Ausgabe Issue 23 •23Geflügel • Poultry
Verstärkung Boosting Vaccines‘ der Wirksamkeit Effectiveness von Impfstoffen The prebiotic and probiotic combo einer Kombidurch Verwendung nation aus Prä- und Probiotika
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Six Ways to ComSechs Strategien aviäre batgegen Cellulitis in Cellulitis Broilers’bei Broilern Photo: fotostorm_iStockphoto
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Ein Magazin A magazine vonof
Was What’s stimmt Wrong nicht mit With meinem My Birds? Geflügel? Part 5: bruising TeilCarcass 5: Läsionen am Schlachtkörper
Editorial Darmmikrobiom und Tiergesundheit – ein wieder entdeckter Zusammenhang Obwohl in der Vergangenheit oft übersehen, nimmt das Wissen über das Darmmikrobiom und dessen Bedeutung für die Gesundheit von Mensch und Tier nun glücklicherweise exponentiell zu. Es vergeht kaum ein Tag, an dem wissenschaftliche Magazine nicht einen Artikel über die Mikroorganismen im Darm und die Zusammenhänge mit Krankheiten und der zootechnischen Leistung von Nutztieren bringen. Verschiedene modernste Technologien werden heute dafür eingesetzt, zu belegen, wie das Darmmikrobiom die physiologische Homöostase, das Verdauungs- und Immunsystem sowie die Leistung der Tiere beeinflussen und sogar eine Störung der neuroendokrinen Signalwege bewirken kann. Faktoren wie Antibiotikatherapie, Stress, Umwelt- und Managementbedingungen sowie die mangelnde Ausbildung einer ausgewogenen Mikroflora können das Gleichgewicht der Darmflora destabilisieren und zu enterischer Dysbiose führen. Eine unausgewogene Darmflora ist aber häufig nicht nur ein wichtiger Risikofaktor für Gesundheitsstörungen wie nekrotische Enteritis, Salmonellose und E. coli-Infektionen, sondern vermag auch die Wirksamkeit von Impfungen herabzusetzen. Im letzten Jahrzehnt wurde intensiv daran gearbeitet, nachhaltige Wege zur Bekämpfung der Darmdysbiose in der kommerziellen Tierhaltung aufzuzeigen. Dazu zählt unter anderem die Gabe von Probiotika (nützlichen Bakterien) oder Präbiotika zur Unterstützung eines gesunden Wachstums von der Darmgesundheit zuträglichen Bakterien. Ein besonders vielversprechender Ansatz ist die Verabreichung von Synbiotika, einer Kombination aus Pro- und Präbiotika. In dieser Ausgabe von Science & Solutions befassen wir uns damit, wie geflügelspezifische Synbiotika zur Bekämpfung der aviären Cellulitis, einer bedeutenden durch E. coli verursachten Erkrankung des Gefügels, eingesetzt werden können. Wir untersuchen auch, wie dieselben Synbiotika die Immunantwort so modulieren können, dass die Wirksamkeit verschiedener Geflügelimpfstoffe verstärkt wird. Schließlich enthält diese Ausgabe auch den fünften Teil unserer Serie zu den Differenzialdiagnosen bei Läsionen am Schlachtkörper. Lehnen Sie sich also zurück, entspannen Sie sich und genießen Sie die Lektüre.
Guilherme BORCHARDT NETO MV, MSc, PhD Regionaler Marketing-Direktor - Lateinamerika Süd
Science & Solutions • Issue 23
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Inhaltsverzeichnis
Sechs Strategien gegen aviäre Cellulitis bei Broilern
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Methoden zur Reduzierung einer führenden Ursache für das Verwerfen von Schlachtkörpern.
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Von Luca Vandi MSC
Verstärkung der Wirksamkeit von Impfstoffen durch Synbiotika
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Die Unterstützung der Darmgesundheit des Geflügels durch den kombinierten Einsatz von Präbiotika und Probiotika auf der Basis von Milchsäurebakterien kann die Immunantwort der Tiere verbessern. Von Wael Abdelrahman DVM PhD
Cut & Keep
Checklist
Was stimmt nicht mit meinem Geflügel?
Teil 5: Läsionen am Schlachtkörper
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Eine nützliche diagnostische Checkliste mit Symptomen, Ursachen und Therapien.
