Bayerns Bestes - Ausgabe 10 - Vorschau

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BAYERNS BESTES

AUSGABE 10

BAYERN LAND & LEUTE

SCHWABING Philosophen, Nichtstuer und Uschi Obermaier

ADVENT

3,80 €

Budenzauber und Pferdeschlitten

Schweinskopf & Co. Der Schmidt Max flimmert über Leinwand und Bildschirm




EDITORIAL

BAYERN LAND & LEUTE Dies ist der zehnte Band unserer Zeitschrift BAYERNS BESTES. Wie Sie sicher schon bemerkt haben, orientieren sich die Beiträge nicht so sehr an tagesaktuellen Ereignissen; vielmehr möchten wir uns mit Themen befassen, die über den Tag, ja auch die Jahreszeit hinaus Bedeutung haben. Daher steht bei uns nicht das Erscheinungsdatum im Vordergrund, sondern wir zählen die erschienenen Ausgaben durch. Die kommt auch den Lesern zugute, die BAYENS BESTES sammeln.

Impressum: espresso multimedia GmbH Ingolstadt Wagnerwirtsgasse 8 85049 Ingolstadt UStId: DE128573473 Verantwortlich i.S.d.§ 6 Abs. 2 MDStV: Hermann Käbisch Telefon: 0841/95154-0 Telefax: 0841/95154-120 kaebisch@espresso-mediengruppe.de info@bayernsbestes.de Geschäftsführung: Hermann Käbisch, Maria Käbisch Projektleitung: Hermann Käbisch, Christina Porebski Marketing: Natali Motter, Evelin Raffalt, Christina Porebski Redaktion: Melanie Arzenheimer, Hermann Käbisch, Silke Federsel, Christina Porebski, Edgar Mayer, Andreas Thamm, Melanie Bäumel-Schachtner, Anja Keilbach, Anita Haas, Sabine Kaczynski Layout: designerie WERBEAGENTUR, Kristin Leichtl, Daniela Kornbrobst, Nadine Morell, Christina Porebski, Jonas Wagner Druck: druckpruskil Gaimersheim

Auf diesem Wege wollen wir weiter schreiten. BAYERNS BESTES soll noch stärker von Ereignissen und Veranstaltungen unabhängiger werden. Wir wollen die Ausgaben noch mehr „entschleunigen“, uns noch mehr von einer Zeitschrift hin zu einem „Lesebuch für Bayern“ entwickeln. Wir möchten Ihnen Bände präsentieren, die Sie auch noch nach Monaten oder Jahren mit Genuss in die Hand nehmen, weil das, was es zu lesen gibt, nicht an Bedeutung verloren hat. Aus diesem Grunde werden wir das Erscheinungbild von BAYERNS BESTES ab der nächsten Ausgabe behutsam verändern. Dazu benötigen wir ein wenig Zeit. Daher erscheint der nächste Band erst Ende Februar. Insbesondere unsere Abonnenten bitten wir um Verständnis. Das Abonnement beinhaltet die gleiche Anzahl an Ausgaben, verlängert sich aber zeitlich etwas. Ein entspanntes Lesen wünscht Ihnen Hermann Käbisch

Bitte vormerken: Die nächste Ausgabe von Bayerns Bestes erscheint am 20. Februar 2017 Schmidt Max Foto: Beate Mittermayer

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INHALT

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INHALT

Auf König Ludwigs Spuren: Pferdeschlittenfahrten in Bayern

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60 Jahre Lach- und Schießgesellschaft

Mytos Schwabing: Langhans und Obermaier

08 BAYERN 1 BIS 3

42 AUF KÖNIG LUDWIGS SPUREN

Rasierpinsel statt Gamsbart, ein Mordfall des Jahres 1922 im Polizeimuseum, Lockruf der Décadence in Schweinfurt

Pferdeschlittenfahrten in Bayern

18 BAYERN DES MONATS

Josef Kardinal besitzt über 9 300 Schneekugeln

Hannah Rabenstein und ihre „Beschreibungen“, Su Turha, ein deutscher Regisseur und Autor mit türkischen Wurzeln

22 DER SCHMIDT MAX

48 SCHNEESTURM UNTER GLAS 54 BUDENZAUBER Besondere Weihnachtsmärkte in Bayern

Der „freizeit“-Moderator und Schauspieler im Interview

60 EIN WOCHENENDE IN PASSAU

26 SCHWABING

„Venedig des Nordens“ besticht durch seine Architektur, Kleinkunst und Museen und lädt zum Einkaufsbummel

