitze Gewissheit: Das Zusammenspiel zwischen den Führungsgesellschaften der zerrissenen DB funktionierte nur unzureichend, kaum jemand durfte entscheiden, die DB erschien als schwerfälliges Unternehmen. In dem Punkt habe man von den Privaten gelernt, versichert Dr. Jürgen Dornbach, der Geschäftsführer des DB-RegioNetzes. Dornbach sitzt mit einem ganz kleinen Stab in Frankfurt (Main). Auch in anderer Hinsicht wurde das Geschäftsgebaren der Konkurrenten kopiert — und siehe da, die RegioNetze sind erfolgreich. Dornbach selbst macht das an steigenden Fahrgastzahlen, verbesserter Wirtschaftlichkeit und hoher Zufriedenheit der Kunden fest.“ Jetzt also heißt es Abschied nehmen für Dr. Dornbach. Zwar wird er seinem „Bahn-Baby“ auf Wunsch der Geschäftsführung und des Aufsichtsrates noch bis Ende 2022 beratend zur Seite stehen und dabei unter anderem konkrete Projekte bei der Kurhessenbahn im Rahmen des aktuellen Verkehrsvertrages vorantreiben. Doch mit einer Tour d’Honneur stellt Dornbach jetzt bei allen regionalen Auftraggebern seinen Nachfolger als Geschäftsführer, Christoph Kraller, vor. DANKBARE ABSCHIEDSWORTE AN DR. DORNBACH Bei Krallers Antrittsbesuch beim Nordhessischen Verkehrsverbund NVV fielen über den scheidenden Chef viele herzliche Worte. „Der NVV dankt Herrn Dr. Dornbach für die langjährige beste Zusammenarbeit. Gemeinsam konnten NVV und Kurhessenbahn für die Landkreise Kassel und WaldeckFrankenberg eine einzigartige Erfolgsgeschichte im Bahnverkehr umsetzen“, sagte NVV-Geschäftsführer Steffen Müller. „Wir wünschen Herrn Dr. Dornbach das Beste für die Zukunft und wollen mit seinem Nachfol-

ger Christoph Kraller eine ebenso vertrauensvolle Weiterführung der Arbeit umsetzen.“ Solch schmeichelhafte Worte über die Deutsche Bahn und ihre Repräsentanten wünschte man sich öfter! Die Regio-Netze werden mit Christoph Kraller als Sprecher sowie mit Cornelia Würtz und Gudrun Elser auch künftig von einer Dreier-Geschäftsführung geleitet werden. Tatsächlich kann Dr. Dornbach über das Erreichte mehr als zufrieden sein. Schon 2005 vermeldete der SPIEGEL: „Die Ausgliederung hat nach Angaben der Bahn aber eine Reihe positiver Effekte: Die Kunden seien zufriedener, der Krankenstand niedriger und die Züge pünktlicher als im Personenverkehr des Gesamtkonzerns. Insgesamt habe die Bahn durch die Ausgründungen vor drei Jahren 50 Millionen Euro gespart.“ Und es gibt noch mehr Erfreuliches. Seit ihrer Gründung konnten die Regio-Netze auf ihren Strecken einen deutlichen Fahr-

gastzuwachs von 30 Prozent verzeichnen, heißt es bei der DB. Gleichzeitig wurde die Verkehrsleistung um 45 Prozent gesteigert. Heute liegt die jährliche Verkehrsleistung auf Basis von Verkehrsverträgen bei rund 17 Millionen Zugkilometern. Rund 20 Millionen Fahrgäste sind jährlich innerhalb der Regio-Netze unterwegs. Angesichts erheblicher Finanzlöcher fordern Politiker immer stärker Strukturreformen beim DB-Mutterkonzern. Vielleicht muss die DB dabei gar nicht erst neu erfunden werden — es reichte aus, die Mehdorn’schen Experimentalnetze zu kopieren? Die DB-Zentrale sollte sich Dr. Dornbachs Expertise sichern — und seinen Ratschlägen dann auch möglichst folgen…

Hermann Schmidtendorf Redaktion bahn manager


PERSONENVERKEHR

WIRKLICH! FLUGHAFEN BER GEHT AN DEN START, UND MIT IHM DIE DB BERLINER HABEN NERVEN. ODER HUMOR. ODER BEIDES? ZUM 31. OKTOBER 2020 LANDETEN AUF DEM NEUGEBAUTEN FLUGHAFEN BERLIN-BRANDENBURG BER NACH NUR 13 JAHREN VERZÖGERUNG ERSTMALS FLUGZEUGE MIT PASSAGIEREN. Dazu prangten auf dem Berliner Hauptbahnhof aufmunternde Plakate mit der Aufschrift: „Berlin kann auch schnell!“ Berlin? Flughafen? Schnell??? Des Betrachters Aufmerksamkeit ist dem kryptischen Plakat gewiss. Geworben wird für den „Berlin City — BER Flughafen-Express“, der — was sonst? schnell! — den Anschluss zu den Fliegern liefern wird. Grafiken und Tabellen der Deutschen Bahn geben

näheren Aufschluss. Zur Anbindung des neuen Hauptstadt-Flughafens wurden eigens zwei neue Bahnhöfe gebaut: der unterirdische barrierefreie Flughafenbahnhof, direkt unter dem Terminal — und der Bahnhof Waßmannsdorf. Die Station zwischen dem alten Bahnhof Schönefeld und dem neuen BER bindet den Schönefelder Ortsteil ab sofort an das S-Bahnnetz an. Der neue Flughafenbahnhof heißt nun offiziell „Flughafen BER — Terminal 1—2“. Aber da war doch mal ein Flughafen namens Schönefeld? Gewiss, und den gibt es weiterhin, als Teil des neuen Gesamtobjekts. Er firmiert jetzt als Terminal 5, und der bisherige Bahnhof Berlin-Schönefeld Flughafen darf sich über die Neubenennung „Flughafen BER — Terminal 5“ freuen. Halten werden am BER künftig auf insgesamt sechs Gleisen Regional- und Fernzüge sowie die Berliner S-Bahn. Den Fahrkartenverkauf besorgen das täglich von 7 bis 22 Uhr geöffnete DB-Reisezentrum mit vier Schaltern sowie 20 Automaten der DB Regio, bei denen zunächst wochentags zwischen 9 und 17 Uhr zwei ServiceGuides die Fahrgäste durch den Tasten- und Tarifdschungel geleiten werden. Über die Anreisekosten zum Berliner Airport per Bahn kann man nicht meckern. Benötigt wird nur ein Einzelfahrausweis ABC für derzeit 3,60 Euro. Damit lassen sich S-Bahn-Züge der Linien S45 und S9 nutzen, welche im Zehn-Minuten-Takt am BER halten werden. Genutzt werden können auch die Regionalbahnlinien RE7, RB14 und RB22 sowie der Flughafenexpress FEX. Diese bieten tagsüber viermal stündlich vom BER Terminal 1—2

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FOTOS: DB / PAULA KLATTENHOF / OLIVER LANG

schnelle Verbindungen zwischen Berlin Hbf beziehungsweise Ostkreuz und dem BER. Eine Anfahrt vom Berliner Hauptbahnhof wird mit 30 Minuten Fahrtzeit angegeben, Berlin Südkreuz mit 20, Ostkreuz sogar nur mit 15 Minuten. Berlin-Spandau und Potsdam liegen gleichauf mit 50 Minuten Fahrtzeit zum BER. Für die Potsdam-Anbindung wird der zuschlagpflichtige BER 2-Schnellbus eingerichtet, vom Berliner Rathaus Steglitz verkehrt zudem der BER1-Bus. Für den Übergang zwischen Schönefeld-Alt (Terminal 5) und BER-neu (Terminal 1—2) müssen 30 Minuten eingerechnet werden, wozu am besten die öffentlichen Angeboten genutzt werden sollten. Es empfiehlt sich jedenfalls, genau zu prüfen, welchen Terminal man denn erreichen will. Zwar verzichteten Politiker und Flughafenleitung angesichts der wenig erbaulichen Bau-Vergangenheit auf eine Flughafeneröffnung mit Pomp und Glorie, das wäre auch angesichts der Pandemie kaum vertretbar. Doch immerhin fand der Vorsitzende der Geschäftsführung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH Dr. Engelbert Lütke Daldrup positive Worte über seinen neuen Arbeitsplatz: „Mit dem leistungsfähigen Bahnhof direkt unter dem Terminal 1 verfügt der BER über ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal gegenüber allen anderen großen deutschen Flughäfen. Die Möglichkeit, mit dem Aufzug vom Bahnsteig in die Check-In-Halle zu gelangen, ist in Deutschland einmalig. Die Bahnfreundlichkeit des BER setzt Maßstäbe für umweltbewusstes Reisen.“ Zum Anschluss des Flughafenbahnhofs an das Streckennetz der Deutschen Bahn wurden 18,5 km Strecke für den Fern- und Regionalverkehr und 8,6 km für die S-Bahn gebaut. Die Gesamtinvestitionen für Bahnhöfe und Zulaufstrecken betrugen 675 Millionen Euro. Die derzeitige Prognose für den Flughafenbahnhof geht von etwa 125.000 Reisenden täglich aus. Das Objekt ist komplett barrierefrei, es gibt Treppen und Fahrtreppen an jedem Bahnsteig. Die Bahnsteiglänge für die S-Bahn beträgt 152,5 Meter bei einer Bahnsteigbreite von etwa 11 Metern. Der Bahnsteig der Fernbahn ist 405 Meter lang — mehr als genug für einen ICE. Fernbahn? Ja, auch die Intercity-Linie 17 Warnemünde — Berlin — Dresden soll hier demnächst halten, im Zwei-Stunden-Takt. Damit wären Rostock in zweieinhalb Stunden und Dresden in etwas über 90 Minuten angebunden. Flughafenchef Dr. Engelbert Lütke Daltrup nutzte die Feiertagslaune, um Politik und DB die zusätzliche Anbindung des BER durch ICE-Züge schmackhaft zu machen:

„Eine solche Verbindung würde große strategische Vorteile bringen“ und vielleicht so manchen Inlandsflug vermeiden helfen. Doch diesen Überschwang bremste stellvertretend für die öffentlichen Gebieter der Deutschen Bahn ihr Berliner Generalbevollmächtigter Alexander Kaczmarek. Wenn die IC-Linie angenommen werde, sei Mitte bis Ende der 2030er Jahre ein Halt des ICE Wien — Prag — Berlin auch am BER denkbar. Hierzu müsse aber erst die in Planung befindliche Hochgeschwindigkeitsstrecke PragDresden in Betrieb gehen. Das Faktenblatt der DB zum neuen Berliner Mobilitäts-Drehkreuz wartet übrigens mit einer verblüffenden Aussage auf. „Bauzeit: Februar 2007 — 30. Oktober 2011“ heißt es ganz am Ende. Und wieder reibt sich der Beobachter die verschlafenen Augen: Wie bitte? Und die vielen Verzögerungen? Aber nein, alles ist korrekt, da geht es ja um die Bauzeit des DB-Bahnhofs! Schließlich, so vielleicht der süffisante Hintergedanke, anders als die Airport-Baumeister kann doch DB schnell und pünktlich! Naja, mag man leicht irritiert murmeln, abgesehen von Stuttgart… aber das ist ja eine andere Geschichte. Jedenfalls, wie konstatierten wir doch zu Beginn? Berliner haben Humor. (hfs)


PERSONENVERKEHR

FLUGHAFEN I: BAHNANSCHLUSS STATT FLUGPISTEN DER BUND UND DIE ALLIANZ PRO SCHIENE BRINGEN ES AN DEN TAG: ALLE DEUTSCHEN FLÄCHENLÄNDER AUßER BRANDENBURG HABEN MITTELZENTREN OHNE SCHIENENANSCHLUSS.

Verkehrsbündnisses Allianz pro Schiene, fordert jetzt Konsequenzen: Vor allem in westlichen Bundesländern wie Bayern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz fehlen flächendeckend Bahnanschlüsse jedweder Art. 2015 verkündete die Deutsche Bahn ihr Zukunftskonzept für den Schienenfernverkehr bis 2030. Fast alle Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern sollten einen Anschluss an das Fernverkehrsnetz der Deutschen Bahn erhalten. Doch jetzt brachte uns Allianz-Geschäftsführer Flege abrupt zurück auf den harten Boden der Tatsachen: „Quer durch ganz Deutschland sind Menschen in Städten wie Aurich, Clausthal-Zellerfeld, Homberg und Herzogenaurach von der Schiene abgeschnitten“, sagt er. „Die Menschen auf dem Land und in Mittel- und Kleinstädten brauchen eine Schienenanbindung und keine Regionalflughäfen.“ Viele der genannten Städte hatten ja mal einen Bahnanschluss. Doch der wurde dann wegen angeblicher Unwirtschaftlichkeit gestrichen. Oder es gibt die Bahngleise noch immer — aber wie in Aurich nur als Industriestammgleis mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h. Wenn das Schienennetz stimmt, darf die DB auch gerne ihr Sahnehäubchen in Form von IC-Zügen daraufsetzen. Doch das setzt offenbar noch harte Arbeit voraus. (hfs)

Auch zum Brauereibesuch in Warstein geht es nur per Pkw — dann ist eine Rückfahrt am gleichen Tag wohl ausgeschlossen. „Vor Corona“ war es ein freudig wiederholtes Mantra von Lokalpolitikern: Ein Regionalflughafen ist das Fenster zur Großen Welt, da ist jede Subvention gut angelegt. Inzwischen gerieten selbst die Großflughäfen und die sie nutzenden Airlines in Turbulenzen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz BUND veröffentlichte eine wissenschaftliche Studie des Forums Ökologische-Soziale Marktwirtschaft über die 14 deutschen Regionalflughäfen. Ergebnis: Heute noch mehr als „vor Corona“ stehen die Nutzerzahlen in keinem angemessenen Verhältnis zu den Klimaschäden und den öffentlichen Subventionen. Unbarmherzig zählt die Studie die ökonomischen Fakten auf: „Mit 24 Hauptverkehrsflughäfen, darunter die Regionalflughäfen, wurden in Deutschland massive Überkapazitäten aufgebaut. Durchschnittlich 60 Autominuten liegen die Konkurrenzflughäfen, weniger als 100 Bahnminuten die nächsten großen internationalen Verkehrsflughäfen von diesen Standorten entfernt. Letztere bieten im Wesentlichen die gleichen Flugziele an und darüber hinaus ein umfassendes Netzwerk weiterer Destinationen.“ Mitgegangen, mitgehangen: Als Folge der ruinösen Flughafenkonkurrenz wurden schon in der Vergangenheit keine kostendeckenden Entgelte verlangt. Doch ab 2024 sind solche Beihilfen EU-rechtlich untersagt — spätestens dann ist es endgültig aus mit dem teuren regionalen Flug-Wahn. Dirk Flege, Geschäftsführer des gemeinnützigen

