Reinkommen: Im Kleinen zeigt sich, wie wir auch außerhalb der Tiny Houses nachhaltiger wohnen. — 16
Runterkommen: Basiswissen zum Saunieren erleichtert maximale Entspannung – für sich und andere. — 23
Weiterkommen: Nach 100 Jahren sind Prinzipien der Biodynamie immer wieder die einer Avantgarde. — 38
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Die stressigste Zeit des Jahres kommt. Wer im Spätherbst keinen Dauerstress hat, kann eigentlich gar nicht mitreden. Einerseits die viele Arbeit, andererseits die Heizsaison, die nahenden Feiertage um den Jahreswechsel und das Wissen um das oft umso größere Leid der Menschen in den auch emotional naheliegenden Kriegs- und Katastrophengebieten in der auf der Nordhalbkugel kalten Jahreszeit, der Klimawandel
Das Ausmaß, in dem sich Menschen, besonders jüngere, chronisch gestresst fühlen, wächst. Bevor sich nun einige schon innerlich abwenden: Ob dieser empfundene negative Stress auf ein von anderen als ernst zu nehmend eingestuftes Problem zurückzuführen ist oder nicht, ist für seine Auswirkungen bestenfalls unerheblich. Sehr wohl erheblich beeinträchtigen allerdings starker Stress und Angst wiederum die Entscheidungsfähigkeit, sagt die Forschung. Und das, wo doch gerade schwierige Zeiten den sprichwörtlichen kühlen Kopf erfordern. Wer jammert, dass rundherum immer mehr irrationale Antworten auf dringende Probleme gegeben werden, kann also nicht nur versuchen, rationalere Lösungen vorzuschlagen, sondern das auch möglichst besonnen tun – und Frieden geben. Wer selbst den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht, braucht Ruhe. Und auch der Wald und die Wiesen brauchen also, wenn irgendjemand Nerven für die Lösung ihrer Probleme haben soll, eine Gesellschaft, die ihren Mitgliedern die Möglichkeit bietet, zur Ruhe zu kommen. Gerechtigkeitsfragen sind Klimaschutzfragen und umgekehrt. Es ist ganz dringend an der Zeit, sich ernsthaft abzuregen. Um in Ruhe die kleinen von den großen Problemen zu unterscheiden und dann entsprechend tätig zu werden.
Wir wünschen Entspannung und Tatkraft – und gute Lektüre!
Thomas Weber, Herausgeber weber@biorama.eu @th_weber
IMPRESSUM
HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTEURIN Irina Zelewitz AUTORINNEN Katrin Brahner, Anna Herczeg, Matthias Mayr, Martin Mühl, Doris Müllner, Ursel Nendzig, Thomas Stollenwerk, Hanna Stummer, Thomas Weber, Armin Winkler, Nikolaus Zelewitz, Martin Zellhofer GESTALTUNG Stefan Staller LEKTORAT Barbara Ottawa ANZEIGENVERKAUF Herwig Bauer, Thomas Weber DRUCK Walstead NP Druck GmbH, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten PRODUKTION & MEDIENINHABERIN Biorama GmbH, Windmühlgasse 9/14, 1060 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Martin Mühl KONTAKT Biorama GmbH, Windmühlgasse 9/14, 1060 Wien; www.biorama.eu, redaktion@biorama.eu BANKVERBINDUNG Biorama GmbH, Bank Austria, IBAN AT44 12000 10005177968, BIC BKAUATWW ABONNEMENT biorama.eu/abo ERSCHEINUNGSWEISE BIORAMA 6 Ausgaben pro Jahr ERSCHEINUNGSORT Wien.
BLATTLINIE BIORAMA ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für den Menschen und den Planeten Erde. Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. BIORAMA erscheint sechs Mal im Jahr. Zusätzlich erscheinen wechselnde BIORAMA-Line-Extentions.
PEFC-zertifiziert Dieses Produkt stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und kontrollierten Quellen www.pefc.at
PEFC/06-39-08
EU Ecolabel : AT/053/005
Bitte sammeln Sie Altpapier für das Recycling.
93 INHALT
WINTER IM TINY HOUSE
Wie lebt es sich in der kalten Jahreszeit auf wenigen Quadratmetern?
GESUNDES
Die Demeter-Community unter den Winzern wächst weiter.
03 Editorial
06 Bild der Ausgabe
08 Street Talk
10 Global Village
16 Winter im Tiny House
So kommt nachhaltige Gemütlichkeit in die neuen Kompaktheime.
21 Den »Scheam« aufheben? Keramik ist kaum recycelbar.
23 Sauna-Meistern
Von Aufguss bis Zirkulation –zwölf Gebote des Schwitzens.
28 Natur extrahiert Pflanzen enthalten wertvolle ätherische Öle. Wie kommen wir an sie heran?
35 Neigungsgruppe Eisenbahn Vom Vergnügen, mit der Bahn zu fahren.
38 Demeter-Bienen
Die »wesensgemäße Bienenhaltung« schenkt dem natürlichen Verhalten des Bienenvolks Beachtung.
41 Demeter-Obstbau
Zu Besuch auf dem Obsthof Münch bei Hamburg.
44 Teil einer alten Bewegung Interview mit Jörg Hütter über Demeter-Weinbau in Deutschland.
50 Demeter-Weinbau
Auf dem Mehrgenerationenhof Dornach leisten alle einen Beitrag.
54 Kochbuchempfehlung Wintergrillen für Weichlinge.
58 Geschenketipps Wir versuchen es wieder.
60 Rezensionen Warnungen, Empfehlungen.
MARKTPLATZ
26 Marktplatz Kosmetik
Sauna
31 Marktplatz Drinks Begleitbier
KOLUMNEN
65 Aus dem Verlag
66 Elternalltag
DU SOLLST SAUNIEREN, ABER RICHTIG!
Zwölf zweckdienliche Hinweise für den entspannten Saunaaufenthalt!
DRINNEN UNTERWEGS
Ein Bekennerschreiben aus der Neigungsgruppe Eisenbahn.
58
GESCHENKE
Was die Redaktion dieses Jahr zu verschenken hat.
ALS UNSER FLUSS ÜBER DIE UFER TRAT …
BILD: BILLE WEIDENBACH
Die Stadt im Wimmelbuch: Für gewöhnlich bedeutet das geschäftiges Treiben in einer heilen Welt. Irgendwo rutscht jemand auf einer Bananenschale aus. Der Taschendieb, den wir in flagranti beobachten, wird spätestens zwei Seiten später von einer freundlichen Polizistin geschnappt. So ähnlich verhält es sich anfangs auch in »Hätte, hätte, Eimerkette«, in einer nicht namentlich genannten Kleinstadt. Es ist ein stinknormaler Dienstag, 14 Uhr. Die Feuerwehr holt eine zu hoch hinauf gekletterte Katze vom Baum. Anderswo im Stadtgeschehen ärgert man sich über einen Auffahrunfall; verletzt wurde niemand. Auch zwei Stunden später – Zoom in ein Wohnhaus – herrscht noch Alltag, unaufgeregt wie wir alle ihn kennen. Erst Mitt-
»HÄTTE, HÄTTE, EIMERKETTE« von Bille Weidenbach, mit einem Vorwort des Meteorologen Sven Plöger – und Sprechblasen, Klett Kinderbuch, 2024.
wochnachmittag, auf der dritten Doppelseite, regnet es stark. Die Feuerwehr rückt aus, Campierende brechen ihre Zelte ab, erste Sandsäcke kommen als Wassersperren zum Einsatz. Es regnet, regnet, regnet, und irgendwann gibt es für das Wasser von oben und aus dem Fluss kein Halten mehr: Dann kommt die Flut. Der Schlamm. Das Schlamassel. Der Strom fällt aus, die Brücke bricht, Autos, Sofas und Hühnerställe werden von den Wassermassen mitgerissen. Menschen flüchten sich aufs Dach. Das Wimmelbuch zeigt am Beispiel einer vom Hochwasser heimgesuchten Kleinstadt, wie es zu Flutkatastrophen kommt – und wie sie sich bewältigen lassen: gemeinsam..
WIE MACHST DU ES DIR DRINNEN NACHHALTIG GEMÜTLICH?
FLORIAN
INTERVIEW UND BILD HANNA STUMMER
EMILY
22, Studentin der Kulturund Sozialanthropologie
Dafür mache ich mir einen Kaffee und gehe einem meiner Hobbys nach. Im Sommer habe ich zum Beispiel begonnen zu häkeln, ich spiele auch gerne Gitarre. Das zusammen mit einer gut riechenden Kerze finde ich sehr gemütlich.
31, Journalist
Für mich bedeutet Gemütlichkeit nach einem langen Arbeitstag und einer langen Öffi-Reise erst einmal, alles zu Hause fallen lassen zu können, mich nicht darum zu sorgen, wie es rundherum dann aussieht, und mich auf die Couch vor den Fernseher zu setzen.
MARCUS
Markus, 54, Behindertenbetreuer
In den kälteren Monaten wohl ganz klassisch – in einer angenehm eingeheizten Wohnung mit einem guten Buch und einem Tee.
HANNES
22, Lehramtsstudent für Englisch und Ethik
Das kommt auf die Jahreszeit an. Im Herbst ist es zum Beispiel besonders gemütlich, sich mit einer Decke auf die Couch zu setzen und zwei Tage das Haus nicht mehr zu verlassen, wenn man davor viel draußen war.
GERTRUDE
69, pensionierte Lehrerin
In unserem Zuhause haben wir sehr viel mit Holz gemacht, im Wohnzimmer zum Beispiel zusätzlich zum Fußboden auch die Wandverkleidung. Das finde ich sehr gemütlich.
STEFAN
35, Universitätsmitarbeiter Am gemütlichsten finde ich es in der Hängematte. Außerdem versuche ich gerade, auch unsere Außenflächen gemütlicher zu gestalten und eine Förderung zu bekommen, um eine Art Gemeinschaftsgrünfläche bei uns im Hof einzurichten.
CLARA
24, Studentin der Raumordnung und -forschung
Das Erste, an das ich bei Gemütlichkeit denke, ist tatsächlich essen und kochen, ich kaufe dafür gerne gerettete Lebensmittel, etwa Gemüse von »Too Good To Go«. Außerdem geht es für mich um Kleinigkeiten im Raum, etwa Dekoration oder Möbelstücke. Solche suche ich zum Beispiel gerne auf Kunstmärkten und freue mich, wenn sie nachhaltig hergestellt wurden.
Damit das Christkind kein Klumpert bringt.
Die Adventzeit naht – und mit ihr die alljährliche Frage: Was schenken? Oft landet ein gut gemeintes Mitbringsel in der Ecke und setzt Staub an oder es wandert gar in den Müll. Schade drum, oder? Dabei könnte Schenken so viel mehr sein, als Dinge zu verteilen, die niemand braucht. Schenken kann ein Ausdruck von Wertschätzung sein. Warum also nicht mal wirklich Zeit schenken? Ein selbst gekochtes Abendessen, eine gemütliche Teestunde oder ein gemeinsamer Nachmittag im Wald – nichts ist wertvoller als Momente, die in guter Erinnerung bleiben.
Für jene, die lieber etwas in Händen halten, gibt’s die Möglichkeit, auf Qualität und Genuss zu setzen. Zudem soll Schenken auch die Freude wachsen lassen. Bestenfalls für alle entlang der Wertschöpfungskette eines Geschenks Beteiligten. Von der Idee, über Herstellung und Verkauf – bis hin zur Person, die es liebevoll verpackt.
IAN
54, Systemadministrator
Leider ist das aufgrund von finanziellem Stress gar nicht so einfach. Wir versuchen, unsere Möbel Secondhand zu kaufen, das ist dann auch etwas nachhaltiger. Außerdem kochen wir so gut es geht selbst zu Hause und machen es uns dann mit gutem Essen gemütlich.
Letztere könnte auch selbst etwas kreieren: etwa Pflegeprodukte mit ätherischen Ölen und getrockneten Bioblüten oder praktische Alltagsgegenstände aus nicht mehr gebrauchten Dingen: z. B. ein Blumentopf aus alten Verpackungen. Originell und beständig soll das Geschenk sein: Hat es Potenzial, mehrere Generationen zu erfreuen? Wie etwa eine schöne Teekanne?
Das beste Gegenmittel zu allem Überflüssigen lautet also: Weniger Klumpert, mehr Genuss, Sinn und Freude beim Schenken!
www.sonnentor.com
Johannes Gutmann, SONNENTOR Gründer
NORDRHEIN-WESTFALEN:
ALLES IM GRIFF!
Ein smarter Fenstergriff kann ein offenes Fenster erkennen und Heizung oder Klimaanlage informieren.
Das Unternehmen Siegenia aus Wilnsdorf-Niederdielfen (NRW) hat einen smarten Griff für abschließbare Fenster entwickelt. Dieser lässt sich in eine Vielzahl von Smarthome-Systemen einfügen, ohne dass die sonstigen Geräte darin auch vom selben Hersteller stammen müssen. Angepriesen wird bei dem Griff, der auf gängigen Rahmen aus Holz oder Kunststoff montiert werden kann, vor allem das Merkmal der Sicherheit: Fenster oder Türen können damit ohne Schlüssel auf- oder abgeschlossen werden, etwa zu gewissen Zeiten, per Sprachassistenz oder auch per App von der Ferne aus.
Damit der Fenstergriff in ein bestehendes Smarthome-System eingefügt werden kann, muss dieses den Kommunikationsstandard Matter unterstützen. Dabei handelt es sich um einen seit 2022 existierenden herstellerübergreifenden Verbindungsstandard für Smarthomes mit dem Ziel, die Kombination verschiedener Geräte zu vereinfachen. Derzeit ist Siegenia der einzige Hersteller eines solchen Griffs, der dem Standard entspricht. Ist er mit dem System kompatibel, können eigene Szenarien mit dem Fenstergriff erstellt werden –etwa um Energie zu sparen. So kann das System zum Beispiel erkennen, dass ein Fenster geöffnet wurde und dadurch automatisch die Heizung oder Klimaanlage herunterregeln. Das Produkt ist in der Kategorie »Klima« für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024 nominiert.
siegenia.com
HANNA STUMMER
NIEDERÖSTERREICH:
SCHULNOTEN FÜR DIE BIOMÜLLTONNE.
Ein auf künstlicher Intelligenz basierender Störstoffscanner soll Biomüll effizienter der Verwertung zuführen.
Das Entsorgungsunternehmen Brantner Green Solutions aus Krems an der Donau (Niederösterreich) betreibt zahlreiche Müllsortieranlagen, Deponien und Kompostieranlagen in Europa. Ein Problem für Brantner dabei: Auch im Biomüll sind oft andere Stoffe, häufig etwa Plastiksäcke, enthalten. Das beeinträchtigt erstens den Kompostiervorgang – und zweitens landen alle mitkompostierten Stoffe auch wieder in unserer Umwelt. Zur Aussortierung von falschen Stoffen wird Biomüll meistens gesiebt, es kann dabei aber auch an dere Schritte wie magnetische Trennung geben. Ein neuer Störstoffscanner ist mithilfe von KI bereits zuvor fähig, die Menge und Art der Störstoffe im Biomüll zu erkennen. Er nützt dabei ein neu entwickeltes neuronales Netz, das mit Millionen von Abfallbildern trainiert wurde und auch laufend weiter lernt. Über am Heck der Fahrzeuge installierte Smartphone-Kameras wird jede Schüttung in Echtzeit bewertet. Dabei wird dem Schulnotensystem gefolgt: Note 1 bedeutet, dass der Biomüll direkt in der Kompostieranlage abgeladen wird, 2 bis 4 landen in der Vorsortierung und eine Note 5 wird in die Verbrennungsanlage geleitet. Der für den Trigos 2024, einer Auszeichnung für verantwortungsvolles Wirtschaften, als »vorbildliches Projekt« nominierte Scanner wird inzwischen auch bei anderen Entsorgungsbetrieben in Österreich und der Slowakei eingesetzt. HANNA STUMMER
brantner.com
Sonett – so gut. Geschirrspülmittel
mit pflegender spagyrischer Calendula-Essenz
KÄRNTEN: NATURDÜNGER
Wolle, die für Pullis nicht zu gebrauchen ist, hilft Pflanzen beim Wachsen.
• Rein pflanzliche Tenside, besonders hautschonend
• Pflegende spagyrische Bio-Calendula-Essenz
• Mit Bio-Süßorange und Bio-Bergamotteöl
• 100 % biologisch abbaubar
Mittel für Waschen und Reinigen, die das Wasser achten als Träger alles Lebendigen.
Sonett – so gut.
ÖKOLOGISCH KONSEQUENT
Erhältlich im Naturkostfachhandel und im Sonett Online-Shop.
Sonett ist Sieger des Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2022 im „Transformationsfeld Gesellschaft“und 2024 in der Branche „Waschund Reinigungsmittel“
Wer nach natürlichem Pflanzendünger sucht, landet schnell bei Schafwolle – sie beinhaltet viele Nährstoffe, speichert Wasser und wirkt als Langzeitdünger. Für HobbygärtnerInnen ohne eigene Schafherde eignet sich die Variante der Pellets. Solche produziert seit 2021 auch das Unternehmen Ecolets in St. Veit an der Glan (Kärnten) und verpackt sie in kompostierbarem Graskarton. Für SchafhalterInnen in der Region stellen sie eine Absatzmöglichkeit für ihre Abfallwolle – die oft verfilzt oder schmutzig und für andere Verwertung ungeeignet ist – dar. Die Pellets waren für das von Biorama und der Messe Wieselburg jährlich vergebene »Bio-Produkt des Jahres 2024« in der Kategorie »Bio-Garten« nominiert. Mittlerweile wurden die Einreichkriterien für den Bewerb nachgeschärft, weshalb die Ecolets (als für den Biolandbau zugelassenes, aber nicht biozertifiziertes Produkt) nicht mehr nominiert werden könnten.
Die Pellets gewannen jüngst auch den Trigos-Kärnten 2024, somit einen der beiden heuer vergebenen Bundesländerpreise der Auszeichnung für verantwortungsvolles Wirtschaften, in der Kategorie »Regionale Wertschaffung«. Wollpellets sind für die meisten Pflanzen geeignet, aufgrund ihres hohen pHWerts jedoch nicht für saure Böden. Für solche kann etwa die »Bio Moorbeeterde« von Sonnenerde – eines der »Bio-Produkte des Jahres 2024« – genutzt werden. HANNA STUMMER
ecolets.at
STEIERMARK/NORDMAZEDONIEN:
EXPORT VON RECYCLING-KNOWHOW
Das nordmazedonische Tetovo baut mit dem Entsorgungsunternehmen Saubermacher ein Recyclingsystem auf.
Die Gemeinde Tetovo in Nordmazedonien zählt knapp 90.000 EinwohnerInnen und hat, wie viele andere Regionen im Land, Schwierigkeiten bei der Abfall- und Recyclingwirtschaft. Ein Forschungsbericht der Südosteuropäischen Universität Tetovo zeigt auf, dass in der Stadt hauptsächlich Deponien genutzt werden und Littering zudem ein großes Problem ist – Infrastruktur für Wiederverwertung existiert jedoch kaum und Recyclingquoten fallen niedrig aus.
Um diese Gegebenheiten zu verbessern, wurde Ende 2023 gemeinsam mit dem Feldkirchener Entsorgungs- und Recyclingunternehmen Saubermacher (jüngst in den Medien aufgrund seiner Beteiligung an einem österreichischen Müllentsorgungs-Kartell) eine öffentlich-private Partnerschaft unter dem Namen »Saubermacher Tetovo« gegründet. Im Projekt arbeitet nun ein Teil der Mitarbeitenden des im Besitz der Stadt Tetovo befindlichen Unternehmens JKP Tetovo. Saubermacher bringt Know-how mit in die Kooperation, deren Hauptziel es ist, eine geordnete Müllsammlung für Siedlungsabfälle, etwa Restmüll, Papier und Verpackungen, zu etablieren. Mit dem Projekt wurde die Saubermacher AG für den Trigos-Award für nachhaltiges Wirtschaften 2024 im Bereich »internationales Engagement« nominiert. HANNA STUMMER saubermacher.mk/en
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PERU/ NIEDERSACHSEN:
GESUNDE
BEZIEHUNG
Ein Demeterprodukt aus direktem internationalen Handel erobert eine Nische auf dem deutschen Markt.
