QIII-2020 QUARTALSBERICHT DEUTSCHLAND
Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten
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Der Konjunktureinbruch im Jahr 2020 wird wahrscheinlich etwas schwächer ausfallen als bisher erwartet. Wir rechnen für das gesamte Jahr mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um preisbereinigt 5,4 Prozent.
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Die Corona-Krise belastet auch den deutschen Außenhandel und die Investitionen. Wir rechnen mit einem Rückgang der deutschen Exporte um 13 Prozent. Die Ausrüstungsinvestitionen werden sich sogar um ein Fünftel verringern.
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Die deutsche Wirtschaft erlebte im zweiten Quartal 2020 ihren stärksten Einbruch seit Beginn der Vierteljahresrechnung im Jahr 1970. Das Bruttoinlandsprodukt sank preis-, kalender- und saisonbereinigt um 9,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Zur Jahresmitte gab es zwar deutliche Anzeichen für eine Erholung. Eine Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten.
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Die Industrie befindet sich seit mehr als zwei Jahren in einer Rezession. Darüber hinaus belasten die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auch den Dienstleistungssektor erheblich.
Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten 17/09/2020
Inhaltsverzeichnis Konjunktur in Deutschland ................................................................................................................ 3 Corona-bedingtes Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten .................................................... 3 Außenhandel: Tiefer Einbruch im weltweiten Exportgeschäft. Alle Regionen betroffen ....................... 4 Arbeitsmarkt: Auswirkungen der Corona-Krise auf die Arbeitslosigkeit nehmen ab............................. 6 Auftragseingang in der Industrie: Starke Rückpralleffekt nach Corona-Schock ................................... 7 Industrieproduktion nimmt nach Schockstarre seit Mai wieder Fahrt auf ............................................. 9 Kapazitätsauslastung erholt sich vom Rekordtief ............................................................................... 10 Starke Umsatzeinbußen im Verarbeitenden Gewerbe ....................................................................... 11 Ifo-Geschäftsklima: Stimmung seit vier Monaten in Folge gestiegen ................................................. 12 Perspektiven ...................................................................................................................................... 13 Konjunktureinbruch wahrscheinlich etwas schwächer als während der Finanzkrise 2009................. 13 Impressum ......................................................................................................................................... 15 Grunddaten zu den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen .................................................. 16
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Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten 17/09/2020
Konjunktur in Deutschland Corona-bedingtes Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten Das Wirtschaftswachstum in Deutschland ist im zweiten Quartal 2020 aufgrund der Corona-Pandemie dramatisch eingebrochen. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank gegenüber dem Vorquartal kalender- und saisonbereinigt um 9,7 Prozent. Der Einbruch fiel deutlich kräftiger aus als während der weltweiten Finanzmarktkrise. Im ersten Quartal 2009 ging die Wirtschaftstätigkeit um 4,7 Prozent zurück. Auch im Vergleich zum Vorjahr war der Rückgang massiv. Das preisbereinigte BIP sank mit minus 11,3 Prozent so stark wie noch nie seit Beginn der Vierteljahresrechnung im Jahr 1970. Der bisher stärkste Rückgang im Vorjahresvergleich mit minus 7,9 Prozent fand vor elf Jahren statt.
Entwicklung des realen BIP in Prozent 4
2,6
2,2
1,3
2
0,6
0 -2 -4 -6 -8 -10 -12 I
II
III
IV
I
2016
II
III
2017
IV
I
II
III
IV
I
2018
II
III
2019
IV
I
II
III
IV
2020
Veränderung ggü.Vorjahresquartal Veränderung ggü. Vorquartal, saison- und kalenderbereinigt Veränderung ggü. Vorjahr Quelle: Statistisches Bundesamt
Die Wirtschaftsleistung wurde im zweiten Quartal 2020 von 44,67 Millionen Erwerbstätigen erbracht. Damit sank die Zahl der Erwerbstätigen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 574.000 oder 1,3 Prozent. Nach fast 17 Jahren Beschäftigungsaufbau sank im Dienstleistungssektor mit minus 369.000 oder 1,1 Prozent erstmals die Zahl der Beschäftigten. Den größten, in absoluten Zahlen gemessenen Rückgang gab es im Bereich Handel, Verkehr und Gastgewerbe mit 272.000 Personen bzw. 2,7 Prozent. Bei den Unternehmensdienstleistern, zu denen auch die Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften gehört, waren 156.000 Personen bzw. 2,5 Prozent weniger beschäftigt als vor einem Jahr. Bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistern setzte sich der seit dem Jahr 2010 anhaltende Beschäftigungsabbau fort (minus 10.000 Personen bzw. minus 0,9 Prozent). Beschäftigungszuwächse gab es bei den Öffentlichen Dienstleistern, Erziehung und Gesundheit mit 141.000 Personen (bzw. plus 1,3 Prozent) und im Bereich Information und Kommunikation (plus 18.000 Personen
