Quartalsbericht Deutschland III/2022: Konjunkturelle Erholung gerät ins Stocken

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Die stark gestiegenen Preise für fossile Brennstoffe und der schwache Euro haben zu einer deutlichen Verschlechterung der Terms of Trade geführt. In Kombination mit kaum steigenden Exporten bremst der Außenhandel das BIP Wachstum um 1,4 Prozentpunkte aus.

Nach wie vor beeinträchtigt die Knappheit an Vorprodukten die Produktion in der Industrie. Zwar haben Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen etwas abgenommen. Dafür nehmen die Unsicherheiten aufgrund des Kriegs in der Ukraine zu und die Produktion erhält durch die stark steigenden Energiepreise einen zusätzlichen Dämpfer.

Konjunkturelle Erholung gerät ins Stocken

QIII-2022

Deutsche Industrie auf dem Weg in die Rezession

QUARTALSBERICHT DEUTSCHLAND

Die konjunkturelle Erholung gerät ins Stocken. Die wirtschaftlichen Folgen des Krieges werden immer mehr spürbar. Der BDI rechnet für das gesamte Jahr nur noch mit einem BIP-Anstieg um preisbereinigt 0,9 Prozent.

Die Industrie dürfte in den nächsten Monaten eine schwere Rezession durchlaufen, mit Ausstrahleffekten auf die gesamte Wirtschaft. Nur durch eine schnelle europäische Einigung auf Sofortmaßnahmen auf dem Strom und Gasmarkt und eine rasche Umsetzung in den Mitgliedstaaten sowie durch eine Ausweitung der Hilfsprogramme für Unternehmen können schwerwiegende Verwerfungen vermieden werden.

Der Private Konsum war in der ersten Jahreshälfte geprägt von der hohen Nachfrage nach Dienstleistungen. Starke Preissteigerungen vermindern immer mehr die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte und drohen das Wachstum auszubremsen.

Arbeitsmarkt weiter stabil 6

Mini Wachstum im zweiten Quartal....................................................................................................... 3

.................................................................................

Konjunktur in Deutschland 3

Kapazitäten weiterhin gut ausgelastet 11 Starkes Umsatzwachstum durch Preissteigerungen überzeichnet..................................................... 11

Auftragslage in der Industrie trübt sich weiter ein 7 Industrieproduktion: Erholung gerät durch Zulieferengpässe ins Stocken 9

......................................................................................................................................

Inhaltsverzeichnis

Außenhandel 5

Geschäftsklima sinkt auf Zweijahrestief 12

Perspektiven 13

Impressum 16

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Grunddaten zu den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen 17

Konjunktur in Deutschland

In der verwendungsseitigen Betrachtung sind die preisbereinigten privaten Konsumausgaben im zweiten Quartal 2022 im Vorjahresvergleich um insgesamt 7,2 Prozent gestiegen. Bedingt durch die im Frühjahr eingesetzten Lockerungen wurden fast doppelt so viel Beherbergungs und Gaststättendienstleistungen in Anspruch genommen wie vor einem Jahr (plus 86,2 Prozent). Um mehr als ein Fünftel stiegen die Ausgaben für Freizeit, Unterhaltung und Kultur (plus 23,8 Prozent) sowie für Bekleidung und Schuhe (plus 20,5 Prozent). Aufgrund des kräftigen Anstiegs wurde in diesen Segmenten erstmals wieder das Niveau aus dem Jahr 2019 übertroffen. Leicht gestiegen sind die Ausgaben für

Mini-Wachstum im zweiten Quartal

Der Blick auf die Entstehungsseite des Bruttoinlandsproduktes macht deutlich, dass allein der Dienstleistungssektor für das Wachstum im zweiten Quartal verantwortlich war. So stieg die Bruttowertschöpfung bei den sonstigen Dienstleistern (die auch die Sparten Kunst und Kultur mit abdecken) mit plus 7,3 Prozent im Vorjahresvergleich am stärksten an, gefolgt vom Bereich Handel, Verkehr und Gastgewerbe, der mit plus 5,9 Prozent zulegen konnte. Trotz des starken Anstieges der Bruttowertschöpfung waren es die Bereiche des Dienstleistungssektors, bei denen noch nicht wieder das Niveau vor Ausbruch der Pandemie erreicht wurde. Die Finanz und Versicherungsdienstleister sowie der Informations und Kommunikationssektor steigerten ihre Wertschöpfung um vier bzw. 4,8 Prozent. Bei den Unternehmensdienstleister betrug der Zuwachs 3,8 Prozent, bei öffentlichen Dienstleistern und im Grundstücks und Wohnungswesen nur 1,5 Prozent bzw. ein Prozent. Im Baugewerbe sank die Wertschöpfung im zweiten Quartal mit minus 3,9 Prozent deutlich. Wachstumseinbußen in Höhe minus 0,6 Prozent verzeichnete das Verarbeitende Gewerbe. Insgesamt stieg die Bruttowertschöpfung im zweiten Quartal im Vorjahresvergleich um zwei Prozent.

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Die Wirtschaftsleistung wurde im zweiten Quartal 2022 von 45,5 Millionen Erwerbstätigen mit Arbeitsort in Deutschland erbracht. Dies waren 664.000 mehr als vor einem Jahr. Zudem waren wieder mehr Personen beschäftigt als vor Ausbruch der Corona Pandemie im Frühjahr 2020. Das in Stunden gemessene Arbeitsvolumen stieg im zweiten Quartal 2022 im Vorjahresvergleich um ein Prozent auf 14,5 Milliarden, fiel aber in der saisonbereinigten Berechnung um 1,3 Prozent geringer aus als im vierten Quartal 2019.

Entgegen ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes hat die Wirtschaftsleistung in Deutschland im zweiten Quartal 2022 leicht zugenommen. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg gegenüber dem Vorquartal saison und kalenderbereinigt um 0,1 Prozent und hat damit gleichzeitig das Vorkrisenniveau des vierten Quartals 2019 erreicht. Im ersten Quartal 2022 war die deutsche Wirtschaft um 0,8 Prozent gewachsen.

