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K. Schommer, P. Bärtsch Prophylaxe und Therapie der Höhenkrankheiten

Kai Schommer, Peter Bärtsch

Prophylaxe und Therapie der Höhenkrankheiten

High Altitude Illness: Prophylaxis and Therapy

SUMMARY

With increasing numbers of people traveling to high altitude, the high-altitude related illnesses, i.e. acute mountain sickness, high-altitude pulmonary edema and high-altitude cerebral edema, become more frequent and therefore more important for public health. The improved knowledge about the underlying mechanisms of these diseases helps to develop better strategies for prevention and therapy for these illnesses. This review summarizes the evidence-based recommendations for prevention and therapy of high-altitude illnesses and also evaluates critically the evidence for non-established methods. Keywords: high-altitude illness, acute mountain sickness, high-altitude pulmonary edema, high-altitude cerebral edema

ZUSAMMENFASSUNG

Mit der zunehmenden Anzahl an Freizeitaktivitäten in der Höhe werden die höhenassoziierten Krankheitsbilder – akute Bergkrankheit, Höhenlungenödem und Höhenhirnödem – vermehrt wahrgenommen. Daher hat deren Therapie und Prophylaxe an Interesse gewonnen. Das zunehmend bessere Verständnis der Pathophysiologie dieser Erkrankungen hilft, Strategien in Prävention und Behandlung zu entwickeln. Diese Arbeit fasst die Evidenz-basierten aktuellen Empfehlungen in Behandlung und Prävention der Höhenkrankheiten zusammen und gibt kritische Stellungnahmen zu den nicht-etablierten Methoden. Schlüsselwörter: Höhenkrankheit, akute Bergkrankheit, Höhenlungenödem, Höhenhirnödem

EINLEITUNG

Mit höhenassoziierten Erkrankungen – akute Bergkrankheit (ABK; acute mountain sickness, AMS), Höhenlungenödem (HLÖ; high altitude pulmonary edema, HAPE) und Höhenhirnödem (HHÖ; high altitude cerebral edema, HACE) (1) ist in der Regel bei kardiopulmonal gesunden Personen in den ersten Tagen eines Aufenthaltes in Höhen ab 2500 – 3500 m zu rechnen. Risikofaktoren für das Auftreten sind die individuelle Prädisposition, die nur durch vorhergehende Erfahrungen in der Höhe festgelegt werden kann, die Aufstiegsgeschwindigkeit und die mangelnde Akklimatisation (2). Dies veranschaulicht Abbildung 1 (nach [2]). Keinen Einfluss hingegen haben in

70

Prävalenz der ABK [%]

60

50

40

30

20

10

Aufstieg

Vorakklimatisation nicht anfällig

anfällig

Determinanten der ABK in 4559m

0

59%

4% 12%

langsam

ja 12% 30%

langsam

nein 13% 31%

schnell

ja 32%

schnell

nein

Abbildung 1: Prävalenz der ABK in 4559 m Höhe in Abhängigkeit von Aufstiegsgeschwindigkeit, Vorakklimatisation und Anfälligkeit bei 827 Bergsteigern. Langsamer Aufstieg wurde definiert als > 3 Tage ab einer Höhe von 2000 m und Vorakklimatisation als > 4 Tage über 3000 m in den letzten 2 Monaten. Als nicht anfällig für ABK wurden Bergsteiger klassiert, die selten oder nie Kopfschmerzen bei Höhenaufenthalten über 3000 m und einen Anamnesescore < 4 haben.

einer Bergsteigerpopulation das Geschlecht, der Body Mass Index und der Grad der körperlichen Fitness. Hieraus ergibt sich, dass die beste nicht-medikamentöse Prävention aller höhenassoziierten Erkrankungen aus einem langsamen Aufstieg und einer ausreichenden Vorakklimatisation besteht. Die Vorakklimatisation kann durch häufiges Bersteigen oder auch durch wiederholte Expositionen in meist normobarer Hypoxie im Tiefland im Vorfeld eines Gebirgsaufenthaltes erreicht werden. Wenn bei bekannter Anfälligkeit ein rascher Aufstieg unumgänglich und eine Vorakklimatisation nicht

möglich sind, stehen zur Prävention der einzelnen Krankheitsbilder auch verschiedene Medikamente zur Verfügung. Diese sollen ebenso wie die medikamentöse Therapie der höhenassoziierten Erkrankungen im folgenden nach aktueller Studienlage aufgezeigt werden. Die nicht-medikamentöse Therapie aller Höhenkrankheiten besteht im Abstieg und der supportiven Gabe von Sauerstoff. Durch portable Überdrucksäcke kann Zeit gewonnen werden, wenn aus logistischen Gründen ein sofortiger Abstieg nicht möglich ist. Zur HHÖ-Prävention existieren keine Studien. Da davon ausgegangen werden kann, dass ein HHÖ die schwerste Ausprägung der ABK darstellt, dürfte eine ABKPrävention immer auch eine HHÖ-Prävention beinhalten. Überblick über Prophylaxe und Therapie von ABK und HHÖ gibt Tabelle 1, gleiches wird in Tabelle 2 für das HLÖ zusammengefasst.

