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Sojatreibstoff

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Elternalltag

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MIT DEM FAHREN, WAS DA IST?

Ein Biobauer fühlt sich vom Markt zu mehr Autarkie gezwungen, als ihm lieb ist. Und stößt dabei auf die »Teller oder Tank«-Frage.

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Florian Jauk

Biokraftstoffe sind flüssige oder gasförmige Kraftstoffe, die aus Biomasse hergestellt werden. In Österreich wurden laut Klimaschutzministerium 2020 6,08 Prozent der fossilen Kraftstoffe durch Biokraftstoffe substituiert. Auf dem Hof der Familie Tomic in Buchbrunn, rund fünf Kilometer entfernt vom Klopeiner See, wird auf 150 Hektar Getreide angebaut: Dinkel, Weizen, Roggen und Hafer werden direkt vermarktet, seit 2016 gibt es eine hofeigene Bäckerei. Der Biobetrieb baut allerdings nicht nur Getreide an, sondern beherbergt auch eine Schweinemast. Als einer der ersten Kärntner Bauern begann Johannes Tomic damit, Soja anzubauen. Die Pflanze dient der Eiweißversorgung der Schweine und bindet als Fruchtfolgeglied Stickstoff im Boden, der Biobauer kann durch den Sojaanbau im Getreideanbau und bei den Futtermitteln nach eigenen Angaben autark handeln. Abhängig ist er nur von der Natur und von den Menschen, die seine Produkte auf Bauernmärkten, in seinem Onlineshop oder im Einzelhandel kaufen, sagt er. Sojaöl, das bei der Futtermittelproduktion in großen Mengen anfällt, stellt den Biobauern im Zuge seines Strebens nach Autarkie vor die »Teller oder Tank«-Frage.

GUTES ÖL MIT SCHLECHTEM RUF

Um den Sojakuchen herzustellen, der den Schweinen als Eiweißquelle verfüttert wird, wird die Sojabohne in einer eigenen Aufbereitungsanlage, die seit 2017 auf dem Hof des Landwirts steht, ausgepresst. Danach bleibt kaltgepresstes Sojaöl übrig. Für den Kärntner ist das Öl zwar ein Nebenprodukt, aber ein wertvolles Lebensmittel mit einem hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren, aufgrund seines hohen Rauchpunkts eignet es sich auch als Bratöl. Sein Biosojaöl ist mehrfach mit der Goldmedaille bei der Alpe-Adria-Ölprämie-

rung ausgezeichnet worden, große Kooperationen mit dem Lebensmittelhandel blieben bisher dennoch aus. »Soja ist in Österreich aufgrund der Anbaumethoden in anderen Teilen der Welt teilweise noch immer verrufen«, bedauert Tomic. Er war auch im Gespräch mit Molkereien, die überlegten, sein Öl in Butter und Topfen beizumischen, um die Streichfähigkeit zu verbessern und die Produkte mit Omega 3 anzureichern. Doch auch hier dominiert genau wie in der breiten Bevölkerung laut dem Sojabauern »die Angst vor der Sojabohne«. Bis sich das ändert, setzt er sich weiter dafür ein, die Wahrnehmung von biologischen, gentechnikfreien Sojabohnen zu verbessern. »Sie fördern die biologische Landwirtschaft bei der Stickstoffversorgung, sind ein gutes Futtermittel und könnten uns auch beim Treibstoff unabhängiger machen«, sagt er und meint damit die Idee, Sojaöl als Biokraftstoff für seine landwirtschaftlichen Maschinen zu verwenden.

SOJAÖLTRAKTOR

Dass für Biokraftstoffe Lebensmittel wortwörtlich »im Tank versickern«, ist für Tomic zwar ein Problem, die Verwendung von selbst erzeugten Biokraftstoffen auf seinem Hof dennoch eine Überlegung für die Zukunft. »Mir ist es lieber, ich kann das Öl als Lebensmittel oder als Pharmazieprodukt verkaufen«, sagt er, hat aber bisher zu wenige AbnehmerInnen gefunden. Insgesamt produziert der Biobauer jährlich rund 20.000 Liter Sojaöl, nur einen Bruchteil, rund 1000 Liter, kann er derzeit als Lebensmittel verkaufen. Der Rest wandert um ein bisschen mehr als einen Euro pro Liter an Futtermittelbetriebe. »Früher hat man Hafer angebaut, um die Pferde zu füttern. Als Nebenprodukt des Sojakuchens könnte ich einen Teil des Öls als Kraftstoff verwenden. Das würde ökologisch Sinn machen«, sagt Tomic und meint damit, lieber übrig gebliebenes Sojaöl in seinen Tank füllen zu wollen, als an Tierfutterbetriebe zu verkaufen. Für den Kärntner ist die Verwendung von Sojaöl als Biokraftstoff aber nicht nur eine Möglichkeit, übrig gebliebenes Öl selbst zu verwerten, sondern auch ein weiterer Schritt Richtung Autarkie, denn die Schweinefutter- und Stickstoffkreisläufe hat er am Hof bereits geschlossen, es fehlt noch selbst hergestellter Treibstoff, sagt Tomic, der für seinen Betrieb und die hauseigene Bäckerei Strom mit Photovoltaikanlagen produziert.

