BIORAMA #33

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KOSTENLOS — ABER ABONNIERBAR

P.b.b. — 11Z038861 M — 1040 Wien —— www.facebook.com/biorama

ausgabe 33 — Oktober / November 2014. www.biorama.eu

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#Foodporn Die Inszenierung von Essen zwischen Sinn und Sinnlichkeit Yoga-Typologie: Yogis und Yoginis, vom Ashram bis ins Yoga-Loft Reines Wasser: Wie Kunst den Klimawandel porträtiert Essbare Kosmetik: Vom Garten in die Küche und auf die Haut

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Höchste Zeit, Grundlegendes zu verändern! Letztendlich sind wir alle Teil des Ganzen. Nur wenn wir die Artenvielfalt schützen und fördern und unsere Tiere artgerecht behandeln, kommen wir in den Genuss hochwertiger Lebensmittel! Mehr Grasland - mehr Klimaschutz! Das Meer ist der größte CO2-Speicher unseres Planeten. Etwa ein Viertel der von Menschen verursachten CO2-Emissionen wird von den Ozeanen absorbiert. Wussten Sie, dass Grasland der zweitgrößte CO2-Speicher der Erde ist? Das Futter der Bio-Wiesenmilchkühe stammt hauptsächlich von Wiesen und Weiden. Für die Erzeugung von Bio-Wiesenmilch wird deshalb viel mehr Grasland benötigt. Mehr Grasland heißt mehr Klimaschutz. Die Bio-Wiesenmilchbäuerinnen und -bauern zeigen mit ihrer Wirtschaftsweise, wie man den großen Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft begegnen kann. Nämlich „von Grund auf natürlich“. Genießen Sie mit gutem Gewissen die wertvolle Bio-Wiesenmilch und gehen Sie mit uns auf unserer Milchstraße ... in die richtige Richtung! Mit besten Wünschen, die ARGE Bio-Wiesenmilch www.biowiesenmilch.at /biowiesenmilch

Die gesamte Doppelseite erfolgte:

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INNOVATION AUF DIE MAN STOLZ IST Bio-Wiesenmilch ist eine Erfolgsgeschichte der Weidehaltung. Seit rund einem Jahr ist die Milchqualität unter verschiedenen Marken im Handel erhältlich. Ein Erfolg für die Innovationskraft der Bio-Landwirtschaft. Und diese ist mit ihren Ideen noch lange nicht am Ende. Biologische Landwirtschaft ist für Marlies Pötscher der beste Weg, ihren Hof zu betreiben. „Das ist am tiergerechtesten, schont die Ressourcen und verspricht die beste Lebensqualität“, meint die junge Mutter. Sie ist eine der BIO AUSTRIA-Bäuerinnen, die auf Weidehaltung ihrer Milchkühe setzt und am Projekt Bio-Wiesenmilch teilnimmt. Das bedeutet, dass sie auf ihrem Hof in höchstem Maß energie- und ressourceneffizient arbeitet – nach den wissenschaftlich erarbeiteten Bio-WiesenmilchRichtlinien. Im Zentrum steht dabei die Milchproduktion aus der Kraft der Wiese. Das ist die natürlichste Form der Milchviehhaltung und stiftet Nutzen für die ganze Gesellschaft. Durch Klimaschutz zum Beispiel, da Wiesenfutter energiesparend gewonnen und Kohlenstoff in den Weide-Böden gebunden wird. Bio-Wiesenmilchbetriebe schützen auch die Vielfalt an Gräsern, Kräutern, Blumen und wildlebenden Tieren, die in Wiesen und Weiden ihren Lebensraum finden. Somit erhalten sie unsere einzigartige Kulturlandschaft mit ihren offenen Grasflächen, auch wenn manche davon maschinell kaum bewirtschaftbar sind.

Große Ackerflächen für den Anbau von Kraftfutter überlassen sie lieber der Produktion von Speisepflanzen zur menschlichen Ernährung. Bio-Wiesenmilchbäuerinnen und -bauern unterstützen also auch die Ernährungssicherheit. Von dem Projekt profitieren die Kühe, die mehr Weidezeit genießen und durch eine gemäßigte Milchleistung ihre Lebensenergie sparen können. Doch auch den Bio-Wiesenmilchbäuerinnen und -bauern bedeutet diese Milchqualität viel. „Der tägliche Rhythmus mit den Tieren macht mir besonders Freude. Es ist außerdem schön den Erfolg zu sehen, wenn man etwas Neues ausprobiert, wie zum Beispiel die Kurzrasenweide“, erzählt Marlies Pötscher. Die Innovation gibt den Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern neues Selbstvertrauen in die eigene Gestaltungskraft, unabhängig von fixen Richtlinien und Zwängen des Marktes. Sie schafft neue Einkünfte durch ein Produkt, auf das man stolz ist. Und sie stellt sicher, dass sich alle im Sinne der gemeinsam festgelegten Ziele weiterentwickeln. Denn in den Biobäuerinnen und -bauern steckt noch viel mehr Innovationskraft.

Marlies Pötscher, Bio-Wiesenmilchbäuerin

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auftakt

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inhalt

07 Editorial 08 Global Village Die Welt im Großen & Kleinen

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Schwerpunkt: Über Essen

18 #Foodporn Warum Menschen das inszenieren, was auf ihren Tellern liegt 23 Politik geht durch den Magen Kulinarik und Diplomatie 26 Aufgegessen Die Ästhetik leerer Teller

Magazin 35 Zwischen Einkaufswagerl und Ernteanteil Wie viel Regionalität steckt drin? 38 Der Geschmack der Heimat Der komplizierte Weg regionaler Lebensmittel zum Verbraucher 43 I Love Brot Zwischen Social Design und Lebensmittelmüllvermeidung 48 Simplicity: »Einfach leben, erhaben denken« KarmaKonsum-Gründer Christoph Harrach im Interview 52 Vom Ashram ins Yoga-Loft Eine Yogi-& Yogini-Typologie 58 »Hoffnung ist fehl am Platz« Künstlerin Ursula Biemann im Gespräch 62 Der Lechweg wird kulinarisch Eine Wanderung mit Mehrwert 71 Braurezept: CO2-neutral Bier aus der Ökobrauerei

Marktplatz 74 Blütenzauber im Glas Honig für’s Maul 76 DIY-Rezept Dashi – das ist Japan 80 Kosmetik aus der Küche Essbares für die Haut #foodporn: essen & inszenierung Die sozialen Netzwerke quellen über vor lauter Fotos von Essen. Was soll das und wieso inszenieren die Menschen das, was auf ihren Teller kommt? Wir haben uns angeschaut, was hinter dem Hashtag #Foodporn steckt. Außerdem: Welche Rolle spielt Essen und das kulinarische Erbe eines Landes im Dialog zwischen Regierungen und der Öffentlichkeit? Guten Appetit!

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Kolumnen 40 Elternalltag 46 Die Welt, die wir uns wünschen 79 Speis & Trank 82 Und hinter mir die Sintflut

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vom ashram ins yoga-loft So vielfältig wie die Asanas, die Körperübungen im Yoga, so vielfältig sind auch die Vorurteile, die gegenüber der aus Indien stammenden Lehre gehegt werden. Zwischen Räucherstäbchen und Funktionswäsche wird geschwitzt und gedehnt. Ist Yoga Lebensphilosophie oder Lifestyle-Konzept? Der Versuch einer Typologisierung.

blick.dicht neues Kunstbuch!

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MIT UNTERSTÜTZUNG VON BUND UND EUROPÄISCHER UNION

meine stadt: budapest Zita Majoros sorgt mit ihrem Label Printa für frischen Wind in der nachhaltigen Mode- und Designszene. Uns verrät sie ihre Eco-Hotspots im »Paris des Ostens«.

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braurezept: co2-neutral Bier gibt’s in bio, in Mehrweg und aus der Region. So manche Halbe ist jetzt auch CO2-neutral – so wie die hier. Besonders in der Steiermark braut man heute klimabewusst.

Fotos: C.Thomas

www.nationalparksaustria.at

Entgeltliche Einschaltung

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21. – 22. November 2014 ehemalige ANker expedithAlle Brotfabrik craftbierfest.at • facebook.com/craftbierfest

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editorial, impressum

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#Foodporn Oder: Angela Merkels Tischmanieren

Thomas Weber, Herausgeber weber@biorama.eu @th_weber

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Wir sind Buch! biorama-Herausgeber Thomas Weber feiert dieser Tage mit »Ein guter Tag hat 100 Punkte … und andere alltagstaugliche Ideen für eine bessere Welt« das Erscheinen seines Erstlingswerks (Residenz Verlag). Und biorama-Bloggerin Sophia Hoffmann entführt per Kochbuch in »Sophias vegane Welt« (Edel Books).

impressum HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTEURIN Johanna Stögmüller AUTOREN Claas-Hendrik Berg, Mirjam Bromundt, Sylvia Buchacher, Iwona Dullinger, Anne Erwand, Juliane Fischer, Doris Fröhlich, Miriam Frühstück, Tina Gallach, Yannick Gotthardt, Katharina Grabner, Christa Grünberg, Susanna Hagen, Micky Klemsch, Franz Knipp, Sarah Krobath, Astrid Kuffner, Zita Majoros, Martin Mühl, Ursel Nendzig, Sebastian Rahs, Theres Rathmanner, Parvin Razavi, Werner Reiter, Teresa Reiter, Matthias Schickhofer, Jürgen Schmücking, Mara Simperler, Wolfgang Smejkal, Sarah Stamatiou, Thomas Stollenwerk, Werner Sturmberger, Erwin Uhrmann, Katharina Wiesler, Jörg Wipplinger PRAKTIKUM Astrid Dober, Edeltraud Günthör COVERBILD Thomas Albdorf FOTOGRAFIE Elisabeth Els, Arnold Pöschl ILLUSTRATIONEN Katharina Hüttler / agentazur.com GESTALTUNG Elisabeth Els, Manuel Fornhofer, Erli Grünzweil, Katharina Kvasnicka, Thomas Wieflingseder LEKTORAT Wolfgang Smejkal, Adalbert Gratzer ANZEIGENVERKAUF Herwig Bauer, Micky Klemsch (Leitung), Thomas Weber WEB Super-Fi, m-otion DRUCK Druckerei Janetschek, Gußhausstraße 24–26, 1040 Wien PRODUKTION & MEDIENINHABERIN Biorama GmbH, Favoritenstraße 4–6 / III, 1040 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Martin Mühl KONTAKT Biorama GmbH, Favoritenstraße 4–6 / III, 1040 Wien; Tel. +43 1 9076766; www.biorama.eu, redaktion@biorama.eu BANKVERBINDUNG Biorama GmbH, Bank Austria, IBAN AT44 12000 10005177968, BIC BKAUATWW ABONNEMENT siehe Website: www.biorama.eu ERSCHEINUNGSWEISE 6 Ausgaben pro Jahr ERSCHEINUNGSORT Wien VERLAGSPOSTAMT 1040 Wien BLATTLINIE Biorama ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für Mensch und den Planeten Erde. Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. Biorama erscheint sechsmal im Jahr. Biorama wird nach den Vorgaben des Österreichischen Umweltzeichens in der Druckerei Janetschek auf Lenza Top Recycling gedruckt. 100 % Recycling-Papier. Eh klar.

bild Michael Winkelmann

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eig mir, was du isst und ich sage dir, wer du sein möchtest. Warum und wie wir uns – oder zumindest sehr viele von uns – durch die Inszenierung unserer Speisen selbst in Szene setzen, erklärt Thomas Stollenwerk in der diesmaligen Coverstory. Seine kulturgeschichtliche Herleitung der feinen Unterschiede unserer mal mehr, mal weniger ausgeprägten Tischmanieren leitet logisch zum Text seiner Kollegin Sarah Krobath über Gastro-Diplomatie über. Sie erläutert, wie zahlreiche Länder ihr kulinarisches Erbe diplomatisch instrumentalisieren. Ob Staatsbankett oder Momentaufnahme aus der Küche – zu Foodporn werden die Bilder von servierten Speisen erst, wenn sie in Blogs, auf Facebook, Twitter oder Instagram Verbreitung finden. Denn Pornografie – das ist für die anderen gedacht! Durch #Foodporn wird Essen zum öffentlichen Akt, der selbst dann noch ein sozialer sein kann, wenn man nächtens alleine zuhause zulangt. Dass sich Essen auch ganz und gar undiplomatisch und indiskret instrumentalisieren lässt, beweist dieser Tage ein verbitterter Greis. Der deutsche Wendekanzler Helmut Kohl soll über seine Nachfolgerin geäußert haben, Angela Merkel habe einstmals nicht mit Messer und Gabel essen können. Will heißen: Sie war ein Nichts, bevor er, der von seinem politischen Ziehkind nunmehr Verratene, dieses in bessere Kreise eingeführt hat. Peinlich ist das heute vor allem für Kohl. Denn Manieren kann sich einer aneignen, Charakter eher kaum. Und immerhin war Merkel klug genug, zu lernen, wie man sich bei Tisch verhält. Dass sie sich auch am Bankett bewährt hat, wird niemand in Frage stellen. Außerdem: Bei allem Posieren, Parlieren und Fotografieren bleibt die wahre Königsdisziplin ohnehin nur das Selberkochen. Und dass Helmut Kohl diese beherrscht, nimmt ihm keiner ab.

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bild der ausgabe

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Zwischen surreal und irreal: Eyes on Marko Zink Irritation macht sich breit. Inmitten der Stille der Föhrennadeln und der Symmetrie der Baumstämme blitzt ein Mann im Adamskostüm durch. Die Atmosphäre ist melancholisch und bizarr und fühlt sich an, als ob die Realität hier verschoben wäre. Ist das, was man sieht, tatsächlich wahr? Der Fotograf Marko Zink manipuliert sein Filmmaterial, um solche Störmomente zu inszenieren. Er spielt mit der surrealen Enttarnung der Körperlichkeit, die behutsam in die Szenerie eingepflanzt ist. Der Wald dient als Symbol des Unbewussten und ist prädestiniert für die Verlagerung des Gewohnten ins Unheimliche. Mario Zinks Fotografien sind unter anderem im Rahmen des Fotofestivals »Eyes On« von 28. Oktober bis 30. November in Wien zu bestaunen. Im Monat der Fotografie können in Wien 175 Ausstellungen mit mehr als 650 beteiligten nationalen und internationalen Künstlerinnen und Künstlern besucht werden. www.eyes-on.at / www.europeanmonthofphotography.org

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Text Astrid Dober bild Marko Zink, Galerie Michaela Stock

Im Wald

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Universalmuseum Joanneum

global village

Rivane Neuenschwander: Pangaea‘s Diaries, 2008

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Echt stark!

Das steirische Naturkundemuseum Dienstag bis Sonntag von 10 – 17 Uhr

Rote Weberameisen, Foto: sweetcrisis/Fotolia

Joanneumsviertel, 8010 Graz www.museum-joanneum.at

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tastemakers Award

Geschmackssache Die Plattform »Taste Austria« will der industriellen Lebensmittelproduktion die Vielfalt kleiner Produzenten aus Österreich entgegensetzen. Nina Mohimi und Dani Terbu haben sich dem Thema Essen verschrieben. Regional, saisonal, biologisch und fair soll es sein und vor allem eins: gut schmecken. Mit Ihrer Online-Plattform Taste Austria wollen sie österreichischen Klein(st)betrieben einen Raum eröffnen, sich und ihre Produkte vorzustellen. Im Oktober wird der erste Tastemakers-Award verliehen, der herausragende Lebensmittelproduzenten auszeichnet und ins verdiente Rampenlicht stellt. Dabei wird auch der bioramaInnovationspreis an den findigsten Hersteller vergeben. Was einen Tastemaker überhaupt ausmacht? Hier ein kleiner Auszug aus dem Kriterienkatalog: Tastemaker nutzen Rohstoffe aus der Region, bevorzugen Produkte aus biologischer Landwirtschaft und setzen auf eine umweltfreundliche Verpackung und kurze Transportwege. Nina und Dani sind übrigens auch die Gründerinnen der Coolinary Society, einer Agentur, die Lokale, Lebensmittelerzeuger, Foodblogger und kulinarisch versierte Menschen zusammenbringen möchte – an den gemeinsamen Esstisch quasi. Uns schmeckt’s! www.tasteaustria.at

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street talk Wir fragen, fünf Nachbarn antworten.

» Kennst du eigentlich deine Nachbarn?« Vroni 27, Studentin

Alexandre 26, Student

Ja, weil die haben ihr Klo am Gang. Das ist wirklich so! Außerdem haben sie dort auch viele Pflanzen.

Frankly, I don’t know my neighbours and I am not interested in it. All my neighbours are old and I just don’t want to get to know them.

Mit Nachbarn ist es wie mit Verwandten, oder?

Cornelia 64, Pensionistin Ja! Wir haben eine tolle Hausgemeinschaft. Dazu habe ich eine kurze Geschichte: Die Hausverwaltung wollte nicht, dass mein Hund in den Garten kommt, daraufhin hat die gesamte Hausgemeinschaft einen Brief unterschrieben, dass sie wollen, dass der Hund in den Garten soll. Jeder war dafür. Seitdem darf mein Hund in den Hof. Das Netzwerk für deine Nachbarschaft: www.fragnebenan.com

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Birgit 50, PR-Beraterin

Bernhard 33, Behindertenbetreuer

Zum Teil kenne ich meine Nachbarn, aber leider zu wenig. Ich habe mir das schon einmal gedacht, dass es eigentlich besser wäre, sie zu kennen – aber auch nicht alle.

Jein. Ein paar kenne ich, ein paar davon sind meine Freunde und ein paar grüße ich gar nicht und sie mich auch nicht. Einige wissen, dass ich gerne Räder repariere und fragen mich deshalb, ob ich ihnen helfen kann.

links text Edeltraud Günthör bild Katharina Roßboth — RECHTS Interview & bild Astrid Dober, Edeltraud Günthör

Stimme aus dem Off

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global village

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Architecture

Land of Honey

Versteckenspielen in Architekturschätzen

Dass die Biene um’s Überleben kämpft, ist nicht neu. Neu hingegen: die Initiative Stadtbienen e.V. und ihre Bienenbox.

Das Architektur-Buch »Hide And Seek« zeigt individuelle Bauwerke, die sich auf Formen der Natur einlassen.