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Marktführerschaft einer ganzen Produktkategorie mit einem Bioprodukt ist eine besondere Errungenschaft. Im deutschen Lebensmittelhandel ist das nun erstmals gelungen – die 1936 im Wendland gegründete Saftkelterei Voelkel zeigt mit ihren Ingwershots, dass Produkte, die auf fairen Preisen für ProduzentInnen und nachhaltiger Produktionsweise basieren, auf dem Markt nachgefragt werden. Im konkreten Fall wird der Rohstoff, Ingwer, von Kleinbauernkooperativen in Peru aus biodynamischer Anbauweise bezogen. Voelkel verarbeitet übrigens ausschließlich Rohprodukte, die bio- oder darüber hinaus auch demeterzertifiziert sind. Ein Shot deckt abhängig von der Sorte zwischen 50 und 100 % des Tagesbedarfs von Erwachsenen an Vitamin C und kann somit zu einem funktionierenden Immunsystem beitragen, die Shots gibt’s in 95-Milliliter-Portionen oder in der Halbliterflasche mit zehn »Portionen«. Das Vitamin C stammt dabei aus der Acerolakirsche.
Die Ingwershots sind im Transformationsfeld »Wertschöpfungskette« für den deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024 nominiert. IRINA ZELEWITZ voelkeljuice.de
BADEN-WÜRTTEMBERG:
AUS DEM BODEN, FÜR DEN BODEN
Mit den »Bodenretter-Kartoffeln« werden LandwirtInnen auf dem Weg zur regenerativen Landwirtschaft unterstützt.
Bei den »Bodenretter-Kartoffel«-Produkten des Unterneh mens Followfood kann man zwischen Tiefkühl-Pommes, -Rösti und -Kroketten wählen. Genutzt werden dafür Kartoffel aus regenerativer Landwirtschaft. Bei dieser Form des Land baus wird besonderer Wert auf die Erhaltung und Regenerati on des Bodens gelegt – die Produkte sind als Teil der Bodenret ter-Initiative von Followfood ausgewiesen und sollen Vitalität der Böden und biologische Vielfalt erhalten. Mit der Initiati ve werden seit 2018 über den dazugehörigen Fonds Landwir tInnen auf dem Weg zur regenerativen Landwirtschaft, etwa beim Experimentieren mit regenerativen Methoden, unter stützt. Die Erdäpfel für die drei Demeter-zertifizierten Kar toffelprodukte kommen beispielsweise zum Teil vom Unteren Berghof im Schwarzwald, wo ein wissenschaftlich begleite ter Anbauversuch mit Mulch erfolgt. Dieser sorgt für besse re Nährstoffversorgung, schützt den Boden vor Austrocknung und Erosion, außerdem werden weniger Gase freigesetzt. Ein Prozent des Abgabepreises an den Handel jedes landwirt schaftlichen Followfood-Produkts wird in den Bodenret ter-Fonds geleitet. Die drei »Bodenretter-Kartoffel«-Produk te sind für den deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie »Natur« nominiert. HANNA STUMMER
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WINTER IM TINY HOUSE
Wenn die Witterung passt, wird der Garten rund ums Tiny House zum Wohnzimmer. Aber wie lebt es sich im Winter auf wenigen Quadratmetern?
TEXT
Thomas Weber
Zwei Wochen minus 20, in manchen Nächten minus 25 Grad. »Das war schon richtig kalt«, erinnert sich Philipp Sanders. Seit sieben Wintern leben er und seine Frau Stefanie in einem Tiny House in Oberfranken, drei Jahre davon nun mit ihrer gemeinsamen Tochter. Für sie haben sie den gemeinsamen Wohnraum erweitert; zu zweit teilten sie sich 25 Quadratmeter, mittlerweile gibt es einen 8 Quadratmeter geräumigen Anbau als Kinderzimmer. Kuschelig bleibt es auch auf elf Quadratmetern pro Person. Eng wirkt das ganze nicht. Die großen Glasfronten lassen viel Licht ins Haus, gerade im Winter. Gäste – ja, auch dafür ist manchmal Platz – würden das Refugium
oft auf 40 oder 50 Quadratmeter schätzen. Thema ist das Leben im Tiny House natürlich oft; im Freundes- und Bekanntenkreis, aber auch bei Interessierten, die es für sich selbst in Betracht ziehen wollen.
Auch wenn das minimalistische Leben auf überschaubarer Fläche seit Jahren durch die Medien geistert und auf großes Interesse stößt. Die spezialisierte Messe »New Housing« in Karlsruhe hatte zuletzt 81 Ausstellende und 9.000 BesucherInnen. Weit verbreitet ist der Cabin Lifestyle in Mitteleuropa bislang nicht. Genaue Zahlen hat auch der Tiny House Verband keine, der 2023 immerhin die Industrienorm Kleingebäude etablieren konnte (ein MeiPhilipp und Stefanie Sanders aus München importierten die Idee der Tiny Houses aus Kanada. Mittlerweile gründeten sie in Franken das dritte Tiny House Village. tinyhousevillage.de
lenstein für die Branche hinter dem Trend). Es gibt keine zentrale Stelle, die erfasst, wieviele Minihäuser bislang errichtet wurden. Mehr als 100 HerstellerInnen gebe es allein in Deutschland, sagt Regina Schleyer, die Vorsitzende des Interessensverbands. Sie schätzt, dass etwa zwei Drittel aller errichteten Bauten gewerblich genutzt werden – zum Beispiel als touristische Unterkunft. »Dauerhaftes Wohnen in einem Tiny House ist eine nicht ganz einfache Sache«, sagt Schleyer. Das hat vor allem rechtliche Gründe. Denn eine dauerhafte Nutzung erfordert eine Baugenehmigung und dafür erst einmal ein entsprechend gewidmetes Baugrundstück. Die rechtliche Situation variiert nicht nur von Bundesland zu Bundesland, sondern auch Gemeinden haben oft sehr unterschiedliche Vorgaben, sagt Regina Schleyer: »Manchmal scheitert es schlicht an der von einer Kommune vorgegebenen Dachneigung.« Seit 2024 ist der Tiny House Verband auch offiziell ins Lobbyregister eingetragen. Vor allem durch die bevorstehende Novellierung des Baugesetzes erhofft sich Schleyer Erleichterungen. Der Aufwand von der Planung bis zum Bezug werde aber oft unterschätzt, sagt sie: »Das ist wie bei einem normalen Hausbau auch.«
TREND WEG VOM HAUS AUF RÄDERN
Die Ausgangslage werde immer besser, meint Philipp Sanders. Seit er die Idee 2015 erstmals in Kanada aufschnappte und 2020 im fränkischen Mehlmeisel das erste Tiny House Village Deutschlands gründete, ist vieles leichter geworden. »Das liegt sicher auch daran, dass wir im selben Landkreis aktiv sind und nicht nur wir viel gelernt haben, sondern auch die Behörden«, sagt er. Das Village in Mehlmeisel wurde vor einiger Zeit vom ursprünglichen Verein in eine GesmbH umgewandelt. Seine EinwohnerInnen (derzeit 40 Personen auf 34 Stellplätzen) konnten sich daran beteiligen. Philipp und Stefanie Sanders stiegen aus, zogen weiter – und im Nachbardorf das nächste Projekt auf: das Tiny House Village Hüttstadl, wo sie heute wohnen. Es hat fünf Stellplätze, die derzeit zu acht bewohnt werden. Wichtig ist ihm und seiner Frau, dass jede Wohneinheit ihr eigenes Grundstück hat. »Das gibt Freiheiten. Gemeinschaften sind toll. Wenn sich mehrere Menschen mit dem gleichen Gedanken
minimalistisch zu leben zusammenfinden, tut die Schnittmenge gut«, sagt er. »Es ist aber auch anstrengend und bedeutet Arbeit. Das ist manchmal wie ein zusätzlicher Job.« Ihren Traum – die Errichtung und Entwicklung von Tiny Houses – haben Philipp und Stefanie Sanders jedenfalls zu ihrer Profession gemacht. Im Laufe ihrer eigenen Entwicklung haben sie viel gelernt. »Der Trend begann mit Tiny Houses on Wheels«, erinnert er sich. »Das empfehlen wir heute nicht mehr.« Dass Häuser auf Rädern leicht von A nach B zu bewegen sind, klinge gut. Es schränke aber massiv ein. Und mache die Sache langfristig teurer. »Ein Haus auf Rädern muss sehr leicht sein. Es gibt also begrenzte Möglichkeiten zu dämmen, man muss deutlich mehr heizen. Das raten wir heute niemandem mehr.« Stattdessen empfiehlt er moderne Modulhäuser auf einem Punktfundament, die gebaut sind wie Einfamilienhäuser, mit einer Wandstärke von 30 Zentimetern und gut ausgedämmt. »Dann sind die Heizkosten wirklich sehr gering«, sagt Sanders. Geheizt wird im Fichtelgebirge, auf 700 Metern Seehöhe, mit einer elektrisch betriebenen Fußbodenheizung. Man bezieht Ökostrom. Wobei die installierte Photovoltaikanlage aufs Jahr umgelegt den hal-
Verschafften der Tiny-House-Bewegung in Österreich viel Aufmerksamkeit: die luxuriösen Wohnwagons. Bereits 200 Projekte wurden in Österreich, Deutschland und der Schweiz realisiert. wohnwagon.at
Glasfronten – wie beim Modulhaus der Firma Lovt –
auch im
und beugen dem Gefühl der Enge vor. Im Lauf der Jahre sind die deutschen Tiny-House-PionierInnen Stefanie und Philipp Sanders vom früher propagierten Tiny House auf Rädern abgekommen.
Große
lassen
Winter Licht ins Haus
Seit 2024 in Deutschland offiziell als Lobby im Einsatz: der Tiny House Verband. tiny-house-verband.de
ben Strombedarf deckt. »Ein Holzofen hat bei unserer Dämmung keinen Sinn. Wir brauchen zum Heizen 1,5 KW. Die kleinsten Holzöfen beginnen mit 5KW. Das wäre also schwerst überdimensioniert man müsste ständig die Fenster offen haben. Holz zu verheizen brächte maximal noch den Romantikfaktor. Ökologisch macht das keinen Sinn.« Mit Strom betriebene Fußbodenheizungen sind in Tiny Houses weit verbreitet und »gewissermaßen Standard«, wie Verbandsvorstand Regina Schleyer weiß. »Oft werden sie mit Infrarotheizung kombiniert, damit die wenige Wandfläche nicht für Heizelemente verwendet werden muss. Auch Holzöfen sind oft im Einsatz, aber meistens ein bisschen überdimensioniert.«
LOW TECH UND EINE DICKE HÜLLE
New Housing
Tiny House Festival der Messe Karlsruhe, 2025 von 27. bis 29. Juni. new-housing.de
»Gute Planung ist alles«, weiß auch Theresa Mai, die Gründerin von Wohnwagon. Ihr Unternehmen mit Sitz im niederösterreichischen Gutenstein ist seit elf Jahren im Geschäft. Mit mittlerweile 40 Angestellten wurden in Österreich, Deutschland und der Schweiz mehr als 200 Projekte umgesetzt. »70 Prozent davon werden dauerhaft bewohnt«, sagt Mai. »20 Prozent werden touristisch genutzt.« Etwa von Sonnentor. Für das Waldviertler Biounterneh-
sind im Tiny House oft überdimensioniert und brauchen
Sie bringen aber Behaglichkeit.
Holzöfen
Platz.
men hat Wohnwagon mehrere »Landlofts« errichtet, in denen sich Gäste im Kräutergarten einquartieren können. Die restlichen zehn Prozent machen Sondermodelle aus, etwa ein Friseurwagon oder ein energieautarkes Kochmobil, das von Schule zu Schule fährt und mit Kindern mit dem verfügbaren Sonnenstrom kocht.
Das Hauptaugenmerk richtet Wohnwagon aber auf die dauerhafte, das heißt: ganzjährige Bewohnbarkeit seiner Module. »Wir bauen bewusst nicht ganz leicht. Wenn ich auf eine gute Hülle achte, lässt sich der Energieverbrauch auf ein Minimum reduzieren.« Wichtig sei es Wärmebrücken zu eliminieren, ausreichend zu dämmen und Masse ins Gebäude zu bringen. Die speichert im Winter Wärme und puffert im Sommer die Hitze. »Vielen ist nicht klar, dass klein nicht automatisch geringe Heizkosten bedeutet«, sagt Theresa Mai. Sie wisse von einem Fall, in dem jemand unbedarft in eine schlecht gedämmte Wohneinheit auf Rädern gezogen sei – »die mussten ausziehen, weil sie eine Stromrechnungsnachzahlung von 7000 Euro hatten«.
Bei Wohnwagon rät man beim Heizen standardmäßig zur Kombination eines Stückholz- und Holzpelletsofens und einer Infrarotheizung. »Das ist günstig, weil wir beim Bauen wirklich viel Geld in die Hülle investieren«, sagt sie. Wichtig sei ihr auch, dass die Haustechnik einfach und wartungsarm bleibe. »Die TechnikerInnenstunde für die Wartung tendiert in Richtung 300 Euro. Ich sehe es deshalb sehr kritisch, wie aufwendig die mit dem Smarthome verknüpften komplexen technischen Heizsysteme teilweise sind«, meint Mai.
Um herauszufinden, ob der Traum vom dauerhaften Leben für eineN selbst wirklich hält, was er verspricht, rät die Wohnwagon-GründerIn: »Einfach ausprobieren. Und Probewohnen, vor allem auch im Winter.« Wobei sie mindestens zwei Nächte empfiehlt (»um in das Feeling einzutauchen«), besser aber ein paar Nächte mehr. »Die meisten sind überrascht, wie wohl sie sich auf der kleinen Fläche fühlen und wie unkompliziert das mit dem Heizen ist«, sagt Mai, »viele kommen aber auch drauf, dass sie schon einen zusätzlichen Raum zum Zurückziehen brauchen.« Sie selbst nutzt mit Gleichgesinnten auch ein als Genossenschaft gekauftes, umgebautes Gasthaus in der Nachbarschaft. »Dort haben wir eine gemeinsame Sauna, eine große Küche und eine Werkstatt.«
Philipp Sanders freut sich auf den Winter. Auch weil er und seine Familie viel draußen sind, zumindest im Vergleich zu seinem früheren Leben im dritten Stock einer Stadtwohnung. »Das Draußen ist im Tiny House auch drinnen immer viel näher«, sagt er. »Es ist nur ein paar Schritte, du machst die Türe auf und bist draußen. Das ist toll. Egal wie kalt es ist und wie schlecht das Wetter, wir kommen immer raus«, sagt er. Und gerne auch wieder rein ins Wohligwarme.
Wellness für Zuhause
Mit einer WERKHAUS Indoor-Sauna genießt du Wellness zuhause: Die Sauna ist erhältlich in zwei Größen, für eine oder zwei Personen. Sie besteht aus ökologisch zertifiziertem Fichtenholz, Schafwolldämmung und einem effizienten 230 V Elektro-Ofen. Dank dem original Stecksystem lässt sie sich einfach selbst zusammenbauen. Entspanne nachhaltig!
Das Fair-Trade-Unternehmen gebana macht sich mit dem Angry Gorilla für mehr Gerechtigkeit im Kakaohandel stark.
In der Vorweihnachtszeit ist Schokolade hoch im Kurs. Doch anstatt wahllos zuzugreifen, lohnt es sich bei den Zutaten und Handelsbedingungen genauer hinzuschauen. Mit dem Angry Gorilla aus Schokolade macht gebana – Direktvermarkter für Bio-Lebensmittel – auf die Missstände in der Schokoladenindustrie aufmerksam und bietet eine faire Alternative zum Schoko-Nikolaus an.
KAKAOANBAU ALS HERAUSFORDERUNG
Abholzung von Wäldern, massiver Pestizideinsatz, Kinderarbeit und Armut: Die Missstände beim Kakaoanbau sind immer noch groß. Zu groß findet die Fair-TradePionierin gebana und will in der Vorweihnachtszeit, wenn der Schokoladenkonsum besonders hoch ist, mit einem wütenden Schoko-Gorilla ein Zeichen setzen. »Der Angry Gorilla ist wütend, dass unser Genuss von Schokolade immer noch zu Lasten von Mensch und Umwelt geht«, erklärt Sandra Dütschler von gebana.
BIOBAUERNFAMILIEN AM UMSATZ BETEILIGT
Gerade in Westafrika, dem Hauptanbaugebiet von Kakao, bewirtschaften Bäuerinnen und Bauern Kleinstflächen von einem bis wenigen Hektar. Die Kakaobäume sind alt, den Bau-
ern fehlen Knowhow und Mittel, um Investitionen zu tätigen. Die Felder und Dörfer sind oft schwer zugänglich, teilweise nur zu Fuß.
2013 hat gebana in Togo ein Tochterunternehmen gegründet, um direkt mit den Bauernfamilien zusammenzuarbeiten. Es schult die Bauern und Bäuerinnen im Bio-Anbau, verteilt Kakao-Setzlinge und fördert die Agroforstwirtschaft. Zudem beteiligt gebana die rund 1.800 Bauernfamilien, zusätzlich zu ihrem Bio- und Fair-Preis, mit 10 Prozent am Verkauf von Schokolade im gebana-Onlineshop. »Das ›gebana Modell‹ ist unser wichtigstes Werkzeug, um das Einkommen der Bauernfamilien zu verbessern«, betont Dütschler. Aber auch dieser Beitrag sei noch zu wenig. Deswegen versucht das Unternehmen, auch seine GroßkundInnen dazu zu bewegen, höhere Preise zu bezahlen, was sich als schwierig gestaltet »Alle wollen Nachhaltigkeit und keine Kinderarbeit, aber keiner will mehr bezahlen«, so das Fazit von Sandra Dütschler. »Die Bekämpfung von Armut ist der Schlüssel, um die daraus entstehenden Probleme wie Abholzung, Kinderarbeit und Mangelernährung zu verringern.« Der Angry Gorilla aus Kakao von gebana Togo ist ein konkreter Beitrag für einen anderen, nachhaltigeren und gerechteren Kakao-Anbau und setzt in der Branche ein Zeichen. gebana.com
DEN »SCHEAM« AUFHEBEN?
Es gibt einige gute Gründe, Keramik mit Bedacht auszuwählen. Einer davon: Sie ist kaum wieder zu Keramik recycelbar.
Keramik fasst Werkstoffe aus anorganischen Substanzen zusammen, die mit Wasser geformt, danach getrocknet und in einem Brennprozess ausgehärtet werden. Sie besteht meist aus Quarz, Granit, Lehm oder Metalloxiden, wobei die genauen Zusammensetzungen und Brennverfahren variieren. Grundsätzlich lässt sich Keramik in mehrere Klassen und Unterklassen einteilen, dazu zählen etwa das Irdengut, das sich durch seine Wasserdurchlässigkeit auszeichnet, und das Sinterzeug, das durch den Brennprozess wasserdicht wird.
Die Unterklassen Steingut, Steinzeug und Porzellan unterscheiden sich jeweils in ihren Brenntemperaturen und dementsprechend möglichen Einsatzbereichen. Während Steingut als Irdengut bei einer niedrigeren Temperatur gebrannt wird und oft mit einer Glasur versehen wird, um wasserdicht zu werden, zählen sowohl Steinzeug als auch Porzellan zum Sinterzeug und werden wegen ihrer Härte und Widerstandsfähigkeit häufiger als Geschirr genutzt. Steinzeug wird heißer als Steingut gebrannt, Porzellan noch heißer. Im Haushalt findet man Keramik meist in Form von Geschirr,
Blumentöpfen oder im Sanitärbereich. Darüber hinaus ist sie in den meisten Baukonstruktionen vorhanden, beispielsweise als Ziegelsteine oder Fliesen. Auch im technologischen Bereich wird Keramik eingesetzt, etwa in Form von Isolatoren.
IN WELCHE TONNE?
Große Massen an zu entsorgender Keramik fallen meist bei Renovierungen oder Häuserabrissen an. Kleine Mengen von Keramikscherben dürfen in den Restmüll geworfen werden, größere Teile oder mehrere Keramikstücke sollten hingegen auf einen Mistplatz oder Wertstoffhof gebracht und entsorgt werden. Dort ist es wahrscheinlich, dass Gebühren eingehoben werden. Im Restmüll ist die Menge der entsorgten Keramikstücke ausschlaggebend, wenn die Tonne dadurch zu schwer wird, wird sie nicht geleert.
Besonders wichtig ist: Keramik hat im Altglas nichts zu suchen. Die beiden Materialien haben unterschiedliche Schmelzpunkte und können nicht gemeinsam verwertet werden.
