BIORAMA 96

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WIR SIND RAUS.

Gib dir Grünzeit!

Zurück unter den Schulbaum: Wie man lernt, draußen zu sein.

100 % graslandbasierte Fütterung & Leben im Herdenverband bei unserem Weidegenussrind

Artgemäßes Wühlen und Suhlen im Herdenverband bei unserem FreilandschweinBeinschinken

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SCHMERZMITTEL NATUR

Internationaler Zusammenarbeit verdanken wir einen weiteren Baustein im Verständnis der Wechselwirkung zwischen dem Menschen und der Natur. Ein Team von NeurowissenschaftlerInnen unter der Leitung der Universität Wien hat in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin und den Universitäten Exeter und Birmingham nachgewiesen, dass die Natur nicht nur beruhigen und Krankheiten vorbeugen, sondern auch tatsächlich Schmerzen lindern kann.

Wir sagen es nicht gern, aber: Dafür muss man nicht mal hinaus, es reichen schon Bilder vom Draußen. Schmerzgeplagten ProbandInnen wurden in der Studie drei Videos vorgespielt –jeweils eines von Innenräumen, Städten und freier Natur. Sie haben die Wirkung der Videos auf ihre Schmerzen bewertet, zusätzlich wurde mittels Magnetresonanztomografie die mit Schmerzen verbundene Gehirnaktivität gemessen. Das Ergebnis: Menschen empfinden zuverlässig weniger Schmerz beim Betrachten »natürlicher Umgebungen«. Dies soll nun in naturbasierten Therapieansätzen zur Anwendung kommen. BIORAMA ist zu eurem Komfort immer bunt bebildert.

Die ForscherInnen haben dabei außerdem nun erstmals auch Hinweise darauf gefunden, warum natürliche Umgebung bzw. Aufnahmen von ihr unseren Schmerz lindern: Die körperlichen Auslöser der Schmerzen sind unverändert, auch die Signale werden ins Hirn transportiert, doch dieses verarbeitet sie dann anders.

Man könnte sagen: Wir wissen um die mitunter schmerzhafte Realität, doch angesichts grüner Umgebung machen wir etwas Besseres daraus. Das trifft sich gut, denn das müssen wir auch – es braucht Realitätssinn genauso wie Optimismus und Zuversicht, damit wir uns die frische Luft im Freien bewahren. In diesem Sinne: Denkt an die Natur!

Viel Vergnügen bei der Lektüre!

Martin

IMPRESSUM HERAUSGEBER Thomas Weber CHEFREDAKTEURIN Irina Zelewitz AUTORiNNEN Simon Loidl, Martin Mühl, Ursel Nendzig, Hanna Stummer, Thomas Weber GESTALTUNG Ulrike Dorner, Stefan Staller ANZEIGENVERKAUF Herwig Bauer, Thomas Weber DRUCK Walstead NP Druck GmbH, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten PRODUKTION & MEDIENINHABERIN Biorama GmbH, Windmühlgasse 9/14, 1060 Wien GESCHÄFTSFÜHRUNG Martin Mühl KONTAKT Biorama GmbH, Windmühlgasse 9/14, 1060 Wien; www.biorama.eu, redaktion@biorama.eu BANKVERBINDUNG Biorama GmbH, Bank Austria, IBAN AT44 12000 10005177968, BIC BKAUATWW ABONNEMENT biorama.eu/abo ERSCHEINUNGSWEISE BIORAMA 6 Ausgaben pro Jahr ERSCHEINUNGSORT Wien.

BLATTLINIE BIORAMA ist ein unabhängiges, kritisches Magazin, das sich einem nachhaltigen Lebensstil verschreibt. Die Reportagen, Interviews, Essays und Kolumnen sind in Deutschland, Österreich und der ganzen Welt angesiedelt. Sie zeigen Möglichkeiten für ein Leben mit Qualität für den Menschen und den Planeten Erde. Ohne dabei den Zeigefinger zu erheben. BIORAMA erscheint sechs Mal im Jahr. Zusätzlich erscheinen wechselnde BIORAMA-Line-Extentions.

PEFC-zertifiziert Dieses Produkt stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und kontrollierten Quellen www.pefc.at

96 INHALT

16 DIE WILDNIS ALS

SCHULE DES LEBENS

Wildnispädagogik preist das einfache Leben. Was lernt man in einer Wildnisschule?.

03 Editorial

06 Bild der Ausgabe

08 Street Talk

12 Global Village

18 Was lernt man in einer Wildnisschule?

Wildnispädagogik preist das einfache Leben.

24 Im Schlauchkajak auf der Enns Auf eigene Faust durch Kultur- und Naturlandschaften bis zum Gesäuse.

28 Kein Spaziergang

Von der Haustür weg weitwandern.

33 Wandern, wo Hunde wachen Auf immer mehr Almen und Wiesen schützen wachsame Hunde Schafe und Rinder vor Wölfen und Bären.

36 Die Hürde ist im Kopf Förderungen bringen Lastenräder in Fuhrparks – und in vielen Unternehmen bleiben sie.

41 Der Weg zur eigenen Oase Wie sich das Mikroklima im eigenen Garten beeinflussen lässt.

44 Großer Tag – Kleiner Fußabdruck

Zur Vermeidung vermeintlich notwendiger Hochzeitsusancen.

51 Eierkrise in Europa

Der Mangel liegt an der Geflügelpest (»Vogelgrippe«) und an europäischen Klimaschutzmaßnahmen.

53 Von Kindern empfohlen Auf Youtube präsentieren junge InfluencerInnen ungesunde Lebensmittel.

58 Kochbuchempfehlung

62 Rezensionen Warnungen, Empfehlungen.

MARKTPLATZ

48 Markplatz Kosmetik

56 Markplatz Food

KOLUMNEN

65 Aus dem Verlag

66 Elternalltag

WANDERN, WO HUNDE WACHEN

Unterwegs auf der Alm. Was dabei beim Wandern und Mountainbiken zu beachten ist. 33

53

VON KIND ZU KIND

51

INTERNATIONALER EIERMANGEL

»Vogelgrippe« und europäische Klimaschutzmaßnahmen sorgen für Knappheit auf dem Weltmarkt.

Childfluencer machen ziemlich professionell Werbung für Lebensmittel auf Youtube.

56

MARKTPLATZ FOOD

Das eine originale Ajvar-Rezept gibt es so wenig wie das eine Rezept für Cevapcici.

KONKRET MENSCHENFREI

Vier Landstriche hat die NGO »Go Bugs Go – Set Nature Free« in Österreich bereits gekauft und zu »Non Human Zones« – also Zonen, die frei von Menschen sind oder sein sollen – erklärt, in denen sich Insekten frei ausbreiten können. Gegründet wurde die NGO vom Linzer Künstler Edgar Honetschläger, der sich bereits seit den 1980er-Jahren mit der Dichotomie Mensch/Natur auseinandersetzt. Honetschlägers Arbeit ist seine Antwort auf das Anthropozän und die Auswirkungen menschlichen Handelns auf die Natur. Die »Non Human Zones« sind seine künstlerische Vision, gedacht als kollektives Projekt einer »Renaturalisierung«. Das »Nordico«, Teil des Stadtmuseums Linz, widmet ihm die umfassende Ausstellung »Give Nature a Break« und zeigt Arbeiten von Zeichnungen, Malerei und Fotografie über Performance, Installation und Intervention bis zu Kurz- und Spielfilmen inklusive einem reichhaltigen Rahmenprogramm, darunter auch eine »Familienwerkstatt«. Honetschläger hält es für nötig, dass sich KünstlerInnen nicht nur ästhetisch mit der ökologischen Krise auseinandersetzen, sondern auch konkrete Maßnahmen setzen. Dafür muss manchmal Erbautes auch wieder abgerissen werden. MARTIN MÜHL

gobugsgo.org, nordico.at

FILMSTILL: EDGAR HONETSCHLÄGER

»WO BEGINNT FÜR DICH DAS GRÜNE, DIE NATUR?«

KRISTINA

INTERVIEW UND BILD HANNA STUMMER

DAVID

20, Student

Ich bin mit Garten aufgewachsen und habe das sehr geliebt, für mich beginnt die Natur dort. Jetzt bin ich nach Wien gezogen und finde es besonders schön, wie viele Parks und Grünflächen es gibt, da beginnt das Grüne auch schon in der Stadt und man hat gleich etwas mehr Lebensfreude. Am liebsten mag ich den Türkenschanzpark, neben dem ich wohne.

27, Studentin

Je nachdem, wie man das auslegt, schon im Alltag: Für mich beginnt Natur zum Beispiel auch dort, wo man im Haushalt auf die Umwelt achtet. Und das Grüne um mich herum beginnt in der Stadt schon bei Bäumen oder auch einzelnen Blumen.

KARIN

63, bildende Künstlerin

Das Grüne beginnt für mich im Kleinen, wenn irgendwo zwischen dem Asphalt etwas herauswächst. Das macht mich immer fröhlich, denn ich denke, es ist ein kleiner Anfang.

CATHLEEN

24, Lehramststudentin

Ich wohne in einem Dorf in Brandenburg, für mich beginnt das Grüne schon direkt, wenn ich rausgehe. Da ist gleich eine riesige Heide und die ist für mich absolute Natur.

ROBIN

30, Werbetexter

Zum Teil auch in der Stadt, in den Parks und den Grünflächen. Ich habe lange neben dem Wiener Prater gewohnt, das ist für mich schon sehr grün. Und natürlich dann auch außerhalb der Stadt, in der Umgebung wie zum Beispiel dem Wienerwald.

TAMARA

56, Pastoralassistentin

Eigentlich in den eigenen vier Wänden, ich schaue, dass ich auch dort genug Grün habe. Und da ich in der Gegend von Klosterneuburg (Vorort von Wien, Anm.) lebe, geht es vor der Haustür schon weiter.

TATIANA UND IGOR

30, Steuerberaterin und 32, Anwalt

Wenn ich aus meinem Haus in St. Petersburg gehe, sehe ich etwas Gras und bei so einer großen Stadt ist jeder Quadratzentimeter Grün schon etwas! Leider finden auch die vielen Hunde dort jeden dieser Quadratzentimeter Natur und verrichten dort ihr Geschäft. (Tatiana)

Ich wohne auch in St. Petersburg und für mich beginnt die Natur beim Meer. Ich wohne nahe der Newabucht, also muss nur wenige hundert Meter gehen und sehe schon viele Möwen und das Wasser. (Igor)

Lustig, dass unsere Antworten so unterschiedlich ausfallen, obwohl wir im selben Haus wohnen. (Tatiana)

Sonett

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Sonett – so gut. | www.sonett.eu

ÖKOLOGISCH KONSEQUENT

Sonett ist Sieger des Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2022 im „Transformationsfeld Gesellschaft“ und 2024 in der Branche „Wasch- und Reinigungsmittel“

Erhältlich im Naturkostfachhandel und im Sonett Online-Shop.

RODRIGO

20, Student

Ich komme aus der Stadt, da beginnt Natur bei den Grünflächen. Man kann es aber auch so sehen: Natur beginnt dort, wo auf die Umwelt geachtet wird, also zum Beispiel, wo Abgase vermieden oder neue begrünte Zonen errichtet werden.

ALEXANDER

46, Wirtschaftsprüfer

Das Grüne beginnt schon zu Hause und setzt sich außerhalb der Wohnung fort. Das eigene Zuhause kann man einerseits selbst begrünen, aber ich meine damit auch, dass man schon zu Hause recycelt oder Energie spart.

TAMARA

42, Bankangestellte Wenn ich von zu Hause nach draußen gehe. Ich lebe in Niederösterreich und habe dort einen kleinen Garten, und wenn ich ein bisschen spazieren gehe, bin ich schon im Auwald. Dort beginnt dann für mich die Natur.

HANN

25, arbeitet im Buchhandel

In Wien ehrlich gesagt, sobald ich einen Baum sehe. Ich wohne im ziemlich betonlastigen siebten Bezirk und freue mich über die Grünfläche beim Haus des Meeres und im Burggarten. So richtige Natur ist für mich aber im Wald.

ROLAND

70, Pensionist

Die Natur beginnt für mich in Wien bei den vielen schönen städtischen Grünflächen, die es gibt, zum Beispiel beim Maria-Theresien-Platz oder im Volksgarten. Es werden meiner Ansicht nach auch immer mehr, heute sind mehr Straßen grüner als früher.

RICHARD

27, Künstler

Wenn ich meine Fenster öffne und nach draußen schaue. Bei mir im 15. Bezirk wird es immer grüner, es gibt inzwischen schon sehr schöne Bäume. Ich scherze außerdem immer, dass mein Garten der Schönbrunner Schlosspark ist, da er sehr nahe liegt.

WIR MACHEN POLITIK FUR KLEINE LEUTE.

Bio-Genuss

NICHT NUR FÜR SAND GEBAUT

Kinderspielzeug zum Weiterverwenden statt Kübeln.

Warum geht Spielzeug oft sehr schnell kaputt oder wird voll funktionsfähig einfach liegengelassen? Kann Design dafür sorgen, dass es sogar Generationen überdauert? Solche Fragen beschäftigten auch die Wiener Unternehmerin Marianne Schludermann-Hagmair – und sie begann, selbst nach Lösungen zu suchen. Die Unternehmerin bemerkte bei ihrer Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit im Spielzeugbereich, dass sich dieser Anspruch bei vielen Produkten nur auf die Materialwahl bezieht. Die in Berlin lebende Designerin Teresa Egger wiederum beschäftigt sich seit Jahren mit Design, das Mehrfachnutzung begünstigt. Als Schludermann-Hagmair 2022 mit der Idee eines »mitwachsenden Sandspielzeugs« auf sie zukam, war schnell klar, dass die Herangehensweise der beiden Frauen zusammenpasste.

urlaubambiobauernhof.info

Während einer intensiven Entwicklungsphase von eineinhalb Jahren entstand Fritzi – ein Sandspielzeug-Set aus Kübel, Schale und Schaufel. Dieses kann, in den Stunden oder Jahren, in denen weniger im Sand gespielt wird, für Aufbewahrungszwecke weiterverwendet werden. »Eine Schale und ein Kübel sind einfach Behälter, die vielfältig nutzbar sind«, sagt Schludermann-Hagmair, die kleine Schaufel sei so gestaltet, dass sie für Kaffeebohnen, Eiswürfel, Waschpulver oder auch Katzenstreu verwendet werden kann.

Das Material – eine Mischung aus recyceltem Kunststoff und Holzfasern – entwickelten die beiden Frauen zusammen mit ExpertInnen der Tullner Außenstelle der Universität für Bodenkultur Wien.

fritzi.at

NORDRHEIN-WESTFALEN

SUBJEKTIVE SICHERHEIT

BRAUCHT EIN KONZEPT

Awareness-Konzepte erhöhen das subjektive Sicherheitsgefühl von Festivalbesuchenden nicht automatisch.

Eine 2018 in Großbritannien durchgeführte Befragung der Organisation »YouGov Research« zeigte auf, dass 43 % der unter-40-jährigen Frauen bereits unerwünschte sexuelle Handlungen bei einem Festival erlebt haben. Unter anderem dabei sollen sogenannte Awareness-Teams Abhilfe schaffen. Sie dienen als Anlaufstellen und Ansprechpartner, besonders in Problemsituationen, wo keine akute »Gefahr für Leib und Leben« besteht und unterstützen so Sicherheits- und Sanitätsdienste. So etwa in Belastungssituationen wie bei erfahrener sexueller Belästigung oder Diskriminierung.

Eine neue Studie der IST-Hochschule für Management hat ergeben, dass die bloße Anwesenheit von Awareness-Teams das subjektive Sicherheitsempfinden nicht signifikant erhöht. Allerdings gab es geschlechts- und situationsspezifische Unterschiede. So fühlten sich etwa weibliche Festivalbesuchende auf Veranstaltungen, auf denen viele Drogen konsumiert wurden, sicherer, wenn ein Awareness-Team vorhanden war. Die Ergebnisse unterstreichen, dass Awareness als Teil des größeren Sicherheitskonzepts verstanden werden muss. Matthias Johannes Bauer lehrt Kommunikationsmanagement an der IST-Hochschule, erklärt dazu in einer Presseaussendung: »Awareness-Konzepte sind für bestimmte Gruppen und in spezifischen Situationen für die einzelnen Betroffenen zweifellos besonders wertvoll und sinnvoll.« HANNA STUMMER

ist-hochschule.de

MENSCHENMILCH!

Ein für Frühgeborene überlebenswichtiges Comeback zeichnet sich ab.

Bislang erreicht keine künstliche Alternative die vielen positiven Effekte von Muttermilch. Die Ernährung von Säuglingen mit menschlicher Milch beugt Krankheiten sowie Allergien vor und begünstigt die Entwicklung des Kindes.

Insbesondere bei Frühgeborenen ist die Versorgung mit Milch von der eigenen Mutter aber oft nicht möglich. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts wurden deshalb Frauenmilchbanken zur Sammlung und Verteilung menschlicher Milch gegründet. Ab den 1950er-Jahren wurden Säuglinge zunehmend mit künstlicher Nahrung – mit »Säuglingsmilch« – gefüttert. Angetrieben von neue Angeboten, deren Vermarktung und hygienischen Bedenken, wobei SpenderInnen regelmäßig auf diverse über die Milch übertragbare Krankheiten getestet werden. Infolgedessen wurden viele Sammelstellen geschlossen. Organisationen wie die in München ansässige European Foundation for the Care of Newborn Infants (EFCNI) oder der von NeonatologInnen und KinderärztInnen geleitete Verein Frauenmilchbank-Initiative setzen sich dafür ein, dass alle Frühgeborenen Zugang zu menschlicher Milch haben, leisten Aufklärungsarbeit und unterstützen Kliniken beim Aufbau von Milchbanken. Nachdem es in Deutschland 2006 nur noch 15 Frauenmilchbanken gab, existieren derzeit wieder mehr als 40 derartige Einrichtungen. In Österreich gibt es in jedem Bundesland mindestens eine Stelle, bei der gespendete Humanmilch gesammelt wird. Diese sind meist an den neonatologischen Abteilungen von Krankenhäusern angesiedelt. SIMON LOIDL efcni.org, frauenmilchbank.de

SALZBURG

KNOW YOUR RIGHTS, KIDS!

Eine interaktive Ausstellung informiert Kinder und Jugendliche über ihre Rechte.

Die Kinder- und Jugendanwaltschaft (Kija) Salzburg ist eine unabhängige Kinderrechtsinstitution, die sich dafür einsetzt, dass Kinderrechte als Menschenrechte mehr im öffentlichen Bewusstsein verankert werden. So können Verletzungen dieser Rechte leichter erkannt und bekämpft werden. Um das zu erreichen, leistet die Kija Bildungsarbeit, etwa in Form von Schulklassenworkshops, Vorträgen und Broschüren. Darüber hinaus bietet sie kostenlose und auf Wunsch anonyme Beratung an – 2024 führten die Mitarbeitenden der Kija beinahe 5000 unterstützende Gespräche durch. Um junge Menschen im Wissen um ihre Rechte zu bestärken, wurde nun die interaktive Kinderrechtsausstellung »Mein Kinderrechte(t)raum« des Wiener Vereins »Human Rights Space« in den Westen geholt. Die Ausstellung wurde über zwei Jahre gemeinsam mit 200 Kindern und Jugendlichen entwickelt, die selbst festlegten, welche menschenrechtlichen Themen für sie wichtig sind. So bildeten sich vor allem die Schwerpunkte Bildung, psychische Gesundheit, Gewalt und Diskriminierung heraus. Bis Ende November ist »Mein Kinderrechte(t) raum« in der Pädagogischen Hochschule Salzburg zu sehen und für Schulklassen wie außerschulische Gruppen ab dem Alter von zehn Jahren buchbar. HANNA STUMMER

Naturpark

Ötscher-Tormäuer: Wo Wasser im Fels Geschichte schreibt

Im größten Naturpark Niederösterreichs treffen wilde Schluchten, tosende Wasserfälle und sanfte Wälder aufeinander.

