Basel Express 4/21

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Aktuell

Basel-Express.ch  Mai 2021

Wie ein Fels in der Brandung Die meisten Kinder, die der ambulanten pĂ€diatrischen Palliative Care (PPC) bedĂŒrfen, werden von der Kinderspitex betreut. Doch wie sieht die Situation in den verschiedenen Regionen der Schweiz aus, und wie verhĂ€lt es sich mit Wunsch und Wirklichkeit in der ambulanten PPC im Alltag der Kinderspitex? wĂ€re eine palliative Haltung sehr hilfreich, um gemeinsam mit den Eltern einen Betreuungsplan zu erstellen und ihnen in der Entscheidungsfindung beistehen zu können.

Basel Express im GesprĂ€ch mit Astrid Baumgartner, Regionalleiterin Ostschweiz der Stiftung JoĂ«l Kinderspitex Schweiz. Wie viele Kinder mit lebenslimitierenden Krankheiten betreuen Sie im Durchschnitt pro Monat? Die Stiftung JoĂ«l Kinderspitex ist in der ganzen deutschsprachigen Schweiz und im Jura tĂ€tig. Wir betreuen zur Zeit rund 300 Kinder mit einer lebenslimitierenden Erkrankung. Diese Zahl unterliegt immer gewissen Schwankungen, die Tendenz ist aber aufgrund des Wachstums unserer Stiftung eher steigend. Welches Alter und welche Erkrankungen stehen dabei im Vordergrund? Wir pflegen Patienten ab dem SĂ€uglings- bis ins junge Erwachsenenalter, wobei junge Erwachsene nur ein sehr kleiner Anteil der Patienten sind. Von den Krankheitsbildern her sind es oft Kinder mit seltenen Erkrankungen oder einem Gendefekt, wie etwa Stoffwechselerkrankungen, neurologischen, onkologischen oder kardiologischen Erkrankungen sowie Muskelerkrankungen. Viele der Kinder haben aus unterschiedlichen GrĂŒnden auch eine Atemproblematik. Welche positiven Erfahrungen machen Sie im Betreuungsalltag? Die Arbeit in den Familien, also UnterstĂŒtzung in der Pflege des Kindes, Beratung und ein Blick von aussen auf die Gesamtsituation, ist von grosser WertschĂ€tzung geprĂ€gt. Das ist eine Bereicherung fĂŒr unsere Pflegefachpersonen, aber ebenfalls fĂŒr die begleitenden Teamleiterinnen. Eine Familie in einer solch schwierigen Situation begleiten zu dĂŒrfen, ist eine intensive, aber schöne Aufgabe, die wertvolle Beziehungen entstehen lĂ€sst. Wo sehen Sie im Kontext der Palliative Care Ihre konkrete Rolle? Neben der Übernahme eines Teils der Pflege des Kindes unterstĂŒtzen wir die Familie, unter BerĂŒcksichtigung der familiĂ€ren Autonomie, so intensiv wie nötig. Aufgrund unserer oft starken PrĂ€senz in

Astrid Baumgartner, Regionalleiterin Ostschweiz der Stiftung Joël Kinderspitex Schweiz