Science & Solutions ist eine monatlich herausgegebene Veröffentlichung der BIOMIN Holding GmbH, die kostenlos an unsere Kunden und Partner verteilt wird. Jede Ausgabe von Science & Solutions präsentiert Themen zu den aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Tierernährung und Gesundheit und konzentriert sich jedes Vierteljahr auf eine Tierart (Geflügel, Schwein oder Wiederkäuer). ISSN:2309-5954 Eine digitale Kopie und weitere Informationen finden Sie unter: http://magazine.biomin.net Wenn Sie an Nachdrucken von Artikeln interessiert sind oder Science & Solutions abonnieren möchten, wenden Sie sich bitte an magazine@biomin.net Redaktion: Ryan Hines Mit Beiträgen von: Guilherme Neto, Luca Vandi, Wael Abdelrahman Marketing: Herbert Kneissl, Cristian Ilea Grafik: Michaela Hössinger Recherche: Franz Waxenecker, Ursula Hofstetter Herausgeber: BIOMIN Holding GmbH Industriestrasse 21, 3130 Herzogenburg, Österreich Tel: +43 2782 8030 www.biomin.net ©Copyright 2015, BIOMIN Holding GmbH Alle Rechte vorbehalten. Mit Ausnahme der im Copyright, Designs and Patents Act von 1988 genannten Regelungen darf kein Teil dieser Veröffentlichung ohne schriftliche Genehmigung des Inhabers des Urheberrechts in irgendeiner materiellen Form für kommerzielle Zwecke vervielfältigt oder kopiert werden. Alle hierin enthaltenen Fotos sind Eigentum der BIOMIN Holding GmbH oder werden unter einer Lizenz verwendet.
Ein Magazin von BIOMIN
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Sechs Strategien gegen aviäre Cellulitis bei Broilern Von Luca
Vandi, Technischer Verkaufsleiter
Die aviäre Cellulitis ist eine der Hauptursachen für das Verwerfen von Schlachtkörpern bei Broilern und verursacht den Geflügelproduzenten signifikante wirtschaftliche Verluste. Nachstehend finden Sie einige Methoden zur Verringerung der Inzidenz dieser Krankheit.
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Science & Solutions • Ausgabe 23
I
n den USA entsteht den Geflügelproduzenten durch die aviäre Cellulitis bei Broilern pro Jahr ein wirtschaftlicher Schaden in Höhe von etwa 35 Millionen Dollar, was die Hälfte des Wertes aller jährlich verworfenen Schlachtkörper ausmacht. In Kanada stellt die Cellulitis bei Broilern den Hauptgrund für das Verwerfen von Schlachtkörpern dar. Viele Geflügelproduzenten auf der ganzen Welt sind von dem Problem betroffen.
Photo: National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID)
Überraschung am Schlachthof Die aviäre Cellulitis, eine chronische, hauptsächlich durch bakterielle Infektion charakterisierte Hautkrankheit, ist eine heimtückische Erkrankung. Das am häufigsten aus den Läsionen isolierte Pathogen ist E. coli, wobei in den meisten Fällen der pathogene Serotyp O78 isoliert wurde (Derakhshanfar et al., 2002). Bei Broilern beginnt die Cellulitis bereits während der Mastperiode im Broiler-Betrieb, wird aber erst am Schlachthof nach dem Abbrühen und Rupfen der Federn entdeckt. Die von Cellulitis betroffenen Schlachtkörper werden bei der amtstierärztlichen Kontrolle zurückgewiesen und entsorgt, was für die Produzenten mit wirtschaftlichen Verlusten verbunden ist.
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E. coli ist der am häufigsten bei Cellulitisassoziierten Läsionen isolierte Erreger
Ein Magazin von BIOMIN
Verluste in undefinierter Höhe In vielen Länder wurde der geschätzte Marktwert der Verluste durch Verwerfen von Schlachtkörpern noch nicht klar definiert, obwohl die vielerorts gemachten Anstrengungen zur Identifizierung der Ursache und zur Quantifizierung der Folgen der aviären Cellulitis gezeigt haben, dass es sich um ein wirklich bedeutendes Problem handelt. In Brasilien wurde zur Klassifizierung der Gründe für das Verwerfen von Geflügelkarkassen an zwei
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Sechs Strategien gegen aviäre Cellulitis bei Broilern
Die Anstrengungen, die vielerorts unternommen wurden, um die U quantifizieren, haben deutlich gemacht, dass es sich dabei um ein
% der gesamten Schlachtungen
Abbildung 1. Gründe für das Verwerfen von Schlachtkörpern an zwei brasilianischen Schlachthöfen.
