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Block i: Megatrend alpen R. Rodewald Landschaft und Gesundheit – eine vielversprechende Verbindung

Raimund Rodewald

Landschaft und Gesundheit –eine vielversprechende Verbindung

Landscape and Health – a Very Promising Combination

SUMMARY

Landscape and health are two concepts with a long tradition in history but not in science. Since the 80ies the salutogenesis has become more and more an interesting research field. In a 2007 published study by the Swiss Foundation for Landscape Conservation (www.sl-fp.ch) the relation between health and landscape elements has become evident. In future health promotion effects of landscape should be more integrated into space planning and health care system. Keywords: Landscape, nature, spacial planning, health promotion

ZUSAMMENFASSUNG

Landschaft und Gesundheit sind geschichtlich betrachtet seit längerem miteinander in Verbindung gesetzt worden. Neue wissenschaftliche Belege für die gesundheitsfördernde Wirkung von Natur und Landschaft fehlen hingegen. Deren salutogenetische Bedeutung wächst seit den 80er Jahren stetig. In einer 2007 veröffentlichten Grundlagenstudie der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (www.sl-fp.ch) wird die Evidenz der Gesundheitsressource Landschaft verdeutlicht. Dieser Aspekt soll künftig vermehrt in die Raumplanung und das Gesundheitswesen berücksichtigt werden. Stichwörter: Natur, Landschaft, Raumplanung, Gesundheitsförderung

LANDSCHAFT UND GESUNDHEIT – SCHON SEIT LANGEM EIN THEMA

Die Bedeutung intakter Landschaften und Freiräume (inner- und außerhalb von Siedlungen) für Körper, Geist und Seele des Menschen wird in Vorträgen oder Artikeln häufig angesprochen. Leider gibt es aber nur wenig konkrete Indizien über einen nachweisbaren Effekt. Gemäß Definition der WHO von 1946 ist Gesundheit ein Zustand des kompletten physischen, mentalen, spirituellen und sozialen Wohlbefindens und besteht

nicht nur aus der Absenz von Krankheit oder Schwäche. Nach Aaron Antonovsky und der von ihm begründeten Salutogenese wird Gesundheit mehr als Prozess denn als Zustand verstanden. Der Mensch befindet sich demgemäß bis zu seinem letzten Atemzug

objektiv Realität

Ebene der Wahrnehmung und Objektbeschreibung

Landschaft als physische, sinnlich erfahrbare Realität in Form von Bergen, Gewässern, Strassen, Quartieren, etc.

Landschaft

intersubjektiv subjektiv

Metapher

Landschaft als Metapher für Träume, Nostalgie, Erinnerungen, Mystik etc.

Konstrukt

Landschaft als Konstrukt in Wissenschaft, Politik, Gesellschaft, Kunst etc.

Ebene der Zeichen und individuellen Präferenzen

Ebene der kulturellen und sozialen Werte und Normen

Abbildung 1: Das Landschaftsmodell, abgeändert nach (1)

in einem Gesundheits-Krankheitskontinuum. Die Frage stellt sich, was den Menschen gesund (und nicht bloß krank) macht. Das Wohlbefinden umfasst daher subjektiv erfahrbare Gesundheit und Lebensqualität. Gesundheit wird somit zu einer täglichen Ressource. Vor diesem Hintergrund wird die Frage nach dem Einfluss von Landschaft (intakt/reizvoll oder trivialisiert) auf unser Wohlbefinden bedeutsam. Landschaft ist im physischen und sensorisch wahrgenommenen (ästhetischen, die objektive Seite), im metaphorischen (die subjektive Seite) und konstruktivistischen Sinne (die intersubjektive Seite) zu verstehen.

