Ausgabe 31 • Geflügel
Heisse Hühnchen gut gewürzt Die schädliche Wirkung von Endotoxinen
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Was stimmt nicht mit meinem Geflügel? Teil 7: Hühnergicht
Editorial Bald ist es Sommer Wenn es in der nördlichen Hemisphäre im Frühling grünt und blüht, kommen nicht nur erste Gedanken an den Sommerurlaub auf, sondern auch daran, wie wir mit der übermäßigen Hitze im Hühnerstall zurechtkommen werden. Mit trockener Hitze kann man noch fertig werden, doch je höher die Luftfeuchtigkeit ansteigt, desto schwieriger wird die Situation. Auch in Ländern, von denen wir annehmen, dass heißes Wetter nicht mit hoher Luftfeuchtigkeit einhergeht, kann letztere doch höher als erwartet werden und die Situation verschlimmern. Die Folgen von Hitzestress reichen von verminderter Futteraufnahme und reduzierter Leistung bei Bruthennen, Broilern und Legehennen über Immunsuppression bis zum möglichen Verenden der Tiere. Dr. Tan widmet sich in dieser Ausgabe dem Hitzestress und den Möglichkeiten, diesen mithilfe von Managementund Ernährungsmaßnahmen zu reduzieren. Die Geflügelindustrie wird sich immer mehr der Auswirkungen von natürlich vorkommenden Endotoxinen auf die Leistung der Tiere bewusst. Diese Endotoxine entstehen beim Zerfall der Zellwand gramnegativer Bakterien im Darm. Ein weiterer Aspekt von Hitzestress ist die Tatsache, dass ein Anstieg der inneren Körpertemperatur um nur 1-2 °C bei manchen Spezies die Permeabilität der Darmschleimhaut erhöht, was möglicherweise auf eine Schwächung der Tight Junctions zurückzuführen ist. Dies kann zur Folge haben, dass mehr Endotoxine in den Blutkreislauf gelangen. Das Thema Endotoxine wird im zweiten Artikel von Dr. Schaumberger behandelt. Schließlich befasst sich die Serie „Was stimmt nicht mit meinem Geflügel“ mit Ernährungsfaktoren, die einen Anstieg der Gichterkrankungen zu fördern scheinen. Dies ist insbesondere in der frühen Legeperiode kommerziell gehaltener Legehennen von Bedeutung.
Andrew ROBERTSON Technischer Leiter Geflügel
Science & Solutions • Ausgabe 31
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Inhaltsverzeichnis Heisse Hühnchen gut gewürzt: Phytogene für hitzegestresstes Geflügel
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Sowohl in warmen wie auch kühleren Klimazonen helfen phytogene Futterzusätze, die negativen Auswirkungen von Hitzestress zu mildern. Von Justin TAN, DVM
Endotoxine und ihre negativen Auswirkungen auf Geflügel
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Lipopolyssaccharide können das Immunsystem und die Leistung des Geflügels beeinträchtigen. Eine praktikable Lösung kann die Adsorption sein. Von Simone Schaumberger, PhD
Cut & Keep
Checklist
Was stimmt nicht mit meinem Geflügel?
