BBB Nachrichten Januar/Februar 2017

Page 1

BAYERN

70 Jahre Bayerische Verfassung Seite 11

TARIF

Auftakt der TV-L Einkommensrunde 2017

JAN | FEB 2017 B 2428 E ISSN 0173-3796

NACHRICHTEN

Seite 19

VERBAND

dbb Jahrestagung Seite 26

IM FOKUS

ZEITSCHRIFT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST IN BAYERN

KLARES NEIN ZUR BÜRGERVERSICHERUNG Seite 12



EDITORIAL

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

SIE HABEN FRAGEN? WIR SIND FÜR SIE DA.

Christine Bodony Beamten- und Laufbahnrecht bodony@bbb-bayern.de

Vanessa Kasperkowitz Versorgung, Rechtsschutz, Personalvertretungsrecht kasperkowitz@bbb-bayern.de

Annette Ondracek Versorgung, Rechtsschutz

3

LIEBE LESERINNEN UND LESER, haben Sie sich schon einmal gefragt, wie lange es dauert, bis 1 Million zu zählen? Es gibt tatsächlich jemanden, der das getestet hat: Jeremy Harper. Er verließ seine Wohnung und rasiert sich nicht, bis er zu Ende gezählt hatte und streamte es live im Internet. Es dauerte drei Monate. An unfassbaren Geschichten, womit Menschen ihre Zeit verbringen, kommt das gleich nach Eisbaden am Flaucher oder Spinnensuche in der Antarktis (angeblich der einzige Kontinent ohne Spinnen). Bevor Sie jetzt bis 2 Millionen zählen, empfehle ich Ihnen lieber die aktuelle Ausgabe der BBB-Nachrichten. Wir haben es dringend für nötig gehalten, uns im Fokus mit der aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung auseinander zu setzen, die die Einbeziehung der Beamten in die gesetzliche Krankenversicherung fordert. Vielleicht sollte auch hier so manch einer die Zahlen bis zu Ende zählen ... . Wir haben uns sehr gefreut, drei bedeutende Kommentatoren gewinnen zu können! Im rechtlichen Teil finden Sie einen Überblick zum Konkurrentenstreitverfahren. Es macht keinen Spaß, sich das berufliche Fortkommen auf dem Rechtsweg zu erstreiten. Manchmal ist es aber einfach notwendig zu wissen, was zu tun ist, wenn man sich übergangen fühlt. Sollte es Sie einmal treffen, haben Sie hier erste Anhaltspunkte. Natürlich stehen Ihnen dann auch der BBB und seine Rechtsexperten zur Seite.

ondracek@bbb-bayern.de

Ich freue mich auf ein weiteres gemeinsames Jahr mit Ihnen und den BBB-Nachrichten! Mit herzlichen Grüßen von und aus der Redaktion

Michael Rosch Besoldungs- und Tarifrecht, Beihilfe, Kreisausschüsse rosch@bbb-bayern.de

Anette Egle Chefredakteurin BBB-Nachrichten redaktion@bbb-bayern.de


4

INHALT

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

12 ES BLEIBT DABEI! KLARES N E I N ZUR BÜRGERVERSICHERUNG

19 AUFTAKT DER TV-L EINKOMMENSRUNDE 2017

28 BBB-SENIORENVOLLVERSAMMLUNG TAGT IN MÜNCHEN

ZUR AKTUELLEN LAGE

TARIF

5

19 Auftakt der TV-L Einkommensrunde 2017 dbb-Beschluss: 6 % inkl. sozialer Komponente 20 Leistungsprämien für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

2017 – Ein Jahr großer Themen Rolf Habermann, Vorsitzender

BAYERN 6 6 7

Beteiligungen, Veröffentlichungen Florian Hölzl, CSU Einkommensrunde 2017 Der Haushalt hält die Mittel bereit! 7 Hervorragende Rendite im Bayerischen Pensionsfonds 8 Ein starker Staat braucht motivierte Beschäftigte und Bedienstete: SPD fordert „Fachkräfte- und Nachwuchsinitiative 2030“ 8 Bayern wächst! Bis 2035 700 000 Einwohner mehr 9 Gesundheitsministerium zieht nach Nürnberg – Herausforderungen und Chancen 11 Bundesfernstraßengesellschaft – BBB schaltet sich ein 11 70 Jahre Bayerische Verfassung: Ein Festakt im Nationaltheater bildet den Abschluss des Jubiläumsjahrs

IM FOKUS 12 TITELTHEMA: Es bleibt dabei! Klares N E I N zur Bürgerversicherung

BUND 17 Arbeit 4.0: Weißbuch wird vorgelegt 17 dbb erneut mit kräftigem Anstieg der Mitgliederzahlen 18 NRW-Gesetzentwurf im Bundesrat: Schärfere Strafen für Angriffe auf Beschäftigte im öffentlichen Dienst 18 Bericht „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“

BEAMTENRECHT 21 Im Überblick: Das Konkurrentenstreitverfahren 22 Neue Regelungen ab 1. Januar 2017: Eigener Beihilfeanspruch während der Elternzeit – Bemessungssatz beträgt 70 % Erhöhung der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten Zweites Pflegestärkungsgesetz tritt in Kraft – Auswirkungen auf die Beihilfe

TARIFRECHT 24 Änderungen im AGB-Recht: Einzelverträge im öffentlichen Dienst werden angepasst 25 Tarifeinheitsgesetz: Verhandlungen vor dem Bundesverfassungsgericht

VERBAND 26 28 28 29 30 30 30

dbb Jahrestagung 2017: Europa – quo vadis? Zahlen Daten Fakten 2017: Komprimiertes Fachwissen Seniorenvollversammlung KA Passau: „Fasching einmal anders“ KA Kronach: Ein aktives Jahr KA Nordoberpfalz: Versorgungsthemen im Mittelpunkt KA Nürnberg: Neuwahlen

AUS DER RECHTSPRECHUNG 31 Mietentschädigung bei Dienstortwechsel


ZUR AKTUELLEN LAGE

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

5

2017 – EIN JAHR GROSSER THEMEN Liebe Kolleginnen und Kollegen,

EINKOMMENSRUNDE 2017

Die Forderung steht: 6 % inkl. sozialer Komponente! In den nun anstehenden Verhandlungsrunden wird sich zeigen, was erreicht werden kann. Das Ergebnis wird auch für die die Beamtinnen und Beamten in Bayern interessant. Die vergangenen Tarifergebnisse wurden jeweils zeit und wirkungsgleich übernommen. Die Zusage des Bayerischen Finanzministers steht auch dieses Mal (siehe Seite 7 und 19).

da ist es wieder mal soweit! Diesmal ist es die Bertelsmann-Stiftung, die mit einem Gutachten auf den Nachrichtenmarkt drängt, um zu behaupten, der Wechsel von Beamten sei der einzig gangbare und gerechte Weg, um das Gesundheitssystem in Deutschland zu retten. Es hat mich mit gewisser Genugtuung erfüllt, dass die Studie in der Öffentlichkeit genau die Anerkennung gefunden hat, die sie verdient hat. Nämlich gar keine! Hier soll mit Zahlenspielen reine Augenwischerei betrieben werden, die einem so grundlegenden und wichtigen System wie der öffentlichen Gesundheitsvorsorge in keiner Weise gerecht wird. Ja, hier liegt einiges im Argen! Aber genau deswegen brauchen wir eine ehrliche Diskussion. Keine Neiddebatte auf Kosten der Beamten. Die Beihilfe ist für uns alle elementarer Bestandteil unseres Beschäftigungsverhältnisses. Sie ist „Teil des Deals“, sie war Geschäftsgrundlage für jeden, der sich für das Beamtenverhältnis entschieden hat. Sie hat aber auch gesamtgesellschaftliche Bedeutung: Zusammen mit der privaten Versicherung stützt sie in ihrer aktuellen Ausgestaltung das deutsche Gesundheitsvorsorgesystem und trägt wesentlich zur Aufrechterhaltung der Standards bei, um die wir in so manchem anderen Land beneidet werden. Wer hier auf eine Einheitslösung drängt, verdrängt Wettbewerb und Fortschritt zugunsten kurzfristiger Mehreinnahmen. Die Bertelsmann-Studie lässt alle Langzeitwirkungen außer Acht. Das hat die Presse zum Glück weitgehend erkannt. Auch bei den Einkommensrunden ist es wieder mal soweit! Am 18. Januar 2017 war Verhandlungsauftakt für den Bereich der Tarifbeschäftigten der Länder. Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter versuchen sich auf eine gemeinsame Linie zu einigen. Das geht für gewöhnlich nicht gänzlich problemlos. Wenn Sie diese Zeitung erhalten, wird gerade die zweite Verhandlungsrunde zu Ende sein. Ich

persönlich rechne frühestens für Mitte Februar mit Ergebnissen. Auch wenn diese Ergebnisse dann zunächst ausschließlich die Tarifbeschäftigten Bayerns betreffen, dürfen auch die Beamtinnen und Beamten zuversichtlich sein. Sowohl Ministerpräsident Horst Seehofer, als auch Finanzminister Dr. Markus Söder haben in ihren Grußworten zum Jahreswechsel betont, wie wertvoll die Arbeit der Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist. Bayern stehe im Besoldungsrecht im Ländervergleich mit an der Spitze. Das solle auch künftig so bleiben, so der Ministerpräsident. Das nehmen wir wörtlich! Und auch der Finanzminister bleibt bei seiner Position: „Gute Arbeit muss gut bezahlt werden!“. Das denken wir auch! Der BBB wird sich für eine zeit- und wirkungsgleiche Übernahme des Tarifergebnisses einsetzen. Ich vertraue darauf, dass wir Ihnen schon bald positive Ergebnisse vermelden können. Wie Sie sehen, starten wir schon gleich zu Beginn des Jahres mit großen und wichtigen Themen. Aber das Jahr 2017 verspricht auch noch weitere spannende Ereignisse. Wenn im Herbst die Bundestagswahlen abgeschlossen sind, wird es schon kurz danach beim Beamtenbund auf Bundesebene darum gehen, beim dbb Gewerkschaftstag unsere Gremien neu zu besetzen. Ganz besonders freut es mich, dass der BBB in diesem Jahr auf ein volles Jahrhundert seiner Arbeit für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zurückblicken dürfen wird. Die Arbeit hat sich gewandelt, aber ich bin stolz sagen zu können, wir sind auf der Höhe der Zeit! Begleiten Sie uns weiterhin mit so viel Engagement wie bisher! Mit kollegialen Grüßen Ihr

Rolf Habermann Vorsitzender Bayerischer Beamtenbund e.V.


6

BAYERN

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

BETEILIGUNGEN Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen Verordnung zur Änderung der Zulassungs- und Aus­bildungsordnung für das Lehramt an beruflichen Schulen (ZALB) Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Ausbildungskapazität der Bayerischen Forstverwaltung in den forstlichen Vorbereitungsdiensten in Bayern Entwurf einer Verordnung zum Rundfunkrat und zum Medienrat (Wahlordnung für Rundfunk- und Medienrat – RMRatV) Lehrplan PLUS Berufliche Oberschule Entwurf einer Schulordnung für die Fachakademien (Fachakademieordnung – FakO)

VERÖFFENTLICHUNGEN Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Freistaates Bayern für die Haushaltsjahre 2017 und 2018 (Haushaltsgesetz 2017/2018 – HG 2017/2018), GVBl. Nr. 20/2016, Seite 399 Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften; GVBl. Nr. 19/2016, Seite 354 Gesetz zur Änderung des Bayerischen Hochschul­ gesetzes und des Bayerischen Hochschulpersonal­ gesetzes, GVBl. Nr. 19/2016, Seite 369 Verordnung zur Änderung der Verordnung über beamten-, richter-, besoldungs-, reisekosten-, trennungsgeld- und umzugskostenrechtliche Zuständigkeiten für Staatsbeamte im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsminis­teriums des Innern, für Bau und Verkehr und über die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Versagung der Aussagegenehmigung für Kommunal­ beamte, GVBl. Nr. 20/2016, Seite 442 Verordnung zur Änderung der Bayerischen Trennungsgeldverordnung und der Dienstwohnungsverordnung, GVBl. Nr. 19/2016, Seite 388 Änderung der Bekanntmachung Verfassungstreue im öffentlichen Dienst, AllMBl. Nr. 15/2016, Seite 2181 Dienstliche Beurteilung der Richterinnen und Richter in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, AllMBl. Nr. 15/2016, Seite 2183 Änderung der Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen des Freistaates Bayern für den öffentlichen Personennahverkehr, AllMBl. Nr. 15/2016, Seite 2191 Richtlinien zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Freistaates Bayern in den Haushaltsjahren 2017 und 2018 (Haushaltsvollzugsrichtlinien 2017/2018 – HvR 2017/2018), FMBl. Nr. 1/2017, Seite 16 Zweite Änderung der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der Beamtinnen und Beamten im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat; FMBl. Nr. 13/2016, Seite 246 Fünfzehnte Änderung der FahrkostenzuschussBekanntmachung; FMBl. Nr. 12/2016, Seite 232

Florian Hölzl, CSU Aufgrund des Ausscheidens von Martin Neumeyer aus dem Landtag – er ist zum Kelheimer Landrat gewählt worden – rückte ich am 01.11.2016 in das Landesparlament nach. In meiner neuen Funktion gehöre ich zum einen dem Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes und zum anderen dem Ausschuss für Arbeit, Soziales, Jugend, Familie und Integration an. Schließlich darf ich als stellvertretendes Mitglied in der Enquete-Kommission „Integration in Bayern aktiv gestalten und Richtung geben“ mitarbeiten. Auch wenn ich mit 31 Lebensjahren im „politischen Geschäft“ noch relativ jung sein mag, durfte ich auf kommunalpolitischer Ebene bereits Erfahrungen sammeln. Seit 2008 gehöre ich dem Marktgemeinderat meiner Heimatgemeinde Pfeffenhausen sowie dem Kreistag von Landshut an. Von Beruf bin ich Jurist. Nach dem Abitur am Maristen-Gymnasium Furth nahm ich das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Regensburg auf, das ich im Jahr 2011 abschloss. Nach dem zweijährigen Referendariat mit dem Schwerpunkt Verwaltungsrecht legte ich schließlich im Jahr 2013 die zweite juristische Staatsprüfung ab. Einem kurzen Intermezzo als Rechtsanwalt folgte im Herbst 2013 der Eintritt in den Staatsdienst. Als Regierungsrat im Geschäftsbereich des Staatsministeriums des Inneren, für Bau und Verkehr war ich bis zu meinem Einzug in den Landtag als Abteilungsleiter für Umwelt- und Wasserrecht, Wirtschaft und Verkehr am Landratsamt Straubing-Bogen beschäftigt. Dieser Lebensabschnitt, der zu meiner persönlichen Weiterentwicklung beigetragen hat, war mir für meine jetzige Arbeit im Landtag eine wertvolle Schule. Ich werde immer auch diejenigen im Blick haben, die in den Ämtern die Regelungen vollziehen müssen, die wir im Parlamentsalltag beschließen. Schon wegen meines eigenen beruflichen Werdegangs bin ich ein Fürsprecher eines modernen öffentlichen Dienstes und bin dankbar, gleich zu Beginn meiner Landtagszugehörigkeit Mitglied des insoweit zuständigen Parlamentsausschusses geworden zu sein. Auch wenn sich der öffentliche Dienst im Freistaat in prächtiger Verfassung befindet, werden die politischen Entscheidungsträger und die Angehörigen des öffentlichen Dienstes in den nächsten Jahren auch Herausforderungen zu meistern haben. Zu nennen sind zum Beispiel die Gestaltung der Digitalisierung, die auch vor unseren Behörden nicht Halt machen wird, und die in einer älter werdenden Gesellschaft an Bedeutung gewinnende Nachwuchsrekrutierung. Ich bin fest überzeugt, dass der öffentliche Dienst als Arbeitgeber für junge Menschen hoch attraktiv ist: Verlässlichkeit, Aufstiegsmöglichkeiten und vielfältige Einsatzgebiete gehören zu den Pfunden, mit den wir wuchern können. Zum Abschluss noch ein privater Einblick: Seit Oktober letzten Jahres bin ich mit meiner Frau Steffi verheiratet. In meiner Freizeit treibe ich als ehemaliger Kunstturner Ausgleichssport.