Laut Norbert Völl vom Unternehmen Grüner Punkt fällt die Menge an Fehlwürfen von Kera-
TEXT
Hanna Stummer
Scherbe
So nennen KeramikerInnen das gebrannte Gemisch verschiedener Mineralien und Beimischungen. Im oberdeutschen Raum wird »Scherben« für einfache Tonware verwendet, in Süddeutschland und Österreich kennt man den »Scheam« als Nachttopf, den man in sprichwörtlich aufhat, wenn man sich in einer beschissenen Situation befindet.
Der Gesamtstörstoffanteil in deutschen Altglascontainern beträgt etwa 9,5 Prozent. Das inkludiert Keramik, Steingut und Prozellan – und alle anderen Materialien, die kein Glas sind.
genschaften von Keramik, denn die Rohstoffe werden durch das Brennen derartig verändert, dass sie kaum auf dieselbe Art wiederverwertet werden können.
Der Grüne Punkt
Ein duales System zur Mülltrennung und Abfallvermeidung in Deutschland. Existiert seit 1990 und ist heute ein führender Anbieter von Rücknahmesystemen.
Keramikabfallrücknahme
Die Linz AG verrechnet beim Altstoffsammelzentrum 6,50 Euro pro begonnene 60 Liter. Bei der Stadtreinigung Hamburg kostet es 16 Euro pro angefangene 100 Liter.
mik, Steingut und Porzellan (KSP) in Deutschland eher gering aus. »Grundsätzlich sind die Anlagen, die die Scherben aus der Glastonne sortieren, sehr gut darin, KSP herauszufiltern. Da Keramikscherben undurchsichtig sind und die Maschinen insbesondere solche Scherben gut erkennen, ist die Sortierung dabei also sogar ein bisschen einfacher als bei anderen Fehlwürfen«. Nichtsdestotrotz darf Glas, das recycelt werden kann, nur minimale Partikelrückstände anderer Stoffe vorweisen. Deswegen gilt: Je mehr Keramik im Altglas landet, desto wahrscheinlicher, dass die Charge nicht zur Wiederverwertung genutzt werden kann.
DIE VASE ALS STRASSENPFLASTER
Energieaufwand
Einer Studie des UBA aus dem Jahr 2018 zufolge wurden im Jahr 2015 bis zu 50 MJ für die Produktion eines Kilos Geschirrkeramik benötigt.
Zum Vergleich: Ein Zweipersonenhaushalt verbraucht dieselbe Menge Strom in knapp 1,5 Tagen. Ein solides Service hat also schnell den Monatsstromverbrauch eines Pärchenhaushalts auf dem Buckel.
Nach der Entsorgung wird Keramik aus unseren Haushalten in der Regel nicht wieder zu Keramik. Es existieren zwar Projekte wie die »Silversida«-Reihe von Ikea, deren Geschirr zu 65 bis 70 Prozent aus Produktionsabfällen aus der eigenen Fabrik besteht, hierbei handelt es sich aber eher um Vermeidung von Produktionsabfall, also nicht um das was sich EndverbraucherInnen klassisch unter Recycling vorstellen, nämlich eine Wiederverwertung des Materials nach der Nutzung. Das geschieht wenn, dann meist in der Bauwirtschaft, etwa als fein gemahlener Zusatzstoff für Zement oder als Füllstoff.
»So etwas wie Post-Consumer-RecycledKeramik gibt es kaum und das wird vermutlich auch in naher Zukunft so bleiben«, erklärt Til Bolland vom Deutschen Umweltbundesamt (UBA). Das liegt an den besonderen Ei-
Die weitaus größte Menge an Keramikabfällen fällt in Form von Bauprodukten wie Ziegeln und Dachziegeln an. Einer Studie des Uba von 2018 zufolge können dort einige während des Produktionsprozesses anfallenden Reststoffe wieder in diesen zurückgeführt werden, beim Brennbruch – also bei Schäden, die während des Brennprozesses entstehen – sind es knapp ein Drittel. Ein Wiedereinsatz von fertigen Produkten wie sortenreinen Mauerziegeln ist zwar möglich, in der Realität passiert das allerdings selten. In der Ziegelproduktion stehen auch einer Wiederverarbeitung von Rohstoffen aus anderen Keramikindustriezweigen, etwa Schlamm aus der Herstellung von Haushalts- oder Sanitärkeramik, praktische Probleme wie Transportkosten und Qualitätsanforderungen im Weg.
Auch Haushaltskeramik verändert sich beim Brennen. Insbesondere gilt das für das enorm heiß gebrannte Porzellan, für das Temperaturen von über 1200 °C benötigt werden. »Durch den Brand verändert sich der Rohstoff so sehr, dass er kein zweites Mal gebrannt werden kann«, erklärt Til Bolland. Auch in der Studie des Uba wird hervorgehoben, dass Abfälle aus anderen Keramikindustriezweigen wegen der hohen Reinheitsanforderungen nicht für Sanitär- oder Geschirrkeramik genutzt werden.
Closed-Loop-Recycling ist also bei Keramik derzeit nicht realistisch, häufiger werden diese Abfälle anderweitig verwertet, wie etwa im Straßenbau – obwohl auch hier Porzellan aufgrund seiner scharfen Kanten nicht besonders beliebt ist. Da Keramik und besonders Porzellan bei der Herstellung einen recht hohen Energieaufwand benötigen, macht es Sinn, beim Kauf auf langlebige Produkte zu achten und sie dementsprechend gut zu pflegen.
Teilweise wird Keramik auch nicht recycelt, sondern auf Deponien gelagert, das ist an sich nicht umweltschädlich, wird dann gemeinsam mit anderen möglicherweise problematischen Stoffe, die auf Mülldeponien gelagert werden –allein weil die Trennung etwa bei einem Häuserabriss nicht gänzlich möglich ist – zu kontaminiertem Müll.
SAUNAMEISTERN
Von Aufguss bis Zirkulation – zwölf Gebote des Schwitzens.
In der Sauna wird geschwitzt – schließlich bedeutet der Begriff im Finnischen auch »Schwitzstube«. Saunas dienen nicht nur der Reinigung des Körpers, sondern wirken sich auch positiv auf unser Immunsystem und das vegetative Nervensystem aus. Deshalb kann die Sauna auch ein zentraler Bestandteil bei der Stressbewältigung sein.
Der Stress kann aber schon auf dem Weg zur Sauna größer werden, wenn man sich mit der Saunakultur vor Ort nicht vertraut gemacht hat und ein wenig zu viel oder eben ein wenig zu wenig anhat: In den meisten Ländern Europas sind Saunas textilfrei, sie werden also nackt und ohne Badekleidung betreten. Dennoch ist es in vielen anderen Ländern eher üblich, bekleidet zu saunieren. Während beispielsweise im deutschsprachigen Raum die meisten Saunas gemischtgeschlechtlich sind, werden in vielen anderen Ländern die Geschlechter getrennt, gerade in textilfreien Saunas. Neben dem Kleidungsverbot gibt es auch noch andere ausgesprochene und unausgesprochene Regeln.
1. NICHT KRANK IN DIE SAUNA GEHEN!
Auch wenn die Sauna unser Immunsystem stärken kann,
sollten wir nicht mit einem Infekt in die Sauna gehen, denn der Besuch ist auch anstrengend für unseren Körper. So kann eine leichte Erkältung für Schwindel sorgen und die Krankheit sogar noch verschlimmern oder gar das Herz belasten. Zusätzlich können dadurch auch andere Gäste angesteckt werden. Also: bei Schnupfen besser zu Hause bleiben.
2. NICHT NÜCHTERN SEIN
Nadine Künnecke vom Deutschen Sauna-Bund empfiehlt, nicht nüchtern in die Sauna zu gehen, da sonst der Kreislauf zu instabil sei, aber auch nicht direkt vor dem Saunieren zu essen. Künnecke empfiehlt: »Am besten eine Stunde vor der Sauna essen, weil es sonst zu einem Kollaps kommen kann, wenn der Körper noch mit dem Verdauen beschäftigt ist.« Je deftiger und schwerer das Essen, desto länger der Verdauungsvorgang. Am besten hört man auf den Körper.
3. AUSREICHEND VORTRINKEN
Die Absonderung von Schweiß bedeutet für den Körper einen Flüssigkeitsverlust. Um dem vorzubeugen, empfiehlt es sich, vor der Sauna ausreichend zu trinken, damit der Körper genügend Speicher hat. 0,5–1 Liter Wasser sind ideal. Zwischen den Saunagängen kann auch immer wieder mal zu Säften gegriffen werden, damit der Blutzuckerspiegel nicht zu sehr sinkt.
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Doris Müllner
Business-Sauna
In Skandinavien und im russischen Raum ist die Sauna ein Ort zum Treffen – auch für geschäftliche Termine. Dieser Brauch nimmt ab, je weiter man nach Zentraleuropa schaut.
Wo duftet’s?
Während im deutschsprachigen Raum die meisten Saunas einen Aufguss mit Duft anbieten, ist das in Finnland nicht üblich. Dort ist vielmehr das Abklopfen mit Birkenzweigen während des Saunabesuchs gängig, was die Blutzirkulation anregt.
4. TUCH MITBRINGEN
Mit Ausnahme der Dampfsauna ist es in allen öffentlichen Saunas vorgeschrieben, ein Saunaoder Handtuch zu benutzen. Denn das Tuch bietet eine Barriere zwischen Körper und Holz und leistet so einen Beitrag zur Hygiene im Raum. Deshalb auch daran denken, dass sich wirklich alle Körperteile auf dem Tuch befinden – auch die Füße, wenn sie sich auf dem Saunaholz und nicht auf dem Boden befinden.
5. DIE RUHE GENIESSEN
So lange sich nicht alle in der Sauna auf etwas anderes geeinigt haben, ist die Sauna ein Ort der Stille. Um auch geistig zu entspannen und um auch anderen diese Entspannung zu ermöglichen, soll in der Sauna geschwiegen oder maximal geflüstert werden.
das noch lange kein Grund, jemandem zu nahe zu kommen oder zu nahe zu treten. Gerade zu Aufgusszeiten ist viel los, und trotzdem sollten die Grenzen von Fremden geachtet werden: Als Faustregel gilt, mindestens 30 Zentimeter, also in etwa eine Unterarmlänge Abstand, zu anderen zu halten.
6. VERZICHTE AUF
ALKOHOL!
Auch wenn Bier eine Elektrolytquelle darstellt oder einfach gut zum Saunabesuch passt, ist davon wirklich abzuraten. Alkohol dehydriert den Körper nicht nur zusätzlich, sondern überfordert, ähnlich wie eine Erkältung, den Organismus beim Saunabesuch. Im Rausch wird auch die Wahrnehmung der körperlichen Signale gedämpft und die Hitze der Sauna kann so durchaus eine Gefahr für den Körper darstellen. Also lieber zu etwas Alkoholfreiem greifen.
7. ACHTE DIE
GRENZEN ANDERER!
Auch wenn man in der Sauna schnell mal wenig Abstand zu Fremden einhalten kann, ist
8. FINGER WEG VOM AUFGUSS IN ÖFFENTLICHEN SAUNAS!
Der öffentliche Aufguss wird in der Regel von professionell geschultem Personal gemacht. Dafür werden nur bedacht ausgewählte Düfte verwendet, die auf ihre Verträglichkeit für Haut, Nasen und Augen getestet wurden. Aufgrund von Allergenen müssen Saunas auch ankündigen, welche Düfte für die Aufgüsse verwendet werden.
9. NICHT ALLES, WAS ERLAUBT IST, IST AUCH SINNVOLL!
Ob Zimt oder Orange, gerade Aufgüsse mit Duft sind im deutschsprachigen Raum sehr beliebt. Trotzdem sollten nicht irgendwelche Öle oder Düfte dem Aufguss zugegeben wer-
den, sondern nur solche, die für die Sauna geeignet sind. Die Düfte werden auf den Saunasteinen hoch erhitzt und werden über die Haut und Schleimhäute aufgenommen, deshalb sollten auch dort, wo mitgebrachte Saunaaufgüsse erlaubt sind – und in der eigenen Sauna freilich – nur passende Produkte für den Aufguss verwendet werden.
10. LÜFTE NACH GESCHMACK!
Saunakabinen in Thermen und ähnlichen Einrichtungen müssen tatsächlich nicht regelmäßig gelüftet werden, da sie meistens eine Be- und Entlüftung eingebaut haben. Das Lüften, wie es vor dem Aufguss in der Regel der Fall ist, hat eher einen rituellen Effekt und kann auch weggelassen werden.
11. ERST ABKÜHLEN, DANN DUSCHEN!
Auch wenn die Dusche oder das Tauchbecken direkt nach der Sauna verlockend sein können, sollte man erst an die frische Luft gehen. »Am besten erstmal draußen ein paar Schritte spazieren, damit sich die Temperatur der Atemwege normalisieren kann«, empfiehlt Künnecke. Danach könne man sich abkühlen und im Anschluss noch ein wenig ruhen, denn die Sauna ist ein Wechselbad, weshalb die Phase nach der Sauna genauso wichtig sei wie das Schwitzen. Wer im Anschluss in das Tauchbecken möchte, sollte vorher kurz unter die Dusche springen.
12. NICHT AUFS ESSEN UND TRINKEN VERGESSEN!
Während des Saunabesuches sollte ausreichend getrunken werden, zum Beispiel Wasser, Tee oder Säfte, da der Körper während eines Saunabesuchs viel Wasser durch das Schwitzen verliert, das wieder aufgefüllt werden muss. Saft liefert zusätzlich Zucker, was den Kreislauf in dieser Zeit etwas stabilisieren kann. Wer mehrere Saunagänge im Verlauf eines Tages einlegt, sollte zwischendurch auf jeden Fall etwas essen und im Anschluss dem Körper eine ausgewogene Mahlzeit mit Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten bieten, damit er sich wieder stärken kann. Im Allgemeinen sollte hier einfach auf den Körper und seine Bedürfnisse gehört werden. Wer Hunger verspürt, sollte auch etwas essen. Es lohnt sich aber auch, zu reflektieren, wie viel über den Tag gegessen und getrunken wurde. Wenn das nicht besonders viel war, ist es auch bei fehlendem Hungergefühl empfehlenswert, zumindest eine kleine Mahlzeit zu sich zu nehmen.
Wohltuende Waldgefühle
Entspannung für Körper und Geist.
Das Bio Infrarot Kabinen-Spray ist wie ein wonniger Waldspaziergang im warmen Sonnenlicht. Das waldig-frische Aroma vertreibt Atemzug für Atemzug die Herausforderungen des Alltags. Der Duft des Waldes mit Zirbelkiefer bio, Riesentanne bio und Douglasfichte bio in Kombination mit dem spritzigen Duft der Grapefruit hilft dabei, die Gedanken wieder klar werden zu lassen.
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primaveralife.com
Das Infrarot KabinenSpray Waldgefühl bio von PRIMAVERA harmonisiert Körper, Geist und Seele.
SAUNAZEUG
Gut durchblutet und porentief gereinigt pflegt es sich besonders gut.
Man kann freilich einfach mit einem Handtuch in die Sauna gehen, ordentlich was rausschwitzen duschen und sich der wohltuenden Effekte erfreuen. Wer aber einerseits den verstärkenden Effekt des Saunierens auf so manche Hautpflege nutzen will oder ein Saunaritual mit allem Drum und Dran und Drumherum zelebrieren will, möchte vielleicht besonders dann auf Qualität zurückgreifen. Ein paar Vorschläge dazu.
Styx Bio Saunaöl
Eukalyptus & Pfefferminze
Die Wintermischung klassik in geballter Kraft legt Styx mit diesem ergiebigen Biosaunaöl (zertifiziert nach Bio Austria Garantie) vor –muss nur mehr geschüttelt werden und kann dem Aufgusswasser oder der Duftlampe zugeführt werden. Erfrischend & aktivierend verspricht der Hersteller – der Mix lädt zum tief Durchatmen ein. styx.at
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BILD
Grüne Erde
Massagegurt
Flachs
Zur Nass- und Trockenmassage in kreisförmigen Bewegungen beginnend bei den Füßen – aufwärts bis zum Abschluss beim Rücken, empfiehlt Grüne Erde und erklärt auf dem Etikett ausführlich, wozu das gut sein soll: Vor, in der oder ohne Sauna regt sie zum Schwitzen an, strafft die Haut und das daruntergelegene Bindegewebe und peelt. Maschinenwaschbar bei 60 Grad ist der Massagegurt aus der Naturfaser Flachs auch – Was will man mehr? grueneerde.com
Irina Zelewitz
Stefan Staller
Bigood
Salzpeeling
Mandelöl
Zart schmelzend wie Butter, der Peelingeffekt des Salzes ist so sanft, dass er gerade ausreicht, um das enthaltene Biomandelöl (und das mengenmäßig dominierende, günstigere Sojaöl) besser eindringen zu lassen. Macht die Haut butterweich, versorgt reichhaltig und wirkt Hautunreinheiten entgegen. Natrue-zertifizierte Naturkosmetik der Rewe-Naturkosmetik-Marke Bigood, hergestellt in Österreich. bipa.at
Primavera Ätherische Öle
Lemongrass bio & Himalayakiefer bio
Nicht nur für Produktqualität, sondern auch für Sortimentsbreite steht das Allgäuer Naturkosmetikuntenehmen Primavera. Wer einen Klassiker der Saunadüfte sucht, findet hier Lemongrass bio, und in Himalayakiefer bio (aus den Zweigen und Nadeln der Pinus wallichiana) aus Bhutan eine nur leicht exotische Variante eines Nadelwaldduftes. Biozertifiziert nach Natrue-Standard. primaveralife.com
Saint Charles Oleum
Aethereum
Alpenzirbe Bio
Im Gegensatz zu den Aufgussmischungen ist das pure ätherische Öl von Saint Charles biozertifiziert – ein Grund mehr, das wertvolle, wohligen Duft verströmende Öl der Tiroler Pinus Cembra selbst nach Belieben zu mischen oder eben nicht. Es duftet intensiv und eignet sich für den Aufguss genauso wie für die Raumbeduftung für die Ruhephasen zwischen nach und zwischen den Saunagängen. saint-charles.eu
Weleda
Cellulite-Öl
Birke
Wo keine frischen Birkenzweige zum durchblutungsfördernden Abklopfen der Haut nach der Sauna zur Hand sind, da hilft die Weleda-Birkenlinie: Vom Dusch-Peeling über das feine Cellulite-Öl (festigend und elastizitätsfördernd) bis zum Bio-Birken-Aktivgetränk –ein herb-frischer Verdünnungssaft mit Birkenblattauszug aus »ökologischer Wildsammlung« und Biozitrone und »optimaler Welnessbegleiter«, sagt der Hersteller. weleda.com
Mehr zu den der Zirbe nachgewiesenen und nachgesagten Kräften BIORAMA.EU/ZIRBE
NATUR EXTRAHIERT
Nicht zuletzt, weil es Preis und Qualität maßgeblich bestimmt: Wie werden ätherische Öle gewonnen?
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Anna Herczeg
Ätherische Öle, auch Essenzen genannt, findet man in vielen Pflanzen. Die duftenden Stoffe sind im Gewebe der Pflanze eingeschlossen. Im Vergleich zu den sogenannten Basisölen, also pflegenden Ölen wie Mandel- oder Jojobaöl, fetten ätherische Öle nicht nach und verflüchtigen sich ziemlich schnell. Würde man also Mandelöl und Rosenöl nebeneinander auf ein Blatt Papier tropfen, würde man nach kurzer Zeit nur noch das fette Mandelöl sehen, das Rosenöl könnte man aber nur noch riechen.
WIRKSAM FÜR DIE PFLANZE
Pflanzen lagern diese Öle natürlich nicht primär aus dem Grund in ihrem Gewebe ein, dass Menschen sie dann als Parfum oder zu therapeutischen Zwecken verwenden. Verschiedene ätherische Öle erfüllen für die Pflanzen, die sie produzieren, verschiedene Zwecke. Manche locken Insekten zur Bestäubung an, andere halten schädliche Insekten, Keime und Pilze fern. Wenn die ätherischen Öle aus dem Gewebe
verdunsten, schützen sie die Pflanze auch vor Temperatur- und Wettereinflüssen.