Teil 7: Hühnergicht
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Eine nützliche diagnostische Checkliste mit Symptomen, Ursachen und Therapien. Science & Solutions ist eine monatlich herausgegebene Veröffentlichung der BIOMIN Holding GmbH, die kostenlos an unsere Kunden und Partner verteilt wird. Jede Ausgabe von Science & Solutions präsentiert Themen zu den aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Tierernährung und Gesundheit und konzentriert sich jedes Vierteljahr auf eine Tierart (Geflügel, Schwein oder Wiederkäuer). ISSN:2309-5954 Eine digitale Kopie und weitere Informationen finden Sie unter: http://magazine.biomin.net Wenn Sie an Nachdrucken von Artikeln interessiert sind oder Science & Solutions abonnieren möchten, wenden Sie sich bitte an magazine@biomin.net Editor: Ryan Hines Mit Beiträgen von: Andrew Robertson, Simone Schaumberger, Justin Tan, Luca Vandi Marketing: Herbert Kneissl, Karin Nährer Graphics: GraphX BIOMIN Holding GmbH Research: Franz Waxenecker, Ursula Hofstetter, Paolo Doncecchi Publisher: BIOMIN Holding GmbH Erber Campus, 3131 Getzersdorf, Austria Tel: +43 2782 8030 www.biomin.net ©Copyright 2017, BIOMIN Holding GmbH Alle Rechte vorbehalten. Mit Ausnahme der im Copyright, Designs and Patents Act von 1988 genannten Regelungen darf kein Teil dieser Veröffentlichung ohne schriftliche Genehmigung des Inhabers des Urheberrechts in irgendeiner materiellen Form für kommerzielle Zwecke vervielfältigt oder kopiert werden. Alle hierin enthaltenen Fotos sind Eigentum der BIOMIN Holding GmbH oder werden unter einer Lizenz verwendet. Printed on eco-friendly paper: Austrian Ecolabel (Österreichisches Umweltzeichen) BIOMIN is part of ERBER Group
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Heisse Hühnchen gut gewürzt Phytogene für hitzegestresstes Geflügel Von Justin TAN, Regionaldirektor Verkauf & Marketing, Asien-Pazifik-Raum
Hohe Temperaturen sind den Leistungen der Tiere abträglich und bedeuten Gewinneinbußen für die Produzenten. Unter extremen Bedingungen leiden alle Geflügelrassen bis hin zum Tod. Phytogene Futterzusätze im Geflügelfutter tragen dank ihrer entzündungshemmenden und antioxidativen Wirkungen dazu bei, die negativen Auswirkungen von Hitzestress zu mildern.
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Science & Solutions • Ausgab 31
G
Überschreiten der oberen kritischen Grenze Für jedes Produktionsstadium und jede Spezies gilt, dass Hitzestress dann vorliegt, wenn es den Tieren Schwierigkeiten bereitet, die körpereigene Wärmeproduktion und die Wärmeabgabe auszubalancieren. Innerhalb der thermoneutralen Zone (Abbildung 1) sind Vögel in der Lagekontrolliert Körperwärme nur durch Verhaltensmodifikationen, abzugeben. Zu diesem Zeitpunkt besteht kein Hitzestress und ihre Körpertemperatur bleibt konstant. Bei oder über der oberen kritischen Temperatur beginnen die Vögel zu hecheln, um aktiv Körperwärme abzugeben. Hecheln ist eine normale Reaktion des Organismus auf Hitze. Steigen die Temperaturen jedoch weiter, wird gleichzeitig das Hecheln stärker. Übersteigt die Wärmeproduktion des Körpers, sei es in Intensität (akuter Hitzestress)
Ein Magazin von BIOMIN
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eflügelproduzenten haben sich mit den Herausforderungen durch Hitzestress entweder nur saisonal oder ganzjährig auseinander zu setzen. Das heute in warmen und feuchten Ländern gehaltene Geflügel stammt genetisch Rassen ab, die ursprünglich in den kühlen Klimazonen Europas und Nordamerikas gezüchtet und dafür selektiert wurden. Die Aufzucht außerhalb ihrer thermischen Komfortzone kann bedeuten, dass das vorhandene genetische Potenzial der Tiere nicht umgesetzt werden kann. Produzenten in wärmeren Regionen ebenso wie die in kühleren Klimazonen, die die Stalltemperaturen eher nach ihrem eigenen thermischen Komfortempfinden einrichten und nicht nach dem ihres Geflügels, sollten die Folgen von Hitzestress für ihre Herden nicht außer Acht lassen.