BAYERN

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

7

„Gute Arbeit muss auch gut bezahlt werden!“ (Grußwort zum Jahreswechsel, FMBl. Nr. 13 / 2016)

EINKOMMENSRUNDE 2017

Der Haushalt hält die Mittel bereit! Gerade haben die Verhandlungen für den Tarifbereich der Länder begonnen. Das ist auch für die Beamtinnen und Beamten in Bayern interessant, obwohl sie nicht unmittelbar betroffen sind. Die Vergangenen Tarifergebnisse wurden jeweils zeit- und wirkungsgleich übernommen. Die Zusage des Bayerischen Finanzministers steht auch dieses Mal. Am 18. Januar 2017 sind die Tarifpartner der Länder in die erste Verhandlungsrunde eingestiegen. Der dbb auf Seiten der Beschäftigten und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) suchen nach einem für beide Seiten akzeptablen Ergebnis. Die dbb-Forderung: 6 % inklusive sozialer Komponente. Zum Verhandlungsauftakt hat die Arbeitgeberseite kein Angebot vorgelegt. Es wird also weiter verhandelt. Weitere Verhandlungstermine wurden für 30. / 31. Januar

2017 und 16./17. Februar vorgesehen. Ganz anders wird aller Erfahrung nach der Ablauf für den Beamtenbereich des Freistaats Bayern sein. Der Doppelhaushalt für die Jahre 2017 / 2018, der Mitte Dezember verabschiedet wurde (GVBl 20 / 2016, Seite 399), beinhaltet bereits Mittel, die eine zeit- und wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses ermöglichen. Und sowohl Ministerpräsident Horst Seehofer als auch Finanzminister Dr. Markus Söder haben betont, wie wichtig ihnen diese Eins-zu-EinsÜbertragung des Ergebnisses anlässlich der vergangenen Einkommensrunden war. „Gute Arbeit muss auch gut bezahlt werden! Die bayerische Besoldung nimmt im Bund-Länder-Vergleich nach wie vor eine Spitzenposition ein. Das liegt unter anderem an der wiederholten zeit- und inhaltsgleichen Übertragung

Dr. Markus Söder Bayerischer Staatsminister der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat

des Tarifabschlusses auf die Bezüge der Beamtinnen und Beamten in Bayern. Das ist ein klares Signal der Bayerischen Staatsregierung an die bayerischen Beamtinnen und Beamten“, heißt es im Grußwort zum Jahreswechsel von Staatsminister Dr. Markus Söder und seinem Staatssekretär Albert Füracker.

HERVORRAGENDE RENDITE IM BAYERISCHEN PENSIONSFONDS

Auf 2,5 Milliarden Euro ist der Bayerische Pensionsfonds inzwischen angewachsen. Der Bayerische Pensionsfonds hat Ende 2016 die 2,5 Milliarden Euro Marke überschritten. „Allein im Jahr 2016 wuchs der Marktwert um rund 217 Millionen Euro auf 2,53 Milliarden Euro am Jahresende. Der Freistaat Bayern ist für die Finanzierung der künftigen Versorgung seiner Beamtinnen und Beamten gut aufgestellt. Die Tragfähigkeit der Versorgungsausgaben ist in Bayern auch langfristig gegeben“, teilte Finanzminister Dr. Markus Söder Anfang Januar 2017 mit. Die Steigerung im Jahr 2016 beruht auf staatlichen Zuführungen von 116,7 Millionen Euro sowie einem Wertzuwachs von rund 100 Millionen Euro. Das entspricht einer Rendite von 4,28 Prozent im vergangenen Jahr. Die durchschnittliche Jahresren­ di­te seit Auflage des Sondervermögens im Jahr 1999 liege sogar bei 5,55 Prozent. „Die Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbank und eine Fokussierung auf solide Renten- und Aktienwerte hat sich erneut bewährt. Vor diesem Hintergrund kann ich Überlegungen einzelner Gewerkschaftsfunktionäre außerhalb Bayerns nach einer Zusammenlegung der

Versorgungsrücklagen von Bund und Ländern nichts abgewinnen“, betonte Söder und spielte damit auf eine Forderung des dbb beamtenbund und tarifunion an. Bayern mache vielmehr vor, dass es wichtig sei, die eigenen Kompetenzen klug zu nutzen statt Verantwortung nur abzugeben. Der Bayerische Pensionsfonds konnte trotz des schwierigen Kapitalmarktumfeldes in den letzten Jahren wachsen. Die Versorgungsausgaben werden den bayerischen Staatshaushalt auch langfristig definitiv nicht überfordern. Mit der Zukunftsvorsorge durch die geplante Tilgung der Altschulden bis zum Jahr 2030 und dem Sondervermögen „Bayerischer Pensionsfonds“ stehe Bayern bundesweit gut da. „Wir nehmen unseren Auftrag ernst und zeigen, dass die Staatsregierung nicht zu Lasten künftiger Generationen plant, sondern bereits heute Vorsorge für die Herausforderungen von morgen trifft“, betonte Söder. Der Geschäftsbericht des „Bayerischen Pensionsfonds“ wird voraussichtlich Mitte des Jahres veröffentlicht.


8

BAYERN

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

Ein starker Staat braucht motivierte Beschäftigte und Bedienstete

SPD FORDERT „FACHKRÄFTE- UND NACHWUCHSINITIATIVE 2030“ Harald Güller Stellvertretender Vor­sitzender des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen, SPD: Nur ein starker Staat bleibt auf Dauer handlungs- und leistungsfähig. Das setzt auch einen starken öffentlichen Dienst in Bayern voraus und zwar mit Tarifbeschäftigten und Berufsbeamten­tum. Gute Arbeit, faire Bezahlung und mehr Mitbestimmung sind unsere For­derungen, um motivierte Beschäftigte und Bedienstete zu gewinnen und langfristig zu binden. Nur so können wir öffentliche Sicherheit, den Ausbau der Kinderbetreuung, gute Bildung mit individueller Förderung, die Ausbildung an den Hochschulen, den Erhalt und Ausbau der staatlichen Infrastruktur mit Verkehrswegen und Gebäuden und den Bau bezahlbarer Wohnungen organisieren und gewährleisten. Ein hoher Standard in der Grundversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger – unabhängig von der Größe ihres Geldbeutels – ist das Markenzeichen eines sozial gerechten Staates. Zu vielen dieser Punkte fehlt mir der Plan der Staatsregierung für ein gutes Bayern auch in den nächsten 15 bis 20 Jahren. Im aktuellen Doppelhaushalt ist dazu jedenfalls nichts Wegweisendes zu finden. Wer viel Geld in Infrastruktur und so­ziale Sicherheit stecken will, muss natürlich auch für ausreichende Ein­nahmen sorgen, denn Schuldenaufnahme in konjunktu­ rell guten Zeiten ist nicht vertretbar: Wir müs­sen deshalb einen umfassenden und gerechten Steuervollzug auch bei Großverdienern und Konzernen gewähr-

Bayern wächst!

BIS 2035 700 000 EIN­WOHNER MEHR Die Bevölkerung in Bayern wird bis zum Jahr 2035 um ca. 700.000 Personen auf rund 13.5 Millionen Menschen anwachsen, um insgesamt 5,4 Prozent – von rund 12,8 Millionen Einwohner 2015 auf voraussichtlich über 13,5 Millionen Einwohner. Das entspricht „ungefähr so viel wie die

leisten. Wer sich vor seiner finanziellen Verantwortung drücken will, muss entdeckt und bestraft werden, Stichwort Steuergerechtigkeit. Das gilt auch für die geringe oder gar fehlende Besteuerung weltweit tätiger Großkonzerne wie z. B. Apple oder Starbucks. Grundvoraussetzung für mehr Gerech­ tig­­keit im öffentlichen Dienst sind aus­reichend Personal und attraktive Arbeitsbedingungen. Letztere setzen auch die Stärkung der Rechte der Personalvertretung voraus, um eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit den Dienststellenleitungen zu ermöglichen. Als Arbeitgeber muss der Freistaat auf weitere Kürzungen und Einschnitte verzichten, stattdessen attraktive Einkommens- und Karriereperspektiven bieten und darüberhinaus moderne Arbeitsbedingungen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, flexible

Teilzeitmodelle und eine Verdoppelung der Ballungsraumzulage. Der verschärfte Wettbewerb mit der freien Wirtschaft um Fach- und Nachwuchskräfte erfordert neue Konzeptionen, gebündelt in einer „Fachkräfte- und Nachwuchsinitiative 2030“. Die unsägliche pauschale dreimonatige Wiederbesetzungssperre und der längst überholte und gescheiterte Art. 6b im Haushaltsgesetz mit seinen pauschalen Stellenstreichungen müssen schleunigst abgeschafft werden. Zu prüfen ist der Einzelfall, pauschalierte Kürzungen lehne ich ab. Wo die Aufgaben bleiben, müssen die Stellen bleiben, wo neue Aufgaben dazukommen, neue Stellen geschaffen werden, nur wo Aufgaben wegfallen, können auch Stellen wegfallen. Zudem müssen wir die Beförderungsmöglichkeiten deutlich verbessern und die Pensionsvorsorge sichern. Ein gut ausgestatteter öffentlicher Dienst ist Dreh- und Angelpunkt für Leistungsfähigkeit und Bürgernähe im Freistaat Bayern.

LEBENSLAUF 22. Mai 1963 Geboren in Augsburg, seit 1975 wohnhaft in Neusäß, verheiratet 1982/1983 Zivildienst bei der Arbeiterwohlfahrt 1983/ 1990 Jura-Studium (einstufig in Augsburg) 1991 – 1994 Juristischer Staatsbeamter beim Freistaat Bayern (Regierung von Schwaben, Landratsamt Aichach-Friedberg) September 1994 bis Oktober 2003 und September 2008 bis heute Mitglied des Bayerischen Landtags U. a. Mitglied im Verfassungsausschuss

Städte Nürnberg, Fürth und Schweinfurt zusammen zählen“, so Innenminister Joachim Herrmann bei der Vorstellung der auf alle Regionen bezogenen Prognose des Landesamts für Statistik in Fürth. „Bis auf Oberfranken und Unterfranken wachsen alle bayerischen Regierungsbezirke“ sagte der Innenminister. Die Einwohnerzahlen von Oberbayern und besonders der Lan­des­hauptstadt München sowie der umliegenden Landkreise werden nach der Prognose am stärksten steigen. Das liege vor allem an der Zuwanderung aus

und im Ältestenrat, Vorsitzender des Unter­ suchungsausschusses „Schreiber“ und stellvertretender Vorsitzender der EnqueteKommission „Reform des Föderalismus – Stärkung der Landesparlamente“ 2001 - 2003 und 2008 – 2013 Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtags­ fraktion 2003 – 2008 Hauptamtlicher Geschäfts­führer der SPD-Landtagsfraktion 2010 – 2011 stellv. Vorsitzender des Unter­ suchungsausschusses zur Landes­bankaffäre Seit Herbst 2016 stellv. Vorsitzender des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen im Bayerischen Landtag

anderen EU-Staaten. Gäbe es keine Zuwanderung, würde der Freistaat – trotz steigender Geburtenzahlen – bis zum Jahr 2035 4,4 Prozent seiner Bevölkerung verlieren, so Herrmann. Die Entwicklung stelle Bayern vor große Herausforderungen, betonte der Innenminister. So müsse in Ballungsräumen mehr Wohnraum geschaffen, die Infrastruktur ausgebaut und strukturschwache Gegenden gezielt gefördert werden. „Unser Ziel ist, dass die Menschen auch 2035 in allen Landes­ teilen Bayerns gut leben können.“


BAYERN

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

9

Gesundheitsministerium zieht nach Nürnberg – Herausforderungen und Chancen

Gesundheitsministerin Melanie Huml im Gespräch mit BBB-Chef Rolf Habermann

2018 wird Schritt für Schritt der weitere Aufbau des neuen Dienstsitzes in der Frankenmetropole erfolgen. Natürlich informiere ich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig über die nächsten Schritte. Ich will einen offenen und transparenten Umgang mit dem Thema. RH: Der Umzug basiert auf der Freiwilligkeit der Mitarbeiter. Wie können Sie sicherstellen, dass jedem Beschäftigten eine berufliche Perspektive geboten wird – unabhängig davon ob er mitumzieht oder in München verbleibt?

