Ausgabe Schweiz Nr. 1 (Frühling) 2011 | CHF 15.–
BEST PRACTICE FÜR MANAGER
DER GROSSe Brain Gain Accenture-Chef Thomas D. Meyer
INTERVIEW AB SEITE 24
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Editorial
«Wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen, brauchen wir die besten Köpfe der Welt.»
Brain-Joker.
Wolf K. Müller Scholz Herausgeber
Der alte, westliche Kapitalismus ist tot. Es lebe die neue, multipolare Weltwirtschaft. China & Co. zeigen Muskeln. Nur wenn wir unsere Stärken nutzen, können wir mithalten.
D
ie Schwergewichte unserer Welt verschieben sich radikal: Die Finanzkraft wandert aus den alten Zentren wie New York, Frankfurt oder Zürich in die aufstrebenden Metropolen wie Shanghai, Singapur oder Sao Paulo. Gleichzeitig verschieben sich die politischen und innovativen Schwergewichte. China ist auf dem Weg zur Weltmacht Nummer eins. Andere Neustarke wie Brasilien, Russland oder Indien trumpfen ebenfalls unüberhörbar auf. Der Westen muss lernen zu teilen, seinen Platz in der neuen Weltordnung finden – und eigene Stärken nutzen. Zwar strotzen die Emerging Economies nur so vor Kraft und Selbstbewusstsein: mit ihrem atemberaubenden Wirtschaftswachstum, ihren intakten Bevölkerungspyramiden, ihren Rohstoffreservoiren und ihren Megainvestitionen. Aber im Gebälk dieser Gesellschaften ächzt und knackt es: Dinge, wie der oft rücksichtslose Umgang mit Menschen, Umwelt und Ressourcen oder die fehlende Demokratie, bergen gefährlichen sozialen Sprengstoff. Er kann den wirtschaftlichen Aufwind bei den Newcomern bremsen. Die gegenwärtigen Unruhen in der arabischen Welt sind nur ein Vorgeschmack auf das, was auch anderswo droht. In dieser stürmischen See bilden wir eine Insel der Stabilität – trotz unserer ökonomischen und politischen Schwächen. Unser festes Gesellschaftssystem, die soliden Infrastrukturen, die gereifte Kultur bilden eine einzigartige Magnetkraft, die Menschen aus den aufstrebenden Ländern stark anzieht: Touristen, Investoren, Arbeitskräfte. Achten Sie einmal auf das Leuchten in chinesischen Augen, wenn die Sprache auf Bach oder Goethe, auf deutsche Autos oder Schweizer Uhren, auf Maschinenbau oder Savoir Vivre kommt. Und diese Faszination sollten wir nutzen – für eine klare und konsequente Brain Gain-Strategie: Wenn unsere Industrien und Forschungsinstitute global wettbewerbs-
fähig bleiben sollen, brauchen wir die besten Köpfe der Welt. Exzellent ausgebildete, fähige und leistungswillige Menschen. Aufgrund der alternden Gesellschaft, der verschobenen Gesellschaftspyramide fehlen uns ausreichend (junge) Wissensträger und Facharbeitskräfte. Deshalb müssen sie aus anderen Ländern geholt werden. Die andere Seite dieser Strategie betrifft eine Art inneren Brain Gain: die Aktivierung älterer Fachkräfte der Generation 60 plus. Als «Graue Panther» bieten sie mit all ihrem Wissen und ihrer Erfahrung ein unschätzbares Potential – als Arbeitskräfte, nicht nur als Konsumenten. Ökonomen sprechen auch deshalb von der «Silver Generation». Wie sich dieser Mehrwert nutzen lässt, zeigt eine bahnbrechende Studie von Oxford Economics und Accenture, die wir in dieser Ausgabe vorstellen. Die Forscher errechneten, dass durch die optimale Aktivierung der «Best Ager» zum Beispiel in Deutschland das Bruttoinlandsprodukt 2020 um 61 Milliarden Euro oder 2,1 Prozent höher wäre als ohne deren Einsatz. Und die Zahl der Arbeitsplätze würde dann rund 42 Millionen statt 40,5 Millionen betragen. Konzerne wie BMW zeigen heute schon, wie die Integration der Alten funktioniert – mit Business Intelligence: profitabel und sozial verträglich. Der große Brain Gain ist möglich. So können wir China & Co. die Stirn bieten. Dafür müssen wir aber starre Denkmuster über Bord werfen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre.
