BIOTERRA MAI/JUNI 2013

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G Ä R T N E R N

G E S T A L T E N

G E N I E S S E N

ANGEBOT

BLUMENWIESE PRAXIS: ANLAGE, PFLEGE, UND SCHNITT

FEIGENPFLANZEN UND BLUMEN FÜR IHREN BALKONSOMMER

LESERREISE ZWEITÄGIGE ROSENREISE NACH DEUTSCHLAND

ROSENLUST DIE BIO-ROSENSCHULE RUF UND IHRE ZÜCHTUNGEN

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Ed it o r ial

Liebe Leserin, lieber Leser

Doris Guarisco Chefredaktorin «Bioterra»

Vor etwas mehr als zehn Jahren wagten wir uns erstmals ans Thema Rosen. Denn die landläufige Meinung war: Rosen kann man unmöglich biologisch pflegen! Richard Huber, der bekannte Schweizer Rosenzüchter, lächelte verschmitzt und sagte mir: «Für Sie habe ich spezielle Rosen.» Und er weihte mich, in stundenlangem Erzählen, in die faszinierende Welt der Historischen Rosen ein. Seither gedeihen und blühen in meinem Garten viele robuste einmal und öfter blühende Strauch- und Kletterrosen und manchmal wachsen mir die Gartenköniginnen auch über den Kopf. Doch habe ich in all diesen Jahren keinen Gedanken an den Einsatz von Spritzmitteln verschwendet – die edlen Damen scheinen mit meiner biologischen Pflege zufrieden zu sein. In unserer Titelgeschichte berichten wir von der Bio-Rosenschule Ruf im hessischen Steinfurth. Sabine und Werner Ruf züchten und vermehren Rosen. Ihre 6 Hektare umfassende Rosenschule mit einem Sortiment von 500 Sorten bewirtschaften sie nach bester biologischer Praxis. Wer diese sinnliche Rosenwelt erleben möchte, kommt mit auf unsere zweitägige Leserreise im Juni (Programm Seite 28). Sie führt uns erst zur Rosenanlage des Landhauses Ettenbühl, danach zum wildromantischen Rosenhang Karben und am nächsten Tag zu den Steinfurther Rosentagen mit Besichtigung der Bio-Rosenschule Ruf. Überdies erfahren Sie ab Seite 40 von Markus Neubauer, Gartenfachmann, wie aus einem Rasen eine Blumenwiese wird. Und lassen Sie sich die Reportage über Hansjörg von Känel nicht entgehen. In seiner Werkstatt stellt er massgefertigte Sensen her, er ist einer der Letzten seines Handwerks. Eine sonnig warme Frühsommerzeit wünscht Ihnen

IM T e am

Ute Studer

CORINNA STAFFE

BINA Thürkauf

Unsere Autorin hat für uns in Steinfurth die Bio-Rosenschule Ruf besucht und einen anregenden Bericht darüber geschrieben. Lesen Sie, wie die Rosenzüchter ihren Betrieb ganz und gar nach biologischen Richtlinien bewirtschaften.

Gespannt erwarten wir jeweils ihre Illustrationen zur Beratung und zu den «Notizen». Und sind überrascht, wie Corinna Staffe die Themen, mit viel Können und mit einer Prise Humor gewürzt, kunstvoll umsetzt.

Die Biogärtnerei am Hirtenweg in Riehen bei Basel, geführt von Bina Thürkauf, ist ein Mekka fürs Besondere. Hier bekommt man Wildstauden, Gemüse, Obst und Beeren von Pro-Specie-Rara-Sorten. In dieser Ausgabe können Sie Bio-Feigenpflanzen bestellen.

Titelbild: Rosa Gallica ‘ Versicolor’, Foto: Benedikt Dittli

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inh a l t

Gartensaison

Acht Seiten Gartentipps für Bio-, Naturgarten und Balkon ........................................................ 8 Titelgeschichte

Bio-Rosenschule Ruf, Steinfurth Sabine und Werner Ruf vermehren und züchten Rosen in Bioqualität ...................................................... 2 0 Bio- und Naturgarten

Offene Gärten 2013: Mitglieder von Garten- und Pflanzvereinen öffnen ihre Gartentore ........................................................ 6 Serie: Sandras Garten Erste Schritte ins Gartenglück: Ein Staudenbeet anlegen ...................................................... 1 8 Feigen – die Süsse des Südens Ausgewählte Feigensorten für Ihren Biogarten oder Balkon mit Leserangebot ...................................................... 3 0 Balkonsommer: 3 Kombinationen mit mehrjährigen Stauden und Gräsern, mit Leserangebot ...................................................... 3 4 Vom Rasen zur Wiese Worauf zu achten ist: Von der Anlage über die Pflege bis zum Schnitt ...................................................... 4 0 Altes Handwerk: Sensen Hansjörg von Känel fertigt massgefertige Sensen an ...................................................... 4 4 Bioterra