1. Prophylaxe

2. Therapie nicht-medikamentös

medikamentös

wirksam

nicht wirksam nicht zu empfehlen

ABK -leichte Symptome

Akute Bergkrankheit / Höhenhirnödem

langsamer Aufstieg (bis 500 m pro Tag, bei bekannter Anfälligkeit 300 – 350 m) Schlafen in normobarer Hypoxie (14d, FiO2 = 0.12, mind. 8h /Nacht) Wirkstoff Dosis Darreichung wann 1. Azetazolamid 125-250mg po Tag 1 vor Aufstieg bis Erreichen der Maximalhöhe, bei alle 12h Verbleib auf einer Höhe 3 Tage weiter 2. Dexamethason 2mg alle 6h o. po, im, iv Tag 1 vor bis Tag 3 in der Höhe, max. 5-6 Tage! cave - 4mg alle 12h Nebennierenrindeninsuffizienz Gingko Biloba, Leukotrien-Antagonisten Antioxidantien, Theophyllin bei leichten ABK-Symptomen Ruhetag, bei schweren Symptomen Abstieg; bei klinischem V.a. beginnendes oder bei manifestem Höhenhirnödem sofortiger Abstieg Wirkstoff Dosis Darreichung wann Kopfschmerz z. B. Ibuprofen 400mg po bei Bedarf, max. 4x/d Übelkeit Metoclopramid 10mg po bei Bedarf, max. 4x/d Domperidon 10mg po, sl bei Bedarf, max. 8x/d Azetazolamid 250mg alle 6-8hpo nur bei leichten Symptomen nach Ruhetag, wenn beträchtlicher weiterer Aufstieg geplant ist ABK - schwere Dexamethason 4mg po, im, iv alle 6h

Symptome

HHÖ

Dexamethason + Sauerstoff (2 – 4 l/min) 4-8mg iv, im alle 6h

Tabelle 1: Evidenzbasierte Empfehlungen zu Prophylaxe und Therapie der akuten Bergkrankheit (ABK) und des Höhenhirnödems (HHÖ); Abkürzungen: po = per os; im = intramuskulär; iv = intravenös; sl = sublingual;

1. Prophylaxe

2. Therapie Höhenlungenödem

nicht-medikamentös bei bekannter HLÖ-Anfälligkeit Erhöhung der Schlafhöhe um max. 300-350 m pro Tag medikamentös Wirkstoff Dosis Darreichung Bemerkung wirksam 1. Nifedipin 20-30mg alle 12h po ! Retardpräparate 2. Tadalafil 10mg alle 12h po ! cave – ABK - Symptome 3. Sildenafil 50mg alle 10h po ! cave – ABK - Symptome 4. Dexamethason 8mg all 12h pi ! cave – Nebennierenrindeninsuffizienz max. 5- 6 Tage nicht zu empfehlen Salmeterol 125µg alle 12h pi immer Sauerstoffgabe (2-4l/min), Abstieg; Medikamente sofort ab Verdachtsdiagnose medikamentös Wirkstoff Dosis Darreichung Bemerkung 1. Wahl Nifedipin 20-30mg alle 12h po oder Sildenafil 50mg alle 10h po Dosis nicht geprüft – Vorschlag: wie bei Prophylaxe oder Tadalafil 10mg alle 12h po Dosis nicht geprüft – Vorschlag: wie bei Prophylaxe bei gleichzeitigem zusätzlich 4-8mg alle 6h HHÖ Dexamethason

Tabelle 2: Evidenzbasierte Empfehlungen zu Prophylaxe und Therapie des Höhenlungenödems (HLÖ); Abkürzungen: po = per os; im = intramuskulär; iv = intravenös; sl = sublingual; pi = per inhalationem