Künstler, Krawalle und Konsum (26), „Wahnmoching“ - das literarische Schwabing (30), Einkaufen und Bummeln in Schwa- 68 WO SCHON DIE RÖMER BADETEN Bad Gögging: bayerische Tradition und römisches Flair bing (34)

38 DAS KABARETT

78 DER LEBKUCHENSPEZIALIST

Lach- und Schießgesellschaft ist 60 Jahre jung

Wolfgang Erhard präsentiert Elisen-Lebkuchen

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Abseits vom Trubel: Romantische Weihnachtsmärkte

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INHALT

Bernhard Kehrwald: Der singende Kardiologe

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Moderne Kalender: Sexy auf dem Bauernhof

Bad Gögging: Wo schon die Römer badeten

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Kurzurlaub: Ein Wochenende in Passau

78 GEWÜRZE VOM „AMT“

100 KINDER IN BAYERN UND CHINA

Die Manufaktur „Altes Gewürzamt“ in Klingenberg produziert hoch intensive Gewürze und Gewürzmischungen

Ein Dokumentarfilm zeigt in China bayerische Kindererziehung

82 HILFE BEI HERZSCHMERZ

Christian Bayerl hat eine Versicherungsagentur und Galerie

Johanna Eibauer aus Aiterhofen hilft bei Liebeskummer

84 SEXY AUF DEM BAUERNHOF

104 GALERIE ALS HERZENSWUNSCH 106 MUSIK AUS BAYERN

Bernhard Kehrwald ist der „singende Kardiologe“(108) und der Die Jungbauern und die Kartoffelerzeuger präsentieren attrak- Bayerische Rundfunk hat eine neue Volksmusikplattform (106) tive Bäuerinnen leicht geschürzt in ihren Kalendern

88 WO DER WOLF LOS IST In Rinchnach zelebriert man einen uralten Hirtenbrauch: das Wolfauslassen

90 TRADITIONEN Wolfgang Gsell sammelt Bier-Werbeschilder, Traditionsgasthaus „Zum Riesen“ und der Maurer und sein Wirtshaus

110 BAYERISCHES LESEN

Es schreiben: Gunna Wendt Biographien (110), Jörg Maurer Krimis (114), die Münchner Turmschreiber ihr Jahrbuch (119), Michael Stephan und Wilibald Karl über Schwabing (116) und KarlHeinz Kring über seine Krippensammlung (118)

120 SILVESTER UND VERANSTALTUNGEN Wohin Silvester (120) und Veranstaltungskalender (124)

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BAYERN 1

Einfallspinsel

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BAYERN 1

BAYERN 1 Ludwig Haas aus Holzkirchen trägt gern Hüte mit Gamsbart. Als er 70 Jahre alt wurde, wollten seine Freunde von der Freiwilligen Feuerwehr ihrem ehemaligen Kommandanten einen Radhelm schenken. Einen echten Gamsbart daran zu befestigen, das erschien aber doch unangebracht. So wurde ein Rasierpinsel am Helm montiert und damit radelt der inzwischen 78-Jährige munter durch die Gegend. Aus welchem Material der Pinsel gefertigt wurde, entzieht sich unserer Kenntnis; immerhin gibt es ja auch Rasierpinsel mit echtem Dachshaar. Der Einfall mit dem Pinsel zeigt, dass die Freunde von der Feuerwehr kluge Köpfe sind, nicht auf selbigen gefallen und schon gar keine Einfaltspinsel. Der traditionelle Gamsbart wird aus den Rückenhaaren („Aalstreif“) erwachsener Gamsböcke büschelförmig oder auch fächerartig gebunden. Bevorzugt wird wegen der Fellbeschaffenheit auf Tiere zurückgegriffen, die zum Winter hin erlegt wurden. Das Wildhaarbartbinden ist schon mehr Kunst als Handwerk. Vom Ausrasieren der Haare über das Waschen und Rupfen bis hin zum Binden ist eine Vielzahl von Arbeitsgängen zu erledigen. Für einen Bart werden Haare von einer bis zu zehn Gämsen verarbeitet. Seit 1960 gibt es übrigens eine Gamsbart-Olympiade. (hk)