Beim Menschen können ätherische Öle eine positive Wirkung für den Körper und die Psyche haben. Um mit den unumstrittenen Kräften ätherischer Öle zu beginnen: Sie können auf den menschlichen Organismus etwa verdauungs- und durchblutungsfördernd wirken – sie können aber auch reizend auf Haut oder Atemwege wirken, mitunter auch allergieauslösend. In Kosmetika, Pflegemitteln oder Bädern können sie bei Menschen, ähnlich wie bei Pflanzen, die Entwicklung von Bakterien, Viren und Pilzen hemmen. Aufgrund ihrer Wirkung, aber auch ihres betörenden Geruchs, werden ätherische Öle auch für die Herstellung von Parfums herangezogen. Einen kompakten und niederschwelligen Einblick über die den einzelnen Pflanzen zugeordneten Funktionen bietet hier beispielsweise das Buch »Naturparfum –Balsam für Körper, Geist und Seele« der Parfumeurin Josephine Ademi.
Gewonnen werden die Öle seit Jahrtausen-
den aus Pflanzengewebe. Mittlerweile wurden viele Gewinnungsformen entwickelt – und es wird laufend weiter getüftelt:
WASSERDAMPFDESTILLATION
Die erste dokumentierte Gewinnungsmethode ist die Wasserdampfdestillation. Dabei wird Wasser in einem Kessel erhitzt, der Dampf steigt durch ein Sieb, auf dem die Pflanzen ausgebreitet sind, auf und löst dabei die ätherischen Öle. Wenn der Dampf abkühlt und das Wasser kondensiert, schwimmt das Öl an der Oberfläche, da es leichter ist als Wasser und sich nicht so ohne Weiteres mit Wasser vermischt. Ein großer Vorteil der Destillationsmethode ist, dass Moleküle von Schwermetallen zu schwer sind, um gemeinsam mit dem Dampf aufzusteigen. Somit können sie sich nicht im Öl anreichern.
KALTPRESSUNG
Um die ätherischen Öle aus der Pflanze herauszulocken, können diese auch kalt gepresst werden, ähnlich wie viele fette Basisöle. Diese Form der Ölgewinnung wird vor allem bei besonders hitzeempfindlichem Ausgangsmaterial angewendet – etwa für Essenzen aus den Schalen von Zitrusfrüchten. Die Schalen werden hierzu zerkleinert in Wasser eingelegt, das Gemisch ausgepresst und in einer Zentrifuge –wie in einer Waschmaschine – geschleudert, wodurch sich das Öl vom Wasser trennt.
ENFLEURAGE
Eine sehr alte Gewinnungsform, die aufgrund ihrer aufwendigen, langwierigen Durchführung nur noch selten zum Einsatz kommt, ist die Enfleurage-Methode. Mit Fett bestrichene Glasplatten werden mit Blüten belegt und dann zusammengepresst. Die Blüten werden immer wieder gewechselt, bis sich genug Duftstoffe im Fett gelöst haben. Das Endergebnis wird als Pomade bezeichnet.
EXTRAKTION
Die Enfleurage-Methode eignet sich besonders für empfindliche Blüten – heutzutage greift man dafür der Einfachheit halber eher zur Extraktion. Durch das Erhitzen der Pflanzen gemeinsam mit einem Lösungsmittel werden der Pflanze Duft- und Farbstoffe und Wachse ent-
Synthetischer Duft selbst wirkt oft unnatürlich – im wahrsten Sinne des Wortes künstlich. Er kann grundsätzlich, genauso wie auch ätherische Öle, zu Reizungen führen und allergieauslösend wirken.
Auch ätherische Öle sind daher mit Bedacht einzusetzen und zu dosieren. Vor allem bei der Anwendung in der Umgebung von Babys und Kindern sind Wissen und Vorsicht Voraussetzung.
Manche der synthetischen Düfte können darüber hinaus hormonell wirksam sein, zum Beispiel synthetische Moschusduftstoffe.
zogen. Das entstandene, sehr wachsartige Concrète wird mit Alkohol vermischt und gefiltert. Im Absolue, dem Endprodukt des Verfahrens, sind im Idealfall keine Spuren des Lösungsmittels mehr zu finden.
Seit den 1980ern werden ätherische Öle auch mithilfe von CO2 extrahiert. Das CO2, das nicht durch Erhitzung, sondern Druck verflüssigt wird, entzieht den Pflanzen die Essenz. Der Duft des Endprodukts ist dem der Pflanze selbst sehr ähnlich.
INDUSTRIALISIERTE SYNTHETIK
Ätherische Öle aus Pflanzenfasern zu gewinnen, ist aufwendig – für einen Tropfen Rosenöl braucht man etwa 30 Blüten. Deswegen sind reine ätherische Öle, Naturparfums und Naturkosmetik meist auch vergleichsweise teuer. Wie bei so vielen Dingen wurde dafür im 19. Jahrhundert während der Industrialisierung eine »Lösung« gefunden. Man begann, Duftstoffe im Labor mithilfe chemischer Synthese nachzubauen. Günstige Massenproduktion, konstante Qualität (nicht nur im Sinn von
Naturparfums im Porträt BIORAMA.EU/ NATURPARFUM
Güte, sondern im umfassenden Sinne von Beschaffenheit) und intensivere Düfte wurden möglich. Wo ätherische Öle als Duftstoffe oder zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden, werden die synthetischen aber kaum als möglicher Ersatz betrachtet.
Mehr zum Thema Naturparfums – von Duftporträts einzelner Pflanzen bis zu einfachen Rezepten im Buch »NATURPARFUM – BALSAM FÜR KÖRPER, GEIST UND SEELE« von Josephine Ademi, Joy Verlag, 2017. wildeden.de
Ein vierköpfiges ForscherInnenteam durchquerte Grönland auf etwa 70 Grad nördlicher Breite, von Kangerlussuaq nach Isortoq – bei teilweise schwierigen Bedingungen.
Einmal quer durch Grönland
Warum das Logistikunternehmen Gebrüder Weiss die Forschungsreise »The Greenland Project« unterstützt.
Grönland ist eines der größten Eisgebiete der Welt und reagiert sensibel auf Klimaveränderungen. Das macht die Insel zu einem spannenden Ort für die Wissenschaft – so auch für ein internationales ForscherInnenteam, das im Rahmen von »The Greenland Project« umfangreiche Untersuchungen zur Eisdicke anstellte. Dazu waren zwei Wissenschaftler, eine Ärztin und ein Fotograf vier Wochen lang auf Skiern von Kangerlussuaq an der Westküste nach Isortoq an der Ostküste unterwegs – im Schlepptau vier Zugschlitten, die der Logistik- und Projektpartner Gebrüder Weiss bereitgestellt hatte.
EINBLICK IN DEN KLIMAWANDEL
»Als führender Logistikdienstleister betrachten wir es auch als unsere Aufgabe, ausgewählte Forschungsinitiativen wie das Greenland Project zu unterstützen. So können Einblicke in den
Klimawandel gewonnen werden, die dabei helfen, kluge Entscheidungen für unsere Zukunft zu treffen«, sagt Wolfram Senger-Weiss, Geschäftsleitungsvorsitzender des Logistikunternehmens Gebrüder Weiss.
Messungen der Eisdicke in regelmäßigen Abständen bringen Vergleichswerte zu früheren Messungen.
Insgesamt 600 Kilometer legten die ForscherInnen auf ihrer Reise durchs grönländische Eis zurück. Neben Satelliten- und Radarmessungen, seismischen Messungen und Bodenproben entnahmen sie auch Eiskerne, um ein detailliertes Bild der Eisdicke und der Veränderungen der Eisoberfläche zu erhalten. Die gesammelten Daten werden derzeit an der University of the Sunshine Coast in Australien detailliert analysiert. Die Untersuchungen sollen helfen, die Genauigkeit bisheriger Messmethoden zu beurteilen und ein besseres Verständnis der Eisschmelze in Grönland zu gewinnen.
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Martin Mühl
BILD
Stefan Staller
BIERBEGLEITUNG
Mindestens zehn Jahre ist es her, dass der Trend zum Craft Bier für größere Vielfalt und einen Reichtum an Stilen und Geschmäckern beim Bier gesorgt hat. BrauerInnen haben alte Traditionen wieder ausgegraben, aber auch ganz neue Wege probiert. In der Gastro -
nomie hat sich das leider immer noch nicht herumgesprochen – schon gar nicht, wenn es darum geht, verschiedene Biere mit einzelnen Gängen zu kombinieren. Das ist aber kein Grund, nicht in Eigenregie die Vielfalt zu feiern und mit Pairings zu experimentieren. Bio sind die Biere hier alle.
1
BRAUSCHNEIDER »URKORN« UND »WILDBERRY SOUR«
Der niederösterreichischen Biobrauerei gelingen gut trinkbare Biere verschiedenster Stile und Zutaten, ihre Ideen treffen dabei auf großes Interesse. Das »Urkorn« setzt auf die drei ältesten Getreidesorten Emmer, Ur-Dinkel und Waldstaudenkorn, an-
gebaut von »Gartners Urgetreide« in der Wachau, und machen diesen Ausflug in die Geschichte der Landwirtschaft zum bierigen Genuss. Ganz klischeehaft zum Beispiel zur Brotjause, Fleisch in Saft oder auch zu diversen Knödeln. Das »Wildberry Sour« ist Teil einer ganzen Reihe von Sauerbieren – und ist in dem Fall in erster Linie fruchtig und ebenso süß wie sauer. Dazu passen Süßspeisen wie süße Knödel mit Obstfüllung.
brauschneider.at
2
HOPFENGRUND
»HOP & WILD« UND »RIESLING ALE«
Julie und Christoph Hoch produzieren in Hollenburg an der Donau nicht nur Pet Nats, Weine und Botanicals – alles bio und geschmacklich höchst spannend –, sondern mittlerweile auch Biobier in drei Komplexitätsstufen. Leichte Biere mit geringem Alkoholgehalt, komplexere Biere mit rund einem Jahr Reife für eine natürliche Säure und spontan vergorene Biere, die bis zu drei Jahre reifen mit einer zweiten Gärung in der Flasche. Verbraut werden Hopfen, Kräuter und Trauben aus dem eigenen Anbau; Marillen, Landbirnen oder Isabella für die experimentellen Biere kommen von befreundeten biodynamisch arbeitenden LandwirtInnen. Das »Riesling Ale« gehört zur mittleren Stufe, bringt die Trauben ins Bier und bleibt dabei verhältnismäßig zurückhaltend. Für uns ein feiner Aperitif oder auch Begleiter zu Mahlzeiten mit weißen Saucen. »Hop & Wild« ist ein gereiftes Spontanbier und geschmacklich ein intensives und gelungenes Experiment und Erlebnis . »Hop & Wild« besteht neben den intensivsten Geschmäckern und ergänzt etwa auch asiatische, stark gewürzte Gerichte. Eine große und großartige Geschichte voller Experimentierfreude, Handwerk und Leidenschaft.
hopfengrund.beer
3
GUSSWERK
»RED ALE«
Reinhold Barta, einer der ersten Biobierbrauer in Österreich, besinnt sich mit dem »Red Ale« seiner Lehrjahre in Irland. Die Hopfenbittere kitzelt in der Nase und am Gaumen, im Vordergrund des rotbraunen Biers stehen die Trinkbarkeit und eine große Harmonie. Die Perlage ist ungewöhnlich fein und sorgt für einen umfassend runden Trinkgenuss mit
sanfter Frucht und einer Balance aus Cremigkeit und Spritzigkeit. Im Pairing dazu besser nichts zu Schweres, aber durchaus etwas mit intensivem Geschmack: Fisch und Kalb fällt hier ein, der Braumeister ergänzt: »Ossobucco, Burrata di Bufala oder auch ein Topfen-Orangen-Dessert.«
brauhaus-gusswerk.at
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FORSTAUERS HOFBRÄU
»IRISH STEIRISH STOUT«
Mit 5,1 Vol.-% ist das »Irish Steirish Stout« von Forstauers Hofbräu geradezu klassisch, was den Alkoholgehalt angeht, es schmeckt aber deutlich intensiver, ohne Extreme auszuloten. Geschmacklich sind wir hier jedenfalls so manchem viel stärkeren Porter oder Stout deutlich näher, als
es der Alkohol vermuten lässt, und so gelingt dem »Irish Steirish Stout« ein willkommen rundes Geschmackserlebnis, durchaus cremig und mit Röstnoten. Dazu passen zum Beispiel ein Chili, gern auch mit Kakao, Schmorgerichte mit intensiven, dunklen Saucen oder auch deftige Desserts.
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derzeit keine Website
TRUMER »HERBSTBIER«
Bei den Spezialbieren und Innovationen wie der Milchalternative »Sigl Hafer & Gerste« setzt Trumer immer mehr auf bio, so auch beim aktuellen »Herbstbier«. Karamellmalzsorten geben diesem obergärigen, unfiltrierten Bier nicht nur seine Bernsteinfarbe, sondern auch das fruchtige Aroma. Das schmeckt nach mehr als klassische Märzen oder auch Pils, ist aber gut ausbalanciert. Hier empfiehlt sich der langsame Genuss, der diesem Mehr gerecht wird, und die Begleitung von intensiven herbstlichen Speisen: Wild oder auch Pilze mit cremigen Saucen, in die das Bier auch verarbeitet werden kann. Trumer empfiehlt etwa Geschmorte Kalbsbackerl mit Semmelknödel in Herbstbier-Jus oder Kräuterseitlinge mit Pastinakencreme auf Rotwein-Schalotten.
trumer.at
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RIEDENBURGER
»ALKOHOLFREI FEIN HOPFIG«
Der bayrische Familienbetrieb in 8. Generation arbeitet seit 30 Jahren bio und produziert neben klassischen Bierstilen auch einige Craftbiere und Spezialsude. Und eine ganze Reihe an alkoholarmen und -freien Bieren. Das »Fein Hopfig« ist eines der besten alkoholfreien Biere auf dem Markt und besticht durch eine gelungene Balance aus leichter Malzsüße und ebenso viel Bitterkeit – beides gut eingebunden und mit einer feinen Perlage. Das mag nach Middle-of-the-Road-Beliebigkeit klingen, trifft aber auf seltene Weise den Punkt – und passt zu vielen Speisen. Dazu empfehlen sich sowohl deftigere Fischküche, asiatischer Schweinebauch, cremig gebundenes Gemüse oder auch fette Desserts mit ordentlich Frucht.
riedenburger.de
Die Jagdsaison hat begonnen.
PASS AUF DEINEN SCHWANZ AUF.
Die Jagdsaison hat begonnen.
Füchse und andere Wildtiere haben keine Schonzeit und können das ganze Jahr geschossen werden. Sag NEIN zur ganzjährigen Bejagung.
Unterzeichne jetzt für ein tierfreundlicheres Bundesjagdgesetz.
pass-auf-deinen-schwanz-auf.at
NEIGUNGSGRUPPE EISENBAHN
Vom Vergnügen, mit der Bahn zu fahren.
Egal ob Berlin Hauptbahnhof oder Lochau-Hörbranz in Vorarlberg, Kathedrale des Reisens oder Station in der Provinz, ob moderner Glaspalast, Gründerzeitbau oder Betonunterstand, ob hektisches Gewusel am Montagmorgen oder Feierabendstimmung am Freitagnachmittag: Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Gleich geht es los! Abfahrtstafeln und Fahrpläne voller Sehnsuchtsorte, Züge aller Art und unterschiedliche Fahrgäste beleben die Szenerie und die eigene Phantasie. Wer fährt hier weg oder kommt hier an, wohin, woher und warum?
»VORSICHT, TÜREN SCHLIESSEN AUTOMATISCH!«
Railjet oder ICE lassen die Stadt hinter sich und beschleunigen auf 230 bis 300 km/h. Wohin die Reise auch führen mag: Jetzt ist erst einmal Nichtstun angesagt, Luftschlösser bau-
en, Landschaft genießen, Lesen oder dann doch ein wenig arbeiten? Klimaanlage, Steckdose und Wlan sind hier selbstverständlich. Railnet und ICE Portal bieten allen Reisenden gratis Onlinezugang zu aktuellen Tageszeitungen und Magazinen. Wer den Schaffner der Ersten Klasse ganz nett bittet, darf sich sogar eine gedruckte Tageszeitung ausborgen. Flixbus kann das auch fast alles? Mhm, der Bus bietet genau »eine Toilette für den Notfall«, was immer das für ein Notfall sein soll. Der Bus verfügt auch über keinen Speisewagen, in dem stilvoll Apfelstrudel, Espresso oder Bier serviert werden. Das eigene Auto garantiert mehr Privatsphäre und fremde Handygespräche nerven? Aber wo sonst, außer beim Psychiater, und da kann niemand zuhören, geben Menschen freiwillig so viel von sich preis wie am Telefon im Zug? All diese herrlichen Geschichten vom Kommen und Gehen, vom Warten, von Sehnsüchten und
TEXT Martin Zellhofer
Ganz schön
Zu den spektakulärsten Eisenbahnstrecken Deutschlands zählen die Harzer Schmalspurbahnen, die Höllentalbahn im Schwarzwald oder die Fahrt über die Rendsburger Hochbrücke. Aber eigentlich ist jede Bahnstrecke ein Erlebnis. In Österreich sind es u. a. die Semmeringbahn, die Zahnradbahnen auf Schnee- und Schafberg oder die schmalspurige Mariazellerbahn.
GANZ SCHÖN VIEL LOS
2023 transportierten die ÖBB 278,2 Millionen Menschen in ihren Zügen, die DB 1.837 Millionen. Pro Tag setzten die ÖBB (und die übrigen Eisenbahnverkehrsanbieter in Österreich) 2023 dafür 7026 Züge in Betrieb, die DB 24.325.
Ganz schön lang
2023 umfasste das österreichische Schienennetz 5577 Kilometer, das deutsche über 33.000.
vom schnöden Alltag. Draußen staut es? Super! Deutsche AutofahrerInnen verbringen jedes Jahr 30 Stunden, österreichische 25 im Stau. Die Bahnfahrt hingegen endet, ohne Verkehrschaos auf der Autobahn und Überlastung in der Innenstadt, Parkplatzsuche und Parkplatzgebühren, direkt im oder nahe am Stadtzentrum. Oder in einem Skigebiet oder sonstwo in Europa. Besser geht’s nicht.
CROSSING EUROPE
Von Augsburg bis Aarhus, Irnfritz bis Istanbul, Lippstadt nach Lissabon, Zülpich bis Zürich –alles mit dem Zug machbar. Ein Leben reicht nicht, um alles zu sehen, wo die Bahn hinfährt. Wer braucht da ein Auto? Und glücklicherweise dauert eine Fernreise mit der Bahn länger als
mit dem Flugzeug, denn der Weg ist das Ziel. Endlich Entschleunigung, Zeit für sich selbst, die Freunde und Familie. Das funktioniert im ICE 90 Wien – Hamburg-Altona, dem wohl längsten Tagsüber-Zuglauf, der Österreich und Deutschland verbindet, genauso wie auf Deutschlands kürzester Bahnlinie, der RB 31 von Friedrichshafen Hafen nach Friedrichshafen Stadt, Fahrzeit eine Minute, circa 730 Meter Fahrweg. Highlight einer internationalen Reise sind die Speisewagen, am besten sind die, in denen noch frisch gekocht wird. Tipp dafür: Go east. In polnischen, slowenischen, slowakischen, tschechischen und ungarischen Speisewägen gibt es eine echte Küche. Führt die Fahrt abseits der Schnellfahrstrecken durch Stadt und Land, gibt’s Einblicke in Vorstadtromantik und Hinterhofszenerien, die keine Straße bieten kann. Keine größere Reise in Sicht, nur das Pendeln in die Arbeit, und das kostet so viel Zeit? Alles eine Frage der Betrachtung. Diese vermeintlich vertane Zeit lässt sich für all das nutzen, was sonst nicht gemacht werden kann.
»UND WAS FÄHRST DU?«
Auch Design-Aficionados kommen im Zug auf ihre Kosten: Während gelegentlich Nostalgiedampfzüge, nicht besonders umweltschonend, aber technisch interessant, unterwegs sind, bietet auch der reguläre Eisenbahnverkehr einige historische und optische Highlights: Im Münchener Schnellbahnnetz verkehren noch Garnituren, deren Ursprünge sich in den 1970er-Jahren finden, im Wiener Schnellbahnnetz fahren Züge aus den 1980ern, der ICE 1 gelangte bereits 1991 in den Fahrgasteinsatz. Das alles ist trotz erfolgter Modernisierungen spannend anzusehen – und aufgrund der langen Nutzungsdauer auch eine Form der Nachhaltigkeit. Dass Bahnfahren auch viele Schattenseiten haben kann, ist leider nicht von der Hand zu weisen. Eine Möglichkeit ist, diese tapfer auszusitzen, sprichwörtlich, im Zug.