Seit Jahrhunderten bahnen sich Flüsse ihren Weg durch den Fels und haben Schluchten wie die Ötschergräben und die Tormäuer geformt. Von gemütlichen Wanderwegen bis zu anspruchsvollen Touren bietet der Naturpark für alle das passende Abenteuer.

ALTES WISSEN IN WILDER NATUR

Die besten Geschichten erzählt die Natur selbst – und die Naturvermittlerinnen und -vermittler: Mit Charme und Leidenschaft enthüllen sie an ausgewählten Terminen die Geheimnisse und Schätze des Naturparks, sei es bei Giftpflanzen-, Nacht- oder Jodelwanderungen.

AUTOFREIES WANDERN

Ein Beitrag zur Erhaltung des Naturparks ist die klimafreundliche Anreise mit der Mariazellerbahn: Sieben Haltestellen innerhalb des Parks ermöglichen autofreies Wandern.

Tipp: Kombitickets für Bahnfahrt & Naturparkeintritt im Voraus online buchen!

Naturpark Ötscher-Tormäuer

Geöffnet von 1. Mai bis 26. Oktober naturpark-oetscher.at

BADEN-WÜRTTEMBERG ZURÜCK IN ENDLICHE LANDESWEITEN

Junge Rothirsche dürfen in Baden-Württemberg wieder weiter wandern.

Obwohl Rotwild in beinahe allen deutschen Bundesländern vorkommt, beschränkt sich sein Lebensraum auf knapp ein Viertel der Landesfläche. Das ist unter anderem auf die sogenannten Rotwildbezirke zurückzuführen – in diesen darf sich die Tierart frei bewegen, außerhalb gelten teils sehr umfassende Abschussgebote. Besonders restriktiv war die Situation bisher in Baden-Württemberg. Dort musste Rotwild auf 96 % der Landesfläche erlegt werden, sobald es sie betrat. Die fünf von einander isolierten Bezirke wurden unter anderem zum Schutz von Wald und Forstwirtschaft eingerichtet – die Tierart kann durch Verbiss und das Geweih der männlichen Tiere erhebliche Pflanzenschäden verursachen.

Tier- und Naturschutzorganisationen und nicht zuletzt der erste Landesjagdverband kritisierten, dass das Rotwild durch solche Beschränkungen kaum seiner natürlichen Lebensweise nachgehen kann und die isolierten Lebensräume nachweislich zu genetischer Verarmung führen – und das wiederum auch zu Anpassungsprobleme im Klimawandel führen kann. Zumindest in Baden-Württemberg sollen Junghirsche wieder wandern dürfen, verkündete der dortige Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk (CDU), Anfang März. Für sie soll das seit 67 Jahren bestehende Abschussgebot ausgesetzt werden.

rothirsch.org

HANNA STUMMER

SCHLESWIG-HOLSTEIN

DER STRASSENGRABEN IST KEIN MISTKÜBEL

In der Natur entsorgte Gartenabfälle gefährden Wiesenblumen und fördern invasive Arten.

Gut gemeint ist oft grundverkehrt. Das gilt auch für die Entsorgung der Abfälle aus Garten, vom Balkon und der Terrasse. Weil sie keinen Platz für einen eigenen Komposthaufen haben, die Biotonne bereits übervoll ist oder sie Entsorgungsgebühren sparen wollen, bringen viele Menschen ihren Grünschnitt an Waldränder oder Feldwege. Mitunter sind sie sogar der Überzeugung, damit Gutes zu tun – sie glauben, Biomüll gehöre ohnehin in die Natur. Dabei ist das wilde Entsorgen aus gutem Grund verboten und stellt einen gravierenden Verstoß gegen die Naturschutzgesetze dar. Das Ausbringen von Gartenabfällen, Hecken- und Rasenschnitt kann mit Geldbußen geahndet werden, in schwerwiegenden Fällen sogar zu strafrechtlichen Konsequenzen führen, wie die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein aufklärt. »Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass sie damit der Natur und der Gesundheit unseres ohnehin schon empfindlichen Ökosystems schaden«, sagt Michael Ott, Projektleiter der Stiftung Naturschutz. Über Gartenabfälle gelangen Düngemittel in die vielerorts ohnehin mit Nährstoffen überversorgte Landschaft. Das begünstigt Allerweltsarten wie die Brennnessel oder Brombeersträucher, die dann Veilchen oder seltene Wiesenblumen verdrängen. Auch invasive Arten (wie Kirschlorbeer oder Japanischer Staudenknöterich) werden so verbreitet. THOMAS WEBER

stiftungsland.de

DAS THAYATAL

Versteckt, wild und voller Leben – das Thayatal ist ein wahres Naturparadies, wo sich eine beeindruckende Vielfalt an Pflanzen und Tieren entfaltet. Perfekt für alle, die echte Naturerlebnisse suchen!

GRENZENLOSES WANDERPARADIES

Hier erstreckt sich ein ausgedehntes Wanderund Radfahrparadies. Eine neue Hängebrücke ermöglicht grenzüberschreitende Rundwanderungen zwischen Österreich und Tschechien!

AUSSICHTSWARTE MIT EINZIGARTIGEM AUSBLICK

Im Mai 2025 eröffnet die Aussichtswarte „Umlaufblick“ und bietet einen spektakulären neuen Ausblick auf die Wälder des Nationalparks und die Tallandschaft der Thaya.

25 JAHRE THAYATAL

Feiern Sie mit uns 25 Jahre Nationalpark Thayatal am 25. Mai mit einer gemeinsamen Wanderung und einem großen Familienfest!

DIE WILDNIS ALS SCHULE DES LEBENS

Wildnispädagogik preist das einfache Leben.

Was lernt man in einer Wildnisschule?

TEXT

Thomas Weber

Wi.N.D. –WildnisschulenNetzwerk

Deutschland

2001/2002 gegründetes

Netzwerk von deutschlandweit 13 Wildnisschulen, die sich an gemeinsam erarbeiteten Standards orientieren. wildnisschulen-netzwerk.de

Wildnis ist ein romantischer Begriff. In ihm steckt die Sehnsucht nach unberührter Natur und »echtem«, einfachen Leben. Historisch handelt es sich dabei um ein westliches Phänomen: Aus der industrialisierten Zivilisation kommend, ermöglicht eine Auszeit in der Wildnis Selbsterkenntnis und Erdung, das Überwinden der empfundenen Entfremdung von der Natur. Oft wird in der Einschicht der Wildnis auch Einsicht und spirituelle Erleuchtung gesucht. Stilprägend war das Buch »Walden«, in dem der Philosoph Henry David Thoreau sein »Life In The Woods« beschreibt und von seinen Erleb-

nissen in einer einsamen, kleinen Hütte am Walden Pond (in Massachusetts) erzählt. Seit ihrem Erscheinen 1854 hat Thoreaus Sehnsuchtsprosa Generationen von zivilisationsmüden AussteigerInnen beseelt; die Hippies ebenso wie die frühe Umweltbewegung. Auch der Cabin-Chic auf Instagram und die neuerdings große Nachfrage nach literarischem Nature Writing lassen sich auf Thoreau zurückführen.

THOREAU UND DIE »TRACKER SCHOOLS«

In seiner Tradition stehen auch die »Tracker Schools«, die sich seit den 1970er-Jahren erst in den USA ausgebreitet haben, später auch nach

Europa. Zwar berief sich Tom Brown (geboren 1950 in New Jersey), der Gründer der berühmtesten Tracker School, Fährtenleser und Buchautor, nie explizit auf seinen einflussreichen Vordenker. Aber auch in vielen Wildnisschulen – wie sich die Tracker Schools im deutschsprachigen Raum manchmal nennen – lebt der Geist Thoreaus. Einer der allerersten, die die Lust am Lernen von der Wildnis und am einfachen Leben in den deutschsprachigen Raum brachten, ist Wolfgang Peham. Der mittlerweile 74-Jährige absolvierte 1995 einen Kurs in Amerika bei Tom Brown. Zurück in Deutschland überredeten ihn FreundInnen, ihnen das

»Anders als bei Survivaltrainings geht es bei uns nicht ums Überleben, in Wildnisschulen geht es ums einfache Leben und um Naturverbindung.«

Wolfgang Peham, Gründer Wildnisschule Wildniswissen

in der Neuen Welt Gelernte weiterzuvermitteln: Feuermachen ganz ohne Hilfsmittel, Wassersuchen und das Aufbereiten als Trinkwasser oder Übernachten am Waldboden. »Also organisierten wir ein Wochenende, zu dem zwanzig Leute kamen«, erinnert sich Peham. Noch am Sonntag habe ihn die Hälfte der TeilnehmerInnen gefragt, ob er nicht weitere Seminare organisieren könne. Seit 1999 schließlich ist er Vollzeitwildnislehrmeister. Längst betreibt sein Wildniswissen-Zentrum auch einen Waldkindergarten und an die 40 »Teamer« leiten dezentral Workshops, Seminare, Kurse und mehrjährige Lehrgänge. Was bei Nachmittagen für Schulklassen, »Stadtfüchse«-Feriencamps im Naturpark und Basiskursen für Erwachsene beginnt, reicht über »Ancient Bushcraft«-Workshops (beispielsweise für natürliches Gerben) und Lehrgänge für Wildnispädagogik oder Fährtenlesen bis zu ausgedehnten Wildnistouren in der Slowakei (»Spuren im Schnee«), Schweden (»Auf den Seen im Land der Elche«), Kanada (»Fließen im Einklang mit der Schöpfung«) oder Namibia (»Kalahari Buschmann Experience«).

NETZWERK DER »JÄGERINNEN UND SAMMLERINNEN«

Gleich in Pehams allerersten Wochenendworkshops saßen einige TeilnehmerInnen, die kurz darauf selbst Wildnisschulen gründeten. Um Wissen auszutauschen und einander gegenseitig zu unterstützen, taten sich einige davon im Wildnisschulen-Netzwerk Deutschland (Wi.N.D.) zusammen. Derzeit umfasst es 13 Einrichtungen im ganzen Bundesgebiet. Diese unterscheiden sich teilweise stark. »Oft sind sie stark von der Gründerpersönlichkeit geprägt«, sagt Wolfgang Peham. Gemeinsam ha-

Im Text erwähnte Wildnisschulen Wildniswissen (dezentral) wildniswissen.de

Natur- und Wildnisschule Teutoburger Wald (Halle, Westfalen) natur-wildnisschule.de

Naturverbindung (Krems, Niederösterreich) naturverbindung.at

Verein Tiefwurzler (Korneuburg, Niederösterreich) tiefwurzler.at

Wildnisschule Nawisho (Schottwien, Niederösterreich) betreibt auch den Podcast »Durch die Augen eines Coyoten« martinfuerst.com

ben sie den Begriff der Wildnispädagogik geprägt. Peham selbst hatte mit diesem anfangs seine Probleme. »Was wir den Leuten vermitteln, kommt aus der Kultur der JägerInnen und SammlerInnen, nicht aus der Pädagogik«, sagt er. Auch vom klassischen Survival grenzt man sich eher ab: »Anders als bei Survivaltrainings geht es bei uns nicht ums Überleben, in Wildnisschulen geht es ums einfache Leben und um Naturverbindung.« Das sieht auch Christa Bastgen so, die Sprecherin des Netzwerks Wind und selbst seit den späten 1990er-Jahren in der Natur- und Wildnisschule Teutoburger Wald aktiv. »Survival ist Kampf gegen die Natur. In einer Wildnisschule lernt man mit der Natur zu leben und draußen anzukommen«, sagt

sie. Von einem Sonntagsspaziergang bei Sonnenschein unterscheidet sich das durch eine grundsätzliche aktive »Erdung« – und wohl auch durch das Verlassen der Komfortzonen des Alltags. Wird gemeinsam im Novemberwald übernachtet, dann ist es ein erklärtes Ziel, dass sich ein/e jede/r TeilnehmerIn beim Draußenschlafen wohlfühlt.

VORWURF DER KULTURELLEN ANEIGNUNG

Aufmerksamkeit im Wildnisnetzwerk erregte 2023 eine Diplomarbeit: »Von der Sehnsucht nach Wildnis zum menschenverachtenden Denken. Von der Anschlussfähigkeit der Wildnispädagogik für extrem rechte Ideologien« von Josephine Burckhardt, verfasst an

Nature Writing

Festival Hamburg

Die Buchreihe »European Essays on Nature and Landscape« veranstaltet mit der Loki Schmidt Stiftung, den Öffentlichen Bücherhallen, der Deutschen Wildtierstiftung und der Universität Hamburg das erste europäische Festival zum boomenden Genre Nature Writing. 17.–21. Juni 2025 europeanessays.eu/festival

Wildnisschulen
»Naturverbindung entsteht nicht intellektuell, sondern durch Erfahrung.«

Wildniswissen

der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Die These: Wildnispädagogik könnte Anknüpfungspunkte für Rechtsextreme bieten und die »Erdphilosophie«, der sich manche Wildnisschulen verbunden fühlen, gewissermaßen Blut-und-Boden-Ideologie begünstigen. Zwar bleibt die Analyse der Masterarbeit vage (»Das Naturverständnis der Wildnispädagogik weist teilweise Gemeinsamkeiten mit dem völkischen Naturverständnis und dem Biologismus auf.«). Konkret kritisiert werden aber die hierarchischen Strukturen, die in manchen Wildnisschulen vorherrschen würden, der Personenkult und »eine absolutistische Sichtweise auf die Welt«. Auch sieht Burckhardt »die Wildnispädagogik sehr verstrickt mit der Problematik der kulturellen Aneignung, was jedoch von vielen Akteu-

ren der Wildnispädagogik ausgeblendet wird.«

Der Vorwurf: Symbole und Traditionen fremder Kulturen werden unkritisch übernommen, ohne Respekt für deren ursprüngliche Bedeutung oder ihren historischen Kontext. Diesem

Uralte Praktiken, elementare Erlebnisse: Beim »Schalenbrennen« wird durch Glut und Hitze aus einem Stück Holz eine Schale gebrannt.

Vorwurf der kulturellen Aneignung kontert Christa Bastgen: »Die Grundlagen dessen, was ich weiß und weitergebe, habe ich als Kind im Dorf von den alten Leuten gelernt.« Sie selbst wuchs in einem Selbstversorgerdorf auf. Alte Handwerksfertigkeiten, Kräuterwissen und Ökolandwirtschaft sind der Ernährungswissenschafterin ein besonderes Anliegen. Anschlussfähigkeit für die extreme Rechte sieht Wolfgang Peham in der Praxis eher keine. »Ich selbst hatte in 30 Jahren ein einziges Mal zwei Neonazis am Lagerfeuer sitzen«, sagt er. »Als ich das bemerkt habe, habe ich das sofort abgedreht. Sie wollten wiederkommen, aber ich habe ihnen das nicht erlaubt – und auch im Netzwerk Bescheid gegeben und Namen genannt, damit alle gewarnt sind, wer da kommen könnte.« Sicherheitshalber findet sich auf der Website des Wildnisschulennetzwerks eine Klarstellung: »Wir als Wind-Wildnisschulen stehen und gehen für Toleranz, Gleichwürdigkeit, Offenheit und ein vielfältiges Miteinander. In unserer Philosophie und in unseren Veranstaltungen ist kein Platz für extremistische Perspektiven aus dem Bereich Politik, Religion und Weltanschauung.« Auch wenn es nicht als solches gedacht war – eine Teilnahme im Wind-Netzwerk könne diesbezüglich als Gütesiegel verstanden werden, meint Peham.

auch an der staatlichen Hochschule für Agrarund Umweltpädagogik unterrichtet. Pragmatischer Name des von ihr geleiteten Seminars: »Einführung in die Methoden der Wildnispädagogik und des Naturmentoring«. Als Gastvortragende fungiert dort auch Stefanie Platzgummer, die als Umweltpädagogin in einem Waldkindergarten arbeitet und mit einem Studienkollegen den Verein Tiefwurzler gegründet hat. Er fungiert als Netzwerk für Umweltbildung und Naturmentoring, organisiert aber auch Sommercamps für Kinder und Jugendliche. Platzgummer ist die Wertevermittlung ein besonderes Anliegen. »Dankbarkeit ist zum Beispiel ein Thema«, sagt sie. »Wir versuchen allem, was da ist, Wertschätzung entgegenzubringen. Dem Baum, der uns an einem heißen Tag Schatten spendet, allem, was unser Leben

»Die Grundlagen dessen, was ich weiß und weitergebe, habe ich als Kind im Dorf von den alten Leuten gelernt.«
Christa

Bastgen, WildnisschulenNetzwerk Deutschland

bereichert. Wir propagieren Respekt vor allen Lebewesen. Der Mensch wird nicht über alles andere gestellt, der Mensch ist Teil des ökologischen Netzwerks.«

WILDNISPÄDAGOGIK VS. »NATURMENTORING«

Auch die Wildnisschule Nawisho von Martin Fürst aus Niederösterreich – laut Selbstbeschreibung »purer, echter, ohne Lametta« – verweist auf ihre »klare Distanzierung von Esoterik, speziell brauner«. Besonders beliebt sind Fürsts Kurse bei Studierenden. Insgesamt wirkt die Wildnisszene in Österreich »akademischer« als in Deutschland – und setzt auf andere Begriffe. »Auch wenn beides eigentlich fast das selbe bedeutet: In Deutschland wird eher ›Wildnispädagogik‹ verwendet, in Österreich dominiert das ›Naturmentoring‹«, sagt Annette Baubin, die selbst Workshops in Sachen »Naturverbindung« hält und seit kurzem

Selbst wenn man sich wie Stefanie Platzgummer, Martin Fürst, Christa Bastgen und Wolfgang Peham von Esoterik explizit abgrenzt. Dieser holistische Ansatz wird von Außenstehenden schnell einmal als esoterisch aufgefasst. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass es in den meisten Wildnisschulen weniger ums »Zerdenken« von Sachverhalten geht, sondern insgesamt eher ums Begreifen. »Naturverbindung entsteht nicht intellektuell, sondern durchs Ausprobieren«, sagt Wildnislehrmeister Wolfgang Peham. »Homo sapiens lernt durch persönliche Erfahrung.« Und es bleibt natürlich die Sehnsucht und damit ein starkes Gefühl, das die Menschen in die Wildnis und ihre Schulen treibt.

Buchtipps

»CHESUNCOOK« Henry David Thoreau, 2022, Jund und Jung Nach »Ktaadn« (1848/2017) und »Die Wildnis von Maine« (1864/2014) übersetzte und veröffentlichte der Salzburger Verlag Jung und Jung 2022 auch »Chesuncook« von Thoreau. Der ursprünglich 1858 in der Zeitschrift »The Atlantic Monthly« erschienene Text ist eine kritische, überraschend zeitgemäße Betrachtung über die Elchjagd in der nordamerikanischen Wildnis.

»TIERSPUREN EUROPAS« Joscha Grolms, 2021, Ulmer. Mit 820 (!) Seiten das ultimative Buch über das Bestimmen und Interpretieren von Spuren und Tierzeichen, verfasst von Joscha Grolms (international tätiger Fährtenleser und Koleiter der Wildnisschule Wildniswissen).

AUF DER ENNS

Auf eigene Faust durch Kultur- und Naturlandschaften bis zum Gesäuse. Ein Schlauchkajakreisebericht von einem, der sie wiederholen würde.