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Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten 17/09/2020
bzw. 1,3 Prozent). In der Land- und Forstwirtschaft sank die Zahl der Beschäftigten um 34.000 bzw. 5,3 Prozent. Im Verarbeitenden Gewerbe ging die Zahl der Beschäftigten das dritte Quartal in Folge zurück, zuletzt um 182.000 Personen bzw. um 2,2 Prozent. Die Beschäftigung im Baugewerbe ist bisher ohne Blessuren durch die Krise gekommen. Hier waren sogar 11 000 Personen (plus 0,4 Prozent) mehr beschäftigt als vor einem Jahr. In der verwendungsseitigen Betrachtung bremste vor allem der Konsum das Wirtschaftswachstum aus. Die preisbereinigten Konsumausgaben der privaten Haushalte sanken im zweiten Quartal 2020 im Vorjahresvergleich um 13 Prozent. Bedingt durch die verhängten Kontaktsperren haben sich die Ausgaben für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen mehr als halbiert (minus 56,3 Prozent). Auch für Freizeit, Unterhaltung und Kultur (minus 23,2 Prozent), Bekleidung und Schuhe (minus 22,8 Prozent) sowie Verkehr und Nachrichtenübermittlung (minus 22,2 Prozent) gaben die Verbraucher deutlich weniger aus als vor einem Jahr. Während die Ausgaben für Wohnen, Einrichtungsund Haushaltsgegenstände leicht sanken, stiegen die Ausgaben für Wohnung, Energie- und Wasserversorgung um 1,7 Prozent. Für Nahrungs- und Genussmittel wurde sogar noch mehr Geld ausgegeben (plus 2,5 Prozent) also vor einem Jahr. Die staatlichen Konsumausgaben sind zwar im zweiten Quartal kräftig gestiegen (plus 3,8 Prozent). Dies konnte den starken Einbruch des privaten Konsums bei weitem nicht kompensieren. In der Summe bremste der Konsum das Wirtschaftswachstum um 6,1 Prozentpunkte aus. Auch die Unternehmen schränkten ihre Investitionstätigkeit deutlich ein. Die Bruttoanlageinvestitionen sanken mit minus 8,3 Prozent so stark wie zuletzt im Jahr 2009. Damals waren in den ersten beiden Quartalen Rückgänge um mehr als zehn Prozent zu verzeichnen, weil die Bauinvestitionen während der Finanzkrise deutlich zurückgingen. Letztere entwickelten sich dieses Mal deutlich stabiler und stiegen sogar im Vorjahresvergleich um 1,4 Prozent. Dafür gab es bei den Ausrüstungsinvestitionen mit minus 27,9 Prozent den bisher stärksten Rückgang. Die Investitionen in sonstige Anlagen (Software; Patente; Lizenzen) sanken hingegen nur leicht um 1,4 Prozent. In der Summe bremsten die Investitionen das BIP-Wachstum um 1,9 Prozent aus. Der Export von Waren und Dienstleistungen brach im zweiten Quartal mit minus 22,2 Prozent regelrecht ein. Die Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen gingen in ähnlichem Umfang zurück. Die Importe gingen mit minus 17,3 Prozent etwas langsamer zurück. Der Bezug von Waren aus dem Ausland sank mit minus 13,4 Prozent deutlich schwächer als der von Dienstleistungen (minus 30,6 Prozent). In der Summe bremste der Außenbeitrag das BIPWachstum um 3,4 Prozentpunkte aus. Außenhandel: Tiefer Einbruch im weltweiten Exportgeschäft. Alle Regionen betroffen Die deutschen Exporte brachen im zweiten Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum (saisonbereinigte Werte mit Länderdifferenzierungen sind nicht verfügbar) um 75,5 Milliarden Euro bzw. 23,7 Prozent auf 242,9 Milliarden Euro kräftig ein. Nur im zweiten Quartal 2009 war der Einbruch mit minus 25 Prozent noch stärker. Die mit Abstand massivsten, in absoluten Zahlen gemessenen, Exporteinbußen entstanden im US-Handel mit 9,1 Milliarden Euro bzw. minus 31,3 Prozent. Ebenfalls deutlich zurück gingen die Ausfuhren nach Frankreich (minus 8,2 Milliarden Euro bzw. minus 30,6 Prozent) und Großbritannien (minus 6,3 Milliarden Euro bzw. 35 Prozent). Die Ausfuhren in die Euro-Partnerländer Italien, Spanien und Österreich sanken um jeweils mehr als vier Milliarden Euro. Die Exporte in die osteuropäischen EU-Partnerländer Polen, Tschechien und Ungarn gingen um mehr als ein Fünftel zurück. Unter den Ländern außerhalb der EU gingen die Exporte nach Russland um ein Viertel zurück, die nach Mexiko und Südafrika halbierten sich. Der Rückgang im China-Ge-
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Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten 17/09/2020
schäft fiel dank der dort früher eingesetzten Eindämmung der Corona-Pandemie mit minus 941 Milliarden Euro oder vier Prozent vergleichsweise moderat aus. Spürbare Exportzuwächse waren nur bei den Ausfuhren auf die Marschallinseln und nach Ägypten zu beobachten.