Dass der Zusammenhang zwischen Natur/Landschaft und Gesundheit bislang kaum je untersucht wurde, erstaunt insofern, als die gesundheitsfördernde Kraft von Natur als Gesundheitsressource – so auch von Alpenreisenden (2-4) – in früheren Zeiten immer wieder beschworen wurde:

1. Vierelementenlehre von Aristoteles, Gewässer und Winde bei Hippokrates

Die stoffliche Natur wird als Medium (Wesen der Natur) sinnlich wahrnehmbar und charakterisieren zugleich die Bedürftigkeit des Lebewesens. Die gesundheit-

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7.

liche bzw. krankmachende Wirkung wurde den Gewässern und Winden (Miasmen) im Corpus Hippocraticum beschrieben.

Heilkräuter, Mineralien mit Heilkraft

Bereits seit der Antike waren zahlreiche Heilpflanzen, später auch die Heilwirkung von Mineralien beschrieben.

Landschaftsveränderungen zur Seuchenbekämpfung

Seit der Antike und vor allem in der Renaissance wurden u.a. aus hygienischer Sicht Landschafts- und Siedlungsumformungen durchgeführt (Abwässer, Wasserversorgung, Verlegung von Friedhöfen, Bannwälder u. a.)

Bewegung in freier Natur zur Gesunderhaltung

Der englische Arzt Richard Morton (1637-98) riet zu Leibesübungen und Bewegung in freier Natur als Therapie neben Diät und Trinkkuren bei Lungenkrankheiten. Der deutsche Turnvater Friedrich Ludwig Jahn (1778-1852) forderte seit 1805 Bewegung in freier Natur zur Gesunderhaltung (mit Blick auf Schlachten). William Wordsworth, John Keats, Samuel Taylor Coleridge und Charles Dickens gehörten in England im 19. Jhr. zu den großen Spaziergängern.

Heilquellen und Thermalbäder („Spa“) als Gesundheitsquellen

Bereits in der Antike waren natürliche Mineral- und Thermalquellen als gesundheitsfördernd bekannt (Asklepieion auf Kos, 3. Jhdt. v. Chr.), wo auch andere Therapien durchgeführt wurden), mycenische Therme San Calogero auf Lipari (2. Jht. v. Chr.). Johann Jakob Scheuchzer beschrieb 1708 ausführlich die Heilwirkung des Brigerbades bei Brig/Wallis. Beispiele für Heilquellen sind St. Moritz, Tarasp, Vulpera, Alvaneu, Spinabad/Davos, Pfäfers (Paracelsus war als Arzt dort 1555). Gemäß einer Schrift von ca. 1920 gab es in den Alpen ca. 100 Spas, im Jura 26 und weitere 30. Im Prospekt des Hotels Ofenhorn im Binntal wurde 1912 der Aufenthalt als „gesund“ beschrieben (mit Hinweis auf die eisenhaltigen Quellen).

Die Nostalgia

Der Basler Arzt Johannes Hofer beschrieb 1688 die Nostalgia oder Schweizer Krankheit (Heimweh), die sich bei den Söldnern in Frankreich im Verlust der guten Luft und des fehlenden Läutens der Kuhglocken manifestierte.

Die Naturanschauung als Wohltat der Seele

J.W. Goethe 1779: Naturanschauung als „Vorrat von Gewürz, womit er den unschmackhaften Teil des Lebens verbessern kann“. H.-B. de Saussure (Briefe an A. v. Haller): „La pureté de l‘air, sa température agréable, la beauté du spectacle.“ J.J.

8.

Rousseau: Ruhe und Natur ermöglicht die innere Versenkung. Carl Gustav Carus (Psyche, 1846): „Es kann ein solches Eintauchen in freie Natur allerdings wahrhaft erfrischend und mächtig auf den Geist wirken.“

Die gesunde Höhenluft: Sanatorien, Kurhäuser und Kliniken und diverse Therapien (Klimatotherapie, Heliotherapie, Liegetherapie, Hydrotherapie, Waldwanderungen)