Der Verein Stadtbienen hat es sich zum Ziel gemacht, artgerechte Bienenhaltung im städtischen Raum zu fördern und zu etablieren. Dafür haben die Mitglieder unter anderem die »Bienenbox« entwickelt. Diese Behausung soll es auf einfache Weise und für jedermann möglich machen, Bienen zu halten und und ihnen so auch in der Stadt Lebensraum und Schutz zur Verfügung zu stellen. Ob Balkon, Terrasse oder Garten – die Bienenbox findet überall Platz. Sogar an einer Fensteranbringung für die Box wird derzeit gearbeitet. Im Rahmen von Seminaren und Workshops werden die Basics für angehende Bienenmamas und -papas vermittelt. Auch Schulen, Organisationen und Kommunen sind gefordert und können ihren Beitrag zum Erhalt der überaus nützlichen Insekten leisten. Die Plattform soll urbane Bienenhalter vernetzen und einen Austausch ermöglichen. Außerdem hält die Webseite aktuelle Informationen zum Thema bereit. Über Kooperation mit Universitäten und Forschungsprojekten möchte Stadtbienen e.V. der Bienenhaltung in der Stadt auch wissenschaftlich nachgehen. www.stadtbienen.org

Wenn man aus der stupiden, grauen Gebäudewelt ausbrechen will und nach einem Zufluchtsort sucht, der einem Klarheit und Einfachheit bietet, dann gibt es bald nur einen Ort, der das wirklich kann: die Natur. Genau deshalb kombiniert das Buch »Hide And Seek« Architektur mit Landschaft. Die rund 250 Seiten decken mit den vier Kapiteln »Where Land Meets Water«, »Sky High«, »Open Range« und »In This Neck Of Woods« die wesentlichen Bereiche der Natur ab: wassernahe Umgebungen, Berglandschafen, offene Felder und wilde Wälder. Verschiedenste Formen und Größen wie ein in einen Stein eingebautes Apartment bis hin zu kleinen Verstecken und Kabinen, manchmal sogar nur ein Kokon, sind so naturnah »eingepflanzt«, dass man den Übergang zwischen Natur und Bauwerk kaum erkennen kann. Manche Bauten stehen aber genau wegen ihrem unpassenden Aussehen in einer Landschaft und lenken so die Aufmerksamkeit auf die Natur. Ein Buch für Architektur- und Naturliebhaber, das die Nähe und Verbundenheit zur Natur auch auf einem Coffee Table spüren lässt.

Urbane Bienenhaltung

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Upcycling

Green IT

Netz-Sport

Windkraft, selbstgedruckt

Das Design-Label Bureo Skateboards verbindet die Leidenschaft für den Sport mit den Anliegen Umweltschutz, Recycling und Nachhaltigkeit.

Ein polnisches Kickstarter-Projekt verspricht die Nutzung von Windkraft zum günstigen Preis. Voraussetzung: ein 3D-Drucker.

Ben R. Kneppers, David M. Stover und Kevin J. Ahearn haben eine Mission: Die drei jungen Herren aus den usa haben sich der nachhaltigen und umweltschonenden Produktion von Skateboards verschrieben. Ihre Erzeugungskriterien? Die Boards werden aus recycelten Fischernetzen in Chile hergestellt. Über die Initiative Net Positiva werden nicht mehr verwendete Netze zu Sammelstellen gebracht und finden von dort aus den Weg in die Skateboard-Herstellung. Seit dem Start der Initiative im Januar konnten über drei Tonnen an Material gesammelt werden. Achtlos weggeworfene Fischernetze machen bis zu zehn Prozent der Plastik-Verschmutzung in den Ozeanen aus. Das Bureo-Team setzt darüber hinaus Maßnahmen zur Säuberung von Küstenarealen und arbeitet eng mit Gemeinschaften in chilenischen und USamerikanischen Küstengebieten zusammen, um das fragile Ökosystem Ozean zu erhalten und ein Bewusstsein für dessen Gefährdung zu schaffen. »Bureo« bedeutet auf chilenisch Wellen – und Wellen der Veränderung möchte dieses Projekt auch schlagen. www.bureoskateboards.com

Große Windräder sind in manchen Gegenden aus dem Landschaftsbild kaum mehr wegzudenken, die persönliche Nutzung der Windkraft ist aber noch nicht so weit. Ein Open-Source-Projekt einer polnischen 3D-DruckerFirma soll hier Abhilfe schaffen. Diverse Teile, vor allem der Vertikalrotor, werden vom Käufer am 3D-Drucker selbst hergestellt. Alles, was nicht gedruckt werden kann, wird geliefert. Mit 300 Watt Spitzenleistung bei einer Windgeschwindigkeit von 36 km/h kann schon einiges betrieben werden. Ein eingebauter Akku speichert die nicht genutzte Energie. Das aufgebaute Gerät hat eine Höhe von 2,5 m und einen Durchmesser von 125 cm. Mit 25 kg Gewicht ist es vor allem für portable Einsätze gedacht, z. B. beim Campen. Für Gebiete ohne Stromversorgung bietet sich die kostengünstige Lösung ebenfalls an. Wie bei großen Windkraftanlagen liegt der Preis in der Größenordnung von 1.000 Euro pro Kilowatt. www.kickstarter.com

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links TEXT Edeltraud Günthör, Astrid Dober bild Gestalten 2014, Jan-Henrik Dobers RECHTS text Edeltraud Günthör, Franz Knipp bild Kevin Ahearn of Bureo Inc.

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Auch auf www.biorama.eu gibt es Interessantes zu entdecken. Hier eine Auswahl aktueller Interviews, Artikel und Videos unserer Online-Dependance:

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REINES WASSER Die kostbarste

Das Start-up Etepetete sammelt B-Ware von Bauern rund um München ein und produziert damit Soßen, Suppen und Eintöpfe. www.biorama.eu/etepetete

Ressource der Welt 3.10.2014–15.2.2015

Daniel Canogar, Vortex (Detail), 2011

Carlien Helmink, Managerin und Co-Gründerin des niederländischen Eco-Fashion-Labels Studio Jux, im Video-Interview mit Raphaela Steiner. www.biroama.eu/studio-jux

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Moschusochsen-Safari für Anfänger: Im Dovrefjell-Gebirge in Norwegen bekommt man die seltene Gelegenheit, die beeindruckenden Urtiere zu sehen. www.biorama.eu/moschusochse

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Sorgen dafür, dass es euren Fahrrädern gut geht: Michael Kellenbenz und Helen Schepers

Social Startup Voting

Im August haben wir die zweite Runde des Social Startup-Votings ausgerufen. Nun stellen wir euch das Gewinner-Projekt vor: die Fahrrad-Garderobe. Der gute alte Drahtesel erlebt derzeit eine Renaissance: Zugeparkte Innenstädte und hohe Kosten für die Instandhaltung eines Autos lassen immer mehr Menschen den täglichen Weg zur Arbeit oder zum Einkauf mit dem Fahrrad bestreiten. Aber auch für einen anderen Strecke ist das Rad eine ausgezeichnete Alternative zum Auto und zu öffentlichen Verkehrsmitteln: die Anreise zum Festival. In Hamburg, wo die Idee der Fahrrad-Garderobe entstand, nutzen seit Jahren viele Festivalbesucher gerne das Fahrrad. Doch vor Ort es gibt meist ein Problem: Wohin mit dem treuen Gefährten? Darüber hinaus ist die Mischung aus Festival-Euphorie und Fahrradabstell-Chaos auch immer eine Gelegenheit für Langfinger. park & ride am festival Dem Wunsch, mit dem Fahrrad zum Festival zu radeln, begegnen Michael Kellenbenz und Helen Schepers mit einer simplen und ebenso cleveren Idee: einem FahrradParkplatz speziell für Festivalbesucher. Die FahrradGarderobe ist schon vielerorts vertreten – vom kleinen Straßenfest bis hin zu Großveranstaltungen wie dem MS Dockville, dem Hurricane oder dem Reeperbahn-Festival. Startup-Gründer Michael Kellenbenz: »Das ReeperbahnFestival war für uns ein riesiger Erfolg. Nicht nur in Zahlen, sondern insbesondere auch im Sinne der Wahrnehmung

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der mit dem Rad anreisenden Besucher, die uns wiederholt als Teil eines Festivals oder einer Veranstaltung gesehen haben. Dass unser Service ein in die Veranstaltung integriertes Modul darstellt und vom ersten Moment an die Besucher anspricht, ist uns sehr wichtig.« beitrag zum wandel urbaner mobilität Doch das ist noch nicht alles. Der positive Zuspruch vieler Festival-Besucher hat Helen und Michael dazu veranlasst, sich über weitere Einsatzmöglichkeiten Gedanken zu machen. Auch am Wochenende auf der Hamburger Reeperbahn sollen die Abstellplätze zum Einsatz kommen. So besteht hier die Chance, positiv auf die Stadtplanung einzuwirken. Letztendlich stellen sie mit ihrem Konzept auch die Frage nach neuen Mobilitätskonzepten in urbanen Zentren. Mit einem Blick nach Skandinavien, wo FahrradSchnellstraßen immer mehr das Stadtbild prägen, wird deutlich, dass in deutschen und österreichischen Städten noch eine Menge Nachholbedarf besteht. Mit der gewonnenen Fördersumme von 2.000 Euro wird das Fahrrad-Garderoben-Team weitere Abstellsysteme für Fahrräder anschaffen, um künftig noch mehr Menschen die Möglichkeit zu geben, unbesorgt eine Veranstaltung zu besuchen – ganz frei von jeglicher Sorge um das Lieblingsrad.

links bild Etepetete, Raphaela Steiner, Eyjólfur Photography — RECHTS TEXT Claas-Hendrik Berg bild Heiko Sehrsam

Ein sicherer Abstellplatz für Festival-Radler

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Meine Stadt

MEINE STADT: Budapest

von Zita Majoros

Lieblingsplätze UND Eco-HotSpots

Zita Majoros, Grafikdesignerin aus Budapest und Mutter zweier Kinder, sorgt mit ihrem Label Printa nicht nur im »Paris des Ostens«, sondern auch in Wien Neubau für frischen Wind in der nachhaltigen Mode- und Designszene. Ihre neue Upcycling-Kollektion für den Winter wird in Wien am 16. Oktober vorgestellt. Auf der biorama Fair Fair im Juli verriet sie uns ihre fünf Lieblingsplätze und Eco-Hotspots in ihrer Heimatstadt Budapest.

printa concept-store Wer nach mehr Inspiration sucht, findet unseren ConceptStore inmitten der Budapester Innenstadt. Wir bemühen uns, einen Ort zu schaffen, der nachhaltige Mode, kreatives Upcycling-Design, ungarische Siebdruckgrafik und richtig guten Kaffee vereint. Wir versuchen, nicht nur Altkleidung und Vintage-Textilien zu neuem Leben zu erwecken, sondern wollen auch unsere Gäste für ungarisches Upcycling begeistern. Wer an unseren Siebdruck-Workshops teilnimmt, kann auch ein Stück Printa als selbstbedrucktes Kleidungsstück oder Tasche mit nach Hause nehmen. www.printa.hu

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bauernmarkt am hunyadi tér Im Herzen der Stadt, unweit vom Oktogon, befindet sich der frisch renovierte Hunyadi-Platz (Hunyadi tér), wo es jeden Samstag die besten Naturprodukte ungarischer Biobauern zu verkosten und zu kaufen gibt. Hier findet man echte Unikate: selten gewordene heimischen Gemüse- und Obstsorten, hausgemachten Käse, Marmeladen und Szörp (ungarischer Fruchtsirup). Für die kleinen Besucher gibt es gleich daneben auch einen Spielplatz.

medence concept store Medence vereint seit dem Jahr 2000 junge ungarische Designer, Grafiker und visuelle Künstler. Taschen und Sitzmöbel für den Außenbereich werden aus recycelten Werbeplanen, Event-Zelte und Großinstallationen aus schnell nachwachsendem Bambus und anderen natürlichen Materialien hergestellt. Der neu eröffnete ConceptStore in der Pipa utca vereint Ausstellungsraum, Werkstatt und Geschäft. Regelmäßig stattfindende Workshops bieten die Gelegenheit, unter professioneller Hilfe eigene Re+Concept-Taschen herzustellen. www.medencedesign.com

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Gestickte Moral szatyor bolt Einzigartig in Budapest ist Szatyor, eine Initiative, bei der nicht nur saisonale Biolebensmittel bester Qualität, sondern auch direkter Kontakt zwischen lokalen Produzenten und umweltbewussten Verbrauchern ganz oben auf der Liste stehen. Im zentral gelegenen SzatyorLaden kann man nicht nur nachhaltig einkaufen, sondern an Kursen und Workshops teilnehmen und dabei tolle Leute kennenlernen. www.szatyorbolt.hu

ecseri-flohmarkt Mein Geheimtipp für Budapest-Entdecker ist der Ecseri-Flohmarkt, wo ich oft auf einzigartige Ausgangsmaterialen für unsere Kollektion stoße, sei es handgeflochtenes Hanfleinen oder bestickte Tischtücher aus vergangenen Zeiten. Dieser Ausflugsort ist jedoch nichts für Siebenschläfer und Bustourenliebhaber, denn frühes Aufstehen und eine Portion Abenteuerlust sind hier Grundvoraussetzung. Von unbrauchbarem Ramsch bis hin zu den außergewöhnlichsten Schätzen lässt sich hier fast alles finden und zu jedem Preis. Feilschen gehört daher absolut dazu.

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Spruchtücher zwiSchen tradition, rollenzuSchreibung und illuSion

7. Juni 2014 bis 8. Februar 2015 eine künStleriSche intervention mit beate luger-goyer und werken von Flurina badel, kathrin haller, renate hinterkörner, barbara huSar, a.m. Jehle, chriStine lederer, chriStine pavlic, carmen pFanner, zSóFi pittmann, daniel Spoerri, maria Stockner und weiberwirtSchaFt. gestickte tücher mit sinnigen, religiösen, moralisch belehrenden aber auch ironischsubversiven weisheiten waren in fast jedem haushalt zu finden. Sie erzählen von rollenfestschreibungen, wertvorstellungen, disziplinierungsstrategien und menschlichen beziehungen als wunschbild, realität oder bürde. zeitgenössische positionen hinterfragen traditionen und setzen kontrapunkte. kuratorin: Stefania pitscheider Soraperra

www.frauenmuseum.at Sommeröffnungszeiten vom 1. mai bis 26.oktober do, Fr 10 - 12 u. 14 - 17 uhr; Sa, So 10 - 17 uhr winteröffnungszeiten vom 27. oktober bis 30. april do 14 -17 uhr; Fr, Sa, So 10-12 und 14 bis 17 uhr

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Thomas Stollenwerk

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Katharina Hüttler / agentazur.com

# Foodporn?

Die Sozialen Netzwerke quellen über vor lauter Fotos von Essen. Was soll das und wieso inszenieren die Menschen das, was auf ihren Teller kommt?

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eden Tag landen abertausende Essensfotos im Social Web. Der Hashtag #Foodporn liefert bei Instagram über 35 Mio., der Hashtag #food sogar mehr als 128 Mio. Bilder. Was ist es, das so viele Menschen dazu bringt, ihr Essen zu fotografieren und ihren Kontakten zu präsentieren? Ist es eine Disziplin im Wettbewerb um Aufmerksamkeit, Anerkennung und Status, vergleichbar mit den immer gleichen Fotos von rucksackreisenden Wohlstandskindern an exotischen Destinationen? Ist das Ziel Überlegenheit? Isst man mit den Augen, seit der physiologische Zustand Hunger immer seltener geworden ist? Worum geht es bei #Foodporn? Eines ist klar: Essen ist nicht gleich Essen. Ein Instagram-Foto vom Süßkartoffel-Minze-Tabuleh mit Seitan und Cashew-Topping lässt Individualismus, interkulturelle Kompetenz, bewussten Lebenswandel und den ethisch motivierten Verzicht auf Fleisch erahnen. Das Foto-Tweet vom saftigen Hamburger verweist auf das Bekenntnis zum Genuss, auf laissez faire, Hedonismus,

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Lebensfreude, Pop. Und in Kombination mit dem Hinweis auf ein angesagtes Have-to-go-Lokal oder die heimische Küche lässt sich am Foodpic sogar noch ein bisschen mehr über den sozialen Status des Urhebers ablesen. Und klar: Auch kulinarische Geschlechter-Klischees gibt es.

Essen als soziales Distinktionsmerkmal Dass sich gesellschaftliche Milieus auch durch ihre Ernährung voneinander abgrenzen, ist weder neu noch ein Geheimnis. Durch das Erodieren klassischer sozialer Milieus ist es allerdings mehr denn je der Lifestyle, der Identität stiftet und das Social-Self-Marketing in den Sozialen Netzwerken eignet sich zum Gestalten der eigenen Identität blendend. Dass dabei ausgerechnet das Essen eine wichtige Rolle spielt, ist für die Online-Strategin Judith Denkmayr plausibel. Für die Wiener SocialMedia-Beraterin sind Fotos von Mahlzeiten niedrigschwellige Massenware: »Welchen Content hat jeder von uns, ohne sich besonders kreativ oder technisch aufwen-

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dig betätigen zu müssen? Baby- und Familienfotos, Fotos unserer Haustiere, Urlaubsfotos – und eben auch Essensfotos.« Auf der anderen Seite liefert professionelle FoodFotografie die Blaupause für die Fotoflut des Social Web. Der Fotograf Cliff Kapatais fotografiert seit Jahren Essen und beobachtet in den letzten Jahren einen Boom. »Die Entwicklung ging vom Bodenständigen zum Adventure – es geht nicht mehr nur darum, satt zu werden, Essen muss ein Erlebnis sein und auch so aussehen. Das Auge isst mehr denn je mit!« Dabei gibt es Moden, weiß der Profi-Foodpornograf: »Früher war alles eher opulent angerichtet. Heute kommen reduzierte Schlichtheit und Minimalismus auf den Teller.« Das Thema Essen ist natürlich auch an den Sozialwissenschaften nicht vorbeigegangen. Der Kulturanthropologe Claude Lévi-Strauss stellte Anfang der 60er Jahre fest, in der »Sprache der Küche« seien alle gesellschaftlichen Strukturen repräsentiert, und stellte sie daher gleichwertig neben die »Sprache der Worte«. Dieser schöngeistige Kunstgriff ist vielleicht ein bisschen zu viel des Guten. Judith Denkmayr sieht es nüchterner: »Wir reagieren auf Essensfotos sehr stark – kein Wunder. Essen und Trinken sind in der Maslow’schen Bedürfnispyramide Teil der untersten Stufe. Essen ist ein Grundbedürfnis, kein gesunder Mensch kann ohne Essen auskommen.« Dass Essen darüber hinaus als soziales Ausdrucksmittel und Unterscheidungs-Merkmal dient, liegt auf der Hand. Es ist kein Wunder, dass Pierre Bourdieu seine

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Studie über »Die feinen Unterschiede« mit dem Thema Essen einleitet. Am Anfang des sozialen Habitus steht das Essen, könnte man zusammenfassen. Nicht allen ist die soziale Bedeutung, mit der wir unser Essen versehen, geheuer. Der Guardian-Kolumnist Steven Poole zum Beispiel fühlte sich schon vor einer Weile von Hipstern, die ihm ihr Essen unter die Nase rieben, genervt und hat unter dem Titel »You Aren’t What You Eat: Fed Up With Gastroculture« 2012 ein ganzes Buch darüber geschrieben, dass Foodisten ihre Nahrungsmittel zu ernst nehmen. Er unterstellt dem verbreiteten FoodFetisch etwas Asoziales: Schließlich seien die Foodisten auf ein durch Billigfleisch und Fertigprodukte gesättigtes Nahrungsprekariat angewiesen, um sich an ihrer kulinarischen Überlegenheit zu erfreuen.