Biokraftstoffe werden in drei Generationen eingeteilt. Die erste Generation wird aus nur wenigen Teilen einer Pflanze wie etwa Öl oder Zucker gewonnen, die zweite Generation nutzt die vollständige Pflanze, Generation drei sieht Algen als Basis für Biokraftstoffe vor, ist allerdings noch im Entwicklungsstadium. KritikerInnen von Biokraftstoffen argumentieren, durch Biokraftstoffe der ersten Generation würden Lebensmittel verschwendet, außerdem wird im Zusam-

»Wir müssen den Ruf der biologischen und gentechnikfreien Sojabohne zurechtrücken.«

— Johannes Tomic Biolandwirt

In Deutschland betrug der Anteil an Biokraftstoffen am Kraftstoffverbrauch im Verkehrssektor laut dem Umweltbundesamt im gleichen Jahr 6,4 Prozent.

2003 trat in der EU eine Biokraftstoffrichtlinie in Kraft, 2009 wurde sie durch die Erneuerbare-Energien-Richtlinie ersetzt und 2018 novelliert. Sie sieht EU-weit bis 2030 einen Mindestanteil an erneuerbaren Energien von 14 Prozent im Verkehrssektor vor, darunter müssen mindestens 3,5 Prozent fortschrittliche Biokraftstoffe, also Biokraftstoffe der zweiten Generation aus Abfällen, Reststoffen oder Waldholz, sein. lang mit eigenem Biokraftstoff versorgen und dennoch würden einige Hundert Liter Biosojaöl als Lebensmittel übrig bleiben. Pro Hektar kann er 400 Liter Sojaöl produzieren, in der Zukunft will er rund ein Viertel davon als Biokraftstoff verwenden und die restlichen 300 Liter als Lebensmittel verkaufen. Für Tomic stellt sich dadurch keine »Teller oder Tank«-Frage, vielmehr sieht er in seinem Vorhaben eine Antwort auf jene Frage. Doch das ist Zukunftsmusik. Derzeit versucht er weiterhin, die Menschen von seinem Sojaöl zu überzeugen. »Wir müssen den Ruf der biologischen und gentechnikfreien menhang mit Biokraftstoffen auch das Thema Sojabohne zurechtrücken.« Auf die SojapflanFlächenkonkurrenz diskutiert. Die Umwelt- ze will er nicht verzichten, auch wenn sich anschutzorganisation Transport & Environment, dere Leguminosen ebenfalls zur Stickstoffvereine Dachorganisation mit 53 nichtstaatlichen sorgung und als Futtermittel eignen würden. Zu europäischen Mitgliedsorganisationen, die sich gut funktioniere sein Betrieb mit der Pflanze, für einen nachhaltigen Verkehr einsetzen, er- der Einsatz von Sojaöl als Biokraftstoff würde rechnete in einer Studie im März 2022, dass eu- für ihn »den Kreislauf weiter schließen«, bisher ropaweit täglich rund 10.000 Tonnen Weizen, hat er aber für seinen Betrieb noch keine pasaus denen rund 15 Millionen Laib Brot entste- senden Maschinen gefunden, die mit Biokrafthen könnten, zu Ethanol für Autos verarbeitet stoffen betrieben werden können, auch größewerden. re Kooperationen konnte Tomic noch nicht an

Johannes Tomic stellt in der Debatte aber Land ziehen. So wandert weiterhin ein Großteil auch eine Preisfrage. »Die Gesellschaft zahlt seines Biosojaöls an Futtermittelbetriebe – und derzeit mehr für Energie als für Lebensmit- weder auf den Teller noch in den Tank. tel. Für viele Bauern ist es daher eine logische Konsequenz, Energie statt Lebensmittel zu produzieren«, so der Landwirt. Er wäre bereit, einen Pflanzenöltraktor über seine Felder rollen zu lassen. »Ich biete mich gerne als Versuchskaninchen an. Die erforderlichen Normen kann ich mit meinem Öl einhalten«, sagt Tomic. Laut eigener Rechnung könnte er mit dem derzeitigen Ertrag an Sojaöl die für seinen Acker notwendigen Maschinen ein Jahr Beim Sojaanbau nutzt Johannes Tomic einen eigens adaptierten Wendepacker.

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