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FLUGHAFEN II: STATT INLANDSFLÜGEN BAHNVERKEHR FRANKREICHS FINANZMINISTER BRUNO LE MAIRE NUTZT DIE STAATLICHEN CORONA-GELDSPRITZEN ZUR KOPPELUNG MIT KLIMASCHUTZZIELEN – AUF STRECKEN MIT ZWEIEINHALB STUNDEN REISEZEIT SOLL ES STATT FLUGANGEBOTEN NUR NOCH ZÜGE GEBEN. Damit greift Frankreichs Regierung einen Gesetzentwurf auf, den am 5. Juni 2019 eine Gruppe linker oppositioneller Parlamentarier in die Nationalversammlung eingebracht hatte. Unter der Überschrift „Gesetzvorschlag für die Ersetzung von Inlandsflügen durch den Zug (wo das möglich ist…)“ forderten die Antragsteller: „Bei Bestehen einer umsteigefreien Zugverbindung, die einer Fahrzeit bis zweieinhalb Stunden entspricht, erteilt die Verwaltungsbehörde keine Genehmigung zum Betrieb einer dementsprechenden regulären Fluglinie.“ Das Verbot solle innerhalb von zwei Jahren greifen und bezugnehmend auf Artikel 20 der EUVerordnung 1008/2008 vom 24. September 2008 alle drei Jahre verlängert werden. Auf vier Seiten listete der Entwurf zu verbietende Kurzstrecken auf, beispielsweise Nizza-Monte Carlo (derzeit 48 Flüge täglich mit sechs Minuten Flugdauer, aber es fahren auch 48 Züge mit 21 Minuten Fahrtzeit), Paris-Brüssel (derzeit zwei Flüge mit 55 Minuten Flugzeit gegenüber 22 Zügen mit 87 Minuten Fahrtzeit). Bestehen bleiben solle hingegen eine Verbindung wie Paris-Nizza, wo am Stichtag 15. August 2019 31 Flügen

mit 85 Minuten Flugzeit nur sechs Zugverbindungen täglich mit 345 Minuten Fahrtzeit gegenüberstanden. Der französische Finanzminister Le Maire koppelte jetzt staatlich garantierte Bankdarlehen über vier Milliarden Euro und drei Milliarden Euro direkte Staatsdarlehen zur Nach-Corona-Unterstützung der Fluglinie Air France an Öko-Ziele: „Wir wollen, dass Air France den CO2-Ausstoß pro Passagier und Kilometer zwischen 2005 und 2030 um 50 Prozent reduziert, und wir werden sicherstellen, dass diese Bedingung erfüllt ist. Wir möchten, dass Air France das CO2-Emissionsvolumen auf seinen Flügen in Großstädten bis Ende 2024 um 50 Prozent reduziert.“ Und explizit per Twitter: “Sobald es eine Bahnalternative zu Inlandsflügen mit einer Dauer von weniger als 2,5 Stunden gibt, müssen diese Inlandsflüge drastisch reduziert und lediglich auf Transfers zu einem Hub beschränkt werden.” Eine pfiffige Form der Pro-Bahn-Aktion: Durch die Kopplung der Staatsbeihilfen an Enthaltsamkeit bei Kurzstreckenflügen erreicht der Minister dasselbe wie der oppositionelle Gesetzentwurf, doch ohne zeitraubendes juristisches Prozedere mit anschließender EU-Abstimmung. Geht es nach der Mehrheit der deutschen Bevölkerung, könnte die Bundesregierung in diesem Rahmen auch — so wie in Frankreich — Pro Bahn- und Klimaschutzziele forcieren. In einer Umfrage des Statistikunternehmens statista erklärten 35 Prozent der Befragten, sie unterstützten ein völliges Verbot von Kurzstreckenflügen, und weitere 32 Prozent waren „eher“ für ein solches Verbot. (hfs) – ANZEIGE –

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I N D U S T R I E & I N F R A S T RU KT U R

OSTBAHN BERLIN-KÜSTRIN SOLL ZWEIGLEISIG UND ELEKTRIFIZIERT WERDEN AM 9. SEPTEMBER 2020 SCHLOSSEN SICH IN KIETZ-KÜSTRIN GEMEINDEN UND LANDKREISE ENTLANG DER OSTBAHN ZUM VEREIN OSTBAHN-INITIATIVE E.V. ZUSAMMEN, VIER TAGE DAVOR RIEF DER FACHAUSSCHUSS MOBILITÄT DER SPD BERLIN MIT EINER SONDERFAHRT AUF DER OSTBAHN ZUM AUSBAU DIESER BAHNLINIE AUF.

bau des Unterstützer-Netzwerks für die Ostbahn. Schon einmal gab es eine ähnliche Lobbygruppe für die Ostbahn, die jedoch aus verschiedenen Gründen ihre Arbeit einstellte. Der neu gebildete Verein kann die Vorstufe zu einem EVTZ darstellen, einem Zweckverband nach europäischem Recht. Das Gründungsdokument wurde durch Vertreter von 12 Gemeinden entlang der Ostbahn, der Industrie- und Handelskammern Berlin und Ostbrandenburg, des Landkreises Märkisch-Oderland und der Euroregion Pro Europa Viadrina unterzeichnet. „Wir freuen uns, dass die Kommunen hier entlang der Strecke auf deutscher Seite sich jetzt wieder zusammenfinden“, erklärte Robert Radzimanowski, bei der IHK Ostbrandenburg zuständig für Regionalpolitik, gegenüber dem Hanse Medien-Verlag. „Sie verleihen dem gemeinsamen Willen Ausdruck, diese Strecke wiederzubeleben, zweigleisig elektrifiziert, und damit die gesamte Regionalentwicklung zu ermöglichen, sowohl für Pendler, die in Berlin leben, aber auch für Berliner, die sich für das Umland entscheiden, um hier zu leben, zu arbeiten, und natürlich auch für Unternehmen, die dann hier bessere Standortbedingungen haben.“

Die Preußische Ostbahn Berlin-Bromberg-Königsberg ist eine Eisenbahnstrecke mit langer Geschichte. Aber nach dem Zweiten Weltkrieg verordnete die Sowjetunion im Rahmen der Kriegsreparationen zwischen Berlin und dem heutigen Grenzort zu Polen Kietz-Küstrin den Abbau des zweiten Gleises. Bis heute können sich Züge aus zwei Richtungen auf einem Abschnitt von 50 Kilometern nur an einer Ausweichstelle überholen. Wenn also einer dieser Züge verspätet ist, ist es auch der andere. Bei der Konferenz in Kietz erzielte die einladende Industrie- und Handelskammer Ostbrandenburg einen wichtigen Erfolg beim Auf-

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GuidR 1RacN vRQ der IH. 2st BraQ deQburg Pit 2stbahQ 0uQd 1aseQ Schut] uQd eiQeP POaNat ]uP Ausbau der 2stbahQ

FOTO: H. SCHMIDTENDORF

Darf iQ DeutschOaQd uQd iQ PROeQ fahreQ EiQ PESA /I1. der 1iederbarQiPer EiseQbahQ hier bei der Ausfahrt aus der deutsch pROQischeQ 2stbahQ GreQ]brĂ&#x;cNe Ă&#x;ber die 2der

OSTBAHN-AUSBAU: LĂ„NDER SOLLEN IN VORLEISTUNG TRETEN Die Konferenzteilnehmer wurden auch durch Staatssekretär Rainer Genilke vom brandenburgischen Ministerium fĂźr Infrastruktur und Landesplanung begrĂźĂ&#x;t. Genilke ist seit Juni 2020 auch Vorsitzender des Aufsichtsrats der Verkehrsverbunds BerlinBrandenburg, der in der Region den Ăśffentlichen Personenverkehr organisiert und bestellt. Er sah sich der Forderung gegenĂźber, dass Berlin und Brandenburg die Vorplanung der Ostbahn im Voraus finanzieren sollten. Genilke zeigte sich offen fĂźr diesen Vorschlag, machte jedoch keine feste Zusage. Die polnischen Gemeinden wurden von Santok vertreten, das heute wahrscheinlich der wichtigste Verfechter der Ostbahn unter den Gemeinden auf polnischer Seite ist. Der stellvertretende Marschall der Wojewodschaft Lubuskie Tadeusz JÄ™drzejczak hielt eine UnterstĂźtzer-Rede. Unter anderem werden dank ihm bereits Pläne zur Elektrifizierung der Ostbahn auf polnischer Seite umgesetzt. Im Gegensatz zu Deutschland

haben polnische Wojewodschaften grĂśĂ&#x;ere MĂśglichkeiten, die Verwendung von EUMitteln fĂźr die Eisenbahninfrastruktur zu beeinflussen. „Wir bedauern das sehr, dass wir jetzt wieder mal auf deutscher Seite hinterherhinken hinter den Entwicklungen, die in Polen stattfinden“, erläuterte dazu dem Hanse Medien-Verlag IHK-Vertreter Radzimanowski. „Dort gibt es die Entscheidung, die Strecke weiter zu ertĂźchtigen, zu elektrifizieren. Das brauchen wir natĂźrlich auch fĂźr den deutschen Abschnitt, und insofern kĂśnnen wir nicht warten bis zum nächsten Bundesverkehrswegeplan, sondern es muss jetzt unmittelbar mit der Planung des Ausbaus begonnen werden, damit wir hier auf absehbare Zeit auch wirklich Verbesserungen im Personenverkehr, aber auch fĂźr den GĂźterverkehr anbieten kĂśnnen. Hier wĂźrden wir uns wĂźnschen, dass das Land Brandenburg, auch gerne gemeinsam mit dem Land Berlin, ein bisschen in die Vorleistung geht, fĂźr den Bund die Planung vorfinanziert, ähnlich wie es ja geglĂźckt ist bei der Strecke Berlin — Anger-

mĂźnde — Stettin. Einfach, um da dem Bund und der DB sozusagen hilfreich unter die Arme zu greifen, zu sagen Okay, wir verlieren nicht noch weitere Jahre, bis es dann noch zum Ausbau kommen kann, sondern wir setzen jetzt ein Signal, dass es auch fĂźr die Region ein wichtiges Infrastrukturprojekt ist. Und deshalb nehmen wir das Geld gerne in die Hand und gehen in Vorleistung.“ Die Sonderfahrt der Berliner SPD fand auf der Strecke Berlin-Kietz-GorzĂłw Wlkp. (Landberg a.d.Warthe)-Santok-Ĺ agĂłw und zurĂźck statt. Gefahren wurde mit einem zweiteiligen Dieseltriebzug Marke LINK aus dem PESA-Werk im polnischen Bydgoszcz (Bromberg), der dem Berliner Regionalverkehrsunternehmen Niederbarnimer Eisenbahn NEB gehĂśrt. Auf polnischer Seite saĂ&#x; ein FahrzeugfĂźhrer des Bahnunternehmens POLREGIO am Fahrerpult. Bei der Ăœberfahrt Ăźber die Oder von Deutschland nach Polen von Kietz nach Kostrzyn wurde daran erinnert, dass ab Dezember dieses Jahres die erneuerungsbedĂźrftige alte OderbrĂźcke durch eine neue


I N D U S T R I E & I N F R A S T RU KT U R

Netzwerkbogenbrücke mit einer Länge von 130 m und Vorfluter-Überführungen ersetzt wird. Die neuen Eisenbahnbrücken werden insgesamt 50 Millionen Euro kosten. Gemäß zwischenstaatlichen Verträgen werden die Renovierung oder der Bau einer neuen Brücke, welche die beiden Länder verbindet, abwechselnd von Polen und von Deutschland bezahlt. Der letzte Bau dieser Art wurde von Polen finanziert, daher werden die Kosten des Projekts diesmal aus dem deutschen Haushalt gedeckt. Der Bau soll 2022 abgeschlossen sein. DEUTSCH-POLNISCHES OSTBAHN-MEMORANDUM ERFÜLLEN Die Reise hatte für die SPD Berlin der Verkehrsexperte Dr. Jürgen Murach organisiert. Er berichtete dem Hanse Medien-Verlag: „Genau vor einem Jahr haben die damalige Verkehrsministerin Frau Schneider aus Brandenburg und die Verkehrssenatorin aus Berlin, Frau Günther, zusammen mit dem Marschall der Wojewodschaft Lubuskie ein Memorandum unterzeichnet, das man initiativ werden will für die Modernisierung zweier Strecken. Das eine ist die Ostbahn, und das zweite ist die Strecke von Cottbus über Guben nach Zielona Góra. Auf polnischer Seite hat sich schon einiges getan. Deshalb wollen wir da noch einmal daran erinnern, dass auf deutscher Seite Handlungsbedarf ist.“ Laut Dr. Murach gibt es auf dem deutschen Abschnitt der Ostbahn von Berlin bis Kietz derzeit 34 Personenzüge am Tag, die auch in der Berufsverkehrsspitze sehr gut belegt sind mit Pendlern. Dabei zeige sich, dass die Eingleisigkeit einen stabilen Betrieb behindert. So waren zunächst die Züge, die von der NEB organisiert werden, bis zum Bahnhof Berlin-Ostkreuz durchgefahren. Doch das musste größtenteils wieder aufgegeben werden, weil die Störanfälligkeit durch Eingleisigkeit und Gleiskreuzungen sehr hoch sei. Jetzt ist wieder Fahrtschluss in Berlin-Lichtenberg.