Ein erstes modernes Krankenhaus nach dem Prinzip Frischluft entstand 1787-1789 in landschaftlicher Lage und mit großem Parkareal in Bamberg. John Davy 1842, danach Hermann Brehmer und Alexander Spengler in Davos (1850er Jahre) postulierten bei Lungenkrankheiten die gesundmachende Wirkung von Höhenlagen „Alpine people rarely had tuberculosis because of the greater respiratory activity occasioned by a rarefied atmosphere“. (Sokolovsko/Görbersdorf/Niederschlesien, war die erste Lungenheilanstalt 1854 auf 546 müM mit Frischlufttherapie gegen Miasmen, Wanderungen im Wald). Zuvor gab es die (billigen) Milchkuren: Dr. Meyer von Arbon TG riet 1749 seinem kranken Schwiegersohn zu einer Geissenmilchkur in Gais AI (abführende Wirkung). Viele Sanatorien wurden schleichend in Hotels übergeführt, die Kurorte wurden zu Gesundheits- und Sportresorts. Die Heliotherapie stammte aus arabischer Welt, später in Lyon, dann durch Auguste Rollier in Leysin angewendet.

9. Gesundes Landleben (Rudolf Virchow 1821-1902)

Der Berliner Arzt Virchow erwähnte 1852 in „Die Noth im Spessart“ die geringere Sterblichkeit im Gebirge und nannte als Faktoren die „Bergluft, die elevirte Lage, die hohen Waldgegenden und die Arbeiten im Freien“.

10. Stadt- und Naturpark-Bewegung

Öffnung des Wiener Praters (ehem. kaiserliches Jagdgebiet) per Erlass des Kaisers Joseph II vom 7.4.1766 für Jedermann: Wien zählte 1785 über 210‘000 E. „In der Stadt ist den Wienern nicht wohl, sie lieben die freye Luft“ (Anselm Desing, 1741). Zwischen 1770 und 1800 entwickelten sich in der Umgebung Wiens diverse Naherholungsgebiete und Ausflugsorte. (1699-1772, bayr. Philosoph und Pädagoge). Der Elfenaupark Bern ist erst seit 1918 öffentlich, der Thuner Schadaupark erst seit 1925. Frederick Law Olmsted beschreibt die Wirkung des Yosemite-Parks auf die Besuchenden als Beruhigung von nervlicher und geistiger Anstrengung, von Missmut, Melancholie und Reizbarkeit (1865).

Zudem gibt es zahlreiche Redewendungen und Begriffe, die auf den Kontext Gesundheit und Landschaft hinweisen: „Luftveränderung“, „Heimweh“, „gesundes Landleben“, „gesunde Landluft“, „Sommerfrische“, „Akklimatisierung“ u.a.

Die alpine Landschaft als «Wellnessort» wurde auch in manchen Werbeplakaten der Tourismusbranche immer wieder thematisiert. Das Bedürfnis «Nature for people» scheint gerade mit dem wachsenden Anteil der Bevölkerung, der in städtischen Agglomerationen lebt, zu steigen.

DIE AKTION «PAYSAGE À VOTRE SANTÉ»

Die 2005 gestartete Aktion «Paysage à votre santé» der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL) und der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (AefU) beabsichtigt, (a) die Wirkungen von Landschaften und Siedlungen auf Körper und Psyche des Menschen aufgrund einer umfassenden Literaturrecherche zu beschreiben, (b) Kriterien für eine möglichst gesunde Landschafts- und Siedlungsqualität zu erstellen, und (c) Projekte und weitere Anreize für eine Bewusstwerdung und Verbesserung der räumlichen Qualität zu lancieren. Das Vorhaben wird finanziell unterstützt durch die Bundesämter für Umwelt sowie für Gesundheit und von der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz. Die wissenschaftliche Recherchearbeit wurde im Auftrag der beiden Verbände vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern (ISPM, Abteilung Gesundheitsforschung, Prof. Thomas Abel) durchgeführt (5).