REPORTAGE

Simon Loidl

Geführte Touren

Wer eine Flussreise ausprobieren möchte, kann auf vielen Gewässern in Österreich und Deutschland geführte Kanutouren buchen. Bei diesen ist man meist mit hartschaligen Booten in der Gruppe unterwegs, angeleitet von erfahrenen Guides.

Auf dem Wasser mit etwa zehn Kilometern pro Stunde dahingleitend, wirkt es, als würde der Gebirgszug des Gesäusemassivs wachsen. Doch dann endet die Flussreise auf der oberen Enns auch schon. Kurz vor der Einfahrt ins Gesäuse ist für die meisten Schluss. Denn die folgende Strecke durch die Gebirgsgruppe des steirischen Nationalparks ist eine der anspruchsvollsten Wildwasserstrecken Österreichs.

Zuvor aber ist die Enns relativ harmlos. Auch AnfängerInnen können sich auf dieses Gewässer wagen, das zumeist als Zahmwasser, also gemächlich und ohne größere Stromschnellen oder Hindernisse dahinfließt. So ruhig, dass

man die vorübergleitenden steirischen Hügel, Berge und Felder entspannt auf sich wirken lassen kann. Allzu sehr darf man sich aber nie ablenken lassen, wenn man auf einem Fluss unterwegs ist. Was hinter der nächsten Kurve ist, weiß man nur ungefähr – auch dann, wenn man das Gewässer bereits befahren hat. In einem Fluss können jederzeit Hindernisse auftauchen, auf die man reagieren muss: Untiefen, Baumstämme, Stromschnellen.

80 KILOMETER FREIE FAHRT

Der letztmögliche Ausstieg aus der oberen Enns vor dem Gesäuse ist für FlusswanderInnen also festgelegt. Der Einstieg ist an vielen

Stellen möglich. Die kürzeste Strecke, um mit einem Boot ins Bergpanorama hineinzufahren, startet ab Admont. Von dort sind es nur etwa fünf Flusskilometer bis zur Ausstiegsstelle an der Lauferbauerbrücke. Die obere Enns eignet sich aber bestens für mehrtägige Touren. Von Schladming bis zum Gesäuse ist der Fluss auf knapp 80 Kilometern befahrbar. Es gibt hier weder Staumauern noch Wehre –eine Seltenheit auf den stark verbauten Flüssen Österreichs. Insgesamt ist die Enns mehr als 250 Kilometer lang. Der längste Binnenfluss Österreichs entspringt in den Radstädter Tauern in Salzburg und fließt durch die Steiermark und Oberösterreich. Der letzte Teil zwischen Steyr und der Donaumündung bei Mauthausen bildet die Grenze zwischen Oberund Niederösterreich.

Die gesamte Strecke auf der oberen Enns kann in zwei Tagen zurückgelegt werden. In diesem Fall verbringt man aber die meiste Zeit am Wasser. Wer es gemütlicher angehen will, sollte einen kürzeren Abschnitt wählen. Wie lange man für eine Flussstrecke braucht, hängt von vielen Faktoren ab. Je nach Pegelstand verändert sich die Fließgeschwindigkeit. Ausschlaggebend ist aber auch das eigene Fahrverhalten. Während die einen sportlich paddeln, lassen sich andere treiben und verwenden ihr Paddel nur zum Steuern.

LETZTE VORBEREITUNGEN

Die Flussreisegemeinschaft startet ihre Tour im Ort Wörschach, das etwa auf halber Strecke des gemächlich befahrbaren Schnitts zwischen Schladming und dem Gesäuse-Eingang liegt. Der Bahnhof Wörschach ist nur ein paar hundert Meter von der Enns entfernt. Da wir mit aufblasbaren Schlauchkajaks unterwegs sind, ist die kurze Strecke zum Fluss ideal. Diese Boote lassen sich in einem größeren Rucksack unterbringen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln einfach transportieren. Einen kleinen zusammenklappbaren Transportwagen haben wir auch dabei, um die etwa 20 Kilogramm schwere Ausrüstung nicht schleppen zu müssen – zum Boot kommen noch Paddel, Pumpe sowie Verpflegung und Kleidung dazu. Beim Fluss angekommen, wartet die erste Herausforderung: die Suche nach einer geeig-

Obertauern

FLUSSWANDERN

Fluss- oder Kanuwandern findet meist auf Gewässern mit geringem Schwierigkeitsgrad statt. Die befahrenen Flüsse fallen oft in die Kategorie »Zahmwasser« und erreichen höchstens für kurze Passagen die Schwierigkeitsgrade 1 und 2 der sechsteiligen Wildwasserskala. Dennoch ist Vorbereitung für jede Flussfahrt unerlässlich. Die Literatur zu dieser Art der Fortbewegung ist schmal, es sind wenige Paddelführer erhältlich, auch online gestaltet sich die Tourenrecherche nicht immer einfach. Eines der umfangreichsten Portale im deutschsprachigen Raum mit Infos zu befahrbaren Flussabschnitten in mehreren europäischen Ländern samt Tourenvideos ist flusswandern.at

DONAU

NATIONALPARK KALKALPEN

Lauferbauerbrücke „Gesäuse-Eingang“

Wörschach

Bad Aussee

and der Ybbs

NATIONALPARK GESÄUSE

Irdning

Eisenerz

Schladming
Radstadt
Trieben
Rottenmann
Liezen
Steyr
Enns
Gröbming
Stainach
Hallstatt
Waidhofen

FLUSSWANDERN IN ÖSTERREICH UND DEUTSCHLAND

Das Befahren von Flüssen ist in Österreich und Deutschland in der Regel erlaubt. Ausnahmen bilden manche Naturschutzgebiete, die nicht oder nur eingeschränkt befahren werden dürfen. Teilweise gibt es etwa saisonale Fahr- oder Anlegeverbote während der Brutzeiten geschützter Vögel.

Wichtig ist auch die individuelle Vorbereitung auf eine Flussfahrt. KanuwanderInnen müssen den Verlauf und Charakter des Flusses kennen und sich mit Karten, Paddelführern oder Online-Infoseiten vorbereiten. Insbesondere über Untiefen, Stromschnellen, Wehre und Staumauern muss man Bescheid wissen, bevor man sich auf einen Fluss wagt. Warnschilder vor manchmal lebensgefährlichen Hindernissen sind nicht immer vorhanden. Auch über Pegelstände und die zu erwartenden Wetterverhältnisse sollte man sich vor dem Befahren eines Gewässers informieren.

neten Einstiegsstelle. Wie steil Flussufer sein können, merkt man, wenn man versucht, ein Boot ins Wasser zu bringen oder aus diesem auszusteigen. Direkt unter der Ennsbrücke bei Wörschach liegt eine bestens geeignete Stelle. Hier ist genügend Platz, um das Boot aufzubauen, das Gepäck zu verstauen und sich auf die Fahrt vorzubereiten.

Nachdem wir uns den Streckenverlauf auf einer Karte noch einmal genau angesehen haben, legen wir ab. Der erste Teil unserer zweitägigen Enns-Fahrt beginnt gemütlich. Das Wetter ist perfekt: ein schöner Sommertag mit leichter Bewölkung. Auf Flüssen ist man in der Regel unbeschattet und lernt Wolken zu schätzen, Gewitter sind erst für die Nacht angekündigt.

UNTER BRÜCKEN

Doch es kommt anders. Gegen Mittag, etwa auf halber Strecke zwischen Wörschach und Admont, schlägt das Wetter um. Wind kommt auf, und ein Blick zurück ins Ennstal Richtung Schladming bestätigt, dass die Gewitter wohl deutlich früher kommen. Bis jetzt wa -

ren wir es gemütlich angegangen, haben uns treiben lassen und den leicht modrigen, aber nicht unangenehmen Geruch des Flusses ebenso genossen wie die vorüberziehende Landschaft aus Feldern, Wäldern und Ortschaften. Doch jetzt verfolgen uns Gewitterwolken. Laut Karte sind wir noch etwa anderthalb Kilometer von einer Brücke entfernt. Wir paddeln schneller, der Wind wird stärker. Nach einer Kurve kommt die Brücke in Sicht. Gleich hinter dieser quert auch die Pyhrn-Autobahn die Enns, und etwas vom Fluss abgesetzt liegt eine Unterführung, die wir bereits vom Fluss aus sehen. Während die ersten Tropfen fallen, ziehen wir unsere Boote an Land und rennen zur Unterführung. Als die ersten Blitze zucken, sitzen wir im Trockenen.

NATUR UND KULTUR

Aufblasbare Kajaks oder Kanadier sind neben Packrafts gut für individuelle Flusstouren geeignet. Packrafts wiegen maximal ein paar Kilo und können auch auf Rad- oder Wandertouren mitgenommen werden. Aufblasbare Kanus sind schwerer, dafür aber auch stabiler und deshalb für lange Flussfahrten die bessere Wahl.

Das Ennstal hat nicht nur abwechslungsreiche Landschaften zu bieten. Mit dem Stift Admont liegt ein kulturelles Highlight der Region auf der Strecke. Wir erreichen Admont am späten Nachmittag des ersten Tages. Die kleine Marktgemeinde ist aufgrund des Stifts ein touristisches Zentrum und dient BergsportlerInnen als Ausgangspunkt für Touren in die umliegenden Berge. Unterkünfte sind meist leicht zu finden. Nachdem wir uns von den Flussabenteuern des ersten Tages erholt haben, starten wir mit dem Kulturteil unserer Reise in den zweiten Tag. Da die Strecke bis zum Gesäuse nur mehr wenige Kilometer beträgt, haben wir reichlich Zeit für eine Reise in die Vergangenheit. Das 1074 gegründete Benediktinerstift liegt mitten im Ort. Hauptattrakti-

»Der erste Teil unserer zweitägigen Enns-Fahrt beginnt gemütlich. Das Wetter ist perfekt: ein schöner Sommertag mit leichter Bewölkung.«

on des Stiftmuseums ist die größte Klosterbibliothek der Welt: 70.000 der insgesamt 200.000 Bände stehen in den mit Deckenfresken verzierten, lichtdurchfluteten Räumen der barocken Säle der 1776 fertiggestellten Bibliothek. Wenig später waten wir im Schlamm. Kurz nach Mittag bauen wir unsere Boote unter der Brücke im Ortszentrum auf. Das Ufer ist morastig, wir versinken beim Einsteigen bis zu den Knien. Mit Schmutz und Nässe muss man bei einer Flussfahrt zurechtkommen. Wir legen ab. Nach Admont fließt die Enns etwas schneller, und auch die eine oder andere Stromschnelle ist zu befahren. Gleichzeitig baut sich bereits nach wenigen Kurven das Bergpanorama auf, das Gesäusemassiv rückt mit jeder Sekunde näher. Die Belohnung wartet am Ende der Reise. Der Ausstieg bei der Lauferbauerbrücke kurz vor dem Gesäusedurchbruch gelingt mühelos. Nach einem kurzen Bad in der eiskalten Enns packen wir unsere Boote zusammen.

Übernachten im Freien Für viele FlusswanderInnen gehört das Übernachten im Zelt zu einer mehrtägigen Flussfahrt dazu. Mangels offizieller Plätze wird oft wild gecampt. Dies ist allerdings in den meisten Regionen in Österreich und Deutschland verboten und mit teils saftigen Strafen bedroht.

KEIN SPAZIERGANG

Bregenz

WVon der Haustür weg weitwandern.

andern ist ein Sport für fast alle – es gibt Wege für jede Kondition und Erfahrungsstufe. Außerdem ist überschaubar viel Ausrüstung nötig, es braucht kaum mehr als geeignete Schuhe, Kleidung für jede Witterung und ausreichend Verpflegung. Wandern unterscheidet sich vom Spazierengehen vor allem durch die Länge. Ab mehreren Stunden Gehens spricht man von einer Wanderung. Diese kann auf einen Berg führen oder entlang einer ebenen Strecke. Von »Weitwandern« spricht man bei mehrtägigen Touren über längere Strecken. Wandern beschränkt sich aber nicht auf längeres Spazieren oder sportliches Gipfelstürmen, neuer Beliebtheit erfreut sich in den vergangenen Jahren das Weitwandern. In aller Welt locken Fernwanderwege zu mehrtägigen oder mehrwöchigen Touren. Es muss nicht unbedingt der spanische Jakobsweg, der Appalachian Trail in den USA oder der Annapurna Circuit in Nepal sein. Weitwandern ist von vielen Orten direkt von der eigenen Haustür weg möglich. Ein Netz aus Fern- und Weitwanderwegen durchzieht Europa und bindet die meisten größeren Städte ein.

Venedig

EUROPÄISCHE FERNWANDERWEGE

Die seit 1969 bestehende Europäische Wandervereinigung setzte sich bei ihrer Gründung zum Ziel, ein Fernwanderwegenetz zu schaffen, das den ganzen Kontinent überzieht. Die längsten der derzeit zwölf Wege sind E1, der über eine Strecke von 7000 Kilometern vom Nordkap bis Sizilien führt, sowie der mehr als 12.000 Kilometer lange E4 von Portugal bis Zypern. Die Wege sind nur teilweise ausgeschildert, manche existieren noch nicht vollständig. Viele regionale Weitwanderwege verlaufen parallel zu den Europäischen Weitwanderwegen.

Kahlenberg
Linz
Mariazell
München
Potsdam
Buckow

Nach Durchwanderung des Salzburger Stadtzentrums führt der Voralpenweg entlang des Bachs Glan aus der Stadt und Richtung österreichisch-deutsche Grenze.

VORALPENWEG

VOM KAHLENBERG NACH BREGENZ

In Österreich gibt es mehr als hundert Weitwanderwege – manche sind regional begrenzt, andere führen über hunderte Kilometer durch mehrere Bundesländer, darunter auch die »zehn großen österreichischen Weitwanderwege«. Diese sind jeweils mehr als 300 Kilometer lang und gehen durch mindestens drei Bundesländer: Der Voralpenweg trägt innerhalb des österreichischen Weitwanderwegesystems die Nummer 4, startet in der Bundeshauptstadt und geht sogar über das österreichische Bundesgebiet hinaus. Vom Wiener Kahlenberg aus führt der Weg in 23 Etappen durch Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg bis nach Bad Reichenhall. Hier schließt direkt der Maximiliansweg an, auf dem man die Wanderung über die bayerischen Voralpen bis nach Bregenz fortsetzen kann.

Gleich am Beginn steht die Entscheidung zwischen zwei Varianten des Voralpenwegs 4. Die nördliche Strecke umrundet den Wienerwald via Klosterneuburg, die südliche führt über Perchtoldsdorf. Im Mostviertler Wilhelmsdorf vereinigen sich die beiden Strecken. Mehr als 500 Kilometer ist der Voralpenweg lang. Dabei bleibt er stets unter 2000 Metern Seehöhe – der Name des Weges weist darauf hin, dass die Alpen lediglich berührt werden. Gute Kondition ist dennoch nötig, denn trotz der geringen Höhe weist der Weg auch anspruchsvollere Passagen auf. Wer die gesamte Strecke in Angriff nimmt, braucht ohnehin Ausdauer. Doch der Voralpenweg eignet sich – wie alle Fernwanderwege – auch bestens dafür, ihn in zwei oder mehr Etappen auszuprobieren.

VON MÜNCHEN NACH VENEDIG

Es gibt mehrere Routen, auf denen man die Alpen zu Fuß überqueren kann. Eine der bekanntesten ist der vom bayerischen Wanderführerautor Ludwig Graßler 1977 erstmals beschriebene »Traumpfad«. Dieser beginnt am Münchner Marienplatz und endet nach 550 Kilometern in Venedig. Der Weg führt durch die Bayerischen Voralpen, das Karwendel, die Zillertaler Alpen und die Dolomiten. Bis auf knapp 3000 Meter Höhe führt diese Strecke – bevor man am Ende auf Meereshöhe hinabsteigt. Die je nach Variante 28 bis 31 Etappen sind anspruchsvoll und nur bei guter Kondition und Vorbereitung machbar. Doch auch die Teiletappen sind reizvoll. Das erste, mehr als 20 Kilometer lange Stück führt entlang der Isar aus der bayerischen Metropole hinaus und durch Wald- und Wiesenlandschaften bis Wolfratshausen. Wem dieses Hineinschnuppern genügt, kann von hier mit der Bahn zurück nach München fahren. Alle anderen führt der Weg am nächsten Tag Richtung Bad Tölz weiter. Danach, auf der dritten Etappe, fordern schließlich die ersten größeren An- und Abstiege Kondition. Auf der Gesamtstrecke des Traumpfades sind mehr als 20.000 Höhenmeter zu bewältigen.

Der Monte Civetta in den Dolomiten bietet eines der vielen spektakulären Bergpanoramen auf dem Traumpfad.

EUROPÄISCHER FERNWANDERWEG 11

VON POTSDAM NACH BUCKOW

Der Europäische Fernwanderweg 11 verläuft vom niederländischen Scheveningen über Deutschland, Polen, Litauen und Lettland bis zur estnischen Hauptstadt Tallinn. Der mehr als 4600 Kilometer lange Weg durchquert mehrere große Städte wie Osnabrück, Halle, Posen oder Riga. Etwa am Ende des ersten Drittels der Gesamtstrecke liegt Berlin. Auf dem Stadtgebiet finden sich mehrere Etappen des E11. Eine beginnt in Charlottenburg und führt durchs Zentrum der deutschen Hauptstadt nach Kreuzberg. Sie bietet sich somit als Ausgangspunkt für E11-Wanderungen Richtung Westen oder Osten an. Von Berlin-Köpenick aus gelangt man beispielsweise in zwei Tagesetappen bis zum östlich gelegenen Buckow. Wer nur einen halben Tag lang gehen will, kann alternativ mit der S-Bahn in 50 Minuten bis Hegermühle fahren und von den Toren der Großstadt aus durchs Grüne in etwa vier Stunden bis Buckow wandern. Wer weitergeht, wan dert durch den Naturpark Märkische Schweiz bis Neu hardenberg und von dort aus weiter in Richtung der pol nischen Grenze.

GUT VORBEREITET STARTEN

Ob mehrere Etappen oder nur eine kurze Wanderung: Die richtige Vorbereitung ist für jede Tour wichtig. Beim Weitwandern hängt von der genauen Planung aber ab, ob diese gelingt oder nicht. Für mehrtägige Touren ist nicht nur sorgfältiges und sparsames Packen unerlässlich. Auch die körperliche Verfassung muss stimmen. Kleinere Wanderungen und Konditionstraining sollten im Trainingsplan vor jeder langen Tour stehen. Auch mentale Vorbereitung ist wichtig, denn wer über einen längeren Zeitraum unterwegs ist, erlebt dabei Phasen, in denen die Motivation nachlässt. Eine Möglichkeit, sich darauf vorzubereiten, ist es, immer wieder am körperlichen Limit oder bei schlechtem Wetter zu trainieren. Auf diese Weise erwirbt man Durchhaltevermögen auch in unangenehmen Situationen. Meistert man diese, steht am Ende das Erfolgserlebnis: Die Tour ist geschafft, das Ziel erreicht.

Unerlässlich für mehrtägige Weitwandertouren ist genaue Zeitplanung, denn am Ende jedes Tages muss man irgendwo übernachten. Entlang vieler Wege gibt es in regelmäßigen Abständen Hütten. Fernwanderwege, die durch Städte führen, bieten zusätzliche Möglichkeiten. Eine grundlegende Entscheidung bei langen Touren ist die, ob man für mehr Unabhängigkeit ein Zelt mitnimmt oder nicht. Das ist nicht nur eine Frage des Gewichts. Denn auch mit Zelt sind die Möglichkeiten beschränkt –Wildcampen bzw. Biwakieren ist in vielen Regionen Österreichs und Deutschlands nur in Notfällen erlaubt.