Wolf K. Müller Scholz wms@bi-magazine.net
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AUFTAKT 3 Editorial
BEST PRACTICE 6 Weltordnung 2050 mit vielen neuen Gesichtern 9 Kompetenzzentren, Produktion, Investitionen
10 Mobilfunkanbieter E-Plus misst die Performance
12 Studie CFO 2015 zeigt zusätzliche Führungsaufgaben
14 Die Tücken der Planung für das Topmanagement
PLANUNG & DATENQUALITÄT 16 Studie: Was falsche Unternehmenszahlen anrichten
17 Geo-Intelligence: Geschäftsdaten mit Raumbezug helfen
18 Forecasting: Wie Top-Modelle die Führung unterstützen
Titelthema: Standortdebatte 2020 19-34 Brain Gain: Analysen, Positionen, Interviews.
19-34
Oxford-Studie über Unternehmenschancen durch «Silver Generation», umweltbewusste und sparsame Energie, IT-Technologie sowie Emerging Markets. ***Was Forscher im 60 plus-Alter leisten. ***Interview mit Accenture-Topmanager Thomas D. Meyer über Brain Gain und Standortfaktoren. ***Zwei asiatische High-Performer in Zürich.
MANAGEMENT
36 SAP-Kosten: Achtung beim Programmwechsel
42 Human Resources: Wie ein Autozulieferer plant
44 Logistik: Wie Hermes Prozesstransparenz schafft
46 Vertrieb: Wie ein Flugsicherer Analytics nutzt
48 Praxis: Zwei Erfolgsfaktoren für BI-Projekte
49 Patricia van den Secheren
über Dimensionen des
globalen Cyber-Kriegs
50 Andrew Mountfield über neue CFO-Kompetenzen
RUBRIKEN 21 Impressum
15 Termine
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Best Practice Studie
CFO 2015
Rollentransformation.
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it welchen Herausforderun gen wird der CFO in den nächsten fünf Jahren zu kämpfen haben? Welchen neuen Anforderungen muss er sich als Person stellen? Beherrscht der CFO-Bereich künftige Aufgaben? Die Antworten von 279 Schweizer Finanzmanagern haben es in sich und resultieren aus einer umfangreichen Befragung durch den Schweizer Verband für Rechnungslegung, Controlling und Rechnungswesen (veb.ch) in Zusammenarbeit mit Horváth & Partners Schweiz zum Thema «Der CFO von morgen – eine Vision für 2015». Als bedeutendster externer Faktor wurde von fast zwei Dritteln der Teilnehmer (62 Prozent) die steigende Komplexität der Rechnungslegungsvorschriften genannt. Diese entwickelten sich in den letzten Jahren fulminant. So haben etwa Unternehmen im Hauptsegment der Schweizer Börse seit 2005 noch die Wahl zwischen den auf mehr als 1‘000 Seiten angeschwollenen, vom International Accounting Standards Board (IASB) vor angetriebenen International Financial Reporting Standards (IFRS) und den noch viel umfangreicheren United States Generally Accepted Accounting Principles (US-GAAP). Neben der Rechnungslegung sehen knapp die Hälfte der Teilnehmer auch die vermehrte Volatilität der Konjunkturzyklen (48 Prozent), die zuneh mende Regulierung und Bürokratisierung (46 Prozent), die Globalisierung der Absatzmärkte (44 Prozent) sowie
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CFO-Herausforderungen in den nächsten fünf Jahren Rasche und zuverlässige Entscheidungsinformationen
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Rechtzeitiges Erkennen der Information
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Sichern der Liquidität
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Sicherstellen der Compliance
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Angaben in Prozent
die wachsende Rechtsunsicherheit (44 Prozent) als wesentliche Trends. Starkes Augenmerk richten die Finanzmanager zudem auf ihre stärkere Beteiligung an der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Geschäftsstra tegie: Mehr als drei Viertel der Teilnehmer (78 Prozent) gehen davon