Zeig mir, was du isst, und ich glaub zu wissen, wer du bist Wer am Anfang des Monats sein Budget auf den Bauernmarkt trägt, landet am Monatsende vielleicht doch noch beim Discounter. Nach außen getragen wird freilich lieber die Szene vom Bauernmarkt. Kocht man für Gäste, dann überlegt man sich vorher, was man kocht. Wirft man mit exotischen Zutaten um sich, bei denen man eventuell noch eine Anekdote über die indigene Bevölkerung des Anbaugebiets mitliefern kann? Oder soll es doch lieber das heimliche Leibgericht aus Mutters Küche geben, das man schon seit Jahrzehnten kennt und das auf dem Teller eher hässlich aussieht, aber an dem so viele Erinnerungen hängen, dass man es nur mit ganz bestimmten Leuten teilen mag? Was man gerne isst, das gehört zur eigenen Identität. Jeder hat seine kulinarischen Favoriten, Guilty Pleasures und No-Gos. Was davon man öffentlich macht, das gehört zur Inszenierung der eigenen Person. Weinliebhaber trinken gerne guten Wein. Leute, die als Weinliebhaber wahrgenommen werden wollen, reden gerne über guten Wein. Foodporn ist da viel einfacher. Man braucht keine Fachterminologie zu kennen und nicht einmal kochen können, um sich als Gourmet in Szene zu setzen. Im Handumdrehen bringt man sich in Verbindung mit der uralten und hochangesehenen Kulturtechnik des Zubereitens exquisiter Speisen. Je nach Situation lässt sich

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die kulinarische Inszenierung variieren. Hausmannskost oder Haute Cuisine, Fast oder Slow Food, Hedonismus oder Askese, Gastronomie oder selbst gekocht, exotisch oder heimatverbunden. Welche Spielarten von Foodporn das Netz dominieren, das dokumentiert die Seite foodpornindex.com. Sie wertet die mit dem Hashtag #Foodporn geposteten Darstellungen von Essen aus und zeigt, wie viel davon gesund, ungesund, fettig, leicht, Gemüse, Fleisch ist. Soviel sei gesagt: Fettige Speisen dominieren das Netz.

Wie inszenieren wir uns als nächstes? Es ließe sich nun die Frage stellen, ob das alles alarmierend oder beruhigend ist. Mit ein wenig gutem Willen ist anzunehmen, dass die meisten Urheber von Foodporn nicht die alltäglichen Speisen ins Netz stellen, sondern die seltenen Eskapaden. Die interessante Frage ist: Über welchen Lebensbereich inszenieren wir uns online als nächstes? Mode, Haustiere, Sport, Reisen – alles schon da. Autos und Immobilien sind elitär, also bestens geeignet – und doch antiquiert. Mit Bildung lässt sich gut kokettieren. Selfies vor Bücherregalen, #Shelfie genannt, hat es als kurzen Trend schon gegeben. Müssen wir uns auf #Flatporn oder #Gardenporn einstellen? Geht der Trend ins Grüne, zu #Natureporn oder #Outdoorporn? Vielleicht werden handwerkliche Fertigkeiten bedeutender, sodass #DIYporn das Next Big Thing wird. Und was steht eigentlich am Ende der Selbstinszenierungen? Bleibt irgendwann nur mehr #Porn?

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What the f*** is Foodporn? Im engeren Sinne hat Foodporn wenig mit Pornografie zu tun, ist asexuell und höchstens auf sehr individuelle und spezielle Art und Weise erotisch. Foodporn basiert auf dem Fotografieren von Essen, also auf dem Anfertigen von Nahrungsmittel-Fotos, in aller Regel vor dem Verzehr. Hochglanz-Magazine und das Internet sind voll von Essensfotos. Werden diese Bilder ins Social Web gestellt, ob bei Facebook, Twitter oder Instagram, versehen die User sie meist mit dem Hashtag #Foodporn. Es ist zum geflügelten Wort geworden. Hashtags ordnen die unterschiedlichsten Arten von Postings nach Begriffen, sie sortieren das Netz. Im geruchs- und geschmacklosen Web 2.0 ist dabei irgendwie die Essens-Abteilung zu einer der größten in den sozialen Netzwerken geworden.

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Politik geht durch den magen

Obama und Medvedev essen 2010 gemeinsam Burger. Die Fotos gehen um die Welt.

Essen spielt im Dialog zwischen Regierungen und der Öffentlichkeit eine derart wichtige Rolle, dass es dafür sogar eine Bezeichnung gibt: Gastrodiplomatie.

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Sarah Krobath

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Official White House / Pete Souza

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Gastrodiplomatie

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mit Alessandra Roversi (MA Food Culture & Communications)

¹  Alessandra Roversi MA, Visceral Diplomacy: how governments use food to engage with foreign audiences, Oktober 2013, Pollenzo

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er Wikipedia-Eintrag zu den Begriffen »Culinary Diplomacy« und »Gastrodiplomacy« mag erst gut ein Jahr alt sein, zeremonielle Mahlzeiten aber haben bereits seit den frühen Tagen der Diplomatie für Staaten und ihre Repräsentanten eine wesentliche Bedeutung. Schon im antiken Griechenland kamen konkurrierende Städte beim Mittagsmahl zusammen, um Streitthemen zu diskutieren und Verträge zu ratifizieren. Der ehemalige britische Premierminister Winston Churchill war bekannt für seine »Tabletop Diplomacy« und seine Vorliebe dafür, politische Gespräche beim Abendessen zu führen. Bis heute werden die politische Agenda, mulitlaterale Meetings und Verhandlungen rund um Mahlzeiten geplant und dabei Räumlichkeiten, Sitzordnung und Menüfolge genutzt, um non-verbale Botschaften zu senden. Als Präsident Obama und Präsident Medvedev 2010 den formellen Rahmen des Weißen Hauses verließen, um bei Ray’s Hell Burger leger zu Mittag zu essen, gingen die Fotos davon um die Welt. Alessandra Roversi, MA in Food Culture & Communications, hat sich im Rahmen ihrer Masterarbeit ¹ damit auseinandergesetzt, inwiefern unterschiedliche Staaten kulinarische bzw. Gastrodiplomatie betreiben. »Der Unterschied zwischen den beiden Konzepten liegt vor allem im Publikum, an das sie sich richten«, erklärt sie. Während sich kulinarische Diplomatie auf Eliten und diplomatische Kreise beschränke, ziele Gastrodiplomatie auf die breite Masse, insbesondere die ausländische Öffentlichkeit ab, erläutert Roversi. So hätten in den letzten Jahren mehrere Nationen Kampagnen mit dem Ziel gestartet, ihr kulinarisches Erbe über die Landesgrenzen hinaus zu vermarkten, um damit das Image ihres Landes zu stärken und wirtschaftliches Investment durch Tourismus und Handel anzukurbeln. Die meisten Kampagnen gehen von kleinen und mittelgroßen Staaten aus und richten sich momentan

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noch primär an Amerika und Hauptstädte, so Roversi. Ein Umstand, den sie darauf zurückführt, dass Esskultur als soft power gilt, die sich Staaten zunutze machen können, um ihr Defizit an militärischer oder wirtschaftlicher hard power zu kompensieren und ihr politisches Standing zu verbessern. Mit der nationalen Esskultur von der unesco als immaterielles Kulturerbe gelistet zu werden, steht hierbei bei vielen ganz oben auf der To-do-Liste. Frankreich ist dies 2010 mit der hohen Form der französischen Kochkunst als einem der ersten Länder gelungen. Vergangenes Jahr sind auch die japanische Kochkunst des Washoku, die koreanische Kimchi-Zubereitung und die uralte georgische Weinausbaumethode in Amphoren zum Weltkulturerbe erklärt worden. Mit biorama hat Alessandra Roversi über Rolle und Chancen der Gastrodiplomatie gesprochen.

Gastrodiplomatie & kulinarische Diplomatie Auslandsbeziehungen, in deren Rahmen Regierungen und Institutionen nationale Lebensmittel und Kochkunst als Kommunikationsmittel einsetzen. Ziele ­  Einfluss bei Verhandlungen erhöhen — — Image stärken — Inlandsinvestitionen werben — Lebensmittelexporte und -handel fördern — Gastro-Tourismus steigern

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biorama: Gibt es Erfolgsgeschichten von Staaten, denen es gelungen ist, ihre Esskultur als soft power einzusetzen? alessandra roversi: Die Erfolgsmessung hinsichtlich soft power ist immer problematisch. Edward R. Murrow, ein ehemaliger Geschäftsführer der Informationsagentur der usa, hat einmal gesagt: »Keine Kasse klingelt, wenn ein Mann seine Meinung ändert.« Trotzdem können wir Länder beobachten, die signifikante Gastrodiplomatie-Programme implementiert haben und in den letzten Jahren auf der kulinarischen Bühne der Welt mehr geboten haben als andere. Peru und die Nordic Cuisine etwa haben dadurch an Popularität gewonnen und werden weltweit geschätzt. Welche Länder sind die Big Player in Sachen Gastrodiplomatie? Wie sieht’s mit Europa aus? Bei der berühmtesten Landesküche denken die meisten an Frankreich oder Italien. Dabei haben beide kein explizites Gastrodiplomatie-Programm mit definierten finanziellen oder personellen Ressourcen, wie es seit 2002 etwa in Thailand, Malaysien, Taiwan und Südkorea, aber auch in Peru und den Nordländern der Fall ist. Einige europäische Länder haben sich aktiv dafür eingesetzt, um mit ihrem kulinarischen Erbe von der unesco gelistet zu werden, eine gastrodiplomatische Strategie haben sie aber noch nicht entwickelt. Im Fall von Korea ist von »Kimchi Diplomacy« die Rede, bei Taiwan von »Dim Sum Diplomacy«. Weshalb diese Reduzierung auf ein Nationalgericht? Das sind simple Schlagworte für Kampagnen. Es ist viel einfacher, ein Gastrodiplomatie-Programm zu präsentieren, das sich in einem Wort zusammenfassen lässt. Essen wurde schon immer gerne verwendet, um eine nationale Identität auszudrücken: Krauts für die Deutschen, Frösche für die Franzosen oder Makkaroni für die Italiener. Leider werden solche Bezeichnungen häufig abschätzig gebraucht. Viele Länder sind aber stolz auf ihre Assoziation mit einem Produkt. 2015 findet die Expo in Mailand statt. Eine potenzielle Bühne für gastrodiplomatische Kampagnen? Die Weltmessen sind seit Mitte des 19. Jahrhunderts ein wichtiges Marketinginstrument für Nationen. Da das Thema der Expo 2015 einen kulinarischen Bezug hat (Anm. d. Red.: »Feeding The Planet« ist das Generalthema), wird es spannend werden zu sehen, wie sich Länder mit ausgeklügelten Gastrodiplomatie-Programmen im Vergleich zu anderen am Event präsentieren.

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Arnold Pöschl

# Aufgegessen »Sind sie damit fertig? Ich würde das gerne fotografieren.« Was kommt nach dem Foodporn? Unser Fotograf hat die Ästhetik leer gegessener Teller am Benediktiner-Markt in Klagenfurt festgehalten.

#gemischter #salat

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20 Jahre Ja! Natürlich haben das Land verändert. Ist die Umwelt glücklich, dann sind wir es auch. Zu unserem Glück war Chemie noch nie so wirklich unser Fach. Dafür sind wir die Besten in Bio – und das seit 1994. Weil wir in Mathe auch immer ganz gut waren, hier ein kleines Rechenbeispiel: Addiert man verkürzte Tr a n s portwege aufgrund regionaler Produktion mit dem Verzicht auf Kunstdünger und Spritzmittel, wurden in 20 Jahren ganze 420.000 Tonnen CO2 eingespart! Das beweisen heute nicht nur unsere

fruchtbaren Felder und Gärten, sondern auch der strahlend blaue Himmel über Ihnen. Und wenn Sie den Blick vom blauen Himmel nun zu Ihrem Papierkorb wenden, werden Sie bemerken, was wir noch so erreicht haben. Seit 2011 haben unsere biologisch abbaubaren „Bio in Hülle und Fülle“-Verpackungen aus erneuerbaren Rohstoffen nämlich ganze 100 Tonnen Kunststoff eingespart. Deshalb können wir uns heute nicht nur Bio-Weltmeister, sondern auch Umweltmeister nennen.

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#cafe #kaffee #cappuccino

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Jürgen Schmücking

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Zwischen Einkaufswagerl und Ernteanteil

Wer es mit dem Genuss regionaler Produkte ernst meint, wird sich ein Netzwerk an Produzenten aufbauen und öfter mal auf dem Bauernhof vorbeischauen müssen.

Ein Blick in unsere Kühlschränke und Vorratskammern ist aufschlussreich. Sie sind die Spiegel unserer Esskultur. Wie regional ist, was wir darin finden?

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Regionalität

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Gewinn an Lebensqualität und Wohlbefinden

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s ist eine der Schlüsselszenen im Film »Ratatouille«. Der griesgrämige Restaurantkritiker kostet, überheblich und gelangweilt, von einem einfachen Gericht und erlebt Unfassbares. Binnen Sekundenbruchteilen lösen Aroma und Geschmack des provencalischen Gemüsegerichts kristallklare Erinnerungen aus. Plötzlich steht er als kleiner Bub in der Küche der Mutter, sieht sie Melanzani, Zwiebel und Zucchini schneiden und kann den Kräuterduft nach Lavendel, Salbei und Thymian riechen. In diesem Moment verändert sich der Kern seines Wesens. Regionale Lebensmittel sind vor allem deshalb ein Trend, weil sie unsere Sehnsucht nach dem Ursprünglichen, dem Authentischen stillen. Und natürlich, weil es die Konsumenten satt haben, sich permanent mit den Fehlentwicklungen der Lebensmittelindustrie auseinander zu setzen. Pferdefleisch und ehec seien genannt, sind aber nur die Spitze des ungustiösen Eisbergs.

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Um Lebensmittel einzukaufen, die in der eigenen Region angebaut und / oder produziert werden, gibt es eine Reihe von Möglichkeiten. Dazu aber gleich eine Warnung vorweg: Wer es ernst meint, wird für die Beschaffung mehr tun müssen, als nur in den Supermarkt zu gehen. Sich mit guten, handwerklich hergestellten, regionalen und saisonalen Lebensmitteln zu versorgen ist ein Prozess. Es gilt, ein Netzwerk aufzubauen, die persönlichen Beschaffungswege zu planen, zu lagern und mit großer Wahrscheinlichkeit auch, die Kochgewohnheiten zu ändern. Das klingt zwar nach größerem Aufwand (was es definitiv auch ist), allerdings ist es insgesamt ein Gewinn. Der Einkauf am Bauernmarkt, das Abholen des Ernteanteils bei der Food-Coop oder das Treffen mit dem Rinder- oder Schweinezüchter für die Übergabe des Fleischpakets. All das ist wesentlich befriedigender, als jeder Einkauf im Supermarkt, bei dem meist unbedacht und unpersönlich seelenlose und in der Regel weit gereiste Nahrungsportionen in den Einkaufswagen wandern. Es ist ein Gewinn an Lebensqualität und Wohlbefinden. Allerdings hat der Lebensmitteleinzelhandel die Zeichen der Zeit erkannt und bietet eigene Linien regional hergestellter Produkte an. Den Anfang machte Hofer, bzw. Werner Lampert, mit seiner »Zurück zum Ursprung«-Linie. Biologischer Anbau als Grundvoraussetzung, CO²-Bilanz als zusätzliche Information für die Kunden und immer mit entsprechendem Herkunftshinweis. Mittlerweile haben die anderen großen Ketten nachgezogen. Die Rewe Group positioniert sich mit der neuen Eigenmarke »Da komm’ ich her«, Spar bietet in seinen Interspar-Märkten seit kurzem lokale Produkte unter der Marke »Von dahoam des Beste« an. Das Logo, ein Apfel in der Form eines Herzens, spricht dabei genau an, worum es geht. Die tiefe Sehnsucht nach Heimat, Ursprünglichkeit und einfachen Dingen. Diese Projekte sind zwar ambitioniert und begrüßenswert, greifen letztlich aber zu kurz. Der cremige Hochland-Honig von den Mühlviertler Hochland-Imkern ist ein grandioses Pro-

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in Österreich

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dukt. Ebenso die Amlacher Kasnudeln oder Grüne Veltliner aus dem Burgenland. Es sind auch lokale Produkte, aber natürlich nur dort, wo sie auch hergestellt werden. In den Filialen in Vorarlberg oder der Steiermark (wo es ebenfalls sensationellen Honig gibt), sind die Honige der Hochland-Imker keine regionalen mehr. Dabei eignet sich gerade Honig als Beispiel dafür, denn eines der zentralen Argumente aus der Perspektive gesunder Ernährung ist, dass Lebensmittel, die im näheren Umfeld entstehen, deswegen gesund sind, weil sie das biologische Milieu der Region widerspiegeln. Der Honig von der Wiese ums Eck enthält also die gleichen Pollen und Partikel, mit denen auch der Mensch täglich konfrontiert ist. Es gibt Fachleute, wie die Salzburger Kräuter-Spezialistin Karin Buchard, die die Entstehung von Allergien auf den dauerhaften Genuss von Lebensmitteln zurückführen, die nicht aus dem eigenen Lebensraum kommen.

