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Das kleine Spanien mitten in Luzern
«Die meisten meiner Landsleute benötigen heute keine Unterstützung mehr im klassischen Sinn.»
Miguel Sánchez Präsident des spanischen «Centro»
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leistete die Vereinigung der Colonie Libere Italiane auch einen essenziellen Beitrag zum kulturellen Leben der italienischen Emigranten.
Leidenschaft und Italianità
Massimo Fedele ist sich dieser Geschichte bewusst, er ist ein Teil von ihr, wenn er auch «erst» seit 1990 in der Schweiz lebt. Heute führt er als Wirt sein eigenes Restaurant Da Massimo in Cham. In Horw, in der geschichtsträchtigen Papiermühle, hat er einen Ort gefunden, der ihm behagt: «Leidenschaft, das ist es wohl, was mich dazu bringt, hier zu kochen und an den Events teilzunehmen.» Leider musste das Lokal während sechs Monaten wegen der Pandemie seine Tore schliessen, mittlerweile sei aber etwas Normalität zurückgekehrt. Agostino freut sich schon jetzt auf kommende Ereignisse, wie etwa die traditionelle Castagnata im Herbst, wenn sich alles kulinarisch um die Kastanie dreht. Von den Mitgliedern sind rund 40 Prozent Schweizer, was für Agostino und Massimo auch ein Beleg dafür ist, dass in der Vereinigung die Grenzen zwischen den ehemaligen Migranten und der einheimischen Bevölkerung nun durchlässig sind. Ein Phänomen, das sich in anderen Vereinigungen bestätigt. «Unsere Schweizer Freunde lieben wohl die Italianità, das bisweilen etwas laute Lokal – etwa wenn Karten gespielt wird – und vor allem das einfache, gute Essen», betont Massimo, der mit Leidenschaft kocht. In der Tat, hier findet der Gast ein traditionelles italienisches Essen ohne Schnickschnack, halt so, wie der Italiener zu Hause isst. Und das ist ja meistens sehr gut. Die Preise sind moderat, das ist nicht nur ein tradiertes Gebot, sondern ein Prinzip.
«Little Spain» in Luzern
Die «Asociación de Inválidos y Pensionistas Españoles de Lucerna» (Verband spanischer Invaliden und Rentner von Luzern), unscheinbar im Areal des Luzerner Kulturlokals «Schüür» gelegen, ist eine etwas sperrige Bezeichnung für eine Institution, die sich im Laufe ihrer langjährigen Geschichte durch ihre Offenheit ausgezeichnet hat und es immer noch tut. Gegründet wurde der Verein 1979, in einer Zeit, da es in Luzern nur so von spanischen Gastarbeitenden wimmelte. Über 600 Mitglieder stark war der Verein in seiner Blütezeit. Damals lebten und arbeiteten über 300 000 Spanierinnen und Spanier in der Schweiz. Das «Centro» war nicht nur ein Stück Heimat, vorab für Andalusier, Galizier oder Extremadurer, sondern auch eine soziale Einrichtung, die sich um die Belange der meist aus einfachen Verhältnissen stammenden Gastarbeiter und deren Familien kümmerte. Dabei ging es nicht nur um Übersetzungsdienste oder administrative Hilfestellungen, sondern auch um zwischenmenschliche Beziehungen und um den Zusammenhalt. Die ersten spanischen Gastarbeiter kamen in den 1960erJahren in die Schweiz, vorab als Saisonniers. Mit der Zeit erlangten die meisten davon den begehrten Status des permanenten Aufenthalts (die unter Emigranten ebenso berühmte wie begehrte Niederlassungsbewilligung C). Der spanische Staat und die Kirche, mittels der Misión Católica Española, förderten zunehmend die spanische Diaspora mit schulischen, kirchlichen und sozialen Angeboten. Das «Centro» wurde fortan zum verlängerten Arm dieser Bemühungen und entwickelte sich bald zu einem beliebten Treffpunkt.
Sozial und zunehmend kulturell
Miguel Sánchez, 1963 in der Nähe von Málaga geboren, ist seit 2003 Präsident des «Centro». Das kommt nicht von ungefähr. 1980 kam er mit 17 Jahren zusammen mit seiner Mutter in die Schweiz. Sein Vater hatte zuvor einige Jahre als Saisonnier gearbeitet und holte, wie so mancher Emigrant jener Zeit, seine Familie zu sich nach Luzern. Der junge Miguel absolvierte vorerst eine Mechanikerlehre im Rahmen eines vom spanischen Staat unterstützten Programms für die Eingliederung junger Spanier. Später, 1987, kam ein InformatikerLehrgang hinzu, der ihm ermöglichte, bei der Luzerner Kantonalbank als EDVOperator einzusteigen. Mittlerweile ist er seit 29 Jahren bei der Concordia in Luzern als Informatiker tätig. Er hat es als Emigrant in der Schweiz zu etwas gebracht, auch dank der Unterstützung der sozialen Institutionen. Dafür ist er heute noch dankbar. Diesen Dank gibt er in seiner Funktion als Präsident des «Centro» zurück, wenn er auch, wie er sagt, im Grunde kaum die Zeit dafür habe. Der mit einer Schweizerin verheiratete Vater von 11 (!) Kindern im Alter zwischen 12 und 31 hat viel um die Ohren, bleibt aber seiner Aufgabe treu. Zusammen mit einem Kassier und einem Sozialarbeiter kümmert er sich seit nunmehr 18 Jahren um die Belange der Spanierinnen und Spanier in Luzern und Umgebung: «Heute zählt unser Verein rund 160 Mitglieder, davon sind sehr viele Pensionierte. Der Bedarf an unseren Dienstleistungen sinkt zunehmend.»