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Phytogene für hitzegestresstes Geflügel
Abbildung 1. Thermoneutrale Zone und die Folgen von Hitzestress.stress. Untere kritische Temperatur
Obere kritische Temperatur
• Wärmeverlust wird durch normales Verhalten reguliert
Starkes Hecheln
bar29
Wärmeverlust Leichtes Hecheln Erschöpfung › › ›
Steigende Umgebungstemperatur
› › ›
Abbildung 2. Tagesleistung von Hühnern und Stalltemperaturen. 50
100
45
80 70
40
60
35
50 40
30
30
25
20
Stalltemperatur
% Tägliche Legeleistung
90
20
10 0
15 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 43 45 47 49 51 53 55 57 59 61 63 Alter in Wochen n Kontrolle
n Digestarom®
Quelle: BIOMIN
oder in Dauer (chronischer Hitzestress), die maximal mögliche physiologische Wärmeabgabe, beginnen die Vögel schnell zu verenden. Die Körpertemperatur von Broilern sollte ziemlich genau 41 °C betragen. Steigt die Körpertemperatur über 45 °C, kommt es rasch zum Tod. Strategien zum Bewältigen von Hitzestress Um Hitzestress vorzubeugen, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden (Tabelle 1). Es gibt Tabelle 1. Maßnahmen gegen Hitzestress. Eine an die Besatzdichte angepasste Belüftung des Stalls Reduzierung der Besatzdichte Ausreichende Isolierung des Stalldachs zur Vermeidung des Aufheizens durch die Sonneneinstrahlung Aufstellen von Ventilatoren zur Optimierung der Luftgeschwindigkeit und -zirkulation Einsatz von Verdunstungskühlern oder Vernebelungssystemen Aufrechterhaltung der Wasser-/Elektrolytbalance Vitaminsupplementierung Quelle: BIOMIN
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› › ›
› › ›
eine Reihe von Möglichkeiten für ernährungs- und fütterungsassoziierte Strategien. Hitzestress induziert ungünstige Veränderungen der heimischen bakteriellen Mikrobiota. Die Verwendung von Mehrstamm-Probiotika kann die Diversität der Mikrobiota im Jejunum und Zäkum der Tiere wieder anreichern, so das mikrobielle Gleichgewicht wieder herstellen und die natürliche Stabilität erhalten. Eine temporäre Futterrestriktion vor der Hitzeexposition kann die thermische Widerstandsfähigkeit der Broiler verbessern. Futterentzug reduziert die Wärmeproduktion der Tiere, das Ansteigen der Körpertemperatur wird verzögert und damit die Mortalität von Broilerküken verringert. Diese Strategie kann allerdings eine verringerte Wachstumsrate nach sich ziehen, die Mastphase verlängern und das Erreichen des Schlachtalters hinauszögern. Ein duales Fütterungsprogramm ist eine weitere Strategie, die bei Broilern eingesetzt wird. Dieses Programm beinhaltet ein proteinreiches Futter für die kühlere Tageszeit und ein energiereiches Futter für die heißen Stunden des Tages. Durch die adäquate anteilige Fütterung beider Rationen wird eine ausgewogene Ernährung sichergestellt. Bei Hitzestress - Belastung reduziert eine duale Fütterung sowohl die Körpertemperatur als auch die Mortalität. Bei Legehennen mildert eine teilweise Futterrestriktion oder ein kontrolliertes Fütterungsregime die negativen Auswirkungen von Hitzestress auf die Legeleistung. Die Änderung der Fütterungszeiten von zweimal täglich auf nur einmal pro Tag wirkt sich günstig auf die Leistung von Legehennen aus. Die beste Fütterungszeit wäre in diesem Fall der Nachmittag, kurz vor Sonnenuntergang. Legehennen erhalten in der Regel Mehlfutter. Zu überlegen wäre für die Sommermonate jedoch Futter in Pelletform. Obwohl die Futteraufnahme durch die Pelletierung verändert wird, lassen sich jedoch Eiproduktion, Futterverwertung und Wasseraufnahme der Legehennen signifikant steigern. Wahrscheinlich sind die gesteigerte Wasseraufnahme und die verbesserte Verdaulichkeit des Futters für den vorteilhaften Effekt der