Was ist regional?

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Wenn Ihnen die Heizkosten über den Kopf zu wachsen drohen, schaffen wir Abhilfe. Oft reicht es schon, den alten Heizkessel gegen ein neues, energieeffizientes Modell zu tauschen. Am besten in Kombination mit Biomasse, Solar- oder Erdwärme. Das bringt Sie wieder auf die Beine.

hohe Heizkosten? lassen Sie den Kopf nicht hängen

Die Frage, was »regional« ist, ist eigentlich gar nicht so verzwickt. Die Rohstoffe müssen innerhalb eines vernünftigen Umkreises angebaut werden. Die Verarbeitung muss ebenfalls innerhalb der Region liegen. Wie genau »Region« dabei definiert ist, muss jeder für sich entscheiden. Für den Fleisch- und Fischkonsum ist natürlich noch zu klären, woher die Futtermittel kommen. Auf gesamtwirtschaftlicher Ebene – tierethische Aspekte sind wichtig, lassen wir in dieser Diskussion aber außen vor – sprechen wir von Fleischproduktion. Dabei ist die Frage wichtig, wieviel Protein ist erforderlich, um ein Kilogramm Schweine- oder Rindfleisch zu produzieren. Für die Entscheidung, ob Fleisch regional ist, reicht es also nicht, nach Waldviertler Blondvieh, Sulmtaler Hühnern oder Turopolje-Schweinen zu fragen. Es ist auch zu klären, wie diese Tiere gefüttert wurden und woher das Futter dafür kam. Wenn all diese Fragen beantwortet sind, steht dem Genuss von regionalen Produkten nichts mehr im Weg. Der Inhalt des Kühlschranks, der Gefriertruhe und der Speisekammer wird sich dann verändert haben. Es ist aber eine Veränderung in die richtige Richtung. Für Körper, Geist und Seele. Und für die Welt.

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Regionalität

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Jürgen Schmücking

Der Geschmack der Heimat »Regional ist das neue Bio« ist ein Spruch, der an Dämlichkeit kaum zu überbieten ist. Der Weg regionaler Produkte zum Gast oder Kunden ist steinig und nicht immer klar.

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infach betrachtet, wäre die Sache ja ganz einfach. Was »bio« ist, bestimmt die EU-Verordnung, was »saisonal« ist, der Kalender, und was »regional« oder »lokal« bedeutet, der Boden bzw. die Landschaft – und weil das alles so schön zusammenpasst, reden wir von »saisonal, regional und bio« als der heiligen kulinarischen Dreifaltigkeit der Lohas-Generation. Nur ist es leider nicht so einfach. Die drei sind zwar Geschwister und haben demnach viel gemeinsam, aber wie das bei Geschwistern eben ist, hängt hin und wieder der Hausfrieden auch schief. Welthandel, moderne Logistik und ganz und gar nicht stabile Konsumpräferenzen haben alles ziemlich durcheinandergebracht.

Begrifflichkeiten und Befindlichkeiten Wenn wir uns den Begriffen zuwenden, bleiben wir sehr schnell bei »regional« hängen. Bio ist hinlänglich reglementiert, den Takt für »saisonal« gibt der gregorianische Kalender vor. Das Gespür für die richtige Saisonalität von Produkten ist bei uns ohnehin gut ausgeprägt. Denken wir nur an etablierte Institutionen wie die herbstlichen Wildbretwochen, die Jungwein-Euphorie, den jährlichen Spargel-Wahnsinn oder den Wachauer Marillen-Hype. Bei den meisten Konsumenten ist die Präferenz für Regionalität ausgeprägter als die für Bio-Produkte. Dieser Wunsch nach Authentizität, persönlichem Bezug zu Produkt und Produzenten, Einfachheit und in letzter Konsequenz auch Heimat wurzelt tief. Er kann als Gegenhaltung zu einer Lebensmittelindustrie verstanden werden, die uns genau um diese Werte betrügt. Handwerkliche Produktion, persönliche Beziehung und Herstellung in naher,

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intakter Landschaft werden uns höchstens noch in der massenmedialen Werbung vorgegaukelt. Irgendwie ist es schlüssig, dass es die Menschen satt haben und sich in regional und handwerklich hergestellten Lebensmitteln sinnvolle Alternativen suchen. Aber Moment! Was heißt eigentlich »regional«? Schon bei dieser scheinbar einfachen Begriffsklärung geraten wir ins Wanken. Egal, ob man den Begriff googelt oder ordentlich recherchiert, man wird eine Unzahl von Definitionen finden, jede davon mehr oder weniger brauchbar für unseren Zweck. Josef Floh, Wirt in Langenlebarn in Niederösterreich, hat sich seine eigene regionale Wirklichkeit geschaffen, indem er mit Landkarte und Zirkel einen Kreis festgelegt hat, innerhalb dessen er die Produkte für sein grandioses »Radius 66-Menü« bezieht. Es funktioniert. Getreide beispielsweise in allen Varianten vom Meierhof, Rohmilchkäse von Robert Paget, das Gemüse von Peter Lassnig – alles innerhalb der selbst gewählten 66 km. Der Floh trifft damit genau den Zeitgeist und vor allem erfüllt er damit ein Kriterium, das ein regionales Produkt aufrichtig zu einem solchen macht. Es wird nicht nur in einer Region hergestellt (schließlich wird jedes Produkt in irgendeiner Region hergestellt), es wird auch in derselben Region verarbeitet und konsumiert. Genau das ist der Unterschied, der einen Unterschied macht. Niemand wird bezweifeln, dass steirisches Kürbiskernöl ein regionales Produkt ist. (Nein, ich will jetzt nicht darauf hinaus, dass auch chinesische Kerne zu Kernöl verarbeitet werden). Aber ist es immer noch »regional«, wenn es in Bregenz im Supermarktregal steht oder wenn im Hotel am Arlberg damit gekocht wird?

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Die Logik des Regionalen Erst kürzlich brachte die Tiroler Marke Bio vom Berg der Bauer muss erst aus seinem Tal raus, ein kurzes ein neues Joghurt auf den Markt. Ein Fruchtjoghurt Stück Autobahn und dann den Pillberg hinauf, bis ans in drei Geschmacksrichtungen. Hergestellt in Italien. Ende der Straße. Weil in den Tiroler Bergen auch immer #Aufschrei? Mitnichten. Bei genauerer Betrachtung einmal viel Schnee liegt und die Straßen eng und steil wird klar, dass das Joghurt zwar in Vipiteno, sprich Ster- sind, ist er mit seinem Geländewagen unterwegs. Nicht zing, hergestellt wird, dabei aber Milch von Biobauern mit so einem urbanen Bobo-SUV, bei dem die Besitzer aus Nord- und Südtirol verarbeitet wird. Bio vom Berg Herzflattern bekommen, wenn sie durch gemähtes Gras argumentiert sogar gerade mit Regionalität und stellt fahren und die Alufelgen dreckig werden. Mit einem richtigen. Was das für den ökologischen Fußabdruck damit Landesgrenzen als Gegenargument für regionale Produkte in Frage: »Damit auch zur Besonderheit die- der Produkte bedeutet, braucht nicht weiter erörtert zu ses regionalen Bio-Produktes: Die frische Bio-Milch werden. Die zweite Möglichkeit ist, dass die Produkte wird in Sterzing verarbeitet und kommt von Bio-Bau- über das System der Gastro-Logistik zugestellt werden. ern aus Nordtirol und Südtirol. Für den Hotelier bedeutet das, Diese Kooperation macht Sinn. dass er den Alpbachtaler BioFür die Bio-Betriebe dies- und Ziegen-Rohmilchkäse (Artikeljenseits des Brenners sind sehr Nummer N3-1290556a) bequem gute Milchpreise möglich. Die über einen Webshop bestellen kann. Der Käse ist dann Qualität des Joghurt ist herauszwei oder drei Tage später bei ragend, eine besondere Regider wöchentlichen Lieferung onalität ist gesichert.« Womit dabei, mit der auch Brokkoli, wir bei einem Kernproblem bei der ganzen Thematik angeRindfleisch und Mineralwasser kommen sind: Der Logistik des geliefert werden. Der Haken Regionalen. Um das zu skizdabei: Der Käse wird natürlich zieren, ein kurzes Beispiel. In nicht unmittelbar ins Hotel Tirol, im oberen Unterland, geliefert, sondern muss erst in ein Zentrallager und von dort bzw. im unteren Oberland, also dann ins Hotel gebracht werzwischen Zillertal und dem Mieminger Plateau, gibt es eine den. Diese Zentrallager sind in Reihe von Bio-Hotels. Eine der der Regel nicht in Tirol, ja nicht Kernkompetenzen der Bioeinmal im Westen des Landes. Hotels ist die hundertprozenSie sind im Großraum Linz, in tige Verwendung zertifiziert Zwettl oder irgendwo in der biologischer Lebensmittel in Nähe von Salzburg. Für den Gast bedeutet das: Sein regioder Küche. Es gibt Ausnahmen Werden die Schafe im Nachbarort naler (und der Hotelier wird im Bereich Wild, Schwammerl mit Sojaschrot aus Südafrika natürlich weiterhin erzählen, und einigen Exoten. Darum geht gefüttert, dann ist der Käse kein es hier aber nicht. Es geht vieldass es ein Käse vom Nachbartal »regionales« Erzeugnis mehr. mehr darum, dass die Betriebe ist) Käse hat ein paar hundert klarerweise auch PartnerschafKilometer am Buckel, bevor ten mit Bio-Produzenten, die in ihrer unmittelbaren er aufs Brot oder die Käseplatte kommt. Vom Aspekt Nachbarschaft liegen, eingehen. Jetzt das Beispiel: Die des ökologischen Fußabdrucks betrachtet, ist er damit Hersteller sind ein Ziegenbauer und eine Ziegenbäue- immer noch günstiger und nachhaltiger als der, den der Bauer im Kofferraum seines Defenders selbst den Berg rin, die im Alpbachtal leben und arbeiten. Die Käserei hinaufkarrt. Das ist logisch und rational. produziert sensationellen Bio-Ziegen-Rohmilchkäse und ist prädestiniert, das nächstgelegene Bio-Hotel am Darum geht es aber nicht. »Der Geschmack der HeiPillberg zu beliefern. 30 Kilometer Luftlinie. Gut, das mat« hat nichts (oder wenig) mit Vernunft zu tun. Es ist Konzept »Luftlinie« ist in Tirol nicht wirklich brauchbar, ein hochemotionales Bedürfnis. Eine Frage des Herzens. trotzdem ist es das Nachbartal, und für die Hotelgäste Wenn der Kopf verstanden hat, dass sich die Grenzen bedeutet das gefühlte Regionalität. zwischen zwei Ländern und regionale Produktion nicht Die Frage ist, wie kommt der Käse ins Hotel? Genau widersprechen und dass es manchmal notwendig und hier wird es haarig. Es gibt ein paar Möglichkeiten, und für die Umwelt besser ist, lokale Produkte über einen keine davon ist überzeugend. Erstens: Der Ziegenbauer weiten Umweg zum Gast zu schicken, wird auch das liefert direkt ins Hotel. Das ist für den Hotelier bequem, Herz sich freuen.

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Biorama Nº. 33

Elternalltag / Ursel Nendzig

Ha, erwischt! Ihr habt gehofft, dass ich verrate, wo es die besten Indoor-Spielplätze gibt. Ich muss euch enttäuschen, es wird hier nur gemeckert.

illustration Nana Mandl, Katharina Hüttler / agentazur.com

Spielräume

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»Ich will selbst entscheiden, was gefährlich und was nicht gefährlich ist.«

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irekt neben unserem Spielplatz wurde ein Baum gefällt. Zwei Mitarbeiter des Wiener Stadtgartenamtes sägten ihn um, eine Art Ringlottenbaum, der weit und breit als der beste Kletterbaum Wiens und der Welt bekannt war. Er hatte dicke Äste, die ersten schon direkt über dem Boden; sie bildeten außerdem ein annähernd dichtes Dach, durch das man kaum hinein-, aber gut hinaussehen konnte. Alle Kinder der Umgebung kletterten dort ständig und dauernd herum, spielten Verstecken, bauten sich Lager, bewarfen andere Kinder mit matschigen Ringlotten, das Übliche. Und jetzt: meinen Kindern die Chance, selbst zu lernen, wie leicht ein Ast brechen kann umgesägt. Ich stieß einen Schrei aus und der Mann mit der Säge stoppte sie und drehte und wie hoch sie sicher klettern können? sich zu mir um. Ich fragte ihn, wie es ein Dahinter steckt natürlich die Angst davor, Mensch mit Herz denn schaffen könne, die- das Kind eines bissigen Anwalts könnte sen Godfather aller Kletterbäume einfach einmal beim Klettern abstürzen. Das ärgert umzuschneiden!? (Okay, ich fürchte, ich mich fast noch mehr als die Tatsache, dass habe ihn sogar leicht beschimpft. Denn man ständig bevormundet wird. Und sich später musste ich mich meinem Sohn, irgendwann so sehr an diese Bevormundung aka das Jüngste Gericht, stellen: »Mama, gewöhnt hat, dass man, sobald kein Achtungwas hast du zu dem Mann gesagt?« Und: Schild dran hängt, automatisch davon ausgeht, dass es schon passen wird: Bevor man nach den »Das darf man eigentlich nicht sagen, stimmt’s?«) Zur Verteidigung des KetKleinteilen sucht, schaut man erst nach dem tensägenmörders muss ich sagen, er »Achtung, Kleinteile!«-Aufkleber. Bevor man fühlte sich nicht unbedingt wohl in einem Zweijährigen ein Lego gibt, liest man die seiner Haut, er entschuldigte sich, er Altersangabe (und lässt es dann, weil es ab Vier ist). Wenn keine Geschwindigkeitsbeschränkung führe nur eine Anweisung von oben angegeben ist, fahren wir trotzdem mit hundert aus etc., weil: der Baum sei zu gefährlich zum Klettern. Sachen in die Kurve. Wird schon passen! Wenn es gefährlich wäre, würde es schon dranstehen! Wird schon passen Lasst uns doch in Ruhe mit euren Auf- und Vorschriften. Lasst uns doch selber ausprobieren, was Das regt mich so auf! Es ärgert geht und was nicht. Gebt uns Eltern doch unsere mich, dass mir meine Kompetenz genommen wird, selbst zu entKompetenz zurück, damit wir sie an die Kinder weitergeben können. Und lasst uns doch selber die Konscheiden, was gefährlich und was nicht gefährlich ist. Wieso nimmt sequenzen tragen. Lasst uns doch unsere Spielräume! Wir versprechen dafür, euch nicht zu verklagen. die Stadt Wien mir und damit

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I Love Brot

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Sarah Krobath

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Eine zukunftsfähige Kooperation Ein multidisziplinäres Team hat sich dem unverkauften Brot von heute angenommen und ein Geschäftsmodell von morgen geschaffen.

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bild Eva Engelbert, Foto Studio Dankl

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s ist 20 Uhr und die Filiale der Bäckerei Felzl in der Wiener Lerchenfelder Straße ist so leer wie meine Brotdose zuhause. Ich mache mich also auf den Weg zum ehemaligen Standort in der Schottenfeldgasse 88, wo sich nach wie vor die Backstube von Felzl befindet. Dort, im Nischeneingang, gibt es seit Kurzem einen Brotautomaten, der jeden Abend nach Ladenschluss mit dem Brot und Gebäck des Tages bestückt wird, das von vergesslichen Spätkunden wie mir zu einem günstigeren Preis gekauft werden kann. Die Idee dazu stammt von einem fünfköpfigen Expertenteam aus den Bereichen Social Design, Nachhaltigkeitsberatung, Umweltbewertung und Ökobilanzierung rund um Kathrina Dankl. »Ich wollte ein Projekt zum Thema Lebensmittelabfall mit einem konkreten Unternehmen umsetzen«, erklärt die Produktdesignerin und Initiatorin der von der Wiener Kreativagentur Departure geförderten Arbeitsgruppe.

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I Love Brot

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Diese Damen und Herren lieben Brot (von links nach rechts): Angie Rattay, Wolfgang Wimmer, Thomas Hruschka, Andrea Lunzer und Kathrina Dankl

bild TimTom, Julia Fuchs, Rupert Pessl

We love Brot! Mit Bäckermeister Horst Felzl als Partner hat das Team eineinhalb Jahre lang an einem Konzept zur Abfallreduzierung gewerkt und schließlich das Projekt »I love Brot« gestartet. Die Umweltbewertung von Wolfgang Wimmer, bei der Energieverbrauch, Bestellwesen und Spritverbrauch bei der Auslieferung genau unter die Lupe genommen wurden, aber auch Gespräche mit Mitarbeitern, von Kunden geführte Brottagebücher und als Tischsets gestaltete Kurzfragebögen lieferten wertvolle Informationen. So wurde ermittelt, dass pro Woche eine Sonntagsladung (16 % der Produktion) Brot aus den Filialen retour kommt und bei den Kunden ein Viertel des gekauften Brots im Müll landet. Was folgte, war ein »wechselseitiger Lernprozess«, wie es Thomas Hruschka, beschreibt. »Anfangs haben wir uns lange damit beschäftigt, ob man die Logistik des Nachbestellens verbessern kann. Ein theoretisch interessanter Aspekt, bei dem man an kleinen Schräubchen drehen kann, was aber das Problem nicht löst.« Stattdessen setzte man bei der zu Ladenschluss unverkauften Ware an. Neben dem Brotautomaten entwickelte das Team gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur Wien aus Retourware veredelte Brotchips, die sogenannten Felzolini. »Ich glaube, dass viele kmu nicht daran denken, eine Kooperation mit einer Uni einzugehen – ein weiterer Mehrwert, den das Zusammenarbeiten mit unterschiedlichen Disziplinen bringen kann«, betont Kathrina Dankl. Das Projekt wird Ende des Jahres abgeschlossen sein, die Zusammenarbeit aber soll weitergehen und sich künftig auch Problemstellungen anderer Unternehmen widmen – wie, das verraten Kathrina Dankl, Thomas Hruschka und Andrea Lunzer im Interview.