Gegenüber dem ersten Quartal des Vorjahres stieg das reale BIP kalenderbereinigt um 1,7 Prozent. Im Vergleich zur Entwicklung in der Europäischen Union, in der die Wirtschaftsleistung um vier Prozent anstieg, verlief die Entwicklung in Deutschland unterdurchschnittlich. Auch in den großen EU Mitgliedstaaten war das BIP Wachstum im Frühjahrsquartal deutlich höher. Spaniens Wirtschaft wuchs um 6,3 Prozent, die italienische Wirtschaft um 4,6 Prozent und Frankreich kann im zweiten Quartal ein BIP Wachstum von 4,2 Prozent vorweisen. Verglichen mit dem vierten Quartal 2019, dem Quartal vor Ausbruch der Pandemie lag unter den großen Volkswirtschaften nur das BIP in Spanien unter dem Vorkrisenniveau. In Frankreich und Italien lag die Wirtschaftsleistung jeweils ein Prozent darüber. In der EU war das Bruttoinlandsprodukt sogar zwei Prozent höher.

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I II III IV 2017 2018 2019 2020 2021 2022

I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV I II III IV

Veränderung ggü.Vorjahresquartal Veränderung ggü. Vorquartal, saison- und kalenderbereinigt Veränderung ggü. Vorjahr

Der Export von Waren und Dienstleistungen stieg im zweiten Quartal 2022 preisbereinigt um 1,9 Prozent. Während Warenausfuhren im Vorjahresvergleich mit plus 0,6 Prozent nahezu stagnierten, stiegen die Dienstleistungsexporte um kräftige acht Prozent. Bei den Importen nahm der Bezug von Waren um 2,1 Prozent zu. Der Bezug von Dienstleistungen, vor allem Reisen ins Ausland, stieg mit plus 28,1 Prozent kräftiger. In der Summe nahmen die Importe um 7,2 Prozent zu. Da die Importe stärker zulegten als die Exporte, bremste der hieraus resultierende Außenbeitrag das BIP Wachstum des zweiten Quartals um 2,1 Prozentpunkte aus.

-3,7 2,6

Nachzu.dem

Anstieg zu Jahresbeginn sind die Bruttoanlageinvestitionen im zweiten Quartal 2022 im Vorjahresvergleich preisbereinigt um 1,6 Prozent gesunken. Für den Rückgang waren die Bauinvestitionen verantwortlich, die nach dem milden Winter im Frühjahrsquartal über alle Bausparten hinweg um 3,9 Prozent abnahmen. Die Investitionen in sonstige Anlagen (Patente; Lizenzen) legten im Vorjahresvergleich um 1,8 Prozent zu. Nach einem Mini Wachstum zu Jahresbeginn stiegen die Ausrüstungsinvestitionen im zweiten Quartal erneut leicht um 0,6 Prozent.

Quelle: Statistisches Bundesamt 2,7 1,0 1,1

-10-12-8-6-4-2024681012

Entwicklung des realen BIP in Prozent

Einrichtungs und Haushaltsgegenstände (plus 0,8 Prozent) und für Verkehr und Nachrichtenübermittlung (plus 0,5 Prozent). Gleichzeitig sanken die Ausgaben für Wohnung, Energie und Wasserversorgung (minus 1,3 Prozent) sowie für Nahrungs und Genussmittel (minus vier Prozent). Die Konsumausgaben des Staates stiegen im gleichen Zeitraum mit 1,9 Prozent deutlich schwächer. In der Summe legten die Konsumausgaben im Frühjahresquartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,5 Prozent

Polen 22 680 + 3 499 + 18,2

Italien 22 395 + 3 584 + 19,1 USA 22 924 + 4 128 + 22,0

Österreich 14 884 + 3 192 + 27,3

Frankreich 29 207 + 3 326 + 12,8 Tschechien 15 477 + 2 945 + 23,5

Schweiz 17 317 + 2 687 + 18,4 Frankreich 18 043 + 2 871 + 18,9

Türkei 6 566 + 1 240 + 23,3 Türkei 6 169 + 1 802 + 41,3

Spanien 12 316 + 1 009 + 8,9 Belgien 15 418 + 1 602 + 11,6

Dänemark 6 000 + 991 + 19,8 Schweiz 14 040 + 1 440 + 11,4 Taiwan 4 150 + 1 208 + 41,0

Insgesamt 391 794 + 51 686 + 15,2 Insgesamt 380 695 + 84 205 + 28,4

Quellen: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen

Die deutschen Exporte stiegen im zweiten Quartal 2022 gegenüber dem Vorjahreszeitraum (saisonbereinigte Werte mit Länderdifferenzierungen sind nicht verfügbar) um 51,7 Milliarden Euro bzw. 15,2 Prozent auf 391,8 Milliarden Euro. Den in absoluten Zahlen gemessenen stärksten Zuwachs gab es im Handel mit den USA. Die Exporte dorthin legten um 10,2 Milliarden Euro bzw. knapp 35 Prozent zu. Wie schon im ersten Quartal standen die USA erneut auf Platz eins der Liste der Exportzielländer.

Großbritannien 18 149 + 2 268 + 14,3 Russland 10 486 + 2 857 + 37,5 Tschechien 13 823 + 1 861 + 15,6 Polen 19 177 + 2 384 + 14,2

Belgien 14 357 + 1 613 + 12,7 Italien 18 817 + 2 287 + 13,8

V. A. Emirate 1 628 279 14,6 Großbritannien 9 679 + 1 150 + 13,5 Russland 3 090 3 581 53,7 Australien 1 921 + 1 123 + 140,7

USA steigen rapide, die meisten Importe kamen aus China

Indien 3 887 + 1 097 + 39,3 Singapur 2 645 + 1 619 + 157,8

Deutsche Ex- und Importe im zweiten Quartal 2022 nach ausgewählten Ländern Veränderung gegenüber Vorjahresquartal

Importe Zu (+) bzw. Abnahmen ( )

ExporteAußenhandelindie

in Million Euro in % in Million Euro in %

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Exporte Zu (+) bzw. Abnahmen ( )