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Justin TAN Regionaldirektor Verkauf & Marketing, Asien-Pazifik-Raum
Maximaler Wärmeverlust Vögel können ihre Körpertemperatur nicht regulieren
Tod durch Hitze
Abbildung 3. Versuchsparameter und Ergebnisse einer Hitzestressstudie bei kommerziellen Legehennen. Kontrolle
Digestarom®
Absolute Differenz
Versuchswochen
n
41
41
Durchschnittl. Legerate
%
86,9
89,2
Produzierte Eier
n
249,5
256,0
+ 6,5
Durchschnittl. Anzahl schmutziger Eier
%
9,88
9,80
- 0,08
%
0,64
0,65
+ 0,01
g/Tier/Tag
114
107
-7
Durchschnittl. Anzahl rissiger Eier Durchschnittl. Futteraufnahme Durchschnittl. Eigewicht Produzierte Eimasse
+ 2,3
g
62,71
63,01
+ 0,3
kg/Henne/287 d
15,65
16,13
+ 0,48
2,10
1,91
- 0,19
Futterverwertung (FCR) Quelle: BIOMIN
Pelletfütterung verantwortlich. Broilerküken bevorzugen bei hohen Temperaturen Futter mit größeren Partikeln. Wird Mais in ganzen Körnern gefüttert, nehmen die Broiler mehr Protein auf und zeigen eine bessere Futterverwertung. Phytogene zur Bekämpfung von Hitzestress Phytogene Futterzusätze (auch als PFA oder Botanicals bezeichnet) sind in der Lage, die negativen Folgen von Hitzestress abzufedern. In Deutschland wurde vor kurzem eine Studie mit einer Herde Lohmann-Brown-Classic- durchgeführt, deren Legeperiode in die frühen Sommermonate, also die Zeit hoher Stalltemperaturen, fiel. Die Tiere wurden in zwei Gruppen aufgeteilt, wobei die Kontrollgruppe eine Basisration erhielt, während die Versuchsgruppe die selbe Basisration, jedoch supplementiert mit Digestarom® Poultry (einem phytogenen Futterzusatz) in der Dosierung von 150 g/t Futter erhielt. Der Versuch lief von 23 Wochen bis 63 Wochen Herdenalter. Die Wirkungen des phytogenen Futterzusatzes während der Hitzestressperiode sind in der nachstehenden Abbildung 2 dargestellt. Während der gesamten 41 Wochen der Studie war die Leistung der Gruppe, deren Futter mit Digestarom® supplementiert wurde, dauerhaft besser als die der Kontrollgruppe. Die Eiproduktion pro Henne und Tag war auch Mitte der Hitzestressperiode höher als bei den Kontrolltieren, und zwar trotz höherer Stalltemperaturen aufgrund der schlechten Isolierung
Ein Magazin von BIOMIN
und Belüftung des älteren Stallgebäudes, in dem die Versuchsgruppe aufgestallt war. Die durchschnittliche Eiproduktion pro Henne und Tag lag in der Digestarom® Gruppe bei 89,2 % im Vergleich zu 86,9 % in der Kontrollgruppe. Dies bedeutet eine Steigerung der Legerate um 2,3 % in der Digestarom® Gruppe. Auch die Futterverwertung zeigte sich bei den Vögeln, die das mit dem phytogenen Zusatzstoff supplementierte Futter erhielten, um 19 Punkte verbessert. Auch die Eimasse und das durchschnittliche Eigewicht waren in dieser Gruppe höher (Abbildung 3). Die Rendite für den Eiproduzenten betrug 1:7. Schlussfolgerung In einem kommerziellen Legebetriebs half Digestarom® während einer Hitzestressperiode bei der Aufrechterhaltung der Produktionsspitze. Die mit Digestarom® gefütterten Hennen hatten eine bessere Legeleistung, eine bessere Futterverwertung, eine verbesserte Futterverwertung sowie einen besseren Gesundheitszustand ohne jegliche Krankheitsausbrüche und erbrachten höhere Rentabilität und höheren Profit. Dank der wissenschaftlich belegten Wirkungsweise und des einzigartigen Nutzens für das Geflügel trug Digestarom® erfolgreich dazu bei, Hitzestress entgegen zu wirken, damit einmal mehr sein Potenzial als Futterzusatz der nächsten Generation - für eine innovative Geflügelernährung und einen höheren Profit für die Produzenten - aufzeigend.