AKUTE BERGKRANKHEIT – PROPHYLAXE

Nicht-medikamentös: Für Akklimatisationsprogramme in normobarer Hypoxie gibt es zahlreiche Konzepte, die von spezialisierten Fitnessstudios angeboten werden. Entscheidend für eine ausreichende Vorakklimatisation sind hierbei die Dauer und der Grad der Hypoxie. Bislang konnte nur für Schlafen in simulierter Höhe unter Anwendung spezieller Zelte gezeigt werden, dass das Auftreten und der Schweregrad der akuten Bergkrankheit bei akuter Exposition in einer normobaren Hypoxiekammer bei einem FiO2 = 0.12 (~ 4500 m) gesenkt werden kann (3). Hierfür ist eine Schlafdauer von mindestens 8 Stunden täglich bei einem FiO2 = 0.15 (~ 2600 m) in 14 aufeinander folgenden Nächten notwendig. Ob ein vergleichbarer Effekt auch durch Trainingsprogramme in normobarer Hypoxie erreicht werden kann und wie ein solches Programm gestaltet werden sollte, wurde bisher wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Zwar wird durch körperliche Belastung in Hypoxie der Grad der Hypoxämie verstärkt, doch reicht die Dauer der Hypoxie zum Ingangsetzen von Akklimatisationsvorgängen wahrscheinlich nicht aus, wenn dieses Training vor einem Hochgebirgsaufenthalt in den normalen Alltag integriert werden soll. Für ein 60-minütiges Fahrradergometer - Training in normobarer Hypoxie bei 60% VO2max 3 mal pro Woche über 3 Wochen, beginnend bei 2500 m und wöchentlich um 500 m gesteigert, gefolgt von 4 passiven Hypoxieexpositionen (~ 4500 m, 90 min) in Woche 4 konnte nach raschem Aufstieg bis 4559 m in einer placebo-kontrollierten Studie lediglich eine Reduktion der ABK nach der ersten Nacht auf 3661 m gezeigt werden (4). Auf 4559 m war die ABK-Inzidenz der Kontroll- und Interventionsgruppe aber gleich. Da der Schweregrad der ABK auf Höhen um 3500 m sehr mild ist, überwiegt der Aufwand eines solchen Vorbereitungsprogrammes bei weitem den Nutzen, so dass hierfür aktuell keine Empfehlung ausgesprochen werden kann.

Gut belegt wirksame Medikamente: Darunter fallen Azetazolamid und Dexamethason respektive Glucocorticoide im Allgemeinen. Azetazolamid wirkt vor allem über die Hemmung der Carboanhydrase in der Niere, wodurch die renale Bicarbonatexkretion gesteigert wird und eine leichte Azidose resultiert (5). Dies führt über eine Steigerung der Ventilation zu einer Erhöhung des Sauerstoffpartialdruckes und der Sauerstoffsättigung (SaO2) im Blut. Daneben reduziert es deutlich die in der Höhe vorhandene periodische Atmung, was während des Schlafes zu einem konstant höheren SaO2 führt. Azetazolamid sollte in einer Dosis von 250 mg 2x/Tag beginnend am Tag 1 vor dem Höhenaufenthalt eingenommen werden und z. B. während eines Trekkings bis zum Erreichen der Maximalhöhe eingenommen werden, sofern anschließend der Abstieg erfolgt. Beim Verbleib auf einer bestimmten Höhe sollte es über drei Tage weiter genommen werden. Neuere Daten lassen vermu-

ten, dass wahrscheinlich auch 2 x 125 mg zur Prophylaxe der ABK ausreichend sind (6). Bekannte Nebenwirkungen sind Parästhesien und ein veränderter Geschmack von kohlensäurehaltigen Getränken. Auch Steroide sind sehr gut wirksam. Die empfohlene Dosis liegt bei 3 x 2-4 mg Dexamethason (oder Äquivalentdosen für andere Glucocorticoide, zum Beispiel 3 x 25 mg Prednison) (7), beginnend am Tag vor dem Aufstieg. Beide Medikamente zusammen bewirken möglicherweise die beste ABK-Prophylaxe (8). Der exakte Wirkmechanismus für Glucocorticoide ist nicht bekannt. Wegen der Gefahr der medikamentös-induzierten Nebennierenrindeninsuffizienz bei längerdauernder Einnahme und der Erhöhung des Nebenwirkungsprofils sollten Glucocorticoide in der erwähnten Dosis über maximal 5-6 Tage verabreicht werden. Bei einer länger dauernden Therapie ist ein Ausschleichen der Glucocorticoide erforderlich. Aufgrund des deutlich höheren Nebenwirkungsspektrums sollten sie nur dann angewandt werden, wenn Azetazolamid zuvor nicht gewirkt hat oder eine Unverträglichkeit oder Allergie für dieses Medikament besteht.