«Der CFO muss mehr Führungsqualität zeigen.» aus, dass diese genauso wie die Arbeit an neuen Geschäftsmodellen auf der Ebene der Gesamtunternehmung für den CFO künftig an Bedeutung gewinnen wird. Alarmierend erscheint dabei allerdings, dass nur eine Minderheit ihre dazu nötigen Fähigkeiten heutzutage als «sehr gut» (fünf Prozent) oder «gut» (39 Prozent) einschätzt. Mehr als die Hälfte gibt an, dass die entsprechenden Fertigkeiten beim heutigen CFO höchstens «genügend» (40
Prozent) oder sogar nur «ungenügend» (14 Prozent) ausgeprägt seien. Offenbar hat die Wirklichkeit mit der gesteigerten Anspruchshaltung noch nicht überall gleichgezogen. Neben den strategischen Aspekten machen organisatorische Aufgaben in der Regel einen mindestens ebenso großen Anteil an der CFO-Aufgabenpalette aus. Die Horváth-Experten fassen dabei die Begriffe Organisation, Prozesse und IT-Systeme im Managementbereich des CFO in einer Säule unter dem Dach der Strategie zusammen. Typische Aufgaben hier sind die Optimierung der Wertschöpfungskette (inklusive der Sourcing-Varianten). Diese organisatorischen Belange gewinnen laut Umfrage an Bedeutung: 75 Prozent der Befragten nennen als wichtigsten Aspekt den Umgang mit und die Integration von Informationen. Die breite Zustimmung spiegelt die allerorts feststellbare, rasant zunehmende Bedeutung der Informationstechnologie in den betrieblichen Abläufen wider. Die sin
Quelle: Horváth & Partners,veb
Die Aufgaben des Chief Financial Officer (CFO) werden sich in den kommenden Jahren dramatisch erweitern: Die Finanzchefs müssen Managementinformationen über das reine Controlling hinaus frühzeitiger integrieren und sich damit stärker in die Unternehmensführung einbringen.
Zwei Finanzchefs – zwei Generationen: Neben Finanzthemen und Controlling werden Strategie und IT bedeutender.
kenden Kosten für Kommunikationsgeräte und die Kapazitätsschübe bei der Datenübermittlung haben den Geschäftsalltag in den letzten 15 Jahren revolutioniert, und zwar nicht etwa nur in der Software- und Internetindustrie, sondern in praktisch allen Branchen. Denn die Unternehmen nutzen die Instrumente der Informations- und Kommunikationstechnologie in einem engmaschigen Netz, um ihre Geschäftsabläufe nach lokalen Standortvorteilen rund um den Globus zu verteilen. Die Studienautoren empfehlen, diese unternehmensweit elementaren Aufgaben organisatorisch zentral beim CFO anzusiedeln, denn der Umgang
mit Informationen sei inhaltlich nicht mehr von der Organisationsgestaltung und der Prozessmodellierung zu trennen. Deshalb wirke der CFO von morgen bei der Gestaltung der ITStrategie aktiv mit und müsse zumindest einen Überblick über die IT-Architektur haben. Investitionen in die IT seien keine delegierbaren Routineangelegenheiten mehr, sondern erreichten sowohl strategisch als auch finanziell Dimensionen, welche eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema verlangten. «Das bedeutet aber auch, dass der CFO von morgen die nötigen Voraussetzungen und Kenntnisse mitbringen muss», resümieren die Experten.
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Der radikale Zeitenwechsel zeigt sich auch beim Performance Management. Dessen Hauptaufgabe ist es, die Leistung der Unternehmensbereiche zu messen und kontinuierlich zu verbessern. Die Studienergebnisse lassen vermuten, dass die bisher eher wenig beachtete Versorgung des Managements mit Zukunftsdaten in den nächsten Jahren am stärksten an Bedeutung gewinnen wird (81 Prozent). Während bei traditionellen Aufgaben, wie der Messung und der Überwachung der Unternehmensperformance mittels Key Performance Indikatoren (KPI) sowie der Ausgestaltung des Berichtswesens und des Managementinformationssystems (MIS), die Beherr-
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Titel Meyer
Interview mit Thomas D. Meyer
«Great Place to Work» Wie können wir für den Standort Schweiz einen nachhaltigen Brain Gain sichern? Was müssen Unternehmen anpacken, was sollte die Politik ändern? Ein Interview mit Topconsultant Thomas D. Meyer, Managing Director Accenture Schweiz.