DIE GRUNDLAGENSTUDIE AUS SICHT DER GESUNDHEITSFORSCHUNG

Das ISPM hat erstmals eine breite Übersichtsstudie zu den Zusammenhängen von Landschaft und Gesundheit erstellt (6). Dabei gliederte sie ihre Recherche auf die ökologische, ästhetische, physische, psychische, soziale und pädagogische Komponente. Ausgehend von dem obigen Landschaftsmodell wird der Fokus in der Studie auf die objektive Realität gelegt. Fragen, inwieweit Symbolleistungen von Landschaft oder auch Wertekonstrukte gesundheitsbildend sein können, mussten weitgehend offen gelassen werden. Die Studie zeigt, dass sich Landschaft umfassender auf Gesundheit auswirkt als bislang angenommen: Der Zugang zu Grünräumen, bewegungsfreundliche Städte, soziale Treffpunkte im Freien, Waldkindergärten u.a.m. wirken günstig auf die physische, psychische und soziale Gesundheit der Bevölkerung. Umgebungen, die von der Bevölkerung als attraktiv wahrgenommen werden und gut zugänglich sind, sind für die Ausübung körperlicher Aktivität förderlich. Natur wirkt sich auch positiv auf die psychische Gesundheit der Menschen aus: Die Anwesenheit von Bäumen, Wiesen, Feldern etc. steigert die Konzentrationsfähigkeit, fördert positive Gefühle und reduziert Frustration, Ärger, Kriminalität und Stress. Schließlich tragen grüne Außenräume in hohem Maße dazu bei, dass sich Menschen in ihrer Umgebung sozial engagieren und sich sozial integriert und wohl fühlen. Zudem wurden auch verschiedene Effekte auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen aufgezeigt.

DIE GESUNDHEITSFÖRDERNDE WIRKUNG VON LANDSCHAFTEN

Mit Blick auf die nicht-urbane Landschaft finden sich in der Studie Untersuchungen namentlich zum Wald und zum Stichwort „Therapeutische Landschaften“. Wald ist gemäß schweizerischen Studien der Inbegriff für Ruhe, Freiheit, Schönheit, Leben und somit von Bedeutung für die psychische Gesundheit. Die englische Forstsoziologin E.A. O’Brien beschrieb die gesundheitsfördernde Funktion des Waldes (7) wie folgt : (1) Der Wald trägt zur Erholung von Stress bei, indem verschiedene Sinne angeregt werden. (2) Der Wald und einzelne Bäume können eine persönliche Bedeutung haben, Träger für Geschichten, Mythen und Legenden sein und somit Identität und Lebensbezug vermitteln. (3) Wald kann z. B. Verkehrslärm dämpfen, und er kann viele Leute beherbergen, ohne dass das Gefühl von Überbevölkerung aufkommt. (4) Der Wald bietet Raum für verschiedene Freizeitaktivitäten, die zur körperlichen

Betätigung und/ oder zu sozialen Kontakten beitragen können. (5) Der Aufenthalt im Wald ist nicht teuer, was im Zusammenhang von sozialer Ausgrenzung und Ungleichheit von gesundheitlicher Relevanz ist.

Die Befragten charakterisieren ihre Erfahrung im Wald mit Gefühlen von Freiheit, Ruhe, Entspannung, Kontemplation, Zufriedenheit und Entlastung. Eine andere Befragung – ebenfalls aus England – ergänzt, dass der Wald unter anderem als Ort erfahren wird, in dem eigene Erinnerungen abgerufen und nochmals durchlebt werden können (8), was ein Gefühl von Identität und Lebensbezug vermitteln kann. Die Studienergebnisse rechtfertigen die Forderung, dem Gesundheitspotential von Landschaft künftig mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse müsste die Raumplanung die Landschaft als eine Gesundheitsdeterminante stärker berücksichtigen.