DAS WAHRE WESEN DER HONIGBIENE
Die »wesensgemäße Bienenhaltung« der Demeter-Imkerei schenkt dem natürlichen Verhalten des Bienenvolks besondere Beachtung.
TEXT
Thomas Weber
Michael Weiler ist ein angesehener, erfahrener Imker. Er publiziert Bücher über das Wesen und Wirken der Honigbiene. Seine Fachartikel werden in andere Sprachen übersetzt. Seine Vorträge sind gut besucht. Spricht »der Bienenfreund« – so heißt seine Website – vor Seinesgleichen, dann ist der bedächtige Mann oft unerwartet provokant. »Ich frage oft: ›Habt ihr schon mal ein Bienenvolk gesehen?‹«, sagt Weiler. Sein Gegenüber sei dann meist irritiert, wisse nicht, worauf er hinaus wolle. Denn natürlich hat, wer sich auf einen Kurs oder Workshop mit Michael Weiler einlässt, schon oft mit Völkern hantiert. Doch dem studierten Landwirt und Bienensachverständigen geht es nicht ums Provozieren. Seine Frage soll die eingeschränkte Sichtweise klarmachen. Denn: »Wir sehen über die einzelnen Sinne ja immer nur Teile des Ganzen. Wir sehen einzelne Bienen, die in unserer Wahrnehmung, wenn sie sich auf den herausgenomme-
nen Waben bewegen, sogar chaotisch anmuten. Wir hantieren immer nur mechanistisch mit Teilen eines Volks.« Die von Michael Weiler propagierte wesensgemäße Bienenhaltung versucht, das Ganze zu sehen, »das Einwesen Bienenvolk«, wie der 68-Jährige sagt. Im Gegensatz zu vielen anderen Insekten, auch den meisten Wildbienen, ist jedes Honigbienenvolk ein Superorganismus. Keine einzige Honigbiene, auch nicht die Königin, wäre für sich allein überlebensfähig. Vorräte sammeln, Brut aufziehen, den Winter überdauern, all das geht nur gemeinsam. »Ein Bienenvolk ist kein Einkörperwesen wie eine Kuh«, sagt der Imker. »Eine Kuh könnte als Einzelne nicht zehn Millionen Blüten am Tag bestäuben. Das Volk hat eine völlig andere Körperlichkeit, es ist ein zergliederter Organismus.« Diesem besonderen Wesen möchte die wesensgemäße Bienenhaltung der Demeterbewegung besonders gerecht werden. »Das erfordert eine hohe Vorstel-
lungskraft- und Denkbemühung«, weiß Weiler. Selbst vor ImkerInnen, die die klassische Imkerei gelernt haben, etwa in den Kursen der staatlichen Bieneninstitute oder den Vereinen des Deutschen Imkerbunds, benötige das Zeit. »In ImkerInnenvereinen brauche ich die Chance, einen Tageskurs zu halten«, sagt er. Dabei beginnt er mit Grundlegendem zur Biologie der Honigbiene. »Am Ende höre ich dann immer: ›Das habe ich alles nicht gewusst!‹«, sagt Weiler.
WAS IST BIO? WAS
IST WESENSGEMÄSS?
Generell ist das Wissen über die sympathischen Honigsammlerinnen überschaubar. Selbst auf Biobetrieben, die davon leben, dass beispielsweise ihre Kürbisfelder zum Bestäuben von fremden Bienen angeflogen werden, begegnet man immer wieder überzeugten Ökobäuerinnen und -bauern, die meinen, Bio wäre bei der Imkerei gar nicht möglich. Weil sich ohnehin nicht kontrollieren lasse, wohin die Bienen fliegen, um Nektar und Pollen zu sammeln. Auch wenn das stimmt, ist Bienenhaltung trotzdem nicht gleich Bienenhaltung. Bio schränkt bereits wesentlich ein, wie ein/e ImkerIn ins Leben der Bienen eingreifen darf. Wer Biohonig kauft, hat etwa die Garantie, dass die Tiere nicht in Behausungen aus Kunststoff oder Styropor gehalten werden. Werden sie im Spätsommer mit Zucker gefüttert (als Ersatz für den entnommenen Honig), dann passiert das nur mit Biozucker. Zur Behandlung gegen Krankheiten oder Schädlinge (wie die Varroamilbe) sind nur wenige, natürliche Mittel zugelassen (z. B. Oxalsäure). Auch dürfen der Königin, damit sie nicht davonfliegt und mit einem Teil ihres Volks ausschwärmt, nicht einfach die Flügel abgeschnitten werden. Die Vorgaben der Bioverbände (Bioland, Naturland, Bio Austria, Bio Suisse) gehen darüber hinaus. So verlangt Bio Austria von seinen ImkerInnen beispielsweise, dass die Völker einen Teil der Waben, in dem sie Honig eintragen, völlig selbständig bauen müssen. Das entspricht ihrem natürlichen Verhalten, mindert aber den Honigertrag. Auch wenn sich viele BioimkerInnen von der wesensgemäßen Herangehensweise inspirieren lassen. Für den von Michael Weiler propagierten Perspektivenwechsel steht nur die wesensgemäße Bienenhaltung, wie sie der Demeterverband vorschreibt.
»Am Ende höre ich dann immer: ›Das habe ich alles nicht gewusst!‹«
— Michael Weiler, Demeter-Imker
WIE DÜRFEN BIENEN LEBEN?
»Ich bin immer wieder überrascht, wie wenig die konventionelle Imkerei über das Leben der Bienen weiß«, sagt Weiler. »Man kann trotzdem gut imkern. Ich würde nicht unterstellen, dass es den Bienen bei diesen ImkerInnen automatisch schlecht geht. Aber sie praktizieren sehr technische, mechanische Handlungsweisen.«
Er nimmt sich selbst nicht aus, habe in den 80er-Jahren sehr konventionell begonnen und spricht rückblickend von einer langsamen »Genese« hin zum Guru der wesensgemäßen DemeterimkerInnen. In den 90er-Jahren arbeitete er am Richtlinienvorschlag der deutschen Bioverbände für ökologische Bienenhaltung mit. Vieles davon findet sich heute – EU-weit gesetzlich geregelt – in der EU-Bioverordnung wieder. 1993 erarbeitete Weiler mit Gleichgesinnten die strengeren Vorgaben für die ImkerInnen der Verbände Bioland und Naturland. 1995 dann auch für den Demeterbund. Jede dieser Betriebsweisen hält er für vertretbar. Als Ertragsziel nennt er für sich selbst 15 bis 25 Kilogramm Honig pro Volk. »Klar, als BerufsimkerIn hat man andere Erwartungen. Ob das gut ist? Kann ich nicht endgültig beantworten«, sagt er. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) weist für 2023 in Deutschland einen durchschnittlichen Honigertrag von 33,8 Kilogramm aus. In der Berufsimkerei sind 60 bis 100 Kilogramm keine Seltenheit. Wesentlichen Einfluss darauf haben neben der Wirtschaftsweise und
Was Bioimkerei anders macht
Die EU-Bioverordnung regelt z. B., dass Bienen nur in natürlichen Behausungen (»Beuten«) aus Holz, Lehm, Stroh gehalten werden dürfen.
Die Behandlung gegen Krankheiten und Parasiten (Varroa) ist nur mit wenigen, bienenfreundlichen Mitteln zulässig. Zugefüttert wird nur Biohonig. Das Stutzen der Flügel der Königin ist nicht erlaubt.
Mehr zur Frage, was an Honig bio sein kann: BIORAMA.EU/BIO-AN-HONIG
dem Standort auch Witterung, Niederschläge, Blütenlage (»Tracht«) und natürlich die Stärke eines Volks.
MORE THAN HONEY
Die Frage, die Michael Weiler selbst auch in seiner 43. Saison als Imker immer beschäftigt, ist nur vermeintlich simpel: Wie leben Bienen?
Der Bienenfreund Michael Weiler landete im Laufe seiner bereits über 40 Jahre währenden Imkerlaufbahn bei der wesensgemäßen Demeter-Bienenhaltung.
Wo DemeterImkerei weitergeht
Richtlinien der wesensgemäßen Demeter-Bienenhaltung gehen weit über Vorgaben der EU-Bioverordnung hinaus. Wichtig ist z. B., dass Bienen ihre Waben im Naturwabenbau selbst errichten.
Die Vermehrung von Völkern passiert mittels Schwarmtrieb, der auch züchterisch nicht unterdrückt wird. Eigener Honig ist ein wesentlicher Bestandteil der Wintervorräte.
Und davon abgeleitet: »Wie weit lasse ich ihnen in der Kulturbeziehung als jemand, der etwas von ihnen will – also Honig – ein natürliches Leben zu?« Dazu gehört immer auch Scheitern. Seine kleine Imkerei im Norden Hessens wird heuer mit überschaubaren fünf Völkern in den Winter gehen. Das sechste Volk ist ihm gerade »abhanden gekommen«. Zu lange wollte er nicht eingreifen, der Natur ihren Lauf lassen, habe beobachtet, wie es sich bei steigendem Parasitendruck durch die Varroamilbe verhält. »Völker müssen für den Menschen kontrollierbar bleiben, das ist auch in der Demeterbienenhaltung eine notwendige Voraussetzung. Da bin ich Pragmatiker«, sagt der Bienenfreund. Verluste aber sind verschmerzbar. Und in den Demeter-Richtlinien sogar vorgesehen. »Der Verlust einzelner für bestimmte Krankheitserreger oder Schädlinge besonders anfälliger Völker ist im Sinne einer natürlichen Auslese hinzunehmen«, heißt es etwa im Kapitel Bienengesundheit der Richtlinien von Demeter Österreich. Einige der Demeter-Richtlinien lassen viele Freiheiten. »Es ist hochindividuell, wie sich das in den Handgriffen und der Handhabung
der Völker ausdrückt«, sagt Michael Weiler. Dennoch setzt Demeter klare Grenzen. Viele sonst gängige Praktiken sind in der wesensgemäßen Bienenhaltung nicht erlaubt. Dass ein Volk seine Natur ausleben kann, garantiert etwa ein Verbot der künstlichen Besamung der Königinnen. In den Raum, in dem ein Volk brütet, soll möglichst wenig eingegriffen werden. Auch darf die Vermehrung von Völkern nur über ihren natürlichen Schwarmtrieb erfolgen. Während viele konventionelle und auch BioimkerInnen bei der Zucht auf Schwarmträgheit setzen, erachtet Demeter den Schwarmtrieb als Zeichen von Vitalität – und als Zuchtziel. Überwintern sollen sie möglichst mit eigenem Honig. Biozucker darf nur ergänzend oder in Notzeiten zugefüttert werden. Im Vordergrund steht nicht der Honigertrag. Bienen werden eher als Bereicherung betrachtet und als Teil des großen Ganzen. So ist es zwar problemlos möglich, vom Demeterverband zertifiziert Bienen zu halten, ohne selbst einen Bauernhof zu führen. Für die ganzheitliche Sicht der biodynamischen Landwirtschaft, die einen Hof als lebendigen Organismus betrachtet und in Kreisläufen denkt, ist die Anwesenheit von Bienen aber fast eine Voraussetzung. »Die wohltuende Wirkung von in der Kulturlandschaft aufgestellten Bienenvölkern zeigt sich besonders in der Steigerung von Ertrag und Qualität vieler Früchte unserer Kulturpflanzen«, steht in den Richtlinien des Demeterverbands. »Sie ist dadurch für den landwirtschaftlichen Betriebsorganismus von großer Bedeutung. Aus diesem Grund ist eine Bienenhaltung für jeden biodynamischen Betrieb anzustreben.«
Auch Bienenfreund Weiler erachtet seine Völker vor allem als Bereicherung. »Ich lerne von ihnen, beobachte sie und hole mir Inspiration für Artikel und Vorträge«, sagt er. Und macht sich nichts vor: »Auch wenn ich von Demeter-KollegInnen weiß, dass es geht. Eine Familie zu ernähren, wäre mir mit meiner Imkerei nie gelungen.«
APFELANBAU MIT LIBELLEN, KUHHÖRNERN UND WASSERBAD
Für seine Äpfel geht Biobauer Claus-Peter Münch die Extrameile:
Seit sieben Jahren baut er sein Obst nach Demeter-Richtlinien an.
Loslassen. Das ist die große Aufgabe, der sich Claus-Peter Münch in den kommenden Jahren stellen muss, wie er selbst sagt. Der 65-jährige Biolandwirt betreibt seit 1989 den »Bio Obsthof Münch« in Hollern-Twielenfleth, einem kleinen Örtchen rund 50 Kilometer westlich von Hamburg. Jetzt nähert er sich langsam dem Ende seiner beruflichen Laufbahn und wird seinen Betrieb Schritt für Schritt in die Hände seiner beiden Töchter und Schwiegersöhne legen.
Das hat Tradition: Seit rund 800 Jahren wird der Betrieb schon von Generation zu Generation weitergegeben. Er selbst hat den Hof von
den Eltern seiner Frau Heike übergeben bekommen – und seither vieles verändert. Zählten damals noch 16 Hektar Anbaufläche zum Obsthof, misst diese heute 120 Hektar. Rund 220.000 Apfelbäume mit elf verschiedenen Sorten baut die Familie Münch hier an, dazu einige Birnen- und Zwetschkenbäume. Bei einer vollen Ernte pflücken bis zu 80 HelferInnen rund sechs Wochen lang 3500 bis 4000 Tonnen Äpfel per Hand von den Bäumen, die dann in rund 9000 Kisten sortiert und in 28 Hallen bei unterschiedlicher Temperatur gelagert werden. Bis vor fünf Jahren wurden die Äpfel noch auf dem Hof abgepackt und für den Verkauf
TEXT
Katrin Brahner
Claus-Peter Münch hat, wie er stolz sagt, »die Apfelsorte Topaz nach Norddeutschland gebracht«, er setzt aber gleichzeitig auch nach wie vor auf für die Region traditionelle Apfelsorten wie »Ingrid Marie«. Neben zwölf Apfelsorten (online gelistet), produziert er vor allem Birnen und Zwetschken.
Mondäpfel
Die Apfelernte dauert auf dem Obsthof Münch etwa sechs Wochen. Bei Vollmond während dieser Zeit werden die sogenannten »Mondäpfel« geerntet.
Der Obsthof Münch hat sich auch gleich die passende Domain gesichert mondapfel.de
Warum?
Stammdicke-Messungen ergeben laut Website des Obsthofs, »dass der Saftdruck in diesen Nächten zunimmt. Die Nährstoffe in den Äpfeln sind konzentrierter. Sie schmecken besonders saftig und süß und bleiben länger frisch«. Außerdem, sagt Familie Münch, »ernten wir in diesen Nächten bewusster. Wir werden daran erinnert, dass die Ernte ein Geschenk der Natur ist«.
im Einzelhandel, in Naturkostläden, Biokisten oder auf Wochenmärkten weitertransportiert. Seit 2020 findet das Verpacken in einem 14.000 Quadratmeter großen Packhaus in der Nähe von Hamburg statt. Hier werden die Äpfel dann unter anderem in Pappkartons, Baumwollnetze oder Kisten verpackt. Seit 2021 wird ein Teil der Früchte zudem zu Apfelsecco oder Obstbrand verarbeitet.
Und noch etwas macht Claus-Peter Münch anders als seine Schwiegereltern vor ihm: Von Anfang an baut er sein Obst gemäß den Vorgaben der Bioland-Zertifizierung an – als einer der ersten Betriebe in der Region. Vor sieben Jahren kam dann noch die Demeter-Zertifizierung dazu.
NACH DEMETER-RICHTLINIEN
Für die Demeter-Zertifizierung entschied er sich, weil der Verband die Landwirtschaft abseits von ökonomischen Zwängen sieht, wie er selbst sagt. »Es werden weitere Gesichtspunkte berücksichtigt als der reine Kommerz«, sagt der Landwirt.
Zum Beispiel, die Landschaft als etwas Größeres zu sehen, etwas Ganzheitliches. Dazu, welche konkreten Maßnahmen diese Demeter-Zertifizierung im Apfelanbau erfor-
derlich macht, die über die Vorschriften von Bio hinausgehen, sagt Münch nicht viel: Einerseits seien eben die Demeterpräparate zur Aktivierung des Komposts vorgeschrieben, darüber hinaus werden entsprechend Demeter-Richtlinien auf dem Obsthof auch Fladenpräparate, Hornkiesel und Hornmistpräparate versprüht. Andererseits gehöre dazu aber auch soziales Engagement, das Münch etwa umsetzt, indem er Schulklassen zu sich auf den Hof einlädt und auf diverse Weisen versucht, sein Wissen weiterzugeben.
Denn hinter dem Apfelanbau von Claus-Peter Münch steckt jahrzehntelanges Wissen im Bereich des Bio- und Demeteranbaus sowie tiefes Verständnis für die umliegende Landschaft und Natur. Dieses Wissen möchte er teilen und lädt deshalb regelmäßig Schulklassen auf den Hof ein, die dann bei der Apfelernte helfen oder aus Mostäpfeln Apfelsaft herstellen.
Auch das Land, das seine Obstplantagen umgibt, bindet Claus-Peter Münch in seinen Betrieb mit ein: Am Rand seiner Plantagen hat er Blühstreifen aus Wildblumen gepflanzt, um die Biodiversität zu fördern. Wilde Laubbäume dürfen neben den Obstbäumen stehen bleiben. Mitten zwischen seinen Apfelbäumen befindet sich außerdem ein Biotop, bestehend aus zwei großen Teichen. Diese sind zwar künstlich angelegt und dienen während der Blüte als Wasserquelle für den Frostschutz, gleichzeitig können sich hier aber etliche Insekten, Pflanzen und Wassertiere ansiedeln, sogar Libellen schwirren über die Teiche. »Und im Sommer können die Enkelkinder hier mit ihren FreundInnen zelten und baden«, fügt Münch hinzu. Die Böden lebendig zu halten, ist ein weiteres Ziel der Landwirtschaft nach Demeter-Richtlinien – und auch für Münch eine Herzensangelegenheit. Denn die Böden, auf denen seine Apfelbäume wachsen, kennt er schon, seit er ein kleiner Junge war und auf dem Hof seines Onkels, nicht weit von seinem heutigen Betrieb, mitgeholfen hat. Deshalb düngt der Landwirt ausschließlich mit organischem Dünger und nutzt zusätzlich spezielle Demeter-Präparate
aus Kräutern, Kuhhörnern, Kuhmist und Mineralien, die er selbst auf seinem Hof herstellt. Und noch eine Besonderheit findet sich auf seinem Obsthof: eine Heißwasser-Tauchanlage für seine Äpfel. Vereinfacht gesagt, ein Becken, gefüllt mit 49 Grad heißem Wasser. In dieser Anlage badet Claus-Peter Münch volle Apfelkisten für fünf Minuten, bevor er sie ins Lager stellt. »Das funktioniert ähnlich, wie wenn wir in die Sauna gehen – der Apfel bekommt den Impuls, seine Widerstandskräfte zu mobilisieren und bildet mehr Polyphenole, also pflanzeneigene Abwehrstoffe gegen Schädlinge«, erklärt der Biobauer. So konnte er den Befall von Fruchtfäule bei seinen Äpfeln bereits deutlich reduzieren, ganz ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Die Anlage sei die erste ihrer Art, um dieses Verfahren in der Praxis zu testen, so Münch.
Seine Bemühungen kommen nicht nur der Natur und dem Klima, sondern auch den EndverbraucherInnen zugute: »Auf unseren Äpfeln befinden sich keinerlei Rückstände aus dem Pflanzenschutz.« Er setzt auch ausschließlich auf Substanzen, die ohnehin »in natürlichen Kreisläufen vorkommen«, wie die pflanzlichen Öle des Neembaums. »Außerdem bekommen wir immer wieder gesagt, dass unser Obst be-
»Auf unseren Äpfeln befinden sich keinerlei Rückstände aus dem Pflanzenschutz.«
— Claus-Peter Münch, Demeter-Landwirt
sonders viel Aroma und Fülle im Geschmack hat«, sagt der Landwirt.