BIM: Der Schweiz fehlen qualifizierte Arbeitskräfte. Wie sieht es konkret aus? Meyer: Es mangelt vor allem an Experten für IT, Technologie sowie allgemein Ingenieure. Deshalb müssen die Unternehmen sie aus aller Welt in die Schweiz holen – nicht nur aus den europäischen Nachbarstaaten, sondern zunehmend auch aus Ländern wie Indien oder den Philip pinen. Dies wiederum stösst beim Bundesamt für Migration und bei den kantonalen Wirtschaftsämtern auf Schwierigkeiten. Da gibt’s gesetzliche Restriktionen, die ein wachsendes Standortproblem erzeugen.
Wie lassen sich die Probleme lösen? Indem sich nicht nur die Schweizer Unternehmen gezielter auf ausländische Experten ausrichten, sondern sich auch die Politik intensiver mit dem Thema befasst.
Welche Folgen hat das? Ich sehe vor allem drei Risikobereiche: Erstens besteht die Gefahr, dass mangels Experten die Arbeit aus der Schweiz in andere Weltregionen abwandert. Dies offenbarte sich bereits während der jüngsten Wirtschaftskrise, als der Bundesrat die Quoten für ausländische Arbeitskräfte halbierte. Weil dadurch die Fachleute sehr knapp wurden, deutete IBM an, das europäische Hauptquartier eventuell wieder aus Zürich abzuziehen, und Google, das europäische Forschungszentrum aus Rüschlikon allenfalls ins Ausland zu verlagern. Zweitens wird die immer knappere Ressource Arbeit teurer. Dies beinhaltet das Risiko einer Lohnspirale nach oben, was wiederum die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Schweiz schwächen würde. Gepaart mit der gegenwärtigen Stärke des Frankens wäre das sicherlich keine gute Nachricht. Drittens könnten gute Standortinitiativen der Wirtschaftsverbände, wie zum Beispiel «Greater Zurich Area», ins Leere laufen.
Eine Folge der dezentralen politischen Struktur der Schweiz? Einerseits verlangt der föderative Charakter der Schweiz – anders als in Ländern wie Singapur oder den Arabischen Emiraten – natürlich einen Prozess, beim dem Staat und Unternehmen, Administration und Bevölkerung voll mitziehen. Andererseits aber hängt es auch damit zusammen, dass die Schweizer Politik traditionell eher nach innen als nach aussen gerichtet ist.
Warum? Weil schlicht die Leute fehlen. Es entbehrt nicht einer gewissen Widersprüchlichkeit, dass der Bund einerseits Ansiedelungsinitiativen fördert, andererseits die angelockten Unternehmen aber kaum Mitarbeiter mitbringen können, weil es zu viele Restriktionen gibt. Interview: Wolf K. Müller Scholz; Fotos: Miriam Graf
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Tut sie das nicht? Die zuständigen Stellen wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) und das beim Justiz- und Polizeidepartment angesiedelte Amt für Migration tun ihr Bestes. Doch es fehlt die eindeutige, zentrale strategische Verantwortung.
Wo könnte Bern denn aus Ihrer Sicht konkret ansetzen? Der Bundesrat könnte zum Beispiel eine Kommission zum Thema «Zukunft Schweiz» einsetzen, die Leitlinien für die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte erarbeitet – und damit den nötigen Prozess in Gang setzen. Hilfreich wäre es auch, wenn der Staat bei Arbeitsbewilligungen den konzerninternen Austausch oder Transfer der Mitarbeiter erleichterte. In einigen Fällen braucht es gar nicht unbedingt neue Gesetze, sondern es würde ausreichen, die Verwaltungspraxis zu ändern. Zum Beispiel? Bei der Weiterbeschäftigung ausländischer Studenten aus Nicht-EU- oder Nicht-Efta-Ländern, die nach ihrem Studienaufenthalt in der Schweiz arbeiten wollen.