ENGPASS BAHNSTRECKE BERLINFRANKFURT/O. Dr. Murach: „Und wir sehen natürlich einen zweiten Engpass auf uns zukommen. Die Frankfurter Bahn ist schon ziemlich voll. Wir wollen den 20-Minuten-Takt im Personenverkehr einführen 2022 von Frankfurt/ Oder nach Berlin. Und es kommen sehr viele große Container-Zuwächse aus Polen, von der Seidenstraße. Wenn 2026 die Rail Baltica fertig sein wird, wird es noch mehr Güterverkehr werden. Eine Prognose besagt, dann

wird es täglich 14 Container-Züge zusätzlich geben. Das heißt, wenn wir nicht die Ostbahn als Entlastungsstrecke haben werden, wird auch die Frankfurter Bahn völlig überlastet sein. Es gibt ein Gutachten, das zeigt auf, dass dann sogar die Eurocity-Züge nur mit niedriger Geschwindigkeit fahren können, damit die Kapazität der Strecke beibehalten werden kann.“

Hermann Schmidtendorf Redaktion bahn manager

11.12.2020: DIE OSTBAHN IN DER „EISENBAHN-ROMANTIK“ Am 11. Dezember 2020 sendet das SWR-Fernsehen von 14.15 bis 14.45 Uhr die 1005. Folge des erfolgreichsten Eisenbahn-TV-Programms deutscher Sprache „Eisenbahn-Romantik“. Das Thema lautet „Die Ostbahn – Von Berlin in Richtung Masuren“. Hanse Medien-Verlag-Chefredakteur Hermann Schmidtendorf konnte an der Entstehung des Films mitwirken. Er gibt an mehreren Stellen Erläuterungen zu der Bahnstrecke, trifft sich mit dem Referenten der IHK Ost-Brandenburg Guido Noack und dem langjährigen Stadtdirektor von Gorzów / Landsberg an der Warthe Jacek Jeremicz, die ebenfalls in dem Film auftreten. So finden die Bemühungen um den Ausbau dieser wichtigen Bahnstrecke auch ihren Ausdruck in dem Film für Bahnfreunde. Zu sehen sein werden unter anderem Aufnahmen von der Ostbahn aus Malbork/Marienburg, Bydgoszcz/Bromberg mit einem Werksbesuch beim Bahnhersteller PESA, Piła/Schneidemühl, die Schmalspurbahn von Białośliwie/Weißenhöhe, Kostrzyn, Kietz-Küstrin und Seelow. Autor und Produzent des Films ist Michael Mattig-Gerlach. hmv

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ALLIANZ PRO SCHIENE: DEUTSCHE EINHEIT AUCH AUF DER SCHIENE VERWIRKLICHEN

30 JAHRE NACH DER DEUTSCHEN WIEDERVEREINIGUNG IST DIE DEUTSCHE TEILUNG IM SCHIENENNETZ IMMER NOCH PRÄSENT, ERINNERT DIE ALLIANZ PRO SCHIENE UND FORDERT DEN LÜCKENSCHLUSS AM BEISPIEL VON VIER AUSGEWÄHLTEN BAHNSTRECKEN.

kehrsbündnis Allianz pro Schiene, auch kamen bedeutende Neubaustrecken hinzu. Doch von 40 durch die deutsch-deutsche Teilung stillgelegten Eisenbahnstrecken gingen bis heute nur sieben wieder in Betrieb, Strecken in und um Berlin nicht mitgerechnet. „Nicht bei jeder vor langer Zeit stillgelegten Eisenbahnstrecke ist es dringlich oder überhaupt sinnvoll, die Verbindung wieder in Betrieb zu nehmen“, räumt Dirk Flege vorsorglich ein. Doch der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene ist sich sicher: Eine Reihe der damals getrennten Bahnstrecken wird benötigt und sollte deshalb schnellstmöglich reaktiviert werden, „um auf den Gleisen 30 Jahre nach der Einheit die Folgen der Teilung zu überwinden“. Die Allianz verweist beispielhaft auf vier Bahnverbindungen, deren sofortige Reaktivierung sinnvoll ist. Erstes Beispiel ist die nur sechs Kilometer lange Lücke zwischen Blankenstein in Thüringen und dem bayerischen Marxgrün. Die Region bekäme mit dem Comeback der Höllentalbahn eine massive Entlastung vom Lkw-Verkehr. Eine große Papierfabrik in Blankenstein hat wiederholt ihr Interesse an der Reaktivierung angemeldet, berichtet die Allianz. Und: Im Personenverkehr würde wieder eine direkte Verbindung zwischen Saalfeld und Hof möglich. Weiteres wichtiges Beispiel eines nötigen Lückenschlusses zwischen Thüringen und Bay-

Der Pkw der deutschen Einheit ist der Trabbi. Mit ihm strömten DDR-Bewohner*innen massenhaft gen Westen, als sich die Mauer öffnete. Den „Mauerdurchbruch“ mit einem TrabantAuto nahm damals die Künstlerin Birgit Kindler wörtlich. Sie malte ihn großformatig auf Mauerstücke der Berliner „East Side Gallery“. Der in Berlin lebende Zahnarzt Dr. Ludwik Wasecki kaufte sich einen Trabbi und Berliner Mauerstücke. Auf einer Wiese bei Wrocław/ Breslau stellte er die Gemäldeszene „live“ eins zu eins nach. Natürlich war der Trabbi hinten plastegrau und vorne gülden eingefärbt — schließlich sollte ja so die Zukunft werden. Doch grau ist die Einschätzung teilweise auch 30 Jahre nach erfolgter Einheit noch — zumindest beim deutschen Schienennetz. Zwar wurden nach 1990 wichtige Hauptstrecken zwischen Ost und West ausgebaut und modernisiert, unterstreicht das gemeinnützige Ver-

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FOTO: HERMANN SCHMIDTENDORF

0it deP Trabbi durch die 0auer! DRch fßr deQ gSchieQeQ Durchbruchv fehOeQ QRch die VerbiQduQgsgOeise

ern ist die Verbindung Eisfeld — Coburg. Für die Reisenden und die Wirtschaft im südlichen Thüringen brächte die Reaktivierung der Strecke den großen Vorteil, dass sie eine direkte Anbindung an den ICE-Bahnhof Coburg bekämen. Diese Strecke ist daher im Zielfahrplan Deutschlandtakt 2030 enthalten. Im Süden Berlins wachsen Deutschlands Hauptstadt und ihr Brandenburger Umland immer mehr zusammen. Daher wird die Reaktivierung der alten „Potsdamer Stammbahn“ Potsdam-Griebnitzsee — Berlin Potsdamer Platz für die Entlastung der Berli-

ner Stadtbahn dringend gebraucht, ist sich die Allianz pro Schiene sicher. Diese Strecke ist ebenfalls im Zielfahrplan Deutschlandtakt 2030 enthalten. Es wird also Zeit, mit den Planungen konkret zu werden! Im Norden Berlins warten die Menschen ebenfalls seit der Wiedervereinigung auf die Wiederbelebung einer alten Verbindung. Die Strecke von Basdorf/Abzweig Schönwalde bis Berlin-Wilhelmsruh und weiter nach Berlin Gesundbrunnen wurde durch den Mauerbau 1961 unterbrochen. In den 30 Jahren seit dem Mauerfall ist es nicht

gelungen, die nur einen Kilometer lange Lücke im Schienennetz zu schließen. Dabei ist der Bedarf immens, wie die Pendlerströme zwischen Brandenburg und Berlin und der intensive Ausflugsverkehr zeigen. Immerhin: Inzwischen laufen hier die Planungen für die Wiederinbetriebnahme, und Ende 2020 soll es den ersten Spatenstich geben. (hfs)

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-eder SchieQeQfreuQd ist eiQ BahQfreuQd" 0ag seiQ – aber Qur sROaQge er NeiQe Ã&#x;berhÙhteQ Preise fRrdert!

2011 STELLTE DIE DEUTSCHE STAATSANWALTSCHAFT FEST, DASS ZEHN DER WICHTIGSTEN EISENBAHNHERSTELLER JAHRELANG SCHIENEN ZU ÃœBERHÖHTEN PREISEN VERKAUFT HATTEN. DAS ILLEGALE KARTELL OPERIERTE UNTER DEM KRYPTONYM „SCHIENENFREUNDE“. DOCH ES WAREN NUR FREUNDE DES ERBEUTETEN GELDES. Alleine 2006 soll die Deutsche Bahn aufgrund überhöhter Preise rund 100 Millionen Euro zu viel für Schienen bezahlt haben, insgesamt wurde der Schaden auf etwa 300 Millionen Euro summiert — und die DB war ja nur einer der geschädigten Kunden. Zumindest von 2006 bis 2011, so stellten es Gerichte fest, wahrscheinlich aber wohl schon seit 1998 unterliefen 14 Stahlmanager mit selbstgegebenen Decknamen wie „Domina“ und „Hannibal Lecter“ den Wettbewerb. Direkte Selbstbereicherung fand

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FOTO: PIXABAY

KARTELLE: ERST SCHIENENFREUNDE, JETZT FLACHSTAHLFREUNDE


wohl nicht statt, doch die Herren pflegten einen ausschweifenden Lebensstil. Klandestine Zusammenkünfte fanden in der Duisburger Pizzeria „Da Bruno“ statt, die durch Mafia-Schießereien bekannt wurde, aber auch in dem Berliner Etablissement „Bel Ami“. Alleine die Manager eines der Geheimbündler reichten bei ihrem Unternehmen Spesenrechnungen für Champagner zum Flaschenpreis von 250 Euro ein, die sich mit weiteren Dienstleistungen auf über 100.000 Euro summierten und zunächst offenbar durchgewunken wurden. Der Deal kam ans Licht, als der indische Konzern Arcelor-Mittal 2008 den Stahlhersteller Huta Katowice kaufte und Schienen anbot, die bis zu 35 Prozent billiger waren als die von Thyssen-Krupp, Voest Alpine und Kollegen. Das Bundeskartellamt verhängte in einem Verfahren über vier deutsche Unternehmen Bußgelder von über 124 Millionen Euro, die Unternehmen mussten den entstandenen Schaden ersetzen. Doch die Buße hielt wohl nicht lange. Das Bundeskartellamt verhängte im Dezember 2019 gegen vier Flachstahlhersteller wegen Preisabsprachen bei Quartoblechen in Deutschland Bußgelder in Höhe von insgesamt 646 Millionen Euro. Darüber informierte den bahn manager die auf private Kartellschadensregulierung spezialisierte Anwaltskanzlei Hausfeld (Berlin/Düsseldorf). Offenbar fiel dieses Mal auch eine Tochter von Arcelor-Mittal negativ auf — das Stahlmetier scheint zu verlockend zu sein, um stets eine strahlend weiße Weste zu tragen. Die Höhe der Bußgelder, so Hausfeld, lässt auf erhebliche Volumina der betroffenen Quartobleche schließen. Außerdem habe das Bundeskartellamt im Juli 2018 und im Januar 2019 gegen sieben Edelstahlhersteller, zwei Verbände und mehrere Einzelpersonen Geldbußen in Höhe von insgesamt etwa 290 Millionen Euro wegen Preisabsprachen und des Austausches wettbewerblich sensibler Informationen verhängt. Gegen weitere Unternehmen dauern die Ermittlungen an. Die Edelstahlhersteller hatten von mindestens 2004 bis längstens November 2015 Kartellabsprachen zu StahlLangerzeugnissen der Produktgruppen Edelbaustahl,

Werkzeug- und Schnellarbeitsstahl sowie RSH-Stahl getroffen. Laut einer Studie führender Wirtschaftswissenschaftler im Auftrag der Europäischen Kommission („Oxera-Studie“) liegt die durchschnittliche kartellbedingte Preisüberhöhung bei ungefähr 18 bis 20 Prozent des Kartellpreises. Diese kartellbedingte Preisüberhöhung kann den Marktpreis auch solcher Anbieter verfälschen, die selbst nicht Teil des Kartells waren — für versierte Wirtschafts- und Anwaltskanzleien bieten sich viele Ansätze, um Mandanten zum Schadensersatz zu verhelfen. Denn die Feststellungen des Bundeskartellamts zu Kartellen sind für Zivilgerichte bindend und können von den Stahlherstellern nicht bestritten werden. Geschädigte Unternehmen müssen den ihnen entstandenen Schaden allerdings selbst ermitteln und nachweisen. Die Kanzlei Hausfeld rät möglicherweise betroffenen Unternehmen, sich ausführlich zu informieren und gegebenenfalls eine Zivilklage zu prüfen. Denn für die ältesten Vorkommnisse des Kartellzeitraums droht bald die Verjährung. (hfs)

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VERBÄNDE LOBEN BERLINER ERKLÄRUNG DER EU-VERKEHRSMINISTER UND FORDERN MEHR AM 21. SEPTEMBER 2020 HATTE BUNDESVERKEHRSMINISTER ANDREAS SCHEUER IM RAHMEN DER DEUTSCHEN EU-RATSPRÄSIDENTSCHAFT SEINE EU-KOLLEGEN ZU BERATUNGEN NACH BERLIN EINGELADEN (VIRTUELL WEGEN CORONA). DIE DABEI VERABSCHIEDETE „BERLINER ERKLÄRUNG“ FAND DAS LOB DER BAHNVERBÄNDE, DOCH DER DRUCK ZU KONKRETEN WEITEREN REGIERUNGSBESCHLÜSSEN LÄSST NICHT NACH. Zum Abschluss der Pressekonferenz blitzte sein spitzbübisches Lächeln kurz auf, als Verkehrsminister Scheuer summierte: „Das war echt ein guter Schienengipfel mit auch Nachhaltigkeit!“ Die Erwartungen der Bahnbranche waren hoch, die Forderungen konkret. Die Idee, interministeriell die Förderung des Schienengüterverkehrs zu erklären, war 2016 aufgekommen. Damals verabschiedeten die Verkehrsminister der EU-Mitgliedstaaten, der Schweiz und Norwegens die Rotterdamer Ministererklärung über „Schienengüterverkehrskorridore zur Förderung des grenzüberschreitenden Schienengüterverkehrs“. Zwei

Jahre später erneuerte unter der österreichischen Ratspräsidentschaft die Wiener Erklärung „Fortschritt bei der Förderung des Schienengüterverkehrs“ diese Festlegung. So war es für Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer Ehrensache, unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft seinerseits eine „Berliner Erklärung“ beschließen zu lassen. „In ihren Grünen Deal hat die Europäische Kommission den Güterverkehr als eine der obersten Prioritäten aufgenommen, da die Schiene einer der umweltfreundlichsten Verkehrsträger ist“ — mit dieser Feststellung geben die europäischen Verkehrsminister die Richtung vor. Ein wirksamer Lärmschutz sowie die Digitalisierung der Prozesse vor allem auch in der Infrastruktur leiste einen „wesentlichen Beitrag zur weiteren Verbesserung des Umweltvorteils des Schienengüterverkehrs“ und zur „effizienteren Nutzung“ der Investitionen. „Wir, die Verkehrsminister, wollen den grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr fördern und die Schienengüterverkehrskorridore weiter stärken“ — das ist im Weiteren ein Schlüsselsatz der Berliner Erklärung. Dazu gehöre die „Möglichkeit, Züge mit einer Länge von 740 Metern im Kernnetz zu betreiben“. Ein wenig verklausuliert wird ein abgestimmtes Vorgehen auf EU- und nationaler Ebene bei der „Förderung des Einbaus von ETCS-