der Familie können wir deren BedĂŒrfnisse recht gut erkennen. Wir geben Anregungen zur Selbsthilfe, koordinieren PflegeeinsĂ€tze und organisieren was nötig ist. In Regionen, in denen ein gutes Netzwerk besteht, ist dies in der Regel einfacher. Durch Beratung und GesprĂ€che können wir, wenn es die Familien zulassen, unterstĂŒtzend im Prozess des Abschiednehmens beistehen. FĂŒr Geschwister bieten wir, dank der UnterstĂŒtzung durch Spendengelder, individuelle Möglichkeiten fĂŒr FreirĂ€ume und Zeiten, in denen sie der Mittelpunkt sein dĂŒrfen. Zudem bieten wir die Möglichkeit einer punktuellen Begleitung und Beratung auch nach dem Tod des Kindes. Wo sehen Sie Probleme und zukĂŒnftige Herausforderungen? In den verschiedenen Regionen der Schweiz gibt es noch recht grosse Unterschiede in Bezug auf die Vernetzung mit anderen involvierten Diensten und SpitĂ€lern, aber auch im Umgang mit palliativen Situationen. Eine gute Zusammenarbeit ist hilfreich und unterstĂŒtzend fĂŒr die ganze Situation, wenn im interdisziplinĂ€ren Team ĂŒber BetreuungsplĂ€ne, Vorgehensmöglichkeiten und UnterstĂŒtzungsangebote gesprochen werden kann. Eine klare Vorgehensweise gibt den Eltern sowie Pflegenden Sicherheit, wenn die Situation herausfordernd wird. Nicht alle KinderĂ€rzte können mit der palliativen Situation umgehen, was zu Problemen fĂŒhren kann, zum Beispiel mit der Verordnung von Medikamenten, wenn ein Hausarzt nicht unbedingt bereit ist, wichtige Schmerz- oder die Atmung erleichternde Medikamente frĂŒhzeitig als Reserve mitzugeben. Zudem

Und der finanzielle Aspekt? Ein grosses Fragezeichen besteht hinsichtlich der Finanzierung von Case Management, Beratung, ArbeitsausfĂ€llen der Eltern, ungedeckten Pflegestunden, Kinderbetreuung usw. Es mĂŒssen immer noch viele Stunden aus Spendengeldern finanziert werden. Die Übernahme von Pflege- und Überwachungskosten ist abhĂ€ngig davon, welcher KostentrĂ€ger zustĂ€ndig ist. Wenn es um eine DauerĂŒberwachung mit Interventionsbereitschaft geht, ist es von Vorteil, wenn die IV der KostentrĂ€ger ist, denn im Katalog der Krankenkasse ist Überwachung nicht als Leistung vorhanden. Die meisten Eltern sind zum ersten Mal in einer solchen Situation und mĂŒssen sich neben der Trauer auch noch um sehr viele andere Dinge kĂŒmmern. Sie sind darauf angewiesen, dass sie ĂŒber ihre Rechte und Möglichkeiten informiert werden. Was sollte sich aus Ihrer Sicht Ă€ndern, um diese Probleme zu lösen? Die Finanzierungsmöglichkeiten fĂŒr alle ungedeckten Kosten mĂŒssen auf politischer Ebene erreicht werden. Notwendig sind rasche AbklĂ€rungen wegen HilflosenentschĂ€digungen, damit ein Teil des eventuellen Arbeitsausfalls eines Elternteils abgedeckt werden kann. Wichtig ist die Sensibilisierung fĂŒr die Notwendigkeit pĂ€diatrischer Palliative Care und die Entwicklung einer entsprechenden Haltung auf allen Ebenen – und ganz besonders bei den HausĂ€rzten. Auch sollte es in allen SpitĂ€lern interdisziplinĂ€re Palliativteams geben, welche die FallfĂŒhrung in komplexen Situationen stellen und fĂŒr eine gute Aufgabenteilung und ein angemessenes Case Management sorgen. Und nicht zuletzt sollte man einen Leitfaden fĂŒr Eltern mit einem chronisch kranken oder beeintrĂ€chtigten Kind erstellen, der ĂŒber die rechtlichen und praktischen Möglichkeiten der UnterstĂŒtzung in allen Phasen der Erkrankung informiert. Vielen Dank fĂŒr das aufschlussreiche GesprĂ€ch!

Mit Ihrer Spende tragen Sie zur UnterstĂŒtzung und Entlastung von Familien mit schwer kranken Kindern bei, vielen Dank!

Spendenkonto Bank Linth IBAN CH85 0873 1555 0307 4200 2

Stiftung JoĂ«l Kinderspitex Schweiz Rheinfelderstrasse 12, 4127 Birsfelden RegionalbĂŒro Nordwestschweiz ‱ Tel 061 311 52 60 Gönhardweg 6, 5000 Aarau (GeschĂ€ftsstelle) GeschĂ€ftsstelle Tel 062 797 79 43 ‱ info@joel-kinderspitex.ch www.joel-kinderspitex.ch

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