Meyer Titel
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Titel Meyer
Sollte sich die Schweiz generell eher als Drehscheibe denn als Insel in der Mitte Europas definieren? Völlig einverstanden: Die Schweizer Wirtschaftspolitik müsste gleichzeitig Aussenwirtschaftspolitik sein. Der Bundesrat hat vor einigen Jahren ja auch beschlossen, dass die beiden Disziplinen aligniert werden sollten. Fakt aber ist, dass die zuständigen Departemente, das für Volkswirtschaft und das des Äusseren, hier nicht wirklich zusammenarbeiten. Wie sehen die Parlamentarier die Immigration von Fachkräften? Als ich im vergangenen Jahr wegen der Reduktion der Quoten mit einigen Parlamentariern sprach, war denen gar nicht bewusst, was dieser Schritt praktisch bedeutet. Sie dachten ernsthaft, dass es darum ging, weniger Leute aus dem Balkan wären einfach durch Schweizer Arbeitslose zu ersetzen. Dass aber Arbeitskräfte mit hoher Qualifikation in der Schweiz fehlen, war ihnen offenbar nicht bewusst. Das Schweizer Gesundheitswesen zum Beispiel würde ohne Ärzte und Krankenschwestern vor allem aus Deutschland nicht mehr funktionieren. Inwieweit können sich Unternehmen stärker in die Gestaltung der politischen Rahmenbedingungen einbringen? Die Schweiz bietet sich mit ihrem Milizsystem ideal dazu an, dass Unternehmen sich stärker am politischen Prozess beteiligen. Wenn Unternehmensführer auch gleichzeitig Politiker und vielleicht noch in der Armee aktiv sind … … wird es vielfach als «Filz» kritisiert … … führt aber auf der anderen Seite ganz praktisch dazu, dass die Informationen besser fliessen und Entscheide schneller getroffen werden. Unternehmen sind dabei allerdings gefordert, vor allem das Allgemeinwohl und die Rah menbedingungen zu fördern – und nicht eigene Interessen wahrzunehmen. Dabei kommt es sehr auf das persönliche Engagement der Kader an. Und was machen die vielen ausländischen Manager in Schweizer Unternehmen? Dies ist in der Tat eine spezielle Herausforderung, denn sie dürfen sich nicht aktiv am politischen Prozess beteiligen. Ihr Anteil in den Geschäftsleitungen beträgt in der Schweiz mittlerweile über 40 Prozent – wesentlich mehr als in anderen Ländern wie etwa Deutschland, wo er deutlich weniger als 20 Prozent beträgt. Zwar können sie sich vielleicht über Verbände engagieren, aber das reicht nicht. Hier liegt aus meiner Sicht ein riesiges ungenutztes Potential an Brain brach, welches wir zugunsten des Standortes Schweiz unbedingt besser nutzen müssen.
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Wäre die Schweiz dafür politisch offen? Die Schweiz hat als kleines Land schon immer von Handel, Austausch und Verkehr existiert. Ich stamme zum Beispiel aus einer Bauernfamilie, die über Generationen vom Viehhandel mit ausländischen Geschäftspartnern lebte wie etwa Rumänen oder Türken. Das war das Normalste der Welt. Heute, da bereits 20 Prozent der Bewohner der Schweiz und wie gesagt fast die Hälfte der Kader bereits Ausländer sind, ist die Basis natürlich noch breiter. Inwiefern müssen Unternehmen ihre Organisation wie etwa den wichtigen Bereich der Human Resources (HR) modernisieren, um hochqualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen und zu integrieren? Im Bereich Talentmanagement und Recruiting engagieren sich zumindest die grossen Schweizer Unternehmen bereits sehr stark. Die Absolventenkongresse sind dafür ein ebenso gutes Beispiel wie gesellschaftliches Engagement: Die Credit Suisse etwa unterstützt eine IT-Stiftung mit zehn Millionen Franken. Viele Unternehmen erkennen zudem, dass HR auch im Alltag über den rein administrativen Beitrag hinausgehen muss. Wie kann das konkret aussehen? Es braucht neue Konzepte, um zum Beispiel das ungenutzte Potential an Frauen in der Schweiz besser zu nutzen. Hier haben unsere Studien ergeben, dass die Schweiz im Vergleich zum Ausland noch wirklich schlecht dasteht. Auch müssen die Übersechzigjährigen stärker in den Arbeitsprozess einbezogen werden – die sogenannte Silbergeneration, Grauen Panther oder «Silberrücken», wie ich sie in Anlehnung an den prächtigen alten Gorilla im Zürcher Zoo gern nenne. Ein interessanter Ansatz ist da sicher, dass Grossbritannien vor kurzem entschieden hat, das Rentenalter völlig abzuschaffen und es jedem Einzelnen zu überlassen, wie lange er arbeiten will. Sehen Sie darin ein Modell für die Schweiz? So schnell und radikal würde man das bei uns wohl nicht durchkriegen. Aber das Renten alter muss schrittweise nach oben gesetzt werden, sonst sind allein schon unsere sozialen
Tiefreichende Analysen: Thomas D. Meyer ist Managing Director Accenture Schweiz, wo er seit 1987 arbeitet. Er studierte Betriebswirtschaft in St. Gallen. Neben seinem Topmanagementjob nimmt er zusätzlich internationale Verantwortung für die Beratung von Versicherungen wahr. Meyer ist verheiratet und hat fünf Kinder. Er engagiert sich zudem in mehreren Stiftungen, Verwaltungs- und Beiräten, gemeinsam ist allen die Förderung des Standortes Schweiz.