Deutsche Ex- und Importe im 2. Quartal 2020 nach ausgewählten Ländern Veränderung gegenüber Vorjahresquartal Exporte Zu- (+) bzw. Abnahme (-)
Importe Zu- (+) bzw. Abnahme (-)
in Million Euro
in %
in Million Euro
in %
USA
20 074,7
- 9 140,6
-
31,3
Frankreich
11 841,1
- 5 007,8
-
29,7
Frankreich
18 678,6
- 8 221,4
-
30,6
Niederlande
20 068,5
- 4 529,9
-
18,4
Großbritannien
11 737,1
- 6 308,0
-
35,0
Tschechien
8 717,7
- 3 546,1
-
28,9
Italien
12 604,3
- 4 731,7
-
27,3
Russland
3 917,4
- 3 430,8
-
46,7
7 400,1
- 4 113,6
-
35,7
Italien
11 425,0
- 3 411,6
-
23,0
Österreich
12 963,8
- 4 029,7
-
23,7
Österreich
8 805,5
- 2 810,6
-
24,2
Niederlande
18 692,2
- 3 858,5
-
17,1
Belgien
8 344,9
- 2 801,6
-
25,1
Polen
12 897,5
- 3 414,4
-
20,9
USA
14 896,7
- 2 289,3
-
13,3
Tschechien
8 075,7
- 3 071,7
-
27,6
Polen
12 069,0
- 2 101,7
-
14,8
Belgien
9 192,3
- 2 616,2
-
22,2
Ungarn
5 344,7
- 2 087,5
-
28,1
Ungarn
4 668,0
- 2 132,9
-
31,4
Spanien
7 070,6
- 1 989,1
-
22,0
Russland
5 086,8
- 1 750,2
-
25,6
Rumänien
2 583,7
- 1 490,0
-
36,6
Mexiko
1 765,4
- 1 573,3
-
47,1
Norwegen
1 673,8
- 1 428,3
-
46,0
Südafrika
1 031,2
- 1 305,8
-
55,9
Japan
4 677,7
- 1 376,0
-
22,7
-
-
4,0 Singapur
1 574,0
+
207,5
+ 15,2
Spanien
China
Ägypten Marshallinseln Insgesamt
22 702,4
940,6
1 112,1
+
190,3
+
20,7
Irland
5 510,9
+
677,1
+ 14,0
600,9
+
584,1
+ 3 474,8
China
29 809,9
+
4 534,4
+ 17,9
-
Insgesamt
242 904,9
- 75 549,5
23,7
217 578,6
- 46 507,7
-
17,6
Quellen: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
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Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten 17/09/2020
Die deutschen Importe nahmen im zweiten Quartal ebenfalls deutlich ab. Im Vergleich zum Vorjahresquartal sanken sie um 46,5 Milliarden Euro oder 17,6 Prozent auf knapp 218 Milliarden Euro. Die stärksten nominalen Rückgänge (minus fünf Milliarden Euro bzw. minus 29,7 Prozent) resultieren aus den gesunkenen Einfuhren aus Frankreich, gefolgt von den Niederlanden (minus 4,5 Milliarden bzw. 18,4 Prozent) und Tschechien mit minus 3,5 Milliarden Euro bzw. minus 28,9 Prozent. Die Einfuhren aus Italien, Österreich und Belgien verminderten sich jeweils um ein Viertel. Der Bezug von Waren und Dienstleistungen aus den USA ging mit minus 13,3 Prozent nur unterdurchschnittlich zurück. Die Einfuhren aus Russland (minus 3,4 Milliarden Euro) und Norwegen (minus 1,4 Milliarden Euro) haben sich im Vergleich zum Vorjahr nahezu halbiert. Dies dürfte vor allem der Preisentwicklung für Energierohstoffe geschuldet sein. Gegen den Trend stiegen die Einfuhren aus China (plus 4,5 Milliarden Euro bzw. 17,9 Prozent) und Irland (plus 677 Millionen Euro bzw. 14 Prozent). Am aktuellen Rand sanken die Exporte im Juli 2020 gegenüber dem Vorjahresmonat um elf Prozent. Der Rückgang bei den Einfuhren fiel mit minus 11,3 Prozent etwas stärker aus. In den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres wurden insgesamt 13,1 Prozent weniger Waren und Dienstleistungen ausgeführt als im Vorjahreszeitraum. Mit minus 15 Prozent sanken die Ausfuhren in die Eurozone deutlich stärker als in die EU-Länder, die nicht der Eurozone angehören (minus 10,4 Prozent). Die Ausfuhren in Drittländer sanken um 12,4 Prozent. Die Importe gingen in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres um insgesamt 10,4 Prozent zurück. Aus den EU-Ländern wurden 12,8 Prozent weniger Waren und Dienstleistungen eingeführt als vor einem Jahr. Dabei sanken die Einfuhren aus den Ländern, die nicht zum Euroraum gehörten mit 11,3 Prozent nicht ganz so stark wie die aus der Eurozone (minus 13,5 Prozent). Aus Drittländern kamen im gleichen Zeitraum 7,5 Prozent weniger Waren und Dienstleistungen nach Deutschland. Arbeitsmarkt: Auswirkungen der Corona-Krise auf die Arbeitslosigkeit nehmen ab Der Corona-bedingte Beschäftigungsrückgang scheint beendet. Nach ersten vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Erwerbstätigen im Juli saisonbereinigt um 53.000 Personen gestiegen. In den Monaten Mai und Juni war die Erwerbstätigkeit noch um 205.000 bzw. 34.000 Personen gesunken. Im Vergleich zu Juli 2019 sank die Zahl der Erwerbstätigen um 1,4 Prozent auf nunmehr 44,69 Millionen Personen. Auch der Abbau von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung hat sich verlangsamt. Nach Hochrechnungen der Bundesagentur waren im Juni 2020 (letzter verfügbarer Wert) insgesamt 33,34 Millionen Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das waren 62.900 Personen oder 0,2 Prozent weniger als vor einem Jahr. Die sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung nahm dabei im Vorjahresvergleich um 144.000 oder 0,6 Prozent ab, während die sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung um 82.000 oder 0,9 Prozent zulegen konnte. Auch die sonstigen Formen der Erwerbstätigkeit haben gegenüber dem Vorjahr abgenommen. So sank die Zahl der Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger im zweiten Quartal 2020 um 140.000 Personen oder 3,4 Prozent auf 4,02 Millionen. Die Zahl der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten hat sich nach ersten Hochrechnungen der Bundesagentur für Arbeit im Juni um 346.000 oder 7,4 Prozent auf 4,30 Millionen verringert. Die Zahl der arbeitslosen Personen stieg zwar im August um 636.000 Personen oder 27,4 Prozent auf 2,96 Millionen (Vorjahresvergleich). In der saisonbereinigten Betrachtung ist die Arbeitslosigkeit bereits den zweiten Monat in Folge zurückgegangen. Die Arbeitslosenquote lag im August 2020 nach Systematik der Bundesagentur bei 6,4 Prozent und nach ILO-Systematik bei einem Wert von 4,4 Prozent.