WEITERLERNEN
Selbst nach knapp 40 Jahren in der Biolandwirtschaft lernt Claus-Peter Münch nicht aus. Als Betriebsleiter ist es sein Anspruch, sich auf Fortbildungen sowie Tagungen weiterzubilden und Fachliteratur zu lesen. Auch dieses Wissen gibt er weiter, an seine zehn festangestellten MitarbeiterInnen und an seine beiden Töchter und Schwiegersöhne, die den Hof ja bald übernehmen sollen. Bis es so weit ist, klingelt sein Wecker aber erst einmal weiterhin jeden Morgen um 5.30 – und der Tag beginnt mit einer Runde Yoga und einer anschließenden Meditation.
Das Bioobst schlechthin
Äpfel sind die Sorte mit dem größten Flächenanteil im Bioobstbau – 24 % der deutschen Apfelanbauflächen sind biozertifiziert. Damit ist jeder sechste in Deutschland produzierte Apfel ein Bioapfel. Wie viele davon nach Demeter-Kriterien produziert werden, wird nicht erhoben.
TEIL EINER BEWEGUNG SEIN
Im Weinbau gibt es ungebrochenes Interesse von Betrieben, sich Demeter anzuschließen. Jörg Hütter über Demeter-Weinbau in Deutschland.
INTERVIEW
Martin Mühl
BIORAMA: Im Jahr 2024 werden 100 Jahre Demeter-Anbauweise gefeiert. Wo steht der Demeter-Weinbau in Deutschland?
JÖRG HÜTTER: Wir haben beim Wein ein großes Umstellungsinteresse – diese Nachfrage ist in der Landwirtschaft aktuell etwas zurückgegangen, so gibt es derzeit etwas weniger Umstellungen auf Bio. Beim Wein hingegen freuen wir uns über viele Anfragen. Demeter Deutschland hat derzeit über 120 WinzerInnen als Mitglieder und diese haben ganz unterschiedliche Betriebsgrößen. Viele Familienbetriebe und auch einige wenige sehr große Betriebe – und alle Anbaugebiete Deutschlands sind vertreten.
Was motiviert die WinzerInnen zum Umstieg?
Das können wir dank Mitgliederbefragungen relativ genau sagen. Den meisten geht es vor allem um die Methode des biodynamischen Weinbaus und die Demeter-Gemeinschaft. Die WinzerInnen schätzen die kollegiale Beratung, die Treffen untereinander, die wir organisieren, Beratungspakete und gemeinsame Veranstaltungen und Messeauftritte. Es gibt Interesse daran, Teil der Bewegung zu sein. Zudem ist die Demeter-Marke entscheidend, um etwa in gewisse Handelskanäle zu kommen. Und dann gibt es die Präparate. Der größte Magnet für uns ist, dass
WinzerInnen in Fachzeitschriften überzeugend davon erzählen, dass der biodynamische Anbau einen Unterschied für den Boden und die Weinqualität macht, dies kann bis hin zu geänderten Blattstellungen im biodynamischen Weinberg beobachtet werden. Die WinzerInnen berichten über die positiven Effekte der Präparate – mit ihrem praktischen Erfahrungswissen.
Wer umsteigen will, muss die Demeterregeln annehmen und deren Einhaltung kontrollieren lassen. Was sind die Grundzüge und wichtigsten Punkte dieses Regelwerks?
Für Demeter gelten die Regeln der Ökoverordnung, über die wir hinausgehen, indem wir in wenigen Punkten noch strenger sind. So schränken wir etwa bei den erlaubten Düngemitteln noch weiter ein, vor allem bei organischen Handelsdüngern. Diese müssen, bevor sie innerhalb des Demeterweinbaus angewandt werden dürfen, vom Forschungsinstitut für Biologischen Landbau (Fibl) begutachtet und mit Anwendungshinweisen versehen werden, auch ist die Ausbringungsmenge begrenzt. Beim Kupfer z. B. sind bei uns nur geringere Mengen er-
laubt. Die Fahrgassen müssen schon immer überwiegend begrünt sein – auch wenn das mittlerweile auch für viele nicht Demeter-Betriebe zum Standard geworden ist. Die Saatgutmischungen dafür wurden speziell von Öko-WeinbauberaterInnen entwickelt und, wo verfügbar, muss es sich um Bio-Saatgut handeln. Und dann gibt es die biodynamischen Präparate, die anzuwenden sind – das macht Demeter eben aus. Es ist gerade in Diskussion, ob es eine eigene Kompostherstellung auf jedem Betrieb geben muss, das machen zwar schon sehr viele Betriebe, ist aber noch nicht Bestandteil der Richtlinie geworden. Auch eine vorgeschriebene Handlese ist immer wieder in Diskussion, manche größere Betriebe würde dies allerdings vor Probleme stellen. Und es lohnt sich auch ein Blick in die Demeter-Kellerrichtlinie: Diese lässt deutlich weniger Hilfsmittel zu, als bei Bio erlaubt sind, getreu dem Motto, dass das Erntegut vor allem aus sich heraus alles mitbringt, was der spätere Wein braucht. Reinzuchthefen werden dementsprechend nur bei Gärstockungen [Anm. Problemen bei der Gärung] verwendet. Die Einhaltung der Demeter-Richtlinien wird wie die der Biorichtlinien von unabhängigen Kontrollstellen geprüft. Demeter-Kontrollstellen brauchen eine Extrazulassung und die Kontrollierenden werden speziell auf die Demeter-Richtlinie geschult.
Viele verbinden mit Demeter wohl weniger die Richtlinien in ihrer Gesamtheit als in erster Linie den Einsatz der angesprochenen Präparate oder die Spiritualität und
Jörg Hütter
Leitet die Richtlinien- und Qualitätsentwicklung sowie die politische Arbeit bei Demeter Deutschland. Er arbeitet insbesondere zu den Themen Pflanzenschutz und Düngung in Landwirtschaft und Weinbau. Er ist Mitglied des Fachausschusses Wein der Bio-Verbände in Deutschland.
»Für Demeter gelten die Regeln der Ökoverordnung, von denen wir vereinzelt abweichen, indem wir in wenigen Punkten noch strenger sind.«
—Jörg Hütter, Demeter Deutschland
Esoterik aus den Lehren Rudolf Steiners. Wie geht der Verband damit um?
Manche WinzerInnen befassen sich tiefgreifend mit der Anthroposophie, andere sehen es
Ein Ö1 Dossier Nachhaltig
Ö1 Dossier
Alle Ö1 Sendungen zum Thema, dauerhaft verfügbar oe1. oRF.at/nachhaltigleben
Ö1 Podcast »Nachhaltig leben«
Jeden zweiten Freitag um 11.55 Uhr in Ö1 oe1. oRF.at/podcast
Ö1 Klima-Newsletter
Das 14-tägige Update zur Forschung; aus der Ö1 Wissenschaftsabteilung newsletter.extra. oRF.at
Ö1 Projekt »Reparatur der Zukunft« oe1. oRF.at/zukunft
Wissenschaftsberichte science. oRF at
Mit freundlicher Unterstützung
wiederum sehr pragmatisch und wenden in der weinbaulichen Praxis vor allem die Methoden an. Es gibt keine Gesinnungsprüfung: Die Präparate und ihre Anwendung sind vorgeschrieben, aber niemand muss Rudolf Steiner lesen. Wir lassen hier als Verband viel Freiraum, sehen aber, dass es durchaus sehr fundierte Auseinandersetzung unter den Mitgliedern gibt und für viele macht die Beschäftigung mit den Hintergründen auch die Anwendung einfacher.
Einige Themen, die aktuell diskutiert werden, berühren die ganzheitliche Philosophie des Biodynamischen. So sind viele Weine als vegan ausgezeichnet. Solange nicht etwa mit Gelatine geschönt wird – was bei Demeter nicht erlaubt ist – kommen die Produkte ohne tierische Zutaten oder Hilfsmittel aus – und sind damit per Definition vegan. Wir BiodynamikerInnen sind aber überzeugt davon, dass Tiere zur Landwirtschaft dazugehören, auch wenn man im Weinberg nicht explizit Tiere halten muss. Aber wenigstens über die Präparate gelangen gewisse tierische Komponenten in den Weinberg. Das erzeugt ein gewisses Spannungsfeld: Im Anbau sind wir von der wichtigen Rolle der Tiere überzeugt, dennoch können unsere Endprodukte vegan sein, weil sie nichts Tierisches enthalten. Das sind Themen, die uns im Verband bewegen.
Wann wurde im Weinbau mit biodynamischer Arbeitsweise begonnen?
Das ist erst relativ spät passiert. Die ersten WinzerInnen in Deutschland haben in den 1970er-Jahren begonnen, biodynamisch zu arbeiten, es gab damals aber noch gar keine Regularien für den Demeter-Weinbau, weil die Nachfrage noch gering war und es offen gesagt auch eine Skepsis von Demeter gegenüber Alkohol gab. Es gab aber eben auch eine starke Gruppe, die das Thema durchdringen wollte und Pionierarbeit geleistet hat, weil sie überzeugt war, die Qualität im Weinberg und im Wein steigern zu können. Die erste Wein-Erzeugungsrichtlinie von Demeter gab es dann ca. 1980 und die Wein-Verarbeitungsrichtlinie in den 2000er-Jahren.
Wie gut verstehen sich Bio, biodynamisch und Demeter?
Es gibt nur sehr wenige Reibepunkte. Die Öko-Anbauverbände arbeiten in Deutschland gut zusammen. Wir bringen uns ein, wenn
Viele Demeter-Weinbaubetriebe setzen komplett auf Handlese. Sie verpflichtend zu machen, ist in den Verbänden umstritten.
es etwa darum geht, ob ein neues Pflanzenschutzmittel im Biobereich zugelassen werden soll. Da sind wir mitunter wohl konservativer und vorsichtiger und wollen prüfen, ob es das wirklich braucht. In unserem Verständnis sollen die Weinreben so gestärkt werden, dass sie aus sich heraus gesund wachsen können und wenig lenkend eingegriffen werden muss. Das ist beim Wein allerdings eine sehr große Herausforderung. Über solche Herausforderungen gibt es einen sehr guten Austausch unter den Bio-Verbänden.
Apropos wenig Eingriff: Low Intervention beziehungsweise Naturwein sind aktuell ein Thema. Auch für Demeter?
Ja, sehr sogar. Wir überlassen das aber den einzelnen Betrieben und haben hier eine große Bandbreite. Wir haben sowohl Mitglieder, die etwa einen Riesling ganz klassisch ausbauen wollen, als auch solche, die ganz vorne mit dabei sind, wenn es darum geht, mittels Low Intervention ganz neue Stilistiken zu kreieren. Hier gibt es gegenseitige Weinproben und einen offenen Austausch über die Methoden und Ergebnisse. Bei der Definition von Naturwein ist uns aber wichtig, dass Naturwein zumindest auf Grundlage der EU-Biorichtlinie produziert sein muss (das ist derzeit nicht der Fall, Anm.). Hier vertreten wir klare Interessen – und der Prozess der Definition läuft noch.
Laut neuer Bioverordnung für Wein können alkoholfreie Weine nicht biozertifiziert werden. Betrifft das auch Demeter?
Nein, denn es gibt gar keine entalkoholisier-
Kupfer
Wird im biologischen Weinbau zur Bekämpfung von Peronospora (falscher Mehltau) und Rotem Brenner eingesetzt – aber auch in Fungiziden. Da es keine Alternativen dazu gibt, wird auch im biodynamischen Anbau nicht ganz darauf verzichtet, allerdings sind die erlaubten Mengen geringer als beim Öko-Anbau. Im konventionellen Landbau wird außerdem noch Kupfersulfat in der Weinverarbeitung eingesetzt.
»Ohne Pflanzenschutzmittel gibt es in Mitteleuropa keinen Wein – auch keinen Biowein oder biodynamischen Wein.«
—Jörg Hütter
Biodynamische Präparate
Demeter schreibt diesem Herzstück der Biodynamie vitalisierende Kräfte zu. Die Präparate sind eingebettet in ein Gesamtsystem, bei dem Fruchtfolgen, Düngung, angepasste Sorten und Tierrassen eine Rolle spielen. Für die Herstellung werden pflanzliche, mineralische und tierische Substanzen kombiniert und wieder in geringen Mengen ausgetragen. Dies wird auch als Homöopathie für den Boden bezeichnet.
Demeter Österreich
In Österreich arbeiten rund 60 Weinbaubetriebe nach Demeterregeln, in Deutschland 120 WinzerInnen.
ten Demeterweine, das würde nicht unseren Richtlinien entsprechen, daher sind wir von dem Verbot auch nicht betroffen. Es ist Demeter-zertifizierten Betrieben jedoch freigestellt, nicht alle Weine auch als Demeter zu zertifizieren, sondern Weine auch unter der EU-Biorichtlinie auf den Markt zu bringen. Auch wenn das derzeit eben in diesem Fall nicht möglich ist. Wir wissen, dass junge Menschen weniger Alkohol trinken, alkoholfreie Weine sind ein wachsender Markt und Stand heute wird die Entalkoholisierung auch wieder in die Bioverordnung aufgenommen werden. In ganz Europa ist der Weinkonsum rückgängig bei gleichzeitig steigenden Hektarzahlen – wir werden also auch bei Demeter sehen müssen, ob wir uns hier neuen Themen öffnen wollen und wie das ggfs. gelingen kann.
Wie sieht die internationale Zusammenarbeit bei Demeter aus?
Vor einigen Jahren wurde die internationale »Demeter Wein-Taskforce« gegründet, um die internationale Harmonisierung – eben beispielsweise bei den Themen Pflanzenschutz, Aspekten der Kellerrichtlinie oder Handlese –voranzubringen. Hier waren weltweit alle Demeter-Weinbaubetriebe eingeladen, sich zu beteiligen und die Gruppe bestehend aus 20 oder 30 WinzerInnen aus vielen Ländern hat sehr erfolgreich gearbeitet. Diese Initiative ruht zurzeit, soll aber wieder neu aufgelegt werden. Auf Verbandsebene gibt es einen internationalen Austausch und wir treffen uns einmal im Jahr. Mit Österreich gibt es z. B. einen sehr guten Kontakt, mit einigen anderen Ländern ebenso. Das liegt auch immer an den einzelnen Personen. Anders als in der Demeter-Landwirtschaft, die in Deutschland ihre größte Verbreitung gefunden hat, hat Deutschland beim Wein aber keine Sonderrolle; es gibt andere Länder wie Frankreich, Spanien, Italien, Schweiz und Österreich, die hier genauso den Ton angeben.
Welche Herausforderungen gibt es für den Verband und den Demeter-Weinbau gerade?
Da ist natürlich der Klimawandel und hier etwa Starkregenereignisse, aber auch Hitzeund Trockenstress als erstes zu nennen. Wir suchen als Verband die Nähe zur Politik, wenn es um den Pflanzenschutz geht und reden natürlich ganz vorne mit, welche ökotauglichen Pflanzenschutzmittel zugelassen werden. Denn ohne Pflanzenschutzmittel gibt es in Europa keinen Wein – auch keinen Biowein oder biodynamischen Wein, auch wenn es sehr vielversprechende Ansätze einzelner Betriebe gibt, Pflanzenschutzmittel zu ersetzen. Es ist hier für uns etwa wichtig, dass Kupfer als natürliches Mineral weiter zugelassen bleibt und nicht nur chemisch-synthetische Mittel. Wir setzen uns für einen verantwortungsvollen Umgang mit Kupfer ein und monitoren seit 2014 die ausgetragenen Mengen. Ein anderer Punkt ist die Diskussion um die Wiederzulassung von Kaliumphosphonat, das helfen würde, mehr Kupfer einzusparen. In solchen Fragen gibt es viel Für und Wider, die sorgsam abzuwägen sind. Und auch im Weinbau ist das Thema Hofnachfolge wichtig. In einem landwirtschaftlichen Familienbetrieb zu arbeiten bedeutet, sehr viel Arbeitseinsatz das ganze Jahr über zu leisten und viel Bindung an den eigenen Betrieb zu haben. Viele junge Menschen suchen hier nach neuen Wegen.
Das bedeutet, es braucht auch QuereinsteigerInnen?
Ja – und die haben überdurchschnittlich oft Interesse, nach einem sehr hohen Standard zu arbeiten und interessieren sich daher oft für Demeter.
Demeterweine sind nur am Siegel so klar zu erkennen wie auf dem Schild in diesem Weingarten.
DER MEHRGENERATIONENHOF
Auf Dornach wachsen biodynamische Trauben neben Gemüse und Mais, samt Eseln und Schweinen. Weil die ganze Familie ihren Beitrag leistet und es ihr egal ist, wie es die anderen machen.
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Matthias Mayr
Der Ansitz Dornach liegt im Südtiroler Unterland, auf halber Strecke zwischen dem Hauptort Salurn und dem Bergdorf Buchholz, auf einer sonnigen Terrasse inmitten von Laubwald. Richtig idyllisch, wäre da nicht das Knattern der Säge, die die alten Rebstöcke abschneidet, bevor sie samt der Wurzel ausgerissen werden. Sie leiden an der Schwarzholzkrankheit, gegen die es im biodynamischen Weinbau kein Mittel gibt.
Aber davon lassen sich Patrick Uccelli und Karoline Terleth nicht bremsen. Das Alte verschwindet und schafft Platz für Neues. So ist es hier schon seit Jahrhunderten, gar Jahrtausenden. »Der Hof und wir beeinflussen uns gegen-
seitig, der Hof ist ein Organismus, und wir sind ein Teil davon«, sagt Karoline.
Dornach ist ein Mehrgenerationenhof. Hier leben Karoline und Patrick mit ihren drei Kindern Aurelie (8), Louis (6) und Cécile (4), den Omas Traudi und Renate und Opa Josef, dazu im Moment zwei MitarbeiterInnen und zwei PraktikantInnen, abhängig von der Jahreszeit auch mehr.
Hier wachsen die klassischen Sorten Blauburgunder, Weißburgunder, Gewürztraminer, Chardonnay und Ruländer (Grauburgunder). Seit zehn Jahren wird vermehrt auf Piwi gesetzt, auf pilzwiderstandsfähige Sorten. »Die Weine der Zukunft, die nachhaltigste
Art, Weinbau zu betreiben«, sagt Karoline. Aus Souvignier Gris, Solaris und Cabernet Cortis wird Wein gemacht, andere Sorten folgen demnächst.
Neben dem Wein gedeihen Gemüse, Obst, Kartoffeln und Mais für die obligatorische und hierzulande nicht fehlen dürfende Polenta. Die Uccellis produzieren Ziegenmilch, Eier, Lammfleisch, Speck und Würste vom Schwein.
»So ein Hof ist eine grundsätzliche Lebensentscheidung«, sagt Karoline, »so wie Kinder«, und lacht, so wie sie gern und oft lacht. Sie ist die offene, herzliche, er der verkopftere, mit dem zweideutigen Schmäh. Wenn sie während unseres Gesprächs über wirtschaftliche Entscheidungen debattieren, weiß man nicht recht, ob sie sich necken oder ob sie streiten, es ist wohl eine Mischung aus beidem. Muss wohl auch sein, wenn man Bett und Büro teilt und die Eltern nicht nur Eltern, sondern auch Arbeitskräfte sind – ohne die es nicht ginge. »Wir haben das Glück, dass viele mithelfen«, sagt Karo. »Wenn viele helfen, ist es fein.« Anders geht es auch gar nicht. Man muss auch mal wegkommen, sonst dreht man durch. Die PraktikantInnen melken und machen Käse, sie denken mit und schauen nicht nur zu. So wird der Betrieb menschlich und bunt und entwickelt sich weiter.
IMMER SCHON BELEBT
Der Weinbau hier hat eine lange Tradition. Oder besser gesagt, das Leben selbst: Hier fand man Siedlungsreste aus der späten Jungsteinzeit und der Bronzezeit. 1288 wird Dornach erstmals urkundlich erwähnt und ist seit 1834 in Familienbesitz. Patricks Uropa Max von Gelmini terrassierte Mitte des 19. Jahrhunderts die Gründe, ließ Trockenmauern errichten, pflanzte neue Sorten an und produzierte das, was wir heute Lagenweine nennen. Damals wird das nicht allen gefallen haben. Denn Gelmini war kein Bauer, er war Investor, er handelte in großem Stil. Aus landwirtschaftlicher Subsistenzwirtschaft wurde Produktion.
EIN SCHRITT ZURÜCK, BEDEUTET ZWEI NACH VORN?