Meyer Titel
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Foto: SAP AG / Stefan Schilling
Kreativ: IT-Experten in der SAP-Konzern zentrale erarbeiten starke BI-Technologien. Doch Unternehmen sollten vor dem Umstieg die Kosten klären.
SAP-Technologie
Rundumschlag. Von Giuseppe Calabrese*
SAP-Anwender aufgepasst: Ein neuer Business Intelligence-Ansatz des Softwarehauses erlaubt zwar viel mehr Flexibilität. Jedoch steigt die Komplexität bei Evaluation und Implementierung. Ein Leitfaden.
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AP übernahm Ende 2007 Business Objects, um sein Angebot an Business Intelligence (BI) zu verbessern. In der Folge strukturierte die Software-Macht ihr BI-Portfolio neu. Dieses zeichnet sich jetzt durch zahlreiche Fortschritte hinsichtlich Architektur, Offenheit, Interoperabilität und Benutzerfreundlichkeit aus. Dabei erscheint die Möglichkeit zur Integration von SAP Business Objects und BI-Werkzeugen von Drittherstellern mit einer semantischen Schicht, welche von SAP oder von anderen Datenquellen unabhängig ist, als eine sinnvolle strategische Entscheidung. Diese Ausrichtung erleichtert auch eine Integration eines unternehmensweiten Data Warehouses in die IT-Gesamtarchitektur. Das neue Portfolio ermöglicht den SAP-Kunden die durch die bisherigen Werkzeuge BEX und SEM auferlegten Beschränkungen zu überwinden. Ab sofort sind unterschiedliche Ansätze hinsichtlich Architektur und Funktion je nach Si-
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tuation und individuellen Anforderungen der Anwendergruppen möglich. Die Kehrseite der Medaille jedoch sollte mit einkalkuliert werden: Die Kosten können massiv steigen. Sie sollten unter verschiedenen Aspekten reflektiert werden:
Evaluation: Die Entscheidung über die zukünftige strategische Ausrichtung ist wegen der Offenheit des neuen SAP-Ansatzes ein komplexer Prozess geworden, der mit einem großen Zeitaufwand verbunden ist. Der Markt bietet eine große Anzahl unterschiedlichen BI-Technologien, die alle ihre Vor- und Nachteile haben. Die richtige Entscheidung sollte anhand einer Vielzahl von relevanten Beurteilungskriterien, sowohl technischer als auch fachlicher und finanzieller Natur getroffen werden. Die IT-Strategie spielt hier auch eine wichtige Rolle – zum Beispiel, ob sich ein Unternehmen für eine Best-of-Breed-Lösung oder für
SAP Management
Migration: Im Laufe der Jahre wurden häufig hunderte, teils tausende Berichte und Analysen mit der bestehenden BI-Lösung erstellt. Die Krux dabei ist: Es gibt derzeit keinen vollkommen automatischen Migrationsprozess. In den meisten Fällen macht eine Eins-zu-Eins-Übertragung des Vorhandenen auch keinen Sinn. Besser ist es, die verschiedenen Objekte zu prüfen, um festzustellen, welche nach wie vor verwendet werden und welche überholt sind. Aus diesem Grund sollte eine detaillierte Analyse mit den Fachabteilungen vorgenommen werden. Selbst wenn die neue Plattform der alten in den meisten Punkten überlegen ist, wird es darüber hinaus immer noch nicht abgedeckte oder anders abgedeckte Funktionalitäten geben. Daher müssen auch diese Lücken identifiziert und gegebenenfalls Alternativlösungen in Betracht gezogen werden. Die Möglichkeit der temporären Koexistenz von neuer Lösung und Nutzung alter Reports sollten Unternehmen auch berücksichtigen. Lizenzen: Die neue BI-Plattform ist in der Regel mit Lizenzkosten verbunden, sei es nun für SAP Business Objects oder andere BI-Werkzeuge von Dritt-Anbietern. Je nach Budgetrahmen hat der Kunde dabei verschiedene Optionen: Bei einem kleineren Etat wird sich das Augenmerk zum