Foto: dpa

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BAYERN 2

Bayerns

schaurigstes Verbrechen

Auf den Spuren eines sechsfachen Mordes

1922 wurden die Leichen von Andreas und Cäzilia Gruber sowie Tochter Victoria Gabriel und Enkeltochter Cäzilia im Stall aufgefunden. Die toten Körper der Magd Maria Baumgartner und des zweijährigen Josef wurden im Haus entdeckt. Vom Mörder fehlt bis heute jede Spur. Foto: Bayerisches Armeemuseum , 1922

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BAYERN 2

BAYERN 2

Der Mordfall Hinterkaifeck beschäftigt seit fast 100 Jahren Menschen weit über Bayerns Grenzen hinaus. Sechs Personen, darunter zwei Kinder, die auf dem gleichnamigen Hof nahe Schrobenhausen lebten, wurden kaltblütig umgebracht. Bis heute ist nicht klar, wer diese grausame Tat begangen hat. Im Polizeimuseum in Ingolstadt widmet sich seit Mitte September eine detailreiche Sonderausstellung mit Originalakten, Szenenbildern sowie Repliken, darunter eine Nachbildung der Reuthaue, die als Mordwaffe genutzt wurde, dem Mythos. Dieses Verbrechen „hat die Region nicht mehr losgelassen“, erklärte Dr. Ansgar Reiß bei der Eröffnung der Sonderausstellung „Mythos Hinterkaifeck“. Eine Besonderheit: Die Ausstellung wurde gemeinsam mit der Online-Community: www.hinterkaifeck.net konzipiert, die sich mit der Aufklärung des Falles, bis heute beschäftigt. Im Jahr 1955 wurden die Ermittlungen eingestellt. Im Museum können Sie dem Fall auf den Grund gehen. Wem das zu theoretisch ist, der sollte nach Waidhofen fahren. Denn hier kann man sich vor Ort auf Spurensuche begeben. Im Gasthof Bogenhausen bieten die Wirtin Sieglinde Bogenrieder und Fremdenführerin Maria Weibl Laternenwanderungen in das nahe gelegene Gebiet des ehemaligen Bauernhofs an. Der Ort liegt nicht einmal drei Kilometer von Hinterkaifeck entfernt. Vor der etwa zweistündigen Tour wird ein saisonales Vier-GängeMenü gereicht, danach gibt es Punsch am Lagerfeuer und dazwischen alle Fakten und Gerüchte rund um den Mordfall – Gänsehaut inklusive. Die Touren finden von Mitte September bis April statt. (ym) Buchbar unter Tel. 08443/1033 Kinder dürfen nicht teilnehmen.

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BAYERN 3

Décadence Lockruf der

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BAYERN 3

Links: Lovis Corinth: Bacchantenpaar, 1908, Öl auf Leinwand, Museum Georg Schäfer, Schweinfurt

Rechts: Heinrich Kley: Inspiration, undatiert, Federzeichnung, Museum Georg Schäfer, Schweinfurt

BAYERN 3

Auflehnung gegen die Erwartungen des Staats, der Kirchen und des Bürgertums gab es viele in der Geschichte. Eine Bewegung, in der der geistige und moralische Verfall als Freiheitsruf dient, findet sich nun in Schweinfurt in Form einer Ausstellung. Die künstlerische und literarische Rebellion, die 1860 von Paris ausging, , finden Sie im Museum Georg Schäfer in Schweinfurt unter „Lockruf der Décadence – Deutsche Malerei und Bohème 1840–1920“. Nimmt man die Geschichte des hässlichen Entleins, hat man wohl das Grundprinzip der Décadence-Bewegung, die ab 1860 von Paris ausging, etwas greifbarer gemacht. Aus etwas Hässlichem kann etwas Neues, etwas Besseres entstehen. So wird aus der Antiheldin Salome eine Heldin und aus Baccantischen Orgien eine Befreiung. Die Künstler rebellierten dagegen, in ihren Werken immer nur das Schöne und Idealisierte darzustellen. Bohemiens und Dandys waren wichtige Typen für die neue Bewegung. These der Schweinfurter Ausstellung ist, dass die Bewegung nicht erst um 1900 Deutschland erfasst hat, sondern dort bereits früher ihre Prägung fand. Künstler beschäftigten sich mit neuen Ideen und Motiven, stellten das Makabere in den Vordergund oder stellten männliche Phantasievorstellungen in Form von Kurtisanen und Kokotten dar. Im Museum werden 135 Gemälde und Zeichnungen von 64 Künstlern gezeigt, darunter zahlreiche Leihgaben aus europäischen Sammlungen. Hinzu kommt Literatur der Bohème. (cp) Vertreten sind u. a. die Künstler: Beardsley, Begas, Behrens, Böcklin, Corinth, Couture, Feuerbach, Glaize, Greiner, Gulbransson, Guys, v. Habermann, Hampel, Heine, v. Hofmann, Kaulbach, Keller, Klimt, Putz, Redon, v. Reznicek, Scholz, Slevogt, Stuck, Uhde und Weisgerber. Ausstellung vom 04.09.2016 bis 08.01.2017 Mehr Informationen: http://www.museumgeorgschaefer.de/