4.25
2.79
0.91
Cellulitis
0.81
Kontamination
1.04 0.47 Kontusion/ Fraktur
0.79
0.88
Andere
n Schlachthof A n Schlachthof B Quelle: Santana A. P., et al., 2008
Schlachthöfen eine Studie durchgeführt (Abbildung 1). Am Schlachthof A, einem Unternehmen mit vertikaler Integration, belief sich die Anzahl der aufgrund von aviärer Cellulitis verworfenen Schlachtkörper auf 4,25 % aller Schlachtungen und 51 % aller verworfenen Karkassen. Am Schlachthof B, ebenfalls mit vertikaler Integration, kam es bei 0,91 % aller Schlachtungen zum Verwerfen der Schlachtkörper aufgrund von Cellulitis, was 25 % aller verworfenen Karkassen ausmachte. Die unterschiedlichen Ergebnisse sind aller Wahrscheinlichkeit nach auf die verschiedenen Managementpraktiken der Betriebe zurückzuführen. Gegenmaßnahmen Produzenten können zur Bekämpfung der aviären Cellulitis im Betrieb eine Reihe von Maßnahmen ergreifen. Dazu zählen das Fördern einer dichten Befiederung, die Überwachung der Besatzdichte der Vögel, verstärkte Biosicherheitsmaßnahmen, Anpassung der Impftermine, Überprüfung der aktuellen Managementpraktiken und das Sicherstellen einer guten Darmgesundheit. 1. Fördern einer dichten Befiederung Das Einführen genetischer Broilerlinien mit verzögerter Federreife in den Markt hat das Cellulitisproblem verstärkt. Moderne Broiler haben einen stärker ausladenden Brustmuskel, der die Gefahr vermehrter Kratzverletzungen mit sich bringt. Studien zufolge besteht der Wichtigste für Cellulitis
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prädisponierende Faktor in der Tatsache, dass die Federreife erst mit 28 Tagen abgeschlossen ist. Somit ist ein entsprechendes Management, das eine gute Befiederung unterstützt, von besonderer Bedeutung. Auch das Vermeiden zu hoher Umgebungstemperaturen, insbesondere zwischen der zweiten und der vierten Lebenswoche, kann zur Stimulierung der Befiederung und somit zur Reduzierung der Cellulitis beitragen. 2. Überwachung der Besatzdichte Eine erhöhte Besatzdichte wird mit einer höheren Inzidenz von Kratzverletzungen in Verbindung gebracht; dies wiederum macht die Vögel anfälliger für Cellulitis. Dieser einfache Zusammenhang (mehr Vögel = mehr Kratzverletzungen = mehr Cellulitis) ist sehr wichtig, insbesondere in Betrieben, in denen die Besatzdichte ohne begleitende Maßnahmen wie zusätzliche Fütterungs- und Tränkeeinrichtungen erhöht wird, da sich dadurch der Kampf um Fress- und Trinkplätze unter den Vögeln erhöht. 3. Verstärkte Biosicherheitsmaßnahmen Schlechte Einstreuqualitäten stehen ebenfalls in Zusammenhang mit erhöhter Inzidenz von aviärer Cellulitis. Eine feuchte Einstreu ist der ideale Nährboden für Bakterienwachstum. Häufiger Kontakt zwischen dem Brustbereich der Vögel und der nassen Einstreu steigert die bakterielle Kontamination. Über Kratzwunden werden die Pathogene dann von der Einstreu auf die Vögel übertragen. Durch die feuchte Einstreu kommt es auch zu verschmutzten Krallen mit erhöhter bakterieller Kontamination, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung der Erreger beim Kratzen erhöht. Der Reinigung und Desinfektion der Ställe zwischen den einzelnen Produktionszyklen kommt somit eine große Bedeutung zu. Das Sicherstellen einer Wartezeit von mehr als 15 Tagen kann auch zur Reduzierung der Inzidenz einer aviärer Cellulitis im Betrieb beitragen. 4. Anpassung der Impftermine Die Durchführung der Impfungen im Brutbetrieb kann auch dazu beitragen, die Gesamtzahl an verworfenen Broilerkarkassen – einschließlich der aufgrund von Cellulitis verworfenen Schlachtkörper – im Schlachthof zu reduzieren (Paniago M., CEVA-Bulletin, 2009). Die Ergebnisse eines in Südbrasilien durchgeführten Versuchs zeigten, dass die frühzeitige Verabreichung der
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Luca Vandi Technical Sales Manager
Ursachen der Cellulitis zu identifizieren und ihre Auswirkungen zu erhebliches Problem handelt.