Ungenügend belegt oder wenig wirksame Medikamente: Dazu zählen aufgrund der zum Teil widersprüchlichen Datenlage Theophyllin, Gingko Biloba, Leukotrien-Blocker und Antioxidantien. Für Theophyllin werden als potentielle Wirkmechanismen die Reduktion der Hirndurchblutung, die Senkung der Gefäßpermeabilität, eine Steigerung der Ventilation und eine Senkung des pulmonal-arteriellen Drucks vermutet. Eine Besserung der periodischen Atmung während des Schlafes konnte unter 2 x 250 mg Theophyllin auf 3454 m gezeigt werden (9) – diese war jedoch 2 x 250 mg Azetazolamid unterlegen. Eine nicht signifikante Reduktion des Lake Louise Scores (LL Score) fand sich unter Theophyllin (slow release, 2 x 375 mg/d) vs. Placebo nach 420 min in einer Unterdruckkammer (FiO2 ~ 4500 m) (10). In einer placebo-kontrollierten Studie (n = 21) (10) konnte nach Einnahme von 375 mg Theophyllin slow release 2x/d mit Beginn 3 Tage vor der Höhe nach passivem Transport auf 3454 m eine Reduktion des AMS-C Scores von 2.3 in der Placebo-Gruppe vs. 0.6 in der Verum-Gruppe (p = 0.03) erreicht werden. Bei 20% der Probanden wurde allerdings eine Dosisreduktion wegen Tachykardie, Schlafstörung und Tremor notwendig. In einer kürzlich erschienenen Arbeit (11) wurde für 300 mg Theophyllin/d sowohl eine Reduktion der periodischen Atmung als auch eine kleine, aber statistisch signifikante Abnahme des LL Score (1.5 ± 0.5 vs. 2.3 ± 2.4; p < 0.001) nach raschem Aufstieg auf 4559 m gezeigt. Da die präventiven Effekte von Theophyllin gering sind und da Azetazolamid im direkten Vergleich deutlich besser wirksam ist und weniger Nebenwirkungen hat, können wir Theophyllin nicht zur Prophylaxe der ABK oder der periodischen Atmung in der Höhe empfehlen. Wegen seiner gefäßdilatierenden und somit den zerebralen Blutfluss erhöhenden ebenso wie seiner antioxidativen Wirkung wurden einige größere, gut kontrollierte Studien mit Gingko biloba ohne nachweisbare Effekte

auf die ABK durchgeführt – dagegen stehen kleinere Studien, die kontroverse Resultate lieferten. Dies kann daran liegen, dass diese Faktoren in der Pathophysiologie der ABK nicht wesentlich bedeutsam sind, oder auch mit der stark schwankenden und zu niedrigen Wirkstoffkonzentration der im Handel angebotenen Präparate zusammenhängen (12). Wenn wie vermutet Sauerstoffradikale in der ABK-Pathophysiologie eine Rolle spielen, könnte der Einsatz von Antioxidantien wie L-Ascorbinsäure, dl-α-Tocopherolazetat und α-Liponsäure erfolgversprechend sein – die Datenlage hierzu ist mit nur einer placebo-kontrollierten Studie mit insgesamt 18 Probanden in einem low-risksetting (10-tägiges Trekking zum Mt. Everest base camp) (13) ungenügend. Leukotrien-Antagonisten, die wegen der anti-inflammatorischen Wirkung eingesetzt wurden, waren in mehreren kleinen kürzlich publizierten Studien nicht wirksam (14;15). Zwar wurden erhöhte Leukotrien-Metabolite im Urin nach Höhenexposition beobachtet (16), Messungen in einer prospektiven Untersuchung (17) und die interventionellen Studien mit Leukotrien-Antagonisten schließen jedoch eine primäre Rolle der Leukotriene in der Pathophysiologie der ABK weitgehend aus (18).

AKUTE BERGKRANKHEIT – THERAPIE

Milde Symptome der ABK werden symptomatisch mit nicht-steroidalen Antirheumatika (z. B. 400 mg Ibuprofen) oder Paracetamol bei Kopfschmerz oder mit sublingual applizierten Antiemetika (z. B. Metoclopramid) bei Übelkeit behandelt. Acetazolamid ist in der Therapie der ABK-Therapie wenig belegt. Bei mittelschweren Symptomen sollte immer ein Ruhetag bis zur Beschwerdefreiheit eingelegt werden Wenn danach ein weiterer Aufstieg in beträchtlich größere Höhen vorgesehen ist, wie dies beim Trekking der Fall sein kann, kann zusätzlich eine Prophylaxe mit 2-3 x 250 mg Azetazolamid eingeleitet werden. Schwere Symptome werden mit 4 x 4 mg Dexamethason (iv, im oder po) behandelt. Das Eintreten der Beschwerdefreiheit sollte nicht zum weiteren Aufsteigen verleiten, sondern immer zum Abstieg genutzt werden.