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TITELGESCHICHTE

Mehr als

Freizeit Der „freizeit“-Moderator und Schauspieler Schmidt Max im Gespräch

Max, seit 13 Jahren moderierst Du jetzt die Sendung „freizeit“, die gerade ihren 25. Geburtstag gefeiert hat. Das ist ein Konzept, das offensichtlich trägt. Was sind aus Deiner Sicht die Gründe? Von Hermann Käbisch Er ist der „Schmidt Max“, redet bayrisch und trägt Koteletten, breit und buschig wie „zwoa Oachkatzlschwoaf“. Und das seit 13 Jahren. Eigentlich schon länger, aber seit 2003 weiß das ein breites Publikum, denn so lange moderiert der Schmidt Max die Sendung „freizeit“ im Bayerischen Fernsehen. Das ist die erste deutsche Freizeit-Sendung überhaupt. Seit 1991 erfindet sie die Freizeit zwar nicht neu, zeigt sie aber anders: bayerisch, hinterkünftig, informativ. Und der Schmidt Max ist der Kopf der Sendung - jedenfalls auf dem Bildschirm. Die geistigen Väter waren von Anfang an die Redakteure Frank Meißner und Herbert Stiglmaier, die das Format im Auftrag des BR vor 25 Jahren entwickelt haben. Anlässlich des Jubiläums, das im Oktober gefeiert wurde, durften sich die Zuschauer etwas wünschen. „Abenteuer“ wollten sie sehen und so hatte der Schmidt Max das Vergnügen, in einer Steilwand im Allgäu biwakieren zu dürfen/müssen. Das bayerische Urgestein hat es überlebt und uns beim Frühstück in einem Café in der Kurfürstenstraße in München erzählt, was den Erfolg der Sendung ausmacht und was er sonst noch so treibt.

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Schmidt Max: Ich vermag das nicht zu beurteilen, warum das so ist. Aber es ist doch erstaunlich, dass so ein Format über 25 Jahre einen Halt im Sender hat und bei den Zuschauern ankommt. Wir sind, wenn man es mal genau nimmt, völlig unwichtig. Wir sind weder tagesaktuell, noch Fußball, noch politisch. Allerdings: Wenn man es andersherum nimmt, sind wir „wichtig“, weil wir ein gewisses Gefühl oder eine Atmosphäre in unserem Sender verströmen. Was man im Sender als Wert erkennt. „Do bin i dahoam“ - sozusagen. Ihr macht Lagerfeuer und sucht Nahrung im Wald, Du triffst Winzer, schwimmst in Flüssen und übernachtest in einer Steilwand. Das sind ganz unterschiedliche Themen. Bist Du an der Findung beteiligt, bringst Du Ideen ein? Schmidt: Frank Meißner und Herbert Stiglmaier sind großartige Redakteure, die seit 25 Jahren Themen entdecken, die „vom Boa weg guat san“. Wir setzen uns zusammen und dann recherchiert man und bespricht: Wie erzählt man das? Was ist wichtig, haben wir einen roten Faden darin. Wir entwickeln einThema, fahren hin und drehen. Das ist auch die Qualität für mein Leben: Dass ich nicht nur etwas „wegmoderiere“, sondern, dass ich „mit dabei bin“. Die Sendung gibt es seit 25 Jahren. Im Endef-


Die Koteletten sind sein optisches Markenzeichen: der Schmidt Max Foto: Beate Mittermayer

Der Schmidt Max wurde 1968 in München geboren, wo schon sein Urgroßvater einen Stand auf dem Viktualienmarkt hatte. Als er noch in der Werbefilmbranche arbeitete, wurde der Bayerische Rundfunk auf ihn aufmerksam. Sei 2003 moderiert er das vierzehntäglich ausgestrahlte Magazin „freizeit“, das jetzt 25. Geburtstag feierte. Zwischenzeitlich folgten zahlreiche Rollen in Kino- und Fernsehfilmen, etwa im Tatort oder in der Serie München 7. Charakteristisch für den Schmidt Max sind seine Koteletten und sein (Münchnerisches) Bayrisch.