Rolf Habermann: Die Entscheidung der Staatsregierung das Gesundheitsministeriums nach Nürnberg zu verlagern hat, die Mitarbeiter und auch den BBB recht unvorbereitet getroffen. Dass Sie dann aber alles daran gesetzt haben, schnellstmöglich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie alle entscheidenden Akteure über das weitere Vorgehen zu informieren, werten wir als sehr positiv. Auch die sofortige Zusage, dass das Personalrahmenkonzept der Heimatstrategie selbstverständlich 1-zu-1 auch für die Mitarbeiter des Gesundheitsministeriums gelte, war ein wichtiges Signal. Trotzdem, der Umzug wird ein Kraftakt, vor allem für die Beschäftigten! Sie selbst sehen den Umzug als „historische Chance“. Allerdings hängt das Gelingen des Umzugs maßgeblich von dem Einsatz und der Motivation Ihrer Mitarbeiter ab. 92 Prozent der Beschäftigten im Gesundheitsministerium haben sich gegen den Umzug ausgesprochen. Wie wollen Sie Ihre Mitarbeiter umstimmen?

Ministerin Huml: Klar ist: Nach der Gründung des Ministeriums für Gesundheit und Pflege ist das die nächste große Herausforderung für meine Mitarbeiter und mich. Ich setze darauf, möglichst viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den neuen Standort gewinnen zu können. Ich werde – gemeinsam mit den Personalvertretungen – innovative Arbeitszeit-, Telearbeits- und Raumnutzungskonzepte entwickeln, um ein Höchstmaß an Flexibilität zu garantieren. Für den Wechsel nach Nürnberg gilt das Prinzip der Freiwilligkeit. RH: Verlässlichkeit und Planbarkeit ist für die Beschäftigten ein entscheidender Faktor bei den Umzugsplänen. Wie wird der Umzug im Detail ablaufen und wie wollen Sie Ihre Mitarbeiter beim laufenden Prozess beteiligt?

MH: Im Herbst dieses Jahres sollen die ersten Beschäftigten ihre Arbeit in Nürnberg aufnehmen. Auch ich werde zu diesem Zeitpunkt ein Büro dort beziehen, genauso wie die Amtschefin und der Patienten- und Pflegebeauftragte der Bayerischen Staatsregierung. Ab dem Jahr

MH: Ich sage noch einmal: Es gilt ganz klar das Prinzip der Freiwilligkeit. Niemand wird zwangsversetzt, niemand muss gegen seinen Willen umziehen. Das hat der Ministerrat in der Heimatstrategie beschlossen. Mein Ziel ist es, möglichst viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten. Ich habe aber jedem, der aus persönlichen Gründen nicht mit nach Nürnberg gehen kann, Unterstützung zugesichert, etwa beim Wechsel in andere Ministerien. RH: Laut Ihren Aussagen möchten Sie aus dem Gesundheitsministerium das modernste Ministerium in Bayern machen. Wie sieht das aus? Ohne die entsprechenden Mittel wird das nicht möglich sein.

MH: Wie schon gesagt: Ich will modernste Arbeitszeit-, Telearbeits- und Raumnutzungskonzepte sowie innovative Kommunikationsmittel erschließen. Als jüngstes Ministerium können wir leichter neue Strukturen in der Kommunikation einführen. Ich denke da zum Beispiel an die elektronische Akte. Bereits entschieden ist, dass wir für den Neuaufbau des Ministeriums in Nürnberg zusätzliche Haushaltsmittel bekommen.



BAYERN

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

11

BUNDESFERNSTRASSENGESELLSCHAFT

BBB schaltet sich ein

Anfang Dezember fielen die vorerst letzten Entscheidungen zu einer neuen Bundesfernstraßengesellschaft, die – nach dem zwischenzeitlich bereits vorliegenden Gesetzentwurf – in Form einer GmbH gegründet werden soll und am 1. Januar 2021 Ihren Betrieb aufnehmen soll. Bei den Beschäftigten haben die im Gesetzentwurf nun vorgeschlagenen Regelungen große Verunsicherung ausgelöst. Gegenüber Ministerpräsident Horst Seehofer machte der BBB deutlich, dass er es im Sinne der weiterhin notwendigen Funktionsfähigkeit vor Ort, im Hinblick auf weitere Personalgewinnung bzw. die Notwendigkeit, vorhandenes Personal zu halten, für unerlässlich hält, Maßnahmen zu ergreifen, um den Beschäftigten ein Mindestmaß an Sicherheit zu geben. Für Unsicherheit sorgen u.a. mögliche Auswirkungen der bisherigen Planungen. Die vorgelegten Modelle beinhalten die funktionale Privatisierung. Der ambitionierte Zeitplan ist vermutlich nur zu schaffen, wenn private Investoren beteiligt werden. Bisher mussten Öffentlich-PrivatenPartnerschafts (ÖPP) Projekten vom Bundestag zugestimmt werden, die Länder konnten sie blockieren. Der neuen GmbH würde es frei stehen, den Erhalt, Ausbau und Betrieb über ÖPP zu regeln. Mit der Gründung regionaler Tochtergesellschaften könnten alle Aufgaben an Private übertragen werden. Hier wird ein Wechsel ins Privatrecht ohne Parlamentskontrolle ermöglicht. Gleichzeitig hat auch der Bundesrechnungshof gerügt, dass ÖPP Projekte um 38 % teurer sind.

70 Jahre Bayerische Verfassung EIN FESTAKT IM NATIONALTHEATER BILDET DEN ABSCHLUSS DES JUBILÄUMSJAHRS

Am 1. Dezember 1946 nahmen die Bürger des Freistaats in einer Volksabstimmung die ausgearbeitete Verfassung an. Der Bayerische Landtag, die Staatsregierung und der Verfassungsgerichtshof feierten dieses Jubiläum mit einem gemeinsamen Festakt im Nationaltheater in München. Er bildete den Abschluss der Feierlichkeiten, die das ganze Jahr mit zahlreichen Programmpunkten begangen wurden.

D

er Krieg war noch nicht vorbei, da beauftragte die amerikanische Militärregierung am 9. Februar 1946 SPD-Politiker Wilhelm Hoegner mit der Gründung eines Vorbereitenden Verfassungsausschusses. Er legte ein umfangreiches Papier („Verfassung des Volksstaates Bayern“) vor, in das er reinschrieb, was Bayern auch heute noch prägt. Der vorbereitende Verfassungsausschuss diskutierte ab März 1946 in der Aula der Münchner Uni. Die neun Teilnehmer, darunter der Münchener Oberbürgermeister Karl Scharnagl (CSU) und sein späterer Nachfolger Thomas Wimmer (SPD) gingen in dreieinhalb Monaten und 14 Sitzungen den Entwurf Punkt für Punkt durch. Der parteiübergreifende Vorschlag, der am Ende vorlag hat in den meisten Punkten eine Genauigkeit, die bis heute erstaunt. Nach dem Ausschuss tagte die verfassungsgebende Landesversammlung, deren Zusammensetzung am 30. Juni 1946 gewählt worden war. Die CSU hatte dabei mit 58,3 Prozent der Stimmen die Mehrheit. Am 20. September war ein erster Verfassungsentwurf fertig, der in Abstimmung mit der amerikanischen Militärregierung am 26. Oktober 1946 in einer endgültigen Fassung vorlag. Nach Abstimmung per Volksentscheid am 1. Dezember und Unterzeichnung durch Ministerpräsident Högner am 2. Dezember trat die neue Verfassung mit Veröffentlichung am 8. Dezember 1946 in Kraft. "Die Bayerische Verfassung ist ein Juwel. Sie ist seit 70 Jahren Grundlage für eine zugleich stabile und lebendige Demokratie", so würdigte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) schon vor der Feier der drei Verfassungsorgane im Nationaltheater in München das politische Fundament des Landes. Die bayerische Verfassung umfasst aktuell 188 Artikel und ist in vier Hauptteile gegliedert, die den Aufbau und die Aufgaben des Staates, die Grundrechte und Grundpflichten, das Gemeinschaftsleben sowie Wirtschaft und Arbeit behandeln. Sie gewährleistet neben der parlamentarischen Gesetzgebung die Volksgesetzgebung durch Volksbegehren und Volksentscheid. Den Beamten ist ein eigener Abschnitt mit den Artikeln 94 bis 97 gewidmet. Änderungen der Verfassung bedürfen stets eines Volksentscheids.


12

IM FOKUS

BÜRGERVERSICHERUNG

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

Schon wieder einmal behauptet eine Studie, Beamte in das System der gesetzlichen Kranken­ versicherung zu überführen, wäre nicht nur gesell­ schaftlich erstrebenswert, sondern könnte dem Staat auch bares Geld sparen. Sieht man genauer hin, fehlen aber sowohl ver­ lässliche Sachgrundlagen als auch Argumente.

ES BLEIBT DABEI!

KLARES NEIN ZUR BÜRGERVERSICHERUNG


IM FOKUS

D

BÜRGERVERSICHERUNG

ass das deutsche Gesundheitssystem so seine Tücken hat, ist inzwischen hinlänglich bekannt. Ob die Lösung darin liegt, einfach immer mehr Menschen in dieses System zu zwingen?

Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung behauptet genau das. Würden die Beamtinnen und Beamten – von denen 85 Prozent privat versichert sind – der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht unterstellt, so würde das bis 2030 ein 60-Milliarden-Euro-Plus in die öffentlichen Kassen spülen. Wer will auf solchen Geldsegen verzichten? Im Gegenzug wird bis 2013 ein Anstieg der Beihilfeausgaben in Bund und Ländern prognostiziert, der sich, so die angestellten Berechnungen, auf über 20 Milliarden Euro jährlich summieren soll. Die Umstellung werde dazu führen, dass nicht nur die gesetzlich Versicherten von einem um 0,34 verringerten Beitragssatz profitieren, sondern sich der Wechsel auch für Beamtenhaushalte rechne.

„BEAMTEN-BASHING LEICHT GEMACHT“ „Beamten-Bashing leicht gemacht“ kommentierte dazu Detlef Esslinger in der Süddeutschen Zeitung. Er ist nicht dafür bekannt, sich ohne weiteres auf die Seite der Beamten zu stellen. Und auch er sieht die Beihilfe als Privileg. Aber sie sei eben Teil des Deals. Der Studie versagt er die Objektivität: „Die Rechenmethoden ihrer Autoren werfen mehr Fragen auf, als dass sie Antworten geben. Sie suggerieren, der Staat spare viel Geld, wenn seine Beamten künftig der gesetzlichen Krankenversicherung überantwortet würden. Sie berücksichtigt aber nicht, dass sodann der Staat die Bezüge all dieser Beamten deutlich erhöhen müsste, damit die ihren Anteil an der Krankenkasse bezahlen könnten. […] Ein paar Variablen vergessen kann ja jeder mal. Das andere ist, dass die Autoren die Beihilfe, diese Säule, grundsätzlich abschaffen wollen“.

BEIHILFE SICHERT FUNKTIONSFÄHIGKEIT DES GESUNDHEITSSYSTEMS Denn die Beihilfe ist nicht nur für sich genommen ein ganz eigenes System, das zum Fundamten des Gesamtpaketes „Beamtenstatus“ wie wir ihn kennen gehört. Schon in dieser Funktion unterstützt sie die wichtige Aufgabe, die Funktionsfähigkeit des Staates sicherzustellen. Sie gehört mit zu den Bestandteilen des Berufsbeamtentums, die ihm helfen bei der Nachwuchsgewinnung gegenüber den finanziellen Angeboten der Privatwirtschaft konkurrenzfähig zu bleiben.

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

MdB STEPHAN MAYER, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag

ERGEBNISSE MACHEN STUTZIG!

D

ie Ergebnisse der Bertelsmann-Studie machen stutzig: Auf den ersten Blick scheinen alle Beteiligten von einer gesetzliche Krankenversicherungspflicht für Beamte zu profitieren. Noch dazu lässt sie ein solches System gerechter‘ erscheinen. Auf den zweiten Blick wird dann rasch klar: Das ist zu schön, um wahr zu sein. Die Studie ist unausgegoren und einseitig: Sie lässt die Kostenfolgen etwa für die gesetzliche Pflegeversicherung oder für die Krankenhäuser, die auf höhere Abrechnungen bei Privatpatienten verzichten müssten, weitgehend unberücksichtigt. Zentrale Frage hätte zudem sein müssen, wie viel Geld der Staat als Arbeitgeber bei den Dienstbezügen drauflegen müsste, um die höheren Krankenversicherungsbeiträge auszugleichen. Und mit den sich aufdrängenden verfassungsrechtlichen Fragen rund um das Alimentationsprinzip und den Fürsorgegrundsatz beschäftigt sich die Studie überhaupt nicht. So schürt die Studie im Ergebnis nur eine Neid-Debatte, die für unser Gemeinwesen schädlich ist. Wir alle sind auf einen gut funktionierenden öffentlichen Dienst angewiesen. Damit dieser im Wettbewerb um fähige Köpfe mithalten kann, muss er attraktiv bleiben. Dazu gehört auch die Beihilfe für Beamte.

13


14

IM FOKUS

BÜRGERVERSICHERUNG

VERFASSUNGSRECHT NICHT BEACHTET!

U

it ihrer Studie zur Ausweitung der GKV-Pflicht für Beamte und Versorgungsempfänger hat die Bertelsmann-Stiftung erneut eine Diskussion in der Öffentlichkeit über eine Einheitsversicherung angestoßen. Leider wurden dabei einige wesentliche Aspekte außer Acht gelassen, wie die Einbeziehung in die Pflegeversicherung und die daraus zu gewährenden Leistungen, Verwendung der Altersrückstellungen in der PKV, Krankenfürsorge für vorhandene Versorgungsempfänger etc. Vor allem jedoch wurde der verfassungsrechtliche Aspekt nicht berücksichtigt: Die Gewährung von Beihilfen gründet in der Fürsorgepflicht des Dienstherrn und gehört zu den wesentlichen Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums. An diesen Grundfesten wollen wir nicht rütteln! Wir wollen weiterhin am System der Beihilfe festhalten und uns für dessen Bestand einsetzen! Nicht umsonst haben wir zum 1. Januar 2017 den Beihilfesatz während der Elternzeit einheitlich von 50 auf 70 v. H. erhöht und damit für Eltern eine finanzielle Entlastung während der Zeit der Familiengründungs- oder Familienerweiterungsphase geschaffen.

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

Was aber noch viel wichtiger ist: Das System von Beihilfe und privater Versicherung dient auch – und zwar genau in der jetzigen Ausgestaltung – der Absicherung des gesamten Gesundheitssystems. Die Studie denkt nicht konsequent zu Ende. Am Ende zahlen alle drauf!