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Fahrzeugausrüstung“ angekündigt — „unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel sowie der Notwendigkeit, die wirtschaftliche Tragfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Verkehrsträgern zu bewahren“. Will sagen, es wird wohl eine Bezuschussung geben, doch Details bleiben auszuarbeiten. Ähnlich sieht es beim von der Branche am sehnlichsten erwarteten Thema der Digitalen Automatischen Kupplung DAK aus. Hier heißt es, die Minister „betrachten die Umsetzung der digitalen automatischen Kupplung, der automatischen Zugvorbereitung und anderer digitaler Plattformen als eine der Hauptprioritäten und beabsichtigen, uns diesbezüglich bis 2022 auf eine gesamteuropäische Strategie zu einigen, die gemeinsame Normen sowie die Aufteilung etwaiger Lasten vorsieht“. Das ist erfreulich konkret und lässt hoffen, dass dann auch Beschlüsse zur Ko-Finanzierung dieses strategischen Schlüsselprojekts für einen leistungsfähigen Schienengüterverkehr folgen werden. Das deutsche Verkehrsministerium unterstreicht, dass es schon ganz im Geiste dieser Erklärung „ein Forschungsprojekt gestartet und mit 13 Millionen Euro gefördert“ habe, den „DAK-Demonstrator“. Dabei werden verschiedene Systeme in der Praxis getestet. Die Allianz pro Schiene und der bahnpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion Matthias Gastel begrüßten die Festlegungen der „Berliner Erklärung“ zur DAK. Allianz-Geschäftsführer Dirk Flege: „Eine große Chance für den Schienengüterverkehr in ganz Europa“. MdB Gastel: „Den heutigen Ankündigungen der Verkehrsminister müssen jetzt zügig konkrete verkehrspolitische Maßnahmen folgen.“ Prinzipiell begrüßt wird auch die Vorstellung durch Minister Scheuer eines Konzepts „TEE 2.0 — Grenzüberschreitender Hochgeschwindigkeits- und Nachtverkehr auf der Schiene für den Klimaschutz“. Das Konzept wurde durch die Geschäftsstelle des Beauftragten der Bundesregierung für den Schienenverkehr (GS-BSV) MdB Enak Ferlemann unter Beteiligung mehrerer Hochschulen und Verkehrsplanungs-Institute erarbeitet und sieht den Aufbau europaweiter harmonisierter Hochgeschwindigkeits-Zugverbindungen zu Tages- und Nachtzeiten vor. Dieses Konzept soll in den Deutschlandtakt des deutschen Bahnsystems integriert werden. Auch hier erwartet Dirk Flege von der Allianz pro Schiene weitergehende Schritte: „Fliegen muss deutlich teurer werden, damit Fern- und Nachtzüge durch Europa eine Chance haben.“ Wie Grünen-MdB Gastel fordert die Allianz pro Schiene eine Gleichbehandlung von interna-

tionalen Flügen und Bahnfahrten bei der Mehrwertsteuer. Gastel spricht auch die weiterhin vorhandene Subventionierung von Kerosin für den Flugverkehr an, die „fairen Wettbewerbsbedingungen“ für den Schienenverkehr entgegenstehe. Nach Meinung Gastels müsse sich Deutschland durch beschleunigten Schienenbau für grenzüberschreitende Zugverbindungen einsetzen: „Während die Schweiz den Ausbau der Gotthardachse für mehr Güterverkehr und schnelle Züge in diesem Jahr vollendet, dauern in Deutschland die Bauarbeiten an der Zulaufstrecke am Oberrhein noch über das Jahr 2035 hinaus. Die Verbindungen nach Polen fristen auch 30 Jahre nach Öffnung der Grenzen ein Schattendasein, so dass die Fahrzeiten unter dem Niveau liegen, das vor 80 Jahren erreicht wurde.“ Auch für konkrete europäische Zugrelationen dürfe eine staatliche Bezuschussung kein Tabu sein: „Während die Regierungen von Schweden und Dänemark aktuell die neuen Nachtzugverbindungen Stockholm — Hamburg und Malmö — Köln — Brüssel mit einer Anschubfinanzierung ins Rollen bringen, sitzt die Bundesregierung mit Andreas Scheuer im Bremserhaus und lehnt jede Unterstützung dieser wichtigen Verbindungen ab.“ Auch an anderen Fronten der Bahnpolitik äußern Verbände Forderungen. Die durch die Deutsche Bahn angekündigte Ausweitung des Angebots im Fernverkehr zur Gewährleistung von Corona-Schutzabständen in den Zügen, obwohl es weniger Nachfrage gibt, betrachtet das Bündnis für fairen Wettbewerb im Schienenpersonenverkehr mofair als einen „impliziten Verkehrsvertrag zwischen dem Bund und dem Staatsunternehmen Deutsche Bahn AG“. „Der Bund fordert angesichts der Pandemie, dass das Angebot ausgeweitet wird,“ sagte mofair-Präsident Christian Schreyer. „Das geht rechtlich sauber nur über eine Notvergabe der Leistungen an die DB Fernverkehr. Im Gegenzug müssen die Kosten transparent gemacht werden.“ Dass die DB Fernverkehr gemeinwirtschaftliche Leistungen erbringt, sei spätestens jetzt nicht mehr zu bestreiten. Wie derzeit in Österreich praktiziert müsse sich die deutsche Bundesregierung aber legal verhalten. Schreyer: „Eine Notvergabe ist die einzige nach EU-Recht vorgesehene Möglichkeit, einem Eisenbahnverkehrsunternehmen Geld für gemeinwirtschaftlich notwendige Leistungen zukommen zu lassen. Mindestens gemäß ihrem bisherigen Marktanteil müssen auch die anderen Fernverkehrsanbieter auf der Schiene berücksichtigt werden.“


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kehrsminister müssen jetzt zügig konkrete verkehrspolitische Maßnahmen folgen.“ Prinzipiell begrüßt wird auch die Vorstellung durch Minister Scheuer eines Konzepts „TEE 2.0 — Grenzüberschreitender Hochgeschwindigkeits- und Nachtverkehr auf der Schiene für den Klimaschutz“. Das Konzept wurde durch die Geschäftsstelle des Beauftragten der Bundesregierung für den Schienenverkehr (GS-BSV) MdB Enak Ferlemann unter Beteiligung mehrerer Hochschulen und Verkehrsplanungs-Institute erarbeitet und sieht den Aufbau europaweiter harmonisierter Hochgeschwindigkeits-Zugverbindungen zu Tages- und Nachtzeiten vor. Dieses Konzept soll in den Deutschlandtakt des deutschen Bahnsystems integriert werden. Auch hier erwartet Dirk Flege von der Allianz pro Schiene weitergehende Schritte: „Fliegen muss deutlich teurer werden, damit Fern- und Nachtzüge durch Europa eine Chance haben.“ Wie Grünen-MdB Gastel fordert die Allianz pro Schiene eine Gleichbehandlung von internationalen Flügen und Bahnfahrten bei der Mehrwertsteuer. Gastel spricht auch die weiterhin vorhandene Subventionierung von Kerosin für den Flugverkehr an, die „fairen Wettbewerbsbedingungen“ für den Schienenverkehr entgegenstehe. Nach Meinung Gastels müsse sich Deutschland durch beschleunigten Schienenbau für grenzüberschreitende Zugverbindungen einsetzen: „Während die Schweiz den Ausbau der Gotthardachse für mehr Güterverkehr und schnelle Züge in diesem Jahr vollendet, dauern in Deutschland die Bauarbeiten an der Zulaufstrecke am Oberrhein noch über das Jahr 2035 hinaus. Die Verbin-

dungen nach Polen fristen auch 30 Jahre nach Öffnung der Grenzen ein Schattendasein, so dass die Fahrzeiten unter dem Niveau liegen, das vor 80 Jahren erreicht wurde.“ Auch für konkrete europäische Zugrelationen dürfe eine staatliche Bezuschussung kein Tabu sein: „Während die Regierungen von Schweden und Dänemark aktuell die neuen Nachtzugverbindungen Stockholm — Hamburg und Malmö — Köln — Brüssel mit einer Anschubfinanzierung ins Rollen bringen, sitzt die Bundesregierung mit Andreas Scheuer im Bremserhaus und lehnt jede Unterstützung dieser wichtigen Verbindungen ab.“ Auch an anderen Fronten der Bahnpolitik äußern Verbände Forderungen. Die durch die Deutsche Bahn angekündigte Ausweitung des Angebots im Fernverkehr zur Gewährleistung von Corona-Schutzabständen in den Zügen, obwohl es weniger Nachfrage gibt, betrachtet das Bündnis für fairen Wettbewerb im Schienenpersonenverkehr mofair als einen „impliziten Verkehrsvertrag zwischen dem Bund und dem Staatsunternehmen Deutsche Bahn AG“. „Der Bund fordert angesichts der Pandemie, dass das Angebot ausgeweitet wird,“ sagte mofair-Präsident Christian Schreyer. „Das geht rechtlich sauber nur über eine Notvergabe der Leistungen an die DB Fernverkehr. Im Gegenzug müssen die Kosten transparent gemacht werden.“ Dass die DB Fernverkehr gemeinwirtschaftliche Leistungen erbringt, sei spätestens jetzt nicht mehr zu bestreiten. Wie derzeit in Österreich praktiziert müsse sich die deutsche Bundesregierung aber legal verhalten. Schreyer: „Eine Notvergabe ist die einzige nach EU-Recht

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FOTO: PIXABAY / HANSE-MEDIEN VERLAG

vorgesehene Möglichkeit, einem Eisenbahnverkehrsunternehmen Geld für gemeinwirtschaftlich notwendige Leistungen zukommen zu lassen. Mindestens gemäß ihrem bisherigen Marktanteil müssen auch die anderen Fernverkehrsanbieter auf der Schiene berücksichtigt werden.“ Kritisch sieht mofair auch andere Formen öffentlicher Stützung der DB: „Eine Eigenkapitalaufstockung zum Ausgleich von Unternehmensverlusten, die aufgrund der Übernahme von Leistungen, die ohne Gewinnaussicht im öffentlichen Interesse erbracht werden, ist grundsätzlich der falsche Weg. Daher kann die EU-Kommission einer Eigenkapitalerhöhung für diesen Zweck nicht zustimmen. Die Bundesregierung weiß dieses und hat daher bislang den Antrag zur Notifizierung dieser staatlichen Beihilfe noch nicht einmal gestellt, weil sie wettbewerbsschützende Auflagen fürchtet.“ Im Gegensatz dazu hält dies die Allianz pro Schiene für „notwendig und richtig, um die massiven CoronaSchäden auszugleichen“. Allerdings bemängelt das Verkehrsbündnis, dass diese Kompensation nicht an alle Unternehmen der Branche geht. Denn auch die Wettbewerbsbahnen ständen durch den massiven ökonomischen Einbruch schwer unter Druck. Geschäftsführer Flege: „Eine weitere Trassenpreissenkung bleibt angesichts der schwerwiegenden Corona-Lasten auf der Tagesordnung. Sie käme dem gesamten Schienensektor zugute. Das ist gerade in diesen schweren Zeiten überfällig.“ Lob erhielt zugleich der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags für Korrekturen an der Regierungsvorlage des Bundeshaushalts. Zu den hilfreichen Korrekturen des Regierungsentwurfs durch die Abgeordneten zählt die Schienenallianz eine zusätzliche Ermäßigung der Anlagenpreise in Rangierbahnhöfen. Diese Förderung wurde von 40 Millionen auf 80 Millionen Euro aufgestockt. „Ein kleiner, aber wichtiger Schritt, um den Schienengüterverkehr in der Konkurrenz mit besonders klimaschädlichen Verkehrsträgern zu stärken“, betonte Flege. Dazu passe auch die Reduzierung der umweltpolitisch äußerst fragwürdigen staatlichen Subvention für Gas-Lkw. Hier hat der Haushaltsausschuss die Streichung der Kaufprämien durchgesetzt. „Aus der Dreifach-Subventionierung durch Kaufprämien, Energiesteuer-Nachlass und Maut-Begünstigungen wird eine Zweifach-Subventionierung“, so Flege. „Immerhin ein erster Schritt hin zu mehr Vernunft bei den staatlichen Verkehrssubventionen.“ Auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Torsten

Herbst, Obmann im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur, pocht auf eine weitere Absenkung der Trassenzugangskosten: „Anstatt allein der Deutschen Bahn AG mit Milliarden-Subventionen zu helfen, sollten diese Mittel für eine befristete Senkung der Trassenpreise eingesetzt werden. Eine solche wettbewerbsneutrale Unterstützung des Schienenverkehrs für alle Eisenbahnunternehmen wäre nicht nur gerechter, sie ließe sich vor allem viel schneller umsetzen. Denn bis heute ist vollkommen unklar, ob und wann die Europäische Kommission die Beihilfe für die Deutsche Bahn AG genehmigt.“ Nicht zuletzt könne durch eine Trassenpreissenkung auch vermieden werden, dass mit dem Geld Finanzlöcher der DB AG gestopft werden, die bereits lange vor Beginn der Corona-Pandemie existierten. Corona-Hilfen auf gleichem Niveau wie für den bundeseigenen Mitbewerber DB Cargo fordert von der deutschen Bundesregierung das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE). NEE-Vorstandsvorsitzender Ludolf Kerkeling: „Wir liefern — auch in der Krise. Dafür erwarten wir mehr als warme Worte von der Politik und eine deutlich stärkere Kundenorientierung unseres wichtigsten Dienstleisters, der DB Netz AG.“ Mit einem stetig wachsenden Marktanteil von mittlerweile deutlich mehr als 50 Prozent „halten wir es für überfällig, dass die nicht zur DB gehörenden Eisenbahnverkehrsunternehmen (…) im Aufsichtsrat vor allem der DB Netz AG eine Vertretung erhalten.“ argumentierte der Verband bereits im Dezember 2018 in einem Schreiben unter anderem an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und den Vorsitzenden des Aufsichtsrats der DB Netz AG, Ronald Pofalla, das aber unbeantwortet blieb. Jetzt wiederholt das Netzwerk — es will in den Aufsichtsrat des deutschen Infrastrukturbetreibers.

HERMANN F. SCHMIDTENDORF Chefredakteur beim Hanse-Medien Verlag.


B A H N M A R KT E U RO PA

WeibOiche S1CF AQQe SRphie 1RPbORt Oeitet das FraueQ 1et]werN der StaatsbahQ

UNBEDARFTE MÖGEN SICH FRAGEN: WEIBLICHE SNCF, WAS SOLL DAS. DÜRFEN DENN FRAUEN NORMALERWEISE NICHT MIT ZÜGEN DER FRANZÖSISCHEN STAATSBAHN FAHREN? Ein Missverständnis — die Rede ist von einem Frauennetzwerk innerhalb der SNCF. Und das bekam eine neue Chefin, die jetzt auch verstärkt pro-feminine Männer sucht. Auf Französisch heißt das Netzwerk „SNCF au Féminin“. Die bahninterne SNCF-Zeitung Les Infos berichtete, dass an der Spitze zum 1. Oktober 2020 Francesca Aceto durch die 39-jährige Anne-Sophie Nomblot ersetzt wurde. Die neue „Féminin“-Chefin ist Absolventin der Wirtschaftskaderschmiede Edhec und SNCF-Mitarbeiterin seit 2008. Seit seiner Gründung 2012 engagiert sich Anne-Sophie Nomblot in dem weiblichen Unternehmensnetzwerk der SNCF, das etwa 8.500 Menschen umfasst, davon 17 Prozent Männer. Seit 2018 ist sie auch „Botschafterin“ — Leiterin einer der regionalen Ortsgruppen.