Niederlande 27 782 + 3 727 + 15,5 Niederlande 31 429 + 6 653 + 26,9

USA 39 659 + 10 248 + 34,8 China 50 161 + 17 767 + 54,8

Österreich 22 097 + 4 261 + 23,9

Norwegen 12 792 + 9 541 + 293,5

Im Juli 2022 sind die Exporte gegenüber dem Vorjahresmonat um 14,3 Prozent gestiegen. Die Einfuhren legten am aktuellen Rand mit plus 29,3 Prozent doppelt so stark zu. In den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres stiegen die Exporte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 13,4 Prozent. Dabei legten die Ausfuhren in die EU Staaten mit plus 14,4 Prozent etwas stärker zu als die Ausfuhren in Drittstaaten (plus 12,2 Prozent). Die Exporte in die Russische Föderation gingen im gleichen Zeitraum um 35,6 Prozent zurück. Die deutschen Importe stiegen in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres um insgesamt 26,7 Prozent. Aus den EU Staaten wurden dabei 17,1 Prozent mehr Waren und Dienstleistungen eingeführt als im Vorjahreszeitraum. Die Importe aus Drittländern stiegen im gleichen Zeitraum deutlich stärker (plus 37,9 Prozent). Aufgrund der stark gestiegenen Preise für fossile Energieträge betrug das Importplus aus Russland per Juli sogar 46,7 Prozent.

Im Handel mit den EU Partnerländern war ein überdurchschnittlicher Anstieg bei den Exporten nach Österreich (plus 23,9 Prozent), Italien (plus 19,1 Prozent) und Polen (plus 18,2 Prozent) zu beobachten. Im Gegensatz dazu verminderten sich die Ausfuhren in die Vereinigten Arabischen Emirate um 279 Millionen Euro oder minus 14,6 Prozent. Bedingt durch die EU Sanktionen haben sich die deutschen Exporte nach Russland im zweiten Quartal mehr als halbiert (minus 53,7 Prozent).

Die deutschen Importe von Waren sind im zweiten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit plus 28,4 Prozent fast doppelt so stark gestiegen wie die Ausfuhren. Die in absoluten Zahlen stärksten Zuwächse stammten dabei aus dem Handel mit China (plus 17,7 Milliarden Euro oder 54,8 Prozent). Bedingt durch die hohen Preise für fossile Energieträger stiegen vor allem die Einfuhren aus Öl und Gaslieferländern kräftig an. Der Warenbezug aus Norwegen hat sich in nominaler Rechnung beinahe vervierfacht (plus 9,54 Milliarden Euro oder 293 Prozent), der aus Australien mehr als verdoppelt (plus 141 Prozent). Die Importe aus Russland erhöhten sich um 2,86 Milliarden Euro oder um 37,5 Prozent. Überdurchschnittlich entwickelten sich auch die Importe aus Drittstaaten wie der Türkei (plus 41,3 Prozent), Taiwan (plus 41,0 Prozent) und aus Singapur (plus 158 Prozent).

Arbeitsmarkt weiter stabil

Nach ersten vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes ist die Zahl der Erwerbstätigen im Juli 2022 saisonbereinigt um 23.000 gestiegen. Im Vergleich zu Juli 2021 stieg die Zahl der Erwerbstätigen um 1,3 Prozent auf nunmehr 45,6 Millionen Personen. Auch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat weiter zugenommen. Nach Hochrechnungen der Bundesagentur gingen im Juni 2021 (letzter verfügbarer Wert) insgesamt 34,44 Millionen Personen einer solchen Beschäftigung nach. Das waren 639.000 Personen oder 1,9 Prozent mehr als vor einem Jahr. Die sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigung stieg dabei im Vorjahresvergleich um 307.000 oder 1,3 Prozent. Die Teilzeitbeschäftigung lag um 331.000 oder 3,3 Prozent über dem Vorjahreswert.

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Die sonstigen Formen der Erwerbstätigkeit haben gegenüber dem Vorjahr leicht abgenommen. So sank die Zahl der Selbstständigen einschließlich mithelfender Familienangehöriger im Vorjahresvergleich um 59.000 Personen oder 1,5 Prozent auf 3,9 Millionen. Die Zahl der ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten lag nach ersten Hochrechnungen der Bundesagentur im Juni mit 4,16 Millionen auf demselben Niveau wie im Vorjahr (plus 10.000 oder 0,2 Prozent). Die Zahl der arbeitslosen Personen ging im August um 31.100 oder 1,2 Prozent auf 2,5 Millionen zurück. In der saisonbereinigten Betrachtung stieg die Arbeitslosigkeit leicht um 28.000 Personen. Dieser Anstieg resultiert nicht aus Problemen am Arbeitsmarkt, sondern ist der Erfassung der ukrainischen Fluchtmig-

Auftragslage in der Industrie trübt sich weiter ein

Quelle: Bundesagentur für Arbeit

Arbeitslose (rechte Achse)

Arbeitsmarkt in Deutschland*

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (linke Achse)

Veränderung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zum Vorjahresmonat (rechte Achse)

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2 2020 2021 2022201920182017201620152014

2012 2013 2014 2015 2016 2017

ration geschuldet, die seit Anfang Juni Leistungen aus der Grundsicherung beziehen. Die Arbeitslosenquote lag im August dieses Jahres nach Systematik der Bundesagentur bei 5,5 Prozent und nach ILO Systematik bei einem Wert von 3,4 Prozent.

Unter Berücksichtigung der revidierten Juni Daten sank der Auftragseingang im zweiten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorquartal kalender und saisonbereinigt um 5,6 Prozent. Erstmals seit sechs Quartalen fiel auch der Vorjahresvergleich negativ aus. Im Vergleich zum Vorkrisenniveau (viertes Quartal 2019) war das Auftragsvolumen 4,1 Prozent höher. Mit Blick auf die Herkunft der Aufträge sind im zweiten Quartal die Aufträge aus dem Inland gegenüber Vorquartal um 1,1 Prozent gesunken. Die Auslandsbestellungen gingen mit minus 8,5 Prozent deutlich zurück. Während die Nachfrage aus dem Euroraum um 2,2 Prozent nachgab, brachen die Bestellungen aus Drittländern mit minus 12,2 Prozent regelrecht ein.

