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Qualitätseiweiß

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Elternalltag

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EIN EIWEISSREICH

Beispiel für eine gute pflanzliche Eiweißquelle: 100 Gramm Quinoa enthalten rund 15 Gramm Protein.

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Pflanzliche Lebensmittel können einen höheren Eiweißanteil als tierische haben, jedoch ist ihre Eiweißqualität geringer. Man kann sie steigern.

Proteine halten unseren Körper gewissermaßen zusammen, sind neben Kohlenhydraten und Fetten Hauptnährstoffe und finden sich in tierischen wie auch in pflanzlichen Nahrungsmitteln. Dennoch beschäftigt die Frage »Woher bekommen VeganerInnen ihr Eiweiß?« hartnäckig Onlineforen und Social-Kanäle. Mitunter womöglich in erster Linie, um Produkte zur Lösung dieses Problems anzupreisen: vegane Eiweißshakes, High-Protein-Produkte und millionenfach geklickte »High protein vegan meals« auf Social Media. Andererseits: Wozu es proteinreiches Functional Food mit tierischen Inhaltsstoffen gibt, fragt auch schon lang keineR mehr. Und: Wenn es Proteinshakes gibt, dann soll es sie wohl auch vegan geben!

Sogar wenn das ernährungsphysiologisch nicht notwendig wäre, wie das deutsche Bundeszentrum für Ernährung (BZFS) festhält, denn bei einer veganen Kost lässt sich der Proteinbedarf ganz ohne Zusatzprodukte decken.

MEHR ALS MUSKELNAHRUNG

Laut dem BZFS benötigt ein Erwachsener täglich rund 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht. Schwangeren, Säuglingen, Menschen ab 60 und LeistungssportlerInnen wird zu einer höheren Menge geraten. Nach der Nahrungsaufnahme funktionieren Proteine anders als Kohlenhydrate und Fette, die im Körper vorwiegend in Energie umgewandelt werden: Eiweiße bleiben im Körper – und zwar als Baustoffe, die wir beispielsweise zum Sauerstofftransport, für den Hormonhaushalt, den Stoffwechsel und auch zur Immunabwehr benötigen, denn auch Antikörper bestehen aus Proteinen.

Proteine bestehen aus Bausteinen, die für den menschlichen Körper unentbehrlich sind. 20 unterschiedliche Aminosäuren stecken in Lebensmitteln, neun davon werden als essenziell bezeichnet, da man sie nur über die Nahrung aufnehmen und nicht selbst im Körper bilden kann. Die gute Nachricht: Alle neun essenziellen Aminosäuren stecken in allen Lebensmitteln, auch in pflanzlichen. Unterschiedlich ist nur die Menge der einzelnen Aminosäuren in den Proteinen, von denen jedes anders aufgebaut ist.

EIWEISS IST NICHT GLEICH EIWEISS

TEXT

Florian Jauk

Linsen, deren biologische Wertigkeit bei 45 liegt.

KOMBINATION UND VERARBEITUNG

Einzelne vegane Eiweißquellen können teilweise schlechter vom menschlichen Organismus aufgenommen werden als einige tierischen Proteine. Um die biologische Wertigkeit zu erhöhen, müssen sie so kombiniert werden, dass ihre Aminosäuren sich gegenseitig ergänzen. tierischer, wie ein Blick auf die Nährwertangaben von Kürbiskernen, Hülsenfrüchten und Tofu verrät. Allerdings bedeutet das nicht automatisch, dass dadurch auch mehr Protein im Körper aufgenommen werden kann. Das Zauberwort heißt hier biologische Wertigkeit, auch Eiweißqualität genannt. Sie ist eine Maßzahl dafür, wie gut Nahrungsproteine zur Bildung von körpereigenen Proteinen genutzt werden können. Je mehr die Zusammensetzung der Aminosäuren in den Proteinen der Lebensmittel dem Bedarf des menschlichen Organismus entspricht, desto höher ist die biologische Wertigkeit. Diese sei bei tierischen Eiweißen in der Regel höher, da ihre Strukturen denen körpereigener Proteine ähneln, erklärt die Lebensmitteltechnologin Regine Schönlechner von der Universität für Bodenkultur Wien. Ein Ei beispielsweise erreicht den Wert 100, aber auch gewisse pflanzliche Lebensmittel weisen hohe Werte auf – etwa Soja mit einer biologischen Wertigkeit über 80. Zudem bestimmt auch die Verdaulichkeit von Proteinen darüber, wie gut sie vom Körper aufgenommen werden können. Auch hier haben tierische Eiweiße die Nase vorne, so Schönlechner. »Pflanzliche Proteine sind manchmal schwerer verdaulich, weil sie an andere Inhaltsstoffe gebunden oder von ihnen umhüllt sind. Außerdem enthalten Pflanzen oft Polyphenole (sekundäre Pflanzenstoffe), die die Verdauung behindern.« Bei 100 Gramm Eiweiß aus einem Hühnerei kann also insgesamt ein höherer Anteil an Proteinen aufgenommen und vom Körper genutzt werden als bei 100 Gramm

Die Lösung, um durch Pflanzen einen gleich hohen Anteil an Proteinen wie durch tierische Eiweiße aufzunehmen, ist einerseits, mehr von ihnen zu essen, oder andererseits – und das ist wohl für die meisten Menschen praktikabler –, die Eiweißqualität und Verdaulichkeit zu steigern. Die Verdaulichkeit pflanzlicher Lebensmittel kann einfach über das Kochen, durch Einweichen von beispielsweise Hülsenfrüchten, Zerteilen, Keimen oder fallweise auch durch Fermentation gesteigert werden. Durch die Kombination pflanzlicher Eiweißquellen und die daraus folgende Ergänzung der einzelnen Aminosäuren wird die biologische Wertigkeit erhöht. Dies kann in einer Mahlzeit erfolgen, aber auch über den Tag verteilt werden. Gute pflanzliche Eiweißkombinationen sind beispielsweise Getreide oder Reis mit Hülsenfrüchten und Samen oder Nüssen, also ein Linsengericht mit Amaranth und Quinoa und Kürbiskernen oder Hanfsamen. KEINE ANGST VOR EINEM PROTEINMANGEL Die biologische Wertigkeit sagt viel über die Eiweißqualität und damit darüber aus, wie gut aufgenommene Proteine in Körpereiweiße umgewandelt werden können. Omnivoren haben hier mit dem Lebensmittel mit der höchsten biologischen Wertigkeit, nämlich dem Ei, einen Vorteil. Dennoch müssen sich auch VeganerInnen nicht vor einem Proteinmangel fürchten, durch Lebensmittelkombinationen, die die biologische Wertigkeit eines Gerichts erhöhen, und richtige Verarbeitung von Eiweißquellen, die deren Verdaulichkeit steigert, kann der tägliche Eiweißbedarf auch bei pflanzlicher Ernährung problemlos in jedem Lebensstadium erreicht werden.

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