Im Zusammenhang mit ruralen Landschaften ist der Begriff der therapeutischen Landschaften wichtig. Das Konzept wurde vom Geographen Wil Gesler (9) eingeführt, der therapeutische Landschaften als „places with an enduring reputation for achieving physical, mental, and spiritual healing“ definiert. Therapeutische Landschaften fokussieren den therapeutischen Nutzen von materiellen wie symbolischen Aspekten von Orten wie zum Beispiel von Spitälern, Bädern, Wallfahrtsorten, Kultstätten oder dem Zuhause. Physische, psychische, soziale und spirituelle Erfahrungen spielen dabei eine Rolle. Natürliche Landschaftselemente können Bestandteile von therapeutischen Landschaften sein. So zeigt die Untersuchung von Conradson (10), dass die weite und ästhetisch attraktive natürliche Umgebung des Zentrums Holton Lee in Südengland – einem therapeutischen Zentrum für körperlich behinderte Personen – für die Gäste

von Bedeutung ist. Die Betrachtung der Landschaft und der Aufenthalt in der Landschaft vermittelt Ruhe und Zufriedenheit. Weitere Studien von Terry Hartig belegen den blutdrucksenkenden und aufmerksamkeitssteigernden Effekt von Blicken auf die oder Wanderungen durch die Natur im Gegensatz zur Stadt (11). Ähnliche Ergebnisse zeigen sich auch in selbstbewertenden Befragungen über die Gesundheitswirkung von körperlicher Betätigung Outdoor versus Indoor (12).

ERSTES FAZIT FÜR DIE PRAXIS

Für die Waldpraxis ergeben sich aus den Primärstudien zur Gesundheitswirkung folgende Kriterien: Ruhe, Komplexität der Waldbilder, Waldkindergärten, Vielfalt von Wegqualitäten, gute Zugänglichkeit und Erreichbarkeit, «Mystery» (Geheimnisvolles), Wildheit und Aussichtslagen. Für die Landschaftsentwicklung stehen folgende Kriterien im Mittelpunkt: Frische Luft, öffentliche Zugänglichkeit, Wetter, hohe Vegetationsdichte, Natürlichkeit, Gewässer, Wald, therapeutische Landschaften, abwechslungsreiche Räume, Vielfalt von Wegqualitäten, Soundscape, Wildheit, Aussichtslagen, «Mystery», ästhetisch ansprechende Landschaften, Land-use Mix. Für die urbanen Räume sind folgende Kriterien von Bedeutung : Als angenehm empfundene und ästhetisch ansprechende Landschaften, visuelle Stimuli, Fülle und Komplexität wie Wasser und Vegetation, bauliche Kriterien, Aussicht auf Natur, Landschaften, die kreatives Spielen ermöglichen, auch mit Rückzugsmöglichkeit (Privatsphäre), Zugang zu attraktiven Zielorten, Erreichbarkeit zu Fuß, Präsenz von bewegungsfördernden Einrichtungen, vielfältig nutzbare Landschaften (Land-use mix), vernetzte Straßen, sichere Gehwege, Bodenbeschaffenheit, Fußgängerzonen, Parks, öffentliche Plätze, Lage eines Parks, Sicherheit durch Parkwächter, kein Verkehr, verkehrsarme Lage, vertrauensvolle Beziehung zu Nachbarn, aktive Nachbarschaft, sicheres Spielen im Freien ohne Beaufsichtigung, Gemeinschaftsgärten.

KONKRETE FALLBEISPIELE

Ausgehend von der erwähnten Studie wurden in einer zweiten Phase Thesen der Gesundheits-/Landschaftsbeziehung abgeleitet und mit denjenigen Landschaftskriterien verbunden, die in den jeweiligen Primärstudien untersucht und denen entsprechende Gesundheitswirkungen zugeschrieben wurden. Daraus entstand eine Matrix der Landschafts-/Gesundheitsbeziehung. Diese Kriterien wurden nun in dem Fallbeispiel Liebefeld/Köniz/bei Bern zusammen mit interessierten Quartierbewohner/innen ausgetestet. Es entstand daraus eine fast flächendeckende Gesundheitsprüfung der entsprechenden Raumverhältnisse, woraus wiederum konkreten Gestaltungsziele abgeleitet wurden. In dem weiteren Fallbeispiel Scuol/Graubünden wird ebenfalls partizipativ eine Projekt-

liste erarbeitet, welche das dortige Gesundheitszentrum mit dem Tourismus unter dem Stichwort «Promenaden» verbinden soll. In der Stadt Zürich besteht eine Strategie zur Gesundheitsförderung, die auf dem Grünbuch der Stadt Zürich basiert und auf Bewegung und Nutzung des «Grünen Netzes» der Stadt beruht. Schließlich findet in Zollikofen BE seit einigen Monaten ein «Dialog Gesundheit» im Sinne von Gesundheitsforen mit der Bevölkerung statt, woraus ein Gesundheitsratgeber entstehen soll.