43210-13634323028

*saisonbereinigt in Million

Im Juli 2022 sind die Auftragseingänge in der deutschen Industrie nach vorläufigen Berechnungen preis , kalender und saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 1,1 Prozent gesunken. Unter Berücksichtigung von Großaufträgen ergab sich für den Monat Juli ein Rückgang um 0,8 Prozent. Für den Monat Juni 2022 gab es eine Aufwärtsrevision auf nunmehr minus 0,3 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gingen allerdings 13,6 Prozent weniger Aufträge ein. Die Nachfrage aus dem Inland gab im Monatsvergleich um 2,5 Prozent nach. Grund hierfür war das starke Auftragsplus aus dem Vormonat. Die Nachfrage aus dem Ausland stieg aufgrund der starken Nachfragen aus Drittländern, die um knapp ein Sechstel zulegte, um acht Prozent. Gleichzeitig gingen aus der Eurozone 4,1 Prozent weniger Aufträge ein als im Juni.

Veränderung im Vergleich zum Vorquartal (q-o-q), in Prozent

Unter den einzelnen Hauptindustriegütergruppen ging bei den Herstellern von Vorleistungsgütern der Auftragseingang im zweiten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorquartal das vierte Mal in Folge zurück (minus 3,5 Prozent). Die Nachfrage aus In und Ausland verlief synchron. Trotz schwacher Nachfragedynamik weist der Vergleich zum Vorkrisenniveau (viertes Quartal 2019) noch immer ein Plus von 6,9 Prozent aus.

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4,7

Die Investitionsgüterhersteller sammelten im Vergleich zum ersten Quartal 2022 8,3 Prozent weniger Aufträge ein. Hierzu haben vor allem die um 12,1 Prozent gesunkenen Bestellungen aus dem Ausland beigetragen. Die Investitionsgüternachfrage aus dem Inland sank im gleichen Zeitraum mit minus 0,8 Prozent kaum. Im Vergleich zum Vorkrisenniveau war der Auftragseingang zuletzt 2,8 Prozent höher.

Veränderung zum Vorjahr, 2-Monats-Vergleich, in Prozent (rechte Achse)

Index des Verabeitenden Gewerbes, 2-Monats-Durchschnitt, saisonbereinigt (linke Achse)

Die Reichweite des Auftragsbestands im Verarbeitenden Gewerbe ist nach Berechnungen des ifo Instituts zu Beginn des dritten Quartals 2022 leicht gesunken. Sie beträgt nunmehr 4,4 Produktionsmonate, nachdem sie im April noch auf ein Rekordhoch von 4,5 Produktionsmonaten gestiegen war. Unter den industriellen Hauptgruppen verminderte sich der Auftragsbestand bei den Konsumgüterproduzenten auf 2,1 Produktionsmonate. Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern sank das Auftragspolster auf nunmehr 3,6 Monate. Die Hersteller von Investitionsgütern benötigen 6,1 Monate, um ihre Auftragsbestände abzubauen. Nur in der ersten Jahreshälfte war der Auftragsvorlauf mit 6,4 Produktionsmonaten noch höher. 2,9 -5,6 1,4

Quelle: Statistisches Bundesamt

Auftragseingang, Verarbeitendes Gewerbe

Bei den Konsumgüterproduzenten stiegen die Bestellungen im zweiten Quartal 2022 gegenüber dem Vorzeitraum um 5,3 Prozent. Aus dem Inland gingen mit plus 8,1 Prozent deutlich mehr Aufträge ein als aus dem Ausland (plus 3,5 Prozent). Damit wurde nicht nur das Vorkrisenniveau um 19,6 Prozent überschritten. Zudem stieg der Auftragseingangsindex am aktuellen Rand das zweite Mal in Folge auf ein neues Allzeithoch.

756555453525155-5-15-25-3512011511010510095908580757065 2018 2019 2020 2021 2022

Industrieproduktion: Erholung gerät durch Zulieferengpässe ins Stocken

Die Industrieproduktion (Produzierendes Gewerbe ohne Energie und Bau) ist im Juli 2022 saison und kalenderbereinigt im Vergleich zum Vormonat um ein Prozent gesunken. Gegenüber dem Vorjahresmonat nahm die Produktion ebenfalls ab (minus 1,4 Prozent). Im Vergleich zu Februar 2020, dem letzten Monat vor Beginn der Pandemie, fiel die saison und kalenderbereinigte Produktion 6,6 Prozent niedriger aus. Die Energieerzeugung stieg im Juli mit plus 2,8 Prozent erneut an. Im Baugewerbe nahmen die Aktivitäten im Vergleich zum Vormonat um 1,4 Prozent zu. Dennoch resultierte hieraus aufgrund der schwachen Industriezahlen für das Produzierende Gewerbe ein leichter Rückgang der Produktion um 0,3 Prozent.

GewerbeProduzierendes 6,7 3,7 1,8 0,4 1,4 2,1 0,4 1,2 0,1 0,8 0,3 Industrie 8,9 4,8 1,4 1,4 1,1 2,6 0,2 0,7 0,5 1,4 1,0

Vergleich zum Vorjahr in Prozent 2020 2021 2021 2022 Jahr Q4 Q1 Q2 Ursprungswerte kalenderbereinigt

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes war der Auftragsbestand im Verarbeitenden Gewerbe im Juni 2022 kalender und saisonbereinigt 0,5 Prozent höher als im Vormonat und 14,1 Prozent höher als vor einem Jahr. Damit stieg der Auftragsbestand auf den höchsten Stand seit Beginn der Datenreihe im Januar 2015. Während die noch nicht abgearbeiteten Aufträge aus dem Inland im Vergleich zum Vormonat um zwei Prozent stiegen, ging der Orderbestand aus dem Ausland mit minus 0,3 Prozent etwas zurück.