Dem Weg angemessene Wander- oder Bergschuhe sind der wichtigste Ausrüstungsgegenstand. Diese werden in vier Kategorien eingeteilt. In Kategorie A fallen leichte Wanderschuhe, unter D Schuhe fürs Extrembergsteigen. Die für die meisten Touren geeigneten Schuhe lassen sich demnach im Bereich B/C kategorisieren, also robuste Wanderschuhe, die auch fürs Gebirge geeignet sind.

MARIAZELLERWEG

VON LINZ NACH MARIAZELL

Sieben Varianten des österreichischen Weitwanderwegs 6 haben den Wallfahrtsort Mariazell als Ziel.

Der Mariazellerweg zählt als Nummer 6 ebenfalls zu den »großen österreichischen Weitwanderwegen«. Allerdings handelt es sich nicht um einen einzelnen Weg, sondern um ein Netz aus sieben Wegen, die von unterschiedlichen Startpunkten aus nach Mariazell führen. Der Oberösterreichische Mariazellerweg ist etwa 160 Kilometer lang und startet am Linzer Pöstlingberg. Via Steyr und Waidhofen an der Ybbs ziehen sich die sieben oder acht Etappen vorbei am Lunzer See und dem Ötscher zu dem kleinen Wallfahrtsort an der steirisch-niederösterreichischen Grenze. Auch bei diesem Weg bietet sich zum Ausprobieren die erste Etappe an. Die 18 Kilometer sind für die meisten an einem Tag zu bewältigen. Ein Blick vom Pöstlingberg auf Linz steht am Beginn der Wanderung. Der Weg führt dann hinunter mitten ins Zentrum der oberösterreichischen Landeshauptstadt. Ab dem südlichen Stadtteil Ebelsberg beginnt der ländliche Teil der ersten Etappe. Bereits lange bevor man das Ziel erreicht, tauchen die Türme des barocken Stifts St. Florian am Horizont auf. Wer hier das Abenteuer Weitwandern bereits wieder beendet, kann mit dem Postbus in einer knappen halben Stunde bequem nach Linz zurückfahren. Wer weitergeht, hat sich hoffentlich eine Übernachtungsmöglichkeit gesucht und startet am nächsten Tag in die zweite Etappe, die bis Steyr führt. Dort wendet sich der Weg Richtung Süden und wird mit jeder Etappe alpiner. Die letzten Teile führen durch den Naturpark Ötscher-Tormäuer bis zur Basilika von Mariazell.

WANDERN, WO HUNDE WACHEN

Auf immer mehr Almen und Wiesen schützen wachsame Hunde Schafe und Rinder vor Wölfen und Bären.

Es ist ein kurzer, aber eindrucksvoller Auftritt im Kinderbuch »Sintinella und ihre tapferen Welpen«: Ein Wolf taucht am Waldrand auf. Die jungen Herdenschutzhunde erstarren. Wird der Wolf die Schafe fressen? Doch Tribolato, ihr erfahrener Vater, beruhigt sie: »Oft reicht es, wenn der Wolf merkt, dass wir hier sind.« Aufmerksam beobachten die Hunde – der Wolf zieht sich zurück, die Schafe sind in Sicherheit. Das von

Lifestock Protect herausgegebene Kinderbuch zeigt nicht nur, wie Herdenschutzhunde arbeiten, sondern vermittelt auch das Wesen dieser besonders wachsamen, aber prinzipiell friedfertigen Hunde – und nicht zuletzt, wie sich Menschen verhalten sollten, wenn sie ihnen beim Wandern oder Radfahren begegnen. Es erscheint in drei Sprachen. Insgesamt werden über den Almsommer 30.000 Exemplare verteilt, etwa vom österreichischen »Alpenver-

TEXT Thomas Weber

Wie verhalte ich mich richtig, wenn ich beim Wandern Herdenschutzhunden begegne? Antworten geben Schilder, aber auch 30.000 Kinderbücher, die der Alpenverein im Sommer verteilt.

ein« auf den von ihm betriebenen Berghütten. Aufklärung ist dringend notwendig. Wölfe breiten sich in Europa aus. Einzelne Tiere wandern Tausende Kilometer, um ein geeignetes Revier zu finden. Um Schafe, Ziegen und Rinder zu schützen, kommen neben Zäunen und HirtInnen immer öfter Herdenschutzhunde zum Einsatz. Dabei handelt es sich um hochgewachsene Hunde traditioneller Rassen, die seit Jahrtausenden gezüchtet werden, um Weidetiere zu verteidigen. Diese Hunde leben vom Welpenalter an dauerhaft als Teil ihrer Herde und bewachen diese eigenständig, rund um die Uhr und ohne Kommandos. Dabei erachten sie zwar Wolf und Bär, Luchs, Fuchs oder Goldschakal als Gefahr für ihre Schützlinge. Wanderern oder RadfahrerInnen gegenüber verhalten sie sich aber grundsätzlich friedfertig, diese wer-

den aufmerksam beobachtet – und dabei oft auch lautstark begrüßt. Die richtige Reaktion und der richtige Umgang mit den Hunden ist deshalb entscheidend. In der Schweiz, wo seit den 1990er-Jahre Herdenschutzhunde eingesetzt werden, werden BergsportlerInnen von der Fachstelle »Herdenschutz Schweiz« der landwirtschaftlichen Beratungszentrale Agridea umfassend informiert. An Weiden, Wanderwegen und wichtigen Weggabelungen weisen Schilder auf die Anwesenheit der Hunde hin. Auch Seilbahnen und Restaurants informieren. Online gibt es eine Karte mit aktuellen Einsatzgebieten.

»IM ZWEIFELSFALL KEHREN SIE UM.«

Besonders relevant sind diese Hinweise für WandererInnen mit Hund. Unbekannte Hun-

de lösen bei Herdenschutzhunden ein starkes Abwehrverhalten aus. Sie bleiben deshalb besser ganz zu Hause.

Empfohlene Verhaltensregeln im Fall einer Begegnung: Ruhig bleiben und langsam gehen, von Fahrrädern absteigen und diese schieben, Distanz zur Herde halten, Weidetiere oder Hunde keinesfalls aufscheuchen oder erschrecken, laut sprechen (um sich früh bemerkbar zu machen). »Wenn Herdenschutzhunde bellen, in Ihre Richtung rennen oder Ihnen den Weg versperren, bleiben Sie ruhig stehen und geben Sie den Hunden Zeit, die Situation einzuschätzen«, empfiehlt Herdenschutz Schweiz. »Fühlen Sie sich von einem Herdenschutzhund bedrängt, vermeiden Sie Augenkontakt, aber bleiben ihm zugewandt. Gehen Sie erst dann gemächlich weiter, wenn die Schutzhunde aufgehört haben zu bellen und Ihre Anwesenheit akzeptieren.« Ist das nicht der Fall, gibt es eine klare Empfehlung: »Im Zweifelsfall kehren Sie um.« Beruhigen sich bellende Hunde nicht, zieht man sich also nötigenfalls rückwärts zurück. »Normalerweise sind Herdenschutzhunde ungefährlich«, erklärt Felix Hahn von Herdenschutz Schweiz. »Respektieren wir aber bei einer Annäherung an eine geschützte Herde die allfälligen Warnsignale der Hunde nicht und passen unser Verhalten nicht an, so können sie auch zuschnappen«, sagt Felxi Hahn.

ZERTIFIZIERT WERDEN NUR FRIEDLICHE WACHHUNDE

In Österreich und der Schweiz werden Herdenschutzhunde auch offiziell zertifiziert (in Österreich vom staatlichen »Österreichzentrum Bär Wolf Luchs«). In Deutschland übernehmen das mehrere Zuchtverbände. Nur Hunde, die sich als wachsam und zugleich friedfertig bewähren, erhalten jeweils eine Zertifizierung. Auch die tapferen Welpen von Tribolato und Sintinella im Kinderbuch bereiten sich auf ihre große Prüfung vor. Tatsächlich zertifiziert ist trotzdem nur ein Bruchteil aller Hunde, die Herden begleiten. In Österreich gibt es rund 100 Herdenschutzhunde, meist auf eingezäunten Weiden. Zertifiziert wurde erstmals 2024 (14 Hunde). 2024 folgen weitere 18 Tiere. Ihre Zahl steigt, weil Herdenschutz immer wichti-

ger wird. Anders als in der Schweiz klären Tourismusverbände in Österreich aber noch kaum darüber auf, wie man sich gegenüber Hunden verhalten soll. NGOs wie der WWF, aber auch die »European Wilderness Society« sehen das als Ergebnis von Stimmungsmache einer radikalen, lautstarken Anti-Wolf-Lobby, die Herdenschutzmaßnahmen kategorisch ablehnt und bekämpft. »Auf immer mehr Almen werden Herdenschutzmaßnahmen umgesetzt«, weiß Max Rossberg von »Lifestock Protect«, einem von der EU geförderten Life-Projekt der European Wilderness Society. Kommunikationsbedarf sieht er besonders was die Wachhunde angeht. »Ähnlich wie bei Mutterkühen, ist eine gezielte Aufklärung entscheidend. Ein breites Informationsangebot auf Webseiten, Online-Wanderportalen und gedruckten Wanderkarten sowie in sozialen Medien und Infoveranstaltungen für Hoteliers kann TouristInnen dazu ermutigen, sich rücksichtsvoll in den Bergen zu verhalten.«

Dabei zeigen die jährlichen Berichte aus der Schweiz, dass Aufklärung wirkt: 2022 wurden 17 »Schnapp- und Beissvorfälle« registriert. Obwohl mehr und mehr Hunde im Einsatz sind und auch die Zahl der BergwandererInnen stark zunahm (2013–2021: +12,7 %), blieb diese Zahl stabil. Wer im Gebirge sicher unterwegs sein will, sollte nicht nur das Wetter im Blick haben, sondern auch das Verhalten von Herdenschutzhunden und Weidetieren einschätzen lernen.

Lifestock Protect von der EU geförderte LIFE-Projekt der European Wilderness Society, das die Akzeptanz und Umsetzungen von Herdenschutzmaßnahmen erhöhen und Konflikte zwischen ViehhalterInnen und Wölfen minimieren soll. Entwickelte u. a. eine Ausbildung für HirtInnen. Von Teilen der Landwirtschaft stark angefeindet. Kooperationspartner ist u. a. der österreichische Bioverband Bio Austria.

Verteilt zu Aufklärungszwecken30.000 Stück des Kinderbuchs »Sintinella und ihre tapferen Welpen«

DIE HÜRDE IST IM KOPF

Mithilfe von Förderungen integrieren Unternehmen Lastenräder in ihre Fuhrparks – und viele bleiben dabei.

Statt Autos Lastenräder einzusetzen, ist in der Praxis sowohl einfacher als auch komplizierter, als man annehmen könnte. Viele Unternehmen ziehen gar nicht in Betracht, das alternative Transportmittel in ihren Alltag zu integrieren – tun sie es, sollten sie sich damit auseinandersetzen, welche individuellen Anforderungen sie haben, welche Lastenrad-Modelle es gibt und welche davon am besten zum Einsatzzweck passen: Was ist zu transportieren? Wie sehen typische Strecken aus? Wer soll damit fahren? Vor allem, wenn Lieferungen und Transporte nicht das Kern-

geschäft eines Unternehmens ausmachen, sind Firmen und ihre Mitarbeitenden nicht daran gewöhnt, sich diese Fragen systematisch zu stellen. »Bei Branchen, die in Ballungsräumen liefern, sind Lastenräder angekommen«, ist Alec Hager, Geschäftsführer des Vereins »Die Radvokat:innen«, überzeugt. Servicedienstleister würden die Zwei- und Mehrräder derzeit noch viel seltener nutzen. ´Gemeinsam mit der Technischen Universität Wien, der Grazer Energieagentur, dem privaten Forschungsinstitut Faktum und dem Botendienst und Lastenradhändler Heavy Pedals als Projektpartner

TEXT
Martin Mühl

bilden die RadvokatInnen die Plattform »KlimaEntLaster«. Mit dem von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG geförderten Projekt »Antrieb« will man gemeinsam mehr darüber in Erfahrung bringen, was es braucht, damit Servicebetriebe auf das Lastenrad umsteigen oder dieses zumindest auch für ihre Wege nutzen. Dazu wurden Betriebe ausgewählt, die nun in der Praxis Lastenräder nutzen und testen, wo es Vorteile oder auch Hürden gibt.

AKTIVE MOBILITÄT

Die größte der Hürden ist allerdings, so viel kann Alec Hager heute sagen, im Kopf: Denn wenn Unternehmen ihren Fuhrpark einmal eingerichtet und sich an die Logistik mit Autos gewöhnt haben, liegt eine Umstellung auf andere Mobilitätsformen grundsätzlich nicht mehr so nahe, auch die auf Lastenräder nicht. Änderungen und Anschaffungen kosten Zeit und Geld – im laufenden Betrieb verringerte Kosten sind erst mit der Zeit spürbar, und eine umweltschonende Ausrichtung ist für viele schlicht nicht Priorität. Hinzu kommt, dass auch die MitarbeiterInnen einer solchen Umstellung teilweise kritisch gegenüberstehen: Nicht für alle ist aktive Mobilität als Teil des Arbeitsalltags ein Vorteil eines Arbeitsplatzes, sondern etwa die Notwendigkeit, sich mit Wind und Wetter zu arrangieren, eher eine Herausforderung. Gerade in Branchen mit Personalknappheit überlegen Dienstgeber womöglich trotz aller Vorteile zweimal, ob sie den MitarbeiterInnen das Dienstauto nehmen.

Ist der Wille aber grundsätzlich da, ist der Einsatz in der Praxis unterschiedlich mühelos: ElektrikerInnen oder InstallateurInnen zum Beispiel brauchen bei vielen Wartungstätigkeiten vergleichsweise wenig Gerätschaft und könnten sich mit dem Lastenrad entspannt durch die Stadt bewegen, während sie bei anderen Aufträgen viel Werkzeug und Material dabei haben müssen. Das Interesse aus diesen Branchen ist bisher dementsprechend gering.

UNTERNEHMENSKULTUR

Eines der Unternehmen, das beim Forschungsprojekt »Antrieb« mitmacht, ist die Wiener

»Bei Branchen, die in Ballungsräumen liefern, sind

Lastenräder angekommen. Servicedienstleister nutzen die Zwei- und Mehrräder noch viel seltener.

— Alec Hager, Verein »Die Radvokat:innen«

Filmproduktionsfirma TV Salon, die unter anderem die wöchentlich im ORF ausgestrahlte 5-minütige Sendung »Rund ums Rad« produziert. In einer Folge wurden Wiener Rauchfangkehrer begleitet, die aufs Lastenrad umgestiegen sind, und auch TV Salon selbst wurde von der erwähnten Organisation der RadvokatInnen auf deren Aktion Klimaentlaster aufmerksam gemacht. Nun testet man für ein Jahr den Einsatz von Lastenrädern für den Transport von Filmequipment bei Drehs in Wien. »Dass wir nun dort, wo es einfach geht, selbst mit dem Rad kommen, kommt bei den ProtagonistInnen der Sendung natürlich gut an«, lacht Martin Grabowski von TV Salon. Die Umstellung musste allerdings durchaus forciert werden: »Es

TV Salon produziert Beiträge über das Radfahren und dreht hier mit Rauchfangkehrern, die sich per Lastenrad durch die Stadt bewegen. Auch selbst nützt TV

Salon Lastenräder.

braucht anfangs Überzeugungsarbeit, weil das Lastenrad auch bei uns nicht in der Unternehmenskultur verankert ist«, erzählt Grabowski. Seine Kollegin Ronja Schistek, die sich auch von schlechtem Wetter nicht von der Fahrt mit dem Rad abbringen lässt, versteht, dass nicht alle KollegInnen etwa im Winter das Lastenrad nehmen wollen. Außerdem muss von Dreh zu Dreh kalkuliert werden, welche Vor- und Nachteile die Wahl des Transportmittels etwa bezüglich Fahrzeit oder auch Parkplatzsuche hat. »Gerade bei Drehs außerhalb der Stadt, in den Bundesländern, wäre das Lastenrad oft praktisch, weil die Drehorte immer wieder nicht mit dem Auto erreichbar sind«, gibt sie Einblick. Im Transporter des Unternehmens kann das Lastenrad derzeit aber nicht mitgenommen werden. Ob es nach der einjährigen Testphase weiter genutzt wird, muss erst evaluiert werden. Martin Grabowski ist aber überzeugt: »Viele UnternehmerInnen haben das Lastenrad nicht am Radar. Es ist überraschend, wie gut das funktioniert. Sobald man sich da-

»Wir möchten zeigen, was alles möglich ist – deswegen bemühen wir uns um ein möglichst buntes Bild mit vielen verschiedenen Einsatzgebieten.«
Jessica Gnant, Projektleiterin »Flottes Gewerbe«

Bei Tools at Work aus Wien ergänzt das Lastenrad den Fuhrpark nicht nur für jene, die keinen Führerschein haben.

mit auseinandersetzt, merkt man, was für eine Bereicherung das ist.«

VORTEILE AUSKOSTEN

Beim Wiener Apple-Händler und Servicebetrieb »Tools at Work« wurden Transporte meist mit Firmen-Pkw durchgeführt, erklärt Daniel Lugmayr, Spezialist für Video/Audio im Unternehmen: »Da wir meistens technisches Equipment transportieren, ist die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht immer möglich, obwohl wir an unserem Firmenstandort, quasi mitten in Wien, über gleich zwei U-Bahn-Anbindungen und eine nahe S-Bahn-Station verfügen.« Er hatte schon Erfahrung im Umgang mit Lastenrädern und war so einer der ersten, die nach dem Start der Kooperation mit Klimaentlaster die beiden verschieden großen Lastenräder in seinen Alltag integrierte. »Anfangs war es sehr wichtig, auszuprobieren, wie man mit den Bikes am besten fährt: Sie sind ja breiter und länger als herkömmliche Fahrräder. Auch die Radwege in Wien sind teilweise eine Herausforderung. Alte Abschnitte sind sehr schmal, oft gibt es Gegenverkehr. Aber wenn man umsichtig fährt, gewöhnt man sich schnell an das neue Fahrgefühl und kann die Vorteile

des Fahrradfahrens voll auskosten«, erinnert er sich. Positiv überrascht war er davon, wie groß der Stauraum der Räder ist, wie viel Equipment man unterbringt und wie problemlos die Räder trotzdem zu fahren sind. Daniel Lugmayr hat keinen Führerschein und kann dank der Lastenräder auf den Auto-Transfer durch seine KollegInnen verzichten – hier wurden vom Start weg Autofahrten eingespart. »Da wir hochsensible Technikteile transportieren, kann das aufgrund der Erschütterungsgefahr nicht ausschließlich mit dem Rad erfolgen. Aber in Summe gehen sich doch immer Fahrten aus, bei denen wir vom Auto auf das Lastenrad umsteigen. Natürlich ist die Witterung ein Thema, wobei unsere Lastenräder gut gegen Regen geschützt sind«, erklärt Lugmayr. Im kommenden Frühling will das Unternehmen die Nutzung der Lastenräder intern weiter voranbringen –vom Erfolg dieser Bemühungen wird dann auch abhängen, ob sich Tools at Work nach dem Testzeitraum selbst ein Lastenrad anschaffen wird.