QUERSUBVENTIONIERUNG WICHTIG Die Private Krankenversicherung zahlt erheblich mehr Geld an Kliniken, Ärzte, Apotheken und Sanitätshäuser als die gesetzliche Krankenkasse für eine vergleichbare Leistung. Insgesamt summiert sich das auf zweistellige Milliardenbeträge. Eine Studie des wissenschaftlichen Instituts der PKV belegt, dass das Gesundheitssystem allein im Jahr 2014 dadurch Mehreinnahmen von 12,5 Milliarden Euro erzielt hat. Eine nicht zu unterschätzende Stütze! Was passiert, wenn sie den Kliniken, die schon heute oft in Finanznot geraten, den Ärzten und Apotheken künftig fehlt? Will man wirklich die am Gesundheitssystem beteiligten in den Bankrott treiben? Die unweigerliche Folge müssen Beitragserhöhungen bei der gesetzlichen Krankenversicherung sein. „Wer hier auf kurzfristige

INGRID HECKNER, MdL Vorsitzende des Landtagsausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes


IM FOKUS

BÜRGERVERSICHERUNG

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

Mehreinnahmen spekuliert, wird von den Folgekosten unaufhaltsam eingeholt“, warnt BBB-Chef Rolf Habermann. Die Studie suggeriert, dass die Behandlungskosten für Beamte fast gedrittelt werden könnten, wenn nicht nach der Gebührenordnung für Privatversicherte abgerechnet würde. Aber auch bei einem Wechsel bleiben die Arbeitgeberbeiträge den öffentlichen Haushalten vorbehalten. Will man das Einkommen der Beamten nicht schmälern, muss auch auf dieser Seite der Beitragszahlung nachgebessert werden.

WO BLEIBT DIE PFLEGE? Aber auch weitere Aspekte – ganz abgesehen von der juristischen Machbarkeit – lässt die Studie außer Betracht. Mit keinem Wort geht sie auf den kostenintensiven Bereich der Pflegeversicherung ein. Auch die künftigen Entwicklungen bei Leistungsausgaben und Beiträgen werden in den verglichenen Systemen unterschiedlich berücksichtigt. Volker Leienbach, der Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung wird in der Augsburger Allgemeinen so

15

zitiert: „Die unvollständige Datenauswahl ist augenscheinlich von der Absicht geprägt, zu einem von vornherein gewünschten Ergebnis zu kommen.“ Das Rechenwerk sei „nicht tragfähig“.

WEITERE ASPEKTE NICHT BEACHTET Solche Vorschläge sind nicht nur nicht fundiert, sie bergen auch große Gefahren. Die finanzielle Sicherung der Gesundheitsversorgung ist dabei nur ein Aspekt. Dahinter stehen zahlreiche Groß- und Kleinunternehmen, deren Arbeitsplätze Teil des Wirtschaftssystems sind. Dahinter steht auch der Anreiz zum Wettbewerb innerhalb des Gesundheitsmarktes. Wo bleibt der Anreiz den Leistungskatalog der Krankenkassen auszubauen? Besteht nicht die Gefahr, dass neue Behandlungsmethoden oder medizinische Spitzenleistungen nur noch auf private Rechnung erbracht werden? Der Erhalt einer öffentlichen Gesundheitsvorsorge ist zu wichtig, um ihn für kurzfristige Mehreinnahmen aufs Spiel zu setzen. Umso mehr, wenn dabei langfristig genau das Gegenteil bewirkt wird. Ergebnisorientiert dargelegte Zahlenspiele sind hier unangebracht.


16

IM FOKUS

BÜRGERVERSICHERUNG

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

ABSCHAFFUNG DER BEAMTENBEIHILFE WÜRDE GESETZLICH VERSICHERTE BELASTEN Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. lehnt eine Abschaffung der Beihilfe für die Krankenversorgung von Beamten und Pensionären mit Nachdruck ab. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung stellt dadurch Einsparungen von 60 Milliarden Euro bis 2030 in Aussicht, doch bei näherem Hinsehen ist das Rechenwerk nicht tragfähig, denn in der Studie werden wesentliche Kostenfaktoren ausgeblendet.

D

urch eine Abschaffung der Beamten-Beihilfe drohen den Beitragszahlern in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) höhere Belastungen. Die Studie beziffert zwar die angeblichen Ersparnisse der öffentlichen Haushalte bis zum Jahr 2030, die Auswirkungen auf den GKV-Beitragssatz werden hingegen nur für ein Jahr abgeschätzt. Allerdings ist schon heute absehbar, dass die gesetzlich Versicherten durch die steigenden Beitragssätze mittel- und langfristig wesentlich stärker belastet würden. Denn Beamte sind für die Versicherer finanziell relativ „schlechte Risiken“: Sie haben überdurchschnittlich viele Kinder, die in der GKV keine Beiträge zahlen. Sie werden erfreulicherweise überdurchschnittlich alt, was auch bedeutet, dass sie länger medizinische Leistungen in einem Alter benötigen, in dem sie in der GKV bei weitem keine kostendeckenden Beiträge mehr entrichten. Eine weitere Schwachstelle der Studie ist, dass sie den Zusatzbeitrag außer Acht lässt, der zur Finanzierung der GKV-Ausgaben zwingend dazugehört. Außerdem hat die Studie die Pflegeversicherung komplett unberücksichtigt gelassen: Auf einmal wäre eine neue Gruppe in der Sozialen Pflegeversicherung leistungsberechtigt, die vorher dort nicht eingezahlt hat. Die von Bertelsmann angekündigten Einspareffekte werden vor allem mit verminderten Ausgaben für Gesundheitsleistungen begründet. Konkret sind dies de facto Leistungskürzungen auf Kosten der Beamten. Durch ihre „Umsiedlung“ in die Gesetzliche Krankenversicherung rechnet die Studie pro Jahr mit Leistungseinbußen von 6,1 Milliarden Euro für Arztpraxen

und andere Leistungserbringer. Das aber schadet der medizinischen Infrastruktur in Deutschland insgesamt. Der Grund ist einfach: Häufig können medizinische Leistungen im bekannten Umfang nur deshalb angeboten werden, weil Privatversicherte einen großen Teil zur Finanzierung beitragen. Milliardenschwere Einsparungen gingen damit zu Lasten aller Patienten in Deutschland. Der Vorschlag brächte überdies eine Umverteilung zu Lasten geringerer Einkommen. Denn die Beihilfeausgaben werden aus Steuermitteln finanziert, für die alle Bürger nach ihrer Leistungsfähigkeit und ohne Bemessungsgrenze aufkommen. Im GKV-System müssten die Gesundheitsausgaben der Beamten dagegen von der schmaleren Basis der Beitragszahler getragen werden, die infolge der Beitragsbemessungsgrenze und der Beschränkung auf Erwerbseinkünfte hohe Einkommen schont. Dieses Modell benachteiligt also einkommensschwache Familien und würde die versicherungsfremden Leistungen in der GKV gewaltig ausdehnen. Der Vorschlag gefährdet zudem das System der Privaten Krankenversicherung (PKV) und dessen Arbeitsplätze, da nach den Plänen über 40 Prozent der Versicherten die PKV verlassen müssten. Das brächte einen Verlust von knapp 50.000 Arbeitsplätzen im System der PKV, zusätzlich zu den Folgen der geplanten Honorarverluste für Arbeitsplätze bei den medizinischen Leistungserbringern. Insgesamt droht auf diese Weise eine teure „Bürgerversicherung“ durch die Hintertür.

BERTRAM BROSSARDT, Haupt­geschäftsführer der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.


BUND

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

17

Arbeit 4.0: Weißbuch wird vorgelegt

BUNDESARBEITSMINISTERIN ANDREA NAHLES WILL FLEXIBLERE ARBEITSZEITEN Vor anderthalb Jahren startete das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mit dem Grünbuch Arbeiten 4.0 einen Dialogprozess mit 30 Leitfragen zur künftigen Gestaltung des Arbeitslebens. Der Dialogprozess hat mit der Vorlage eines Weißbuches am 26. November 2016 sein vorläufiges Ende gefunden. Das BMAS hat Verbände, Gewerkschaften und Unternehmen um Stellungnahmen gebeten, zahlreiche Fachworkshops und Themenveranstaltungen durchgeführt, wissenschaftliche Studien in Auftrag gegeben und auch im direkten Dialog vor Ort mit Bürgerinnen und Bürgern Meinungsbilder eingeholt. Die übergeordnete Frage lautete: Wie können wir das Leitbild der „Guten Arbeit“ auch im digitalen und gesellschaftlichen Wandel erhalten oder sogar stärken? Berücksichtigt werden sollten bei dem Dialogprozess verschiedene Faktoren, unter anderem der technische Fortschritt und der demografische Wandel, aber auch der Stellenwert der Arbeit für den einzelnen Beschäftigten.

dbb erneut mit kräftigem Anstieg der Mitgliederzahlen

Das nunmehr vorliegende Weißbuch Arbeiten 4.0 stellt einen Diskussionsentwurf dar, der vorläufig den Dialogprozess beendet. Es analysiert die Gestaltungsbedarfe der zukünftigen Arbeitswelt und schlägt konkrete Lösungsansätze für Unternehmen, Beschäftigte, Sozialpartner und Politik vor. Konkret beschreibt das Weißbuch Lösungsansätze in folgenden acht Gestaltungsbereichen: Beschäftigungsfähigkeit: Von der Arbeitslosen- zur Arbeitsversicherung, Arbeitszeit: Flexibel, aber selbstbestimmt, Dienstleistungen: Gute Arbeitsbedingungen stärken, Gesunde Arbeit: Ansätze für den Arbeitsschutz 4.0, Beschäftigtendatenschutz: Hohe Standards sichern, Mitbestimmung und Teilhabe: Den Wandel partnerschaftlich gestalten, Selbstständigkeit: Freiheit fördern und absichern, Sozialstaat: Perspektiven für die Zukunft und europäischer Dialog.

Im Rahmen der Abschlusskonferenz kam Arbeitsministerin Nahles zu dem Schluss, dass „unser Modell der Sozialpartnerschaft die beste Basis ist, um gute Arbeit auch in Zukunft sicherzustellen und zu fördern. Mein Ziel ist ein fair ausgehandelter Kompromiss zwischen den Erfordernissen der Arbeitgeber nach mehr Flexibilität und den Bedürfnissen der Arbeitnehmer.“ Nahles schlägt hier mehr Wahlarbeitszeitoptionen und eine innovative Arbeitszeitgestaltung vor, die persönliche Zeitbedarfe neben der Erwerbsarbeit anerkenne. Konkret sollen den Sozialpartnern die Möglichkeit eingeräumt werden, in der betrieblichen Praxis auszuprobieren, ob mehr Flexibilität und Schutz vor Überlastung zusammengehen. Weitere Informationen unter www.arbeitenviernull.de

Der dbb Beamtenbund und Tarifunion hat einen deutlichen Mitgliederzuwachs verzeichnet. Zum Jahresende waren 1.306.019 Menschen unter dem Dach des dbb organisiert. Dies waren mit dem Stand vom 1. Dezember 2016 11.617 mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Dbb-Vorsitzender Klaus Dauderstädt nannte diese Entwicklung einen Vertrauensbeweis von Beamten und Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes und der privatisierten Bereiche. Die Mitgliederzahlen gingen seit Jahren kontinuierlich nach oben. „Wir nehmen diesen Zuspruch auch als Rückenstärkung mit in die kommende Einkommensrunde für die Beschäftigten der Länder, die Mitte Januar 2017 startet“, betont Dauderstädt. Von den 1.306.019 Mitgliedern sind 919.417 Beamte (4.161 mehr als 2015) und 386.602 Angestellte (ein Zuwachs von 7.456 gegenüber dem Vorjahr). In den Reihen des dbb organisiert sind 423.870 Frauen (9.693 mehr als 2015) und 882.149 Männer (1.924 mehr als 2015).


18

BUND

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

NRW-GESETZENTWURF IM BUNDESRAT

Schärfere Strafen für Angriffe auf Beschäftigte im öffentlichen Dienst Die Landesregierung von Nordrhein­ Westfalen hat einen Gesetzentwurf am 16. Dezember 2016 in den Bundesrat eingebracht, der eine Änderung des Strafrechts vorsieht. Dieser sieht eine höhere Strafzumessung für Angriffe auf Menschen vor, die für das Gemeinwohl tätig sind. In dem Gesetzesantrag des Landes NRW heißt es: „Derartige Straftaten, die dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und dem Gemeinwohl schaden, weisen ge­ genüber sonstigen Taten einen erhöhten Unrechtsgehalt auf. Das Strafrecht muss daher deutlicher als bisher zum Ausdruck bringen, dass die Gesellschaft Straftaten gegen Personen, die für die Funktions­ fähigkeit des Gemeinwesens bedeutende Aufgaben wahrnehmen, nicht duldet.“ Vorgeschlagen werde eine ausdrückliche Regelung, „wonach eine gegenüber dem Gemeinwohl feindliche oder gleichgültige Haltung bei der Strafzumessung zu be­ rücksichtigen ist“. Gewalt, die von der verbalen Attacke bis zum tätlichen Angriff reicht, ist zum All­ tagsphänomen geworden, von dem viele Beschäftigte betroffen sind: Polizeibeam­ tinnen und Polizeibeamte, Rettungskräfte der Feuerwehr und der Sanitätsdienste, Lehrerinnen und Lehrer, Mitarbeiterin­ nen und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung, im Justiz­ oder im Sozialen Dienst berichten von schockierenden Erfahrungen. Der dbb unterstützt die Initiative der Landesregierung von NRW. „Wer im öffentlichen Dienst arbeitet, ist im Einsatz für das Gemeinwohl. Jede Re­ spektlosigkeit, jeder Übergriff ist deshalb zugleich ein Angriff auf unser friedliches Zusammenleben. Es geht um Straftaten, die nicht hinnehmbar sind. Dienstherren und Arbeitgeber stehen in der Pflicht, ihre Beschäftigten besser davor zu schüt­ zen“, sagte dbb­Chef Klaus Dauderstädt. „Deshalb darf die strafverschärfende Maßnahme auch nicht nur für Attacken auf einzelne Beschäftigtengruppen, sondern muss für alle Bereiche im öffent­ lichen Dienst gelten.“