Vergleich zum Vorzeitraum in Prozent 2021 2022 Q4 Q1 Q2 Mai Jun Jul saison und kalenderbereinigt

Produktionsentwicklung im Produzierenden Gewerbe

Vorleistungsgüter 6,1 8,3 0,7 0,8 3,4 0,4 1,1 1,4 0,4 0,5 0,6 Investitionsgüter 13,0 2,7 4,9 4,6 1,0 6,3 1,9 0,3 2,2 2,2 0,8 Konsumgüter 3,7 2,8 3,5 5,1 3,1 0,3 1,6 0,3 0,9 0,7 2,4 Energie 6,1 2,9 1,9 3,1 0,5 2,1 0,2 0,3 6,2 0,1 2,8 Baugewerbe 4,2 1,3 4,6 4,2 2,8 0,2 2,9 3,3 1,2 0,9 1,4 Bauhauptgewerbe 5,4 0,9 1,6 8,8 0,3 1,2 4,0 3,3 1,8 0,0 1,3 Ausbaugewerbe 3,1 3,3 9,2 0,6 6,0 1,5 1,8 3,3 4,2 1,9 4,4

Trotz Aufwärtsrevision der Juni Daten sank die Industrieproduktion im zweiten Quartal 2022 gegenüber dem ersten Quartal saison- und kalenderbereinigt um 0,7 Prozent. Bereits im ersten Quartal wurde ein Minus von 0,2 Prozent verbucht. Der Vergleich zum Vorjahreszeitraum weist einen Rückgang um 1,1 Prozent aus. Die Energieerzeugung verminderte sich saison und kalenderbereinigt gegenüber dem vorherigen Quartal um 0,3 Prozent. Der Vergleich zum Vorjahr weist ein Plus

Quellen: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen

Konjunkturelle Erholung gerät ins Stocken | Deutsche Industrie auf dem Weg in die Rezession 19/0920229

Index des Verarbeitenden Gewerbes, 2-Monatsdurchschnitt, saisonbereinigt (linke Achse)

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Veränderung im Vergleich zum Vorquartal (q-o-q), in Prozent

403020100-10-20-30110100908070 2018 2019 2020 2021 2022

Unter den einzelnen industriellen Hauptgruppen verzeichneten die Hersteller von Vorleistungsgütern mit minus 1,4 Prozent die stärksten Produktionseinbußen im saison und kalenderbereinigten Vorquartalsvergleich. Gegenüber dem Vorjahresquartal betrug der Rückgang sogar 3,4 Prozent. Die Investitionsgüterproduktion sank im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 Prozent, nach minus 1,9 Prozent zum Jahresbeginn. Der Vorjahresvergleich wies mit minus ein Prozent bereits das vierte Mal in Folge einen Rückgang aus. Die Konsumgüterhersteller drosselten ihre Produktion im Vergleich zum Vorquartal zwar leicht im 0,3 Prozent. Im Vorjahresvergleich stieg die Produktion mit plus 3,1 Prozent bereits das fünfte Quartal in Folge.

Nach wie vor beeinträchtigt die Knappheit an Vorprodukten die Produktion in der Industrie. Zwar haben laut ifo Institut die Engpässe und Probleme bei der Beschaffung von Vorprodukten und Rohstoffen ein wenig abgenommen. Dafür nehmen die Unsicherheiten aufgrund des Kriegs in der Ukraine zu und die Produktion erhält durch die stark steigenden Energiepreise einen zusätzlichen Dämpfer. Per Juli verharrte die Produktion in der Industrie noch auf dem Niveau des Vorquartals. Die neusten Stimmungsindikatoren signalisieren für die nächsten Monate aber einen Produktionsrückgang. Zudem haben im Juli und August die niedrigen Pegelstände die Binnenschifffahrt belasten und die Industrieproduktion beeinträchtigt. 2,6 0,2 -0,7 0,0

von 0,5 Prozent aus. Im Baugewerbe nahmen die Aktivitäten nach dem witterungsbedingten starken ersten Quartal saison und kalenderbereinigt um 3,3 Prozent ab. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Produktion im zweiten Quartal 2022 um 2,8 Prozent zurück.

Veränderung zum Vorjahr, 2-Monats-Vergleich in Prozent (rechte Achse)

Quelle: Statistisches Bundesamt

Produktion, Verarbeitendes Gewerbe

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Starkes Umsatzwachstum durch Preissteigerungen überzeichnet

Unter den einzelnen Branchen verzeichneten das Textilgewerbe und die Pharmaindustrie zu Beginn des dritten Quartals zwar eine um plus 1,8 bzw. plus 1,7 Prozentpunkte höhere Auslastung als noch im April. Die Auslastung lag damit aber in beiden Branchen weiterhin unterhalb des Durchschnitts der letzten zehn Jahre. Die Hersteller von Datenverarbeitungsgeräten und Metallerzeugnissen konnten ihren Maschinenpark nicht nur im Vergleich zu April, sondern auch im langjährigen Vergleich stärker auslasten. Auch der Maschinenbau meldet eine steigende und im langjährigen Vergleich überdurchschnittliche Auslastung. In der Chemischen Industrie stieg zwar der Auslastungsgrad der Anlagen auf 81,5 Prozent. Dies waren aber immer noch 1,9 Prozentpunkte weniger als im zehnjährigen Mittel. Auch im Fahrzeugbau stieg der Auslastungsgrad der Maschinen am aktuellen Rand etwas an, er verfehlte aber mit 82,9 Prozent den langjährigen Durchschnittwert mit 3,2 Prozentpunkten deutlich. Bei den Herstellern von elektrischen Ausrüstungen (minus 0,3 Prozentpunkte), Möbeln (minus einen Prozentpunkt) sowie Nahrungs und Genussmitteln (minus 1,1 Prozentpunkte) sank der Auslastungsgrad des Maschinenparks zwar im Vergleich zum Frühjahr, bewegte sich damit aber weiterhin oberhalb des langjährigen Mittels.