NIEDERSCHWELLIGER EINSTIEG

Für »Cargobike.jetzt«, eine deutsche Agentur für die Verkehrswende, dreht sich alles um Mobilität mit Lastenrädern. Sie betreibt unter anderem Forschungsprojekte und Konferenzen und möchte das Lastenrad als »selbstverständliche Transportmöglichkeit« etablieren. Eine ihrer Initiativen, »Flottes Gewerbe«, wurde mit der Stadt Karlsruhe gemeinsam entwickelt und »gibt Betrieben die Möglichkeit, Lastenräder ohne Kaufdruck auszuprobieren«, erzählt Projektleiterin Jessica Gnant. Kommunen und Städte suchen im Rahmen des Projekts jeweils acht Betriebe, die sich für einen fünfwöchigen Testzeitraum bewerben, in dem sie nach einem Beratungsgespräch ein Lastenrad in der Praxis testen können. »Wir möchten dabei zeigen, was alles möglich ist, deswegen bemühen wir uns um ein möglichst buntes Bild mit vielen verschiedenen Einsatzgebieten«, informiert Jessica Gnant zur Auswahl der Betriebe. Teil von »Flottes Gewerbe« sind auch öffentliche Aktionstage, an denen besonders Unternehmen, aber auch alle anderen, die wollen, verschiedene Lastenräder kurz ausprobieren können. Dies gibt den Unternehmen einen breiteren Einblick in die Modellvielfalt. Ziel der Veranstaltung sind aber nicht unbedingt die Übernahme oder der Kauf eines Lastenrades, sondern der niederschwellige Einstieg in die Thematik und das Sammeln von Erfahrung.

DAS RICHTIGE RAD

»Die rollende Gemüsekiste« liefert biologisches Gemüse, Obst und andere Biolebensmittel in und um Augsburg. Im Sommer 2024 gab es von der Stadt Augsburg das Angebot, ein Lastenrad zu testen, für das sich das Unternehmen beworben hat. Man war interessiert, obwohl das Unternehmen

100 Kilometer mehr leiwand

Seit vier Jahren geht richtig was weiter. Wien baut mehr Radwege als je zuvor. Seit 2021 entstehen jedes Jahr rund 20 Kilometer. Gegen Ende 2025 werden knapp 100 km neuer Radwege und Fahrradstraßen gebaut oder auf den Weg gebracht sein. Das Ziel: Ein Radwegenetz ohne Lücken. Dem kommt die Stadt mit durchgängigen, mehrere Kilometer langen Radachsen, wie dem Radhighway Nord, der Fahrradstraße Argentinierstraße oder auch der Radverbindung West über Hütteldorferund Meiselstraße immer näher. Das Besondere an Wiens Radwege-Bau ist die Verbindung mit mehr Grün und besseren Bedingungen für die Fußgänger*innen. Neue Bäume und angenehmere Plätze gehören dazu. Wenn ich an den ersten Frühlingstagen die Argentinierstraße runterradle, wird das sichtbar – die Menschen begegnen sich mit einem Lächeln, Kinder spielen und Nachbarn plaudern. Und das ist einfach nur leiwand.

»Wien wird Schritt für Schritt besser«

— Martin Blum, Radbeauftragter der Stadt Wien

www.mobilitaetsagentur.at

bereits schlechte Erfahrungen mit einer Radkutsche gemacht hat, deren Speichen für das Mehrgewicht nicht ausgelegt waren und deswegen immer wieder repariert werden mussten. Dieses Vorwissen hat geholfen, das richtige Lastenrad für die fünfwöchige Testphase auszuwählen. Und: Dieses Mal lief alles problemlos, und seitdem sind die Mitarbeitenden durchgehend mit dem Lastenrad, das man aus dem Test übernommen hat, unterwegs. »Wir bringen von Montag bis Donnerstag Gemüsekisten zu PrivatkundInnen nach Hause, auf dem Stadtgebiet von Augsburg und darüber hinaus«, erklärt Hermann HaasHübsch, gemeinsam mit Carina Hahn in der Geschäftsführung der nun auch auf zwei Rädern rollenden Gemüsekiste. Eine der 15–17 Liefertouren pro Tag wird nun seit einigen Monaten mit dem Lastenrad gefahren. »Um ein Lieferfahrzeug-Tour mit rund 70 KundInnen zu ersetzen, sind drei bis vier Lastenradtouren nötig. Die 70 KundInnen können mit beiden Fahrzeugen an einem Tag beliefert werden. So setzen wir unser Lastenrad in der Regel vier Tage die Woche ein«, gibt Haas-Hübsch Einblick. Nach guten Erfahrungen möchte man dabei bleiben und das Lastenrad auch mittels Bran -

ding zu Marketingzwecken nutzen, weitere Lastenräder sind aber nicht geplant. Kürzlich hat das Unternehmen sich zwei Elektrotransporter gekauft und ist gerade damit beschäftigt, die Logistik auf diese umzustellen.

Castillo Dienstleistungen tauscht Wasserund Wärmezähler, Heizkostenverteiler oder auch Rauchmelder in Berlin und war lange Zeit in erster Linie mit dem Auto unterwegs, MitarbeiterInnen ohne Führerschein mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Im Rahmen des Forschungsprojektes »Ich entlaste Städte 2«, gefördert durch die deutsche Nationale Klimaschutzinitiative (NKI) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, bei dem Unternehmen Lastenräder und leichte, elektrisch betriebene Fahrzeuge (LEVs) zehn bis zwölf Monate testen, hat Castillo Dienstleistungen den Betrieb von Lastenrädern erprobt — und seitdem fix zwei Lastenräder im Einsatz. Transportiert werden damit Werkzeug und das gesamte benötigte Material. »Nicht nur für unsere beiden Kollegen ohne Führerschein sind die Lastenräder eine vollkommene Ergänzung«, erklärt Inhaber Kevin Joswig und ergänzt: »Der Einsatz ist so problemlos, wie wir uns das erhofft haben, und wir haben bestimmt schon 1500 Kilometer mit den Lastenrädern zurückgelegt, da wird auch längere Strecken damit zurücklegen.«

ERFAHRUNGSAUSTAUSCH

Nicht nur zwischen den deutschen und österreichischen Verbänden und Agenturen gibt es Erfahrungsaustausch über Ländergrenzen hinweg. Dieser hat gezeigt, dass die Unterstützung der Betriebe im Idealfall sehr breit ist: So gab es in Wien zwar bereits eine Ankaufförderung, aber keine Beratung darüber, welches Modell für einen Betrieb passend sein könnte. In Deutschland wurde regional beraten, aber der Kauf nicht gefördert. Und in Frankreich gibt es auch Förderungen für KundInnen, die den dezidierten Wunsch äußern, dass ihr Dienstleister sie mit dem Lastenrad beliefert. Um den betrieblichen Einsatz von Lastenrädern wirklich zu fördern, müssten die verschiedenen Ansätze kombiniert werden, ist Alec Hager überzeugt. Und: »Je mehr Anreize gesetzt werden, desto eher steigen Mitarbeitende auf das Lastenrad auf und um.«.

Oben: »Die rollende Gemüsekiste« ersetzt Autotouren in Augsburg mit dem Lastenrad. Unten: Bereits 1500 Kilometer hat »Castillo Dienstleistungen« in Berlin mit dem Lastenrad zurückgelegt.

DER WEG ZU DEINER OASE

Wie sich das Mikroklima im eigenen Garten beeinflussen lässt.

Trockene Winter, nasse Sommer; lange Hitzeperioden und Starkregen – im Garten bedeuten die sich verändernden klimatischen Verhältnisse neue Herausforderungen. Blüten, durch warme Perioden im Spätwinter herausgelockt, erfrieren bei nachfolgenden Niedrigtemperaturen. Hinzu kommen neue Schädlinge, die zudem die milden Winter überleben und alteingesessenen Pflanzen stark zusetzen. Aber es gibt Gestaltungsspielraum für HobbygärtnerInnen: das Aussetzen robuster Pflanzen und das Schaffen günstiger Bedingungen für Fressfeinde von Schädlingen sind die grundlegenden Maßnahmen, den Veränderungen zu begegnen. Zudem können durch Anpassungen der Gartenarchitektur die Auswirkungen klimatischer Veränderungen zumindest so weit abgefedert werden, dass Pflanzen und Garten Hitze und Starkregen eher überstehen. Gärten entwickeln ein eigenes Mikroklima. Ob dieses Hitze verstärkt oder abmildert, hängt von vielen Faktoren ab, die HobbygärtnerInnen beeinflussen können. Zehn Tipps für ein besseres Mikroklima im Hausgarten.

1. BÄUME UND STRÄUCHER PFLANZEN

Eine ausreichende Menge größerer Pflanzen im eigenen Garten zu pflanzen, ist der erste und vielleicht wichtigste Schritt für ein gutes Mikroklima im eigenen Garten. Denn Bäume und Sträucher sind nicht nur Schattenspender. Über

die Blätter verdunsten die Pflanzen Feuchtigkeit und kühlen so die Umgebungsluft ab. Die Wurzeln von Bäumen sorgen außerdem dafür, dass der Boden durchlüftet wird. Das wiederum wirkt sich positiv auf die Wasseraufnahmefähigkeit des Erdreichs aus: Bei Starkregen sickert das Wasser leichter in tiefere Erdschichten. Wichtig ist, bei der Auswahl der Pflanzen auch darauf zu achten, ob sie standortgeeignet sind und wie viel Pflege sie brauchen – in den Gartencentern gibt es zuhauf exotische Gewächse, die für heimische Tiere als Lebensraum unbrauchbar sind.

2. FÜR PFLANZENVIELFALT SORGEN

Eine Mischkultur bringt viele Vorteile. Unterschiedliche Pflanzen reagieren unterschiedlich auf Umweltbedingungen und haben unterschiedliche Bedürfnisse. Größere Pflanzen beschatten kleinere. Wenn viele unterschiedliche Pflanzen in einem Garten wachsen, ist es unwahrscheinlicher, dass sie alle einem Extremwetterereignis zum Opfer fallen. Gewächse, die beispielsweise mit großer Hitze besser zurechtkommen, sorgen durch Beschattung dafür, dass die Voraussetzungen für Pflanzen mit niedrigerer Wuchshöhe sich verbessern. Pflanzenvielfalt sorgt außerdem für Insektenvielfalt.

3. WASSERSTELLEN SCHAFFEN

Die Anlage eines Teiches ist eine große Veränderung fürs Mikroklima im Garten. Das verduns-

TEXT

Simon Loidl

Klimafitte Bäume und Pflanzen

Bäume und Sträucher, die ursprünglich vorwiegend in südlicheren Breitengraden heimisch waren, kommen mit höheren Temperaturen gut zurecht. Beispiele hierfür sind Silberlinde, Zerreiche, Zürgelbaum oder Mispeln, unter den Strauchpflanzen Sanddorn und Liguster.

belohnt.

Vielfalt für Schmetterlinge

Die Anwesenheit von Schmetterlingen ist ein gutes Zeichen, denn sie brauchen Pflanzenvielfalt. Je größer die Auswahl an Nektarblüten, desto mehr Falter tummeln sich im Garten. Aber auch die Raupen brauchen Nahrung. Viele Arten mögen Brennnesseln, Klee oder Löwenzahn. Wer sich erkundigt, welche in der Region lebenden Arten einen ausgefalleneren Speiseplan haben, kann besonders entscheidend zum Erhalt dieser Art beitragen.

tende Wasser kühlt die Umgebung ab. Wasserpflanzen verstärken diesen Effekt. Für Vögel, Kleintiere und Insekten ist ein Teich außerdem eine Trinkstelle. Für die Tiersicherheit sollte man allerdings darauf achten, dass es Ausstiegshilfen gibt.

Einen Teich anzulegen, ist aufwendig; fehlt die Möglichkeit dazu, sollte man zumindest in Tonnen oder anderen größeren Gefäßen Regenwasser sammeln. Damit spart man beim Gießen kostbares Trinkwasser. Um zu vermeiden, dass sich Regenwassertonnen zu Brutstätten für Stechmücken entwickeln oder Tiere ins Wasser fallen, sollte man diese abdecken.

4. EINEN HÜGEL ANLEGEN

Eine weitere Möglichkeit, das Mikroklima zu beeinflussen, ist es, Hügel und Senken anzulegen, in denen sich bei Regen Wasser sammelt und länger gespeichert wird. Es entstehen windund sonnengeschützte Stellen und exponiertere. Hier sollte man robustere Pflanzen setzen, sie

schützen empfindlichere Gewächse in den geschützten Senken zusätzlich vor der Witterung.

5. EIN KRATERBEET BAUEN

Die Alternative zum Bau eines Hügels oder dem Graben von Senken ist ein Kraterbeet: eine größere Mulde mit einer kuppelförmigen Struktur – quasi ein umgekehrter Hügel. Die Pflanzen wachsen in der Mulde, die den Regenabfluss fördert, für eine gute Belüftung der Wurzeln sorgt und vor Wind schützt. Optimal ist es dann angelegt, wenn die Pflanzen abhängig von ihren Lichtbedürfnissen höher oder tiefer im Beet gesetzt werden. Gut angelegte Kraterbeete sorgen dafür, dass im Inneren der Mulde bei Hitze wie Kälte die Temperatur etwas moderater ist als außerhalb des Beetes. Deckt man den Krater ab, ist er zudem als Frühbeet geeignet. Der Durchmesser eines Kraterbeets sollte mindestens zwei Meter betragen, die Mulde etwa 20 Zentimeter. Um den Krater aufgeschlichtete Steine sorgen für zusätzlichen Schutz der Pflanzen.

6. WILDNIS ZULASSEN

Ein gepflegter Rasen sieht nicht nur langweilig aus, sondern ist auch gegen Trockenheit wenig widerstandsfähig. Das Gras hat nur sehr kurze Wurzeln und muss ständig gegossen werden. Wiesengräser und Wildblumen hingegen wurzeln viel tiefer. Das hat zwei Vorteile: Diese Pflanzen überstehen heiße und trockene Phasen besser. Außerdem schützen die Wurzeln der wilden Pflanzen den Boden bei Starkregen vor Erosion.

7. MULCH AUSBRINGEN

Mulch schützt den Boden vor dem Austrocknen wie auch gegen Erosion. Insbesondere rund um Pflanzen empfiehlt es sich deshalb, eine Mulchschicht auszubringen. Es muss nicht unbedingt Rindenmulch sein. Auch Grünschnitt oder Laub können als Bodenbedeckung verwendet werden. Für Regenwürmer, Käfer, andere Tiere und auch Mikroorganismen bietet Mulch außerdem optimalen Lebensraum. Diese sorgen wiederum für einen gut durchlüfteten Boden und dienen größeren Tieren als Beute.

8. BODEN UND WEGE ENTSIEGELN

Ein Garten sollte im besten Fall keinen versiegelten Boden haben. Und doch sind in vielen Hausgärten zumindest Teile der Flächen betoniert. Diese sollten nach Möglichkeit entfernt

Wer den Mut hat, eine Rasenfläche abgesehen von regelmäßiger Mahd für eine Weile sich selbst zu überlassen, wird nach Kurzem

oder zumindest entschärft werden. Auch kleine versiegelte Flächen wie betonierte oder geschotterte Wege wirken sich negativ auf das Mikroklima eines Gartens aus. Wer auf einen befestigten Weg nicht vollständig verzichten will, kann auf halboffene Varianten setzen, die wasserdurchlässig sind und in deren kleinen Zwischenräumen Moose, Gräser und Kräuter wachsen können.

9. KOMPOSTHAUFEN ANLEGEN

Den Nutzen eines Komposthaufens muss man HobbygärtnerInnen nicht erklären. Kompostierbare Abfälle können hier bequem entsorgt werden, und der dabei entstehende Humus ist die nährstoffreiche Erde, die Pflanzen am besten gedeihen lässt und überall im Gartenboden für verbesserte Wasserhaltefähigkeit sorgt.

10. ORTE FÜR INSEKTEN SCHAFFEN

Manche Insekten sind GärtnerInnen willkommener als andere. Prinzipiell sind sie aber natürlich essenziell für eine gesunde Pflanzenwelt auch im Garten. Deshalb sollte man Orte schaffen, wo sie sich in Vielfalt ansiedeln können. Dafür kann man Insektenhotels kaufen oder basteln oder in einer Ecke des Gartens etwas Totholz liegen lassen. Hier siedeln sich Käfer, Würmer und andere GartenbewohnerInnen am liebsten an. Auch für Vögel, Eidechsen oder Igel sind solche Stellen optimal. Für im Boden nistende Bienen und andere Insekten sollte man auch erwägen, kleine Sand- oder Lehmstellen anzulegen – möglichst an einer trockenen und sonnigen Stelle im Garten.

geht auch anders!

Johannes Gutmann, SONNENTOR Gründer

Schirm ade –

Baum juche!

Warum ich lieber im Schatten eines Baumes sitze als unter einem Sonnenschirm? Ganz einfach: Setz dich mal unter das Geäst und spür die kühle Luft. So einfach kannst du Mikroklima selbst erleben. Also bitte lieber zwei Mal nachdenken, bevor im Garten die Motorsäge ausgepackt wird – ein Baum braucht locker 30 Jahre, bis er derartige Power entwickelt. Außerdem gut fürs Mikroklima: ein Tümpel im Garten oder ein Mini-Teich auf dem Balkon – der ist aus einem alten Gefäß im Nu selbst gebastelt. Jede noch so kleine Lacke macht einen Unterschied!

Bei uns am SONNENTOR Frei-Hof läuft’s Regenwasser vom Dach in einen Teich – und wenn der übergeht, weiter in die Wiese. So haben wir ein Feuchtbiotop geschaffen. Da summt und brummt’s, dass dir’s Herz aufgeht! Insekten, Vögel – hier fühlen sie sich wohl.

Und der Boden? Hört’s auf mit dem Schotterwahnsinn, der Boden gleicht sonst im Sommer ja dem einer heißen Bratpfanne! Die Erde soll atmen können! Wir mulchen am Frei-Hof mit Kräuterstängeln, die bei der Produktion abfallen – das schützt vorm Austrocknen und fördert das Bodenleben. Geht im Topf auf dem Balkon genauso!

Wenn du mehr Inspiration für die Nutzung natürlicher Kreisläufe suchst, besuch unseren Naturgarten voller Biodiversität am Frei-Hof im Waldviertel. Die Natur hat’s eh schon erfunden, du musst nur nachhelfen. Trau dich!

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Sanddorn widersteht Hitze und Frost.

GROSSER TAG –KLEINER FUSSABDRUCK

Vermeintlich notwendige Hochzeitsusancen –und ihre Vermeidung.

Wer heiratet und es nicht radikal spartanisch angeht, hat einiges zu organisieren, unter Umständen auch tief in die Tasche zu greifen. Vom Hochzeitskleid übers Festbuffet bis zur Hochzeitsreise kostet alles Geld. Und am Ende stellt sich heraus, dass die ganze Festlichkeit in ökologischer Hinsicht katastrophal ist. Mit etwas Planung und ein bisschen Nachdenken lässt sich der Fußabdruck auch einer großen Hochzeitsgesellschaft deutlich verringern – und eine Menge Geld sparen.

KLEIDER UND ANZÜGE

Kleidung für einen Tag – ein weniger nachhaltiger Kauf ist kaum denkbar. Wer nun versucht, aufgrund der kurzen Einsatzzeit von Hochzeitskleid und -anzug sehr preisgünstig einzukaufen, landet schnell bei in der Produktion wie im Gebrauch umweltschädlicher Fast Fashion, die oft auch unter menschenunwürdigen Bedingungen

hergestellt wurde. Die Alternative lautet Erbstücke aus dem Kasten holen oder die verheirateten FreundInnen fragen, ob sie bereit zum borgen sind. Außerdem gibt es inzwischen auch vielfältigere Möglichkeiten, sich das Hochzeitsgewand bei einem professionellen Verleih zu borgen – das spart Platz, denn schließlich tragen die meisten, selbst wenn mehrfach geheiratet wird, ein Hochzeitsensemble nur ein Mal im Leben. In der Regel bewegen sich die Mietpreise bei Hochzeitskleidern bei etwa 50 Prozent des Kaufpreises, bei Anzügen kommt man noch deutlich günstiger weg.