Formell bezeichnet sich „SNCF au Féminin“ als das „gemischte Netzwerk der SNCFGruppe“ sowie „eines der führenden weiblichen Unternehmensnetzwerke in Frankreich“: „Das Netzwerk ist in allen Geschäftsbereichen, Niederlassungen und zahlreichen Tochtergesellschaften der SNCF präsent und steht allen Mitarbeitern, Frauen und Männern der SNCF-Gruppe offen. Es bringt diejenigen zusammen, die sich für die Förderung der Geschlechtervielfalt einsetzen und damit Veränderung, Innovation und die Werte des sozialen Fortschritts in den Dienst der Leistung der SNCF-Gruppe stellen.“ Als wichtig wird betont, dass die „femininen“ SNCF-Gruppen außerhalb eines hierarchischen Organisationssystems agieren und sich an den Kriterien Solidarität und gegenseitige Hilfe, Mut und Vertrauen orientieren. Gruppen-Mitglieder sollen „legitimer, selbstbewusster und entschlossener sein, ihre berufliche Laufbahn voranzutreiben“. Diesem Ziel dient ein seit 2013 betriebenes Mentoring-Programm, das in dieser Zeit etwa 400 Frauen und Männer mit offenbar hoher Zufriedenheitsrate auf beiden Seiten durchliefen. Vertrauen betrifft auch die Strukturen des eigenen Unternehmens. Dazu gehört, bei Treffen sowie auf den eigenen Webseiten Erfahrungen und Hintergründe auszutauschen und Verbindungen zwischen allen Einheiten der SNCF-Gruppe herzustellen. Spezielle „SNCF au Féminin Think Tanks“ haben über sieben Jahre hinweg über 30 Projekte entwickelt, mit denen sie nach eigenem Bekunden zur Innovation des Unternehmens beitragen wollen. Gefördert wird seit 2017 die „Intrapreneurship“, das Verhalten der Mitarbeiter*innen als innerbetriebliche kreative, teamorientierte Unternehmer*innen mit Führungsqualitäten. Ale ers-

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tes konkretes Ergebnis wurde „ La Boutique Eco“ gegründet. Hier war die neue „SNCF Féminin“-Chefin Anne-Sophie Nomblot zu ihrer Zeit als Entwicklungsmanagerin bei SNCF Gares & Connexions bereits aktiv involviert. La Boutique Eco, das ist eine recht spezifische Adaptation von „Amazon-Second Hand-Kleinanzeigen“, gemünzt auf unternehmensinterne Belange. Über eine eigene Webseite können sich Abteilungen der SNCF registrieren und bei sich überflüssige gebrauchte Gegenstände anbieten oder auch von anderen Dienststellen erwerben. Der Wert sollte 500 Euro nicht überschreiten, sonst sind spezielle Formulare auszufüllen. Die abgebenden Bahnstellen können ihre überflüssigen Güter den anderen Dienststellen spenden oder verkaufen. Um den EU-Regeln des Verbots von Überkreuz-Verbindungen zu entsprechen, dürfen keine Händel zwischen Teilen der Infrastruktur und des Fahrbetriebs vermittelt werden. Gedealt wird mit allem, was nicht niet- und nagelfest ist: Sofas, Kühlschränke, Büromaterialien… Als offizielle Ziele der Boutique nennt die Staatsbahn „Begrenzung der Einkaufskosten und Abfallentsorgungskosten für die SNCF“ und die Leistung eines „Beitrags zur von der Gruppe verfolgten Politik der nachhaltigen Entwicklung“. Als „kollaborative Plattform für Spenden oder den Verkauf von professionellem Zubehör innerhalb der SNCF“ eignet sich La Boutique Éco auch für Smartphones. Angeboten werden Kleidung und persönliche Schutzausrüstung (PSA), Büromöbel, Elektronik, Büromaterial, Werkzeuge, Kommunikationsmedien, sogar kleine Haushaltsgeräte. Das Projekt floriert — offenbar macht es den Eisenbahnern Spaß, firmenintern auf Schnäppchenjagd zu gehen! (hfs)

FOTO: SNCF

“SNCF WEIBLICH” – CHEFIN SUCHT MEHR MÄNNER


FUSION ALSTOM-BOMBARDIER: GEHT WERK REICHSHOFFEN AN ŠKODA ODER CAF?

FOTO: HFS

AM 16. SEPTEMBER 2020 GAB ALSTOM DIE FORMELLE UNTERZEICHNUNG DES VERTRAGS ZUR ÜBERNAHME VON BOMBARDIER TRANSPORTATION MIT BOMBARDIER INC UND DER CAISSE DE DEPOT ET PLACEMENT DU QUÉBEC (CDPQ) BEKANNT. Dabei wurden die Bedingungen der Akquisition „angesichts der aktuellen Situation überarbeitet“. Die Preisspanne für den Erwerb aller Anteile an Bombardier Transportation „ohne zusätzliche Abwärtskorrekturen im Zusammenhang mit dem Mechanismus zur Anpassung der Netto-Barkassenposition“ betrage „5,5 bis 5,9 Milliarden Euro“. So wurde eine Reduzierung des Kaufpreises um 300 Millionen Euro vereinbart. Die Zustimmung der EU zu dem Deal wurde unter Auflagen erteilt. Dazu gehört, dass das französische Alstom-Werk Reichshoffen (Département Bas-Rhin) einschließlich der dortigen Produktion der RégiolisTriebzüge für den französischen Markt (Coradia Polyvalent) sowie die in Hennigsdorf bei Berlin beheimatete Produktion des Bombardier-Triebzugs Talent 3 verkauft werden. Am Standort Reichshoffen beschäftigt Alstom derzeit 780 Mitarbeiter*innen, Kaufinteresse zeigten der russische Bahnhersteller Transmaschholding TMH und der spanische Bahnhersteller Talgo. Konkrete Absichtserklärungen für die Übernahme von Reichshoffen gaben der spanische Bahnproduzent CAF sowie der

tschechische Bahnhersteller Škoda Transportation ab. Ende Oktober 2020 lud Alstom Škoda zu „privilegierten Verhandlungen“ ein. Die Tschechen seien auf dem französischen Markt ein weniger gefährlicher Konkurrent als die Basken. Genau deshalb präferieren die Gewerkschaften in Reichshoffen jedoch den Verkauf an CAF — dieses Unternehmen sei durch einen ersten Großauftrag für die SNCF bereits in Frankreich aktiv, was ihre Arbeitsplätze sicher mache. Škoda sollte bereits 2017 durch den chinesischen Weltkonzern CRRC übernommen werden, was nur an übertriebenen Forderungen der Chinesen an den tschechischen Staat scheiterte. In der Zukunft könnte der jetzige Eigentümer Petr Kellner Škoda an CRRC verkaufen, dann wären die Chinesen durch die Hintertür doch in Frankreich.

Keine konkreten Auskünfte gibt es bisher zu einen möglichen Käufer der BombardierPlattform Talent 3 in Hennigsdorf. Dort sind etwa 200 Mitarbeiter*innen betroffen. Das gesamte Werk abgesehen von den Produktionsräumen des Talent 3 soll weiterhin durch den fusionierten Konzern genutzt werden. Die derzeit für den Talent 3 genutzte Produktionshalle befindet sich direkt inmitten der anderen Werksproduktion. Deshalb würden wohl die Produktionsanlagen des Talent 3 in eine andere Fertigungshalle am Rande des Werks verlagert, der Werkszaun wäre entsprechend umzubauen. Dann könnte der Zug weiterhin in Hennigsdorf entstehen, die Arbeitsplätze der jetzt dort eingesetzten Mitarbeiter*innen wären gesichert. (hfs)

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B A H N M A R KT E U RO PA

GROSSBRITANNIEN I: BREXIT? EGAL – INVESTIEREN SIE! ne im britischen Eisenbahnsektor bietet so bedeutende Chancen, dass wir ein großes Interesse von Unternehmen aus dem Ausland sehen. Im Eisenbahnsektor gibt es eine Investitionspipeline von über 200 Milliarden Pfund, durch Großprojekte wie High Speed 2 (HS2), Europas größtes Infrastrukturprojekt. Es gibt Projekte im Bereich Stadtbahn. In Großbritannien investieren wir mehr in Schienenfahrzeuge und Neufahrzeuge. Etwa 6000 Fahrzeuge sollen auf die Strecke gehen, es gibt weitere Pläne. Daher sind für die nächsten Jahre die Chancen beispiellos für Unternehmen mit Zugang zum britischen Markt.

MIT EINEM WIRTSCHAFTSVOLUMEN VON UMGERECHNET 227,7 MILLIARDEN EURO UND 11,5 MILLIONEN EINWOHNERN SIND DIE MIDLANDS DIE BESTE INVESTITIONSMÖGLICHKEIT GROßBRITANNIENS, VERSICHERN DEM HANSE MEDIEN-VERLAG ZWEI MANAGER STAATLICHER ANSIEDLUNGSGESELLSCHAFTEN DER REGION. bahn manager Magazin: Großbritannien verlässt die Europäische Union – was sollte EUInvestoren jetzt noch zu Investitionen in Ihrem Land bewegen? David Fisken: Die Region Midlands war seit viktorianischen Zeiten im 19. Jahrhundert immer in den Schienenverkehr involviert und hat sich weiterentwickelt, wir sind auch die Heimat von Herstellern wie Bombardier. Wir sind die Heimat innovativer Forschung und Entwicklung zur Unterstützung des Schienenverkehrssektors und der Lieferkette durch unsere Universitäten.

Hätten Produkte, die den europäischen ENNormen entsprechen, zukünftig auf Ihrem Markt noch eine Chance? Wird es keine spezielle neue Kommission für britische Normen geben, was alles schwieriger machen würde? David Fisken: Ich denke, dass die britische Regierung die Interessen der Wirtschaft sowohl in Großbritannien als auch innerhalb der EU so berücksichtigt, dass wir unser Geschäft fortsetzen. Es gibt keine Hinweise darauf, dass wir alles zu einer britischen Version machen werden, da dies die laufenden Exportmöglichkeiten aus Großbritannien und die Investitionsattraktivität Großbritanniens beeinträchtigen würde. Wenn etwas funktioniert, würden wir uns nicht dafür entscheiden, es zu zerbrechen. Ian Flynn: So groß ist schließlich der Handel mit Schienenfahrzeugen aus Europa. Ein Großteil der Technologie ist europäisch. Also müssen wir alle dafür sorgen, dass es funktioniert.

Würde ein potenzieller Investor eher Waren und Dienstleistungen hauptsächlich für Großbritannien produzieren und anzubieten, oder wäre es auch möglich, Exporte zu tätigen, da wir nicht wissen, was die Zukunft bezüglich Umsatzsteuer und Zollregeln bringen wird? David Fisken: Die Stärke der Investitionspipeli-

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FOTO: WARWICKSHIRE COUNTRY COUNCIL & INVESTWM.CO.UK

David Fisken: Im Rahmen des HS2-Projekts haben wir zum Beispiel festgestellt, dass wir in Großbritannien nicht genügend Kompetenzen für dieses Projekt haben. Daher wurde ein neues National College für Hochgeschwindigkeitszüge eingerichtet mit einem Campus in Birmingham und in Doncaster in Yorkshire. Das zeigt, dass wir die nächste Generation von Eisenbahningenieuren für solch bedeutende Projekte ausbilden müssen. Darüber hinaus benötigen wir Fachwissen von außerhalb Großbritanniens, um einige der Gelegenheiten für dieses Projekt zu erfüllen, bei denen Unternehmen in die Region Midlands kommen, um sich Vertragsmöglichkeiten zu verschaffen, um vor Ort Zugang zu Arbeitslosen zu erhalten und unsere Wirtschaft vor Ort zu stärken. Auch wenn wir die EU verlassen, verschwinden die Marktchancen für europäi-

sche Unternehmen in Großbritannien nicht, sie nehmen sogar zu. Was ist mit den Preisen für Räumlichkeiten in den Midlands, für ein Büro oder eine Werkstatt? Ian Flynn: Wir haben günstige Preise. Die Midlands und der Norden Englands sind sicherlich preisgünstiger als London und der Südosten.

IAN FLYNN & DAVID FISKEN Vielen Dank und viel Glück!

Das Interview führte Hermann Schmidtendorf

Ian Flynn arbeitet in der Investorenaquise des Warwickshire County Council und dessen Partner in der Organisation Midlands Engine. David Fisken arbeitet für Business Birmingham, einen Partner von Midlands Engine.

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B A H N M A R KT E U RO PA

GROSSBRITANNIEN II: MIT HIGH SPEED 2 IN DIE NEUZEIT

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Damit ist die erste Phase bis Birmingham gesichert und finanziert, die Inbetriebnahme in Stufen zwischen 2028 und 2031 geplant. Das seit langem größte Infrastrukturprojekt auf der britischen Insel soll zunächst eine 220 Kilometer lange Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen den Stationen London Euston und Birmingham Curzon Street schaffen. In Phase 2a und 2b entsteht eine Y-Struktur. Der westliche Ast mit Anschluss nach Liverpool führt ab 2035 von Birmingham nach Crewe (69 Kilometer) und weiter bis nach Manchester (82 Kilometer). Ein östlicher Ast wird zwischen 2035 und 2040 von Birmingham über die East Midlands und South Yorkshire nach Leeds führen (198 Kilometer). Realisiert werden soll das Projekt durch die 2009 gegründete staatliche Projektgesellschaft High Speed Two Ltd., die Strecke soll auf 400 km/h ausgelegt werden bei einer Regelgeschwindigkeit der Züge von 360 km/h. Über ein Zehntel der Strecke soll durch Tunnels verlaufen. Planungsverzögerungen führten dazu, dass Ende 2019 die Gesamtkosten mit mehr als 106 Milliarden Pfund Sterling beziffert wurden (121 Milliarden Euro) — fast dem Doppelten der in 2015 erwarteten Kosten. (hfs)

FOTO: HS2 – CNBRB

AM 11. FEBRUAR 2020 VERKÜNDETE DER BRITISCHE PREMIERMINISTER BORIS JOHNSON, DAS PROJEKT HIGH SPEED 2 – KURZ HS2 – WERDE JETZT ENDGÜLTIG UMGESETZT.