Bericht „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ Die Bundesregierung hat einen aktuellen Bericht über den Stand von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und über das Unfall­ und Berufskrankheitengeschehen in der Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 2015 (SuGA 2015) vorgelegt. Dem Bericht zufolge war jeder Beschäftigte im Jahr 2015 im Schnitt 11,7 Tage krank. Die Zahl der Ausfalltage durch Arbeitsunfähigkeit lag insgesamt bei 587 Millionen. Ähnlich wie in den beiden Vorjahren entfielen die meisten Arbeitsunfähigkeitstage auf Muskel­Skelett­Erkrankungen (22 Prozent), gefolgt von psychischen Erkrankungen und Verhaltensstö­ rungen (14,8 Prozent) und Krankheiten des Atmungssystems (14,2 Prozent). Erfreulicherweise war die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle auch in 2015 weiterhin rückläufig. Mit rund 945.000 Arbeitsunfällen ereigneten sich 11.175 weniger Unfälle als 2014 (­1,2 Prozent). Dies ist umso bemer­ kenswerter, als die Zahl der Erwerbstätigen gegenüber 2014 erneut um 0,8 Prozent von 39,9 auf 40,3 Millionen angestiegen ist. Im Berichtsjahr gab es rund 81.000 Anzeigen auf Verdacht einer Berufs­ krankheit. Das waren 8,8 Prozent mehr als in 2014 (75.102). Davon wurden knapp 18.000 Fälle anerkannt, was einem Anstieg um 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht (2014: 16.969). Diese Steigerung hängt dem Bericht zufolge mit der Aufnahme von vier neuen Berufskrankheiten in die Berufskrankheiten­Verordnung im Jahr 2015 zusammen: Hautkrebs durch UV­Strahlung, Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch Heben und Tragen, Kehlkopfkrebs durch Umgang mit bestimmten Chemikalien und das Carpaltunnelsyndrom. Die Anzahl der Verrentungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit lag in 2015 bei 172.921 Fällen und somit nur leicht über dem Wert aus 2014 (169.281; +2,2 Prozent). Wie im Vorjahr waren psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen in 42,9 Prozent der Fälle die häufigste Ursache für Frühverrentungen. Im diesjährigen Schwerpunktteil werden die Ergebnisse einer Arbeitszeit­ befragung 2015 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) vorgestellt. Diese liefern Informationen zur Lage, Länge und Flexibilisierung von Arbeitszeit und den gesundheitlichen Auswirkungen. Es zeigte sich, dass erhöhte Arbeitszeitanforderungen mit dem häufigeren Auftreten von gesundheitlichen Beschwerden und reduzierter Zufrieden­ heit mit der Work­Life­Balance in Zusammenhang stehen.

Weitere Informationen: Der aktuellen SuGA 2015 kann auf der Homepage der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin heruntergeladen werden www.baua.de


TARIF

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

19

AUFTAKT DER TV-L EINKOMMENSRUNDE 2017

DBB-BESCHLUSS: 6% INKL. SOZIALER KOMPONENTE 6 Prozent Einkommensplus lautet die am 14. Dezember 2016 beschlossene Forderung des dbb beamtenbund und tarifunion für die Einkommensrunde 2017 im öffentlichen Dienst der Länder, von deren Abschluss fast drei Millionen Beschäftigte betroffen sein werden: Rund 800.000 Arbeitnehmer der Länder (ohne Hessen) , für die der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) direkt Auswirkungen hat, sowie etwa 2,2 Millionen Beamte und Versorgungsempfänger in Ländern und Kommunen (ohne Hessen), auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll. Der Verhandlungsauftakt am 18. Januar 2017 war verhalten, eine Annäherung hat es bislang noch nicht gegeben.

„D

as war nicht Fisch, nicht Fleisch, was die Arbeit­ geber heute vorgestellt haben“, fasste dbb­Ver­ handlungsführer Willi Russ den Auftakt zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und den Gewerkschaften zusammen. „Ich verbuche auf der Ha­ benseite, dass die TdL begriffen hat: Eine Einkommens­ runde ist kein Symposium, auf dem die Inflationsrate im Lande ermittelt wird und dann an die Beschäftigten weitergegeben wird. Es geht um die angemessene Teilhabe der Beschäftigten am wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes.“

RUSS: „ES IST GENUG GELD DA!“ Russ hatte zum Auftakt der Verhandlungen deutliche Forderungen an die TdL vertretene Arbeitgeberseite gerichtet: „Sinkende Bewerberzahlen und sprudelnde Steuereinnahmen – die Konsequenz daraus ist zwingend: Spürbare Einkommenszuwächse für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Allein im ver­ gangenen Jahr sind die Steuereinnahmen der Länder um 7 Milliarden Euro gestiegen. Es ist also genug Geld da, um den berechtigten Forderungen der Kolleginnen und Kollegen im Landesdienst entgegenzukommen.“ Eine angemessene Bezahlung, so Russ weiter, sei nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern im ureigenen Interesse der Arbeitgeber: „Die nachlassende Konkurrenzfähigkeit der Länder auf einem immer stär­ ker umkämpften Arbeitsmarkt kann man doch nicht einfach hinnehmen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt gegenzusteuern und die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu sichern.“ Wenn die Landesregierungen sich dieser Realität stellen, sei eine schnelle Tarifeinigung möglich, so der dbb­Verhandlungsführer. Russ: „Das alte Mantra ‚Es ist einfach kein Geld da‘ funktioniert dieses Jahr jedenfalls nicht mehr.“

WIE GEHT’S WEITER? „Große Zuversicht löst dieser Auftakt nicht aus. Von daher ist nicht auszuschließen, dass es zu ersten Reaktionen an der Basis kommt. Allerdings sollten wir der TdL, bevor wir unsere Aktionen intensivieren, noch eine Chance geben, uns ein konkretes Angebot vorzulegen. Wenn das nicht oder nicht ausreichend geschieht, müssen wir bundesweit deutlich machen, dass wir uns nicht einfach abspeisen lassen!“, erklärte Russ zum Vorgehen in den nächsten Wochen.

DIE KERNPUNKTE DER DBB-FORDERUNG IM ÜBERBLICK 6 Prozent Gesamtforderung, darin enthalten: Mindestbetrag als soziale Komponente, Einführung einer Stufe 6 ab Entgeltgruppe 9 Stufengleiche Höhergruppierung Erhöhung der Entgelte für alle Auszubildenden um 90 Euro und des Urlaubsanspruchs auf 30 Tage Übernahme aller Auszubildenden der Länder Laufzeit 12 Monate Zeit- und inhaltsgleiche Übertragung der Tarifeinigung auf die Beamten der Länder und Kommunen Weiterentwicklung der Entgeltordnung für Lehrkräfte (Erhöhung der Angleichungszulage) Weiterentwicklung der Entgeltordnung im Länderbereich

WEITERE VERHANDLUNGSTERMINE IN POTSDAM 30. / 31. JANUAR 2017

17. FEBRUAR 2017


20

TARIF

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

Leistungsprämien für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat hat sich in einem aktuellen Schreiben an die Ressorts gewandt und damit einverstanden erklärt, dass ab 1. Januar 2017 im Rahmen einer außer­ tariflichen Maßnahme auch Arbeitnehmerinnen und Arbeit­ nehmer, die unter den Geltungsbereich des TV­L fallen, Leistungsprämien gewährt werden. Im Einzelnen gilt dabei Folgendes: Leistungsprämien können für eine herausragende besondere Einzelleistung gewährt werden. Sie bietet sich insbesondere an, wenn zeitgebundene Projekte zu bearbeiten sind oder zusätzliche Aufgaben wahrgenommen werden, dadurch eine vorübergehende Mehrbelastung eintritt und die Mehr­ belastung mit einer herausragenden besonderen Leistung verbunden ist. Eine Leistungsprämie wird als freiwillige Leistung gewährt und begründet keinen Rechtsanspruch für die Zukunft. Es besteht ein Anspruch auf Gleichbehandlung, d. h. werden vergleichbare Leistungen erbracht, ist jeder Arbeitnehmerin /

Das Schreiben ist im Intranet abrufbar bzw. steht im Internet als Download unter www.stmf.bayern.de/download/entwtvuel2006/ tarifvertrag.zip zur Verfügung

jedem Arbeitnehmer – oder keinem von ihnen – eine Leis­ tungsprämie zu gewähren. Obergrenze für die Leistungsprämie ist das Tabellenentgelt der Stufe 1 der Entgeltgruppe, in die die Arbeitnehmerin / der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Festsetzung der Leistungs­ prämie eingruppiert ist. Eine Kürzung wegen Teilzeitbeschäf­ tigung findet nicht statt. Wird eine honorierungsfähige Leistung von mehreren Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern in Teamarbeit erbracht, kann jeder/jedem von ihnen eine Leistungsprämie gewährt werden, wenn ihre/seine wesentliche Beteiligung an der Leistung festgestellt wird. Die Entscheidung über die Gewährung einer Leistungs­ prämie ist der/dem Betroffenen schriftlich bekannt zu geben und vertraulich zu behandeln. Die Gewährung von Leistungsprämien ist vor der Durch­ führung mit dem Personalrat zu erörtern (vgl. Art. 77a BayPVG).


BEAMTENRECHT

21

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

IM ÜBERBLICK

Das Konkurrentenstreitverfahren Ein Besonderheit innerhalb des Beamtenrechts sind die sog. „Konkurrentenstreitverfahren“. Hier klagt der Konkurrent um eine zu besetzende Stelle da­ gegen, dass ein anderer Bewerber den Vorzug bekommen soll. In der privaten Wirtschaft kann niemand unmittelbar die Gerichte anrufen, wenn seine Bewerbung erfolglos war. Hintergrund ist Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes: „Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.” WORUM GEHT ES BEIM KONKURRENTENSTREITVERFAHREN? Beim Konkurrentenstreitverfahren handelt es sich um ein ver­ waltungsrechtliches Verfahren, im Rahmen dessen es Beamten möglich ist, gegen die (drohende) Besetzung einer Stelle (z. B. aufgrund Beförderung) mit einem anderen Bewerber durch den Dienstherrn, vorzugehen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass es grundsätzlich keinen Anspruch auf Beförderung gibt. Allerdings hat der Beamte einen Anspruch darauf, dass, sofern er sich für eine Beförderungsstelle bewirbt, der Dienstherr diese Bewerbung ermessensfehlerfrei – insbesondere nach dem Prinzip der Bestenauslese – berücksichtigt. Diesen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung bezeichnet man im Be­ amtenrecht auch als sogenannten Bewerberverfahrensanspruch (Art. 33 Absatz 2 Grundgesetz). WIE GEHT MAN ALS BETROFFENER, UNTERLEGENER BEAMTER VOR? Als unterlegener Bewerber auf eine Beamtenstelle ist zunächst ein Eilrechtsschutzantrag zu stellen. Nur durch einen solchen Antrag kann, mittels einer einstweiligen Anordnung, die Ernennung des entsprechenden Konkurrenten verhindert werden (§ 123 Verwaltungsgerichtsordnung). Der Widerspruch alleine verhindert die Beförderung bzw. Ernennung des ausge­ wählten Konkurrenten hingegen nicht (sog. Grundsatz der Ämterstabilität). Ein solcher Eilantrag ist binnen 14 Tagen nach Bekanntgabe des Bewerbungsverfahrens-Ergebnisses zu stellen. Innerhalb dieses Zeitraums ist der Dienstherr dazu angehalten, die betroffene Stelle nicht zu besetzen und auch keine diesbe­ züglichen Ernennungsurkunden auszuhändigen. WAS GENAU PRÜFT DAS GERICHT? Das Gericht prüft bzw. kontrolliert die Auswahlentscheidung der Behörde nach geltender Rechtsprechung insbesondere anhand folgender Kriterien: Sind vom Dienstherrn erlassene Beurteilungsrichtlinien eingehalten worden? Wurde der Begriff der Eignung verkannt? Ist von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden?

urden allgemeingültige Wertmaßstäbe beachtet? W Wurden sachwidrige Erwägungen angestellt? Hat der Dienstherr gegen Verfahrensvorschriften verstoßen? WIE SIEHT DIE RECHTSFOLGE AUS, WENN EIN SOLCHES EILVERFAHREN ZUGUNSTEN DES UNTERLEGENEN BEWERBERS VOM GERICHT ENTSCHIEDEN WIRD? Wird ein Konkurrentenstreitverfahren vom unterlegenen Bewerber „gewonnen“, so heißt dies nicht automatisch auch, dass ihm die streitgegenständliche Stelle auch tatsächlich zugesprochen wird. Vielmehr stellt das Gericht nur fest, dass die Bewerberauswahl von der betroffenen Behörde nicht er­ messensfehlerfrei erfolgt ist und entscheidet dementsprechend, dass das Bewerberauswahlverfahren weiterhin offen ist. Der Dienstherr muss daher das Bewerberauswahlverfahren – ab­ hängig von Inhalt und Reichweite des Verstoßes – vollständig oder teilweise wiederholen. WELCHE MÖGLICHKEITEN BESTEHEN, WENN DER DIENSTHERR – ENTGEGEN DER GENANNTEN GRUNDSÄTZE – DIE ERNENNUNG DES KONKURRENTEN DENNOCH BEREITS PFLICHTWIDRIG DURCHGEFÜHRT HAT? Da in der Praxis die Erfolgsaussichten einer Anfechtungsund Verpflichtungsklage – sofern der Konkurrent bereits ernannt wurde – eher gering sind, kommt für den unterlegenen Be­wer­ber primär die Geltendmachung eines Schadensersatz­ anspruchs in Betracht. Problematisch ist in einem solchen ge­richtlichen Verfahren nicht selten die Ermittlung eines tat­ sächlich, beim unterlegenen Bewerber eingetretenen Schadens sowie die Darlegung, dass dieser Schaden seine Ursache in der Pflichtverletzung des Dienstherrn hat (Kausalität). EXISTIERT EIN KONKURRENTENSTREITVERFAHREN AUCH FÜR MITARBEITER DES ÖFFENTLICHEN DIENSTES, DIE NICHT BEAMTE SIND? Ja, es gibt auch arbeitsgerichtliche Konkurrentenstreitverfahren bezüglich Stellen von Tarifbeschäftigten des Öffentlichen Dienstes.