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Photo: JeffHower
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Science & Solutions • Ausgabe 31
Endotoxine und ihre negativen Auswirkungen auf Geflügel Von Simone Schaumberger, Produktmanagerin Mykotoxin-Risikomanagement
Endotoxine sind überall im Umfeld von Broilern vorhanden und stellen eine echte Bedrohung dar, weil sie das Immunsystem und die Leistung der Tiere beeinträchtigen. Die Lösung in Form einer Mehrfachstrategie des (Myko)Toxin-Risikomanagements kann sowohl Endotoxine als auch Mykotoxine bekämpfen.
Endotoxinkontamination - warum wir uns Sorgen machen sollten Geflügel ist während seines gesamten Lebens Lipopolysacchariden ausgesetzt. Bei gesunden Vögeln stellen das Darmepithel sowie andere Epithelien wie Haut oder Lungenepithel eine effiziente Barriere gegen das Eindringen von Lipopolysacchariden in den Blutkreislauf dar. Sind die Endotoxine jedoch erst einmal in das Blut gelangt, können sie eine starke Immunantwort auslösen, das Immunsystem des Vogels schwächen und die Leistung beeinträchtigen. Eine extrem starke Immunantwort kann zum septischen Schock führen. Neuere Forschungsarbeiten belegen, dass die Exposition gegenüber den im Staub der Umwelt vorhandenen Lipopolysacchariden die Immunantwort der Tiere schwächt und somit die Widerstandskraft gegen Angriffe von Erregern herabsetzen kann. Aus diesen Gründen ist es für die Aufrechterhaltung der Gesundheit und Leistung der Tiere von entscheidender Bedeutung, den Endotoxinen mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Ein Magazin von BIOMIN
Abbildung 1. Endotoxin gramnegativer Bakterien (Lipopolysaccharid, LPS). Kern-Glycolipid O-spezifische Polysaccharidkette
Lipid A n
O-spezifische OligosaccharidUntereinheit
Herdenexposition In den letzten Jahren sind neue Bedenken hinsichtlich ernährungs- und umweltbedingter sowie sozialer Faktoren aufgetaucht, die die Barrierefunktion stören bzw. die Lipopolysaccharidexposition erhöhen können. Eine solche Exposition kann zu klinischen oder subklinischen Symptomen führen, die letztendlich die Geflügelproduktion beeinträchtigen. Septischer Schock steht oft in Zusammenhang mit Infektionen durch pathogene gramnegative Bakterien, die Lipopolysaccharide produzieren. Dennoch kann das Vorhandensein von Lipopolysacchariden im Blut auch auf Stoffwechselstörungen oder Probleme bei der Darmbarriere in Verbindung mit unausgewogener Darmflora zurückzuführen sein. Da viele dieser Faktoren von Tier zu Tier variieren, ist es die Kombination dieser Faktoren als Ganzes, die in einer Herde zu unterschiedlichen negativen Auswirkungen führt. Futterumstellungen spielen diesbezüglich eine wichtige Rolle. So hat es sich zum Beispiel gezeigt, dass die Umstellung der Vögel von einer auf Mais basierenden Ernährung auf ein aus Roggen-Weizen-Gerste bestehendes Futter eine Erhöhung der Lipopolysaccharidkonzentrationen im Blutserum sowie von Entzündungsmarkern bewirkt.
(äußeres) (inneres) Kern-Oligosaccharid
Photo: Sebastian Kaulitzki
E
ndotoxine sind Teil der äußeren Membran der Zellwand von gramnegativen Bakterien (z. B. E. coli, Salmonella, Shigella, Pseudomonas) und werden von der Zellwand der Bakterien ausgeschieden oder durch bakterielle Lyse freigesetzt. Diese Toxine werden aufgrund ihrer Struktur, die aus einem Lipid und einem Polysaccharid besteht, auch Lipopolysaccharide (LPS) genannt (Abbildung 1). Obwohl es viele natürliche Endotoxinquellen gibt, wie z. B. Luft, Staub, Futter, Wasser und Fäzes, ist die Hauptquelle doch der Gastrointestinaltrakt.