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Biwak in der Steilwand: Schmidt Max (links) seilt sich ab. Foto: BR

fekt stehen da zwei Mann dahinter: Frank Meißner und Herbert Stiglmaier. Da muss man schon den Hut ziehen. Im Prinzip 25 Jahre immer wieder mit einer Leidenschaft in diese Sendung gehen, sie an einem Sender zu halten. Da gibt es Strömungen, da ändert sich die Führungsebene. Es spricht für die beiden, dass sie das Schiff immer da durch gelenkt haben. Und nach 25 Jahren - Du bist 13 Jahre dabei - haben sie Dich bei der Burg Falkenstein in eine Steilwand gelenkt. Biwakieren über dem Abgrund. Wollten Sie Dir mal richtig Angst einjagen? Schmidt: I bin da obi, i hab mi gar net ogseilt (lacht). Im Ernst: Angst hatte ich zwar nicht, aber ich war natürlich angespannt. Das Abseilen im Fels schärft die Sinne. Das Schöne ist, dass Du an nchts anderes denkst. Man hat sonst so schwirrende Gedanken. Das liebe ich ja an der Sendung, dass ich persönlich an etwas hingeführt werde. Ich lerne Dinge kennen, wie zum Beispiel auch den Wein, Kaffee, Biere und Menschen - oder auch Aktivitäten wie Bungee-Jumping. Aber Du nimmst nie alles „bierernst“, sondern zwinkerst immer mal in die Kamera... Schmidt: Es geht ja um nix, es soll ja unterhaltsam bleiben. Ich kommentiere schon mal etwas, ohne aber respektlos zu werden. Ich will keine Unterhaltung auf Kosten anderer machen. Im Gegenteil: Ich habe großen Respekt vor den Menschen, mit denen ich es in der Sendung zu tun habe.

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Wenn Du nicht „freizeit“ drehst, was machst Du dann in Deiner Freizeit? Schmidt: Ich habe eine Familie, die ich in diesen Momenten genieße. Durch die Sendung „freizeit“ bin ich auch viel unterwegs, auch sonst bei anderen Dreharbeiten. Meine Familie hat schon seit langer Zeit am Chiemsee ein Haus. Das bietet sich natürlich an: Da können die Kinder im Garten rumlaufen, in die Berge gehen oder raus an den See. Ich muss dann nicht weg, ich bin dann gern daheim. Das ist für mich wichtig.

„Die Koteletten waren vor allem anderen“ Wichtig sind für Dich anscheinend auch Deine Koteletten. Ich kenne kein Bild, auf dem sie Dich nicht zieren. Bist Du damit auf die Welt gekommen? Schmidt: Die Koteletten waren vor allem anderen; die waren schon immer (lacht). Im Jahre 2014 hab ich sie mal wegmachen müssen. Das war für den ZDF-Dreiteiler: „Tannbach“. Da hab ich den Müller gespielt. Da hat natürlich die Zeit nicht ganz zu den Koteletten gepasst. Ich konnte mir ja nicht vorstellen, dass man ohne die Koteletten noch atmen kann. Das gibt mir ja auch irgendwo Sicherheit. Was heißt Sicherheit. Ich erkunde


RUBRIK XXXX

Schmidt Max und Jutta Speidel spielen zusammen in dem Film „Fanny und die geheimen Väter“. Foto: SWR/ARD Degeto/Barbara Bauriedl

sehr viel Neues und deshalb fand ich`s ja auch großartig, dass sie mal weg mussten. Die Koteletten kamen mit dem Bartwuchs, der bei mir relativ früh einsetzte. Ich habe sie nur einmal freiwillig wegrasiert. Da war ich, glaub ich, 15 Jahre alt.. Im Skilager gab es ein Mädchen und dem wollt‘ ich gefallen und die fand des gut, wenn‘s Gesicht glatt rasiert ist. Dann bin ich zum Frühstück und der ganze Tisch hat mich ausgelacht. Das war das letzte Mal, dass ich daran freiwillig was verändert habe. Mit Koteletten sieht man Dich Im Augenblick auch auf der Leinwand in dem Film „Schweinskopf al dente“.