Sabine und Werner Ruf haben mit ihrer BioRosenschule in Steinfurth das Unmögliche möglich gemacht SEite 20

Für einen lang blühenden Balkonsommer Drei Kombinationen mit Blütenstauden und Gräsern für Kistchen und Töpfe, kreiert von der Biogärtnerei SEite 34 Gartenwerke in Eriswil

Zweitägige Leserreise: Landhaus Ettenbühl, Rosenhang Karben, 6. Steinfurther Rosentage ...................................................... 2 8 Botanica 2013 Die Event-Woche der botanischen Gärten – Wir sind Medienpartner ...................................................... 3 8 P ORT r ä T

Frau Gerolds Garten: Das Lokal mit frischem Gemüse aus dem Garten ...................................................... 5 4 RU B RI K EN Notizen: Ute Studers Seite....................... 29 Beratung: Urs Streuli weiss Rat............... 3 3 Im Focus.................................................. 43 Kurse....................................................... 49 Vorschau/Impressum................................... 56 Leserservice/Bestelltalon..................... 57

F o t o s : B e n e di kt Di t t l i , St e fa n Wa lt e r , G A P - P h o t o s

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Porträt Frau Gerolds Garten: Aus den Beeten frisch auf den Beizentisch SEite 54

Feigenpflanzen Die Süsse des Südens in den Garten holen – mit unserem Leserangebot SEite

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saison —

Museum der Gartenkultur – S EITE 9 indigolupine – S EITE 10 Farne seleger Moor: Weicher schildfarn – S EITE 11 tipp des Biogärtners: rote Johannisbeere ‘rovada’ – S EITE 13 tomatensorten für töpfe – S EITE 14 Zitronenstrauch – S EITE 14 Brennnessel-Jauche als Dünger – S EITE 15 Pilzkrankheiten vorbeugen – S EITE 17 Vo n B r igitte B o s shard u n d Ute Studer

sedum ‘maTrona‘

Siegeszug durch die Gärten der Welt Gut 15 Jahre ist es her, seit die

internationale staudenunion die Neuzüchtung der Grossen Fetthenne ‘Matrona’ zur besonderen Neuheit kürte. seither hat sich die von der Gärtnerei hügin aus Freiburg im Breisgau eingeführte sorte in vielen Gärten der Welt etabliert. Besonders auffallend sind die grossen, zartrosafarbenen Blütenteller und die zum sommer hin dunkel lilagrünen Blätter. Die sonnenliebende staude blüht von august bis september und wird bis 70 cm hoch.

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S A I S ON

STRAUCHBASILIKUM ‘MAGIC BLUE’

Duftnote für die Terrasse

Die Basilikum-Hybride ‘Magic Blue’ ist anders als ihre Verwandten. Die Pflanze wächst als kleiner Busch oder Hochstamm und bildet keine Samen, sondern kann über Stecklinge vermehrt werden. Mit ihren violettblauen Blüten an den langen, verholzenden Stängeln ist sie als Kübelpflanze ein echter Hingucker. Der Geschmack der braungrünen Blätter ist sehr intensiv und eher ungewöhnlich. Die bis 80 cm hoch wachsenden Sträucher brauchen einen geschützten, sonnigen Platz und reichliche Versorgung mit Wasser und Nährstoffen. Sie sind nicht winterhart und sollten frostfrei überwintert werden.

PORZELLANBLÜMCHEN

Blütenschleier für den Halbschatten Das Porzellanblümchen Saxifraga x urbium

bildet von Mai bis Juni zartrosa Blütenschleier aus, die über den dunkelgrünen Rosetten zu schweben scheinen. Sehr schön wirkt die Teppiche bildende Staude als Randbepflanzung im Halbschatten. Sie liebt humusreiche Böden.

NEUERÖFFNUNG

Museum der Gartenkultur Seit Februar zeigt das Museum der Gartenkultur im deutschen Illertissen bei Ulm eine Sammlung von historischen Gartengeräten, die von Buchautor Wolfgang Hundbiss und von Staudengärtner Dieter Gaissmayer zusammengetragen worden sind. Zu den rund 7000 Exponaten gesellen sich eine Bibliothek mit mehr als 1600 zum Teil sehr alten Gartenbüchern und eine 1,5 Hektar grosse Aussenanlage mit fast vergessenen Nutz- und Zierpflanzen. Zusammen mit dem Museumsladen, einem Café und der wunderschönen Gärtnerei ist dieses Museum ein lohnendes Ausflugsziel für interessierte Gärtnerinnen und Gärtner. Infos unter: www.museum-der-gartenkultur.de