5. Aktualisierung der Managementpraktiken Mit Sicherheit muss aber auch an eine Verbesserung des Managements der Betriebe gedacht werden. Eine technische Ausstattung und eine bauliche Gestaltung der Ställe, die den Ansprüchen moderner Broilerlinien an Ventilation, Futter- und Wasserversorgung entsprechen, sind ein absolutes Muss.
dar und bedeutet für die Produzenten einen beträchtlichen wirtschaftlichen Verlust. Geflügelproduzenten können jedoch eine Reihe von Maßnahmen zur Bekämpfung der aviären Cellulitis ergreifen, nämlich Förderung von Federreife und Befiederung, Überwachung der Besatzdichte, Verstärkung der Biosicherheit, Anpassung der Impftermine, Aktualisierung der Managementpraktiken und Sicherstellen einer guten Darmgesundheit durch den Einsatz von Probiotika. Abbildung 2. Frühzeitigere Impfungen reduzieren die Verwerfungsrate. 3,0 2,5 2,0 %
IBD-Impfung – also bereits im Brutbetrieb und nicht erst im Mastbetrieb – die meisten Ursachen für das Verwerfen von Schlachtkörpern und insbesondere die aviäre Cellulitis bei Broilern reduziert (Abbildung 2). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass es vor jeder Änderung des Impfprogramms wichtig ist, zuerst das Tierärzteteam sowie den Impfstoffhersteller zurate zu ziehen.
1,84 1,47
1,5 1,0
6. Sicherstellen einer guten Darmgesundheit E. coli, die Hauptursache der aviären Cellulitis der Broiler, ist ein opportunistischer Erreger, der im Darm der Tiere lebt und mit dem Kot in die Einstreu gelangt. Probiotika, also nützliche Bakterien, können die Mikroflora des Darms modulieren und die Verbreitung von E. coli in der Umwelt reduzieren. Durch kompetitive Verdrängung (wodurch das Anhaften von Pathogenen an die Enterozyten, also die Zellen des resorptiven Epithels des Darms, verhindert wird) und die Produktion von natürlichen antimikrobiellen Substanzen wie organischen Säuren und Bakteriozinen erschweren diese Mikroorganismen das bakterielle Wachstum und die Vermehrung von E. coli. Dadurch reduziert sich die Verbreitung von E. coli in der Umwelt, was in der Folge die Wahrscheinlichkeit einer E. coli-Infektion über Kratzverletzungen und Hautabschürfungen verringert. Eine von Estrada et al. 2001 durchgeführte Studie zeigte, dass die Verabreichung von BifidobacteriaStämmen an Broiler die Inzidenz von Cellulitis an den Schlachtkörpern reduzierte. Die mit B. bifidum behandelte Gruppe wies eine geringere Verwerfungsrate der gesamten Schlachtkörper (2,8 % vs. 4,4 %) sowie eine, in Prozent der Gesamtpopulation, geringere Inzidenz an Broiler-Cellulitis (32,1 % vs. 55,4 %) auf als die Kontrollgruppe (Abbildung 3). Schlussfolgerung Die Cellulitis der Broiler stellt weltweit eine der Hauptursachen für das Verwerfen von Schlachtkörpern
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0,5 0,0
0,87
0,78 0,37
0,3
Aerosacculitis Cellulitis Erkrankungen n Brutbetrieb
n Mastbetrieb
Quelle: Paniago, 2009
Abbildung 3. Der Einsatz von Probiotika kann das Auftreten einer Cellulitis verringern. Verworfene Schlachtkörper
B. Bifidum-behandelt8.537 Tiere
Kontrolle8,470 Tiere
77***
205
Ascites
46
42
Mutilationen
34
27
Pendelkropf
34
47
Zyanose
36
32
Nephritis
5
4
Hepatitis
4
2
Valgus-Varus-Deformation
2
3
Salpingitis
1
3
Abszesse
1
3
Peritonitis
0
1
Cellulitis
Abmagerung Gesamt ***P < 0.001. Quelle: Estrada et al., 2001
0
1
240***
370
Verstärkung der Wirksamkeit von Impfstoffen mithilfe von Synbiotika Von Wael
Abdelrahman, Technischer Berater, Geflügel-Probiotika
Neueste Erkenntnisse zeigen, dass die Unterstützung der Darmgesundheit des Geflügels mithilfe der kombinierten Verabreichung von Präbiotika und Probiotika auf der Basis von Milchsäurebakterien die Immunantwort der Tiere verbessern kann.