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Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten 17/09/2020
Arbeitsmarkt in Deutschland* 34
4 Arbeitslose (rechte Achse)
33
3
32 2 31
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (linke Achse) 1
30 0
29 2
28 2012
2013
2014
2015
2016
2017
2019
2018
-1
2020
Veränderung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zum Vorjahresmonat (rechte Achse) *saisonbereinigt in Million Quelle: Bundesagentur für Arbeit
Auftragseingang in der Industrie: Starke Rückpralleffekt nach Corona-Schock Im Juli 2020 sind die Auftragseingänge in der deutschen Industrie nach vorläufigen Berechnungen preis-, kalender- und saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 2,8 Prozent gestiegen. Nachdem im Juni noch ein Rekord-Plus von 28,8 Prozent und im Mai von 10,4 Prozent zu verzeichnen war, hat
Auftragseingang, Verarbeitendes Gewerbe 24,4
115
25
110 15
105 100
5
95 -1,1
90
-5
-2,5
85 -15
80 75
-22,6
-25
70 65
-35 2016
2017
2018
2019
2020
Veränderung zum Vorjahr, 2-Monats-Vergleich, in Prozent (rechte Achse) Index des Verabeitenden Gewerbes, 2-Monats-Durchschnitt, saisonbereinigt (linke Achse) Veränderung im Vergleich zum Vorquartal (q-o-q), in Prozent Quelle: Statistisches Bundesamt
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Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten 17/09/2020
sich der Aufholprozess etwas verlangsamt. Der Vorjahresvergleich weist zwar noch ein Minus von 7,3 Prozent aus. Seit April (minus 36,9 Prozent) hat sich die Auftragslücke aber deutlich geschlossen. Die Nachfrage aus dem Inland gab im Monatsvergleich um 7,2 Prozent nach. Grund hierfür war das von Großaufträgen starke Auftragsplus im Vormonat. Die Nachfrage aus dem Ausland stieg um 14,4 Prozent. Die Ordertätigkeit aus der Eurozone entwickelte sich dabei deutlich langsamer (plus 7,3 Prozent) als die aus den restlichen Ländern (plus 19,2 Prozent). Damit weist der kalender- und saisonbereinigte Auftragseingang im zweiten Quartal 2020 gegenüber dem ersten Quartal 2020 einen Rückgang bei den Neuaufträgen um 22,8 Prozent aus, was nicht wundert, denn in den ersten beiden Monaten des ersten Quartals befanden wir uns in einer robusten Aufwärtsbewegung. Im Vorjahresvergleich verminderte sich das Auftragsvolumen um ein Viertel (minus 25,6 Prozent). Nur in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2009 war der Auftragsrückgang noch stärker. Unter den einzelnen Hauptindustriegütergruppen erhielten die Hersteller von Vorleistungsgütern im zweiten Quartal 22,4 Prozent weniger Aufträge als im Quartal zuvor. Der Rückgang bei In- und Auslandsnachfrage war etwa gleich stark. Der Vergleich zum Vorjahr weist ein Minus von 20,7 Prozent aus, nachdem im ersten Quartal 2020 das Vorjahresniveau noch gehalten werden konnte. Die Nachfrage nach Investitionsgütern sank im zweiten Quartal um 24,8 Prozent (Vorquartalsvergleich). Während die Inlandsnachfrage nur um 8,6 Prozent zurückging, brach die Investitionsgüternachfrage aus dem Ausland mit minus 33,8 Prozent massiv ein. Im Vergleich zum Vorjahr erhielten die Investitionsgüterhersteller 30,5 Prozent weniger Aufträge. Im historischen Vergleich waren die Orderrückgänge nur in den ersten beiden Quartalen des Jahres 2009 noch stärker. Bei den Konsumgüterproduzenten verminderten sich die Bestellungen im zweiten Quartal gegenüber dem Vorzeitraum um 8,4 Prozent. Der Rückgang war bei In- und Auslandsnachfrage etwa gleich stark. Der Vorjahresvergleich weist ein Auftragsminus von 8,3 Prozent aus. Am aktuellen Rand ist der Auftragseingang in der Industrie zwar wieder gestiegen, führte aber nicht zu einem dickeren Auftragspolster. Dies war vor allem bei den Herstellern von Konsumgütern und Investitionsgütern zu sehen. So betrug der Auftragsbestand bei den Investitionsgüterherstellern zu Beginn des dritten Quartals nach Angaben des ifo Instituts 3,6 Produktionsmonate und lag damit nur leicht unterhalb des zehnjährigen Durchschnitts. Bei den Konsumgüterproduzenten ist die Reichweite der Auftragsbestände mit 1,9 Monaten deutlich niedriger. Auch dieser Wert liegt nur knapp unterhalb des Zehnjahresdurchschnitts. Nur die Hersteller von Vorleistungsgütern befinden sich in einer anderen Situation. Bei ihnen stieg der Auftragsbestand erstmals seit drei Quartalen wieder an. Derzeit haben diese Unternehmen Aufträge im Umfang von 2,7 Produktionsmonaten in ihren Büchern stehen und damit nur 0,1 Produktionsmonate weniger als im zehnjährigen Durchschnitt. Die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Daten über den Auftragsbestand umfasst die Summe der Auftragseingänge am Ende des Berichtsmonats, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu Umsätzen geführt haben und die nicht storniert wurden. Demnach war der preisbereinigte Auftragsbestand im Juni 2020 saison- und kalenderbereinigt 1,4 Prozent höher als im Vormonat. Dabei stiegen die offenen Aufträge aus dem Inland im Vergleich zum Mai 2020 um 5,2 Prozent. Der Bestand an Auslandsaufträgen verringerte sich aber im gleichen Zeitraum um 0,3 Prozent. Im Vergleich zu Februar 2020 – also vor dem Beginn der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie in Deutschland – war
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Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten 17/09/2020
der Auftragsbestand im Juni 2020 saison- und kalenderbereinigt 1,3 Prozent niedriger. Nach dem Tiefstand im April ging es beim Ordereingang zwar mit zweistelligen Wachstumsraten wieder aufwärts. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Rückkehr zur Normalität noch einige Zeit in Anspruch nehmen dürfte. Industrieproduktion nimmt nach Schockstarre seit Mai wieder Fahrt auf Nach zwei Monaten Absturz erfolgte im Frühsommer die Gegenbewegung. Im Juli 2020 stieg die Industrieproduktion im Vergleich zum Vormonat saison- und kalenderbereinigt um 2,8 Prozent, nach plus zehn Prozent im Mai und plus 11,1 Prozent im Juni. Wir blicken damit im Verarbeitenden Gewerbe auf vier Rekord-Monate zurück, zwei davon mit positiven, zwei mit negativen Vorzeichen. Produktionseinbußen im Vormonatsvergleich verzeichneten dagegen das Baugewerbe (minus 4,3 Prozent) und die Energiewirtschaft (minus 0,6 Prozent). In der Summe stieg die Produktion des Produzierenden Gewerbes im Juli 2020 gegenüber Juni um 1,2 Prozent. Der Vorjahresvergleich weist allerdings noch ein Minus von zehn Prozent aus.