Heute machen Patrick und Karoline einen Schritt in die andere Richtung. Früher waren alle Bäuerinnen und Bauern SelbstversorgerInnen, heute sind die allermeisten nur mehr ProduzentInnen. »Wir wollen beides sein«, sagt Patrick, »wir produzieren Wein und versorgen uns selbst«. Das können sie aber nur, weil sie von dem profitieren, was ihre VorgängerInnen geschaffen haben, indem sie sich nicht von Kritik aus der Nachbarschaft vom für damalige Verhältnisse ungewöhnlichen Weg abbringen haben lassen.
Was neben dem Wein hier wächst, bleibt auch hier, genug hungrige Mägen gibt es dafür. Zu Mittag wird gemeinsam gegessen. Karoline kocht, was der Hof hergibt. In den Verkauf gehen nur ab und an Marmelade (auch aus Kastanien!), Eier, Chutneys und Maisflips, wenn grad zu viel davon da ist.
SPEZIALISIERUNG AUF DEM HOF
Ebenso bunt wie die menschliche ist die tierische Familie. Und auch dort hat jeder seine Aufgabe. Die Esel säubern die Kastanienhaine, die Schafe, die den Winter hier verbringen, »mähen« die Weinberge, säubern die Trockenmauern und düngen den Boden. Die Ziegen helfen, wenn Wiesen zu verbuschen drohen, und die Mehr zum Thema pilzwiderstandsfähige Rebsorten auf: BIORAMA.EU/PIWI
Im Vordergrund das neue Wirtschaftsgebäude mit Verkostungsraum, im Hintergrund der Ansitz aus dem 19. Jahrhundert.
Einige der Produkte der Familie Uccelli gibt’s im Hofladen, vor Ort auch ein (nicht zertifiziertes) »Holbmittag«- sprich Brunchangebot, auch in veganer Variante, mit Produkten vom Hof und von Partnerbetrieben aus der Region.
Außerdem ist viel los auf dem Ansitz – Jahresprogramm und Infos etwa zum »Wineclub« und etwa auch einen Blog von Karoline auf ansitzdornach.it
Hühner werden in ihrem mobilen Stall dahin gebracht, wo die fettesten Regenwürmer warten. 1980 übernehmen drei Schwestern Dornach, eine davon Patricks Mutter Renate von Hausmann, bauen das halbfertige Schloss zu Ende, wandeln es in Wohnungen um und vermieten. Das Weingut verwalteten sie erst gemeinsam, teilten es dann auf, Mutter Renates Anteil ließ man von einem benachbarten Winzer bearbeiten.
2008 übernimmt Patrick Uccelli (50) den Hof. Er ist seit 2000 im Wein-Metier, davor hat er »einiges probiert«, erzählt er mit einem Grinser. Sofort beginnt er damals, den Hof auf eine biologisch-dynamische Wirtschaftsweise umzustellen. Mit welchen Auflagen das verbunden ist, dazu ist Patrick kaum etwas zu entlocken. Für ihn geht es dabei vor allem um den bereits erwähnten Hof-Organismus. Biodynamisch bedeutet für ihn, dass man nicht einfach etwas produziert, sondern dass die verschiedenen Organe zusammenarbeiten, dass Tiere am Hof leben, dass es Biodiversität gibt, dass Ressourcen wie der Kompost aus dem Betrieb kommen. Soweit das eben möglich ist, auf Maschinen kann er natürlich nicht verzichten. »Das Ziel ist«, sagt Patrick, »dass die Produkte mit ihrem Ursprungsort verbunden sind, das
Dafür wird er von den KollegInnen anfangs belächelt bis angefeindet. Da kommt ein »Studierter« und will erklären, wie’s geht! Sowas mögen die TirolerInnen nicht; hier macht man es lieber so, wie es immer schon gemacht wurde. Einige Jahre später traten die Salurner Blauburgunder zur Blindverkostung an, gewonnen hat Patrick.
Seitdem geht es stetig nach oben. Die Weine, die in den ersten Jahren von etwas schwankender Qualität waren, präsentieren sich heute durchwegs sauber und sind auch nach Jahren noch hervorragend trinkbar. Dabei wird rigoros auf Schönung, Reinzuchthefen und Filtrierung verzichtet, der Wein ist ein reines Naturprodukt. Nur beim Abfüllen kommt etwas Schwefel zum Einsatz. Was eine ordentliche Herausforderung ist: Besonders bei den neuen Piwi-Sorten ist jedes Jahr ein Experiment, was sich aus den Trauben machen lässt. Es gibt keine Standardverfahren wie bei den klassischen, weitverbreiteten Rebsorten.
Heute bearbeitet Patrick 6,5 Hektar Weinberge, zum Teil in Pacht, zum Hof gehören insgesamt 18 Hektar Grund. Wegen der guten
Patrick und Karoline haben sich bei einer Piwi-Verkostung kennengelernt. kann man schmecken«.
Nachfrage kann er Trauben zukaufen und produziert rund 35.000 Flaschen im Jahr.
LAND OHNE WIRTSCHAFT
Weil in den 1980ern aus dem Hof Wohnungen wurden, fehlte anfangs allerdings das Wirtschaftsgebäude. Es gab nur einen kleinen Keller, keinen Verkostungsraum, und Patrick musste sich anderswo einmieten. Also stand bald die Entscheidung an, das Weinmachen sein zu lassen und die Trauben zu verkaufen oder zu bauen. Und sie gingen all-in.
Heute steht neben dem Schloss das Wirtschaftsgebäude mit Verkostungsraum, großer Terrasse, Hofladen und Küche. Karoline will einen Kulturort schaffen und einen Ort zum Netzwerken. Die anderen BioproduzentInnen sind MitstreiterInnen, nicht KonkurrentInnen.
Karoline Terleth (39) ist Biologin aus dem nahen Montan, sie lernte Patrick auf einer Piwi-Weinprobe kennen, ist seit 2013 am Hof, am Silvestertag 2014 haben die beiden geheiratet.
Sie kommt selbst von einem Hof, sieht sich aber als Quereinsteigerin: »QuereinsteigerInnen bringen neue Ideen, wer in den elterlichen Betrieb einsteigt, macht meist alles so, wie es schon immer war. Unser Hof ist ein Lebensprojekt, dafür steht man in der Früh gern auf!«
ABSCHIED VOM BLAUBURGUNDER
Während wir also im Verkostungsraum sitzen, plaudern und am Limoncello nippen, den ein ehemaliger Mitarbeiter hiergelassen hat, roden Patricks MitarbeiterInnen die alten Blauburgunderreben.
In der nicht-biologischen Landwirtschaft bekämpft man die Schwarzholzkrankheit, indem man die Überträgerinsekten bekämpft. In der biologisch-dynamischen Landwirtschaft geht das nicht. Also verabschiedet Patrick schweren Herzens seine Blauburgunder. Nach ein, zwei Jahren mit Dinkel und Buchweizen als Zwischenkulturen wird er dann Piwis setzen.
Seine anderen Piwis musste er heuer trotz des nassen Wetters nur vier Mal spritzen. Den Souvignier Gris gar nicht. Das hängt immer auch von Sorte und Wetter ab.
Also einfach Piwi und alles gut? Leider nicht, die Wahl der Reben ist ein Spagat, es geht auch um ökonomische Nachhaltigkeit. »Der Betrieb muss überleben«, sagt Patrick, »wenn wir pleitegehen, hat niemand was davon«.
Ob sich Piwi-Sorten durchsetzen, hängt auch vom Markt ab. Der Verkauf ab Hof funktioniere, sagt Patrick, da könne man es erklären, aber im Restaurant bestellt der Gast meist, was er schon kennt.
»Aber wir sind zuversichtlich«, sagt Karoline, »in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren wird viel Tolles kommen«. Und sonst werden sich die beiden schon was einfallen lassen.
“WUNDERVOLL… EINE INSPIRIERENDE, WAHRE GESCHICHTE” THE GUARDIAN
TRAILER UND INFOS ZUM FILM
DAS BUCH ZUM FILM IST BEI DUMONT ERSCHIENEN
WINTERGRILLEN FÜR WEICHLINGE
Draußen grillen, dabei vielleicht gesellig ein Bier trinken –aber drinnen dinieren.
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Zwischen kaltgeräuchertem Thunfischbauch (15 °C), gerösteter Sonnenblume (280 °C) und gegrilltem Markknochen (800 °C) erfahren wir in diesem bildgewaltigen Gourmet-Kochbuch von Ludwig Maurer und Heiko Antoniewicz (die sich einige prominente Expertise durch Gastbeiträge ins Buch geholt haben) viel über einschlägige Garmethoden und zugehörige Gerätschaften. Nachhaltigkeit ist bei der Kreation der Gerichte bzw. der Wahl der Zutaten eher zweitrangig, so viel hat dieses mit den klassischen Grill-Kochbüchern gemein – allerdings wird hier verhältnismäßig viel Gemüse eingesetzt. Die Beziehungsanalyse von Lebensmitteln und Tem-
peraturen lässt keinen Zweifel darüber offen, inwiefern Barbecue- beziehungsweise Grilltechniken die Fine-Dining-Küche bereichern und es den Versuch wert ist, diese beiden Welten zu vereinen. Dem Anspruch entsprechend liefert das Werk teils sehr aufwendige Rezepte, die durch mutiges Streichen mancher Komponenten aber auch gut in den Alltag erfahrener HobbyköchInnen integrierbar sind. Insbesondere für bekennende KarnivorInnen kann »Fine Dining Grill & BBQ« eine Bereicherung sein, fanatische Pyromanie nicht vorausgesetzt. Die folgenden beiden Rezepte zeigen, wie der Griller raffiniert in die feine Küche integriert werden kann.
Nikolaus Zelewitz
STEINPILZ / MIMOLETTE / KRESSE
KRÄUTERÖL
• 80 g Brunnenkresse
• 60 g Blattspinat
• 20 g Wildkresse
• 20 g Gundermann
• 20 g Giersch
• 200 ml Rapsöl
Brunnenkresse und Spinat in gesalzenem Wasser etwa 1 Minute kochen, dann in Eiswasser abschrecken. Gut ausdrücken und mit Wildkräutern und Rapsöl etwa 3 Minuten im Mixer bei maximaler Drehzahl pürieren. Das Kräuterpüree 24 Stunden kühl stellen, anschließend durch ein Mikrosieb passieren.
HAFERWURZEL
• 8 kleine Haferwurzeln mit Grün
• 60 g Nussbutter (lange gebräunte und gesiebte Butter, Anleitung dazu im Buch) aus gesalzener Butter
• 120 g frische, feste Steinpilze
• weißer Pfeffer
• 20 braune Buchenpilze
• 20 g Butter
Die Haferwurzeln mit einer Bürste putzen und säubern, gegebenenfalls etwas abschaben und waschen. Etwas vom Grün an der Wurzel belassen, dann mit der Nussbutter in einem Vakuumbeutel verschweißen (Alternative siehe Tipp im Rezept zuvor) und im Sous-Vide-Becken bei 80 °C etwa 1 Stunde mit leichtem Biss garen. Die Steinpilze mit einer feinen Bürste säubern und in gleichmäßige Scheiben schneiden. Vor dem Anrichten die warmen Haferwurzeln aus dem Beutel nehmen und auf dem Holzkohlegrill bei etwa 200 °C von allen Seiten kurz grillen, bis sie Farbe bekommen. Die Steinpilze ebenfalls von beiden Seiten grillen und mit Salz und weißem Pfeffer würzen. Die Buchenpilze kurz in der Butter anbraten und mit Salz und weißem Pfeffer würzen.
MIMOLETTESAUCE
• 85 g Schalotten
• 20 g Butter
• 100 ml Riesling
• 100 ml Noilly Prat
• 750 ml Gemüsefond (Rezept dazu im Buch)
• 10 g Thymianzweige
• 1 kleines Lorbeerblatt
• 1 Bird’s Eye Chili
Die Schalotten fein schneiden und in der Butter anschwitzen. Mit Weißwein und Noilly Prat ablöschen und auf ein Drittel einkochen. Gemüsefond zugießen und erneut auf etwa ein Drittel einkochen. Thymian, Lorbeerblatt, Chili und angedrückten Knoblauch zufügen und 20 Minuten ziehen lassen. Dann den heißen Fond durch ein Sieb passieren und im Mixer mit gehacktem Mimolette, salziger Butter, Walnussöl und Xanthan etwa 3 Minuten cremig pürieren. Mit Apfelessig, Salz und weißem Pfeffer würzig abschmecken.
KRESSEPÜREE
• 280 g Knollensellerie
• 250 g Brunnenkresse
• 150 g Kopfsalat
• 100 g kalte Butter
Den Sellerie schälen und in Würfel schneiden. Im Dampfgarer bei 85 °C etwa 10–15 Minuten weich garen, dann den Saft ausdrücken. Inzwischen die Hälfte der Brunnenkresse sowie den Kopfsalat etwa 1 Minute in kochendem Salzwasser blanchieren, anschließend in Eiswasser abschrecken und ebenfalls gut ausdrücken. Den noch warmen Sellerie im Mixer mit Salat, frischer und blanchierter Kresse sowie der kalten gewürfelten Butter fein pürieren. Das Püree durch ein Passiersieb streichen und mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Den Gemüsefond mit der Hafersahne aufkochen, die Haferflocken zufügen und etwa 10 Minuten quellen lassen. Das Kressepüree untermischen und zusammen erwärmen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
ANRICHTEN
gekochter und gepuffter Quinoa Kapuzinerkresse wilde Kresse
Etwas Kressepüree mit einem Silikonpinsel auf einen Teller streichen. Kresseporridge, Haferwurzeln und Steinpilze darauf platzieren, mit gepufftem Quinoa bestreuen und Kapuzinerkresse sowie wilde Kresse dazwischenstecken. Zum Schluss Mimolettesauce und ein wenig Kräuteröl angießen.
SCHWEINEBAUCH 240 °C
CHINAKOHL / KIMCHI / SESAM / SCHWEINEHAUT
SCHWEINEBAUCH
• 600 g Schweinebauch
• 1 EL Ahornsirup
Die Schwarte des Schweinebauchs über Kreuz einritzen. Auf allen Seiten mit Ahornsirup bepinseln, salzen und in einem Vakuumbeutel verschweißen (Alternative siehe Tipp). Anschließend etwa 16 Stunden bei 60 °C im Sous-Vide-Becken garen. Den Schweinebauch aus dem Beutel nehmen und auf dem Holzkohlegrill bei 240 °C knusprig anbraten, bis die Schwarte aufpufft.
TIPP
ALTERNATIVE ZUM VAKUUMIERGERÄT
Oft werden Zutaten in Vakuumbeuteln verschweißt, bevor sie gegart werden. Wer kein Vakuumiergerät zu Hause hat, kann mit folgendem Vorgehen Abhilfe schaffen: Das Vakuumiergut eng in Frischhaltefolie einrollen. Die Enden straff eindrehen, verknoten und darauf achten, dass keine Luft mit eingeschlossen wurde. Die Enden der Knoten abschneiden, um Auftrieb zu vermeiden.
CHINAKOHL UND BLITZKIMCHI
• 1 Chinakohl
• 6 EL Sesamöl
• 1 EL Misopaste
• 1 EL Srirachasauce
• 1 Thaichili
• 1 Knoblauchzehe
Den unteren Teil vom Chinakohl in vier Scheiben abschneiden und salzen. Etwa 15 Minuten ziehen lassen. Anschließend auf dem Holzkohlegrill über offenem Feuer bei 240 °C scharf angrillen. Den restlichen Chinakohl in feine Streifen schneiden und mit Sesamöl, Misopaste und Srirachasauce marinieren. Thaichili und Knoblauchzehe klein hacken und zugeben. Das Kimchi 30 Minuten ziehen lassen.
NAM-JIM-ÖL
• 1 EL weiße Sesamsamen
• 1 EL schwarze Sesamsamen
• 1 TL Palmzucker
• 100 ml Limettenöl
• 100 ml geröstetes Sesamöl
Den Sesam in einer Pfanne ohne Fett rösten. Palmzucker zugeben und mit beiden Ölen aufgießen. Vom Herd nehmen und auskühlen lassen.
Den Schweinebauch in 2 cm dicke Scheiben schneiden und auf einem Teller anrichten. Den gegrillten Chinakohl danebensetzen. Etwas Blitzkimchi neben sowie auf den Schweinebauch geben. Reichlich Nam-jim-Öl angießen und mit gepuffter Schweinehaut sowie Asiakresse garnieren.
Wir schauen aufs Ganze. Die bio austria Bäuerinnen & Bauern
BioWeidegänse
mit Verantwortung und kontrollierter Qualität
Bio steht für mehr Tierwohl
Wir Biobäuerinnen und Biobauern bieten unseren Gänsen ein artgerechtes Leben: in Ställen mit viel Auslauf ins Freie, Weiden mit Bäumen und Sträuchern, Wasser zum Schwimmen und vielem mehr.
Kreislaufwirtschaft am Betrieb
Auf Biobetrieben werden Futtermittel gentechnikfrei und in Bio-Qualität, vorzugsweise vom eigenen Hof, verfüttert.
Wir wissen, woher die Futtermittel stammen.
Fit statt Fett
Durch das langsame Wachstum und die Bewegung im Freien ist das Fleisch von Bio-Weidegänsen sehr zart, feinfaserig und saftig.
DAS KANNST DU SCHENKEN. DIR ODER AUCH ANDEREN.
HANNA STUMMER
Oishii Ramen! Diese vegane Ramen-Box beinhaltet 4 × 2 unterschiedliche Gemüsebrühen, Chiliöl, Würzsoße und -paste, zwei Gewürzmischungen und keinerlei Tierprodukte. j-kinski.de
Schenken ist schwierig – jedes Jahr aufs Neue. Wir versuchen es trotzdem.
Nicht nur für Eltern interessant ist » Was kribbelt da so schön?«, das sich mit kindlichen Fragen zur Sexualität beschäftigt. Sexualpädagogin Magdalena Heinzl erklärt das Thema einfühlsam, zeitgemäß und regt außerdem zu kritischen Gedanken über die eigene sexuelle Bildung an.
Für alle, die sich nicht entscheiden können, ob die von ihnen beschenkte Person dieses Jahr brav oder schlimm war. Der »Nikolaus & Krampus Tee« passt gut ins Nikolosackerl und kommt inklusive Grußkarten zum Selbstbeschreiben oder Filter zum Verschicken via Instagram. sonnentor.com
Männer sollten öfter Kleidung tragen, deren Stoffe aussehen wie Vorhänge und so kleidsam etwas Farbe und Fröhlichkeit in den Alltag bringen. Sehr gut geht das mit der von Dedicated – zum Beispiel mit dem »Sweatshirt Malmoe Flower Field Off-White« aus GOTS- und Fairtrade-zertifizierter Baumwolle. dedicatedbrand.com
Julie Hoch erweitert das Getränkesortiment der Familie Hoch um sprudelnde Getränke mit relativ wenig Alkohol. In der Flasche gären Trauben ge meinsam mit Kräutern, Hop fen und Blüten aus den bio dynamischen (Wein-)Gär ten. Die Serie heißt »Pure Joy Botanicals«, ich ver schenke Hop(e) #1 purejoybotanicals.farm
THOMAS WEBER
Fossile Brennstoffe sind günstig zu haben, verschmutzen aber die Umwelt und heizen den Klimawandel an, auch auf der Insel Catan, bekannt als Schauplatz des gleichnamigen Brettspielklassikers von 1995.
IRINA ZELEWITZ
Dieser liegt nun in einer neuen Energie-Edition vor; nicht als eine der unzähligen Erweiterungen, sondern als eigenständige Version.
Wir befinden uns im 21. Jahrhundert. Nicht Schafe, Getreide, Holz und Lehm sind nun die Grundlagen von Gedeih oder Verderb, sondern Forschung, Entwicklung und als Basis all dessen: Energie. Der Grundgedanke: Erneuerbare Energie ist teurer, senkt langfristig aber das Risiko für Umweltkatastrophen. Das Spielprinzip ist bewährt. Neu ist, dass all unser Tun am Spielfeldrand auf eine »globale Verschmutzungsleiste« einzahlt, die früher oder später Umweltereignisse auslöst.