Endotoxinexposition kann zu klinischen oder subklinischen Symptomen führen, die sich letztlich nachteilig auf die Geflügelproduktion auswirken.
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Endotoxine und ihre negativen Auswirkungen auf Geflügel
Abbildung 2. Endotoxingehalt im Muskelmagen (EU/ml). 400 336a
350 300
[EU/mL]
250 200
143b
150 100 50 0
n Kontrollgruppe n Mycofix® Select
Quelle: BIOMIN
Auch andere Faktoren können signifikant zu Endotoxin-assoziierten Problemen beitragen. So können hohe Sommertemperaturen in den Geflügelställen zu Hitzestress führen. Bei anderen Nutztierspezies gilt es bereits als anerkannt, dass ein Ansteigen der inneren Körpertemperatur um 1-2 °C zu einer Beeinträchtigung der intestinalen Tight Junctions führt, wodurch die Permeabilität der Darmwand steigt und mehr Lipopolysaccharide in den Blutkreislauf gelangen können. Ob dieser Mechanismus auch für Geflügel zutrifft, ist derzeit Gegenstand von wissenschaftlichen Untersuchungen. Der in manchen Ländern noch übliche Einsatz von Antibiotika in subtherapeutischen Dosen lässt nicht nur Bedenken hinsichtlich der Resistenzbildung gegen Antibiotika aufkommen, sondern auch bezüglich der Veränderung der Darmflora und der als logische Folge des Abtötens gramnegativer Bakterien resultierenden Freisetzung von Lipopolysacchariden in das Darmlumen. Zusätzlich ist es eine bekannte Tatsache, dass Mykotoxine wie Deoxynivalenol die Darmbarriere schädigen. Die große Anzahl und Vielfalt an Faktoren, die
mit der Lipopolysaccharidexposition in Zusammenhang stehen, mag auch erklären, warum es bei den Vögeln zu so unterschiedlichen Auswirkungen kommen kann. Reduzierung der Lipopolysaccharide bei Vögeln Eine vor Kurzem durchgeführte Studie hatte das Ziel zu untersuchen, welchen Einfluss ein Mykotoxin-deaktivierender Multi-Komponenten-Futterzusatz (Mycofix® Select) auf die Leistung und den Gesundheitszustand von Broilerküken hat, die in einem Umfeld mit hohem Infektionsdruck (E. coli) ein natürlich mit Mykotoxinen kontaminiertes Futter erhielten. Mehr als 600 000 Eintags-Broilerküken (Ross oder Hubbard) wurden in dieser Feldstudie untersucht. Die Tiere wurden drei verschiedenen Betrieben zugeteilt. In jedem Betrieb verglich man jeweils zwei Ställe (Kontrolle vs. Mycofix®). In jedem Produktionszyklus blieben die Tiere bis zum Alter von 35 Tagen. Das Futter enthielt eine aus Typ-B-Trichothecenen wie Deoxynivalenol (200 ppb), Fumonisinen (470 ppb) und Zearalenon (75 ppb) bestehende Mischung aus Mykotoxinen. Neben der Aufzeichnung der Leistungsparameter wurden zur Beurteilung der Endotoxinbelastung auch Proben des Magen-Darm-Inhalts genommen. Die Ergebnisse der Endotoxinkonzentration im Mageninhalt der Broiler zum Ende der Studie sind in Abbildung 2 dargestellt. Schlussfolgerung Der Mykotoxin-deaktivierende Multi-Komponenten-Zusatz zum Futter erwies sich als effektiv bei der Bekämpfung einer geringen Mykotoxinbelastung bei bestehendem Infektionsdruck durch E. coli. Die Gesamtleistung der Broilerküken wurde verbessert, die Endotoxinbelastung im Darm reduziert und die negativen Auswirkungen von E. coli abgeschwächt. Diese Ergebnisse unterstreichen einmal mehr, wie wichtig es ist, den Auswirkungen von Endotoxinen entgegenzuwirken, um so die Gesundheit der Tiere zu schützen und die Leistung zu verbessern.