Produktion, Verarbeitendes Gewerbe 110
20 13,4
15 10
100
5 0 -1,7 -1,9
90
-5 -10 -15
80
-20 -19,2
70 2016
2017
2018
2019
-25 -30
2020
Veränderung zum Vorjahr, 2-Monats-Vergleich in Prozent (rechte Achse) Index des Verarbeitenden Gewerbes, 2-Monatsdurchschnitt, saisonbereinigt (linke Achse) Veränderung im Vergleich zum Vorquartal (q-o-q), in Prozent Quelle: Statistisches Bundesamt
Nach einer leichten Revision der Juni-Daten sank die Industrieproduktion im zweiten Quartal 2020 gegenüber dem ersten Quartal saison- und kalenderbereinigt um 19,2 Prozent nach zuvor minus 1,9 Prozent. Dies war gleichzeitig der achte Quartals-Rückgang in Folge. Auch der Vergleich zum Vorjahr weist einen Produktionsrückgang aus. Das Minus in Höhe von 22,6 Prozent ist neuer Rekord. Während der weltweiten Finanzkrise im Jahr 2009 betrug der stärkste Rückgang 21,5 Prozent. Die Energieerzeugung verringerte sich saison- und kalenderbereinigt gegenüber dem vorherigen Quartal um 10,4 Prozent. Der Vergleich zum Vorjahr weist sogar ein Minus von 12,6 Prozent aus. Selbst das Baugewerbe verzeichnete im Vorquartalsvergleich Produktionseinbußen (minus 3,9 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Produktion jedoch leicht um 0,9 Prozent. In den einzelnen industriellen Hauptgruppen entwickelte sich die Produktion im zweiten Quartal 2020 wie folgt: Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern sank die Produktion gegenüber dem Vorquartal um 16,6 Prozent und gegenüber dem Vorjahr um 17,4 Prozent. Die Investitionsgüterproduktion
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Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten 17/09/2020
sank im Vergleich zum Vorquartal um knapp ein Viertel (minus 24,9 Prozent) und im Vorjahresvergleich um 31 Prozent. Die Konsumgüterhersteller reduzierten ihre Produktion um 10,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal bzw. um 11,2 Prozent im Vorjahresvergleich. Nach einem Rekordabsturz folgte die Erholung auf dem Fuße. Trotz dreimaligem Produktionsanstieg in Folge (aus dem Vergleich mit dem Vorzeitraum) ist die Industrie noch nicht aus dem Schneider. Für die ersten sieben Monate des laufenden Jahres weist der Vorjahresvergleich noch immer ein Minus von 13,8 Prozent aus. Angesichts unterdurchschnittlicher Kapazitätsauslastung und schwacher Auslandsnachfrage dürfte es noch einige Zeit dauern, bis das Vorkrisenniveau wieder erreicht wird. Produktionsentwicklung im Produzierenden Gewerbe Vergleich zum Vorjahr in Prozent 2018 2019 2019 2020 Jahr Q4 Q1 Q2 Ursprungswerte kalenderbereinigt
2019 Q4
Vergleich zum Vorzeitraum in Prozent 2020 Q1 Q2 Mai Jun Jul saison- und kalenderbereinigt
Produzierendes Gewerbe
0,9
-3,3
-4,0
-5,0
-18,5
-1,1
-1,0
-16,1
7,4
9,3
1,2
Industrie
1,1
-4,2
-5,0
-6,6
-22,6
-1,7
-1,9
-19,2
10,0
11,1
2,8
Vorleistungsgüter
0,6
-3,6
-4,6
-3,5
-17,4
-0,8
1,0
-16,6
-0,7
5,2
4,0
Investitionsgüter
0,9
-4,5
-6,7
-10,8
-31,0
-3,2
-5,0
-24,9
27,3
18,2
2,1
Konsumgüter
2,9
-4,7
-1,3
-2,3
-11,2
0,3
-0,4
-10,1
1,8
7,4
1,8
Energie
-1,5
-7,2
-5,6
-8,2
-12,6
3,1
-2,2
-10,4
1,3
6,9
-0,6
Baugewerbe
0,2
3,3
1,8
6,8
0,9
0,1
4,9
-3,9
0,1
2,3
-4,3
Bauhauptgewerbe
7,7
5,9
5,1
9,0
3,8
0,8
4,6
-1,9
1,1
-0,5
-0,5
Ausbaugewerbe
-5,5
1,0
-0,6
4,8
-2,0
-0,5
5,1
-5,9
-0,8
4,9
-7,7
Quellen: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen
Kapazitätsauslastung erholt sich vom Rekordtief Mit der Lockerung der allgemeinen Kontaktbeschränkungen im Mai haben auch die wirtschaftlichen Aktivitäten wieder zugenommen und zu einer höheren Auslastung der Produktionskapazitäten im Verarbeitenden Gewerbe geführt. So stieg der Auslastungsgrad in der Industrie zu Beginn des dritten Quartals um 4,5 Prozentpunkte auf nunmehr 74,9 Prozent. Dies war zwar der kräftigste Anstieg seit Bestehen dieser Zeitreihe. Dennoch sind die Kapazitäten derzeit um 9,5 Prozentpunkte geringer ausgelastet als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Der Auslastungsgrad im Verarbeitenden Gewerbe ohne Ernährungsindustrie stieg zwar im gleichen Zeitraum etwas stärker (um 4,6 Prozentpunkte), lag aber gleichzeitig mit 10,2 Prozentpunkten weit unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre.