Nicht wirklich originell, aber brauchbar: ein Kalender oder Notizbuch. Bei Moduletto lassen sie sich personalisieren, FSC- und Cradle-to-Cradle-zertifiziert, CO2-neutral in Wien gedruckt. Das Gummiband stammt aus Niederösterreich. Wirklich besonders: Modulettos 5-Jahres-Tagebuch für 4 Jahreszeiten im Sammeleinband aus Leinen.
moduletto.com
Auf Mission gegen Plastikschneidbretter in der Küche steht oft das Argument »Hygiene« im Weg – quasi kochend heiß geschrubbt müssten Holzbretter nach Kontakt mit manch tierischem Schneidgut werden. Unrealistisch im Haushaltsalltag. Daher jetzt: Für die Gastronomie zugelassene Schneidbretter der Schreinerei Mohr aus Frankfurt aus Altpapier, -karton und natürlichen Farbpigmenten, gebunden mit Nussschalenharz – dem US-amerikanischen Material »Paperstone« – gefertigt. hard-board.de
Mag nach Firlefanz klingen, doch lange Erfahrung mit langen Haaren lässt einen wertschätzen, was Zeit und kalte Ohren nach der Haarwäsche erspart. Eine kleine aufgenähte Gummischleife und ein Knopf fixieren das Haarhandtuch zum Turban, Baumwolle bleibt hier unschlagbar in der Langlebigkeit – in der Version von Yumeko auch noch bio- und fairtradezertifiziert. Was ist weihnachtlicher als faire Wärme? yumeko.de
NEU ODER NOCH GUT
Empfehlungen, Warnungen, warnende Empfehlungen. Von Neuentdeckungen und alten Perlen. Auf dass uns weghören und -sehen vergeht.
JENS EBERT, SUSANNE ZUR NIEDEN, MEGGI PIESCHEL / »DIE BIODYNAMISCHE
BEWEGUNG UND DEMETER IN DER NS-ZEIT« / Metropol, 2024.
Vorgelesen für alle, die sich mit einem wenig beachteten Zeitraum der Agrargeschichte des 20. Jahrhunderts beschäftigen wollen.
Zu Pfingsten jährte sich »der landwirtschaftliche Kurs in Koberwitz« zum 100. Mal, auf den sich Demeter-Betriebe in aller Welt gerne berufen. Schlesische Bauern hatten Rudolf Steiner, damals längst vom Gründer zum Guru der Anthroposophie geworden, ins heutige Polen geladen, wo er in acht Vorträgen über die »Geisteswissenschaftlichen Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft« sprach. Ein Jahr vor seinem Tod hegte Steiner damit die Grundgedanken für die biodynamische Landwirtschaft ein, welche die heutige Biolandwirtschaft maßgeblich beeinflussten. Demeter wurde zur globalen Biomarke. Wie aber verhielten sich die AkteurInnen der biodynamischen Landwirtschaft in der Zeit des Nationalsozialismus? Vorliegende Untersuchung bietet eine differenzierte Betrachtung. Nationalsozialismus wie Biodynamie speisen sich aus der Lebensreformbewegung des 19. Jahrhunderts und haben einige Gemeinsamkeiten (die antimoderne Haltung, die Ablehnung des Kapitalismus). Dennoch wurde die Anthroposophie von den Nazis als »Geheimlehre von undeutschem Geiste« bekämpft. Auch auf Schloss Koberwitz hatte man 1924 Wachschutz organisiert, weil man mit nationalsozialistischen Angriffen rechnete. Dennoch gab es ab den 1930er-Jahren personelle Überschneidungen. Die biodynamische Bewegung erachtete NSDAP-Mitglieder in
ihren Reihen als einflussreiche Verbündete, um ihre Bodenschutzideen salonfähig zu machen. Rudolf Heß beispielsweise, der Stellvertreter Hitlers, war Anhänger des biodynamischen Landbaus. Hier wird der Studienband auch über seine Bedeutung der historischen Aufarbeitung hinaus interessant: wenn er den bis in die Gegenwart anhaltenden agrarpolitischen Richtungsstreit zwischen Antimoderne (Nische) und technokratischer Rationalität (Mainstream) zeigt. Auch die NS-Elite war hier gespalten. Innerhalb der NSDAP existierten »modernste Rationalität und Romantisierung bäuerlicher Werte nebeneinander«, schreiben die AutorInnen. Auch wenn Heß nicht verhindern konnte, dass der biodynamische Reichsverband 1941 verboten wurde, ließ er in den KZs Dachau, Ravensbrück und Mauthausen diesbezügliche Anbaumethoden erproben. Die Mehrzahl der biodynamischen AkteurInnen beschreiben Ebert, Zur Nieden und Pieschel als für die Gesamtbevölkerung repräsentative Mitläufer, die als kleine Rädchen dazu beitrugen, die Diktatur am Laufen zu halten.
Vorgelesen für Geschichtsinteressierte, die mehr über die übersehene Rolle jüdischen Lebens für Westfalens Dörfer wissen wollen.
In fast jedem Dorf Westfalens marschieren Schützenvereine einmal im Jahr zu einem Kriegerdenkmal. Die Flaggen werden gesenkt, die Trommel hält inne, und begleitet vom Soldatenlied »Ich hatt einen Kameraden« wird den Opfern der Kriege gedacht – kaum aber den Opfern der Shoah. Diese
THOMAS
Lücke in der Erinnerungskultur macht deutlich, wie oft das jüdische Leben in ländlichen Regionen aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden ist. Mit »Jüdisches Landleben: Vergessene Welten in Westfalen« füllt Gisbert Strotdrees deshalb eine Leerstelle. Mit großer Sorgfalt und fundierter Recherche rekonstruiert er den Alltag jüdischer Gemeinden, die abseits der großen Städte ein engmaschiges Netzwerk von Beziehungen und Bräuchen pflegten. Er beleuchtet das ländliche jüdische Leben in Westfalen und öffnet ein Fenster zu einer Kultur, die über Jahrhunderte tief in die Region verwoben war. Die Darstellung der wirtschaftlichen und sozialen Rolle der jüdischen Familien, die das ländliche Leben entscheidend prägten, ist bemerkenswert. Das Buch zeigt, wie stark jüdische Traditionen und Lebensweisen auch außerhalb der Großstädte in die lokale Kultur und Wirtschaft eingebettet waren. »Jüdisches Landleben« ist deshalb ein wertvolles Werk, das zur Wiederentdeckung und Würdigung dieser verlorenen Welten beiträgt und die Bedeutung jüdischer Gemeinden im westfälischen Raum neu ins Bewusstsein rückt. Es lädt dazu ein, über Toleranz und kulturelle Vielfalt auch in kleineren, ländlichen Communities nachzudenken.
THOMAS STOLLENWERK
ZARA ZERBE / »PHYTOPIA PLUS« / Verbrecher, 2024.
Vorgelesen für alle, die bezüglich der Zukunft der Menschheit eine latente Unsicherheit spüren.
»Phytopia Plus« ist Science-Fiction, ohne allzu viel Science. Zara Zerbes Roman spielt in Hamburg in eher naher Zukunft, wobei heute absehbare Verschlechterungen durch den Klimawandel bereits eingetreten sind: Es ist heiß, Hochwasser bedrohen die Bausubstanz, soziale Unterschiede führen zu einer größeren Trennung der jeweiligen Lebensrealitäten und frische Lebensmittel gibt es nur mehr für die Oberschicht. Und ja, Waschbären leben in der Stadt. Im Zentrum des Romans steht die Mitdreißigerin Aylin. Sie arbeitet in den Gewächshäusern der Drosera AG, die Menschen gegen hohe Summen ermöglicht, ihr Gedächtnis nach dem Tod auf Pflanzen zu übertragen. Nebenbei verkauft sie selbst gezogene Zierpflanzen, deren Stecklinge sie aus den Gewächshäusern abzweigt, um
MARTIN MÜHL
sich sich hin und wieder etwas leisten zu können. Und sie kümmert sich um ihren Großvater. So sehr die Idee der auf Pflanzen übertragbaren Gedächtnisse im Zentrum steht, so wenig dreht sich ein Großteil der Handlung um diesen Punkt. Zerbe gelingt es, die Auswirkungen des Klimawandels als Umstände präsent zu halten, ohne auf die Details einzugehen. Sprachlich und stilistisch erzeugt sie gekonnt Anspannung und Unsicherheit. Was letztlich aber fehlt, sind die größeren Ideen, die die Handlung vorantreiben und etwas aus der Prämisse der auf Pflanzen speicherbaren Leben machen würden.
Vorgelesen für alle, die wissen wollen, wer aus dem Gebüsch singt.
Wer sind die tschilpenden und zeternden Wegbegleiter, die wir nur selten wahrnehmen, obwohl sie im Freien so oft in unserer Nähe sind? Als Antwort stellen Antonia Coenen und Philipp Juranek in einem optisch äußerst ansprechenden Buch neben Spatz und Stieglitz noch zwölf weitere, großteils heimische, Vogelarten vor. Eingebunden in die eigene Lebensgeschichte (die Hobby-OrnithologInnen betreiben seit 2020 den Podcast »Gut zu Vögeln«) wird neben der Faszination für die Vogelbeobachtung unweigerlich die zunehmend schwierige Koexistenz von Tier und Mensch zum Thema. Monokulturen und Pestizide am Land sowie Gebäudesanierungen auf Kosten von Lebensraum und das radikale Zurechtstutzen von Hecken und von Fassadenbegrünung in der Stadt zählen zu den Gründen für das leise, menschengemachte Verschwinden. Allein in Europa hat sich seit 1980 die Zahl der Brutvögel um 600 Millionen reduziert. Wie das Buch ganz ungezwungen eines seiner Ziele erreicht, zeigen die gespitzten Ohren, mit denen man während der Lektüre aus dem Haus geht. Schon der leichte Fokus auf die Präsenz
lokaler Vogelstimmen an manchen, genau wie ihr Fehlen an anderen Orten, hat eine grundlegende Auswirkung auf die Art, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen. Und das sowohl auditiv als auch visuell. Entdeckt man den Ursprung der Geräusche nämlich nicht – was meistens der Fall ist – lädt das erst recht ein, sich einmal ganz in Ruhe auf die Suche zu begeben.
ARMIN WINKLER
ADOLF LOOS / »WIE MAN EINE WOHNUNG EINRICHTEN SOLL.« / Metroverlag, 2008.
Wiedergelesen für alle, die sich beim Einrichten einer Wohnung beim großen Gegner des Dekorativen inspirieren lassen wollen.
Adolf Loos (1870–1933) kennen wir heute vor allem als bedeutenden Architekten. Seine journalistische Arbeit ist weitgehend vergessen. Einschlägig Belesenen ist vielleicht seine Schrift »Ornament und Verbrechen« (1908) geläufig. Auch »Wie man eine Wohnung einrichten soll«, eine Sammlung von Textbeiträgen, die ursprünglich größtenteils als Artikelserie in der Neuen Freien Presse erschienen sind, ist derzeit nur in Restexemplaren oder antiquarisch verfügbar. Leider. Seine Verachtung alles gekünstelt »Stilvollen«, seine fundierten Polemiken sind immer noch stimmig. Wiederholt wendet Loos sich in seinen Texten über das Wohnungswesen gegen die »Schreckensherrschaft des Tapezierers«, die »Gemütlichkeit per Meter« und die Vormundschaft des Architekten über den Tischler. Er bewundert die EngländerInnen und AmerikanerInnen als »wahre Virtuosen des Ausruhens«, die eine beeindruckende Vielfalt an Sesseltypen erfunden haben (»Dem Grundsatze gemäß, dass jede Art der Ermüdung einen anderen Sessel verlangt.«). Man merkt: Hier schreibt ein der urbanen Moderne verpflichteter Lebensreformer, mitunter geschwätzig, aber mit offenem Geist, merkbar herumgekommen und über den lokal vorherrschenden Zeitgeist erhaben. »Jeder sei sein eigener Dekorateur«, fordert er. Aus heutiger Sicht lesen sich Loos’ Ausführungen als radikale Aufforderung zu echter Individualität. Er plädiert für einen »Mut zu ei-
Wir schauen aufs Ganze. Die bio austria Bäuerinnen & Bauern
genen Geschmacklosigkeiten«, lädt ein, Fehler zu machen (»Aber es sind eure eigenen Fehler«), animiert, den eigenen Lebensraum von niemand Fremden einrichten zu lassen, sondern ihn sich Stück für Stück (und das eine oder andere Erbstück integrierend) zu eigen zu machen. »Für eure Wohnung habt ihr immer recht. Niemand anderer.« Wer kann da widersprechen.
THOMAS WEBER
MARION HELLWEG/ »THE GREEN LIFE« / Prestel, 2020.
Nachgelesen für detailverliebte BastlerInnen, die gern ein gebundenes Wohnmagazin zum Nachschlagen besitzen.
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IRINA ZELEWITZ
Wer sich immer über die Seiten mit Produktvorstellungen und Alltagstipps in Wohn-Magazinen freut, dem sei »The Green Life. Der Wohnguide für ein nachhaltiges Leben« ans Herz gelegt: Hier geht das ein ganzes Buch lang! Nach dem Vorwort folgen ein Dalai-Lama-Zitat und gut 200 Seiten darüber, was man zum nachhaltigen Wohnen so brauchen könnte – und was eben nicht. Die Einteilung ist freilich streitbar und die Latte für nachhaltigen Lifestyle nicht allzu hoch – »Es muss nicht immer Tropenholz sein!« –, doch in der Auswahl der (Produkt)tipps ist die Münchener Lifestyle-Redakteurin Hellweg (textlich unterstützt durch Frederike Treu) zugänglicher und setzt zuvorderst auf Plastikfreiheit und Selbstgemachtes. Aufgelockert wird der gestalterisch und haptisch ansprechende Schmöker durch Mini-Interviews, in denen unterschiedliche Zugänge und Umgänge mit dem Ziel, nachhaltiger zu wohnen, illustriert werden. Sympathisch auch, dass auch Beispiele kleiner Wohnungen, ohne Schiffsboden und Vollholzküche, und Tipps für kleines Budget Platz finden. Eigentlich am besten passend als Begleitlektüre zum Bezug der ersten Wohnung – oder eben der ersten, in der Nachhaltigkeit einen Platz bekommen soll, denn auch wenn oder gerade weil hier nicht geballte Information im Vordergrund steht: Die Lektüre macht Lust auf ein Zuhause mit langlebiger Einrichtung aus Naturmaterialien.
BIO AUSTRIA
UND SONST SO, IM BIORAMA-
UNIVERSUM ...
WIEN
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OUT SOON
Die vierzehnte BIORAMANiederösterreich-Regionalausgabe
Niederösterreich umgibt die österreichische Bundeshauptstadt Wien, da liegt es uns besonders nahe, schwerpunktmäßig darüber zu berichten, was dort nachhaltig bewegt. In der nächsten Regionalausgabe dreht sich vieles um den Schutz von Natur und Artenvielfalt –vor dem Klimawandel und vor Menschen, aber auch durch diese!
Bis dahin online zu lesen: BIORAMA NÖ #13 biorama.eu/noe13
UPCOMING
BIORAMA BIOKÜCHE 2025
Podcast-Reihe »Wiener Gusto«: Stadtlandwirtschaft in Wien Bereits zum dritten Mal widmet sich Biorama in einer Podcast-Reihe für die Stadt Wien der Landwirtschaft in der Großstadt. Schwerpunkt der fünf neuen Folgen ist die Marke »Wiener Gusto«, unter der Wien die Bioprodukte seiner kommunalen Landwirtschaft und das Wildbret aus den städtischen Wäldern verkauft. Die Staffel begleitet die gesamte Wertschöpfungskette von der Urproduktion (unter anderem der Schlachtung zweier Freilandschweine am Biostadtgut Laxenburg) bis zum Verbrauch (Kochen und Gastronomie). Thema ist auch, warum die Stadt Wien auf ihren eigenen Flächen seit Längerem konsequent auf Bio setzt. Auch die zehn Folgen der ersten beiden Staffeln können noch abgerufen werden.
Zu finden überall, wo es Podcasts gibt –Absender ist die Stadt Wien.
Das BIORAMA-Bookazine für alle Öster reicherInnen, die Wert auf biologische Küche legen, geht in die fünfte Runde! Wir zeigen die Vorzeigebetriebe der Bioverpflegung genauso wie jene, die deren Grundlagenarbeit machen: BioproduzentInnen von Vorarlberg bis zum Neusiedler See. Bei uns erzählen sie, worauf sie stolz sind und womit sie hadern. Schwerpunktmäßig widmen wir uns in der Ende 2024 für das Jahr 2025 erscheinenden Ausgabe der fünften Geschmacksrichtung – umami. Richtig viele, richtig gute Produktempfehlungen, Küchentipps und Rezepte gibt’s wie immer obendrauf! Die bisherigen Ausgaben der BIORAMA BIOKÜCHE sind auch online.
biorama.eu/ausgaben
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ENTGELTLICHE KOOPERATION MIT DER STADT
TEXT
Ursel Nendzig
DAS ROSINEN-GATE
Leider passt alles, was ich über Rudolf Steiner weiß, in die Handfläche eines Kindergartenkindes.
Wie viele Eltern meiner Freundinnen und Freunde haben sich meine Eltern damals in den Achtzigern nicht rasend den Kopf zerbrochen, welche Schule sie sich für mich erträumen würden. Erstens: drittes Kind, zweitens: Dorf. Da gab es eine Schule, einzügig, und der M. von einer Straße weiter hatte den gleichen Schulweg – die Sache war gebongt.
sicht eine lahme Handlung dargestellt, aber ich dachte mir: Dahinter steckt ein geniales Konzept, das ich einfach nicht verstehe wegen meiner Systemblödheit. Der Sohn fing an, laut zu gähnen. Endlich war das Stück aus. Der Sohn klatschte nicht. Er wollte sofort gehen, sagte: »Mir gefällt’s hier nicht.« Oh je. Beim Ausgang stand eine Frau, die eine Holzschale mit Rosinen hielt, als Belohnung? Trost? für die Kinder. Der Sohn griff sich eine Hand voll, die Frau sagte: »Nur eine Rosine für jedes Kind.« Der Sohn schaute sie entsetzt an und schmiss alle zurück.
Autorin Ursel Nendzig, Mutter zweier Söhne, berichtet live aus der Achterbahn.
Bei meinem großen Sohn, dreißig Jahre später, war das völlig anders. Erstens: erstes Kind, zweitens: Großstadt. Überangebot an Schulen aller Art. Außerdem wurden bereits auf der Geburtenstation im Großstadt-Krankenhaus Informationen darüber weitergegeben, für welche Schule man wie früh sein Kind angemeldet haben muss, damit es überhaupt eine Chance hat in dieser Welt. Ich war wild entschlossen, das bestehende Schulsystem frühestmöglich nach Alternativen abzuklopfen. Und weil ich hörte, dass man in die Rudolf-Steiner-Schule nur kommt, wenn man im Waldorfkindergarten war, wurden wir dort vorstellig. Ich fand den Kindergarten toll, alles war aus Holz und überall lagen Felle, die Kinder tranken selbst gebrauten Melissentee und hatten zerzauste Haare. Dort musste ich einen Zettel ausfüllen, ich schrieb beim Feld »Fernsehkonsum wöchentlich« den Tageskonsum hin und nahm dafür die Information entgegen, dass die Kinder nur zwei Mal die Woche für zwei Stunden im Kindergarten sein sollten, weil es sonst zu viel für sie wäre. Und: eine Einladung zu einem Theaterstück an, das bald stattfinden würde.
»Ich schrieb beim Feld ›Fernsehkonsum wöchentlich‹ den Tageskonsum hin.«
Selbstverständlich gingen wir dorthin, der große Sohn hatte von Haus aus schon sehr gut zerzaustes Haar, also kleidete ich ihn in einen senfgelben Strickpulli und los ging’s. Das Theaterstück war sehr schlecht. Es wurde mit Puppen ohne Ge -
Damit endete unsere Waldorf/Steiner-Karriere noch bevor sie beginnen konnte. Wir gingen in die Konditorei auf eine Schaumrolle, dann schauten wir fern. Und im Endeffekt landeten beide Söhne in einem Kindergarten, wo es Himbeersaft gab und nur jene Kinder zerzaust waren, deren Eltern morgens keine Zeit hatten, sie zu kämmen. Ich bin nicht traurig darüber, hätte aber gerne gewusst, wie es ist, dieses alternative Schulsystem. Ob Schule wirklich ohne Lerndruck geht? Oder ob der Druck von woanders kommt, ideologisch, vielleicht? Ob sich wirklich jedes Kind ganz seinen Talenten entsprechend entfalten darf? Ob Rosinen dort wirklich eine Belohnung sind? Und: ob ich mir dann den Kopf darüber zerbrochen hätte, was gewesen wäre, hätten meine Eltern sich damals wiederum den Kopf zerbrochen.