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biorama: Wie kann man sich euren Co-Kreationsprozess vorstellen? andrea: Co-Kreation heißt einerseits, dass wir miteinander, aber auch mit den Kunden und Mitarbeitern eines Unternehmens arbeiten. Das Ziel ist, dass alle in einem sehr frühen Stadium miteinbezogen werden. kathrina: Bei Felzl wollten wir den persönlichen Bezug herstellen und Ideen von beiden Seiten speisen, indem wir schauen, was jede Kundin, jeder Kunde tun kann und was die Bäckerei machen sollte, um am Ende weniger Brotabfall zu haben. thomas: In so einem Prozess kriegt man einerseits Informationen und damit auch Ideen von den Konsumenten, die ja in gewisser Weise auch Experten fürs Brotkaufen sind. Auf der anderen Seite haben wir ihnen über das Projekt erzählt. Was da passiert, ist also sehr multidimensional. Gemeinsam entwickelt ihr »zukunftsfähiges Design«. Was versteht ihr darunter? kathrina: An den Kern des Problems zu gehen und unter Einbeziehung derer, die es betrifft, an einer Lösung zu arbeiten. Lebensmittelabfall ist auf den ersten Blick kein glamouröses Thema. Deshalb ist es umso essenzieller, dass die Lösung kommuniziert wird und greifbar wird, bei Felzl etwa durch die Brottagebücher und unsere Präsenz in den Shops. andrea: Beim Marketing haben wir uns gefragt: Wie können wir das anders angehen als mit dem tausendsten Slogan? Wir haben sehr darauf geachtet, mit Transparenz zu arbeiten und die Kunden am Prozess teilhaben zu lassen. Wie bestimmt ihr, ob »I love Brot« erfolgreich war? kathrina: Die Evaluierung war ein wichtiger Faktor für uns, deshalb haben wir am Beginn des Projekts

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auch diese Datengrundlage geschaffen. Die Erfolgsmessung wird aber nicht nur in Zahlen stattfinden, sondern auch in Gesprächen mit Horst Felzl, den Mitarbeitern und Kunden darüber, wie sie die Veränderungen wahrnehmen. An welche Unternehmen richtet sich euer ServiceAngebot? kathrina: Wir haben viel Erfahrung im Bereich Essen und Produktion von Lebensmitteln gesammelt, deshalb sind im ersten Schritt Kunden in einem verwandten Bereich naheliegend. Es muss sich aber nicht darauf beschränken. Was zeichnet eure Arbeitsweise in Kooperation mit Unternehmen aus? thomas: Im Fall von Felzl hatten wir ein konkretes Problem zu lösen. Wenn man sich anschaut, wie Firmen Problematiken wahrnehmen, spüren sie häufig ein Symptom, kennen aber das eigentliche Problem dahinter nicht. Der Mehrwert dieser Gruppe wird sein, von so einem gefühlten Symptom zunächst auf das eigentliche Problem und in Folge auf konkrete Lösungen zu kommen. kathrina: Wir legen uns nicht darauf fest, ob die Lösung ein verbessertes System, eine Dienstleistung oder ein Produkt ist, gehen aber davon aus, dass es etwas Greifbares ist, was uns auch von anderen Beratern unterscheidet. thomas: Ein Mehrwert für den Unternehmer ist sicherlich die Fülle an Ideen, die er durch die Transdisziplinarität der Gruppe und die verschiedenen Lebenserfahrungen ihrer Mitglieder bekommt.

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Nur weil es sieben Uhr Abend schlägt, verliert das Brot nicht seine Wertigkeit. Thomas Hruschka WWW.UNIVERSALMUSIC.AT

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Die Welt, die wir uns wünschen

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von wolfgang smejkal

electric Water nicht jeder auf der welt hat freien zugang zu sauberem trinkwasser und elektrizität. eine 17-jährige erfinderin aus kanada hat sich aufgemacht, beide probleme auf einen schlag zu lösen.

Wasser verspricht für das 21. Jahrhundert das zu werden, was Erdöl für das 20. Jahrhundert war: das kostbare Gut, welches den Reichtum einer Nation bestimmt. 85 % der Weltbevölkerung lebt in den trockensten Regionen der Erde, unter denen sich gleichzeitig einige der ärmsten Länder befinden. Aufgrund dieser ungleichen Voraussetzungen und aus Angst vor daraus resultierenden Konflikten sehen Regierungen und multinationale Energiekonzerne Wasser auf globaler Ebene als ein knappes Wirtschaftsgut an, das rationiert werden muss, anstatt als grundlegendes Menschenrecht. Das führt zu einer paradoxen Situation: Auf der einen Seite Großkonzerne wie Nestlé, die in Schwellenländern wie Brasilien, Pakistan oder Südafrika die sauberen Trinkwasserquellen für ihre Abfüllanlagen anzapfen. Auf der anderen Seite die Bewohner, ohne eigenen Zugang zu frischem Wasser, dafür mit Wasser in Plastikflaschen in den Geschäften, das sie sich nicht leisten können. Ihnen bleibt nur, kilometerweit zu den wenigen verbliebenen

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öffentlichen Quellen zu wandern oder das mit Chemikalien und Bakterien verschmutzte örtliche Wasser zu trinken. Sechs Mrd. Euro Gewinn macht der Schweizer Konzern jährlich mit seinen weltweit 73 Wassermarken. Die bekannteste heißt »Pure Life« und wird vor allem in Entwicklungsländern verkauft.

Saubere Energie und sauberes Wasser Motiv genug für die 17-jährige Schülerin Cynthia Lam aus Melbourne, eine universale Lösung anzubieten: Ihre bahnbrechende Erfindung reinigt verschmutztes Abwasser per Fotokatalyse und erzeugt dabei Strom. Der »H²Pro« ist ein mobiles Gerät zur Wasserreinigung, braucht außer der Sonne keine externe Energiequelle und nutzt die aus dem Wasser gefilterten Schadstoffe zur Stromerzeugung. Damit zählte die Jugendliche verdientermaßen zu den Finalisten der diesjährigen Google Science Fair, ein Wissenschafts- und Technologiewettbewerb, der einmal im Jahr weltweit für Schüler und Schülerinnen zwischen 13 und 18 Jahren ausgeschrieben wird – für Erfindungen, die unsere Welt nachhaltig verbessern sollen. »Im Prozess der Fotokatalyse wird Wasser nicht nur gereinigt und sterilisiert, durch die Aufspaltung des Wassers wird zusätzlich auch Wasserstoff produziert, der zur Stromerzeugung genutzt werden kann«, erzählt die chemiebegeisterte Schülerin über den Ursprung ihrer Idee. Mit ihrer Forschungsarbeit zur Fotokatalyse begann Lam vor eineinhalb Jahren, nachdem sie für ihr Vorhaben ein Stipendium des Victoria Science Talent Search bekommen hatte. Das verblüffende Resultat war die Entwicklung des tragbaren »H²Pro«Wasserreinigers, der lediglich Sonnenlicht und Titan zum funktionieren braucht. In einem chemischen Vorgang absorbiert Titanoxid die UV-Energie aus dem Son-

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Cynthia Sin Nga Lam

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nenlicht, was zu einer sogenannten Redox-Reaktion führt, die organische Verbindungen oxidieren lässt. In der Praxis läuft das folgendermaßen ab: Auf der einen Seite des Behälters wird verschmutztes Wasser eingefüllt und durch ein von der Sonne aktiviertes Titangewebe geleitet. Das so sterilisierte Wasser nimmt dann seinen weiteren Weg durch einen zweiten Filter und ist am Ende gereinigt und trinkbar. Bis zu 90 % der im verunreinigten Wasser enthaltenen organischen Substanzen können so innerhalb von zwei Stunden in unschädliches Kohlendioxid sowie Wasser umgewandelt werden. Durch die Aufspaltung von Wasser entsteht zusätzlich Wasserstoff, der sich über eine integrierte Brennstoffzelle zur Energieerzeugung nutzen lässt. »Die Stromerzeugung verläuft noch etwas instabil«, wie Lam einräumt, »aber ich werde das Gerät solange weiterentwickeln, bis es verlässlich Strom erzeugt.« Das Revolutionäre an Cynthia Lams Entwicklung: Neben Titan benötigt der Prozess der Wasserreinigung lediglich Sonnenlicht. Bei vergleichbaren Konzepten war stets eine weitere Energiequelle vonnöten gewesen, wodurch sie für abgeschiedene oder weniger entwickelte Regionen nicht einsetzbar waren. Der »H²Pro« hat durchaus das Potenzial, die Welt zu verändern – weltweit leben 1,2 Mrd. Menschen ohne Elektrizität und 780 Mio. haben keinen Zugang zu sauberem Wasser. Von dieser Innovation werden vor allem Menschen in der Dritten Welt profitieren, die so einen Zugang zu Trinkwasser und Strom auf einfache und vor allem autarke, unabhängige Art erhalten. Und Cynthia Lam will sich auch künftig dem Wohl der Menschheit widmen. »Ich möchte gerne Medizin oder Umwelttechnik studieren, weil ich dann in der Lage bin, Menschen in Not zu helfen«, erklärt die sympathische Nachwuchsforscherin ihr Lebensziel.

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Karma-Konsum-Konferenz

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»Einfach leben, erhaben denken« Wie geht einfach? Christoph Harrach lädt Ende Oktober zur Karma-Konsum-Konferenz. Unter dem Titel »Simplicity. Die Notwendigkeit von Einfachheit und Entschleunigung im Business« wird dort viel über das Weniger diskutiert.

INTERVIEW

Astrid Dober, Johanna Stögmüller

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Karma-Konsum

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biorama: Christoph, hast du schon mal gezählt, wie viele Dinge du besitzt oder kannst du das ungefähr schätzen? christoph harrach: Nein, gezählt noch nicht. Aber ich bin mit meiner vierköpfigen Familie umgezogen und da haben wir zum ersten Mal unser gesamtes Hab und Gut in einen 7,5-Tonner reingepackt und das hat gerade so gepasst. Ich habe auch andere Familien gefragt und die meinten, dass sie drei 7,5-Tonner gebraucht haben. Es war trotzdem viel für uns, obwohl wir denken, dass wir sehr bescheiden leben. Laut Statistik besitzt der Durchschnitts-Europäer zirka 10.000 Gegenstände. Ab wann belastet Besitz? Jedes Stück, das man besitzt, braucht ja seine Zeit und seine Aufmerksamkeit. Sei es in der Anschaffung, bei der Installation, beim Reparieren oder bei der Entsorgung am Schluss. Jedes Produkt ist ein Zeitfresser – je mehr neue Produkte man hat, desto mehr Zeit: Man muss sie kennenlernen, installieren und vor dem Kauf die Angebote vergleichen. Mit steigendem Konsum wird auch mehr Zeit gefressen. Ich denke, das ist ein sehr individuelles Gefühl, ab wann es belastet. Ich denke, dass jeder für sich diese Zeitbelastung abschätzen muss. Der Konsumklima-Index des deutschen Marktforschers Gfk ist im September so stark gefallen wie seit drei Jahren nicht. Kommt den Menschen die Lust am Konsum schön langsam abhanden? Ob man das alleine am Konsumklima-Index festmachen kann? Das müsste man an einer längeren Zeitreihe beobachten, aber mein Gefühl ist auf jeden Fall, dass Menschen in der westlichen Welt merken, dass reine Konzentration auf das Materielle nicht glücklich macht. Da sind sich Glücksforscher einig, und Studien zeigen auch, dass zu einem gewissen Grad von Wohlstand das Glück mitwächst. Da wir gerade in Deutschland einen sehr hohen Lebensstandard und damit allgemeinen Wohlstand haben, wächst das Glück nicht mit weiteren Produkten. Deswegen könnte es sein, dass sich Leute belastet fühlen von den Produkten, die dann wieder Zeitfresser sind, aber auch ökonomisch eine Belastung darstellen können und dass sich Menschen daher in dem Bewusstseinswandel befinden, dass weniger Konsum und die Konzentration auf Soziales wie Freunde, Familie

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oder Ökologisches wie die Natur besser ist. Viele Dinge, die individuellen Wert stiften, sind kostenlos. Vielleicht findet da jetzt ein Umdenken statt. »Geld allein macht nicht glücklich, aber es beruhigt« lautet eine sogenannte Lebensweisheit. Kannst du dem Spruch etwas abgewinnen? Auf jeden Fall! Wenn man eine Grundversorgung, eine Grundsicherheit hat, wie ein Dach über dem Kopf, ein Einkommen, so dass man am gesellschaftlichen Leben – wie auch immer das aussieht – teilhaben kann, dann gibt das auf jeden Fall ein gutes Gefühl. Man sollte aber auch etwas vorsichtig mit der Aussage »Weniger ist mehr« sein, weil es letztendlich Menschen gibt, die am Existenzminimum leben und damit von vielen gesellschaftlichen Bereichen ausgeschlossen sind. Dieter Rams, Pionier des Produktdesigns, hat mit seinem Leitsatz »Weniger, aber besser« ein gestalterisches Ideal etabliert. Lassen sich seine zehn Thesen für gutes Design auch in anderen Lebensbereichen anwenden? Qualitativ hochwertige Produkte zu kaufen macht nicht nur ökologisch Sinn, sondern auch langfristig ökonomisch. Sie sind am Anfang zwar teurer, aber durch die lange Lebenszeit halten sie länger. Das heißt, dass man sich keine Neuanschaffungen leisten muss. Man sollte vor jeder Konsumentscheidung prüfen: Brauche ich das wirklich oder will ich das nur haben? Weniger, aber besser zu konsumieren ist eine Laien-Maxime für suffiziente Wirtschaft bzw. für ein suffizientes Leben. Es geht ja darum, die beste Qualität zu bekommen. Wenn ein Produkt Massenware aus Fernost ist, da habe ich a) keine persönliche Beziehung und b) im tiefen Inneren weiß ich, dass da sehr viel Leid drinnen steckt – ja, auch der Mainstream hat schon einmal gehört, dass normale Schokolade oder Textilien mit Kinderarbeit gefertigt werden, das schwingt ja auch in den Massenartikeln mit. Die diesjährige Karma-Konsum-Konferenz steht unter dem Motto »Simplicity«. Wie definierst du Einfachheit? Einfachheit ist für mich die Reduktion auf das Wesentliche, was ich tatsächlich brauche. Durch Reduzierung befreie ich mich vom Überfluss. Der Überfluss hat ja auch seinen Preis, nicht nur in Euro, sondern auch

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Karma-Konsum-Konferenz

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Die von Christoph Harrach initiierte KarmaKonsum-Konferenz findet heuer bereits zum achten Mal in Frankfurt am Main statt.

Überfluss hat ja auch seinen Preis, nicht nur in Euro, sondern auch in Raum und Zeit, die er verbraucht. Christoph Harrach

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in Raum und Zeit, die er verbraucht. Einfachheit ist eine Reduzierung, die für mich aber auch eine Lebensform darstellt. Es gibt ein Zitat eines Yoga-Meisters, in dessen Tradition ich stehe, der sagt: »Einfach leben, erhaben denken.« Das Einfache in der Materie gibt Zeit für soziales Engagement, Philosophie, Kunst und Kultur. Wenn man sich im Materiellen reduziert, dann hat man für diese Dinge mehr Freiraum. Niko Paech, der Post-Wachstumsökologe, sagt auch, dass man Arbeitszeit reduzieren soll, damit man weniger Geld für Konsum hat und damit wieder mehr Zeit für soziales Engagement, Suffizienz, Subsistenzwirtschaft bleibt. Viele Menschen denken beim Begriff Einfachheit an Verzicht, aber für mich ist das eher Befreiung vom Überfluss. Was kann die Karma-Konsum-Konferenz der Steigerungslogik des »Immer weiter, immer schneller, immer mehr« entgegensetzen? Wir haben wieder sehr viele inspirierende Vordenker, die am ersten Tag am Kongress auf wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Ebene Beispiele liefern, wie ein Weniger mehr sein kann. Wir haben Angelika Zahnt, die skizziert, wie wir mit weniger besser leben können – besser im Sinne von nachhaltiger Entwicklung – oder

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auch den Glücksforscher Mathias Binswanger aus der Schweiz, der belegt, dass das Mehr nicht besser ist, sondern dass es andere Wohlstandsindikatoren gibt. Das eine ist, Inspiration zu liefern, das andere die Vernetzung von Menschen, die an einem einfachen Leben interessiert sind, so dass man sich gegenseitig stärkt. Das ist der Kulturwandel vom Massenkonsum zu einer suffizienten Wirtschaft: sich gegenseitig stärken, vernetzen, Kooperationen schließen. Das Weniger kann sich ja in der Tauschökonomie ausdrücken, denn hier muss man gar nicht so viel besitzen, da man aus der Gemeinschaft heraus Dinge zeitweise zur Nutzung leiht. Das kann man auch auf Geschäftsmodelle übertragen, dass man beispielsweise nicht alles selber haben muss, sondern über Kooperationen und Tauschgeschäfte abschließt. Konkret wird unter anderem der Faktor Entschleunigung in der Arbeitswelt thematisiert. Wo krankt unser derzeitiges System deiner Meinung nach? Das System krankt an verschiedenen Stellen. Einerseits ist es das Wachstumsparadigma, ein wesentliches Krankheitssymptom, so nenne ich das jetzt mal. Wenn wir in die Medizin sehen: Ein unbegrenztes Zellwachstum nennen wir Krebs. Wenn man das auf die Wirtschaft überträgt – also ein unendliches Wirtschaftswachstum, das nicht naturgemäß ist, denn die Natur bewegt sich in Zyklen und kann gar nicht weiter wachsen –, dann führt diese denaturierte Perspektive, dass immer alles wachsen kann, zu Krankheiten. Und Krankheiten drücken sich bei Menschen in der heutigen Wirtschaft als psychologische Leiden wie Burn-out, innere Kündigung und hoher Stress aus. Auf der anderen Seite ist natürlich auch der Wettbewerbsgedanke in der Wirtschaft meiner Meinung nach nicht gesund. Der Mensch ist aus meiner Perspektive ein kooperatives, gutes, soziales Wesen, das mit Menschen kooperieren möchte und nicht im Wettbewerb stehen soll. Doch die Wirtschaft geht von Konkurrenz der Menschen aus, der andere immer ausstechen will. Das verursacht ebenfalls Stress. Denn das trennt die Menschen und verbindet sie nicht. Man spricht von »Wettbewerbsabgrenzung« oder »Kundensegmentierung«: Hier grenzen sich Menschen bewusst ab. Das sind trennende Begriffe, die nicht menschengerecht sind und uns krank machen. Wir haben uns zwar schon daran gewöhnt, aber kooperatives Miteinander ist, was der Natur des Menschen inneliegt.