ESSEN UND TRINKEN

Am Ende ist es immer zu viel. Deshalb ist es sinnvoll, den zentralen Teil jeder Hochzeitsfeier von Beginn an genau zu planen. Es kommt nicht nur darauf an, was gegessen wird, sondern auch darauf, wie treffsicher Mengen kal-

kuliert werden. Mittlerweile ist ins Bewusstsein der meisten Menschen vorgedrungen, dass die Verschwendung von Lebensmitteln ein gesellschaftliches Problem ist. Deshalb darf man auf Verständnis dafür setzen, wenn das Buffett zu irgendeinem Zeitpunkt auch mal leer ist. Will man das nicht, sollte zumindest für plastikfreies Verpackungsmaterial gesorgt werden, in das die ausdauerndsten Partygäste am Ende noch Reste fürs Frühstück einpacken können. Regionale, biologisch erzeugte Lebensmittel beim Hochzeitsschmaus sorgen dafür, dass die Verpflegung erheblich nachhaltiger ist. Denn biologische Produktion verbessert die CO2-Bilanz der landwirtschaftlichen Produktion, vor allem aber sorgt sie nachweislich für lebendigere Böden und belastet Luft, Gewässer und unsere Nahrung nicht mit Präventiv-Antibiotika und chemisch-synthetischen Spitz- und Düngemitteln. Wenn Fleisch und Fisch allenfalls in Nebenrol-

len vorkommen, ist die Klimabilanz gleich nochmal ehrheblich verbessert.

Übrigens gilt auch für den Blumenschmuck: Wenn nur der Händler in der Region gesucht wird, die Blumen aber in anderen Teilen Europas oder der Welt unter massivem Pestizideinsatz produziert wurden – was leider der Normalfall ist –, haben sie eine verheerende Ökobilanz. Glücklicherweise gibt es inzwischen Bioblumen und immer häufiger auch auf bioregionale Produktion spezialisierte Blumenhändler und FloristInnen.

25 AUTOS

Die Anreise von Hochzeitsgästen belastet das Klima. Je größer die Hochzeitsgesellschaft ist und je weiter die zurückgelegten Wege sind, desto mehr CO2-Ausstoß verursacht die Anreise zur Feier. Ein Rechenbeispiel für 50 mit dem Auto anreisende Gäste macht dies deutlich. Wenn diese 50 Personen sich auf 25 Autos verteilen und eine durchschnittliche Anreisestrecke von hundert Kilometern haben, lässt sich mithilfe von Online-CO2-Rechnern Folgendes ermitteln: Jedes Verbrennerauto stößt bereits bei der Anreise im Schnitt 23 Kilogramm CO2 aus. Für Hinund Rückfahrt ergibt sich bei 25 Verbrennern ein Ausstoß von mehr als einer Tonne CO2. Um klimaneutral zu leben, darf eine Person nicht mehr als 0,6 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr verursachen. Rechnet man den CO2-Verbrauch bei der Anreise der Gäste dem heiratenden Paar zu, dann hat dieses an ihrem schönsten Tag die genannte maximal verträgliche Jahresmenge an CO2 bereits fast zur Gänze verbraucht. Um dies zu vermeiden, sollte der Ort der Feierlichkeit so gewählt werden, dass die Anreise für alle Beteiligten möglichst kurz und mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewältigen ist. Auf letzteres sollte man die Gäste auch hinweisen.

GOLD UND DIAMANTEN

Eheringe aus Gold und diamantenbesetzter Hochzeitsschmuck sind nie aus der Mode gekommen. Dabei kann man mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass keines der beiden Materialien in ökologischer und sozialer Hinsicht nachhaltig gewonnen werden kann. Diamanten lückenlos zurückzuverfolgen ist schwierig. Das liegt daran, dass Diamanten zwischen Abbau und Verkauf an den Endkunden so oft die

Alter bei der Hochzeit

Wie alt Menschen sind, wenn sie heiraten, hängt davon ab, wo sie leben. In ärmeren Weltregionen liegt das Durchschnittsalter für Frauen bei knapp über 20 Jahren, Männer heiraten etwas älter. In Mitteleuropa steigt das Heiratsalter ständig und liegt derzeit für Frauen bei knapp über und bei Männern bei Mitte 30.

DIE BILLIGSTE VARIANTE

Wer es einfach, günstig und garantiert nachhaltig haben will, geht aufs Standesamt. Für eine Eheschließung oder Verpartnerung benötigt man auf der Behörde nicht mehr als ein paar Dokumente.

In Österreich sind ein Staatsbürgerschaftsnachweis und ein amtlicher Lichtbildausweis mitzubringen. In Deutschland brauchen die Heiratswilligen einen Auszug aus dem Geburtenregister, eine Meldebescheinigung sowie einen Ausweis. Für die Ausstellung einer Eheurkunde verlangen die Berliner Standesämter zwölf Euro – jedes weitere Dokument kostet sechs Euro. In Wien ist eine standesamtliche Trauung oder Verpartnerung ab 70 Euro zu haben. Dafür gibt es laut der Homepage der Stadt Wien einen besonderen Service: »Jedes Standesamtsreferat verfügt über eine Partybox«, mit der mitgebrachte Musik abgespielt werden kann – und das »kostenlos«, wie extra angemerkt ist.

Ein Drittel lässt sich scheiden 2023 heirateten in Österreich 45.855 Paare, 14.721 Paare ließen sich scheiden. 1955 PartnerInnenschaften wurden eingetragen und 181 aufgelöst. In Deutschland gab es im selben Jahr 360.979 Eheschließungen und 129.008 Scheidungen.

Hände wechseln, dass ihre Herkunft in vielen Fällen trotz Zertifikaten verschleiert ist. Technische Lösungen – etwa Gravuren oder Hologramme in Diamanten – werden immer wieder diskutiert, wurden aber bislang noch nicht umgesetzt. Wer dennoch nicht auf Diamanten verzichten will, kann auf Gebrauchtschmuck zurückgreifen. Eine weitere Möglichkeit sind Labordiamanten. Künstlich hergestellte Edelsteine haben nicht nur den Vorteil, dass ihre Herstellung sozial und ökologisch nachhaltiger ist – sie sind auch weit billiger als herkömmliche Diamanten.

Goldabbau wiederum hat in ökologischer Hinsicht in jedem Fall negative Auswirkungen. Das Edelmetall wird am häufigsten mithilfe von

Quecksilber oder Cyanidlaugen aus dem Gestein gelöst. Dabei entstehen nicht nur gesundheitsgefährdende Dämpfe und Abfälle, sondern auch große Mengen an Giftmüll. Luft, Boden und Gewässer werden verschmutzt, die Gesundheit der GoldarbeiterInnen ist stark gefährdet. Einige Hersteller von Goldschmuck sind auf Recyclinggold spezialisiert. Dieses wird aus alten Stücken ebenso gewonnen wie aus Zahngold oder anderen nicht mehr verwendeten Goldgegenständen. Für Recyclinggoldschmuck wird also kein Gold abgebaut, sondern bereits vorhandenes zu neuem Glanz gebracht. Die Umweltzerstörung für das Produkt ist hier also schon etwas länger her – da es für Gold immer Nachhfrage gibt ist es Abwägungssache, ob man Recyclinggold bevorzugt.

HEIZPILZE UND ELEKTROSTRAHLER

Der klassische Monat zum Heiraten ist der Mai –deshalb sind an diesen Wochenenden alle Locations lange vorher ausgebucht. Nun spricht nichts dagegen, auf einen anderen Monat auszuweichen. Im Sommer funkt die Urlaubsplanung dazwischen. Bleibt die kühlere Jahreszeit. Wer dann den Gästen den Aufenthalt im Freien durch Heizpilze oder Strahler ermöglichen will, sollte sich das zweimal überlegen. Der Verbrauch aller Außenheizgeräte ist bei geringer Heizwirkung sehr hoch – mit anderen Worten: es ist Energieverschwendung. Gasbetriebene Heizpilze haben zudem einen hohen CO2-Ausstoß. Eine 11-Liter-Flasche Flüssiggas setzt etwa 20 Kilogramm CO2 frei. Würde man beispielsweise drei Heiz-

pilze über einen Zeitraum von sechs Stunden betreiben und dabei die drei Flaschen jeweils zu etwa einem Viertel leeren, würde man dabei insgesamt 15 Kilogramm CO2 freisetzen. Man sollte also einfach damit rechnen, dass das Wetter nunmal auch kalt oder regnerisch ausfallen kann, und sich damit abfinden. Drinnen ist es dann eh gemütlicher. Mit Zurverfügungstellung von ein paar gut waschbaren Decken und einem Hinweis darauf auf der Hochzeitseinladung ist man aus dem Schneider.

IM CHINESISCHEN STIL

Hochzeiten sind teuer. Beim Essen oder bei der Location will kaum jemand sparen, noch weniger bei Kleidung und Schmuck. Bei der Dekoration darf es aber schon ein bisschen billiger sein. Trash ist in, und online ist dieser am billigsten zu haben. Bei chinesischen Onlinehändlern wie Temu gibt es fast alles zu unschlagbaren Preisen. Temu versendet per Flugzeug, weshalb es besonders schnell geht – und besonders klimaschädlich ist. Per Flugzeug versendete Waren weisen einen höheren CO 2-Abdruck als etwa per Container verschiffte Waren auf. Allerdings wäre der Verzicht auf Wegwerfdeko aus Plastik ohnehin die bessere Variante. Die Alternativen liegen auf der Hand: Ausleihen, Secondhandkauf oder selber basteln – am besten aus Naturmaterialien, jedenfalls nicht mit Bastelbedarf und Glitzer aus Polyester.

HOCHZEITSREISE

Die Flitterwochen an exotischen Stränden zu verbringen, ist immer noch weit verbreitet. Dabei sind die Fakten klar: Fliegen ist die mit Abstand klimaschädlichste Art des Reisens. Wer darauf trotzdem nicht verzichten will, sollte zumindest eine kurze Reise vermeiden und die Hochzeitsreise mit einem längeren Urlaub verbinden. Die Flitterwochen könnten aber auch der Anlass dafür sein, mal etwas Neues auszuprobieren und mit Zug, Fahrrad, Schiff oder zu Fuß zu verreisen. Wer auf manche traditionelle oder eingebildete Konventionen verzichten kann, heiratet oft günstiger, stressfreier und vor allem nachhaltiger. Viele Bräuche machen vielleicht gar niemandem besondere Freude – und sind somit einfach verzichtbar. Andere können etwas adaptiert werden, um schonender für Umwelt und Geldbörse auszufallen. Bestimmte Kleidung oder Dekoration sind eher gesellschaftliche Erwartungen als echte Notwendigkeiten. Opulente Feste sind auch ohne endlos Plastikmüll und Autokilometer möglich – und wer sich auf das für ihn Wesentliche konzentriert, erlebt vielleicht ohnehin eine entspanntere Feier – und schont dabei auch die Umwelt.

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GEGEN FAST ALLES IST EIN ÖL GEWACHSEN

Körperöle sind Klassiker. Für die empfindlichere Gesichtshaut lohnt es sich, sich über die unterschiedlichen Stärken der Öle zu informieren. Und darüber, welches Öl zu welchem Hautbedürfnis passt.

bluvion

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Gesichtsöl

Die Lustenauer von /bluvion/ produzieren mit wenigen Zutaten handgemachte Naturkosmetik – vieles davon in zertifizierter Bioqualität (Austria Bio Garantie), so auch dieses Gesichtsöl, das sich besonders zur Pflege von unreiner Haut eignet. Neben den Klassikern Sonnenblumenöl, Argan-, Wildrosen- und Jojobaöl sind auch Kamille und Sanddornfruchtfleisch enthalten. Letzteres verleiht der Formulierung seinen unverwechselbaren Duft. Enthält Bienenwachs. Vegan. bluvion.com

bioemsan kao:tsuki

Gesichtsöl Wildrose

Es handelt sich hier nicht um pures Wildrosenöl, sondern um Sonnenblumenöl, dem ein ausgeklügelter Mix aus Ölen und Auszügen von unter anderem unterschiedlichsten Rosenbestandteilen hinzugefügt wird. Soll die Haut nähren und schützen, vor allem

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BILD

BIORAMA / Stefan Staller

trockene. Ist so luxuriös versorgt. Fast genauso kaufentscheidend wie das Hautgefühl, das das Öl langfristig hinterlässt, ist allerdings der Duft. Biozertifiziert nach Austria Bio Garantie. Hergestellt in Oberösterreich.

Irina Zelewitz

Farfalla Gurkensamen

Bio-Pflegeöl

Ein unauffälliger Tausendsassa für jede Haut. Kühlend und beruhigend bei unreiner Haut, feuchtigkeitsspendend bei trockener Haut, bindegewebsfestigend bei reifer Haut soll das hier pur angebotene Gurkensamenöl wirken. Hinterlässt keinen Fettglanz. Hergestellt in der Schweiz, Natrue-organic-zertifiziert. Vegan. arfalla.ch

Primabene Neemöl

Bio

Hobbygärtnerinnen kennen Neemöl (auf Deutsch eigentlich Niemöl) aufgrund seiner insektiziden Wirkung. Es wirkt allerdings auch fungizid und antibakteriell – und wird in der Kosmetik unter anderem bei Problemen mit Mitessern und Hautunreinheiten eingesetzt. Hier pur, um es Pflegeölen wie Jojoba- oder Arganöl – nicht zuletzt wegen des Geruchs in kleinen Mengen – zuzusetzen. Hergestellt, also abgefüllt und nach Austria-Bio-Garantie zertifiziert, in Kärnten. Vegan. primabene.at

Dr.

Scheller Reines Arganöl

Haut & Haar

Fördert die Hautelastizität, eignet sich nicht nur für jeden Hauttyp, sondern auch zur Pflege besonders trockener Haare oder Haarspitzen. Aufgrund seiner guten Verträglichkeit wird es häufig auch bei empfindlicher, chronisch trockener Haut, Hautkrankheiten und Ekzemen empfohlen. In Deutschland hergestellte Biokosmetik, Natrue-zertifiziert.

dr-scheller.com

Dr. Hauschka Gesichtsöl

Regulierende Tagespflege

Ausgleichendes Öl für ölige und unreine Haut. Der Grundgedanke auch hier: Das Öl soll die bei fettiger Haut übermäßige Ölproduktion der Haut reduzieren. Zusätzlich unterstützen sollen das unter anderem Karotte, Mandelöl,

Ringelblume und ein Auszug aus Neemblättern. Im Bild in der schnell aufgebrauchten Fünf-Milliliter-Packung. Nach Natrue-Standard zertifizierte Naturkosmetik aus Deutschland. hauschka.com

#Ludwig2025

EIERKRISE IN EUROPA

Dass Eier derzeit weltweit Mangelware sind, liegt an der Geflügelpest (»Vogelgrippe«) und an europäischen Klimaschutzmaßnahmen.

Eier führen selten zu außenpolitischen Verwerfungen. Zu Redaktionsschluss beschäftigte die Weltöffentlichkeit eine Bitte des US-Präsidenten: Donald Trump bat einige europäische Länder um höhere Eierexporte. Die Vogelgrippe hatte in den USA zu einer Eierknappheit geführt, der dadurch gestiegene Eierpreis ihn innenpolitisch unter Druck gebracht. Als erstes Land sicherte die Türkei zu, 420 Millionen Eier zu liefern. Auch in Europa ist die anzeigepflichtige Infektionskrankheit gerade wieder ein Thema. »In zahlreichen Geflügelbetrieben kam es zu massiven Bestandsverlusten«, sagt Martina Rittsteuer, stellvertretende Geschäftsführerin von Geflügelwirtschaft Österreich. Betriebe mussten Tie-

re keulen und durften erst nach umfangreichen Hygienemaßnahmen wieder produzieren. Besonders betroffen waren osteuropäische Länder, wo sich das Virus großflächig ausbreitete. »Dies führte zu einem drastischen Rückgang der Eierproduktion und einer erheblichen Verknappung von Importware«, sagt die Branchenvertreterin. Zusätzlich machen hohe Kosten für Stallbau, Futter und Löhne den Einstieg in die Eierproduktion unattraktiv. Auch Hühner sind teurer geworden. »Vor fünf Jahren kostete eine konventionelle Henne in Deutschland fünf Euro«, sagt Hans-Peter Goldnick, der Präsident des Zentralverbands der deutschen Geflügelwirtschaft und Vorsitzende des Bundesverbands Ei, »durch den Ausstieg aus dem Kü-

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Thomas Weber

»In Holland hat der Staat Legehennenbetriebe aufgekauft, um sie zu schließen, da man die Tierhaltung reduzieren will. Das betrifft zwei bis drei Millionen Hennen «

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Seit 2005 müssen frische, in Schale verkaufte Eier EUweit mit einem Erzeugercode versehen sein. Dieser zeigt Haltungsform, Herkunft und Produktionsbetrieb an. 0 steht dabei für biologische Haltung, 1 für Freilandhaltung, 2 für Bodenhaltung und 3 für Käfighaltung.

Länderkürzel wie DE oder AT kennzeichnen z. B. Deutschland oder Österreich als Herkunftsland.

Pro-Kopf-Verbrauch

In Deutschland isst jedeR BürgerIn pro Jahr 236 Eier, in Österreich 248 (beide Zahlen: 2023). Tendenz da wie dort steigend. Nicht berücksichtigt wird dabei das von der Lebensmittelindustrie verarbeitete Flüssigei.

kentöten, den Getreidepreis und die Inflation kostet eine Henne heute zehn Euro.« Die Folge: Hühner werden länger in Produktion gehalten, um sie wirtschaftlich über einen längeren Zeitraum abzuschreiben. Statt wie früher zwölf Monate bleibt eine Henne heute bis zu 20 Monate lang im Einsatz. »Junge Hennen legen aber mehr Eier«, erklärt Goldnick. So sinkt die Eierproduktion trotz gleichbleibender Platzzahlen.

DER HYPE UM DAS EI

Auch das Image des Eis hat sich gewandelt. Galt es früher als Cholesterinbombe, wird es heute als Eiweißquelle und »Superfood« gegessen. »Es ist ein Hype um Eier entstanden«, sagt Goldnick. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland ist um acht Eier gestiegen. »Das sind in Summe 240 Millionen Eier, für die es 2,2 Millionen Hennen bräuchte«, so der Experte. Auch Klimaschutzmaßnahmen verschärfen die Lage. »In Holland hat der Staat Legehennenbetriebe aufgekauft, um sie zu schließen, da man die Tierhaltung reduzieren will«, so Goldnick. »Das betrifft zwei bis drei Millionen Hennen.« Dass die Niederlande nur noch für den Eigenbedarf produzieren, wirkt sich auf den deutschen Markt aus. Bislang wurde ein Viertel der

von den Deutschen gegessenen Eier importiert. Diese Mengen fehlen nun.

Verschärft wird die außergewöhnliche Knappheit nun durch das Ostergeschäft. Die Eierfärbeindustrie hat große Mengen am Spotmarkt eingekauft, um die Eier zu kochen und zu färben. »Dadurch fehlen für etwa 14 Tage Eier am Markt«, weiß der Verbandssprecher und erklärt weiter: »In einem ohnehin unterversorgten Markt entsteht ein Vakuum.«

BIO IST ANDERS.

