EINBLICK
DER WEG DER RASSISMUSKRITIK Bericht aus Hamburg In der Wissenschaft wie auch in Zeitungen, Zeitschriften etc. gibt es die Tendenz, die Position der Autor*in nicht zu thematisieren, da sie objektiv sein solle. Wir finden aber, dass niemand aus einem neutralen Standpunkt schreiben oder sprechen kann. Deshalb ist es unerlässlich, unsere Position als weiße, in Deutschland aufgewachsene Studentinnen sichtbar zu machen, insbesondere wenn wir zu so einem sensiblen Thema wie Rassismus(kritik) schreiben, bei welchem wir immer die nicht-Expert*innen bleiben werden. Im Rahmen des BDP Seminars zu Rassismuskritik und Postkolonialismus mit Mirjam und Laura im Herbst 2019 haben wir beschlossen, den AK „Aktivismus gegen Rechts“ neu zu beleben und uns gemeinsam weiterzubilden, selbstkritisch zu hinterfragen und uns damit zu beschäftigen, wie wir den BDP rassismuskritischer gestalten können.
dafür trafen wir uns im februar in hamburg: Am Freitag haben wir nach dem ersten Ankommen und Kennenlernen mit einer thematischen Einführung gestartet und uns über unsere Wünsche, Erwartungen und Bedürfnisse bezüglich des Wochenendes ausgetauscht.
dem er schon immer ausgesetzt war und nach wie vor ist. Darüber hinaus zeichnete er die Geschichten von zahlreichen Schwarzen Menschen nach, welche seit über 400 Jahren in Deutschland leben, aber in der Geschichtsschreibung meist unsichtbar bleiben. Dieses Wissen über das Leben und die Erfahrungen anderer Schwarzer Menschen ist wahnsinnig wichtig, um das Narrativ des weißen Deutschlands hinterfragen und brechen zu können. Im Anschluss an den Vortrag fand eine Diskussion statt, in der hauptsächlich Schwarze Menschen den Raum nutzten, um sich auszutauschen. Eine Schwarze Person adressierte die weißen Menschen im Raum und forderte sie auf, nicht nur zu Vorträgen zu gehen und sich die Erfahrungen Schwarzer Menschen anzuhören, sondern aktiv zu werden. Als Beispiel dafür nannte Tsepo das Verlernen von rassistischen Denk- und Sprechweisen. Das ist eine der Voraussetzungen, um als weiße Person an einer rassismuskritischen Veränderung der Gesellschaft mitarbeiten zu können. Diese Aussage machte uns bewusst, dass Rassismuskritik ein Prozess ist, der für uns nie abgeschlossen ist. Wir waren uns einig, dass wir für eine rassismuskritische Öffnung des Arbeitskreises und des BDPs bei uns selbst anfangen und etwas über die Strategien und Mechanismen von Weißsein und Rassismus lernen müssen. Critical Whiteness ist eine Wissenschaft, die ebendiese Themen behandelt und zum Beispiel untersucht, welche Abwehrmechanismen weiße Menschen empfinden, wenn sie auf rassistisches Verhalten hingewiesen werden.
Am Samstagvormittag nahmen wir an einem postkolonialen Stadtrundgang von Laura Mancheno teil und setzten uns mit der Frage auseinander, wie präsent die koloniale Vergangenheit Hamburgs im gegenwärtigen Stadtbild ist. Hamburg gilt als das „Tor zur Welt“. Häufig wird dabei ignoriert, dass der Wohlstand der Stadt zu einem großen Teil auf dem Kolonialismus beruht, der bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts reichte. Viele Hamburger*innen profitierten von der Versklavung und Ausbeutung der Menschen unter anderem in Tansania, Burundi oder Ruanda. Der Handel mit Kolonialwaren (z.B. Kaffee, Schokolade, …) und verschleppten Menschen machte viele Händler*innen und Kaufleute wohlhabend. Mit diesem Geld bauten sie in der Hamburger Innenstadt imposante Gebäude wie das Chilehaus, die nach wie vor erhalten sind. Gedenktafeln und Straßennamen erinnern an die mächtigen und einflussreichen Kaufleute, ohne jedoch auf die Die heutigen Critical Whiteness Studies waren ursprünglich eine problematische, kolonialrassistische Geschichte einzugehen. Schwarze Überlebenswissenschaft, indem Schwarze Menschen weißes Verhalten studiert und Strategien entwickelt haben, mit Am Nachmittag nahmen wir an einem Vortrag von Tsepo Bollwin- der alltäglichen Bedrohung durch Rassismus umzugehen. Wir kel über die Geschichte, Gegenwart und Zukunft Schwarzer Men- sehen diese wichtige und fruchtbare Denkrichtung als einen schen in Deutschland teil, der im Rahmen des Black History Month Schlüssel zu einer rassismussensibleren Weiterentwicklung des stattfand. Tsepo schilderte seine Erfahrung, als Schwarzer Südaf- BDPs und haben Tsepo Bollwinkel aus diesem Grund als Referent rikaner im Exil in Deutschland aufzuwachsen und berichtete ein- zu einem Treffen des AKs im Oktober 2020 eingeladen. Er wird mit drücklich von schmerzlichem und gewaltvollem Alltagsrassismus, uns darüber sprechen, wie die Tatsache, dass wir weiß sind, unser 24
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