GROSSBRITANNIEN III: ENDE DER BAHN-PRIVATISIERUNG – NOTVERORDNUNG STATT WETTBEWERB AM 21. SEPTEMBER 2020 VERKÜNDETE DER BRITISCHE STAATSSEKRETÄR FÜR TRANSPORT GRANT SHAPPS VOR DEM PARLAMENT DEN BANKROTT DES BRITISCHEN PRIVATISIERUNGSMODELLS IM BAHNWESEN. JETZT ZIEHT DER STAAT WIEDER DAS GESAMTE BAHNWESEN AN SICH. Beendet wird das komplizierte und offenbar untaugliche „Franchising-System“, bei dem Betriebsrechte auf einzelnen Strecken zeitweilig an private Unternehmen verpachtet werden. Das eigenwillige Ausschreibungssystem wurde vom konservativen Premierminister John Major mit dem Railways Act 1993 eingeführt. Aus ideologischen Gründen wurde das gesamte zuvor staatliche Bahnwesen zerschlagen. Vergeblich hatte seine des Sozialismus unverdächtige Vorgängerin Margaret Thatcher gewarnt, eine derartige Privatisierung ginge „too far“, zu weit. Die neu geschaffenen privaten Firmen sollten gewinnorientiert arbeiten, zugleich aber miteinander konkurrieren und dabei noch billiger, zuverlässiger, effizienter und pünktlicher den Zugverkehr betreiben als die vorherige Staatsbahn British Rail. Die Quadratur des Kreises misslang. Es entstand das wohl ineffizienteste und teuerste Bahnsystem Europas. Ein Zugunglück bei Hatfield mit vier Toten wegen schadhafter Gleise bewies im Jahr 2000: So geht es nicht. Die Schienen-Infrastruktur wurde wiederverstaatlicht. Sie wird seit 2002 durch das nicht gewinnorientierte Unternehmen Network Rail betrieben, für das 116 meist öffentlichrechtliche Körperschaften bürgen. Eine teure Transaktion — Network Rail hatte 2020 immer noch umgerechnet rund 60 Milliarden Euro Verbindlichkeiten, welche den Staatsschulden zugerechnet werden. 2018 hatte das Unternehmen seine Verschuldungsgrenze erreicht, konnte zur Finanzierung von Streckenmodernisierungen keine eigenen Kredite mehr aufnehmen und begann, in großem Stil Bahnimmobilien zu verkaufen. EVU ALS GOLDGANS DES STAATES Doch auch der Bahnbetrieb als solcher klappte nicht. Der Staat teilte das Bahnstreckennetz in kleinere Teilnetze ein, die sogenannten

Franchises. Um diese hatten sich 25 neu zu schaffende EVU zu bewerben, die Anzahl der Bewerber ist bis heute durch Umgruppierungen und Fusionen auf 17 geschrumpft. Der Finanzminister überzeugte seinen Premier, nicht das Funktionieren des Bahnwesens stehe an erster Stelle, sondern der maximale Profit für die Staatskasse. Grundlage für die Kalkulationen bei Ausschreibungen sollten unter anderem Schätzungen der Ticketeinnahmen sein. Doch diese erwiesen sich als trügerisch. Zu oft beruhten EinnahmeSchätzungen auf der Annahme, dass das Infrastrukturunternehmen das Schienennetz ordentlich in Schuss hält und geplante Modernisierungen auch termingerecht und qualitativ hochwertig durchführt. Wenn das nicht stattfand, generierten die Franchise nehmenden EVU Verspätungen und Zugausfälle, mussten Strafzahlungen an den Staat leisten. So spricht es für den Unternehmergeist der britischen EVU, dass sie trotz widriger Umstände die Passagierzahlen verdoppeln konnten. Hilfreich waren gewiss die Einführung der Londoner Stadtmaut für Pkw und das Drängen vieler Briten in günstigere Wohnungen an den Stadträndern, was sie automatisch zu Pendlern macht. Doch zu welchen Kosten verrichten die Franchisenehmer ihren Dienst! Sie müssen ja auch noch mit zusätzlicher Konkurrenz auf „ihrem“ gepachteten Streckennetz zurechtkommen. Der es gibt ja den „open access“ — freien Zugang für alle Fahrwilligen. Da wirft so mancher Franchisenehmer vorzeitig das Handtuch. STAATLICHE „NOTNAGEL“-MASSNAHMEN Bereits 2009 gründete das britische Transportministerium (Department for Transport DfT) das EVU Directly Operated Railways Ltd. (DOR), welches den Bahnbetrieb in Teilnetzen aufrechterhalten sollte, wenn ein privater Franchisenehmer finanziell oder organisatorisch ins Straucheln gerät. 2015 übernahm diese Funktion die ministerielle Gesellschaft DfT OLR Holdings Limited. OLR steht für eine geradezu lyrische Begrifflichkeit, den “operator as last resort”. Doch wenn ein Staat ein eigenes Letzter-Auswegoder Notnagel-EVU braucht, um den Bahnbetrieb aufrechtzuerhalten, wäre dann nicht eine erneute komplette Verstaatlichung oder jedenfalls durchgreifende echte Reform unerlässlich? Bislang wurde die Notnagel-Lösung vierfach angewandt: bei South Eastern


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alleiniger Betreiber von London Overground ist die Deutsche-BahnTochter Arriva. Diese Nahverkehrs-Metropolenbahn befördert 180 Millionen Fahrgäste pro Jahr. Und — dank anderer Regeln als im sonstigen englischen Reich klappt es erheblich besser. VERSTAATLICHUNG ALS BESTER AUSWEG? Es ist denkbar, dass für Englands Bahnwesen am Ende ein Konzessionssystem nach Londoner Modell die bisherigen Franchise-Ausschreibungen ersetzen wird. Dann trägt der Staat die Kosten des Bahnwesens und zahlt den jeweiligen privaten Betreibern einen moderaten Aufschlag. Ob das noch für private Investoren reizvoll sein wird? Ob der Staat sich dann mehr als bisher um die Infrastruktur kümmern wird? Zweifel bleiben. Der Labour-Schattenverkehrsminister Tan Dhesi grollte ebenso wie Generalsekretär Mick Cash von der National Union of Rail, Maritime and Transport Workers RMT, der britischen Gewerkschaft der Bahn-, Seefahrt- und Transportarbeiter, der konkludierte: „Covid-19 hat bewiesen, dass die privaten Eisenbahnunternehmen Zeitund Geldverschwendung sind und keinen Platz in einer zukunftsfähigen Eisenbahn haben.“ Doch erst einmal rettet die jetzige Übergangslösung die Bahnunternehmen vor dem Ruin. Daher gab sich Paul Plummer, Geschäftsführer der Interessenvertretung Rail Delivery Group von 23 britischen Eisenbahngesellschaften, optimistisch: „Diese Übergangsverträge sollten ein Sprungbrett für eine bessere Eisenbahn sein.“ (hfs) FOTO: DB

Trains (2003 bis 2006), East Coast (2009 — 2015), sowie London North Eastern Railway LNER seit 2018 und der ARRIVA-Franchise Northern Trains seit Beginn 2020. In all diesen Fällen gaben die EVU der mangelhaften Schieneninfrastruktur maßgebliche Schuld an ihrem Unvermögen, einen attraktiven Service zu bieten. Während der Corona-bedingten Sperrung Ende März und April 2020 sank der englische Schienen-Personenverkehr auf nur fünf Prozent des Vorpandemieniveaus. Damit war das Franchising-Modell vollends obsolet. Zunächst sprang das Transportressort den finanziell ins Bodenlose fallenden EVU durch eine staatliche Kostendeckungszusage bei. Am 21. September 2020 erklärte jetzt Staatssekretär Grant Shapps dieses Subventionsmodell für weitere 18 Monate zur Regel: „Heute erneuern wir diese Unterstützung durch neue Vereinbarungen, sogenannte Emergency Recovery Measures Agreements (ERMAs), um die Erholung in Großbritannien zu unterstützen und den Kampf gegen die Pandemie fortzusetzen. Diese Verträge, die eine Laufzeit von bis zu 18 Monaten haben, sollen das Eisenbahn-Franchise-System beenden. Im Rahmen der neuen Notfallregelungen wird das DfT die Verluste der Eisenbahnunternehmen weiterhin decken und ihnen eine feste Gebühr von bis zu 1,5% der Betriebskosten vor der Pandemie zahlen.“ Wie es danach weitergeht mit den britischen Bahnen, soll ein jetzt bestelltes Weißbuch klären. Die Problematik gilt eigentlich nur für England — im Rahmen der Dezentralisierung haben die schottische Regierung mit ScotRail und die walisische Regierung mit Wales & Borders eigene Bahnorgane. Auch der Bürgermeister von London hat seit 2001 mit Transport for London TfL eigene Entscheidungsmacht. Dazu zählen Busnetze, die U-Bahn sowie die sogenannten oberirdischen Züge, London Overground. Derzeitiger

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B A H N M A R KT E U RO PA

18. SALZBURGER VERKEHRSTAGE: ÖBB ERWEITERN NACHTZUGANGEBOT DIE 18. SALZBURGER VERKEHRSTAGE IN SALZBURG STANDEN UNTER DER PRÄMISSE „MOBILITÄT GESTALTEN – KLIMANEUTRAL & SOZIAL VERTRÄGLICH“. IM RAHMEN EINER PODIUMSDISKUSSION KÜNDIGTEN DIE ÖBB MIT IHREN KÜNFTIG MODERNEN NACHTZÜGEN DEN FRÜHFLÜGEN DEN KAMPF AN.

erleben konnten vor Corona“, so der ÖBBChef. POLITISCHE RÜCKENDECKUNG UND STAATSHILFE Weil die Deutsche Bahn AG sich vor Jahren vom Nachtzuggeschäft praktisch trennte, will die ÖBB hier auch mit Staatshilfe ihr Angebot kräftig ausweiten: „Wir investieren in den nächsten Jahren zusätzlich 500 Millionen Euro in neue Nachtzüge, wir arbeiten an neuen Verbindungen, gerade im Fernverkehr. Wir haben eine Herausforderung mit der Klimakrise und müssen klimafreundliche Alternativen finden“, sagte die Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) als Stargast während der 18. Salzburger Verkehrstage. Die neuen Nachtzüge der ÖBB sollen ab dem Winterfahrplan 2022/23 zum Einsatz kommen. Corona-bedingt war die Salzburger Traditionsveranstaltung, veranstaltet von Forum Mobil unter ihrem Obmann Mag. Peter Haibach, besonderer Gesundheitsvorsorge unterworfen. So fand nur ein Teil der

Die ÖBB bedienen jetzt schon — nach Rückzug der DB AG — 40 Prozent des Nachtzugmarktes in Deutschland und haben längst schon ihre Fühler auch nach Italien ausgestreckt. Zudem sei man ständig auf der Suche nach weiteren Destinationen. Unter anderem war von ÖBB-Chef Andreas Matthä Paris zu hören. Die ÖBB wickeln diesen Nischenverkehr noch mit älterem, klassischem Wagenmaterial durch. „Die allgemeine Klimadiskussion hat dazu geführt, daß wir fast eine Verdoppelung unserer Passagierzahlen

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FOTO: MARKUS INDERST

Teilnehmer im geräumigen Saal des Wirtschaftsförderungsinstituts Salzburg (WIFI) Platz. Den Regeln der Nachverfolgbarkeit wurde durch Platzierung auf zugewiesenen Sitzen Genüge getan. Die Veranstaltung wurde nach Art einer Video-Konferenz auf Bildschirme unter anderem im Foyer des WIFI übertragen. UNSICHERHEIT DURCH CORONA Die Auswirkungen der Pandemie werden im Verkehrsbereich noch lange spürbar sein, sorgten sich übereinstimmend mehrere der Vortragenden. Während des Lockdowns seien die Reisendenzahlen zusammengebrochen. Aber auch jetzt nehmen deutlich weniger Personen die Öffentlichen als zuvor. Teilweise fielen durch Arbeit von Zuhause Fahrten weg, teilweise würde eher das eigene Kraftfahrzeug genützt. Noch habe sich das Personal weitgehend halten lassen, aber wie lange noch, falls sich der Trend nicht verbessere? Ein düster-graues Gemälde zeichnete Ludwig Richard, Inhaber und Geschäftsführer von Dr. Richard. Das zweitgrößte Busunternehmen Österreichs und zugleich größte

eigentümergeführte Busunternehmen im deutschsprachigen Raum betreibt im Auftrag von Flixbus unter anderem die Fernbuslinien Berlin—München—Zürich und München—Innsbruck. Es fährt im Auftrag der Wiener Linien auch auf zahlreichen Stadtlinien der Bundeshauptstadt. Derzeit seien 250 Busse abgemeldet, so Richard — sie hätten keine Arbeit. Auch ein so prominentes Unternehmen wie Flixbus sei unter solchen Vorzeichen insgesamt gefährdet, falls die zahlreichen mittelständischen Partner taumelten. Wolle die Politik günstige Busangebote, brauche es auch in diesem Bereich eine Förderung der Republik. Das gelte auch für den Güterverkehr, bei dem sich insbesondere Einzelwagenverkehr und Verschub derzeit verteuern. Zugunternehmen mit Bruttoverträgen kämen derzeit noch über die Runden. Problematisch seien aber Nettoverträge, sie generierten derzeit nicht die nötigen Einnahmen. Wegweisende Worte gab die Präambel der Salzburger Verkehrstage. Dort heißt es unter anderem: „Der Klimawandel wird immer spürbarer und auch sichtbarer. Der durch fossile Brennstoffe befeuerte Verkehr

führt zu Landflucht und auswuchernden Städten. Er beschleunigt den Siegeszug der Großkonzerne gegen die schwer unterlegene regionale Wirtschaft, wo doch regionale Wirtschaftskreisläufe als Maß der Dinge für nachhaltige Entwicklung gelten.“ Die Corona-Pandemie decke zwar jetzt viele andere Herausforderungen zu — doch die Krise könne „ein neues Momentum der Veränderung auslösen. Aber nur dann, wenn sie — wie die „Friday for Future“-Bewegung es nennt — als „erste und letzte Möglichkeit in diesem Jahrzehnt erkannt wird, an großen Rädern zu drehen“. Manche zurück, die richtigen nach vorne — der öffentliche Verkehr darf auf keinen Fall als Verlierer aus dem Wettbewerb und den Verteilungskämpfen hervorgehen! Es ist die Zeit gekommen, ein neues Verkehrssystem anzusteuern.“ In diesem Sinne gelte es, Versäumnisse der Vergangenheit zu richten, die teilweise 20 bis 30 Jahre zurücklägen. Dazu gehöre eine Raumordnungspolitik, welche die Zentren zuungunsten der ländlichen Fläche bevorzugte. Im Schülerverkehr müsse eine zeitliche Entzerrung stattfinden, damit die Überbesetzung von Schulbussen zu den Spitzenzeiten vermieden werde und die CoronaSchutzabstände einzuhalten seien. Es brauche auch mehr Busse zu diesem Zweck.

Mag. Markus Inderst, Fachjournalist, Wien/Tirol


FORSCHUNG & ENTWICKLUNG

PJM BESCHLEUNIGT ZULASSUNGSTESTS DER WESTBAHN-KISS-ZÜGE FÜR DIE DB 2019 KAUFTE DIE DEUTSCHE BAHN VON DER ÖSTERREICHISCHEN PRIVATEN WESTBAHN ACHT SECHSTEILIGE UND NEUN VIERTEILIGE DOPPELSTOCK-ELEKTROZÜGE DES TYPS STADLER KISS. JETZT VERMELDETE DAS ÖSTERREICHISCHE TECHNOLOGIE-UNTERNEHMEN PJM DEN ERFOLGREICHEN ABSCHLUSS DER ZULASSUNGSTESTS FÜR DEUTSCHLANDS GLEISE.