Der Biomarkt ist von solchen Entwicklungen weniger betroffen. Es gibt keine vergleichbare Eierfärbeindustrie. Auch ist der Hype um das »Superfood Ei« kein Hype um das Bioei. KonsumentInnen, die Wert auf besonders proteinreiche Lebensmittel legen, sind mehrheitlich keine BiokäuferInnen. Zudem funktioniert der Biomarkt insgesamt anders. »Auf dem freien Markt gibt es de facto keine Bioeier«, sagt Goldnick. »Die meisten BioproduzentInnen haben längerfristige Verträge mit dem Handel.«

Das bestätigt Spar Österreich. Genau wie Rewe Österreich und Hofer hat sich der Handelskonzern verpflichtet, ausschließlich einheimische Eier zu verkaufen. Um ausreichend Ware zu haben – besonders bei Bio gibt es derzeit Engpässe – sei »der persönliche Kontakt mit den LandwirtInnen und eine faire Partnerschaft besonders wichtig«, sagt Spar-Sprecherin Magdalena Gottschall.

Eine erste Entspannung erwartet die Branche nach Ostern, bis Jahresende werde es aber keine signifikanten Überschüsse geben, sagt Jens Eipper, Verkaufsleiter beim oberösterreichischen Eiermacher: »Preissenkungen sind daher nicht zu erwarten.« Auch in Deutschland würde der Markt mehr Bioeier vertragen. Doch laut Markus Fadl vom Verband Naturland fehlt es teilweise an Motivation zur Umstellung auf Bio: »Konventionelle Freilandeier werden aktuell gut bezahlt.«

Für die US-Exporte spielt Bioqualität keine Rolle. Sollte Europa im großen Stil Eier in die USA exportieren, wären das – ökologisch besonders bedenklich – konventionelle »Flugeier«. Frische Eier würden in Containern verderben. Mit dem Schiff kämen beim US-Präsidenten nur noch faule Eier an.

VON KINDERN EMPFOHLEN

Auf Youtube präsentieren junge InfluencerInnen ungesunde Lebensmittel.

Wenn Prominente werben, entsteht bei potenziellen KonsumentInnen Vertrauen in ein Produkt oder eine Marke. Das nutzt die Werbeindustrie seit Jahrzehnten. Durch professionelle InfluencerInnen ist dieses Marketingprinzip auf Social Media allgegenwärtig. Ausgehend von der Beobachtung, dass jugendliche InfluencerInnen häufig Energydrinks, Eistees oder Süßigkeiten präsentieren, hat sich eine Forschungsgruppe der Medizinischen Universität Wien zusammen mit Kolleginnen aus Großbritannien mit dem Phänomen, das sie als »Child Influencer« bezeichnet, und deren Inhalten auf Youtube beschäftigt. Die Wissenschaftlerinnen wollten Gemeinsamkeiten oder typische Merkmale untersuchen, um zu erfassen, wie Kinder und Jugendliche auf der Plattform Lebensmittel präsentieren und einzuschätzen, welchen potenziellen Einfluss dies auf das junge Publikum hat. Für die Studie wurden InfluencerInnen nach folgenden Kriterien ausgewählt: Sie mussten mehr als 50.000 Follower haben und deutschsprachige Inhalte für Kanäle produzieren, die sich direkt an Kinder und Jugendliche richten. Die HauptmoderatorInnen

der Kanäle mussten zudem unter 16 Jahre alt sein. Die Autorinnen identifizierten nach diesen Kriterien sieben relevante Youtube-Kanäle. Für die Studie analysierten sie 162 Videos mit einer Gesamtlänge von knapp 34 Stunden. In 66,7 Prozent dieser Videos fanden die Wissenschaftlerinnen Darstellungen von Lebensmitteln.

ZUCKER, FETT, SALZ

Das Ergebnis der im November 2024 im Fachjournal »BMC Public Health« unter dem Titel »Influencing children: food cues in Youtube content from child and youth influencers« veröffentlichten Studie ist eindeutig. Schokolade und zuckerhaltige Lebensmittel machten mit 19,8 Prozent den größten Anteil aus, gefolgt von Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten mit 17,1 Prozent. Jeweils acht Prozent der von den jugendlichen InfluencerInnen präsentierten Lebensmittel waren Kuchen, Süßgebäck und Backwaren sowie Fertiggerichte und Convenience-Produkte. Die meisten Produkte enthielten zu viel Salz, Fett, Kalorien sowie Zucker oder Süßstoffe. Es handelt sich also um sogenannte HFSS-Lebensmittel. Ernährungsphysiologisch handelt es sich

TEXT

Simon Loidl

HFSS-Lebensmittel HFSS steht in der Lebensmittelforschung für »high in fat, salt and sugar«. Umgangssprachlich spricht man von Junkfood. HFSS-Lebensmittel sind meist arm an Nähr- und Ballaststoffen, aber energiereich und haben einen zu hohen Fett-, Salzoder Zuckergehalt.

NÄHRWERTPROFILMODELLE

Ein Nährwertprofil beschreibt die ernährungsphysiologische Qualität eines Lebensmittels. Nährwertprofilmodelle sollen die Klassifizierung von Lebensmitteln anhand ihrer Nährstoffe ermöglichen. Das Nährwertprofilmodell der WHO ist für den Gebrauch durch Regierungen gedacht, um die Vermarktung von ungesunden Lebensmitteln an Kinder einzuschränken.

Junge Influencer beschäftigen sich auffallend oft mit laut WHO ungesunden Nahrungsmitteln.

Testimonial

Seit Jahrzehnten werben prominente Persönlichkeiten oder fiktive Figuren. Die Popularität eines Testimonials macht die Zielgruppe für die Werbebotschaft empfänglich. Das Testimonial soll die Seriosität eines Produkts bezeugen oder überhaupt erst Interesse an diesem wecken.

Safer Internet Center

Die von der EU finanzierten Safer Internet Center unterstützen Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrende bei der Nutzung von Internet und Handy. Auf Plattformen wie saferinternet.at oder klicksafe.de finden sich Informationen, Tipps und Materialien.

dabei um minderwertige, industriell hergestellte Lebensmittel. Diese sind in der Regel hoch verarbeitet und enthalten meist viele Zusatzstoffe wie chemische Konservierungsmittel, Farb- und Geschmacksstoffe.

Ob es einen direkten Zusammenhang zwischen Präsentationen von InfluencerInnen und dem Verzehr ungesunder Lebensmittel durch Kinder und Jugendliche gibt, beantwortet die Wiener Studie nicht. Aus anderen Untersuchungen ist bekannt, dass Kinder und Jugendliche sich ungesund ernähren. Laut einem auf Daten aus 44 Ländern beruhenden Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom vergangenen Jahr verzehren nur 38 Prozent der Jugendlichen täglich Obst und Gemüse. 25 Prozent gaben an, täglich Süßigkeiten zu konsumieren. Den zuletzt 2017 veröffentlichten Ergebnissen der Langzeitstudie zu Ernährung, die das Robert Koch-Institut als Teil der »Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland« durchführt, zufolge nehmen Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 17 Jahren »zu wenig Obst und Gemüse sowie Lebensmittel mit einem hohen Anteil an komplexen Kohlenhydraten« zu sich. Demgegenüber sei der Konsum von Fleischund Wurstwaren wie auch jener von Süßigkeiten, Limonaden und Knabbereien zu hoch.

Nach dem von der WHO entwickelten »Nährwertprofilmodell« sollen derartige Lebensmittel nicht an Kinder vermarktet werden. Die Organisation entwickelt seit 2013 Richtlinien, anhand derer Lebensmittel nach ihrem Nährwert klassifiziert werden können. Ziel ist es, Kinder vor der Vermarktung ungesunder Lebensmittel zu schützen. Die Richtlinien sollen laut WHO »EntscheidungsträgerInnen« als Orientierungshilfe dienen. Die Studienautorinnen legen ihrer Arbeit

die WHO-Kriterien zugrunde, um Lebensmittel danach zu klassifizieren, ob deren Präsentation für Kinder und Jugendliche geeignet ist. Die jungen InfluencerInnen beschreiben die präsentierten Lebensmittel überwiegend neutral bis positiv. Nur bei knapp sieben Prozent der Produkte fanden die Autorinnen der Wiener Studie negative Beschreibungen. 36,9 Prozent der nach den WHO-Kriterien für die Vermarktung an Kinder nicht geeigneten Lebensmittel, aber nur 28,1 Prozent der geeigneten wurden in den Videos positiv dargestellt. Die Ergebnisse der Wiener Studie bestätigen ältere Untersuchungen, die ebenfalls eine Dominanz von Süßigkeiten, süßen und salzigen Snacks, zuckerhaltigen Getränken und Eiscreme bei Darstellungen von Lebensmitteln auf Youtube nachwiesen. Die Autorinnen der Meduni sehen Hinweise darauf, dass derartige Darstellungen während der vergangenen Jahre zugenommen haben.

KEINE ALTERSBESCHRÄNKUNG

Das Phänomen ist nicht auf Youtube beschränkt. Die Plattform eignet sich aber gut für eine Untersuchung dessen, wie Kinder und Jugendliche beeinflusst werden, sagt Erstautorin Brigitte Naderer vom Zentrum für Public Health an der Meduni Wien: »Bei anderen sozialen Medien gibt es Altersbeschränkungen. Youtubevideos werden auch von sehr jungen Kindern angesehen.« Werbung, die sich an Kinder richtet, ist nach den Youtube-Richtlinien grundsätzlich nicht zulässig. Allerdings wies keines der für die Studie analysierten Videos einen Inhalt als Werbung aus. Die präsentierten Lebensmittel waren »weder als Geschenke, noch als gesponserte Produkte gekennzeichnet«, wird in der Studie betont. Ob für derartige Videos Geld fließt, ist un-

klar. Allerdings wurden die Produkte »ansprechend« und »mit positiven verbalen Hinweisen« gezeigt und in »fast der Hälfte der Präsentationen wurde sichtbar konsumiert«. Dies kann den Autorinnen zufolge einen Nachahmungseffekt auslösen und somit das Verhalten von Kindern und Jugendlichen beeinflussen. Die Autorinnen schlussfolgern, dass das Verbot von Youtube für bezahlte Lebensmittelwerbung für Kinder nicht ausreiche, um Kinder und Jugendliche vor einer häufigen Konfrontation mit dem Konsum ungesunder Lebensmittel zu schützen.

MEDIENKOMPETENZ AUSBAUEN

Die Wissenschaftlerinnen empfehlen stärkere Regulierungen, um die unkontrollierte Präsentation von ernährungsphysiologisch ungünstigen Lebensmitteln einzuschränken. »Kinder und Jugendliche müssen in allen Medien geschützt werden«, sagt Studienautorin Naderer. Allerdings räumt sie ein, dass dies in traditionellen Medien einfacher ist als auf Social Media. Bei diesen gibt es kaum Instanzen, die dafür sorgen, dass ContentproduzentInnen die Richtlinien auch einhalten. »Ob für eine Produktpräsentation Geld fließt, ist letztlich schwer nachzuweisen«, sagt Naderer – es ist auch nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Erwachsene und Medienprofis mitunter schwer, ungekennzeichnete Werbedeals als solche zu erkennen. Gleichzeitig funktioniere diese Art von Produktpräsentation so gut, weil es eine Vertrauensebene gebe, erklärt Naderer: Kinder und Jugendliche setzen sich den InfluencerInnen freiwillig aus. Werbeunterbrechungen auf Youtube nerven – wenn die Werbung aber Teil des konsumierten Inhalts sei, dann komme dieser bei den RezipientInnen an. »Kinder und Jugendliche brauchen Medienkompetenz«, sagt Brigitte Naderer. Sowohl in der Schule als auch zu Hause sollte darüber gesprochen werden, wie Medien funktionieren und welche Absichten und Interessen InfluencerInnen haben. »Man muss Kinder und Jugendliche darüber aufklären, was es bedeutet, wenn bei einem Video vermerkt ist, dass dieses Produktplatzierungen enthält oder von einer Firma gesponsert ist«, sagt Naderer. Generell sollte mehr darüber gesprochen werden, welche Inhalte konsumiert werden, ergänzt die Medizinerin.

Hier setzt etwa die EU-Initiative der Safer Internet Center an. Diese unterstützen Kinder, Jugendliche, Eltern und Lehrende bei der sicheren Nutzung von Internet und Handy. Plattformen wie saferinternet.at oder klicksafe.de stellen dafür Informationen, Tipps und Materialien zur Verfügung.

Auch beim Thema Ernährung sind Erziehungsberechtigte nicht auf sich allein gestellt. In Österreich vermittelt beispielsweise die Initiative »Richtig essen von Anfang an!« Informationen zur Ernährung in der Schwangerschaft und Stillzeit sowie zu einer gesunden Ernährung für Kinder. Die »Deutsche Gesellschaft für Ernährung« entwickelt seit Jahrzehnten Empfehlungen und Leitlinien für gesunde Ernährung und versucht, Erkenntnisse aus der Forschung praxistauglich zu machen.

BILD

BIORAMA / Stefan Staller

AJVAR

Das eine originale Ajvar-Rezept gibt es so wenig wie das eine Rezept für Cevapcici. Grob besteht Einigkeit darüber, dass Ajvar ein Paprikamousse meint – mild oder pikant – das hauptsächlich in der Küche des südslawischen Raums Verwendung findet. Dort hingebracht haben ihn wahrscheinlich die TürkInnen – auf deren Begriff Khavyar (Kaviar, wegen Farbe und Kon-

sistenz), die Bezeichnung zurückgehen dürfte. Im Idealfall werden die Paprika dafür vorab gegrillt und nach Belieben mit Melanzani (Auberginen), Ölen und anderen Zutaten verfeinert. In anderen Regionen werden nach ähnlichem Rezept und mit dann auch Tomaten Ljutenica hergestellt. Gegessen wird Ajvar als Dip zu Gegrilltem, als Aufstrich oder auch Würze für andere Speisen.

1

AJVAR, BIOBALKAN

Das Wiener Unternehmen Biobalkan arbeitet vorbildlich mit kleinen Manufakturen in Serbien und Mazedoien zusammen – Sozialunternehmen, die alleinerziehenden Müttern, Langzeitarbeitslosen, Menschen mit Behinderungen oder Minderheiten Arbeitsplätze bieten. Verarbeitet werden dabei ausschließlich Biozutaten. Das Ajvar ist dabei eines der Signature-Produkte, wird in milder und pikanter Variante hergestellt und fällt angenehm pur aus. Rote Paprika machen über 85 % des Inhalts aus, dazu kommen nur Sonnenblumenöl, Apfelessig und Salz. Der Paprika ist eher grob geschnitten und bringt mit deiner kräftigen Farbe in Aussehen und Geschmack die Sonne auf den Teller. biobalkan.info

2

BIO AJVAR, DITTMANN

1

Dittmann aus Deutschland produziert und importiert seit 1901 Feinkost – vieles davon nicht bio. Das Bio Ajvar wird mit Melanzani, weiteren Gewürzen und auch Zucker hergestellt – eine feincremige Masse in Dunkelorange. Die Melanzani erweitert das Geschmacksspektrum und entlockt dem Paprika weitere Nuacen. Geschmacklich harmonisch legt die Konsistenz den Einsatz als Dip und Aufstrich nahe. feinkost-dittmann.de

3

AJVAR, REINSAAT

Seit 1998 setzt sich Reinsaat für ein breites Sortiment an samenfestem biologisch-dynamischen und organisch biologisches Gemüse-, Kräuter- und Blumensaatgut ein. Die selbst angebauten Gemüse werden im kleinen Rahmen auch verarbeitet; die nach Demeterregeln angebaute Papriksorte Ajvarski … zu Ajvar . Das einzige Produkt in dieser Reihe mit Olivenöl. Schmeckt pur und klar nach dem gröber belassenen Paprika, Pfefferoni geben leichte Schärfe. reinsaat.at

4

SONNENSCHEIN AJVAR, N4U FOOD

Das Bioajvar unter dem Namen Sonnenschein ist eines der wenigen Bioprodukte des Herstellers. Das helle Mousse ist reduziert auf wenige Zutaten: Paprika, Melanzani, Sonnenblumenöl, Salz – die darin belassenen Paprikasamen sorgen für ein klein wenig Körnung . Im diesem Vergleich fällt der Sonnenschein Ajvar als zurückhaltendste Produkt in dieser Liste, das gar ein wenig mild ausfällt. n4ufood.at

5 AJVAR, EHRHARDT

In Süddeutschland an der Grenze zu Frankreich, nahe Straßburg, hat Ehrhardt eine Demeter-Landwirtschaft, auf der in erster Linie Meerrettich (Kren), Chili, Auberginen oder auch Melonen angebaut werden. Aus dem eigenen Gemüse und im Umfeld bezogenen weiteren Zutaten produziert der Betrieb Pasten, Senf und auch Ajvar. Dieser wird dem Motto »würzig, scharf, pikant« gerecht und enthält auch Melanzani, Knoblauch und Gewürze. Einzigartig ist eine leichte Bitterkeit, die für zusätzlichen Druck im Geschmack sorgt. erhardt-naturkost.de

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6

BIOCHILISAUCE AJVAR, FEUERZEUG

Die Zutaten für die Mühlviertler Chilisaucen von Feuerzeug kommen – »soweit möglich«, sagt der Hersteller – von Biolandwirtschaften aus der Region und werden variantenreich zu Saucen mit unterschiedlichem Schärfegraden verarbeitet. Für die Biochilisauce Ajvar hat sich das Familienunternehmen mit dem in Slowenien geborenen Koch Max Stiegl zusammengetan: Spitzpaprika, Zwiebel und Knoblauch ergänzen die Chilis als Balkangeschmacksklassiker. Die Sauce gehört zu den milderen im Sortiment und gibt einer Vielzahl von Gerichten einen gut dosierbaren Extrakick. feuer-zeug.at

MAN NEHME 1000 GRAMM KOHLENDIOXIDÄQUIVALENTE!

TEXT Irina Zelewitz

Alltagskochen für eine bessere Welt von der Studentin und Instagramerin Natalie Reichelt (»aus der Fridays-for-Future-Generation«, sagt der Klappentext) für weit mehr als diese als Zielgruppe. Eigentlich für jeden, der kein Profi im Kochen ohne tierische Zutaten ist und das nicht kategorisch verweigert.

Das Besondere an diesem Kochbuch ist nicht die Übersichtlichkeit in Gestaltung und Kochanleitung, auch nicht die gelungenen Fotos – die zeigen, dass keine Pinzette notwendig ist, um richtig schöne Teller hinzubekommen –, sondern die komplexen Überlegungen, die hinter den simplen Rezepten stehen – und auch offengelegt werden: Reichelt kocht vegan und weist bei jedem Rezept aus, welchen Vorteil der Verzicht auf tierische Zutaten hinsichtlich der CO2-Bilanz des Gerichts hat. Im Buch wie im Folgenden sind die Kohlenstoffdioxidäquivalente in Gramm, abgekürzt als g CO2e, ausgewiesen. Dabei wurde jeweils die durchschnittliche CO2-Belastung eines in Deutschland erhältlichen Produkts herangezogen. Bioprodukte sind also Teil dieser Durchschnittsberechnung. Wer beim Einkaufen der Zutaten darauf setzt, kommt daher – wie auch im Buch betont wird –mit einem noch niedrigeren CO2-Verbrauch davon. Möge dieses Buch neue Standards für die standardmäßig enthaltenen Infos in den Zutatenlisten von Rezepten setzen!