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Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten 17/09/2020
Unter den einzelnen Branchen zeigte sich ein differenziertes Bild. So ist die Kapazitätsauslastung in der Chemischen Industrie und in der Pharmaindustrie entgegen dem allgemeinen Trend im dritten Quartal weiter gesunken, wenn auch nur leicht. Auch in der Elektroindustrie und im Maschinenbau verminderte sich der Auslastungsgrad am aktuellen Rand. Eine deutliche Erholung verbuchte der Fahrzeugbau mit einer um 27,8 Prozentpunkte höheren Auslastung gegenüber dem Vorquartal. In der Möbelindustrie stieg die Auslastung um 15,9 Prozentpunkte und lag damit gleichzeitig wieder über dem Zehnjahresdurchschnitt. Auch bei den Herstellern von Textilien sowie Nahrungs- und Genussmitteln nahm der Auslastungsgrad der Kapazitäten wieder zu. Starke Umsatzeinbußen im Verarbeitenden Gewerbe Im zweiten Quartal verzeichnete das Verarbeitende Gewerbe im Vorjahresvergleich einen Umsatzeinbruch in Höhe von 23,8 Prozent. Das Inlandsgeschäft war mit minus 19,5 Prozent nicht ganz so stark betroffen wie das Auslandsgeschäft, das um 28,1 Prozent nachgab. Vor allem in den Monaten April (minus 31,5 Prozent) und Mai (minus 30,5 Prozent) verzeichnete das Verarbeitenden Gewerbe starke Umsatzeinbußen. Im Juni gingen die Umsätze im Vorjahresvergleich mit minus 8,7 Prozent nicht mehr ganz so stark zurück. Da der Corona-bedingte Umsatzeinbruch im ersten Quartal erst im März erfolgte, ergibt sich für das erste Halbjahr 2020 im Verarbeitenden Gewerbe ein Umsatzrückgang von nominal 13,9 Prozent (Inland: minus 11,1 Prozent; Ausland: minus 16,6 Prozent). Unter den einzelnen Branchen hat es die Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenteilen mit Abstand am härtesten getroffen. Sie verbuchten in der ersten Jahreshälfte Umsatzrückgänge von 27,8 Prozent. Die Hersteller von Textilien, Bekleidung und Lederwaren hatten in der Summe einen Umsatzeinbruch von 15 Prozent zu verkraften. Auch den Maschinenbau hat es mit einem Umsatzminus von 13,1 Prozent hart getroffen, in der Metallerzeugung und -bearbeitung waren die Einbußen mit minus 14 Prozent sogar noch etwas stärker. Die Elektroindustrie weist laut Statistischem Bundesamt einen Umsatzrückgang um knapp zehn Prozent aus. Rückgänge im einstelligen Bereich verzeichneten im ersten Halbjahr die Chemieindustrie (minus 5,7 Prozent) und die Pharmaindustrie (minus 8,9 Prozent). Die Hersteller von Nahrungsund Futtermitteln konnten ihre Umsätze im ersten Halbjahr sogar steigern (plus 4,2 Prozent). Inklusive der Herstellung von Getränken und Tabakwaren stiegen die Umsätze in der Ernährungsindustrie um 2,8 Prozent. Umsatz* im Verarbeitenden Gewerbe im ersten Halbjahr 2020 Nahrung, Getränke, Tabak
2,8
Chemie
-5,7
Pharmazie
-8,9
Gummi, Glas, Keramik, Steine, Erden
-8,9
Papier
-9,2
Elektroindustrie
-9,8
Maschinenbau
-13,1
sonstiger Fahrzeugbau
-13,8
Verarbeitendes Gewerbe insgesamt
-13,9
Metallerzeugung u.-bearbeitung
-14,0
Textil, Mode, Leder Fahrzeugbau
-15,0 -27,8
*Veränderung in Prozent zum Vorjahreszeitraum Quelle: Statistisches Bundesamt
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Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten 17/09/2020
Ifo-Geschäftsklima: Stimmung seit vier Monaten in Folge gestiegen Der ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland stieg im August 2019 das vierte Mal in Folge. Während im Zeitraum Mai bis Juli die gestiegenen Erwartungen der Unternehmen zur Stimmungsaufhellung beitrug, war es im August die Bewertung der aktuellen Geschäftslage. Erstmals seit April 2019 schätzte die Mehrheit der befragten Unternehmen sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch die Erwartungen für die kommenden sechs Monate positiv ein. Unter den einzelnen Sektoren ist das Geschäftsklima im Dienstleistungssektor stark gestiegen. Die Dienstleister schätzten ihre aktuelle Geschäftslage deutlich besser ein. Zudem verbesserten sich die Erwartungen für die kommenden sechs Monate. Im Handel stieg der Geschäftsklimaindex nur noch leicht an. Zwar waren die Händler etwas zufriedener mit der aktuellen Lage. Die Erwartungen waren unverändert pessimistisch. Im Großhandel hat sich das Geschäftsklima sogar etwas eingetrübt. Im Bauhauptgewerbe stieg das Geschäftsklima, weil die Bauunternehmen mit ihrer aktuellen Lage sehr zufrieden waren. Die Erwartungen für die kommenden sechs Monate sind aber weiterhin eher verhalten. Im Verarbeitende Gewerbe stieg der Geschäftsklimaindex den vierten Monat in Folge, wobei im August vor allem die Lagekomponente für den Anstieg verantwortlich war. Nichtsdestotrotz beurteilt die Mehrheit der befragten Unternehmen ihre aktuelle Lage weiter negativ. Die Erwartungskomponente stieg im August leicht an und seit Juni blicken die Unternehmen mehrheitlich positiv in die Zukunft. Der Zeiger der ifo-Konjunkturuhr für das Verarbeitende Gewerbe befindet sich nunmehr seit drei Monaten in Folge im Aufschwungsquadranten. Die Exporterwartungen in der Industrie haben sich zwar leicht eingetrübt, werden aber weiterhin von der Mehrheit der Unternehmen positiv eingeschätzt.