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ögel sind äußerst empfänglich für viele Infektionen und Krankheiten, die von einer Vielzahl an Mikroorganismen wie Bakterien, Viren, Pilzen und Parasiten verursacht werden. Die Anfälligkeit der Vögel gegenüber solchen Infektionskrankheiten ist weltweit besonders hoch in kommerziellen Geflügelbetrieben mit Intensivaufzucht. Ohne ihr effizientes Immunsystem könnten Vögel in einer solchen feindlichen Umwelt wohl kaum überleben.
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Das Immunsystem der Vögel Das Immunsystem der aviären Spezies ist ziemlich einzigartig, da sie keine Lymphknoten im herkömmlichen Sinn besitzen, sondern ein peripheres Lymphgewebe, d. h. Ansammlungen von Lymphzellen entlang des Gastrointestinaltrakts und anderer Schleimhautoberflächen. Das Gastrointestinaltrakt-assoziierte Lymphgewebe (GALT) macht etwa 65-70 % des Immunsystems der Vögel aus. Dies bedeutet, dass der Gastrointestinaltrakt neben seinen digestiven und resorptiven Funktionen auch als Hauptimmunorgan der Vögel fungiert.
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Langsamere Kolonisation durch moderne Aufzuchtpraktiken Die modernen Aufzuchtpraktiken in der heutigen Geflügelproduktion erlauben keinen Kontakt zwischen frisch geschlüpften Küken und Glucke, was die Entwicklung der Mikroflora des Darms und des Immunsystems um 3 Wochen oder mehr verzögert. Die noch mangelhaft entwickelte Darmflora öffnet der Besiedelung des Darms mit Pathogenen Tür und Tor, sodass die Küken für Infektionen und andere Krankheiten besonders empfänglich sind. Der positive Effekt von Probiotika auf die Immunität Probiotika auf der Basis von Milchsäurebakterien unterstützen das Immunsystem der Vögel auf verschiedenste Art und Weise. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Etablierung einer gesunden Darmflora und fördern zudem die rasche Reifung des Immunsystems. Das hilft den Vögeln, besser auf Impfungen anzusprechen und sich besser gegen Infektionen zu wehren. Probiotika spielen aber auch eine bedeutende Rolle beim Kampf gegen Krankheiten und Infektionen. Kommensalen und Probiotika werden immer von den Immunzellen aufgespürt, und antigenpräsentierende Zellen wie Makrophagen, dendritische Zellen und B-Zellen erkennen die nützlichen Bakterien und induzieren eine spezifische lokale Immunmodulation mit der Aktivierung von B-Zellen zur Produktion von sekretorischem IgA gegen diese nützlichen Bakterien; Letztere können als harmlos angesehen werden und sind im mukosalen und systemischen Milieu nicht entzündlich (orale Toleranz). Probiotika unterstützen die Immunzellen des Wirts dabei, Pathogene besser zu erkennen und zu eliminieren. Eine verbesserte Toleranz bedeutet, dass weniger Energie für Entzün-