HÖHENHIRNÖDEM – THERAPIE

Das HHÖ wird mit 4-8 x 4 mg Dexamethason (iv oder im), zusätzlicher Gabe von Sauerstoff und raschem Abtransport oder falls möglich begleitetem Abstieg bis auf Höhen, in denen die neurologische Symptomatik deutlich gebessert ist, behandelt. Bessern sich die Symptome dennoch nicht, muss so tief wie möglich abgestiegen werden. Wenn das HHÖ durch eine schwere Hypoxämie bei Lungenödem ausgelöst wurde, muss dieses mitbehandelt werden.

HÖHENLUNGENÖDEM – PROPHYLAXE

Bei HLÖ-Anfälligen wird oberhalb von 2000 m eine Erhöhung der täglichen Schlafhöhe von 300 – 350 m als wichtige Präventivmaßnahme empfohlen. Ist dies nicht möglich, sind aufgrund der in der Entstehung des HLÖ entscheidenden überschießenden pulmonal-arteriellen (PA) Vasokonstriktion alle Medikamente in der Prophylaxe wie auch in der Therapie wirksam, die den PA-Druck senken. Am längsten etabliert ist der Calciumantagonist Nifedipin (19). Daneben sind auch Phosphodiesterase-5-Inhibitoren wie Tadalafil gut belegt – allerdings kann unter dieser Therapie das Auftreten von schweren Symptomen der ABK begünstigt werden (20). Auch Dexamethason (2 x 8 mg) senkt den PA-Druck in Hypoxie und kann präventiv eingenommen das Auftreten eines HLÖ verhindern. Wie Dexamethason den PA-Druck senkt, ist nicht geklärt. ß-Sympathomimetika wie Salmeterol verbessern die in Hypoxie gestörte Natrium-Rückresorption durch das Alveolarepithel (21) und führen dadurch zur gesteigerten Wasserresorption aus den Alveolen. Sie senken die HLÖ-Inzidenz bei HLÖ-Anfälligen (22). Allerdings ist inhalativ eine sehr hohe Dosis erforderlich, und gegenüber Nifedipin ist der Effekt deutlich schlechter, so dass für Salmeterol keine klare Indikation in der HLÖ-Prävention besteht.

HÖHENLUNGENÖDEM – THERAPIE

Nifedipin 20 mg alle 6 Stunden ist die medikamentöse Therapie der Wahl. Aufgrund der Gefahr des raschen Abfalls des Blutdrucks bei der Gabe von unretardierten Nifedipin-Präparaten, sollte ausschließlich Retard-Nifedipin zum Einsatz kommen. Alternativ können auch PDE-5-Inhibitoren gegeben werden, z. B. Tadalafil (10 mg alle 12 h) oder Sildenafil (50 mg alle 8 h). Hierzu liegen jedoch keine Studien vor, die Empfehlungen richten sich nach der Dosis, die sich in der Prävention bewährt hat, und nach Erfahrungen, die bei Einzelfällen gewonnen wurden. Zusätzlich sollte, falls immer möglich, die Sauerstoffzufuhr verbessert werden. Dies kann über Flaschensauerstoff via Nasensonde (2 – 4 l/min) oder auch über den Einsatz eines Überdrucksacks erreicht werden. Auch hier sollte baldmöglichst abgestiegen werden. Der Einsatz von Dexamethason ist in der HLÖ-Behandlung nur dann sinnvoll und indiziert, wenn ein HHÖ droht oder schwere Symptome einer ABK vorliegen. In der Therapie wirken Glucocorticoide möglicherweise nicht oder zu langsam. Diese Beuteilung beruht auf zwei Fallberichten in der Literatur, die das Auftreten eines HLÖ beschreiben, obwohl zuvor Dexamethason gegen die ABK verabreicht wurde (23;24). Möglicherweise beruht die Wirkung von Dexamethason auf vermehrter Expression der induzierbaren NO-Synthetase oder von Proteinkomponenten des epithelialen Natriumtransporters (ENaC), was im Tierexperiment erst 24 - 48 Stunden nach Medikamentenapplikation nachgewiesen werden kann.

LITERATUR

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