SCHLUSSFOLGERUNGEN

1. Die Beziehung zwischen Landschaft und Gesundheit ist relevant und wissenschaftlich belegbar. 2. Die Wirkungen von landschaftlichen und urbanen Elementen auf die Gesundheitsförderung sind darstellbar und evident. Dennoch herrscht ein großer Forschungsbedarf. So fehlen nach dem heutigen Wissensstand die möglichen Gesundheitswirkungen von Licht, Gerüchen, Wildtieren, gestalteten und ungestalteten urbanen

Räumen und Gebäuden sowie ganz allgemein von der ländlichen Kulturlandschaft. 3. Die Planung und Gestaltung von ländlichen und urbanen Landschaften in der Praxis sollten die Aspekte der Gesundheit und des Wohlbefindens stärker berücksichtigen. 4. Bei Bau- und Planungsvorhaben sollte eine Gesundheitsverträglichkeitsprüfung in

Erweiterung der UVP durchgeführt werden. 5. Die Tatsache, dass attraktive und naturnahe, öffentlich zugängliche Landschaften

Gesundheit und Wohlbefinden unterstützen, sollte für die Krankenkassen und die entsprechenden Politikbereiche von größerer Bedeutung sein. 6. Ein neues nationales Forschungsprogramm zum Thema «Bedeutung der Gesundheits-Landschafts-Beziehung für die öffentlichen und privaten Akteure» ist zu fordern.

LITERATUR

(1)

(2)

(3)

(4)

(5) (6) (7) (8) (9) Felber Rufer P. Landschaftsveränderung in der Wahrnehmung und Bewertung der Bevölkerung. Eine qualitative Studie in vier Schweizer Gemeinden. WSL, Birmensdorf 2006

Reichler C., Ruffieux R. Le voyage en Suisse. Editions Robert Laffont Paris 1998

Reichler C. Le bon air des Alpes, entre histoire culturelle et géographie des représentations. Rev. géogr. alp. 2005;1:9-20.

Vaj D. Tra ricerca scientifica e apprroccio empirico. Il contributo dei medici allo sviluppo delle stazioni climatiche montana nel corso del XIX secolo. In: Mathieu J., Boscani Leoni S. (Hrsg) Die Alpen! Les Alpes!, Peter Lang AG Bern 2005:315-336.

Rodewald R. Landschaft und Gesundheit: Verbindung zweier Konzepte. Pub

Health For 2009;17: 2-4. Abraham A., Sommerhalder K., Bolliger-Salzmann H., Abel T. Landschaft und Gesundheit: Das Potential einer Verbindung zweier Konzepte. ISPM, Universität Bern 2007

O‘Brien E.A. Publics and woodlands in England: well-being, local identity, so-

cial learning, conflict and management. Forestry 2005; 78(4):321-336. Henwood K., Pidgeon N. Talk about woods and trees: threat of urbanization,

stability, and biodiversity. J Environ Psychol 2001; 21:125-147. Gesler W. Therapeutic landscapes: theory and a case study of Epidauros, Greece. Environment and Planning D: Society and Space 1993;11:171-189.

(10) Conradson D. Landscape, care and the relational self: Therapeutic encounters in rural England. Health & Place 2005; 11(4):337-348.

(11) Hartig T. Three steps to understanding restorative environments as health resource. In : Ward Thompson C., Travlou P. (Hrsg) Open Space : People Space, Taylor & Francis London New York 2007:163-179

(12) Seeland K. Bedeutung und Potenzial körperlicher Aktivität für Gesundheit und Wohlbefinden (COST E39). ETHZ, Zürich 2008

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