Photo: r_drewek
Umwelt und Endotoxinexposition
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Während die Hauptroute für die Lipopolysaccharidexposition beim Geflügel der Gastrointestinaltrakt ist, sollte die Konzentration von Endotoxinen in der Luft und im Staub dennoch nicht außer Acht gelassen werden. Endotoxine sind schließlich eine der Hauptkomponenten von biologischem Staub. Der Endotoxingehalt der Luft ist nicht nur für Tiere ein wichtiges Thema, sondern auch für alle, die in Geflügelställen arbeiten. Die höchsten Konzentrationen aerogener Endotoxine in Nutztierproduktionseinrichtungen wurden mit Werten von 310 bis 1090 ng/m3 Luft in Geflügelbetrieben gemessen. Dies unterstreicht die Wichtigkeit eines guten Managements hinsichtlich Hygiene und Staubbelastung im Betrieb sowie spezifischer Schutzmaßnahmen wie z. B. Feinstaubmasken für die dort tätigen Personen.
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Cut & Keep
Checklist
Was stimmt nicht mit meinem Geflügel? Teil 7: Hühnergicht/Nierenversagen
Gicht ist die Folge einer Nierenschädigung, die vielfältige Ursachen haben kann und zu einer Ablagerung von Harnsäure/Uraten in den Nierentubuli und den serösen Häuten von Herz, Leber, Mesenterium, Luftsäcken oder Peritoneum führt. Aufgrund ihrer komplexen Ätiologie ist die Diagnose der Hühnergicht schwierig. Häufigste Symptome sind Dehydratation, blasser Kamm, Depression und Schwellung sowie Rötung der Zehengelenke, sodass die Tiere Probleme haben, sich zu bewegen. Bei Legehennen, bei denen diese Erkrankung hauptsächlich beobachtet wird, kann die Gicht bis zu 50 % Verlustrate führen. Betroffen sind vorwiegend Hennen im Alter von 19-35 Wochen. Die Ursachen dafür sind vielfältig (siehe Tabelle rechts) und reichen von Managementbzw. Ernährungsfehlern über Pathogene bis zu Mykotoxin-kontaminiertem Futter. Die Ernährung betreffend ist besonders auf das richtige Kalzium/Phosphor – Verhältnis, Natrium und Vitamin D3 zu achten. Generell fördern alle Bedingungen, aus denen eine Erhöhung der Harnsäure im Blut resultiert, deren Ablagerung im Gewebe und somit die Entwicklung der Gicht. Zu hoher Kalziumgehalt des Futters bei gleichzeitig wenig verfügbarem Phosphor führt zur Ausfällung von Natriumurat-Kristallen und Kalziumpyrophosphat (Pseudogicht). Bei jüngeren Vögeln kann Gicht aufgrund einer Natriumintoxikation beobachtet werden, wenn die Natriumgehalte im Tränkewasser 0,4 % und im Futter 0,8 % übersteigen. Auch zu hohe Gehalte an Vitamin D3 können die Kalziumresorption aus dem Darm steigern und so die Bildung und Ablagerung von Uratkristallen fördern. Eine weitere ernährungsbedingte Ursache sind Proteingehalte im Futter, die 30 % übersteigen. Die Menge der produzierten Harnsäure führt zu einer Überlastung der Ausscheidungskapazität der Nieren. Gleichzeitig reduzieren Sulfate die Kalziumresorption, sodass es zu einer Ausscheidung des überschüssigen Kalziums mit dem Harn kommt. Dies begünstigt die Entwicklung von Gicht, ebenso wie jeglicher Faktor, der zur Alkalinität des Harns beitragen. Mangelnde Wasseraufnahme fällt auch in diese Kategorie, denn sie bewirkt erhöhte Konzentrationen von Harnsäure und anderen Mineralstoffen im Blut und später auch in den Nieren und im Harn. Viruserkrankungen wie die Infektiöse Bursitis (IBDV) und/oder die Infektiöse Bronchitis können bei bestehender Vorschädigung der Nieren die Mortalitätsrate erhöhen. Bezüglich der Belastung des Futters mit Mykotoxinen geben die nephrotoxischen Aflatoxine (Afla), Ochratoxin A (OTA) und Citrinin den größten Anlass zur Sorge. Die Nierenschädigungen, die aufgrund der Wirkung dieser Mykotoxine entstehen, bewirken eine reduzierte Harnsäureausscheidung, sodass sich die Harnsäure im Körper akkumuliert wird.