22

BEAMTENRECHT

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

NEUE REGELUNGEN AB 1. JANUAR 2017

Das Schreiben des Finanzministeriums ist auf der Homepage des Bayerischen Beamtenbundes unter www.bbb-bayern.de/ service/beamtenrecht einsehbar

Erhöhung der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten Eigener Beihilfeanspruch während der Elternzeit – Bemessungssatz beträgt 70 Prozent Mit dem „Gesetz zur Änderung dienstrecht­ licher Vorschriften“ das vom Landtag am 08.12.2016 beschlossen wurde, gibt es zum 01.01.2017 Änderungen bei der Beihilfe während der Elternzeit von Beamtinnen und Beamten. Sie erhalten einen eigenständigen Beihilfeanspruch mit einem Bemessungssatz von 70 Prozent. Damit wurde endlich eine langjährige BBB Forderung erfüllt.

Vom Bayerischen Landtag wurden im Dezember 2016 Ände­ rungen in der Bayerischen Zulagenverordnung (BayZulV) be­ schlossen. Diese treten zum 01.01.2017 in Kraft. Die wesentlichen Änderungen im Zulagenbereich sind: Die Erhöhung der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten (DuZ) in der Nacht (d.h. zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr; § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. Anlage 4 BayZulV) auf 4 Euro je Stunde Die Streichung der Zulage für Schichtdienst (§ 12 BayZulV) und Die Aufhebung der Konkurrenzregelung für die Gewährung der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten bei Bezug der sog. „Sicherheitzulage“ (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayZulV). Ab 01.01.2017 beträgt demnach die Zulage zu DuZ in der Nacht auch an Sonntagen 4,00 Euro (bisher 3,32 Euro, vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Anl. 4 BayZulV). Anlage 4 BayZulV wurde entspre­ chend um eine neue Zeile ergänzt: ANLAGE 4 BAYZULV: ERSCHWERNISZULAGE

Auswirkungen ergeben sich für diejenigen, die bisher keinen oder einen Beihilfeanspruch mit einem Bemessungssatz von lediglich 50 Prozent hatten:

Rechtsgrundlage

Beamtinnen und Beamten, die nicht allein­ erziehend sind, die nicht kostenfrei mit dem Ehegatten familienversichert sind, oder die nur ein berücksichtigungsfähiges Kind haben.

Nr.2

PRIVATE KRANKENVERSICHERUNG ANPASSEN! – BEITRÄGE SPAREN! Für diese Beamtinnen und Beamten erhöht sich der Beihilfebemessungssatz für ab dem 01.01.2017 entstehende Aufwendungen auf 70 Prozent. Der in diesen Fällen in der Regel bestehende private Krankenversicherungsschutz in Höhe von 50 Pro­ zent kann daher künftig entsprechend reduziert werden. Das entsprechende Schreiben des Finanzmi­ nisteriums ist bereits auf den Internetseiten des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat abrufbar.

Betrag in Euro

je Stunde

§ 11 Abs. 2 Satz 1

Nr.1

3,32 in der Zeit zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr für Beamte und Beamtinnen mit einer Zulage nach Art. 34 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 6 BayBesG

Nr.3

4,00 0,66 0,81 4,00

Künftig ist deshalb bei der Anweisung von Zulagen für Dienst an Sonntagen anzugeben, welcher Zulagenbetrag gezahlt werden soll. Durch die Erhöhung der Zulage für DuZ in der Nacht sollen unter anderem die durch den Nachtdienst entstehenden besonderen Belastungen finanziell ausgeglichen werden. Im Gegenzug entfällt die Schichtzulage. Der Schwerpunkt des finanziellen Ausgleichs wird damit auf den Dienst zur Nachtzeit gelegt, da dieser von der weit überwiegenden Mehrheit der Beamtinnen und Beamten im Schicht­ dienst im Verbleich zu den übrigen Diensten als deutlich belastender empfunden wird. Darüber hinaus wird die Konkurrenzregelung der Zulage bei DuZ und der Berufsgruppenzulage nach Art. 34 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Bay­ erisches Besoldungsgesetz (sog. „Sicherheitszulage“) aufgehoben. Die Zahlung beider Zulagen ist somit ab 01.01.2017 möglich, soweit die grundsätzlichen Anspruchsvoraussetzungen jeweils erfüllt werden.


BEAMTENRECHT

23

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

Zweites Pflegestärkungsgesetz tritt in Kraft – Auswirkungen auf die Beihilfe Die Leistungen der Pflegeversicherung, die 1995 eingeführt wurde, wurden letztmals durch den ersten Teil des Zweiten Gesetz zur Stärkung der pflegeri­ schen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestär­ kungsgesetz – PSG II – vom 21. Dezember 2015) erweitert. Am 01.01.2017 ist der zweite Teil des PSG II in Kraft treten. Das Staatsministerium für Finanzen, Landesentwicklung und Heimat hat in einem Schreiben auf die wesentlichen Änderungen hingewiesen. Dazu zählt im Besonderen: 1. BEGRIFF DER PFLEGEBEDÜRFTIGKEIT Ab dem 01.01.2017 wird der Begriff der Pflegebedürftigkeit neu definiert. Pflege­ bedürftig sind ab diesem Zeitpunkt Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Mit der neuen Definition der Pflegebedürftigkeit wird auch ein neues Begutachtungsins­ trument eingeführt. Statt einer Zuord­ nung zu einer der bisherigen drei Pflege­ stufen erfolgt zukünftig eine Zuordnung zu einem von fünf Pflegegraden. Pflegebedürftig sind nun alle Menschen, die aufgrund der Begutachtung mit dem neuen Begutachtungsinstrument einen Pflegegrad erhalten, unabhängig davon, ob der Schwerpunkt ihrer gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen im kör­ perlichen, kognitiven oder psychischen Bereich liegt. Mit den fünf Pflegegraden wird auch ein neuer Pflegegrad 1 eingeführt, der bereits bei geringen Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Anspruch auf bestimmte Leistungen der Pflege­ versicherung gibt. 2. AUFWENDUNGEN BEI PFLEGEGRAD 1 Für Pflegebedürftige, die ab dem 01.01.2017 erstmals in den Pflegegrad 1 eingestuft werden, sind pflegebedingte Aufwendungen nur in eingeschränkten Umfang beihilfefähig. Für diesen Personenkreis sind pflegebedingte Aufwendungen in folgenden Umfang beihilfefähig: 1. (Pflicht­)Beratung in der eigenen Häuslichkeit,

2. zusätzliche Leistungen in ambulant be­ treuten Wohngruppen einschließlich ei­ ner ggf. gewährten Anschubfinanzierung, 3. Pflegehilfsmittel sowie Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes, 4. Zuschlag für zusätzliche Betreuung und Aktivierung in stationären Pflege­ einrichtungen nach § 43b SGB XI, 5. vollstationäre Pflege nach § 36 Abs. 1 in Höhe von 125 Euro monatlich, 6. Angebote zur Unterstützung im Alltag, Entlastungsbetrag. 3. ÜBERLEITUNG VON BESTEHENDEN PFLEGESTUFEN IN PFLEGEGRADE (§ 140 SGB XI) Wer bereits vor dem 01.01.2017 Leistun­ gen der Pflegeversicherung bezieht, wird per Gesetz automatisch in das neue Sys­ tem der Pflegegrade übergeleitet. Hierbei sollen bisherige Leistungsbezieher durch die Einführung des neuen Pflegebedürf­ tigkeitsbegriffs nicht schlechter als bisher gestellt werden. Daher erfolgt die Über­ leitung grundsätzlich in einen Pflege­ grad, mit dem entweder gleich hohe oder höhere Leistungen als bisher verbunden sind. Ist dies ausnahmsweise nicht der Fall, besteht Besitzstandsschutz. 4. HÄUSLICHE PFLEGE (§ 32 BAYBHV) Häusliche Pflegehilfe durch geeignete Pflegekräfte (§ 32 Abs. 1 BayBhV) Die häusliche Pflegehilfe wurde aufgrund des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs neu definiert. Häusliche Pflegehilfe um­ fasst körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung. Die Aufwendungen der häuslichen Pflegehilfe sind für die Pflegegrade 2 bis 5 je Kalendermonat bis zu folgenden Höchstsätzen beihilfefähig:

Pauschalbeihilfe/Pflegegeld (§ 32 Abs. 2 BayBhV) Die Höhe der Pauschalbeihilfe (§ 32 Abs. 2 BayBhV) beträgt für die Pflegegrade 2 bis 5 entsprechend der Höhe des Pflege­ geldes nach § 37 Abs. 1 Satz 3 SGB XI je Kalendermonat Pflegegrad 2

316 Euro

3

545 Euro

4

728 Euro

5

901 Euro

5. VERHINDERUNGSPFLEGE (§ 33 BAYBHV) Die bisherigen Regelungen der Verhin­ derungspflege gelten inhaltlich unverän­ dert fort, jedoch ab dem 01.01.2017 nur für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5. Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 haben keinen Anspruch auf Verhinde­ rungspflege. 6. TEILSTATIONÄRE PFLEGE (§ 32 ABS. 1 BAYBHV) Die Aufwendungen der häuslichen Pflegehilfe sind für die Pflegegrade 2 bis 5 je Kalendermonat bis zu folgenden Höchstsätzen beihilfefähig: Pflegegrad 2

689 Euro

3

1.341 Euro

4

2.012 Euro

5

3.352 Euro

7. KURZZEITPFLEGE (§ 34 BAYBHV) Die bisherigen Regelungen der Kurz­ zeitpflege gelten inhaltlich unverändert fort, jedoch ab dem 01.01.2017 nur für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5. Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 haben keinen Anspruch auf Verhinde­ rungspflege. 8. VOLLSTATIONÄRE PFLEGE (§ 36 BAYBHV) Aufwendungen für vollstationäre Pflege (§ 36 Abs. 1 Satz 2 BayBhV) sind für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 bis zu folgenden Höchstsätzen beihilfe­ fähig: Pflegegrad

Pflegegrad 2

689 Euro

2

770 Euro

3

1.341 Euro

3

1.262 Euro

4

2.012 Euro

4

1.775 Euro

5

3.352 Euro

5

2.005 Euro


24

TARIFRECHT

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

Änderungen im AGB-Recht

Einzelverträge im öffentlichen Dienst werden angepasst Mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 sieht der neugefasste § 309 Nr. 13 BGB für mit Verbrauchern geschlossene Formularverträge „keine strengere Form für Erklärungen als die Textform“ vor. Die Neufassung löst damit die bislang zulässige Vorgabe der Schriftform (§ 126 BGB) ab. Anders als die Schriftform, ist die Textform bereits dann gewahrt, wenn es sich um eine lesbare Erklärung handelt, in der die Person des Erklärenden genannt ist, die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Die Formerleichterung gilt für Formularverträge bzw. All­ gemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die ab 1. Oktober 2016 – neu – eingesetzt werden und hat auch Auswirkungen auf Arbeitsverträge im öffentlichen Dienst. Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen hat hierzu klarstellende Hinweise veröffentlicht (FMS v. 19. Dezember 2016; 25 – P 2625- 1/35): TARIFVERTRAGLICHE REGELUNGEN Tarifvertragliche Regelungen unterliegen gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht der AGB-Kontrolle; die Änderung des § 309 Nr. 13 BGB hat hier keine Auswirkungen. Somit ist in Tarif­ verträgen auch weiterhin für Erklärungen oder Anzeigen des Arbeitnehmers das Schriftformerfordernis zulässig. Insoweit besteht daher kein Anpassungsbedarf. Wie allerdings bereits in Ziff. 37 der Hinweise zur Durchführung des TV-L aus­ geführt, bedarf es zur Wahrung der Ausschlussfrist und des Schriftformerfordernisses nicht der Schriftform nach § 126 BGB; es genügt auch hier die Textform des § 126b BGB. ARBEITSVERTRÄGE In Arbeitsverträgen, die nach dem 30. September 2016 ge­ schlossen werden und keine Bezugnahme auf einen einschlä­ gigen Tarifvertrag enthalten, kann ein Schriftformerfordernis

für Anzeigen und Erklärungen der Arbeitnehmerin / des Arbeitnehmers nicht mehr wirksam vereinbart werden, wenn der Arbeitsvertrag der AGB-Kontrolle unterliegt. Arbeitsverträge, die nach dem 30. September 2016 abgeschlos­ sen werden, dürfen für die Geltendmachung von Ansprüchen keine strengere als die Textform mehr vorsehen. Schriftform­ erfordernisse in arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen wären dann künftig gemäß § 309 Nr. 13 BGB unwirksam. Wenn in einem Arbeitsvertrag der einschlägige Tarifvertrag insgesamt durch Globalverweisung in Bezug genommen wird, unterliegt er nicht der AGB-Kontrolle und ist daher anders zu bewerten. Für Arbeitsverträge, die vor dem 1. Oktober 2016 abge­ schlossen wurden, bleibt eine darin vereinbarte schriftliche Geltendmachung wirksam. Die Muster-Praktikumsverträge, das Muster für Arbeitsver­ träge mit Beschäftigten, für die Eingliederungszuschüsse nach den §§ 88 ff. SGB III gewährt werden sowie der MusterArbeits­vertrag für wissenschaftliche und studentische Hilfs­ kräfte werden entsprechend angepasst.


TARIFRECHT

25

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

Tarifeinheitsgesetz

Verhandlungen vor dem Bundesverfassungsgericht Am 24. und 25. Januar 2017 (und damit nach Redaktionsschluss) hat das Bundesverfassungs­ gericht über fünf Verfassungsbeschwerden gegen Vorschriften des Gesetzes zur Tarifeinheit (Tarif­ einheitsgesetz) vom 3. Juli 2015 entschieden. Der BBB informiert aktuell auf seiner Homepage. Das Gesetz zur Tarifeinheit greift, wenn sich die Geltungsbereiche nicht inhaltsgleicher Tarifverträge verschie­ dener Gewerkschaften in einem Betrieb überschneiden. Dann soll nur der Tarifvertrag derjenigen Gewerkschaft im Betrieb Anwendung findet, die in diesem Betrieb die meisten Mitglieder hat. Eine Gewerkschaft, deren Tarifvertrag verdrängt wird, kann sich dem Tarifver­ trag der Mehrheitsgewerkschaft durch eine Nachzeichnung anschließen. Neu eingeführt wurde ein arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren, in dem verbindlich mit Wirkung für alle geklärt werden kann,

welcher Tarifvertrag nach der Kollisions­ regel im Betrieb zur Anwendung kommt. Vor der Verabschiedung des Gesetzes zur Tarifeinheit war der Fall einer Tarifkollisi­ on im Betrieb nicht gesetzlich geregelt. Bis zum Jahr 2010 setzte die Rechtsprechung im Kollisionsfall im gesamten Betrieb nach dem Spezialitätsprinzip denjenigen Tarifvertrag durch, der dem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und per­ sönlich am nächsten stand und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebs am ehesten gerecht wurde. Nach Änderung der Rechtsprechung des Bun­ desarbeitsgerichts wurden seit 2010 Tarif­

kollisionen hingenommen; Tarifkonflikte im einzelnen Arbeitsverhältnis lösten die Arbeitsgerichte in erster Linie weiter nach dem Spezialitätsprinzip, ohne damit jedoch betriebsweite Vorrangentscheidungen zu treffen. Nach dem Tarifeinheitsgesetz gilt nun im Kollisionsfall das Mehrheitsprinzip betriebsweit. Die Beschwerdeführenden, zu denen auch der dbb zählt, rügen u. a., mit dem Gesetz werde in mehrfacher Hinsicht in die Koali­ tionsfreiheit eingegriffen, weil insbesonde­ re das Recht beeinträchtigt werde, effektiv wirkende Tarifverträge abzuschließen.