Schmidt: Ich spiele da den Wirt „Wolfi“. Der Film gehört wie „Winterkartoffelknödel“ und „Griesnockerlaffäre“ zur Rita-FalkSerie. Auf dem Fernsehbildschirm bist Du auch sehr präsent, gerade an der Seite von Jutta Speidel zu sehen. Schmidt: Der Film heißt „Fanny und die geheimen Väter“. Ich spiele als imaginärer Begleiter von Fanny deren verstorbenen Vater. Ich danke Dir für das Gespräch und wünsche Dir noch ein langes Leben.

Blödeln beim Interview-Frühstück - Kai Bernhöft zückte sein Handy und knipste den Schmidt Max und unseren Autor. Fotos: Bernhöft

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Schwabing

entdecken Kleine Läden, gemütliche Cafés bummeln durch Schwabing

Gleich am Anfang ein Geständnis: Schwabing wird nach überwiegender Meinung im Süden durch die Georgenstraße begrenzt. Aber das Lebensgefühl in der Türken- oder Kurfürstenstraße (die ohnehin auch durch Schwabing verläuft) entspricht „Wahnmoching“ (oder den Resten davon). Wir haben daher das „neue Rossini“ in der Türkenstraße (das „alte“ war in der Elisabethstraße und damit in Schwabing) ebenso erwähnt wie das kleine Lokal Café&Kaffee (Ecke Türken-/Adalbertstraße), wo man die Kabarettgrößen des ZDF treffen kann, die im ARRI ihre Sendung „Die Anstalt“ produzieren. Eine der schönsten Einkaufstraßen ist sicher die Hohenzollernstraße, wo noch viele kleine Läden den internationalen Ketten widerstehen. Ein paar sehr gute Tipps verdanken wir einer Juristin, die in der Friedrichstraße arbeitet und die Lokale in der Elisabeth-

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straße schätzt. Kunst und Antiquitäten findet der Sammler in der Kurfürstenstraße. Lebensmittel auf dem Elisabethmarkt, um dessen Gestaltung gekämpft wird, einzukaufen, ist ein Genuss. Unsere Auswahl ist natürlich unvollständig und subjektiv. Aber wir haben wirklich getestet und was wir erwähnt haben, ist tatsächlich empfehlenswert. Wenn es Ihnen nicht schmeckt, bleibt das „Tantris“ - auch in Schwabing. (hk)


Italienisches Feeling am Elisabethplatz: Die Weinbar „backerl“ bietet neben zahlreichen Weinen auch Kleinigkeiten zum Essen. Fotos: hk

Einkaufsvergnügen beim Elisabethmarkt: Der Platz soll umgestaltet werden, die Bürger laufen Sturm. (oben) Vor Freude hüpfen: Die Eisdiele Trampolin in der Nordendstraße gehört zu den besten Eiscafés in Deutschland. (unten) Foto: hk

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Eldorado für Kunstliebhaber: In der Kurfürstenstraße sind Kunst- und Antiquitätengeschäfte aneinander gereiht. (links) „Rossini - oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief“: So lautete der Titel des Films von Helmut Dietl. Der Originalschauplatz (Restaurant Rossini) befand sich in der Elisabethstraße. Inzwischen ist das Lokal in die Türkenstraße umgezogen. Die Fassade ist so schmal, dass man leicht daran vorbei läuft. (unten)

Szene-Treff: Interessante Schwabinger Typen trifft man in der Osteria „Da Angelo“. Hier gibt es auch günstige Mittags-Menüs. (oben)

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Unscheinbares Promi-Café: Im Café&Kaffee (Ecke Türken-/Adalbertstraße) kann man „Die AnstaltKabarettisten“ Max Uthoff und Claus von Wagner treffen. (oben links) Idyllischer Hinterhof: „Akthof“ nennt sich die private Kunstschule in der Türkenstraße, wo „im Grünen“ gemalt werden kann. (oben rechts) Beliebte Einkaufsstraße: Viele kleine, auch exklusive Läden finden sich noch in der Hohenzollernstraße, die von der Leopoldstaße in Richtung Westen verläuft. (links)

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GESELLSCHAFT

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GESELLSCHAFT Diese Damen machen sich stark für die Landwirtschaft und modeln für den Kalender der bayerischen Jungbauern. Foto: Jungbauernkalender