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dungen aufgewandt werden muss und somit mehr Energie für das Wachstum zur Verfügung steht. Interaktion zwischen Probiotika und Impfstoff Eingehendere Untersuchungen zur Auswirkung von Probiotika auf die Impfreaktion sind in der Humanmedizin durchgeführt worden. So wurde z. B. bei Personen, die gleichzeitig mit der Impfung gegen Salmonella typhi und Cholera Probiotika auf der Basis von Lactobacillus und Bifidobacterium erhielten, im Vergleich zu jener Gruppe, die nur die Impfungen erhielt, ein deutlich größerer Anstieg der impfstoffspezifischen SerumIgA- und -IgG-Antikörpertiter beobachtet (Paineau et al., 2008, Maidens et al., 2012). In ähnlicher Weise, jedoch in geringerem Umfang, wurden diesbezügliche Untersuchungen auch bei Vögeln durchgeführt. So fanden z. B. Methner et al. (2000) heraus, dass die Verabreichung eines Lebendimpfstoffs gegen Salmonella vor oder gleichzeitig mit der Gabe von Probiotika den besten Schutz gegen eine experimentelle Belastungsinfektionen mit Salmonella bot, da sich eine stärkere Immunantwort entwickelte. Synbiotika bauen auf dem Erfolg der Probiotika auf Der Nutzen von Probiotika, also der dem Darm zuträglichen Bakterien, zur Unterstützung der Mikroflora des Darms ist gut dokumentiert. Präbiotika sind unverdauliche Nahrungsbestandteile, die sich durch selektive Stimulation von Wachstum oder Aktivität einer oder mehrerer gesundheitsfördernder Bakterien im Intestinaltrakt positiv auf die Gesundheit des Wirts auswirken. Synbiotika kombinieren Präbiotika und Probiotika, um für die Gesundheit der Tiere noch mehr Vorteile zu erzielen. Versuch mit IBD-Impfstoff Eine an der Kasetsart University, Thailand, durchgeführte Studie beurteilte die Wirkung von PoultryStar® — dem ersten in der EU zugelassenen geflügelspezifischen Mehrstamm-Synbiotikum — auf die Leistung und den Immunstatus von Broilern 14 Tage nach der Impfung gegen infektiöse Bursitis (IBD) im Vergleich zu Flavomycin, einem Antibiotikum, und einer Negativkontrolle. Im Vergleich zu den anderen Gruppen der Studie kam es in
Illu: ilyast
Natürliche Entwicklung des Immunsystems Unter normalen Umständen schlüpfen die Küken in direkter Nähe der Glucke und fressen und trinken hier, sobald sie geschlüpft sind. Die Mikroflora des Darms der Glucke kolonisiert auch den Gastrointestinaltrakt der Küken. Diese frühzeitige Fütterung und Mikroflorakolonisation wirken sich sehr positiv auf die Leistung der Vögel und auf die Reifung des Immunsystems aus.
Einer der größten Fortschritte in der Immunologie ist die Entdeckung und Verwendung von Impfstoffen, wodurch die Inzidenz vieler Krankheiten
In der modern geführten Geflügelproduktion dürfen frisch geschlüpfte Küken nicht in Kontakt mit der Glucke kommen, was die Entwicklung der Mikroflora des Darms und des Immunsystems um 3 Wochen oder mehr verzögert. 7
Verstärkung der Wirksamkeit von Impfstoffen mithilfe von Synbiotika
Tabelle 1. Leistungsparameter nach 45 Tagen und Immunstatus nach IBD-Impfprogramm. Leistungsparameter
Negativkontrolle
Positivkontrolle
PoultryStar
Anzahl der Vögel
600
600
600
Dauer (Tage)
45
45
45
Lebendgewicht (g)
1894
1979
1947
Futteraufnahme (g)
3352
3449
3358
Mortalität (%)
1.12
0.59
0.53
des
Versuchs
FVW
1.77
1.75
1.73
IBD-Titer
1281
2304
3385
PI*
235
250
249
®
*PI (Broiler Produktivitätsindex) = (Lebensfähigkeit [%] x Lebendgewicht [kg]/Alter [Tage]/ Futterverwertung) x 100 quele: BIOMIN-Studien, Kasetsart University, Thailand, 2005
Abbildung 1. Wirkung der Verabreichung von PoultryStar® auf die ND-Impftiter an Tag 35 und 42 im Vergleich zur Kontrollgruppe.