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Yoga-Typologie

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Vom Ashram ins Yoga-Loft Zwischen Räucherstäbchen und Funktionswäsche wird geschwitzt und gedehnt. Ist Yoga Lebensphilosophie oder Lifestyle-Konzept? Versuch einer Typologisierung.

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o vielfältig wie die Asanas, also die Körperübungen im Yoga, so vielfältig sind auch die Vorurteile, die gegenüber der aus Indien stammenden Lehre gehegt werden. Eins vorweg: Das, was wir landläufig unter Yoga verstehen, hat mit der ursprünglichen alten indischen Philosophie freilich nur mehr wenig gemein. Asketische Weltentsagung als Mittel und Weg zur reinen Selbsterkenntnis ist heutzutage, sagen wir mal, nicht unbedingt das hehre Ziel. Die Erleuchtung besorgt dem gemeinen Europäer lieber die Energiesparlampe als die Meditation. Yoga westlicher Prägung umweht da und dort noch immer ein sektenhafter Hauch (die Beatles lassen grüßen), aber mitunter ist auch die Schulmedizin auf das Geheimnis der Asanas, die Kraft, Flexibilität, Gleichgewichtssinn und Muskelausdauer trainieren, aufmerksam geworden: Yoga ist einfach gesund – wenn man’s richtig macht. Die Yoga-Studios schießen wie Pilze aus dem Boden und wer nicht selbst auf der Matte sitzt, kennt zumindest jemanden, der sich bei Hatha, Ashtanga oder Bikram verknotet. Wir haben die unterschiedlichsten Yoga-Charaktere unter die Lupe genommen.

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Johanna Stögmüller Illustration

Katharina Hüttler / agentazur.com

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53 Der mit den Rückenproblemen Bevor ihn der 70-Stunden-Job abwechselnd an den Bürostuhl und den Business-Class-Sitz gefesselt hat, war er Captain im Ruder-Team und einer von denen, die einen Berg hinaufrennen anstatt zu gehen. Und jetzt: Alles ist verkürzt! Überall kracht’s! Die besten Orthopäden des Landes hat er schon aufgesucht, sogar den Teamarzt vom FC … ach, tut ja hier nichts zur Sache, weil: die Schmerzen, die gingen einfach nicht weg. Dann hat er Steve Jobs‘ Autobiografie gelesen, und Steve Jobs hat Yoga gemacht und er hat sich gedacht … und am nächsten Tag hat er die 21-Uhr-Klasse besucht (früher geht’s nicht) und am Wochenende dann gleich noch einmal. Das ist jetzt gut ein Jahr her und das »Namaste« am Ende der Klasse bringt er noch immer nicht über die Lippen. Aber die Schmerzen, die sind weg. Position: Shashankasana (mit ausgestreckten Armen), der Hase. In dieser Position entspannt sich der ganze Rücken; die Atmung in den Rücken wird vertieft.

Die Ballett-Tänzerin Während man selber keuchend oder bereits im Halbschlaf versunken auf der Matte darnieder liegt, wiederholt die Tänzerin nach der Stunde das Einmaleins für kleine Ballett-Elevinnen an der Stange. Für sie ist die Yoga-Einheit das Training nach dem Training, denn an einem vorstellungsfreien Tag pendelt sie zwischen Fitnessstudio, Sportbecken und Yoga-Matte. Der BallettTänzerin geht es um die Perfektion ihrer Posen und weil sie Profi ist, fehlt ihr genau das, was es beim Yoga eigentlich braucht: Gelassenheit. Trotzdem: Die Vorbildwirkung ihrer körperlichen Grazie für die eigene Motivation ist nicht zu unterschätzen. Und in die Staatsoper wollte man auch schon länger wieder mal gehen. Position: Natarajasana, der Tänzer. Balanceposition auf einem Bein, bei dem alle tiefen Rückenmuskeln sehr aktiv sind.

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Yoga-Typologie

54 Der Nachwuchs-Yogi Auf einer leichten Sandelholz-Wolke schwebt der Nachwuchs-Yogi in den Raum und knotet sich graziös in den Lotussitz. Eigentlich lebt er ja in Südost-Asien, aber auf dem Weg ins Nirwana führt die eine oder andere Abzweigung halt auch zurück nach Unterpremstätten. Oder so. Sein Wunsch: Er will wieder zurück in den Ashram, um dem Yoga-Meister zu lauschen und endlich wieder bunte Röcke und Perlen im Haar zu tragen, ohne dass die Leute doof schauen. Weil aber erst einmal der Flug nach Indien bezahlt werden muss, jobbt er nebenbei im Yoga-Studio und stapelt die Matten mit einer Ausgeglichenheit, die Julia Roberts in »Eat Pray Love« vergeblich gesucht hat. Position: Padmasana, der Lotussitz oder Sirsasna, der Kopfstand. Angeblich verlangsamt der Kopfstand das Grauwerden der Haare. Und wenn’s dafür zu spät ist, hilft die Position u. a. bei Verstopfung.

Yogi-Oma / Yogi-Opa Manche behaupten ja, ein Glas Rotwein am Abend oder Olivenöl oder diese Hautcreme um 500 Euro oder Sex ist das Geheimnis für ewige Jugend. Nun, Letzteres (in Kombination mit Ersterem) kommt der Wahrheit wahrscheinlich am nächsten, denn: Bewegung! Bewegung ist alles. Mens sana in corpore sano, sagten schon die alten Römer. Und fast so alt wie die sind auch der Yogi-Opa bzw. die Yogi-Oma. Während sich andere Mitglieder ihrer Alterskohorte mithilfe des Rollators durch das Leben schieben, denken die Yoga-Pensionisten nicht mal im Traum daran, sich die Schnürsenkel vom Zivi im Altersheim binden zu lassen. Sie sind nämlich fitter als so mancher 18-Jähriger und dafür gebührt ihnen vor allem Respekt und unsere Bewunderung. Position: Mayurasana, der Pfau. Wirkt positiv auf den Verdauungstrakt. Leber, Bauchspeicheldrüse, Magen und Nieren werden gestärkt.

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21.11. – 23.11.2014 im Wiener MAK

Die Tapfere Normalerweise werden die Wörter »Sport« und »Leistung« in einem Atemzug genannt, nur hat Zweiteres mit Yoga nichts zu tun. Das weiß die Tapfere und hat sich deswegen von der Aufregung nicht anstecken lassen, die ein Artikel in der New York Times, in dem vor gebrochenen Rippen und neurologischen Schäden durch Yoga gewarnt wird, ausgelöst hat. Dass es nicht um das Müssen, sondern um das Probieren geht, das gefällt der Tapferen an Yoga. Gut, ab und an ist Durchhaltevermögen gefragt und ein hochroter Kopf zeugt von Anstrengung und Biss. Die Tapfere weiß aber, wo ihre Grenzen liegen, auch wenn sie sich an manchen Tagen dann selber überrascht. Der Moment, in dem der Kopfstand das erste Mal klappt … Position: Virabhadrasana II, der Krieger II. Stärkt die innere Verfassung und Geisteshaltung. Oder, für fortgeschrittene Yogis: Virabhadrasana III, der Krieger III. Die dynamische Haltung des Kriegers fördert Stärke, Stabilität und Konzentration.

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JOYA präsentiert die YogaPlanet Messe. Die Veranstalter der JOYA YogaConvention unterstützen die erste YogaMesse Österreichs, die YogaPlanet, von 21.11 - 23.11 im Wiener MAK. Sie findet gemeinsam mit der VeganPlanet statt. Tauche in die Welt von Yoga und Veganismus ein und finde heraus, was hinter dem Trend steckt. Ausstellungen, Workshops und Vorträge bieten die Gelegenheit diese spannenden Lebensstile am Puls der Zeit kennen zu lernen.

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Yoga-Typologie

56 Die Freundinnen »Hastdudasschongelesendasistjadasärgsteundsiehatdanngesagtdassergesagthatdassdassoniegesagtwordenistwogibtsdieseschuheeigentlichundwasistdasfüreinnagellack?« Je nach persönlicher Tagesverfassung liebt man (Gossip fremder Leute mithören können, wie interessant!) oder hasst man (Gossip fremder Leute mithören müssen, was interessiert mich das!) die Freundinnen, die der Yoga-Stunde einen Hauch von »Aerobic mit Cindy Crawford« verleihen – von der Matte bis zum Haarband, das Outfit ist aus einem Guss. Schwitzen? Fehlanzeige. Schweißdrüsenverödung macht’s möglich. Die Freundinnen denken gar nicht daran, sich vor der Yoga-Stunde abzuschminken, lieber wird noch einmal der Lippenstift nachgezogen. Zur Sicherheit. Vielleicht ist der mit den Rückenproblemen ja heute auch wieder da. Position: Vrkshasana, der Baum. So wie diese Position braucht auch eine Freundschaft eine stabile Basis.

Der Promi Ist das nicht der / die ...? Das Problem mit Prominenten ist ja, dass sie in echt nie so aussehen, wie im Fernsehen oder in den Magazinen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass ihr Erscheinungsbild durch Turnkleidung zusätzlich abstrahiert wird – außer es handelt sich um US-amerikanische R’n’B-Sänger, die kennt man ja nur in Jogginghose. Zumindest einen C-Promi trifft man aber in jeder Yoga-Schule, denn Yoga sorgt ja bekanntlich für innere Balance und die hat ein Leben im Rampenlicht bitter nötig. Das Schöne am Promi-Yogi: Spätestens in dem Moment, in dem durch die Verquickung von Umständen (Topinambur-Suppe beim Asiaten zu Mittag, Entspannung der Verdauungsorgane, exponierte Körperhaltung) der prominente Leibwind die Stille im Raum durchbricht, hat man die Gewissheit: Stars sind auch nur Menschen. Position: Adho Mukha Svanasana, der Hund. Fördert gleichzeitig Entspannung und Anspannung.

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Adve


Nein zum HormonCocktail im Badezimmer!

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und jede zweite Bodylotion, jedes zweite Aftershave sowie jede fünfte Zahnpasta enthielt bei einer umfassenden Untersuchung durch die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 im Dezember des Vorjahres hormonell wirksame Chemikalien. Diese werden vor allem als Konservierungsmittel und als UV-Filter eingesetzt und durch die Haut aufgenommen. Sie werden mit gesundheitlichen Problemen in Verbindung gebracht, die in den letzten Jahrzehnten vermehrt auftreten: Bestimmte hormonbedingte Krebsarten wir Brust- Prostata oder Hodenkrebs, verfrühte Pubertät und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern. Die Stadt Wien und GLOBAL 2000 kämpfen gemeinsam gegen den Hormon-Cocktail im Badezimmer und wollen nun auf EU-Ebene den Druck für hormonfreie Kosmetika und den Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten erhöhen. Mit der Gratis ToxFox-App, die seit neuestem auch für alle android-Systeme funktioniert und auf einer verbesserten Datenlage basiert, können Kosmetika in Sekundenschnelle auf hormonell wirksame Chemikalien gescannt werden.

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Hormonfreie Alternativen verfügbar! Bei belasteten Produkten kann zugleich eine Protestnachricht an den Hersteller gesendet werden, man kann damit ein deutliches Signal setzen, dass man Kosmetika ohne schädliche Stoffe will. „Hormonell wirksame Stoffe haben in Körperpflegeprodukten nichts verloren, denn sie stellen ein Risiko für die Gesundheit dar. Wir müssen hier unbedingt den Hebel bei den Ursachen ansetzen, potenziell gesundheitsschädliche Stoffe meiden und nicht erst dann tätig werden, wenn die Krankheit bereits aufgetreten ist“, so Professor Andreas Lischka, langjähriger Vorstand der Kinderklinik Glanzing. Dabei gibt es bereits viele Alternativen zu den problematischen Produkten, Naturkosmetika sind hormonfrei und etliche Hersteller konventioneller Produkte verzichten ebenfalls auf hormonell wirksame Substanzen in ihren Cremen, shampoos und bodylotions.

Die Stadt Wien hat gemeinsam mit GLOBAL 2000 eine Informationsbroschüre produziert, die man unter 01/4000-81349 kostenlos anfordern kann.

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Ursula Biemann, »Egyptian Chemistry« (2012) / Multimedia-Videoinstallation

»Hoffnung ist fehl am Platz« Die Schweizer Künstlerin, Autorin und Videoessayistin Ursula Biemann beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit den Folgen des Klimawandels, chronischem Wassermangel und Naturrechten. Sie fordert eine allumfassende Kosmopolitik, die nicht nur den Menschen berücksichtigt.

Interview

Erwin Uhrmann

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maschekS. 2014 Gregor Hartl

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biorama: Wie lange werden wir noch unseren Lebensstandard halten können? Haben wir eine realistische Zukunftsperspektive in der Art und Weise, wie wir leben? ursula biemann: Das sind spekulative Fragen, um deren Antwort derzeit sehr viele Wissenschafter fieberhaft bemüht sind. Einiges lässt sich an Modellen errechnen, doch die Entwicklung des Klimawandels übersteigt unsere derzeitige Fähigkeit der Berechnung, die Modelle kollabieren. Unrealistisch erscheint mir zu diesem Zeitpunkt, dass wir überhaupt mit der möglichen Weiterführung des kapitalistischen Ökonomiemodells spekulieren. Naomi Klein, die soeben in New York ihr neuestes Buch »This Changes Everything« vorgestellt hat, in dem es um die Erderwärmung geht, sieht jedenfalls keine Vereinbarung dieser beiden Systeme. New York ist besonders sensibilisiert, denn unmittelbar nach der Finanzkrise, die die Fehlbarkeit der Wall Street demonstrierte, setzte der Hurricane Sandy die Stadt vielerorts unter Wasser. In einer ihrer ganz aktuellen Arbeiten thematisieren Sie das Problem der Ölförderung in Kanada. Dort gibt es die Protestwegung »Idle No More«. Gibt es eine Chance, dass etwa indigene Gruppen mit ihren Anliegen, ihre Territorien vor kapitalistischen Großprojekten zu schützen, durchkommen? In den Amerikas steht die Öl- und Mineralförderung in direktem Konflikt mit der autochtonen Bevölkerung, auf deren Territorien diese Großprojekte stattfinden sollen. Die Indigenen im Amazonas, den usa und Kanada setzen alle Mittel ein, diese zu verhindern. Auf juristischem Weg, indem sie vor das Interamerikanische Gericht für Menschenrechte gehen und vor Ort mit Protesten und Medienkampagnen. »Idle No More« geht im Besonderen gegen die projektierte Northern Gateway-Ölpipeline vor, die schweres Öl aus den Asphaltsanden von Alberta durch indigenes Land an die Westküste leiten soll. Die aktivistische Organisation hat bereits große Teile der Bevölkerung hinter sich gebracht. Ich bezweifle, dass die Pipeline gebaut werden kann. Ölfirmen scheuen heftigen Widerstand dieser Art, die große Verzögerungen verursachen und teuer zu stehen kommen, wenn das Projekt bei der Bevölkerung verhasst ist. Einer der First Nations hat man dieses Jahr das Recht auf Berufung zugesprochen. Die Ölkonzerne überlegen sich bereits, die Pipeline über die viel längere Route an eine Ostküste zu leiten. Eines Ihrer jüngsten Projekte, »Deep Weather«, setzt die beiden Flüssigkeiten Wasser und Öl in einen Zusammenhang. Der kurze Video-Essay zum Klimawandel – der Titel bezieht sich auf die Tiefenzeit, d. h. den geologischen, fossilen Aspekt des Klimawandels – gibt aus Flugsicht

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Die Künstlerin Ursula Biemann bei der Feldforschung an der mexikanischen Grenze, 1988.

einen eindrücklichen Einblick in das Ausmaß der Verwüstung von Nadelwäldern in Kanada, in der auf einem Gebiet der Größe Englands nach dem ölhaltigen Sand gegraben wird. Diese dunklen Bilder verbinde ich im zweiten Teil des Videos mit einer Szene aus dem Delta von Bangladesch, in der die einheimische Bevölkerung von Hand einen riesigen Lehmwall zum Schutz ihres Dorfes gegen steigende Wasserspiegel baut. Sie wehren sich schon jetzt gegen die Folgen des zukünftigen Ausstoßes, den diese fossilen Energien verursachen werden. Die beiden entlegenen Erdteile werden im Flüsterton im Video durch die Chemie in der Atmosphäre kausal verbunden, unsichtbar, aber mit steigender Gewalt. Wie kann man die gefährdeten Terrains am besten schützen? Nützt es langfristig etwas, das Rechtssystem zu ändern? »Forest Law«, meine neue Arbeit in Zusammenarbeit mit dem brasilianischen Architekten Paulo Tavares, entstand im Urwald von Ecuador, einem der artenreichsten Gebiete der Welt. Dort gibt es einen großen Reichtum an Kupfer, Gold, Uran und anderen Mineralien. In vielen Teilen Amazoniens stehen der Wald und dessen Bevölkerung deshalb unter dem Druck von Öl- und Mineralkonzernen aus aller Welt. »Forest Law« konzentriert sich auf drei juristische Fälle. Ecuador hat vor einigen Jahren die Natur als juristisches Subjekt in die Verfassung geschrieben. So hat diese beispielsweise das Recht, sich ungehindert zu reproduzieren. Die Sarayakus haben den Staat Ecuador verklagt, weil er Ölfirmen erlaubt hat, auf ihrem Territorium seismische Exploration durchzuführen und ein Grid von Sprengsätzen durch eine geschützte Zone zu legen. Letztes Jahr haben sie den Fall gewonnen. Sie argumentierten mit ihrer Kosmologie des »lebendigen Waldes«, in dem alle Wesen mit der Natur verbunden sind. Das sind international wichtige Momente im Errichten und Durchsetzen von Naturrechten, die als Modell für universalistische Gesetze gesehen werden können. Wie es

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seinerzeit wichtig war, für Menschenrechte zu kämpfen, ist es zum jetzigen Zeitpunkt dringend nötig, der Natur Rechte einzuräumen. Welche Rollen spielen Kunstschaffende in diesem Geflecht? Faktisch verstehen wir diese Zusammenhänge vielleicht. Doch die Kunst kann auf der Ebene des Imaginären und der intuitiven Wahrnehmung einwirken mit einer Kraft, die faktische Informationen nie erreichen werden. Spekulieren spielt dabei eine interessante Rolle. Durch die Frage »Was wäre wenn?« entsteht ein spekulativer Moment, in dem es möglich ist, die Aufmerksamkeit der Zuschauer von einer bestimmten Sichtweise auf eine andere zu verschieben, eine neue Perspektive zumindest zu erwägen. Wir buhlen ja alle um etwas Aufmerksamkeit in dieser Informationsgesellschaft. Die epischen Videobilder der Zerstörung und des Ringen ums Überleben wirken auf emotionaler Ebene nach und bewirken ein völlig anderes Resultat als das Vorlegen von Forschungsdaten. Ist es überhaupt möglich, dass Regierungen in kapitalistischen Ländern die Klimakatastrophe aufhalten bzw. bremsen können? Pauschal kann ich die Frage kaum beantworten. Ich bin an kleineren Dimensionen interessiert, die mich weniger machtlos machen. Für die Rechte der Natur einzustehen scheint mir jedenfalls sinnvoll. Gegenwärtig ist es ja vornehmlich so, dass die Natur lediglich in der Form von Besitz- oder Landrechten verhandelt wird, als Ressource für den Menschen, aber vor Gericht keine Rechte hat. Große Teile unseres Erdsystems sind vor dem Gesetz unsichtbar und das ist zu einer realen Gefahr für die Erde geworden. Die Folgen des Klimawandels sind ohnehin nicht mehr aufzuhalten … Wir haben lange Zeit die Tatsache verdrängt, dass wir nicht mehr so weiterleben können, nicht weil es ethischer oder vernünftiger wäre, unseren verschwenderischen Lebensstil zu drosseln, sondern weil sich die Umstände so rasant und unaufhaltsam verändern, dass wir einfach dazu gezwungen werden. Wir tauchen erst jetzt so richtig aus einer langen Verdrängung auf und in diesem Zustand werden sich viele nichts mehr vormachen wollen. Hoffnung ist meiner Ansicht nach fehl am Platz, sie macht diffus und untätig. Was sich hingegen aktiv und auf allen Ebenen verändern muss, ist unsere Beziehung zur materiellen Realität, mit anderen Worten, unsere Kosmopolitik, die alles einschließt, nicht nur den Menschen.