Die Auslastung der Produktionskapazitäten im Verarbeitenden Gewerbe blieb zu Beginn des dritten Quartals unverändert. So lag nach Angaben des ifo Instituts der Auslastungsgrad in der Industrie wie zu Beginn des Sommers bei 85,4 Prozent. Damit waren die Kapazitäten um 1,3 Prozentpunkte höher ausgelastet als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre und auch stärker als vor Ausbruch der Pandemie. Der Auslastungsgrad im Verarbeitenden Gewerbe ohne Ernährungsindustrie stieg im gleichen Zeitraum leicht auf 85,8 Prozent und lag damit ebenfalls 1,3 Prozentpunkte über dem langjährigen Durchschnitt.

Im zweiten Quartal sind die Umsätze im Verarbeitenden Gewerbe im Vorjahresvergleich um 16,5 Prozent gestiegen, nach plus 13,8 Prozent im ersten Quartal. Für die ersten sechs Monate des Jahres 2022 ergibt sich daraus im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Umsatzanstieg von 15,2 Prozent. Unter den einzelnen Branchen war der Umsatzanstieg in der ersten Jahreshälfte vor allem in den energieintensiven Branchen am stärksten. So verbuchte die Papierindustrie ein Umsatzplus von 30,9 Prozent. In der chemischen Industrie (plus 23,3 Prozent) und in der Metallerzeugung und bearbeitung (plus 22,9 Prozent) legten die Umsätze um mehr als ein Fünftel zu. In der Druckindustrie sowie in der Ernährungs und Genussmittelindustrie waren die Umsatzsteigerungen ebenfalls noch überdurchschnittlich. Zweistellig waren die Umsatzzuwächse in der Textil und Bekleidungsindustrie, in der Pharmaindustrie und in der Elektroindustrie (plus 11,2 Prozent). Unterdurchschnittliche Umsatzsteigerungen verbuchten laut Statistischem Bundesamt der Fahrzeugbau mit plus 4,4 Prozent und der Maschinenbau mit plus 7,4 Prozent.

Die starken Zuwächse dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Industrieumsatz in realer Rechnung noch immer geringer ist als vor Ausbruch der Pandemie. Im zweiten Quartal 2022 sind die preisbereinigten Umsätze im Verarbeitenden Gewerbe im Vergleich zum Vorquartal mit minus 0,6 Prozent sogar leicht gesunken. Nur der Vorjahresvergleich weist ein Plus von 0,7 Prozent aus. Mit Blick auf die Herkunft der Umsätze ergibt sich ein zweigeteiltes Bild. Während die Umsätze aus dem Inland gegenüber Vorjahr stagnierten, erhöhten die Erlöse aus dem Ausland um 1,6 Prozent. Die Umsätze aus EU und Drittländern entwickelten sich synchron. Der Vergleich zum vierten Quartal 2019, dem letzten Quartal vor Ausbruch der Pandemie, weist einen um 2,8 Prozent geringeren Umsatz aus. Im

Kapazitäten weiterhin gut ausgelastet

Inlandsgeschäft lag das Minus bei 3,3 Prozent. Im Auslandsgeschäft betrug das Minus 2,4 Prozent. Die in der Eurozone generierten Umsätze lagen dabei 5,6 Prozent unter dem Niveau vor Ausbruch der Pandemie. Beim Geschäft mit Drittländern wurde das Vorkrisenniveau fast wieder erreicht (minus 0,1 Prozent).

4,4 6,37,4 11,2 13,514,214,715,215,3 19,820,7 23,3 25,4 30,9

Fahrzeugbau

*Veränderung in Prozent zum Vorjahreszeitraum Quelle: Statistisches Bundesamt

Konjunkturelle Erholung gerät ins Stocken | Deutsche Industrie auf dem Weg in die Rezession 19/09202212

Der ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland ist nach dem starken Einbruch im Juli 2022 im August nochmals leicht auf den tiefsten Wert seit Juni 2020 gesunken. Die Unternehmen waren etwas weniger zufrieden mit der aktuellen Geschäftslage. Gleichzeitig blieb der Ausblick auf die kommenden Monate unverändert pessimistisch. In den einzelnen Sektoren hat sich das Geschäftsklima bei den Dienstleistern nach dem starken Einbruch im Vormonat leicht verbessert. Die Dienstleister schätzten ihre aktuelle Geschäftslage wieder etwas besser ein. Die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate blieben aber unverändert pessimistisch. Im Handel sackte die Stimmung weiter in den Keller. Immer weniger Firmen sind mit der aktuellen Lage zufrieden. Gleichzeitig haben sich die Aussichten für die kommenden sechs Monate dramatisch verschlechtert. Hohe Inflationsraten belasten das Geschäft. Im Bauhauptgewerbe hat sich die Stimmung etwas verbessert. Die Bauunternehmen schätzen ihre aktuelle Lage mehrheitlich noch positiv ein. Auch mit Blick auf die kommenden sechs Monate ist man wieder etwas optimistischer. Im Verarbeitende Gewerbe ist die Lage unverändert geblieben. Während die Unternehmen ihre aktuelle Lage etwas weniger gut beurteilen, fielen die Erwartungen für die kommenden sechs Monate etwas weniger pessimistisch aus. Der Zeiger der ifo Konjunkturuhr für das Verarbeitende Gewerbe bewegt sich weiter im Abschwung Quadranten. Die Exporterwartungen in der Industrie haben sich das dritte Mal in Folge eingetrübt und werden gleichzeitig seit zwei Monaten von der Mehrheit der Unternehmen negativ eingeschätzt. Laut Ifo Institut verringern sich aber in der Industrie die Lieferengpässe. Nur noch 62 Prozent der Unternehmen beklagen diesen Umstand (Juli 73 Prozent). Das ist gleichzeitig der geringste Wert seit circa einem Jahr