Beispiel eher auf Open Source- oder Microsoft-Lösungen richten. Bei einem umfangreicheren Budget dagegen kann der Kunde umfassendere BI-Plattformen wie SAP Business Objects, Oracle oder IBM Cognos in Betracht ziehen. Selbstverständlich muss dies im Einklang mit den funktionalen Bedürfnissen der Fachabteilungen und den technischen Anforderungen der IT-Abteilung erfolgen. Dabei sind zusätzliche Kosten bei einem Hardware-Ausbau zu berücksichtigen, da manche Software-Hersteller die Preise nach der Anzahl der Prozessoren festlegen. Hardware: Beim Umbau ist immer auch mit einer Anpassung der Infrastruktur wie etwa Server, Storage-Kapazität oder Hauptspeicher zu rechnen. Da die Performance von SAP-Anwendern häufig als kritischer Faktor genannt wird, sollte die Hardware neben der Abdeckung von Aktivitätsspitzen auch auf Skalierbarkeit ausgelegt sein. Hilfreich erscheint hier, dass BI-Plattformen mittlerweile auch als Appliances verfügbar sind. Dank der
«Kleine Änderungen können oft immensive Zusatzkosten verursachen.» Kopplung der Speicher-Hardware mit BI-Software und Betriebssystem kann die Performance der gesamten BI-Lösung optimiert werden. Doch Achtung: Die tatsächliche Verfügbarkeit der BI-Plattform sollte berücksichtigt werden. Denn kleine Änderungen an den Anforderungen oder dem Service Level Agreement können immense Zusatzkosten erzeugen.
Ausbildung: Nicht zu unterschätzen sind auch die Kosten für die Ausbildung des technischen Personals und der Endanwender. Dabei beruht der Erfolg des Migrationsprojekts in erster Linie auf der Akzeptanz der Lösung bei den Anwendern. Je nach ihrer Anzahl und den Funktionsarten im Unternehmen sollte das Management für diesen Posten ein ausreichendes Budget bereitzustellen. In Abhängigkeit von der Anzahl der auszubildenden Anwender und ihrem informationstechnischen Kenntnisstand sind unterschiedliche Schulungsarten wie zum Beispiel «Train the Trainer» oder E-Learning zu evaluieren. Wartung: Die Wartungskosten der neuen SAP-Lösung
stellen eine weitere wichtige Kostenposition dar. Dabei ist nicht nur die lizenzbezogene Wartung, sondern auch der jährliche Aufwand in Manntagen für die neue BI-Plattform zu berücksichtigen. Darunter fallen zum Beispiel die Administration oder periodische Unterhaltsarbeiten. Das
© SAP AG / Stefan Schilling
einen «One Technology»-Ansatz entscheidet. Eine wichtige Rolle spielen auch die mit der Lösung mitgelieferten Blueprints (beispielsweise jeweils vordefinierte Datenmodelle oder Berichte).
Mächtig: Der SAP-Campus in Walldorf. Management sollte auf jeden Fall die Investitionsentscheidung aufgrund der tatsächlichen Gesamtkosten («Total Cost of Ownership») für das Projekt treffen. Dabei können sich die auf den ersten Blick günstigen Lösungen oft als insgesamt teure Alternativen erweisen. Somit können die Kosten für ein derartiges BI-Projekt beträchtlich sein. Anstatt ohne Überprüfung in die erste vorgeschlagene Technologie zu investieren oder an der gegenwärtigen kritiklos festzuhalten, sollten SAP-Anwender die Gelegenheit nutzen, ihre BI-Strategie grundsätzlich zu überdenken. So können sie eine nachhaltige BI-Lösung implementieren, die einen wirklichen Mehrwert für das gesamte Unternehmen schafft. Dieses Überdenken und Überarbeiten der Business Intelligence -Strategie sollte allerdings mehr sein, als eine einfache Evaluierung der technischen Werkzeuge. Aspekte wie die Organisation, das operative Geschäft oder die Architektur sind zu berücksichtigen. Nach unserer Erfahrung sollten Unternehmen dabei folgende Maßnahmen einleiten:
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