Nicht ohne Belang waren sicher auch die langjährige Erfahrung und große Einsatzbereitschaft des Messtechnik-Teams von PJM. Warum müssen überhaupt weiterhin Bahnfahrzeuge, die in einem EU-Land zugelassen sind, für den Betrieb im Nachbarland erneut geprüft werden? Diese Frage stellte der Hanse Medien-Verlag den Experten von PJM. Diese verwiesen auf das Zauberwort in diesem Kontext: NNTR. NNTR ist die Abkürzung für „Notified National Technical Rules“, also Notifizierte Nationale Technische Regeln. Diese gehen aus dem für EU-weite Zulassungsverfahren maßgeblichen Regelwerk TSI hervor, der Technical Specifications Interoperatibility, also Technischen Spezifikationen Interoperabilität. Das in Deutschland zuständige Eisenbahnbundesamt EBA formuliert das in seiner NNTR-Liste (TSI CR LOC PAS 2011 NNTR-Gesamtliste Stand: 24.05.2018) so: „Wenn die Bewertung durch den NoBo gemäß der in Spalte „Regelwerk für zusätzliche nationale Prüfung“ aufgeführten anzuwendenden Regelwerke erfolgte und mittels EG-Prüfbescheinigung bestätigt wurde, ist keine nationale Prüfung gemäß dieser Regelwerke durch den DeBo mehr notwendig.“ NoBo, das ist ein Notified Body, also eine notifizierte, sprich Benannte Stelle. DeBo ist die Abkürzung für Designated Body. Bei einem Zulassungsverfahren sind die Fahrzeuge sowohl nach den EU-weit relevanten TSI-Regeln zu konstruieren und zu prüfen als auch nach den zusätzlichen nationalen Regeln in Bereichen, zu denen die TSI keine allgemein verbindlichen

Die Messfahrten fanden auf der Westbahnstrecke zwischen Ybbs an der Donau und Kleinmünchen statt. „Die Versuchsfahrten konnten in einem sehr knappen Zeitfenster erfolgreich durchgeführt werden“, erklärte erfreut Martin Joch, CEO von PJ Messtechnik GmbH. Die rasche Projektabwicklung war möglich, weil für die umfangreichen Testversuche zur Gleitschutzanlage des Fahrzeugs die Zeitspanne der „Corona-Wochen“ im März 2020 optimal genutzt wurde. Durch den eingeschränkten Fahrplan standen größere Zeitfenster für die Testfahrten zur Verfügung. Wesentlich, so unterstreicht Martin Joch, sei auch die weitgehende Digitalisierung der gesamten Messkette: „Die Vorteile des digitalen MessSystems liegen im reduzierten Verkabelungsaufwand und einer erhöhten Störsicherheit. In kurzer Zeit wurde ein verteilter Messaufbau mit 200 Sensoren realisiert.“

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FOTO: PJM

Regeln festlegte oder aber nationale Vorschriften zusätzliche Anforderungen formulieren. ZUSĂ„TZLICHE NATIONALE PRĂœFUNG Die ersten sieben sechsteiligen WestbahnKiss wurden 2011 ausgeliefert, gehĂśren zur 1. Generation dieser Fahrzeuge und kĂśnnen schon deshalb nicht der EBA-Liste NNTR/ TSI vom Stand 2018 entsprechen. Es scheint verständlich, dass hier fĂźr den Einsatz in Deutschland zusätzliche PrĂźfungen gefordert werden. Doch wie steht es um die 2017 ausgelieferten neun vierteiligen und die eine sechsteilige Einheit des Triebzuges „KISS WESTbahn 2“, die zur moderneren zweiten Generation dieser ZĂźge gehĂśren? SchlieĂ&#x;lich fanden deren Zulassungsuntersuchungen seinerzeit in Deutschland statt, durch DB Systemtechnik! Das stimmt schon, hĂśrt der Hanse Medien-Verlag bei PJM. Aber es kamen eben damals, wie von der Westbahn erwartet, die

nationalen Sonderregeln NNTR Ă–sterreichs zur Anwendung. SchlieĂ&#x;lich war damals nicht abzusehen, dass gerade diese Fahrzeuge später ins Nachbarland verbracht wĂźrden. Und auch die vorliegenden deutschen Zulassungen der bei der ODEG und der Westfalenbahn bereits eingesetzten Kiss-TriebzĂźge reichen nicht aus. Denn das sind Regionalverkehrsvarianten mit einer HĂśchstgeschwindigkeit von nur 160 km/h. AuĂ&#x;erdem verkĂźndete die Deutsche Bahn-Tochter DB Fernverkehr am 15.10.2019 in einer „Transparenzbekanntmachung“ im Europäischen Amtsblatt, dass sie mit den ehemaligen Westbahn-ZĂźgen noch einiges vorhat. Konkret listet sie auf: „Erweiterung der Baureihe (BR) 4110 von vier- auf sechsteilige ZĂźge durch Lieferung und Integration von 18 Mittelwagen, Redesign-MaĂ&#x;nahmen fĂźr alle 17 ZĂźge der Baureihen 4010 und 4110: Umbauten und Umgestaltungen im Innenraum, Integration der Fahrgast-IT (Fahrgastinformationssystem, WLAN und Reservierungssystem), AuĂ&#x;en-

lackierung der BR 4010, Upgrade des bestehenden ETCS-Systems auf Baseline 3 einschl. der Anbindung an die Sicherungsu. Leittechnik, Erweiterung/Anpassung der bestehenden Fahrzeugdokumentation, Inbetriebnahme nach Umbau einschl. aller Fahrzeuggenehmigungen fĂźr beide BR fĂźr die Schweiz, Ă–sterreich und Deutschland, Erreichung Netzzugang fĂźr den Betrieb in der Schweiz, in Ă–sterreich und Deutschland.“ UMFANGREICHE MESSUNGEN Die genannten Arbeiten werden vertragsgemäĂ&#x; durch Stadler realisiert. So wird klar, warum die Messexperten von PJM antreten mussten. Die zusätzlichen Typentests wurden in den Zeiträumen 9/2019 bis 12/2019 und 03/2020 durchgefĂźhrt. Die statischen Standtests, dynamischen Bremsungen und Gleitschutzversuche fanden unter wechselnden Bedingungen statt, etwa mit verschiedenen Beschaffenheiten der Fahrbahn (trockene und nasse Gleisanlage) oder bei variierenden Fahrgeschwindigkeiten (von 80 bis


FORSCHUNG & ENTWICKLUNG

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Bestands-Kiss der Westbahn in Empfang nehmen und sofort einsetzen. Die ersten aus Wien gelieferten KissZüge sind bereits seit Frühjahr 2020 auf den neuen InterCity-Linien zwischen DresdenBerlin-Rostock beziehungsweise WienNürnberg-Berlin-Rostock im Einsatz. Die im zweiten Schritt geprüften acht Sechsteiler werden möglicherweise auf der EC-Linie 62 (Frankfurt—Salzburg) sowie auf der Linie Stuttgart—Zürich eingesetzt.

Hermann Schmidtendorf Redaktion bahn manager

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FOTO: PJM

zur maximalen Fahrzeuggeschwindigkeit von 200 km/h). Bei den Typentests im Bereich Bremse wurde ein modular aufgebautes digitales Messsystem eingesetzt. Die Akustikmessungen wurden nach TSI Noise 1304/2014/EU durchgeführt. Ermittelt wurden dabei die Lärmemissionen im Stand, bei der Anfahrt und bei der Fahrt bis 200 km/h sowie im Führerstand. Die Überprüfung der Bremsen erfolgte nach EN16185—2: statische und dynamische Bremstests sowie Gleitschutzversuche. Die Akustikmessungen fanden statt nach TSI Noise 1304/2014/EU: Stand- und Anfahrtsgeräusche, Messungen im Führerstand (Innengeräusch und Vorbeifahrgeräusch). Das digitale Messystem bestand aus modular und dadurch verteilt einsetzbaren Messverstärkern, mit denen bis zu 200 Messkanäle zeitsynchron mittels PTP-Netzwerk (Precision Time Protocol) aufgezeichnet werden können. Dabei wurden 196 Bremsungen durchgeführt sowie zusätzliche Bremsungen, bei denen Fehler des Bremssystems simuliert wurden. Derartige zusätzliche Prüfungen sind inzwischen nach dem EU-Regelwerk obligatorisch, um eine Risikobewertung vorzulegen, für welche auch verschiedene denkbare worst-case-Szenarien durchgespielt werden müssen. Für die statischen und dynamischen Tests wurden über 900 Messfiles aufgezeichnet. „Die PJ Messtechnik GmbH ist eine nach IST/IEC 17025 akkreditierte Prüfstelle, wir führten bisher Zulassungstests in über 30 Ländern auf 5 Kontinenten durch“, heißt es bei den Messexperten in Graz. Auftraggeber des Messpakets war der Hersteller Stadler. Dieser kann jetzt ebenso beruhigt in die kommenden Monate blicken wie die Deutsche Bahn. Wenn Stadler bis Ende 2020 die durch die Westbahn bestellten 15 neuen Doppelstock-Züge der modernsten 3. Generation übergibt, deren Produktion derzeit auf Hochtouren läuft, kann die DB die restlichen



RESTVERKEHR

ICE-RESTAURANTWAGEN: REISEKULTUR IST SPEISEKULTUR! WAS BRAUCHT ES IM ZUG FÜR EINE ENTSPANNTE REISE? EINEN BEQUEMEN SITZ – UND EINEN SPEISEWAGEN!

Bordrestaurant!“ Und auch den aktuellen DB-Lenker Richard Lutz outet sein Unternehmen als Freund des Essens auf Rädern: „Solange ich Bahnchef bin, wird’s Gastronomie in den Zügen geben, das ist gar keine Frage.“

2002 wollte der damalige Deutsche BahnChef Hartmut Mehdorn den defizitären ICESpeisewagen an den Kragen. In über 100 Intercity-Zügen wurden die traditionsreichen Verköstigungsstätten durch blaugrüne Bistro-Wagen ersetzt, auch 54 ICE 3-Züge erhielten bei Umbaukosten von jeweils etwa 400.000 Euro platzsparende Stehbistros. Ein Desaster! Bundesverbraucherministerin Renate Künast prangerte den „Mitropa-Mord“ an, Verbraucherzentralen und der Fahrgastverband Pro Bahn agitierten mit Erfolg durch Solidarisierungsfrühstücks, genannt „Eatins“, wobei spektakulär auch mal ein verbliebener Speisewagen „besetzt“ wurde. Unter dem Mehdorn-Nachfolger Rüdiger Grube, privat mit einer veritablen Köchin verheiratet, hieß es deshalb „Finger weg vom

SEELE BAUMELN LASSEN Gut so! Tatsächlich erinnert selbst Speisewagen-Abstinenzler die bloße Existenz dieser Refugien daran, dass Langstreckenfahrten einen Hauch von Luxus, von Entspannung und baumelner Seele in sich tragen. Was wären der legendäre Orient-Express und seine Nachfolger ohne glänzend geputzte Bestecke, Gläser, Teller, mit welchen livriertes Personal an plüschig-behäbigen Sitzplätzen Gaumenkitzler des Chefkochs serviert. Voraussetzung war damals die Entwicklung der Durchgangswagen — alle Mitreisenden mussten während der Fahrt Zugang zum Speisetempel haben. Gekocht wurde zunächst auf Kohleöfen, das Kühlen besorgten massive Eisblöcke, die unterwegs nachgeliefert wurden.

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Später erleichterten Gas und Strom die Küchenprozedur. Verfeinerte Bahnnormen trieben die Kosten in die Höhe — wird im Speisewagen noch „echt“ gekocht, ist ein eigener hygienisch überwachungspflichtiger Kreislauf mitsamt Waschbecken für Trinkwasser vorzuhalten. Das ist heute vielen Bahnverwaltungen Europas ebenso zu teuer wie die Einstellung gelernter Köche, die ja auch zyklische Gesundheitsuntersuchungen nachweisen müssen und obligatorisch ein eigenes Personal-WC bekommen. So wird vor allem noch in tschechischen, polnischen oder ungarischen Zügen vor Ort gekocht, doch deutschsprachige Bordküche stammt aus dem Aufwärm-Convenience-Bereich. Ausgerechnet die Nation des kulinarischen Himmels auf Erden setzt in ihren TGV vor allem auf pappig-bröselige Snacks à la Croissant im Take Away-Modus — dégoutant!

FOTO: PIXABAY

CORONA = SELBSTBEDIENUNG Zu Zeiten von Corona fungieren Österreichs Railjet-Restaurants nur als Verkaufsstellen für Speis und Trank zum Verzehr am eige-

nen Sitzplatz. Die Öffnungszeiten sind von 6 bis 19 Uhr, in deutschen ICEs klappen die Restaurant-Counter immerhin erst zwischen 22 und 23 Uhr zu. Schweizer SBB-Restaurant- und Bistrowagen sind von 6.30 bis 21 Uhr geöffnet. Der Verfasser dieser Zeilen fand es rührend, wie uns Reisenden trotz aller Beschwerlichkeiten trotz allem noch zum Speiseerlebnis verholfen wird. „Sie dürfen hier sitzen, aber das Restaurant ist wegen Corona geschlossen“, erklärte uns bei einer kürzlichen ICE-Fahrt ein Zugbegleiter. Aha, also gibt es keine warmen Speisen? „Doch doch, es gibt alle Speisen, aber das Restaurant ist zu.“ Erst langsam fiel bei uns der Groschen, will sagen Euro-Cent. Restaurant, das ist der Zugang zur Bordküche von den Speisewagen-Sitzplätzen aus. Tatsächlich, der war zu. Doch Reisende können das zum 2.-Klasse-Bereich weisende Verkaufsfenster aufsuchen und nehmen sich dann eigenhändig Speisen und Getränke an den Sitzplatz — auch denjenigen im vormals Restaurant genannten Bereich. Die Träne im Knopfloch: Verkauft wird jetzt in Einweg-Pappschalen

mit Plaste-Deckel. Erst kommt Corona, dann die Umweltschutz-Moral… Vor dem im November 2020 eingeführten Lockdown-Light hatten sich die ICE-Oberen als Technologie-Primus versucht. Bitte nicht! Wer sich zum Speisen platzieren wollte, sollte sich zuvor mit eigenem Smartphone Corona-zünftig wo auch immer „anmelden“. Das doch ebenso amtliche DEHOGA-Corona-Meldeformular für Restaurant-Besuche, wir tragen es stets am Körper, wurde teils abgelehnt. Was soll das? Kein Smartphone, kein Schmaus? Bei aller Liebe zur Technik, man kann es auch übertreiben… Eine Überraschung anderer Art erlebte im Sommer 2020 der FDP-Bundestagsabgeordnete und verkehrspolitische Sprecher seiner Fraktion Torsten Herbst. Er hatte beim Verkehrsministerium um Angaben zum Einsatz der ICE- und IC-Speisewagen gebeten, doch Staatssekretär Enak Ferlemann musste auf Geheiß seines Dienstherren antworten: Das ist ein Staatsgeheimnis! KAFFEEMASCHINEN TOP SECRET? Konkret wollte der FDP-Abgeordnete wissen, „welchen Anteil aller Entfernungskilometer“ die Fernzüge der Deutschen Bahn AG von 2016 bis Mitte 2020 „mit geschlossenem bzw. nicht vollständig funktionsfähigem Bordrestaurant“ erbrachten und welche Einnahmen es in diesem Zeitraum durch den Betrieb der Bordrestaurants gab — sprich, wie viel Geld der DB durch defekte Speisewagen durch die Lappen gingen. Eine einfache Sache, würde der naive Beobachter denken. Sollte die Fehlerquote geringer sein als von manchen Fahrgästen geschätzt, müsste es doch eine Freude sein, die subjektiven Eindrücke der Reisenden zu korrigieren und zugleich durch Hinweis auf objektive Schwierigkeiten beim Betrieb dieser Wagen um Verständnis zu werben. Doch Deutsche Bahn und das Bundesverkehrsministerium machten es exakt andersherum — und provozieren dadurch Widerspruch.