Umsatz* 1. Halbjahr 2022

Glas, Keramik, Steine, Erden

Metallherstellung und PapierHolzverarbeitungVerarbeitungChemieundPappe

sonstigerElektroindustrieMaschinenbauFahrzeugbauPharmazie

Textil Bekleidung Leder

Verarbeitendes Gewerbe Nahrung, Getränke,DruckindustrieTabak

Geschäftsklima sinkt auf Zweijahrestief

Mehr als zwei Jahre hat es gedauert, bis sich die deutsche Wirtschaft von der Corona Pandemie erholen konnte. Zuletzt war es der Dienstleistungssektor, der im Wesentlichen für das Wachstum im zweiten Quartal verantwortlich war. Vor allem in den kontaktintensiven Bereichen, im Handel und Gastgewerbe hat sich das Geschäft deutlich belebt. Der Aufholprozess der ersten Jahreshälfte lässt die Konjunkturdaten ein letztes Mal gut aussehen. Immer deutlicher werden aber die wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine spürbar. Bestand zu Beginn der russischen Invasion noch die Hoffnung, dass sich die wirtschaftlichen Auswirkungen dieses Konfliktes in Grenzen halten, werden jetzt die Verwerfungen auf den internationalen Rohstoff und Energiemärkten deutlich spürbar. Sie haben das Potenzial, die deutsche Konjunktur stärker in Mitleidenschaft zu ziehen als die noch anhaltende Corona Pandemie oder die weltweite Wirtschafts und Finanzkrise Ende der Nullerjahre. Insbesondere das Verarbeitende Gewerbe leidet unter den sprunghaft angestiegenen Energiekosten und dürfte in den nächsten Monaten in eine Rezession rutschen. Das Ausmaß der Eintrübung hängt von dem weiteren Verlauf des Konflikts in der Ukraine, den zentralen wirtschaftspolitischen Weichenstellungen in der EU auf den Energiemärkten sowie von der Wirksamkeit der Hilfsmaßnahmen für Unternehmen ab.

Rezession

Quelle: ifo Institut

Jan 2020 2019

Beurteilung der Geschäftslage

Jan

-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60

-10-20-30-40-50-600102030-60

Monate6nächstendiefürErwartungen

Wie gestalten sich die Wachstumsaussichten für die deutsche Wirtschaft im laufenden Jahr angesichts der durch den Krieg dramatisch geänderten Rahmenbedingungen? Die Privaten Konsumausgaben sind in der ersten Jahreshälfte 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als sechs Prozent gestiegen und damit deutlich stärker als von uns erwartet. In der zweiten Jahreshälfte dürfte der Private Konsum aber durch die inflationsbedingt rückläufigen verfügbaren Einkommen deutlich ausgebremst

ifo Konjunktur Uhr Deutschland

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* Salden, saisonbereinigt

2021Jan 2022Jan 2017Jan 2018Jan

ifo Geschäftsklima Index im Verarbeitenden Gewerbe*

Perspektiven

Aufschwung Boom

August 2022

Abschwung

Konjunkturelle Erholung gerät ins Stocken | Deutsche Industrie auf dem Weg in die Rezession 19/09202214

werden. Nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) sackte das Konsumklima im August auf ein neues Allzeittief. Die Rezessionsgefahr ist aus Sicht der Verbraucher ausgesprochen hoch. Gleichzeitig hat sich deren Sparneigung aus Furcht vor höheren Energiekosten und drohenden Nachzahlungen deutlich erhöht. Bei steigenden Preisen für Energie und Lebensmittel fehlen zudem die Mittel, um zusätzliche Anschaffungen zu tätigen, was die Konsumlaune in den Keller sacken lässt. Wir rechnen in der zweiten Jahreshälfte mit einem deutlichen Rückgang der Privaten Konsumausgaben. Aufgrund des starken Anstiegs der Konsumausgaben in der ersten Jahreshälfte dürfte die von uns prognostizierte Jahreswachstumsrate von 3,5 Prozent aber noch erreichbar sein. Beim Staatsverbrauch halten wir aufgrund des bisherigen Verlaufs jedoch eine Revision unserer Prognose für notwendig. Wir rechnen nunmehr in diesem Jahr mit einem Anstieg in einer Größenordnung von real 2,5 Prozent. In der Summe resultiert hieraus ein Anstieg der Konsumausgaben im Jahr 2022 um 3,2 Prozent.

Die Exporte sind in der ersten Jahreshälfte um rund zwei Prozent gestiegen und dürften sich im weiteren Jahresverlauf nur verhalten entwickeln. Zwar zeichnet sich bei den Lieferengpässen eine leichte Entspannung ab, die es den Unternehmen ermöglicht, ihre Auftragsbestände langsam abzubauen. Eine dynamische Entwicklung ist aber angesichts der zuletzt gesunkenen Exporterwartungen nicht zu erwarten, ein signifikanter Rückgang hingegen auch nicht. Wir halten daher unsere Wachstumsprognose für die Exporte in Höhe von 2,5 Prozent weiter aufrecht. Die stark gestiegenen Preise für energetische und nicht energetische Rohstoffe und der schwache Euro haben zu einer deutlichen Verschlechterung der Terms of Trade geführt. Zudem ist durch die stark gestiegene Reisetätigkeit der Bezug von Dienstleistungsimporten in der ersten Jahreshälfte stark gestiegen und dürfte auch im dritten Quartal weiter expandieren. Aus diesen Gründen sehen wir uns gezwungen, unsere Einschätzungen für die Entwicklung der Importe deutlich nach oben zu revidieren. Allein die Energieimportrechnung für fossile Energieträger wird sich nach Einschätzung des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel in diesem Jahr um 123 Milliarden Euro erhöhen. Wir erwarten angesichts der bislang vorliegenden Daten, dass die Importe im laufenden Jahr preisbereinigt um 6,5 Prozent steigen werden. Aufgrund der deutlich schwächeren Entwicklung bei den Exporten führt dies zu einem negativen Außenbeitrag in Höhe