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Info-box Mit ihrer Arbeit »Egyptian Chemistry« thematisiert Ursula Biemann den chronischen Wassermangel in Ägypten. Das Land, in dem der Nil fließt, ist ein Brennpunkt der Politik und der Folgen von Klimawandel und Naturzerstörung. »Egyptian Chemistry« ist im Rahmen der Ausstellung »Reines Wasser« im Linzer Lentos Museum bis 15. Februar 2015 zu sehen. Zur Ausstellung erscheint das Buch »Reines Wasser«, in dem Ursula Biemann einen Beitrag zum Thema veröffentlicht hat. www.lentos.at

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Wandern

Text & bild

Jürgen Schmücking

Der Lechweg wird kulinarisch Der Lechweg ist eine Wanderung von der Quelle zur Mündung, von der Natur zur Kultur und vom Ursprung in die Gegenwart. Der Weg führt durch wilde Landschaften und kulinarische Abenteuer.

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Der Beitrag ist eine Kooperation mit dem Verein Werbegemeinschaft Lech-Wege.

och über Lech geht es los. Der Lech – hier heißt er noch Formarinbach – formt sich zu einem kleinen Bach, der Weg führt an seinem Anfang durch das Quellgebiet. An einigen Stellen fließt kristallklares Wasser aus der steinigen Erde, und auch der Lechweg selbst ist hier noch ein schmaler Pfad, der an Latschenkiefern und Almrosen vorbei durch die atemberaubende Bergkulisse des Arlbergs führt. Weiter unten, im Lechtal, wird das Flussbett breiter und formt eine einzigartige Landschaft. Es ist ein spektakuläres Spiel mit Farben, Licht und Formen, die der Lech, der letzte Wildfluss der Nordalpen, hier bietet. Das Gehen verspricht also Abwechslung, innere Einkehr, sportlichen Anspruch und natürlich allerhand Köstlichkeiten. Die Lechweg-Produkte, kulinarische Botschafter des Wegs, sind besondere Lebensmittel, die sorgfältig, handwerklich und aus Zutaten der Region hergestellt werden. Und es sind Produkte, die in jedem Rucksack Platz finden. Die Vielfalt reicht von krummen Kaminwurzen und Lechtaler Käse hin zum sensationellen Durstlöscher, dem Lechweg-Bier und dem hochgeistigen Kramat, dem rustikalen Gin mit dem historischen Namen. Es ist eine Reise wie auf dem Jakobsweg. Nur besser. Landschaftlich wie kulinarisch. www.lechweg.com

oben: Liesbeth Fritz und ihre Chrommi Chämmiwürza, dialektfrei »krumme Kaminwurzen«. Wahlweise mit Kräutern oder Beeren verfeinert und grandios gut. ­—­— unten: Bayerischer Hopfen und kristallklares Wasser aus den Vilser Bergen sorgen für eines der feinsten Biere Tirols: das elegant-herbe Lechweg-Bier. ­—­— links: Auf der ersten Etappe begleitet man den wilden Fluß auf seinen ersten Metern. Hier ist er noch klein und schlängelt sich als Formarinbach dahin.

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oben: Kurt Sojer in seinem Paradies. In seinen Reiferäumen reifen wahre Schätze der Käsekunst. Hier wird Heumilch regionaler Bergbauern verarbeitet. ­—­— unten: Zu den Käsespezialitäten der Sennerei gehört der Beerige Lechtler, ein würziger Schnittkäse mit Beeren und frischen Kräutern vom Berg. ­—­— rechts: Der Kramat (lechtalerisch für Wacholder) von der Destillerie Lechtaler Haussegen ist der Gin der Region. Blitzsauber und hocharomatisch.

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Vor dem Lechfall wird das Flussbett nicht nur weitläufig, sondern auch zu einem Paradies für Vielfalt und Leben. Im Naturpark Tiroler Lech tummeln sich unzählige Vogelarten.

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glasgeflüster / Sarah Krobath und Jürgen Schmücking

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Ein Achterl Bier

illustration Nana Mandl, Katharina Hüttler /  agentazur.com

Wein und Bier, verträgt sich das? Diese zwei Hybridgetränke sprechen dafür.

sarah: Irgendwie dekadent. Sich gar nicht erst zwischen Bier und Wein zu entscheiden, sondern kurzerhand beides einzuschenken. Noch dazu, wo ich ein Achterl bzw. Seidel jedem Barmixgetränk vorziehe. Andererseits heißt es auch: »Bier auf Wein, das lass sein!« Dann lieber gleichzeitig. Reinhold Bartas Cerevinum ist, wie der Name verrät, mit Gerstenmalz, Hopfen und unvergorenem Zweigelt-Traubenmost sowohl Bier als auch Wein. Ein wenig von Prosecco mischt im 8,1-prozentigen Hybriddrink dank der Nachgärung mit Champagnerhefe auch noch mit. Wie bei allem aus dem demeterzertifizierten Brauhaus Gusswerk stammen auch die Zutaten für Cerevinum aus Bio-Anbau. Den Traubensaft bezieht die Salzburger Brauerei vom biodynamischen Weingut Meinklang in Pamhagen. Angekündigt wird der Bierwein in Bernstein mit Turmfrisur aus dichtem, weißem Schaum von einem erhebenden Korkenknallen. Der Nase nach könnte auch etwas Apfelmost, Marillennektar und ein Schuss Karottensaft im Spiel sein. Erfrischend und fruchtig-bitter im Abgang folgt letztendlich doch wieder Bier auf Wein. Das Cerevinum zu probieren, sollte man trotzdem keinesfalls sein lassen. Gelegenheit dazu gibt es etwa am 21. und 22. November am Wiener Craft Bier-Fest.

jürgen: »Wo die Brauer hausen, können sich die Hauer brausen.« Ein Gassenhauer und Schenkelklopfer, ich weiß. Trotzdem, der Spruch birgt eine tiefere Wahrheit. Was Gott (oder wer oder was auch immer) durch klimatische und andere Unterschiede getrennt hat, soll der Mensch nicht wieder zusammenführen. In den meisten Fällen geht das schief. In den meisten wohlgemerkt, nicht in allen. Ich muss gestehen, dass mich das Rieslingbier vom Hof bräu Kaltenhausen überrascht hat. Es ist mit seinen verspielt duftigen und jugendlich fruchtigen Noten zwar ein Frühlings- oder zumindest Frühsommer-Bier, aber eben diese Noten lassen es irgendwie charmant und unschuldig wirken. In Wahrheit hat es das Riesling Style aber faustdick hinter den Ohren. Hinter den vordergründig juvenilen Noten verstecken sich 7,7 % Alkohol und machen den Schmeichler zum Starkbier, zu einer Eisenfaust im Samthandschuh. Bitte nicht falsch verstehen. Das Bier ist eh gut. Hocharomatisch, frisch, fruchtig. Ein super Aperitiv und vermutlich auch ein sensationeller Speisenbegleiter, der sogar zur Wildente oder zu Fish & Chips eine gute Figur machen würde. Aber das machen ein echtes Pils oder ein mineralischer Riesling auch.

Woraus: Champagnerkelch – der Nase zuliebe, Cocktailschale – weil’s so schön prickelt. Wozu: Mädelsabend – Sorry, Jürgen. Und kandierten Orangen. Mit wem: Das ist aufgelegt: Conchita Wurst natürlich!

Woraus: Manche Fragen erübrigen sich einfach. Wozu: Mädelsabend – genau. Vor dem Cerevinum. Viel Spaß damit, Ladys! Mit wem: Höchstens mit dem Mädel, das auch auf richtigen Riesling steht.

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Ökologisch Brauen

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Doris Fröhlich

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Steirisches Braurezept: CO2-neutral Bier gibt’s in bio, in Mehrweg und schon fast standardmäßig aus der Region. So manche Halbe ist jetzt auch CO2-neutral. Besonders in der Steiermark braut man heute klimabewusst.

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Die Lava Braumanufaktur produziert Bio-Bier im steirischen Vulkanland. Der Bio-Anbau der Rohstoffe schont den Boden.

bild www.lavabraeu.at, Bernhard Bergmann

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ühl, würzig, prickelnd. Was will man mehr von einem Bier? Innovative Brauereien in der Steiermark wollen viel mehr. Vor allem der Klimaschutz ist Teil des visionären Braurezepts. Roman Schmidt hat sich der Entwicklung der Region Vulkanland verschrieben. Er wünscht sich, dass Bürger ihren Lebensraum mehr wertschätzen – nicht nur dessen regionalen Lebensmittel, sondern die Umwelt als Ganzes. Der Humusanteil der Böden in der Region ist gering, das kommt vom intensiven Maisanbau mit Kunstdüngern ohne Fruchtfolgen. Seine Lava Brau- und Whisky-Manufaktur setzt dem ein Gegengewicht: Bio-Anbau der Rohstoffe schont den Boden, möglichst regionaler Bezug und Vertrieb minimieren den Transport. Die Produktion läuft mit Vulkanlandstrom, Ökostrom aus Photovoltaik und Wasserkraft, der im Umkreis von 20 km erzeugt wird. Auch wenn man die CO²-Bilanz nicht genau nachrechnet, wird nachhaltig gebraut. Denn Schmidt will selbst die Veränderung sein, die er sich für folgende Generationen wünscht.

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Ökologisch Brauen

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Die Brauerei Gratzer betrachtet nicht nur die hausinterne Produktion für die CO²-Bilanz, sondern die gesamte Wertschöpfungskette.

Auch das Toni Bräu setzt auf Klimaneutralität. Der Brauprozess der kleinen Brauerei wurde durch die Forschungseinrichtung aee, Institut für Nachhaltige Technologien, bereits als klimaneutral bestätigt. Braumeisterin Erika Hofer hat allerdings zukünftig den ganzen Wertschöpfungsprozess im Blick. Sie setzt auf Braugersten von CO²-neutralen Humusböden der Ökoregion Kaindorf und produziert Überschussstrom aus Photovoltaik. Das wesentliche Ziel, erklärt ihr Mann als ausgebildeter Europäischer Energiemanager, ist CO²Neutralität ohne Zukauf von Zertifikaten.

CO2-Zertifikaten der Ökoregion Das mit den Zertifikaten ist ja so eine Sache. Nicht zuletzt, weil sich CO²-Zertifikate des EU Emission Trade System keinen guten Ruf eingehandelt haben. Diese verbriefen nur das Recht, Schadstoffe auszustoßen. Die Emission wird mit der Zahlung aber nicht durch Gegenmaßnahmen kompensiert. Anders ist das bei regionalen Umweltprojekten, die messbar dazu beitragen, CO² in der Atmosphäre zu verringern. Die Ökoregion Kaindorf hat ein solches gestartet. Sie verkauft Kompensationszertifikate und bezahlt Landwirten im Projekt für nachweislich in Ackerflächen gebundenes CO² ein Erfolgshonorar. Das funktioniert durch Bewirtschaftung mit Fruchtfolgen, Dauerbegrünung, minimaler Bodenbearbeitung und Verzicht auf Mineraldünger, was Humus im

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Boden aufbaut. So kann mehr Kohlenstoff (C) aus dem CO² der Luft von Pflanzen als Baustoff verwendet und im Boden gespeichert werden. Gänzlich »CO²-neutral« kann man ohne Kompensation kaum produzieren. Dafür bräuchte man null Emissionen im gesamten Produktlebenszyklus – vom Rohstoffanbau über Transport und Brauprozess bis zum Recycling der Flaschen. Wenn man es ernst meint mit der Ganzheitlichkeit, müssen alle Emissionen der Wertschöpfungskette berücksichtigt werden. Alois Gratzer aus Obertiefenbach nimmt es so ernst. Sein Betrieb braut jährlich rund 1.000 Hektoliter CO²-neutrales Bier. Gratzer hat sich dafür an die Forschungsinstitution Joanneum Research gewandt, um alle Emissionen der Wertschöpfungskette analysieren zu lassen. Man konnte einiges optimieren, so werden zum Beispiel ausschließlich Mehrweggebinde aus Glas, Holz und Metall verwendet. Was an Emissionen nicht eingespart werden kann, gleicht Gratzer durch Ankauf von CO²-Zertifikaten der Ökoregion Kaindorf aus.

GroSSe, grüne Brauereien Maßnahmen für Klimaschutz in einer ganz anderen Größenordnung setzen zwei der bekanntesten steirischen Brauereien um. Murauer, Bierproduzent mit einem Ausstoß von rund 300.000 Hektoliter, setzt auf Nachhaltigkeit auf mehreren Ebenen. Dabei geht es auch um Klimaschutz und Energieeffizienz. Die Pro-

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duktion der Getränke in der Brauerei selbst ist CO²neutral. Die Prozesse funktionieren ohne fossile Brennstoffe, dafür gibt es eine hauseigene Kläranlage und Wasserkraft aus der Region. Auch Gösser befindet sich im Wandlungsprozess zur »grünen Brauerei«. In Göss geht es um die CO²-Neutralität des Brauprozesses, zu der nur mehr die Umstellung auf Treberfermentierung zur Biogas-Gewinnung fehlt. Dieses soll den letzten Rest Erdgas ersetzen, der noch verwendet wird. Bei der Wärmerückgewinnung ist man schon sehr weit und mit der 1.500 m² großen Solaranlage kann ein Teil des benötigten Stroms selbst erzeugt werden.

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Geschützter Standard gefordert »CO²-Neutralität« ist nicht nur Klimaschutz. Es ist auch ein Marketing, das funktioniert. Noch. Denn ohne Reglement fragt sich, wie lange das noch geht. Eine einheitliche Definition gibt es nicht. Gerfried Jungmeier von Joanneum Research bestätigt, dass die Bezeichnung »CO²-neutral« nicht geschützt ist. »Meist ist damit gemeint, dass Brauereien keine fossilen Energien verbrennen«, erklärt er. Rohstoffanbau, Transport und Gebinde nicht miteinzubeziehen, vernachlässigt allerdings ungefähr die Hälfte der Emissionen. Ein geschützter Standard des Begriffs »CO²-neutral« bleibt vorerst Wunschdenken – und ein Appell an den Gesetzgeber oder die Brauereibranche.

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Marktplatz Food

DIY-Tipp Egal, ob geräucherter Lachs, Filet vom Huhn oder gebackenes Blutwurstradl – Honig-Senf-Dip ist ein sensationeller Begleiter zu einer Vielzahl von Gerichten. Wer nicht kochen will (oder kann), verwendet den Dip einfach, um rohe Gemüsestreifen zu veredeln. Für den Honig-Senf-Dip sind jedenfalls keine Kochkenntnisse erforderlich. Das Ergebnis ist überraschend. 1 Becher Sauerrahm, 1 Becher Frischkäse oder Labneh, 2 Esslöffel Estragon-Senf (Schärfe nach Belieben), 3 Esslöffel Honig. Das ganze in eine Schüssel geben und kräftig verrühren und in den Kühlschrank. Dauert keine zwei Minuten und schmeckt beeindruckend gut.

1 // Malziger Schmelz

Blütenzauber im Glas Die Bienen machen gerade harte Zeiten durch. Pestizide setzen ihnen ebenso zu wie alte Milben und neue Käfer. Grund genug, sich genauer anzusehen, was sie kulinarisch zu bieten haben.