Durchschnittliche ND-Titer
Tag 35 4000 3500 3000 2500
2118,5
2038,5
2000 1500 1000 500 PoultryStar®-Gruppe
Negative Kontrollgrouppe
Durchschnittliche ND-Titer
Tag 42 4500 4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500
4228,5
2758,5
PoultryStar®-Gruppe Negative Kontrollgrouppe Quelle: BIOMIN-Studien, Poulpharm, Belgien, 2014
der mit PoultryStar® behandelten Gruppe zu einer Leistungssteigerung sowie zu erhöhten IBD-Antikörpertitern, was auf eine Heraufregulierung des Immunstatus der Vögel hinweist (Tabelle 1). Versuch mit IBV- und ND-Impfstoff Eine ähnliche Wirkung auf die Impfreaktion wurde in einer vor kurzem
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durchgeführten Feldstudie beobachtet: Die Vögel wurden auf zwei Räumlichkeiten aufgeteilt, und in jedem Stall wurden jeweils zwei Gruppen gebildet, und zwar eine PoultryStar®-Gruppe und eine Kontrollgruppe. Am ersten Tag erhielten die Tiere aller Gruppen in der Brüterei eine Impfung gegen die Newcastle-Krankheit (ND) und die infektiöse Bronchitis (IBV), gefolgt von einer weiteren ND-Impfung an Tag 15. Die ND-Titer waren an Tag 35 und 42 bei den mit Synbiotika behandelten Tieren höher als in den unbehandelten Gruppen (Abbildung 1). Es bleibt noch viel zu entdecken Auf welche Art und Weise Synbiotika die Impfreaktion unterstützen, ist noch nicht gänzlich geklärt. Möglicherweise beruhen die positiven Wirkungen der Synbiotika auf der Tatsache, dass Probiotika wie Impfstoffadjuvantien wirken (Steuerung der Immunantwort) und quasi als Vermittler die Rückkehr zur Gewebehomöostase nach einer Belastung mit dem Pathogen erleichtern. Zudem beeinflusst auch die Diversität und Zusammensetzung der Mikroflora des Darms unter Umständen die Wirksamkeit oral verabreichter Impfstoffe. Die Tatsache, dass es in bestimmten geografischen Regionen nach der Impfung nicht zur Entwicklung einer belastbaren Immunität kommt, mag unter anderem auch auf die Zusammensetzung der intestinalen Mikroflora zurückzuführen sein (Valdez et al., 2014). Die Kombination von Probiotika mit Impfstoffen hat einen positiven Effekt den Organismus, manchmal aber auch keine Wirkung, da die Immunantwort von den verwendeten probiotischen Stämmen abhängt (Maidens et al., 2012). Schlussfolgerung Bei dem steigenden Interesse für den Einsatz von Probiotika in der Nutztierproduktion ist es wichtig zu verstehen, welche Rolle diese Mikroorganismen für die Modulation des Immunsystems der Vögel spielen. Obwohl diese immunmodulierenden Eigenschaften noch nicht vollständig erforscht sind, sind Probiotika in der Lage, die Immunantwort der Vögel nach einer Impfung zu steigern.
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Was stimmt nicht mit meinem Geflügel? Teil 5: Läsionen am Schlachtkörper Der Entscheidungsfindungsprozess der Verbraucher beim Kauf von Geflügelprodukten orientiert sich weitgehend an Aussehen, Hygiene und Geschmack. Um garantieren zu können, dass nur die beste Qualität zum Konsumenten gelangt, sollten verschiedene Prozesse etabliert und entsprechend vollzogen werden. Die amtstierärztlichen Kontrollen am Schlachthof sollen garantieren, dass die Geflügelschlachtkörper frei von Krankheiten und fäkaler Kontamination sind. Sollte eine Krankheit oder eine fäkale Kontamination (oder beides) vorliegen, werden die Schlachtkörper verworfen und aus der Nahrungskette entfernt. Läsionen/Blutungen an der Karkasse sind eine von mehreren Ursachen für das Herunterstufen wegen verminderter Qualität bzw. das Verwerfen der Schlachtkörper direkt am Schlachthof. Blutergüsse sind die Folge von geplatzten Blutgefäßen und dem nachfolgenden Versickern des Blutes in benachbartes Gewebe, ohne dass eine offene Hautverletzung vorliegt. Es ist schwer zu sagen, ob derlei Läsionen bereits im Betrieb oder beim Transport oder aber am Schlachthof entstanden sind. Aus diesem Grund werden größere finanzielle Verluste in der Regel vom Schlachthof übernommen. Laut wissenschaftlicher Fachliteratur kann die Färbung der Läsion einen Hinweis auf das Alter der Verletzung liefern, wobei rote bis dunkelrote Verfärbungen auf frische Blutergüsse (≤ 12 Stunden) hinweisen, während hellgrüne, gelblich-orangefarbene und gelbe Verfärbungen für ältere Läsionen (≥ 24 Stunden) sprechen. Etwa 90 % der Läsionen entstehen 12-24 Stunden vor der Verarbeitung. Die am häufigsten betroffenen Körperteile sind Brust, Flügel und Beine. Mögliche Ursachen sind eine ungeeignete Besatzdichte im Endmastbetrieb und/oder eine schlechte Einstellung der Geräte zum Anhängen der Tiere an die Schlachtlinie bzw. der Rupfmaschinen. Inadäquate Betäubung (Stromstärke, Stromflusszeit) kann zu petechialen Blutungen führen, die in der Regel an Brust und Beinen auftreten. Das Vorliegen von Pathogenen im Betrieb wie dem IBD-Virus (infektiöse Bursitis/ Gumboro-Krankheit) kann zu einer vermehrten Schwäche der Kapillargefäße und dadurch zu Blutergüssen am Schlachtkörper führen. In ähnlicher Weise kommt es durch Mykotoxinbefall (Aflatoxine etc.) zu einer erhöhten Fragilität der Kapillaren, sodass bereits leichtere Berührungen zu Blutergüssen führen. Derlei Läsionen treten für gewöhnlich an den Schenkeln auf.