RESTVERKEHR

„Die erbetenen Informationen können nicht veröffentlicht werden, weil sie verfassungsrechtlich geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der betroffenen Unternehmen berühren“, schrieb der Staatssekretär in Beantwortung der „Frage Nr. 387/August“. Gegenfrage: „DER“ betroffenen Unternehmen? Wer außer der DB ist denn noch betroffen? Stimmt es etwa, was gegenüber dem bahn manager Mitarbeiter in Bordrestaurants mutmaßten, dass nämlich die oft defekten Bordgeräte wie Kaffeemaschinen geleast sind? Wenn ja, haben dann nicht erst recht Parlamentarier und Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse an eventuellen unvorteilhaften Leasing-Verträgen, bei denen die Leasing-Objekte immer wieder mal ausfallen? Die Bundesregierung habe jedenfalls entschieden, so Staatssekretär Ferlemann, „die erbetenen Informationen als „VS-VERTRAULICH“ einzustufen und der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestags zu übermitteln. Dort könnten sie interessierte Abgeordnete „nach Maßgabe der Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestags“ einsehen. „Grotesk!“ urteilt gegenüber dem bahn manager FDP-Parlamentarier Torsten Herbst. Auf der Webseite community.bahn.de/ questions/ unternahmen vor vier Jahren DBMitarbeiter den Versuch, das Problem mit den defekten Restaurant-Maschinen zu erklären. „Ein Ausfall der verschiedensten kundenrelevanten Komponenten (gesamter Wagen, WC, gastronomische Einrichtungen, etc.) ist für den Fahrgast ebenso ärgerlich wie für das Unternehmen“, schrieb da ein Tino Groß. „Sofern dieser Umstand von den zuständigen Werken an die Bereitstellungsleitung (BSL) übermittelt wurde, wird er in der Regel auch in die Systeme für die Kundenkommunikation eingespielt. In diesem Fall läuft auf den Anzeigen an Bahnsteigen in der sogenannten ’Tickerzeile’ auch der entsprechende Hinweis.“ Wenn also ein Defekt im Restaurant-

wagen schon vor Fahrtbeginn bekannt ist, werde dies am Bahnsteig verkündet, und Reisenden könnten sich schnell noch am Bahnhof Speis & Trank kaufen, sofern sie rechtzeitig den Hinweis mitbekommen. Aber manchmal träten „Fehler erst nach der Bereitstellung des Zuges bzw. bei der Zugfahrt auf. Dann muss das Zugbegleitpersonal eingreifen. In erster Linie bemüht man sich stets um eine Analyse des Fehlers und versucht diesen auch zu beheben. Hierbei wird intern noch kein elektronischer Zugbericht (EZB) versendet. Erst wenn man alle Möglichkeiten zur Fehlerbehebung erfolglos abgearbeitet hat, wird dies intern an die Verkehrsleitung (VL) kommuniziert. Diese pflegt wiederum diesen Qualitätsmangel in das ReisendenInformationsSystem (RIS) ein. Sie sehen also, es ist keine Absicht, wenn mitunter Informationen nicht rechtzeitig in den entsprechenden Kanälen zur Verfügung stehen.“ VERALTETE BORDTECHNIK, EINBAUFEHLER Es gibt also ausführliche Fehlermeldungen. Warum nur in Lukullus‘ Namen ist dann ihr Umfang geheim? Näher an der Praxis war da wohl 2017 der SPIEGEL. In einer Reportage gab er Beispiele für „Rückstand bei der Digitalisierung oder bei Investitionen in den Wagenpark“: „Es fallen die Tiefkühlschränke an Bord aus, die Kaffeemaschinen versagen, Ware wird nicht geliefert.“ Der Leiter der DB-Warenlogistik in Berlin-Rummelsburg Frank Boenke sprach von Mängeln „in der grundsätzlichen Konzeption der teils betagten Wagen“ und der Bordküche: „Der Eisschrank ist für so häufiges Öffnen nicht gemacht. Der Steamer, ein Gerät zum Erwärmen von Speisen, befindet sich in manchen ICE-Baureihen direkt über der Kühltür. Kondenswasser tropft herunter, und der Schrank vereist.“ Eine Kaffeemaschine könne auch schon mal ausfallen, weil die Kollegen an Bord sie nicht rechtzeitig reinigen, dann verstopft sie.

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Also veraltete oder sogar generell borduntüchtige Technik, gekoppelt mit falscher Einbauposition und Personalmangel? Diese Probleme sind offenbar seit Jahren bekannt. Warum konnten sie dann nicht bei einem Retrofit gelöst werden? Und das ist ja nicht alles. Im Januar 2020 beklagte im SZ-Magazin Frederik Jötten, dass er im ICE Mitreisende um ein Stück Brot anbetteln musste, weil der offizielle Speisenverkäufer der DB keine EC-Karte zur Bezahlung annehmen konnte. Tatsächlich kann seit vielen Jahren in Bordrestaurants, Bordbistros und beim On-Board-Ticketkauf nur mit Bargeld oder Kreditkarten wie AMEX oder VISA bezahlt werden — Visa-oder Mastercard-Debitkarten sind ebenfalls technisch tabu. Auch das scheint absurd. Denn bei Kreditkarten muss die DB bei jeder Buchung an die Kartenemittenten erhöhte Gebühren zahlen. Der SPIEGEL berichtete 2017, dass von den Verkaufsrennern rund 200.000 Portionen Chili con Carne, knapp 230.000 Currywürste und mehr als 640.000 Flammkuchen jährlich verkauft wurden. Auch vegane Speisen und Bio-Produkte finden ihr Publikum. 1,2 Millionen Euro Umsatz soll die Bahn allein jährlich mit Chili con Carne machen, fast 22 Millionen Euro mit Kaffee in allen Variationen. Eine DB-Sprecherin habe die Jahresumsätze mit rund 80 Millionen Euro beziffert. GIROCARD UND DEBITKARTEN SIND TABU Wie viele der Reisenden mit Kreditkarte zahlten und wie viele nicht zu Kunden wurden, weil ihre EC-Karte nicht angenommen wurde, ist unbekannt. Würden zehn Prozent der Umsätze mit Kreditkarten erwirtschaftet, hätte die DB etwa 160.000 Euro an Gebühren bezahlt, bei Zahlung mit EC/Girocard wären das nur 20.000 Euro gewesen. Ist das unwichtig angesichts der Tatsache, dass die DB sowieso jährlich geschätzt 80 Millionen Euro zuschießen muss, um den Personalund Logistik-intensiven Speisebetrieb in


in 260 Restaurantwagen und 390 Bordbistros mit etwa 2.300 Mitarbeiter*innen an Bord und 450 Personen bei der Warenzulieferung am Laufen zu halten? Vielleicht nicht — allein, es ging bislang nicht anders. „Diese Restaurantkassen wurden wohl mit einem über 20 Jahre laufenden Leasingvertrag angeschafft“, berichtete dem bahn manager ein ICE-Restaurantmitarbeiter. „Und der Vertrag sah wohl nicht vor, dass die DB im Gegenzug für ihre laufenden Zahlungen auch mal ein technisch besseres Ersatzgerät bekommt.“ Eine schriftliche Anfrage des bahn managers zum Kassenthema an die DBPressestelle blieb leider unbeantwortet. MIT HINDERNISSEN – ABER NEUE KASSEN KOMMEN 2017 verkündete die Webseite „inside.bahn.de“, die Warenbestellung laufe „in Echtzeit über eine Datenkasse, die mit dem zentralen Warenwirtschaftssystem der Logistik verbunden ist.“ „Unsere Kassen be-

stellen ausgehende Waren selbständig nach? Da haben Sie wohl eine Beschreibung der NEUEN Kassen gelesen, die wir erst noch bekommen sollen!“ erklärte uns 2019 ein Bord-Mitarbeiter. „Die Kassen sind ja jetzt gar nicht online, da können sie auch nichts melden. Also müssen wir Strichlisten machen und ab und zu zum Zentrallager mit Handy durchgeben, was an Bord fehlt. Gleichzeitig müssen wir bedienen, in der 1. Klasse am Sitzplatz, da klappt das mit der Meldung nicht immer rechtzeitig.“ Und auch „kluge“ Planer bei der DB helfen kräftig mit, auf dass der Nachschub manchmal stockt: „Das Warenlager in Frankfurt/Main wurde abgeschafft, jetzt wird uns aus Köln per Lkw (!) Nachschubware an den Bahnsteig in Frankfurt geliefert. Aber wenn der Lieferwagen im Stau steht, verpasst er unseren Zug, und schon können wir nichts mehr verkaufen.“ Ende 2020 scheinen die neuen GastroKassen, deren geplante Ankunft uns ein

Bordrestaurant-Mitarbeiter schon 2015 avisierte, tatsächlich zumeist in den Speisewagen Einzug gehalten zu haben. Jetzt wird jede Bestellung fleißig in ein Tablet getippt. Hoffen wir also, dass der Warenbestand an Bord nunmehr leichter zu sichern ist!

HERMANN F. SCHMIDTENDORF Chefredakteur beim Hanse-Medien Verlag.

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TERMINE

IT-TRANS SENDETE DIGITAL, INNOTRANS NOCHMALS VERSCHOBEN wurden sogenannte Bauchbinden eingefügt, kamen die Dolmetscher-Stimmen über Zusatzkanäle. Fragen konnten live gestellt werden und wurden umgehend beantwortet. Erhebliche Vorarbeiten erforderte die Präsentation der Aussteller. Sie fanden ihr Publikum über 29 Market Update Foren. Aus technischen Gründen wurden die Auftritte im Vorfeld aufgezeichnet. 250 teilnehmende Firmen, Start-Ups und Institutionen aus 28 Ländern, 30 Konferenz-Sessions mit 150 Referenten — das waren weitere Eckdaten der digitalen IT-TRANS. Zum Angebot gehörten themenbezogene Sessions mit Teilnehmerinteraktion als Livestreams, die Vernetzung der IT-TRANS-Teilnehmer, vor, während und nach dem Event zum Beispiel durch das Angebot, „After-Fair“ eigene Diskussionen nach der Veranstaltung starten. Es gab 45 virtuelle Roundtables für den themenbezogenen Austausch in Kleingruppen und eine digitale Austellerdatenbank mit Firmenprofilen einschließlich Kurzbeschreibung, Bildern und Kontakten. Eindeutiger Konsens unter den Teilnehmenden: Angesichts der Pandemie wird die weitere Digitalisierung des ÖPV noch wichtiger als zuvor. (hfs)

ES KAM, WIE ES WOHL KOMMEN MUSSTE. DIE PANDEMIE BRACHTE EINE ERNEUTE VERSCHIEBUNG DER WELTLEITMESSE INNOTRANS, JETZT AUF DEN 20.-23. SEPTEMBER 2022. DIE WELTWEIT FÜHRENDE FACHMESSE IT-TRANS FÜR IT-LÖSUNGEN IM ÖFFENTLICHEN PERSONENVERKEHR (ÖPV) FAND AUSSCHLIEßLICH ONLINE STATT – MIT GROßEM ANKLANG. „Natürlich sind persönliche Treffen und Messegespräche schwer ersetzbar“, berichtete gegenüber dem bahn manager IT-TRANS-Projektleiterin Verena Schneider von der veranstaltenden Karlsruher Messe- und Kongress GmbH. „Aber es ging letztendlich nicht anders. So standen wir vor der völlig neuen Aufgabe, für die Digitalausgabe unserer Messe eine hochwertige Audio-Video-Kommunikation aufzubauen. Wir sind sehr zufrieden — das Angebot wurde angenommen. 1750 Expert*innen aus 60 Ländern waren auf unserer interaktiven Event-Plattform angemeldet, es wurden über 13.600 Chatnachrichten verschickt. Auch die Zahl der Video-Calls war beeindruckend.“ Die Logistik einer digitalen Messe unterscheidet sich deutlich von einfachen Lösungen, mit denen sich einzelne Firmen-Mitarbeiter*innen untereinander austauschen. Die Teilnehmerzahl ist nicht gedeckelt, der zu sendende Content ist deutlich komplexer. So richtete die Messeleitung im wegen Corona leer stehenden Karlsruher Konzerthaus ein veritables Fernsehstudio ein. Für die professionelle Durchführung der Veranstaltung sorgte der IT-Trans-Partner Talque. 46 Eingangssignale, 14 Ausgangssignale und 30 Zuspielrechner — das sind nur einige der Kenndaten, die den Umfang des technischen Aufwands erahnen lassen. Schließlich galt es, die Veranstaltung auf Höchstniveau durchzuführen. So konnten Referent*innen während ihres Vortrags Power Point-Präsentationen und Filme einspielen,

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VO R S C H AU

FOTO: PIXABAY

LOGISTIK IM GÜTERVERKEHR DIE NÄCHSTE AUSGABE ERSCHEINT AM 22. FEBRUAR 2021.


IMPRESSUM

Urheberrechte Nachdruck, Reproduktion oder sonstige Vervielfältigungen — auch auszugsweise und mithilfe elektronischer Datenträger — nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Verlags. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. Alle Verwertungsrechte stehen dem Verleger zu. Das Copyright 2020 für alle Beiträge liegt beim Verlag. Haftung Für unverlangt eingeschickte Manuskripte und Abbildungen wird keine Gewähr übernommen. Eine Haftung für die Richtigkeit der Veröffentlichungen kann trotz sorgfältiger Prüfung durch die Redaktion nicht übernommen werden, sofern nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt wurde. Bezugsgebühren Das Jahresabonnement für das bahn manager Magazin liegt bei 99,00 EUR inkl. Porto (DE, AUT, CH und BeNeLux) zzgl. MwSt. und beinhaltet die jeweiligen Ausgaben gedruckt, digital und als ePaper. Das Abonnement kann innerhalb von 14 Tagen nach der Bestellung mit einer schriftlichen Mitteilung per Post oder per Mail an den Verlag widerrufen werden. Eine Kündigung des Abonnementvertrages ist monatlich möglich. Die ausdrückliche Nichterwähnung von Warenzeichen bedeutet nicht, dass ein Produkt ohne rechtlichen Schutz ist. Des Weiteren soll der Wegfall von entweder männlichen oder weiblichen Formen von personenbezogenen Hauptwörtern keinesfalls eine Benachteiligung implizieren. Autoren und Korrespondenten Rainer Bastian, André Hähner, Stephanie Wedehase, Peter Fahl, Kerstin Domscheit, Dennis Peizert, Markus Inderst, Hermann Schmidtendorf (hfs). Interviewpartner Mark Fisher, Karl Kuriger, Przemyslaw Bresch, Dirk Retzke, Ines Villmann-Doll, Ian Flynn, David Fisken.

Verlag Hanse-Medien Verlag & Mobility Service GmbH Munstermannskamp 1 21335 Lüneburg Telefon 04131 78 98 144 www. hanse-verlag. de Registergericht und Registernummer Amtsgericht Lüneburg HRB 206117 Steuernummer 33/206/02227 Geschäftsführer / Herausgeber Dennis Peizert Hauptstadtrepräsentanz Hermann Schmidtendorf Bruchsaler Straße 3 10715 Berlin E-Mail schmidtendorf@bahn-manager.de Redaktion Dennis Peizert (V.i.S.d.P.) Telefon 04131 78 98 145 Hermann Schmidtendorf (Chefredakteur) Telefon 0157 865 39 357 E-Mail redaktion@bahn-manager. de Anzeigenleitung und Aboverwaltung Dirk Kraft Telefon 04131 78 98 144 E-Mail kraft@bahn-manager. de Grafik/Design Julia Tuaev E-Mail tuaev@bahn-manager.de Druck MedienSchiff BRuno, Hamburg Erscheinungsweise 6 x jährlich ISSN 2367—1998

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