26

VERBAND

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

DBB JAHRESTAGUNG 2017

EUROPA – QUO VADIS? Vom 8. bis zum 10. Januar 2017 trafen sich auch in diesem Jahr wieder rund 800 Teilnehmer bei der 58. Jahrestagung des dbb beamtenbund und tarifunion in Köln. Die Rednerliste war hochkarätig besetzt: Angela Merkel, Thomas de Maizière, Hannelore Kraft und Henriette Reker sprachen gleich am ersten Tagungstag. Am zweiten Tag standen vertiefende Vorträge und eine Podiumsdiskussion auf dem Programm.

„D

a in jüngster Zeit die Zunahme von EU-skeptischen, ja sogar europafeindlichen Parteien und Bewegungen zu beobachten ist, welche die Errungenschaften einer euro­ päischen Einigung in Frage stellen, haben wir „Europa – quo vadis?“ als Motto ge­ wählt, um die aktuellen Entwicklungen zu analysieren und zu diskutieren“, erläuterte dbb Bundesvorsitzender Klaus Dauder­ städt im Vorfeld das Motto der Tagung. Der öffentliche Dienst sei als Garant für stabile rechtsstaatliche Verhältnisse ge­ fordert. Die Bürger in Deutschland und Europa setzen auf leistungsfähige, zuver­ lässige öffentliche Dienste in Zeiten der Krise und des Wandels. Sie tragen dazu bei, die Chancen der Globalisierung bes­ ser zu nutzen. Die Bürger erwarten aber auch und zu Recht, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten sie mit gut ausgestatteten modernen Verwaltun­ gen vor den negativen Auswirkungen der Globalisierung schützen.

Bundesrepublik, diese Kraft zu nutzen und voranzutreiben.

DBB BUNDESVORSITZENDER KLAUS DAUDERSTÄDT In seiner Ansprache forderte dbb Bundesvorsitzender Klaus Dauderstädt mehr Respekt und Unterstützung für den öffen­tlichen Dienst. Als ein Beispiel nannte Dauderstädt die öffentliche Kritik an den Sicherheitsbehörden nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachts­ markt im Dezember 2016. Selbst in einem perfekten Überwachungssystem, das wiederum nicht der allgemeinen Vorstellung von einer liberalen Gesell­ schaft entspräche, werde sich ein solcher Ausnahmefall nicht vermeiden lassen. Dies sei Ausdruck einer unrealistischen Erwartungshaltung, die auch andere Bereiche des öffentlichen Dienstes be­ treffe. Diese Einstellung zum öffentlichen Dienst sei auch ein Grund dafür, dass es immer häufiger zu Gewalt gegen Beschäftigte komme. Der Arbeitgeber Staat sei verpflichtet, diese nicht nur quantitativ und qualitativ zu erfassen und Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen. Er müsse den Beschäftigten konkrete Unterstützung anbieten.

OBERBÜRGERMEISTERIN HENRIETTE REKER In ihrem Eröffnungsgrußwort betonte die Oberbürgermeisterin der Stadt Köln, Henriette Reker, an die Bedeutung der Städte für die europäische Einigung. Der urbane Raum sei nicht nur Motor des kulturellen und wirtschaftlichen Austausches, sondern auch Vorbild beim Zusammenleben von unterschied­ lichsten Menschen auf engem Raum. Es sei im ureigensten Interesse der

Einsatz und hob dabei insbesondere die Kolleginnen und Kollegen hervor, die in den letzten Wochen „intensiv für die Sicherheit Deutschlands gearbeitet ha­ ben.“ Ein starker öffentlicher Dienst sei Voraussetzung für eine funktionierende Sicherheitsarchitektur in Deutschland, betonte der Bundesinnenminister. In diesem Zusammenhang gehöre die Digi­ talisierung in den Verwaltungen, insbe­ sondere bei den Sicherheitsbehörden, zu den zentralen Zukunftsaufgaben. Deutliche Worte kamen vom Bundes­ innenminister zu so genannten „Reichts­ bürgern“ im öffentlichen Dienst. De Mai­zère erinnerte an die besondere Treuepflicht eines Beamten: „Man kann nicht zugleich auf die Verfassung schwören und sie ablehnen. Es ist richtig und notwendig, dass Beamte, die sich der ‚Reichsbürger- Bewegung‘ anschließen, vom Dienst suspendiert oder entlassen werden. Keiner, der sich selbst als Reichsbürger bezeichnet, darf gleich­ zeitig ein Beamter oder Angestellter des Staates sein.“

HANNELORE KRAFT: ES LOHNT SICH FÜR EUROPA ZU KÄMPFEN BUNDESINNENMINISTER: FÜR EINEN STARKEN ÖFFENTLICHEN DIENSTAG Bundesinnenminister Thomas de Maizière dankte den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes für ihren

Die Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen Hannelore Kraft plädierte für mehr Leidenschaft im Einsatz für ein einiges Europa: „Dieses Europa macht uns stark. Das müssen wir aktiv verteidigen.“ Im öffentlichen Dienst müsse die grenzüberschreitende Zusammenarbeit weiter intensiviert


VERBAND

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

27

werden. Gelungene Beispiele, wie etwa die Kooperation von Polizei und Zoll in NRW und den Niederlanden, seien an­ zubauen. „Das ist vor allem im Interesse der Bürgerinnen und Bürger.“

MÜNKLER: DEUTSCHLAND TRÄGT HOHE VERANTWORTUNG FÜR FORTBESTAND DER EU Große Verantwortung für den Fortbe­ stand der Europäischen Union hat der Publizist und Politologie-Professor Dr. Herfried Münkler Deutschland attestiert. In seinem Impulsvortrag „Ist Europa noch zu retten?“ warnte er, den wachsen­ den Zentrifugalkräften, die die europä­ ische Staatengemeinschaft zu zerreißen drohen, könne nur mit einer strategisch ausgerichteten Politik entgegen gewirkt werden. „Deutschland wird diese stabili­ sierende Rolle über weite Strecken allein spielen müssen“, bekäftigte Münkler auch in dem sich anschließenden Podi­ umsgespräch mit der Journalistin Dunja Hayali. „Die verlässliche Achse zwischen Deutschland und Frankreich ist aus dem Tritt gekommen, Großbritannien geht in den Brexit und Italien hat sich spätestens seit Berlusconi von seinem Anspruch als starker Akteur in Europa verabschiedet.“

antwortung. „Fast jede Bürgerin und jeder Bürger hat mit ihnen Kontakt. Sie geben dem Staat sozusagen ein Gesicht“, sagte Merkel. Dafür müsse die Politik im Gegenzug Bedingungen schaffen, unter denen vernünftig gearbeitet werden könne. Auch wenn die Mehrheit der Bür­ ger zufrieden sei mit diesen Leistungen, seien die im öffentlichen Dienst Tätigen zunehmend mit Hass, Ablehnung und Unverständnis konfrontiert. „Nicht nur die Bundesregierung, sondern die gesamte Gesellschaft muss dagegen auf­ stehen und sagen: Wir lassen das nicht zu, denn von der Arbeit dieser Menschen hängt unsere Lebensqualität ab“, sagte Merkel. Zum Thema Europa verwies die Bun­ des­kanzlerin darauf, dass es Europas gro­ße Bewährungsprobe sein werde, die Kontrolle über die Aus- und Einreise zu bekommen. Um etwa bessere Daten­ vernetzung zu ermöglichen, müssten die Beschäftigten im öffentlichen Dienst technische Möglichkeiten „auf der Höhe der Zeit“ bekommen.

ZUSAMMENARBEIT FÜR INTERNATIONALE SICHERHEIT VERBESSERUNGSBEDÜRFTIG

BUNDESKANZLERIN ANGELA MERKEL

Mit Blick auf die verschiedenen Krisen in Teilen des europäischen Kontinents meint Alexander Graf Lambsdorff, Vize­ präsident des Europäischen Parlaments: „Die Bürgerinnen und Bürger erwarten Antworten, und die Europäische Union ist in der Lage, diese zu geben“.

Die Bundeskanzlerin dankte den im öffentlichen Dienst Beschäftigten für ihren täglichen Einsatz voller Eigenver­

In der Podiumsdiskussion am zweiten Tagungstag machte der Vizepräsident des Europäischen Parlaments noch einmal

klar, was für ihn Priorität in der derzei­ tigen Situation hat: „Am wichtigsten ist es, das Grundvertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die europäische Politik zu gewinnen. Die Debatten gehen leider viel zu oft an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbei.“ Diese Einschätzung teilte auch RolfDieter Krause, deutscher Fernsehjour­ nalist und ehemaliger Leiter des vom WDR verantworteten ARD-Studios in Brüssel. Europa sei „auch eine Ge­ schichte gebrochener Versprechungen“. Die Bedeutung moderner Kommuni­ kationsmittel in diesem Prozess stellte Prof. Dr. Heribert Hirte heraus. Er lehrt Rechtswissenschaft in Hamburg und ist Geschäftsführender Direktor des Seminars für Handels-, Schifffahrtsund Wirtschaftsrecht. 2013 zog er für die CDU in den Deutschen Bundestag ein und ist ordentliches Mitglied im Bundestags-Ausschuss für die Ange­ legenheiten der Europäischen Union. „Wir sollten die Möglichkeiten der modernen Kommunikation nicht länger den politischen Randgruppierungen überlassen“, forderte er. Aus Sicht von Richard Kühnel, Leiter der Vertretung der Europäischen Kom­ mission in Deutschland, ist 2016 „in Europa schiefgegangen, was schiefgehen konnte“. Dennoch, so Kühnel, sehe er keine Notwendigkeit für einen radika­ len Schnitt für Europa: „Wir müssen uns aus dieser Krise herausarbeiten.“ Ein starkes Europa sei zugleich ein Projekt von globaler Bedeutung. „Europa ist international ein Treiber des Wandels. Wir müssen aber auch Gestalter sein“, sagte Kühnel.


28

VERBAND

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

WILHELM RENNER IM AMT BESTÄTIGT

BBB­Seniorenvollversammlung tagt in München Am 2. Juli 2013 tagte erstmals die Vollversammlung der Seniorenvertretung im BBB. Hauptaufgabe der Gründungsver­ sammlung war die Wahl der BBB­Seniorenkommission, die bis zu einer endgültigen Entscheidung des Delegiertentages des BBB über die satzungsmäßige Verankerung einer Senioren­ vertretung die Organe und Mitgliedsverbände des BBB bei der Vertretung und Förderung der Interessen ihrer / seiner Senio­ rinnen und Senioren unterstützt. Die satzungsmäßige Verankerung ist mit dem im April 2016 stattgefundenen BBB­Delegiertentag erfolgt, so dass nach den bereits im Herbst letzten Jahres stattgefundenen Vollver­ sammlungen in den Bereichen Frauen, Tarif und privatisierte Bereiche (siehe BBB­Nachrichten November/Dezember 2016, Seite 26) am 24. Januar 2017 nunmehr auch die BBB­ Seniorenvollversammlung regulär zusammentreten konnte. Zur öffentlichen Veranstaltung konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den stellvertretenden Vorsitzenden der dbb bundesseniorenvertretung, Klaus­Dieter Schulze begrüßen. Für den BBB sprach der Vorsitzende Rolf Habermann ein Grußwort. Im Anschluss hielt Frau Dr. Stefanie Abram von der MEDICPROOF GmbH ein Referat zum Thema „Begutachtung für die private Pflegepflichtversicherung“. Der Schwerpunkt der Arbeitstagung war die Neuwahl der Mit­ glieder und Ersatzmitglieder der BBB­Seniorenkommission. Die neue BBB­Seniorenkommission setzt sich wie folgt zusam­ men: Wilhelm Renner (bpv), Ilse Schedl (VHBB), Willi Wolf (Komba Bayern), Erich Grabner (GdS­Bayern) und Johanna

Die neue BBB-Seniorenkommission, v.l.: Ilse Schedl (VHBB), Erich Grabner (GdS-Bayern), Johanna Markl (bfg), Willi Wolf (Komba Bayern) und Wilhelm Renner (bpv)

Markl (bfg). In der unmittelbar anschließenden konstituie­ renden Sitzung der neu gewählten BBB­Seniorenkommission wurde Wilhelm Renner, der bereits den kommissarischen Vorsitz der erstmals 2013 gewählten Seniorenkommission inne hatte, in seinem Amt bestätigt und erneut zum Vorsitzenden gewählt. Seine Stellvertreterin bzw. sein Stellvertreter sind Ilse Schedl und Willi Wolf. Als Ersatzmitglieder wurden gewählt: Josef Bugiel (bfg), Klaus Becher (JVB), Armin Ulbrich (vlb), Christa Nicklas (brlv) und Alfons Gärber (GDL).

Zahlen Daten Fakten 2017: Komprimiertes Fachwissen Wer sich fundiert an der politischen und gesellschaftlichen Diskussion um den öffentlichen Dienst beteiligen will, muss dessen Rahmendaten kennen. Hilfreiches Instrument hierfür ist die jährlich vom dbb beamtenbund und tarifunion herausgegebene Broschüre „Zahlen Daten Fakten“, die alle wesentlichen statistischen Informationen zur Beschäftigungsstruktur des öffentlichen Dienstes bündelt. Besonderes Augenmerk richtet die 76 Seiten starke Publikation dabei auf die schnelle Auffindbarkeit wichtiger Zahlen, so zum Beispiel: Wie viele Beamte gibt es bei Bund, Ländern und Gemeinden? Wie viele Ange­ stellte arbeiten dort? Wie viele davon sind Frauen und arbeiten in Teilzeit? Zur Jahrestagung des dbb in Köln am 9. Januar 2017 (siehe gesonder­ ten Beitrag) ist nun die aktuelle Broschüre erschienen. Sie steht auf der BBB­Homepage kostenlos zum Download zur Verfügung.