Checklist
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Cut & Keep
Checkliste
Korrekturmaßnahmen
Mögliche Ursache: MANAGEMENT: Betäubungssystem • Stromstärke
• S tromstärke und Stromflusszeit korrigieren
• Stromflusszeit Mögliche Ursache: PATHOGENE: Infektiöse Bursitis (IBD/Gumboro-Krankheit) • Blutflecken, hauptsächlich an Beinen und Brust • Sektionsbefund: Bursa Fabricii geschwollen, vergrößert und blutig • Maternale Antikörpertiter sind bei Eintagsküken sehr niedrig • Impfprogramm für Bruthennen implementieren/korrigieren
• Wechsel von Impfstoff mit schwacher Impfreaktion zu Impfstoff mit starker Impfreaktion • Impfzeitpunkt (Alter) korrigieren (Deventer-Formel) • Biosicherheitsniveau verbessern
Mögliche Ursache: MYKOTOXINE: Aflatoxine • Futterrohstoffe (ELISA) oder Futter (HPLC) positiv getestet
• Durchschnittliches Kontaminationsniveau überprüfen.
• Tiere zeigen Symptome ähnlich wie bei Gelbsucht, sind dehydriert und abgemagert. Violett-rötliche Bereiche am Schlachtkörper vorhanden
• Anwendung von Mycofix® in korrekter Dosierung
• Rohmaterialien von Lieferanten/Regionen mit früherer Aflatoxin-Kontamination
• Keine Verwendung von Futtertrögen oder Futter-/Wasserleitungen, die durch altes, nasses oder schimmeliges Futter kontaminiert sind
• Histopathologie: Andere Zielorgane untersuchen (z. B. Leber) • Verminderte Gesamtleistung der Herde Mögliche Ursache: MANAGEMENT: Besatzdichte • Hohe Besatzdichte in der Endmast
• Besatzdichte anpassen
Mögliche Ursache: MANAGEMENT: Anhängen an die Schlachtlinie • Mangelhaftes Verfahren
Hinsichtlich der Mykotoxin-bezogenen Probleme können Präventivmaßnahmen ergriffen werden, und zwar in Form eines geeigneten Mykotoxin-Risikomanagements, das auf ergänzenden Strategien zur Neutralisierung
• Einstellung der Geräte zum Anhängen an die Schlachtlinie bzw. der Rupfmaschinen korrigieren der Mykotoxine basiert (Biotransformation, Adsorption, Bioprotektion), um so die für das Tier toxischen Wirkungen zu eliminieren und gleichzeitig einen Schutz von Leber und Immunsystem zu gewährleisten.
Für weitere Informationen besuchen Sie bitte die Webseite www.mycotoxins.info
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HAFTUNGSAUSSCHLUSS: Diese Tabelle enthält allgemeine Empfehlungen zu häufigen Geflügelkrankheiten, die unter Umständen mit einer Mykotoxinkontamination des Futters in Zusammenhang stehen. Erkrankungen und Probleme von Geflügel umfassen die in der Tabelle angegebenen Krankheiten, sind aber nicht auf diese beschränkt BIOMIN übernimmt keinerlei Verantwortung oder Haftung für Umstände, die sich aus der Verwendung dieser Tabelle ergeben oder mit der Verwendung der Tabelle oder ihres Inhalts in Verbindung stehen. Vor der Umsetzung einer der in dieser Tabelle angegebenen Empfehlungen ist tierärztlicher Rat einzuholen.
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