Splitternackt Ketten auf die Räder des Traktors aufziehen, barbusig im Stall eine Leiter emporklimmen - ist das der Arbeitsalltag bayerischer Bäuerinnen? Sicher nicht. Aber in den Kalendern der Bayerischen Jungbauernschaft und der Kartoffelerzeuger wird nicht mit nackter Haut gespart. Der Zweck: die Attraktivität der Landwirtschaft und der Kartoffel

SEXY

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erinnen werben Leicht geschürzte Bäu für die Landwirtschaft 85


VERLOSUNG

Alles fĂźr die Knolle: Die bayerischen Kartoffelbauern haben ihren eigenen Kalender. Fotos: Bayerische Kartoffel/Egbert Krupp

Wir verlosen jeweils zwei Exemplare des Jungbauernkalenders und des Kartoffelkalenders. Gewinnspieladresse: info@bayernsbestes.de Stichwort: Kartoffel oder Jung Einsendeschluss: 10. November 2016


Caroline aus Oberstdorf betreibt zusammen mit ihrem Mann einen Milchwirtschaftsbetrieb. Foto: Jungbauernkalender

„Ich würde nicht gerade bauchfrei im Melkstand stehen, denn zwei Stunden so zu melken ist keine Wunschvorstellung.“ zu demonstrieren. Das gibt Caroline aus Oberstdorf im Interview mit dem Bayerischen Fernsehen zu. Die 33-Jährige ist eine von sechs Frauen, die für den Kalender der Jungbauern vor der Kamera standen. Sie wurde aus 150 Bewerberinnen ausgesucht und gehört zu den Kalenderschönheiten, die tatsächlich einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaften. Andere „Jungbauernmodels“ sind zwar im elterlichen Betrieb aufgewachsen und helfen daheim auch mit, üben aber einen anderen Beruf aus. Caroline besitzt mit ihrem Mann einen Milchwirtschaftsbetrieb mit 120 Kühen. Doch auch die Oberstdorferin hatte zunächst Hotelfachfrau gelernt, bevor sie sich ihrer Hauptaufgabe auf dem Hof, der Aufzucht der Kälber, widmete.

sind die freizügigen Bäuerinnen, von Anja Koppitsch vorteilhaft in Szene gesetzt, allemal. Was den Jungbauern recht ist, das ist den Kartoffelbauern billig: Auch sie offerieren einen freizügigen Kalender: Der nennt sich „Heiße Kartoffel 2017“. Gleich 13 junge Frauen wurden hier vom Münchner Fotografen Egbert Krupp ins rechte Licht gerückt. Das Motto hier: „back to the roots“. Negligé, BH und kurze Latzhose hier ist zwar etwas mehr Stoff im Einsatz, doch was das mit Wurzeln, zu denen zurückgekehrt werden soll, zu tun hat, bedarf noch der Aufklärung. Das Projekt der bayerischen Kartoffelanbauer und ihrer Vermarkter soll belegen: Die schmackhafte Knolle ist nicht altbacken und fad. Dafür lässt sogar die amtierende Kartoffelkönigin Johanna I. die Hüllen fallen.

„Crossfit am Bauernhof“, lautet das Motto des Jungbauernkalenders. „Trotz fortschreitender Modernisierung und Automatisierung in der Landwirtschaft gibt es viele Arbeiten, welche die Muskeln der Landwirte stark beanspruchen“, erklären die Jungbauern bei der Präsentation des Kalenders. Ob viel Haut zugleich viel Kraft bedeutet, das bleibt offen. Aber ein schöner Anblick

Ob die Kalender den Verzehr der Kartoffel beflügeln und den zu niedrigen Milchpreis in die Höhe treiben, das bleibt abzuwarten. Aber vielleicht finden junge Frauen mehr Gefallen an der aufregenden Landwirtschaft und die Jungbauern eher eine Frau. RTLFormate wie „Bauer sucht Frau“ haben dann ausgedient. Gut so! (cp)

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KUNST & KULTUR

Mehr als die Frau an Karl Valentins Seite: Liesl Karlstadt Foto: Monacensia:

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KUNST & KULTUR

Detektivarbeiterin Die Münchner Biografin Gunna Wendt In Bayern kennt sie jeder. In München hat man ihr sogar ein Denkmal gesetzt. Elisabeth Wellano war Schauspielerin, Soubrette und Kabarettistin und ist bis heute unvergessen. Elisabeth wer? Es ist wohl eher ihr Künstlername Liesl Karlstadt, den man auch fast 60 Jahre nach ihrem Tod mit jener hochtalentierten, wandlungsfähigen Dame verbindet, die mehr war, als nur die „Bühnenpartnerin“ von Karl Valentin. Genau solche Persönlichkeiten sind es, die Gunna Wendt interessieren, denen sie nachspürt, ohne sie in Skandal- oder Klatschgeschichten publikumswirksam zu „zerlegen“. Der Biografin geht es in erster Linie um das Werk, das Tun, die Laufbahn eines Menschen und wie das, was wir heute etwa als Hinterlassenschaft eines Künstlers kennen, mit dem Leben dieser Person zusammenhängt. Gunna Wendt hat Soziologie und Psychologie studiert und so ist es nicht verwunderlich, dass sie ihr Leben ganz der Erforschung „anderer Leben“ widmet. Das Thema ihrer Magisterarbeit an der Universität Hannover lautete „Paula Modersohn-Becker. Zur Situation einer Künstlerin um die Jahrhundertwende in Deutschland“. Bevor es sie 1981 als freie Autorin, Redakteurin und Kuratorin nach München verschlagen hatte, stieß sie in Hannover bereits auf Liesl Karlstadt: „Ihre Wandlungsfähigkeit hat mich fasziniert.“ Und doch hatte sie das Gefühl, dass alle immer nur von Karl Valentin reden würden. Auch in München. „Ich fand es gut, als das Valentin Musäum in Karlstadt Valentin Musäum umbenannt wurde“, betont Gunna Wendt, die damals den Karlstadt-Raum des Museums konzipiert hat.

„Ich habe das Gefühl, dass es inzwischen etwas gerechter geworden ist.“ Wenn sich Gunna Wendt einer Person annimmt, dann wühlt sie sich durch Briefe und Tagebücher, analysiert Selbstportraits, trifft sich mit Nachkommen oder Weggefährten, nimmt Kontakt zu Nachlassverwaltern auf und reist, wenn nötig, durch die halbe Welt, um Dokumente, Objekte oder Werke von und über die jeweilige Person

ausfindig zu machen. Am schwierigsten war das im Fall von Maria Callas, deren Biografie „Meine Stimme verstörte die Leute. Diva assoluta Maria Callas“ 2006 erschien (Neuauflage voraussichtlich im kommenden Frühjahr). Hier war der Nachlass nach einer Versteigerung in alle Winde verstreut. Und nicht nur das: Bei ihrer Recherche hatte die Autorin mit recht schrillen Leihgebern und Callas-Fans zu tun, die ihre Beziehung zur Operndiva durchaus geschönt hatten, um selbst ein Stück des Ruhms abzubekommen. „Die Recherche ist schon eine Detektivarbeit“, erklärt die Biografin, „und ich kann dann auch mal sehr hartnäckig sein!“ Diese Hartnäckigkeit kam ihr im „Fall Karlstadt“ zugute. Die Biografin war die erste, die Einsicht in die Krankenakten Elisabeth Wellanos hatte, die in der Klinik in der Nußbaumstraße in München verwahrt werden. Die Mitarbeiter der Klinik waren anfangs wenig begeistert, aber der Enthusiasmus von Gunna Wendt wirkte schließlich ansteckend (und das in einem Krankenhaus) und so konnte die Biografin auch einen Einblick in die tiefe Lebenskrise der Schauspielerin bekommen, die 1935 versuchte, sich in der Isar das Leben zu nehmen.

Lena Christ Foto: Monacensia

„Sie war alles Mögliche, aber am wenigsten Resi Berghammer“ Eine andere große „bayerische Bühnenfrau“, die von Gunna Wendt portraitiert wurde, ist die Schauspielerin, Regisseurin und Intendantin Ruth Drexel. Noch zu deren Lebzeiten hatte sie zu ihr Kontakt aufgenommen, doch der plötzliche Tod Drexels im Jahr 2009 durchkreuzte die Pläne, sich mit ihr persönlich zu treffen. Und so interviewte Gunna Wendt fast 30 Personen (darunter die beiden Töchter, Ottfried Fischer, Katharina Thalbach, Lis Verhoeven und Josef Hader) aus dem privaten und beruflichen

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