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Check list
Korrekturmaßnahmen
Mögliche Ursache: MYKOTOXINE: Ochratoxin A (OTA), Citrinin, Aflatoxine (Afla) • Positiv auf Afla, Citrinin und/oder OTA in Rohmaterialien (ELISA) oder Futter (HPLC)
• Durchschnittliches Kontaminationsniveau überprüfen
• Rohmaterialien von Lieferanten/Regionen mit historischer Mykotoxinkontamination
• Einsatz von Mycofix® in korrekter Dosierung
• Histopathologie: Untersuchung anderer Ziel organe dieser Mykotoxine (z. B. Nieren, Leber)
• Keine Verwendung von Futtertrögen oder Futter-/Wasserleitungen, die durch muffiges, nasses oder schimmeliges Futter kontaminiert sind
• Leistungsabfall bei der gesamten Herde
Mögliche Ursache: ERNÄHRUNG: Kalzium, Natrium, Vitamin D3 • Mineralstoff- und Vitamingehalt des Futters
• Gehalte an Mineralstoffen und Vitamin D3 korrigieren • Einsatz von Fischmehl überprüfen (salzreich) • Gesamtgehalt an NaCl im Futter überprüfen (< 0,3 % )
Mögliche Ursache: ERNÄHRUNG: Protein • Proteingehalt des Futters
• Proteingehalt des Futters korrigieren
Mögliche Ursache: MANAGEMENT: Mangelhafte Wasserversorgung • Tierverhalten beobachten, um die Ursache des Wassermangels heraus zu finden
• Verbesserung der Transportbedingungen (Zugang zu Wasser)
• Transportbedingungen und Impfprogramme
• Anzahl, Positionierung und Zugang zu den Tränken anpassen
• Anzahl, Positionierungund Verstopfungen der Tränken , die den Wasserzugang einschränken können. • Chemische Zusätze zum Wasser (Desinfektions mittel, Kupfersulfat etc.) können dazu führen, dass die Tiere das Trinken verweigern, sodass es zu Dehydrierung und Gicht kommt
• Überbelegung vermeiden • Verstopfungen von Tränknippeln beheben
Mögliche Ursache: PATHOGENE: Infektiöse Bursitis (IBD/Gumboro-Krankheit) • Maternale Antikörpertiter sind bei Eintagsküken sehr niedrig
• Impfprogramm an die Anforderungen der jeweiligen Feldbedingungen in einer bestimmten Region bzw. an die jeweilige Epidemiologie anpassen • Biosicherheits-Niveau verbessern
Mögliche Ursache: PATHOGENS: Infektiöse Bronchitits (IB) • Labortests zum Nachweis von Coronavirus mit Tupfer- oder Gewebeproben
• Impfprogramm an die Anforderungen der jeweiligen Feldbedingungen in einer bestimmten Region bzw. an die jeweilige Epidemiologie anpassen Literatur auf Anfrage erhältlich
Für weitere Informationen besuchen Sie bitte die Webseite www.mycotoxins.info HAFTUNGSAUSSCHLUSS: Diese Tabelle enthält allgemeine Empfehlungen zu häufigen Geflügelkrankheiten, die unter Umständen mit einer Mykotoxinkontamination des Futters in Zusammenhang stehen. Erkrankungen und Probleme von Geflügel umfassen die in der Tabelle angegebenen Krankheiten, sind aber nicht auf diese beschränkt. BIOMIN übernimmt keinerlei Verantwortung oder Haftung für Umstände, die sich aus der Verwendung dieser Tabelle ergeben oder mit der Verwendung der Tabelle oder ihres Inhalts in Verbindung stehen. Vor der Umsetzung einer der in dieser Tabelle angegebenen Empfehlungen ist tierärztlicher Rat einzuholen.
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