Die Ausrüstungsinvestitionen sind gemäß der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen in der ersten Jahreshälfte leicht gestiegen, lagen aber immer noch unterhalb des Vorkrisenniveaus. Wir vermuten, dass sich der Nachholbedarf bei den Ausrüstungsinvestitionen in der Erholungsphase von der Corona Krise durch die Lieferengpässe verzögert hat. Hierfür spricht auch ein hoher, noch nicht abgearbeiteter Auftragsbestand bei Investitionsgütern, der sich stabilisierend auf die Investitionstätigkeit auswirken dürfte. Wir rechnen daher für den weiteren Jahresverlauf mit einer Seitwärtsbewegung bei den Investitionen und halten unsere Wachstumsprognose von plus 0,5 Prozent bei den Ausrüstungsinvestitionen weiter aufrecht. Die Bauinvestitionen sind in der ersten Jahreshälfte trotz des starken ersten Quartals um rund ein Prozent zurückgegangen. Mittlerweile haben sich die Finanzierungskonditionen verschlechtert, was sich mit einiger Zeitverzögerung auf die Baunachfrage niederschlagen dürfte. Sinkende Realeinkommen, Unsicherheit über zukünftige Energiepreise und wirtschaftliche Aussichten dürften in der mittleren Frist vor allem die Nachfrage im Wohnungsbau dämpfen. Zudem haben die zuletzt massiv gestiegenen Baukosten und der Fachkräftemangel die Aktivitäten am Bau etwas ausgebremst. Entgegen unseren bisherigen Einschätzungen rechnen wir im laufenden Jahr nicht mehr mit stagnierenden Bauinvestitionen, sondern mit einem Rückgang um real 1,5 Prozent. Bei Investitionen in sonstige Anlagen (Software, Forschung und Entwicklung) erwarten wir weiterhin einen Anstieg um zwei Prozent. In der Summe ergibt sich hieraus ein leichter Rückgang der Bruttoanlageinvestitionen im Vergleich zum Vorjahr um 0,2 Prozent.

BIP Prognose für 2022: Veränderung der realen Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorjahr in Prozent

Bruttoinlandsprodukt 0,9 2,2 1,6 Konsumausgaben 3,2

Konjunkturelle Erholung gerät ins Stocken | Deutsche Industrie auf dem Weg in die Rezession 19/09202215

- Ausrüstungsinvestitionen 0,5 6,0 Bauinvestitionen 1,5 1,7

Quellen: Bundesregierung (April 2022; *Private Haushalte und priv. Organisationen ohne Erwerbszweck), Europäische Kommission (Mai 2022), eigene Berechnungen

von 1,4 Prozentpunkten. Die starke Bremswirkung des Außenbeitrags hat zur Folge, dass wir unsere Wachstumsprognose für das Bruttoinlandsprodukt des laufenden Jahres im Vergleich zu unserer Prognose von Juni halbieren. Wir rechnen für das laufenden Jahr nur noch mit einem Anstieg des realen BIP gegenüber dem Vorjahr um 0,9 Prozent.

- Sonstige Anlagen 2,0 4,3 Exporte 2,5 4,2 2,4 Importe 6,5 5,5 4,1 Außenbeitrag, Wachstumsleistung 1,4 0,3 0,6

- Staatsverbrauch 2,5 0,1 0,5 Bruttoanlageinvestitionen 0,2 3,4 0,8

202BDI2 Bundesregierung2022 KommissionEuropäische2022

Private Konsumausgaben 3,5 3,7* 4,1

Dr. Klaus Günter Deutsch

Autor

T: +49 30 2028 t.huene@bdi.eu1592

m.gancaT:Martak.deutsch@bdi.eu2028-1591Gancarek+493020281588rek@bdi.eu

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T: +49 30 2028 0 www.bdi.eu

Redaktion/Grafiken

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29 10178 Berlin

Lobbyregisternummer R000534

Thomas Hüne

Impressum

T: +49 30

3,7 2,6 1,5 1,9 0,8 0,0 0,8 0,1

Konsumausgaben des Staates 0,8 0,8 0,3 1,1 0,8 0,3 0,4 0,5 Bruttoanlageinvestitionen 0,5 0,3 0,3 0,3 0,5 0,0 0,4 0,3 Bauinvestitionen 0,3 0,1 0,2 0,3 0,3 0,1 0,4 0,4

Bruttoanlageinvestitionen 2,3 1,2 1,5 1,5 2,3 0,0 2,1 1,3

Ausrüstungsinvestitionen 0,8 0,2 0,1 0,0 0,2 0,1 0,1 0,1 -sonstige Anlagen 0,0 0,0 0,1 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 Vorratsveränderungen u. Ä. 0,3 0,5 1,5 0,9 0,2 0,5 0,1 0,1

Konjunkturelle Erholung gerät ins Stocken | Deutsche Industrie auf dem Weg in die Rezession 19/09202217

3,3 1,0 1,3 0,7 0,6 0,6 0,1 0,8

Private Konsumausgaben 5,7 0,4 4,8 3,4 5,7 1,0 0,8 0,8

Verwendung des Bruttoinlandsproduktes (preis , saison und kalenderbereinigt) Veränderung zum Vorzeitraum in Prozent 2021 2022 2020 2021 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2

Inländische Verwendung 3,0 1,9 1,5 2,2 1,4 0,3 1,4 0,7

Grunddaten zu den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen

Exporte

9,3 9,7 3,2 0,9 0,0 2,5 0,7 0,3

Importe 8,5 9,0 3,9 1,5 1,3 3,7 0,4 1,6

sonstige Anlagen

Wachstumsbeiträge zum preisbereinigten BIP (in Prozentpunkten)

Konsumausgaben

Konsumausgaben des Staates 4,0 3,8 1,1 4,8 3,4 1,3 1,8 2,3

-Ausrüstungsinvestitionen 11,0 3,5 1,0 0,3 3,1 0,9 1,7 1,1

2,1 1,0 2,6 2,7 2,0 0,2 0,8 0,9 -Private Konsumausgaben 2,9 0,2 2,4 1,6 2,8 0,5 0,4 0,4

-Bauinvestitionen 3,9 0,0 1,8 2,4 2,9 0,8 3,1 3,4

Insgesamt

3,0 1,4 3,7 3,8 2,8 0,3 1,1 1,3

Quelle: Statistisches Bundesamt

Inländische Verwendung 2,9 1,8 1,4 2,1 1,3 0,3 1,4 0,7 Außenbeitrag 0,8 0,8 0,0 0,2 0,5 0,4 0,5 0,6

Konsumausgaben

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