ifo Konjunktur-Uhr Deutschland ifo Geschäftsklima-Index im Verarbeitenden Gewerbe*
30
Erwartungen für die nächsten 6 Monate
20
Jan 2011
August 2020
Aufschwung
10
Boom
Jan 2014
Jan 2018
Jan 2017
Jan 2010
0
Jan 2020
-10
Jan 2016 Jan 2015 Jan 2012 Jan Jan 2019 2013
-20 -30 -40 -50
Jan 2009 Abschwung
Rezession
-60 -60
-50
-40
* Salden, saisonbereinigt
-30
-20
-10
0
10
20
30
40
50
60
Beurteilung der Geschäftslage
Quelle: ifo Institut
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Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten 17/09/2020
Perspektiven Konjunktureinbruch wahrscheinlich etwas schwächer als während der Finanzkrise 2009 Durch die Corona-Krise hat Deutschland den stärksten Konjunktureinbruch seit Beginn der Vierteljahresrechnung im Jahr 1970 erlebt. Gleichzeitig setzte zur Jahresmitte eine ebenso starke konjunkturelle Erholung ein, so dass im Ergebnis die Wirtschaftsleistung im ersten Halbjahr entgegen unseren Erwartungen nicht ganz so stark eingebrochen ist. Dies erfordert eine Korrektur unserer Wachstumsprognose aus dem Frühjahr (BDI 2020a). Der Private Konsum ist in der ersten Jahreshälfte 2020 real um 7,4 Prozent zurückgegangen. Einkommensverluste, drohende Arbeitslosigkeit und fehlende Konsummöglichkeiten aufgrund des Lockdowns waren im Wesentlichen hierfür verantwortlich. Für die zweite Jahreshälfte haben sich die Rahmenbedingungen für den Konsum deutlich verbessert. Die Maßnahmen zur Eindämmung der CoronaPandemie wurden gelockert. Teile des Konjunkturpaketes der Bundesregierung, wie die zeitliche befristete Senkung der Mehrwertsteuersätze oder der Bonus für kindergeldberechtigte Haushalte, werden in der zweiten Jahreshälfte wirksam. Hinzu kommt, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt in den Sommermonaten stabilisiert hat. So ist die Zahl der Kurzarbeiter deutlich zurückgegangen. Die Zahl der Erwerbstätigen ist erstmals seit Ausbruch der Corona-Pandemie wieder gestiegen. Gleichzeitig ist die Zahl der Arbeitslosen im Juli und August in der saisonbereinigten Betrachtung gesunken. Das von der Gesellschaft für Konsumforschung ermittelte Konsumklima hat sich zwar im September etwas eingetrübt, ist aber seit dem Tief im Mai drei Monate in Folge kräftig gestiegen. Zudem lag der Umsatz im Einzelhandel im Juli wieder über dem Vorjahresniveau. Dies veranlasst uns, die Prognose für die Konsumausgaben der privaten Haushalte für das laufende Jahr auf jetzt minus 5,5 Prozent zu korrigieren. Der Staatsverbrauch ist nach den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes in der ersten Jahreshälfte real um 3,2 Prozent gestiegen. Laut Prognose des Wirtschaftsministeriums werden sich die Ausgabeaktivitäten der öffentlichen Hand noch erhöhen, so dass wir beim Staatsverbrauch jetzt mit einem realen Anstieg um 4,8 Prozent rechnen. So dürften die Konsumausgaben in diesem Jahr entgegen unserer bisherigen Einschätzung in der Summe nur noch um real 2,8 Prozent sinken. Die volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen weisen für die erste Jahreshälfte einen Rückgang der Ausrüstungsinvestitionen um 19,1 Prozent im Vorjahresvergleich aus. Es spricht auch nichts für eine Belebung in der zweiten Jahreshälfte, denn trotz steigender Produktion liegt die Kapazitätsauslastung in der Industrie unterhalb des langjährigen Durchschnitts. Zudem ist die Inlandsnachfrage nach Investitionsgütern noch immer rückläufig. Wir rechnen bei den Ausrüstungsinvestitionen weiterhin mit einem Rückgang um 20 Prozent. Bei den Bauinvestitionen halten wir eine Korrektur unserer Wachstumsprognose für nötig. Die Bauproduktion wurde im ersten Halbjahr kaum durch Corona-bedingte Schutzmaßnahmen behindert. Zudem liegt die Auslastung der Maschinen im Baugewerbe über dem langjährigen Durchschnitt und der Auftragsbestand der Branche ist so hoch, dass er nicht bis zum Jahresende abgebaut werden kann. Im Baugewerbe sind es eher Personalengpässe, die die Wachstumsperspektiven begrenzen, so dass wir in diesem Jahr nunmehr mit einem Anstieg der Bauinvestitionen um zwei Prozent rechnen. Unsere Prognose für die Investitionen in sonstige Anlagen (Software, Forschung und Entwicklung) senken wir auf minus drei Prozent. Grund hierfür ist der Verlauf im ersten Quartal. Zudem rechnen wir damit, dass die Forschungsbudgets der Unternehmen bedingt durch die Corona-Pandemie nicht vollständig ausgeschöpft werden. Rein rechnerisch ergibt sich hieraus für die Bruttoanlageinvestitionen ein Rückgang um 6,1 Prozent.