ERBSENSUPPE

MIT MINZE

Meine erste Erbsensuppe mit einem Hauch von Minze habe ich mit meiner Omi im Historischen Museum von Bonn gegessen. Vorher war mir nur die deftige Version aus der Gulaschkanone bekannt, von der ich, nebenbei gesagt, nie ein besonders großer Fan war. Doch die Kombination mit der Minze faszinierte mich so sehr, dass ich im Jahr darauf diese vegane Version kreiert habe. Die Suppe ist schnell gezaubert und bringt mit den Hülsenfrüchten eine große Ladung pflanzliches Protein mit sich.

ZUTATEN FÜR 2–3 PORTIONEN

• 400 g Erbsen, gefroren

• 500–600 ml Gemüsebrühe

• 1 × 400-g-Dose weiße Bohnen

• 1 Bund frische Minze

• Salz und Pfeffer

Zum Servieren

• Sojajoghurt

• Spritzer Zitronensaft

• Brot

EMISSIONEN FÜR DIESES GERICHT

• vegan: 911 g CO₂e

CHICKPEA »TUNA« SANDWICHES

Wer denkt, dass in einer veganen Lebensweise geschmacklich auf etwas verzichtet werden muss, liegt eindeutig falsch. Diese Version eines klassischen amerikanischen Brotsalates ist ohne Tierleid entstanden und geschmacklich genauso lecker wie der bekannte Thunfisch-Salat.

Die Kichererbsen sorgen für die richtige Konsistenz und die Gewürzgurken verleihen mit dem Stangensellerie den optimalen Geschmack.

ZUTATEN FÜR 2–3 PORTIONEN

Für den Salat

• 250 g gekochte Kichererbsen (entspricht 100 g getrockneten oder 1 Glas/Dose)

• 150 g Sojajoghurt, ungesüßt

• 120 g Gewürzgurken, fein gehackt

• 1 Stange (50 g) Sellerie, fein gehackt

• 1/2 rote Zwiebel, fein gehackt

• 1 TL Senf, mittelscharf

• 1 EL Zitronensaft

• 1 TL Weißweinessig

• Salz und Pfeffer

Zum Servieren

• 4 Scheiben Brot / 2 Brötchen

• 1/3 Gurke, in Scheiben geschnitten

• 1 Handvoll Kopfsalat

• 2 Tomaten

• etwas Kresse, optional

EMISSIONEN FÜR DIESES GERICHT

• tierisch: 2061 g CO₂e – mit Speck und Bockwurst • vegan: 1130 g CO₂e

• tierisch: 1992 g CO₂e – mit Thunfisch und Joghurt

REZEPTE AUS:

»VEGAN FÜRS KLIMA«, Natalie Reichelt, 2024, Grüner Sinn Verlag.

ZUBEREITUNG

Die Erbsen und die Gemüsebrühe in einen großen Topf geben und allmählich erhitzen. Etwa 10 Minuten kochen. Den Herd auf kleine Flamme stellen. Die weißen Bohnen und die Minzblätter (von den Zweigen abgezupft) in den Topf geben. Erbsen und Brühe mit den weißen Bohnen und Minzblättern mit einem Stabmixer pürieren, bis die Suppe glatt und cremig ist. Die Suppe nach Geschmack mit Salz und Pfeffer würzen.

Zum Servieren

Einen Esslöffel Sojajoghurt mit einem Spritzer Zitronensaft als Topping verwenden. Dazu ein paar Scheiben Brot reichen.

ZUBEREITUNG

Salat

Die Kichererbsen mit einer Gabel klein, aber noch stückig, pressen. Diese mit den restlichen Zutaten in eine Schüssel geben. Alles gut miteinander verrühren und abschmecken. Die Masse für mindestens eine halbe Stunde im Kühlschrank ziehen lassen.

Zum Servieren

Brot oder Brötchen dick mit dem »Tuna«-Salat, Salatblättern, Gurkenscheiben, Tomaten und etwas Kresse belegen und genießen.

Aufbewahrung

Wenn Reste übrig bleiben – kein Problem, denn der Salat hält einige Tage im Kühlschrank und schmeckt am nächsten Tag, nachdem er durchgezogen ist, sogar noch besser.

HINWEIS

Für den fischigen Geschmack kannst du Nori-Algen hinzufügen. Diese werden normalerweise zum Rollen von Sushi verwendet und sind in jedem gut sortierten Supermarkt oder im Asia-Laden erhältlich. Für den Salat ein halbes Nori-Blatt mit einer Schere klein schneiden und unterrühren. In manchen Asialäden gibt es auch Nori-Flocken, welche optimal für solche Gerichte sind und dir das Kleinschneiden mit der Schere ersparen.

GEBURTSTAGSKUCHEN

Voilà … hiermit präsentiere ich dir meinen absoluten Lieblingskuchen. Er passt zu jeglichem Anlass und wird von allen Schoko-LiebhaberInnen sofort ins Herz geschlossen. Das ursprüngliche Rezept enthielt statt des Apfelmus zerdrückte Bananen. Für eine regionale Variante bin ich kreativ geworden und habe mich für unseren einheimischen Apfel entschieden.

Wenn du mal Lust auf Muffins oder einen Blechkuchen hast, dann ist das mit diesem Kuchenteig überhaupt kein Problem. Du musst für den Blechkuchen nur die Menge verdoppeln und bei den Muffins die Backzeit um ca. 10–15 Minuten verkürzen.

ZUTATEN FÜR 1 GUGLHUPF (Ø 26 CM)

Für die Form

• etwas Margarine und Mehl

Für den Teig –Schüssel 1

• 300 g Weizenmehl

• 5 EL Backkakao

• 1 Päckchen Backpulver

• 150 g Zucker

• 50 g Zartbitterschokolade, klein gehackt

Für den Teig –Schüssel 2

• 350 g Apfelmus (gerne das Selbstgemachte)

• 50 ml Rapsöl

• 250 ml Haferdrink

Für die Dekoration

• 100 g Zartbitterschokolade, klein gehackt

• Schokolinsen / gehackte Nüsse,

• Streusel / Zuckerperlen

EMISSIONEN FÜR DIESES GERICHT

• vegan: 1.358,4 g CO₂e

• tierisch: 2.376,2 g CO₂e – mit Butter, Ei, Vollmilch und Vollmilchschokolade

ZUBEREITUNG

Vorbereitung

Den Ofen auf 175 °C Ober- und Unterhitze vorheizen. Die Gugelhupfform mit Margarine einfetten und mit Mehl bestäuben.

Für den Teig – Schüssel 1

Die Zutaten (Mehl, Backkakao, Backpulver, Zucker und 50 g klein gehackte Zartbitterschokolade) in einer Schüssel vermengen.

Für den Teig – Schüssel 2

In einer separaten Schüssel die Komponenten (Apfelmus, Rapsöl und Haferdrink) verrühren.

Zusammenfügen

Die Mehlmischung (Schüssel 1) langsam zu den flüssigen Zutaten (Schüssel 2) geben und vorsichtig unterrühren. Achte darauf, dass du nicht zu lange rührst, da der Teig sonst zäh wird. Den Teig in die Gugelhupfform füllen.

Backen

Im Backofen für 30–35 Minuten backen. Der Kuchen ist fertig, wenn am Holzstäbchen kein Teig mehr hängen bleibt. Den Kuchen für 30 Minuten abkühlen lassen. Anschließend vorsichtig aus der Form stürzen.

Für die Dekoration

In einem Wasserbad 100 g Zartbitterschokolade langsam zum Schmelzen bringen. Die geschmolzene Schokolade über den Kuchen geben und nach Belieben mit Schokolinsen oder Nüssen dekorieren. Bei Zimmertemperatur fest werden lassen.

HINWEIS

Für den extra Crunch gehackte Walnüsse mit in den Kuchenteig geben.

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NEU ODER NOCH GUT

Empfehlungen, Warnungen, warnende Empfehlungen. Von Neuentdeckungen und alten Perlen. Auf dass uns Weghören und -sehen vergeht.

UNDINE WESTPHAL / »DER BIENENBEUTENKOMPASS« / ULMER, 2024.

Nachgelesen für alle, die mit dem Gedanken spielen, selbst Bienen zu halten.

Bereits vor der Anschaffung eigener Honigbienen stellt sich die Frage, in welchem Bienenstock (= Beute) sie am besten gehalten werden. Der Bienenbeuten-Kompass liefert die gängigsten Antworten. Dabei ist er kein klassisches Einstiegsbuch in die Imkerei. Vielmehr bietet er eine gute, halbwegs repräsentative Übersicht weit verbreiteter bzw. besonders reizvoller Bienenbehausungen. Denn während sich ImkerInnen ihre Beuten einstmals einfach selbst gebaut haben, haben sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten einige Standards etabliert, die auch im Fachhandel angeboten werden. Zu den bekanntesten zählen Zander, Dadant, die Frankenbeute oder die Segeberger Beute. Diese sind untereinander kaum kompatibel. Beispielsweise passen Wabenrähmchen des einen Beutensystems nicht ins andere. Relevant ist das bereits beim Kauf des ersten Bienenvolks, das in eine neue Behausung übersiedeln soll. Der Bienenbeuten-Kompass zeigt, welche zur Auswahl stehen. Gut und übersichtlich gegliedert beantwortet er praxisrelevante Fragen: Auf die Vorstellung diverser Magazinbeuten aus Kunststoff (die für die Bioimkerei nicht zugelassen sind) folgen jene aus Holz, danach Einraumbeuten und schließlich einige ausgewählte besondere Systeme, wie der traditionelle Bienenkorb aus Roggenstroh, die Klotzbeute (in einem Baumstamm) oder der Weißenseifener Hängekorb. Allgemein ist festzuhalten: Die ideale Beute gibt es nicht. Eine jede hat Vor- wie Nachteile. Wer vorhat, mit den Bienen häufig den Standort zu wechseln (beispielsweise um Waldhonig zu ernten oder Obstbäume bestäuben zu lassen), wird eher

mit kompakten Magazinbeuten arbeiten. Wer Probleme mit den Bandscheiben oder andere Einschränkungen hat, bevorzugt möglichst leichte, rückenschonende Beuten. Ein Buch zum Schmökern, Nachdenken und für jede in Sachen Bienenhaltung sorgfältig sortierte Bibliothek.

FISKE, JONAS FISCHER /»TOXIC« / Jaja, 2025.

Vorgelesen für alle, die einen eindrucksvollen Bericht über die Auswirkungen der Ölförderung in Ecuador daheim auf der Couch lesen wollen.

»Vergraben Verbrennen Verdrängen« stand auf dem Cover des Comic-Magazins Strapazin, in dem »Toxic« 2022 ausschnittsweise präsentiert wurde. 2024 erschien das fertige Buch auf Englisch bei University of Toronto Press und nun auf Deutsch beim Berliner Jaja Verlag. Kulturanthropologin Amelia Fiske, Senior Research Associate am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der Technischen Universität München, lebte von 2011 bis 2013 in Lago Agrio im Nordosten von Ecuador, einer Stadt und Region im Amazonasgebiet, die seit den 1960er-Jahren unter dem massiven Einfluss der Ölförderung steht. Sie lernte dort Umweltaktivist Donald Moncayo kennen. Dieser bietet in Lago Agrio teils mehrtägige Touren an, die für PolitikerInnen, WissenschafterInnen und alle Interessierten die Auswirkungen der großteils rücksichtslosen Ölförderung auf Umwelt und Menschen vor Ort erlebbar machen. Gemeinsam mit Illustrator Jonas Fischer arbeitete Amelia Fiske seit 2017 daran, einen Einblick in die Lage vor Ort und die Geschichte zu geben. »Toxic« begleitet eine dieser Touren – mit entsprechenden Freiheiten. Dabei gelingt es mit si-

AMELIA

tuativ lebensnahen Dialogen eindrücklich zu erzählen – vom Leid der Menschen vor Ort, dem verseuchten Trinkwasser und der auf Jahrzehnte zerstörten Natur, den über Flusssysteme sich ausbreitenden Problemen und der teils zahnlosen Rechtsprechung. Formal ist das Buch klassisch aufgebaut, mit nur selten aufgebrochenen Panels. Fischers Stil ist farbenfroh, kräftig und verleiht dem Erzählten Nachdruck. Eine regionale Geschichte, von denen es zu viele gibt.

BERNHARD FLIEHER / »DAS FAHRRAD« / Residenz Verlag, 2024.

Nachgelesen für FahrradversteherInnen ab 40 und alle, die solche verstehen möchten.

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E-Bikes nähmen als »Erfindung« (die Anführungszeichen sind Teil des Zitats, denn das Konzept, Fahrräder durch mehr als nur Pedalkraft anzutreiben, stammt ja aus dem 19. Jahrhundert) »in Wirklichkeit nur wirklichen Radlern den Platz weg«: Eine Schelmin, wer denkt, Bernhard Flieher habe diesen Hinweis gezielt auf Seite 51 des 60-seitigen Büchleins platziert. Um auch einigen jener, die sich auf den ersten 50 Seiten im selben Team wähnten, aber von der schnöden »Rettung des Planeten und der eigenen Gesundheit« angetrieben werden, eine Botschaft mit auf den extrabreiten Radweg zu geben, den sie in ihren Craft-Bier-versifften, lebenswerten Innenstädten nutzen: nämlich, dass sie möglicherweise schon mit einem Rad fahren können, diese Tätigkeit dabei aber von ihrem eigentlichen Sinn befreien. Diese (Bio-)Brotkrümel werden hier natürlich aufgehoben und in die Kulturredaktion zurückverfolgt. Aber in der Liebe ist alles erlaubt, im konkreten Fall der zum Fahrrad – als Ideal wie in dessen Manifestationen durch Grace und ihre Vorgängerinnen, denn Fliehers Räder tragen Frauennamen. Schwärmerisch, kurzweilig, informativ, eigentlich zum Anzetteln irgendeiner Revolution inspirierend, die man halbwegs bequem mit dem Rad erreichen kann – ist »Das Fahrrad« eine effektreiche Tour – und letztlich ein gutes Geschenk, wenn auch allzu geradlinig illustriert, nicht nur angesichts der Romantik des Textes. Eine Übersetzung geeignet für alle, die das Fahrradfahren vielleicht noch nicht verstehen, aber verstehen wollen.

Aufgrund des bedrohlichen Insekten-Rückgangs suchen wir menschliche Bestäuber*innen mit viel Fingerspitzengefühl für abwechslungsreiche Saisonarbeit bei unseren Anbaupartner*innen.

UND SONST SO, IM BIORAMAUNIVERSUM ...

OUT SOON

Die fünfzehnte

BIORAMA-NiederösterreichRegionalausgabe

Das wunderschöne Bundesland Niederösterreich umgibt die österreichische Bundeshauptstadt Wien, da liegt es uns besonders nahe, schwerpunktmäßig darüber zu berichten, was dort nachhaltig bewegt. In der nächsten Regionalausgabe dreht sich vieles um Energie, deren gemeinsame Erzeugung und Speicherung. Die Wartezeit lässt sich zum Beispiel mit BIORAMA NIEDERÖSTERREICH #14 überbrücken – auch online nachzulesen biorama.eu/noe14

MAGAZIN

UPCOMING

BIORAMA Wien-Berlin #5

Im Juni 2025 erscheint die nächste Ausgabe von BIORAMA Wien-Berlin. Wir werden uns wieder ansehen, welche unterschiedlichen oder auch ähnlichen Antworten die beiden Städte auf die Bedürfnisse ihrer BewohnerInnen finden – wir werden Unvergleichbares vergleichen. Denn: Wir lieben unsere Hauptstädte, wollen sie aber noch liebenswerter gestaltet wissen und dazu immer wieder neue Vorbilder finden. Unsere bisherigen Hauptstadtausgaben sind –wie alle BIORAMA-Printmagazine – auf online nachlesbar auf biorama.eu/ausgaben

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MAGAZIN

TEXT

Ursel Nendzig

BROT-SPIELE

Ob der Sohn etwas gerne isst, hat meiner Beobachtung nach nur am Rande damit zu tun, wie gut es schmeckt.

MAutorin Ursel Nendzig, Mutter zweier Söhne, berichtet live aus der Achterbahn.

eine Mama ist keine besonders gute Köchin. Sie würde dem widersprechen, denn sie ist überzeugt davon, eine ganz wunderbare Köchin zu sein. Es erinnert mich an die zwei Sorten SchülerInnen, die es immer gab: die einen, die sich sicher waren, einen Fünfer geschrieben zu haben und dann mega erleichtert und überrascht waren, dass es doch ein Einser geworden war. Und die anderen, die sagten: »Ah, hab ein gutes Gefühl, guter Dreier.« Und dann mit einem Fünfer dastanden. Aus ersteren wurden Erwachsene, die eine perfekte Torte backen, sie aber stets begleitet von Entschuldigungen und Erklärungen dafür, was dieses Mal alles nicht perfekt gelungen sei, servieren. Und aus letzteren werden jene Erwachsene, die absolut grenzwertige Speisen zubereiten, sich aber sicher sind, es schmeckt groß-ar-tig. Meine Mama: Kategorie zwei, aber das war jetzt nicht schwer zu erraten. Zur Verdeutlichung: Einmal hat sie Leberkäse auf die Pizza gegeben. Sie ist auch keine besonders gute Bäckerin. Beweisstücke hierfür: zuckerfreie Weihnachtskekse, Vollkorn-Biskuitroulade. Und: ihr berühmtes Brot, das sie seit den 1980er-Jahren bäckt. Mir ist dieses Brot bereits Anfang der 1990er-Jahre aus den Ohren hinausgekrochen, es schmeckt trocken, vollkornig und hefig. Das Rezept dafür hat sich über die Jahrzehnte bewährt und wird nicht mehr geändert. Jede Woche bäckt sie zwei bis drei Kastenbrote, friert dann mindestens die Hälfte davon ein. Aufgetaut schmeckt es allerdings unwesentlich besser.

Als Millennial aka Luxusgeschöpf bin ich natürlich verwöhnt,

ich gönne mir fluffiges Sauerteigbrot, dreihundert Jahre Teigführung, perfekte Krume, von Hand zur Perfektion gestreichelt. Der jüngere Sohn allerdings, der ist damit nicht zu beeindrucken. »Mir schmeckt kein Brot«, sprach’s – und meinte es. Ein resches Semmerl hat er gern, ein knuspriges Mohnflesserl, ein feines Baguette, das ja. Aber Brot: Nein. Abgesehen, ihr ahnt es schon, vom berühmten Brot meiner Mama. Wenn wir dort auf Besuch sind, gibt es für ihn nichts Tolleres als Omas Brot. Ich halte das für einen absoluten Witz und gehe davon aus, er spiegelt meine extrem spätpubertäre Abneigung gegen das Brot in seiner früh-

»Wenn wir dort auf Besuch sind, gibt es für ihn nichts Tolleres als Omas Brot. Ich halte das für einen absoluten Witz.«

pubertären Anti-Haltung mir gegenüber. Bei jedem Frühstück verspeist er mindestens drei Scheiben des Brotes, isst sogar erst das Innere, um dann die Brotrinde (die nicht knusprig ist, sondern hart!) genüsslich extra zu genießen. Selbstverständlich lobt er seine Oma dabei über den grünen Klee. Ja, das maximal durchschnittliche Brot macht satt – damit genug gelobt, meine Meinung.

Was soll ich sagen? Natürlich weiß ich, dass die eine Hälfte davon das Oma-Ding ist, die andere Hälfte das »Ällabätsch« in meine Richtung. Und selbstverständlich hat meine Mama mir bereits mehrfach angeboten, das Rezept für das Brot aufzuschreiben. Aber: »Mir schmeckt kein Brot.«

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