VERBAND

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

29

IMPRESSUM Verleger:

KREISAUSSCHUSS PASSAU

„Fasching einmal anders“

(Register-Nr. 12092) Lessingstraße 11 80336 München T 089 / 55 25 88-0 F 089 / 55 25 88-50 bbb-verlag@bbb-bayern.de gesetzlich vertreten durch den Vorstand. Verantwortlich für die Redaktion: Rolf Habermann Anzeigen: Michael Rosch, rosch@bbb-bayern.de Erscheinungsweise: Sechs mal im Jahr. Konditionen für Mitglieder: Für Mitglieder ist der Verkaufspreis durch Mitgliedsbeitrag abgegolten. Weitere Informationen unter: www.bbb-bayern.de Die mit Namen gekennzeichneten Beiträge stellen in jedem Fall nur die Meinung des Verfassers dar.

„Unter dem Motto „Fasching einmal anders“ initiierte BBB­Kreisaus­ schussvorsitzender und Paussauer Stadtrat Siegfried Kapfer (stehend 1. v. re.) Anfang Januar für seine BBB­Mitglieder einen Besuch im Passauer Stadttheater, wo die Passauer Volksbühne mit der Boulevardkomödie „Boeing Boeing“ von Marc Camoletti unter der Regie von Gerold Haas gastierte. Hier beim Treffen mit Hauptdarstellern Regisseur hinter dem Vorhang in der Kulisse!

TEILNAHMEAUFRUF!

www.bbb­bayern.de

Wie erleben Lehrkräfte ihren Alltag? Dem geht derzeit eine Studie nach, um künftig angehende Pädagogen bei ihrer Berufswahl zu unterstützen. Wie erleben sie den Lehrerberuf, was belastet sie und welche Ressourcen helfen ihnen bei der Bewältigung. Der dazu er­ stellte Online­Fragebogen kann über die BBB­Homepage aufgerufen werden: www.bbb­bayern.de

Fotos: Bayerischer Landtag / Rolf Poss (11), Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat (7), BBB (9), Andreas Gebert (28), Rainer Glissnik (30), Florian Hölzl (6), Kreisausschuss Nordoberpfalz (30), Kreisausschuss Passau (29), SPD Bayern (8), Marco Urban (26, 27), Anna Olivia Weimer (3, 5), ©iStock.com / Jrcasas (1, 12, 13, 14, 15, 16)

Herstellung: Gebr. Geiselberger GmbH Martin-Moser-Straße 23 84503 Altötting T 08671 / 50 650 mail@geiselberger.de Design und Layout: Robert&Horst, Agentur für Design und Kommunikation Isartalstraße 44 80469 München T 089 / 23 555 20 hello@robertundhorst.de

Ziel ist es, ein Online­Tool zu entwickeln, das angehenden Lehrerinnen und Lehrern eine Hilfestellung zur Reflexion des Berufswunsches bietet und sie bei der Entwicklung der per­ sönlichen Ressourcen unterstützt. Die Studie wird vom Lehrstuhl für Schulpädagogik der Ludwig­ Maximilians­Universität München (Prof. Dr. Ewald Kiel) in Zusam­ menarbeit mit der Schön Klinik Roseneck in Prien am Chiemsee (Prof. Dr. Dr. Andreas Hillert) durchgeführt.

Print

kompensiert Id-Nr. 1761831 www.bvdm-online.de


30

VERBAND

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

KREISAUSSCHUSS KRONACH

Ein aktives Jahr

Der Kreisausschuss Kronach im Bayerischen Beamten­ bund war auch in diesem Jahr wieder enorm aktiv, blickte Vorstandsmitglied Reinhard Horn bei der Jahres­ abschlussfeier zurück. Neben den normalen Zusammenkünften gab es Diskus­ sionsabende mit Landtags­Vizepräsident Peter Mayer und den beiden Landratskandidaten Klaus Löffler und Norbert Gräbner. Vorsitzender Franz­Josef Wich war Delegierter auf dem Delegiertentag in Unterschleißheim. Es gab eine gemeinsame Wanderung, das Technische Hilfswerk wurde besichtigt.

Vorstandsmitglied Reinhard Horn (stehend) blickte auf die vielfältigen Aktionen des Kreisausschuss Kronach zurück

KREISAUSSCHUSS NORDOBERPFALZ

Versorgungsthemen im Mittelpunkt Mitglieder aus 7 Teilgewerkschaften des BBB trafen sich beim Kreisausschuss Nordoberpfalz um sich umfassend über die Beamtenversorgung zu informieren. Zu diesem Abend konnte die Vorsitzendende der BBB­Versorgungs­ kommission, Frau Gerlinde Woppmann gewonnen werden. Bei der gutbesuchten Veranstaltung, informierte Frau Woppmann über die Systematik der Berechnung von Ruhegehältern, über Versorgungsabschläge und über die in Bayern umgesetzte verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten. Auch betonte sie die besonderen Hürden die der Beamtennachwuchs nehmen muss, um eine Anwartschaft auf eine amtsangemessene Alimentation zu erhalten. Nicht wenige der Beamtenbewerber seien an der notwendigen gesundheitlichen Eignung für ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gescheitert. Die Ent­ wicklung der Versorgungsrücklagen des Staates seit dem Jahr 1999 wurde ausführlich dargestellt. Viele Nachfragen gab es zur Anrechnung von Renten auf das Ruhegehalt und zu den Versorgungskürzungen nach einem Ver­ sorgungsausgleich bei Ehescheidung. Entsprechend dem Wunsch des Kreisausschussvorsitzenden Alfons Ernstberger erfolgte auch ein Ausblick in die Zukunft der Beamtenversorgung. Dabei wurde betont, dass es einen starken Beamtenbund braucht, um falsche Argumente und ungerechtfertigte Angriffe abzuwehren und um die Besonderheiten des besonderen lebenslangen Dienst­ und Treueverhältnisses erfolgreich darzustellen. Zum Schluss dankte der Kreisvorsitzende Frau Wopp­ mann für die ausführlichen Informationen und lud bereits zur Generalversammlung im März 2017 ein.

KREISAUSSCHUSS NÜRNBERG

Neuwahlen

Anfang Dezember gab es Neuwahlen beim KA Nürnberg: Gerhard Schmidt (Deutsche Polizeigewerkschaft) wurde als Vorsitzender des im Amt bestätigt. Ebenso sein Stell­ vertreter Gerhard Sixt (KOMBA­Gewerkschaft Bayern für den kommunalen Dienst). Als weiterer stellvertretender Vorsitzender wurde Bernd Zinkel (Gewerkschaft der Sozialversicherung) gewählt. Schriftführer bleibt Karlheinz Flierl (Gewerkschaft der Sozialverwaltung). Neugewählter Kassier ist Dietmar Ott (Verband Bayer. Justizvollzugsbe­ diensteter). Beisitzerfunktionen im Vorstand nehmen aus verschiedenen weiteren Fachgewerkschaften wahr: Jutta Bär, Siegfried Dachs, Annette Feldmer, Sandra Schäfer, Armin Ulbrich und Udo Uebersohn.


AUS DER RECHTSPRECHUNG

BBB-NACHRICHTEN JAN | FEB 17

31

MIETENTSCHÄDIGUNG BEI DIENSTORTWECHSEL Voraussetzungen genau prüfen! – Einstellen von Möbeln kann die Entschädigung ausschließen! BAYERISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF, AZ. 14 B 16.46, VOM 8. DEZEMBER 2016

Aus den Gründen: …Der Kläger […] war bis 31. Juli 2014 am Finanzamt Neu-Ulm beschäftigt. Am 14. April 2014 wurde er unter Zusage der Umzugskos­ tenvergütung mit Wirkung zum 1. August 2014 an das Finanzamt Augsburg-Stadt versetzt. Unter dem 14. Juli 2014 bean­ tragte der Kläger die Ge-währung von Umzugskostenvergütung sowie eine Mietentschädigung, letztere i.H.v. 369,78 Euro. Im Antragsformular gab der Kläger an, die neue Wohnung zum 1. Juli 2014 an-gemietet und die alte Wohnung zum 31. Juli 2014 gekündigt zu haben. Der Umzug sei am 12. Juli 2014 durchgeführt worden. […] Die Gewährung von Mie­ tentschädigung wurde abge-lehnt, da der Leerstand der neuen Wohnung keinen vollen Kalendermonat umfasst habe. […] Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Mietentschädigung i.H.v. 369,78 Euro. […] Nach Art. 8 Abs. 2 des Bayerischen Geset­ zes über die Umzugskostenvergütung der Beam-ten und Richter [BayUKG] i.d.F. vom 24. Juni 2005, gültig ab 1. Juli 2005, wird Miete für die neue Wohnung, die nach Lage des Wohnungsmarkts für volle Kalendermonate gezahlt wer-den musste, während der die Wohnung noch nicht benutzt werden konnte, für längstens drei Monate erstattet, wenn für dieselbe Zeit Miete für die bisherige Wohnung gezahlt werden musste. Gemäß Art. 8 Abs. 3 BayUKG wird Mietentschädigung für die neue Wohnung nicht gewährt für eine Zeit, in der die Wohnung ganz oder teilweise anderweitig vermietet oder benutzt worden ist. Unabhängig davon, ob der Kläger die zum 1. Juli 2014 an seinem neuen Dienstort angemietete Wohnung im Juli 2014 im Sinne von Art. 8 Abs. 2 BayUKG noch nicht benutzen konnte, weil er erst mit Wirkung zum 1. August 2014 von Neu-Ulm nach Augsburg versetzt worden ist, greift vorliegend

jedenfalls der Ausschlussgrund nach Art. 8 Abs. 3 BayUKG ein, da der Kläger die Wohnung durch das Einstellen von sperrigen Teilen seines Mobiliars ab 12. Juli 2014 benutzt hat. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut [1.] und dem Sinn und Zweck [2.] der Regelung. Dagegen spricht auch nicht der historische Wille des Ge­ setz-gebers [3.].[…] 1. Laut Duden werden als bedeutungs­ gleich mit „benutzen“ u.a. „sich einer Sache ihrem Zweck entsprechend be­ dienen“, „zu einem bestimmten Zweck verwenden“ und „für einen bestimmten Zweck ausnutzen“ gesehen […]. Der Gesetzgeber hat den Zweck des Benutzens der Wohnung hier nicht ausschließlich im Bewohnen gesehen, andernfalls hätte er dies durch die Verwendung der Worte „zu Wohnzwecken“ oder durch andere Begrifflichkei-ten, wie etwa „bewohnen“ zum Ausdruck gebracht. Somit enthält bereits der Wortlaut der Vorschrift mit dem Begriff „benutzen“ keinen Anhalts­ punkt für eine gebotene restriktive Ausle-gung etwa in dem Sinn, dass nur bestimmte Benutzungsarten und/oder nur ein bestimmter [Mindest-]Benut­ zungsumfang den Wegfall des Anspruchs auf Mietentschädigung auslösen könnten. Dass der Normgeber nicht ausschließlich eine Nutzung zu Wohnzwecken in den Blick genommen hat, verdeutlicht auch der gesetzessystematisch bedeutsame Umstand, dass die anderweitige Vermie­ tung der neuen Wohnung als eigenständi­ ge, weitere Tatbe-standsalternative neben der Benutzung Eingang in die Norm gefunden hat. […] 17 2. Bestätigt wird dies durch Sinn und Zweck der Vorschrift. Vorrangiger Ge­ setzeszweck um-zugskostenrechtlicher Regelungen ist die Erstattung der dem Be­ amten durch Versetzung oder Abordnung entstandenen Mehraufwendungen. […]

Die Ausgleichspflicht des Dienst-herrn findet durch Kriterien der Fürsorge­ pflicht und der Billigkeit eine Grenze, wenn und so-weit die Fortdauer einer Mehraufwendung ihren Grund nicht in der Sphäre des Dienstherrn hat, sondern durch Umstände geprägt ist, die dem persönlichen Bereich des Beamten oder eines Dritten zuzuordnen sind [vgl. BVer­ wG, B.v. 1.9.1992 – 10 B 2.92 – Buchholz 261 § 6 BUKG Nr. 1].[…] Dies zugrunde gelegt, stellt das Einstellen von sperrigen Möbeln in die neue Wohnung ab dem 12. Juli 2014 ein „Benutzen“ im Sinn von Art. 8 Abs. 3 BayUKG dar. Auch wenn die Mehrkosten für die neue Wohnung im Juli 2014 aufgrund der Versetzung zum 1. August 2014 zunächst ausschließlich dienstlich veranlasst waren, hat der Kläger durch seine eigene persönliche Entscheidung, den Umzug bereits im Juli durchzuführen, an den dienstlich veran­ lassten Mehraufwendungen partizipiert und sowohl durch das Ersparen von Un­ terstellungskosten als auch durch das Ver­ wirklichen einer für ihn zeitlich günstigen Um-zugsplanung Vorteile gezogen; da­ durch sind ihm Gebrauchsvorteile zuge­ flossen, deren Ge-genleistung die gezahlte Miete ist [vgl. BVerwG, U.v. 13.12.1978 – 6 C 13.78 – Buchholz 238.90 Reise- und Umzugskosten Nr. 75]. […] Darüber hinaus würde eine restriktive Ausle-gung des Begriffs „benutzen“ im Sinne einer ausschließlichen Wohnnutzung zu einer ohne sachlichen Grund gerechtfertigten Ungleichbehandlung gegenüber denjeni­ gen Beamten füh-ren, denen – aufgrund einer Versetzung/Abordnung an einen Dienstort mit einem wenig oder nicht angespannten Wohnungsmarkt – kein Anspruch auf Mietentschädigung für die neue Wohnung zusteht, die aber die jedem Umzug immanenten organisatori­ schen und insbesonde-re die im Hinblick auf Überschneidungszeiten bestehenden Schwierigkeiten ebenfalls zu be-werkstel­ ligen haben. […]



Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.