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as Motto muss heißen: Essen, was wir retten wollen – denn der Druck auf unsere Bienen ist enorm. Kaum haben sich Bio-Imker (halbwegs) auf die Varroamilbe eingestellt, steht mit dem kleinen Beutekäfer eine neuer Feind vor den Toren Europas. In Europa hat der Druck der Öffentlichkeit zwar gereicht, um jene politischen Entscheidungsträger, die nicht völlig unter der Fuchtel der Agrarindustrie stehen, zumindest nachdenklich zu machen. Die Amerikaner sind gerade mittendrin in diesem Erkenntnisprozess. Naja, und dann ist da noch das, was unserer lieben Biene Maja in Kino und Fernsehen angetan wurde. Nicht nur der faule Willi musste abspecken. Auch der kleinen Maja wurde eine Wespentaille verpasst, um dem – vermeintlichen – Schönheitsideal moderner Zuseherinnen und Zuseher zu entsprechen. Glückliche Bienen? Ja, vielleicht. In einem unbekannten Land, vor gar nicht allzu langer Zeit …

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Gleich vorweg, der Buchweizenhonig ist kein Faserschmeichler. Vielmehr sind seine Aromen intensiv, kräftig und rustikal. Dieser hier kommt aus der Steiermark, ist dunkler als andere Blütenhonige und besticht durch malzigen Schmelz. www.rainbauer.at

2 // Gold im Goldbügelglas Das Glas ist nicht nur optisch eine Freude. Der Bio-Wabenhonig kommt direkt aus dem Bienenstock, inklusive dem Entdeckelungswachs, in dem ätherische Öle und Wirkstoffe enthalten sind. Absolut köstlich, diese Waben. www.neber.at

3 // Brauerei Hofstetten feat. Hochland-Imker Nicht zu kalt servieren. Dann entfaltet das Mühlviertler Hochland-Honigbier seine ganze aromatische Vielfalt: Malz, Nuss, Honig. Wer es noch stärker haben will: in Kürze auch als Honigbock erhältlich. Ein Kraftbierlackel der Extraklasse! www.hofstetten.at

4 // Neues vom Keltenhof Das ist neu. Und alt. Alt, weil es lange gereifter Met, also Honigwein ist. Neu, weil das noch keiner so gemacht hat. Der Cernunnos ist eine tiefdunkle Essenz, der an die besten Madeiras erinnert. Absolut grandios. www.keltenhof-schneider.jimdo.com

5 // Feurige SüSSe Der Teufel (Alkohol, Chili) fährt in Samtpatschen (Honig, Zimt) die Kehle hinunter. In jedem Fall ist der ChiliZimt-Honiglikör ein Geschmackserlebnis der besonderen Art. www.honigschaf.com

6 // Honig ums Kindermaul Wer Kinder hat, kennt die Zeit, in der Ketchup über alles geschüttet wird, was essbar ist. In dieser Zeit ist Vielfalt und Abwechslung gefragt und guter Rat teuer. Das Honig-Barbeque-Kinderketchup bietet diese Abwechslung, und zwar auf absolut köstliche Art. www.honigschaf.com

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DIY-Rezept

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Arnold Pöschl Parvin Razavi Parvin Razavi

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Arnold Pöschl

Mit freundlicher unterstützung von

Feine Dinge

Das Rezept im Bild:

Dashi – das ist Japan Dashi ist eines der wichtigsten Elemente der authentischen japanischen Küche. Diese Suppe dient als Basis vieler verschiedener Gerichte, Saucen, Nudelgerichte, Dressings – oder nur, um Gemüse darin zu blanchieren. Die drei traditionellen Hauptzutaten einer Dashi-Suppe sind: Katsuobushi – getrockneter und fermentierter Bonito- oder Skipjack-Tuna, Kombu-Algen und Wasser. In der japanischen Küche dreht sich alles um Umami, den wohl wichtigsten Begriff der japanischen Küche: Herzhaftigkeit, die fünfte Geschmacksrichtung neben salzig, süß, bitter und sauer. Da in Japan der Zen-Buddhismus praktiziert wird und die Zen-Mönche sich vegetarisch ernähren, gibt es auch

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eine fischlose Version von Dashi. Auf Basis von Kombu und getrockneten Shiitake-Pilzen – die mit ihren natürlichen Glutamaten für die richtige Portion Umami sorgen – habe ich eine wunderbare Dashi-Brühe zubereitet, die alle Herzen höher schlagen lässt. Und weil mich Japans Esskultur und Ästhetik schon seit langer Zeit begeistert, träume ich davon, eines Tages in Kyoto zu sein und dort in einem Zen-Kloster einen Kochkurs zu belegen. Bis dahin aber koche ich weiter meine eigene Dashi-Suppe. Und während ich genieße, denke ich mir: »Zenbu Zen« – letztlich ist alles Zen. Auf lange Sicht wird alles in Ordnung sein. Unsere Hochs, unsere Tiefs und alles dazwischen, weil sie Teil unseres Lebens sind.

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ZUTATEN » 40 g Kombu-Algen » 100 g getrocknete Shiitake-Pilze » 200 g Seidentofu » 2 Jungzwiebelstangen, fein geschnitten » 2 cm Ingwer, gerieben » 1–2 EL Mirin (optional) » Maisstärke und Staubzucker zum Bemehlen » 1 Beutel Agartine (entspricht 6 Blatt Gelatine)

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Die Shiitake-Pilze mit 1,5 Liter etwa 50 Grad heißem Wasser übergießen und mindestens zwei Stunden, besser noch über Nacht ziehen lassen. Danach die Pilze auf kleiner Flamme erwärmen und noch bevor das Wasser kocht die Suppe vom Herd nehmen und stehen lassen. Tipp: Die eingeweichten Pilze können für ein anderes Gericht weiterverwendet werden. Komu-Algen in zwei Liter heißem, nicht kochendem Wasser mindestens eine Stunde lang ziehen lassen. Dabei ist es sehr wichtig, dass die Flüssigkeit nicht über 60 Grad erhitzt wird, weil sich sonst bestimmte Duftstoffe freisetzen würden, die der Suppe ein unangenehmes Aroma verleihen. Beide Flüssigkeiten durch ein feinmaschiges Sieb seihen und miteinander vermischen. Anschließend kann die Dashi-Suppe mit Mirin (Reiswein) verfeinert und mit Seidentofu, Jungzwiebel und geriebenem Ingwer serviert werden.

Man kann alle Komponenten in einzelnen Schalen servieren oder Seidentofu in eine Schüssel geben, mit Dashi über gießen und mit Jungzwiebeln und Ingwer garniert servieren.

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Speis und Trank

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Micky Klemsch

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Katharina Hüttler agentazur.com

Dosenbier glasklar? Bier in der Dose? Soll angeblich auch in der Ökobilanz gar nicht so schlecht abschneiden. Aber brauchen wir das wirklich?

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rgendwann war auch ich mal ein Dosenbierkonsument. Lange ist es her, da ich einfach nicht so schwer schleppen wollte. Und der Wochenendvorrat im Blechgebinde war einfach leichter zu tragen als in der schwereren Flasche. Das Pfand hab ich mir dabei auch gespart. Und wegwerfen hat sich damals leichter angefühlt als zurückbringen. Später, als ich schon mit etwas mehr Bewusstsein kaufte und konsumierte, kam mir wieder Blech in den Einkaufskorb. Ich wollte für längere Zeit keinen Alkohol trinken und das alkoholfreie Bier beim Diskonter war dem Original einfach am nächsten. Schmeckte wie richtiges Bier, gab es aber leider nur in der Dose. Ich kaufte und trank, wenn auch mit schlechtem Gewissen. Im neuen frischen Kreativbereich der CraftbierBewegung ist Dosenbier nun auch wieder ein Thema. Obwohl bei der breiten Masse der Bierkenner wegen angeblich metallischem Geschmack großteils noch immer verpönt, beschäftigen sich nun auch Kreativbrauer mit dieser Gebindeform. Bekannte US-Craftbiermarken lassen in Dosen abfüllen und mit Fritz Wülfing von Ale Mania gibt es auch den ersten deutschen Kreativbrauer, der seine Sude in Dosen abfüllen lässt. Warum aber? Die Dose bietet einige Vorteile: Sie spart durch geringeres Volumen und Gewicht Transportkosten, verträgt mehr Druck als Einwegflaschen und ist im Gegensatz zu Glas weder licht-, noch gasdurchlässig, was eine längere Haltbarkeit für dieses empfindliche Lebensmittel zulässt.

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Wo landet die Dose? Dem gegenüber steht aber eine Umweltbilanz, die mich weiterhin zweifeln lässt: extrem hoher Energieverbrauch und höhere Umweltrisiken der Aluminiumproduzenten. Vorausgesetzt, die Dose findet ihren Weg zum Recycling, muss sie schon nach dem ersten Gebrauch eingeschmolzen werden. Die meisten Vergleiche zwischen Dose und Flasche setzen aber ein funktionierendes Mehrweg-Pfandsystem mit kurzen Wegen und eine korrekt in den Wiederverwertungskreislauf rückgeführte Aluminiumdose voraus. An beiden Modellen muss ich zweifeln. Getränkekonzerne und Handelsketten betreiben zentrale Sammelstellen, in denen Flaschen und Kisten umsortiert werden. Das führt zu zusätzlichen Transportwegen. Die Sammelquote bei Dosen liegt weit hinter Glas und pet. In allen Ökobilanzen bilden Einwegflaschen und Dosen das Schlusslicht. Wobei aktuelle Studien auf Grund der Transportemissionen immer von einem Vorzug der Flasche sprechen, wenn sie nicht weiter als 75 Kilometer zum Konsumenten benötigt. Bei größeren Entfernungen würde die Dose besser bilanzieren. Einen längeren Weg muss ein Bier für mich gar nicht mehr zurücklegen. Dank der neuen Craft-Brauer in meiner Umgebung muss ich kein Witbier mehr aus Belgien importieren lassen, sondern hol es bei Xaverbräu in Ottakring. Gutes Indian Pale Ale hole ich gerne vom Lichtenthaler Bräu im Alsergrund, dabei muss kein Gebinde den Ozean überqueren. Denn auch bei Bier zählt für mich Regionalität – daher: Think global, drink local!

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Marktplatz Kosmetik

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Sylvia Buchacher

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Elisabeth Els

Kosmetik aus der Küche Was essbar ist, ist auch hautverträglich. In der Naturkosmetik wird gern auf Zutaten aus Küche und Garten zurückgegriffen.

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ie Nahrung unserer Haut sind die Produkte, mit denen wir sie täglich pflegen. Naturkosmetik ist in der Herstellung oft sehr aufwendig, da großer Wert darauf gelegt wird, die Rohstoffe so rasch und natürlich wie möglich zu verarbeiten. Nichts wird dem Zufall überlassen, hinzugefügt oder herausgefiltert. Dabei bewegen wir uns in einem Spannungsfeld zwischen modernen Herstellungsverfahren und traditionellem Wissen. Seit Tausenden von Jahren werden Lebensmittel aus Küche und Garten für die Produktion von Kosmetikprodukten verwendet. Heilerde macht die Haut geschmeidig, Gurke spendet Feuchtigkeit, Erdbeere strafft, Molke reinigt, Mehl beruhigt und Honig versorgt mit wundheilenden Stoffen. Auch Öle, Fette und Wachse wie Arganöl, Olivenöl, Sheabutter, Kakaobutter, Sojaöl oder Bienenwachs sowie Kräuterextrakte, Blütenwässer und Zucker spielen bei »essbarer« Kosmetik eine wichtige Rolle. Wir zeigen die besten Produkte für eine natürlich und gesund ernährte Haut.

3 // Kussecht Zucker und feines Meersalz entfernen abgestorbene Hautschüppchen, während Jojoba- und Kokosöl die Lippen mit Feuchtigkeit versorgen. Für wunderbar weiche Schmuselippen. www.lush.at

4 // Schöner schmökern Grüne Kosmetik – Bio-Pflege aus Küche und Garten von Naturpädagogin Gabriela Nedoma ist ein Kochbuch für die Haut mit naturbelassenen, sinnlichen und frischen Rezepten, wie etwa Limoncello-Deodorant, Mohn-Gesichtsreinigung oder Hautcreme mit Rose, Apfel und Karotte. www.gruenekosmetik.at

5 // Alles in einem Die Authentic Formulas-Linie von Davines besteht aus 98–100 % rein natürlichen Inhaltsstoffen, die sich für die Pflege von Haaren, Körper und Gesicht eignen und basiert auf dem pflegenden Färberdistelöl. www.sustainablebeauty.at

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1 // Rosige Zeiten Das Rosenwasser Vital Spray & Tonic von Apeiron enthält nur Wasser und Blütenextrakt der DamaszenerRose. Das vegane Spray kann als Gesichtswasser oder für den Frischekick zwischendurch verwendet werden. Es vitalisiert, klärt den Teint und versorgt die Haut mit Feuchtigkeit. www.natur-apeiron.de

Man kann sich seine Haut auch schöntrinken, indem man hin und wieder ein paar Detox-Tage einlegt. Max Juices bieten diese Kuren für Anfänger und Fortgeschrittene an. www.maxjuices.com

7 // Kokosbusserl Kalt gepresstes Kokosöl ist ein wahres Wundermittel. Es kann nicht nur zum Backen und Kochen, sondern auch für die tägliche Gesichts- und Körperpflege verwendet werden. Unser Favorit ist das Bio-Kokosöl von Rinatura. www.rila.de

2 // Sanftmütig

8 // Reinheitsgebot

Gerade bei empfindlicher Haut ist es wichtig, bei der Pflege möglichst wenigen Inhaltsstoffen ausgesetzt zu sein. Wie bei dem Wohltuenden Mandel-Gesichtsöl von Weleda, das allein mit Mandelöl, Pflaumenkernöl und einem Auszug aus Schlehenblüten beruhigt. Kann auch als Augen-Make-up-Entferner verwendet werden. www.weleda.de

Eine Alternative zur herkömmlichen Zahnpasta ohne Mikroplastik bietet uns das Zahnöl von Ringana. Eine Mischung aus verschiedenen Ölen, Grüntee-Extrakt und mikrofeinen Putzkörpern aus Kieselsäure sorgt für ein erfrischendes, sauberes Gefühl. Vor allem in der kalten Jahreszeit stärkt das Ölziehen die Abwehrkräfte. www.ringana.com

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9 // Ehrliche Säfte Die Säfte von Frank Juice sind roh verarbeitet, vegan, gesund und köstlich. Sie versorgen den Körper mit wichtigen Vitaminen, Enzymen und Nährstoffen und unterstützen beim Entgiften und Entschlacken. www.thefrankjuice.com

10 // Frischzellenkur Amanprana vertritt das Motto: »Was man nicht essen kann, verwendet man auch nicht für die Haut«. Danach wurde auch das Shangri-la Gesichts- und Augenkontur-Serum entwickelt, das »ewige Jugend« verspricht. www.noble-house.tk

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DIY-Tipp SüSSes Mohnpeeling mit Honig und Rahm Dieses Waschpeeling ist selbst für Kinder und Menschen mit sensibler Haut gut verträglich. Es spendet Feuchtigkeit, reinigt und beruhigt. 1 EL Sauerrahm, 1 TL Honig, ¼ TL Mohnsamen miteinander verrühren und als Reinigung verwenden. Kurz einwirken lassen, danach abspülen, den Rest einfach aufessen. Das Peeling kann auch als vegane Variante mit Kokosmilchjoghurt und Agavensirup hergestellt werden. (aus dem Buch »Grüne Kosmetik – Bio-Pflege aus Küche und Garten« von Gabriela Nedoma).

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Biorama Nº. 33

illustration Nana Mandl, Katharina Hüttler / agentazur.com 33_068-84.indd 82

Ich borge mir kurz den Titel der Kolumne von Seite 38. Vergesst Lohas, Lovos und Bobos. Die neuen Ökos heißen: Eltern.

082 Elternalltag

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und hinter mir die sintflut / Johanna Stögmüller

»Könnte ja sein, dass sie glauben, die Welt sei ganz in Ordnung.«

Wenn jemand damit anfängt … Allerdings, wenn jemand damit anfängt … und in meinem Freundeskreis ist es jetzt so weit. Nicht nur meine Facebook-Timeline ist übersät mit Neugeborenen, Ein-Jahres-Geburtstagstorten, lachenden, weinenden und sich unter diversen eingetrockneten Essensresten ufmerksame Leserinnen und Leser versteckenden Kindergesichtern. Ich bin wissen ja: Ursel lässt uns mit ihrer Kolumne »Elternalltag« an ihrem (wie sogar Patentante (Hallo, Mina!) und selbst ich finde) sehr unterhaltsamen und thematisch weit entfernte Gespräche landen irgendwann bei der Sache. Weil: Irmit witzigen und geistreichen Pointen gespicktem Leben mit Kindern teilhaben. Aus dem gendwer ist immer grad schwanger. Warum Elternalltag könnte ich nur insofern berichdas hier relevant ist? Menschen, die Kinder bekommen, verändern ihr Leben. Haben sie ten, als dass ich selber einmal Kind war und mithilfe meiner Brüder den Alltag meiner Eles vorher nicht getan, kaufen sie jetzt Bio. Sie tern maßgeblich, sagen wir mal, aufgemischt lesen Lebensmitteletiketten und die Konsumentenschutzzeitung. Sie interessieren sich habe. Liebe Ursel, ich borge mit kurz den plötzlich für das Bildungssystem und private Titel deiner Kolumne, um das Ganze aus Pensionsvorsorge. Sie wollen keine Chemie in zwei, drei Metern Entfernung zu betrachKlamotten und viel frische Luft. Manche beten. Willkommen im Nicht-Elternalltag, rechnen dann sogar ihren CO²-Fußabdruck. Sie oder anders gesagt: im Freunde-vonEltern-oder-von-Leuten-die-es-baldtun das alles mit ansteckender Überzeugung. Und wenn jemand damit anfängt … werden-möchten-Alltag. Nur damit wir uns hier nicht falsch Jedenfalls, macht weiter so! Für die Freundevon-Eltern-oder-von-Leuten-die-es-bald-werdenverstehen: Manche Menschen bekommen Kinder und manche Menschen möchten bedeutet das Inspiration. Und immer gutes bekommen keine Kinder. Eine der ErBio-Essen, wenn wir euch besuchen (in Breiform rungenschaften westlicher Zivilisatihalt). Und spannende Lektüre am Küchentisch. Und on, Demokratie und Emanzipation ist wenigstens eine Handvoll Freunde, die später mal eine unter anderem, dass wir erstens die Pension bekommen und dann die Betriebskosten der Wahl haben – und zweitens auch die Senioren-WG bezahlen können. Ach, Kinder sind was des Zeitpunkts. Chacun à son goût. Herrliches! Eltern auch!

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