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Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten 17/09/2020
BDI-Prognose für 2020: Veränderung der realen Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorjahr in Prozent IST
BDI
Bundesregierung
2019
2020
2020
Europäische Kommission 2020
Bruttoinlandsprodukt
0,6
-5,4
-6,3
-6,5
Konsumausgaben
1,9
-2,8
-
-
- Private Konsumausgaben
1,6
-5,5
-7,4
-8,3
- Staatsverbrauch
2,7
4,8
3,7
2,8
2,5
-6,1
-5,0
-5,8
- Ausrüstungsinvestitionen
0,5
-20,0
-15,1
-17,0
- Bauinvestitionen
3,8
2,0
-1,0
-
- Sonstige Anlagen
2,7
-3,0
2,0
-
Exporte
1,0
-13,0
-11,0
-12,1
Importe
2,6
-10,0
-8,2
-9,2
Außenbeitrag, Wachstumsleistung
-0,6
-2,1
-2,1
-1,9
Bruttoanlageinvestitionen
Quellen: Statistisches Bundesamt, Bundesregierung (Mai 2020) Europäische Kommission (Mai 2020), eigene Berechnungen
Die Exporte sind in der ersten Jahreshälfte nicht so stark zurückgegangen wie noch im Frühjahr von uns erwartet. Verantwortlich hierfür war vor allem die wider Erwarten schnelle Erholung der chinesischen Wirtschaft. Zudem haben sich die Aussichten für den Welthandel etwas verbessert (BDI 2020b), so dass wir unsere Wachstumsprognose für die realen Exporte auf minus 13 Prozent korrigieren. Bei den Importen rechnen wir nur noch mit einem Rückgang um zehn Prozent. Vom Außenbeitrag geht nunmehr ein negativer Wachstumsimpuls von 2,1 Prozentpunkten aus. Alles in allem rechnen wir für das Jahr 2020 nur noch mit einem Rückgang der realen Wirtschaftsleistung um 5,4 Prozent gegenüber Vorjahr.
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Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten 17/09/2020
Quellenverzeichnis BDI (2020a). Quartalsbericht Deutschland II / 2020. Starke Signale in harter Zeit | Mit Konjunktur- und Wachstumsprogramm gegen tiefe Rezession. 9. Juli. Berlin --- (2020b). Globaler Wachstumsausblick. Gefährdete Erholung | Impulse für die Wirtschaft nötig. 8. September. Berlin.
Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29 10178 Berlin T: +49 30 2028-0 www.bdi.eu Autoren Dr. Klaus Günter Deutsch T: +49 30 2028-1591 k.deutsch@bdi.eu Thomas Hüne T: +49 30 2028-1592 t.huene@bdi.eu Redaktion/Grafiken Marta Gancarek T: +49 30 2028-1588 m.gancarek@bdi.eu
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Konjunkturtief im zweiten Quartal durchschritten | Rückkehr zum Vorkrisenniveau ist erst im Jahr 2022 zu erwarten 17/09/2020
Grunddaten zu den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen Verwendung des Bruttoinlandsproduktes (preis-, saison- und kalenderbereinigt) Veränderung zum Vorzeitraum in Prozent 2019
2020
2018
2019
Q1
Q2
Q3
Q4
Q1
Q2
1,3
1,9
1,0
0,1
0,6
0,1
-1,7
-7,3
-Private Konsumausgaben
1,3
1,6
0,9
0,0
0,3
0,1
-2,5
-10,9
-Konsumausgaben des Staates
1,4
2,7
1,3
0,3
1,4
0,3
0,6
1,5
3,5
2,5
1,5
-0,4
-0,1
-0,2
-0,5
-7,9
-Ausrüstungsinvestitionen
4,4
0,4
1,0
0,0
-1,4
-2,0
-7,3
-19,6
-Bauinvestitionen
2,5
3,8
2,6
-1,0
0,3
0,4
5,1
-4,2
-sonstige Anlagen
4,3
2,7
-0,7
0,9
1,2
1,1
-4,1
0,6
Inländische Verwendung
2,1
1,2
0,3
0,1
-0,3
0,3
-1,4
-7,2
Exporte
2,1
1,0
1,6
-1,6
1,3
-0,3
-3,3
-20,3
Importe
3,6
2,5
0,9
-0,4
0,0
0,3
-1,9
-16,0
Insgesamt
1,5
0,6
0,6
-0,5
0,3
0,0
-2,0
-9,7
Konsumausgaben
Bruttoanlageinvestitionen
Wachstumsbeiträge zum preisbereinigten BIP (in Prozentpunkten) Konsumausgaben
1,0
1,3
0,7
0,0
0,4
0,1
-1,2
-5,4
-Private Konsumausgaben
0,7
0,8
0,5
0,0
0,1
0,0
-1,3
-5,7
-Konsumausgaben des Staates
0,3
0,5
0,3
0,1
0,3
0,1
0,1
0,3
0,7
0,5
0,3
-0,1
0,0
-0,1
-0,1
-1,7
-Ausrüstungsinvestitionen
0,3
0,0
0,1
0,0
-0,1
-0,1
-0,5
-1,3
-Bauinvestitionen
0,3
0,4
0,3
-0,1
0,0
0,1
0,6
-0,5
-sonstige Anlagen
0,2
0,1
0,0
0,0
0,1
0,0
-0,2
0,0
Vorratsveränderungen u. Ä.
0,3
-0,9
-0,8
0,1
-0,7
0,2
0,0
0,3
Inländische Verwendung
2,0
1,0
0,3
0,1
-0,3
0,2
-1,3
-6,9
-0,4
-0,4
0,3
-0,6
0,6
-0,3
-0,8
-2,8
Bruttoanlageinvestitionen
Außenbeitrag
Quelle: Destatis
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