FOTOS: GAP-PHOTOS, GAISSMAYER

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BUCH

Objekte aus Beton zum Selbermachen Schöne Dinge aus Beton zu giessen, braucht nicht viel Zeit und ist einfach: Trockenbeton mit Wasser anrühren, in eine Form giessen, trocknen lassen. Fertig ist das Werk. Die beiden Autorinnen beschreiben verständlich, wie man aus Beton schöne Schalen, witzige Kerzenständer, Übertöpfe, Handskulpturen, Buchstützen und sogar einen Grilltisch selber machen kann. 27 tolle Beton-Objekte für drinnen und draussen können nach den Anleitungen nachgemacht werden. Lust auf Beton, 27 pfiffige Projekte zum Selbermachen, S. Hedengren, S. Zacke, Landwirtschaftsverlag, Münster, 2012, ca. Fr. 24.50 Bestelltalon Seite 59.

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s a is on Artischocke

Schön und delikat Nicht nur als Inbegriff essbarer Blüten ist die Artischocke eine Exklusivität. Ihre ganze Erscheinung mit den stacheligen Laubblättern in der speziellen milchig weissen Färbung und vor allem die wunderbare violette Blüte sind eine Augenweide und Schmuck für den Gemüsegarten. Als offene Solitärblume geschnitten, kommt sie in einem flachen Teller besonders gut zur Geltung und hält bis 3 Wochen lang. Eigentlich sind die Artischocken mehrjährige Pflanzen, aber nur an einem besonders geschützten Platz gelingt es, sie bei uns zu überwintern. Besser kauft man jedes Jahr neue Setzlinge. An Temperatur und Boden stellen sie hohe Ansprüche: Sonnig und windgeschützt auf sandig humosem Boden, feucht, aber ohne Staunässe. Bei uns eignen sich vor allem die Sorten ‘Green Globe’, ‘Grüne von Laon’ oder ‘Violetto’.

Gemüse vom Balkon

Tomatenvielfalt im Topfgarten Tomaten, die man selber zieht, schmecken einfach am besten. Allerdings ist die Wahl der richtigen Sorten wichtig. Auch für die Topfkultur gibt es eine ganze Reihe geeigneter Sorten. Grundsätzlich kann man alle Tomaten in Töpfen ziehen, falls die Töpfe entsprechend gross sind und viel Platz vorhanden ist. Niedrige oder buschig wachsende Sorten eignen sich aber auch für kleinere Balkone. Die Töpfe sollten mindestens einen Durchmesser von 30 cm haben und mit torffreier, nährstoffreicher Biokomposterde gefüllt sein, der etwas Hornspäne zugegeben werden. Buschig wachsende Tomaten müssen nicht entgeizt werden, bei Stabtomaten werden die Seitentriebe regelmässig ausgebrochen. Unser Tomatenspezialist Andres Sprecher empfiehlt die folgenden Sorten für die Topfkultur: Fleischtomaten: ‘Buschbeefsteak’ wuchsfreudig, rote, aromatische Früchte, ‘Agata’ buschiger Wuchs, früh, rote Früchte | Rundtomaten: ‘Lime Green’ nur 50 cm hoch, saftige, aromatische, gelbgrüne Früchte, ‘Moskvitch’ nur 40 cm hoch, robust, runde, rote Früchte | Flaschentomate: ‘Green Sausage’ buschiger Wuchs, gelbgrün marmorierte Früchte | Kirschtomaten: ‘Mini Mini’ nur 30 cm hoch, kleine, rote Früchte, ‘Goldnuggi’ runde, gelbe, süsse Früchte, ‘Rote Pflaume’ robust, eiförmige, süsse, rote Früchte, ‘Sam’ buschiger Wuchs, früh, rote, runde Früchte, ‘Pelikan’ buschiger Wuchs, süsssäuerliche, rote Früchte, ‘Schneewittchen’ 1,5 m hoch, blassgelbe Früchte, ‘Datterino’ robust, rote, süsse, lagerfähige Früchte

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Zitronenstrauch

Für Gourmets, Kräuter- und Teefans Mit seinem starken Duft nach Zitrone locken die Blüten des Zitronenstrauchs Aloysia citrodora in erster Linie Insekten an. Aber auch Gourmets erliegen der duftenden Verlockung. Klein geschnitten, verfeinern die Blättchen Obstsalat oder Glace. Als erfrischender Tee wirkt die Zitronenverbene verdauungsfördernd und beruhigend, also ein idealer Gute-Nacht-Tee. Beim Ernten schneidet man ganze Triebe, denn die Zitronenverbene liebt den kontinuierlichen Schnitt. Erst dann zupft man die einzelnen Blättchen und trocknet sie im Schatten. So kann man das intensive Zitronenaroma lange in den Winter hinüberretten. Als Duftsäckchen im Kleiderschrank riechen sie bestimmt besser als Mottenkugeln! In einem Topf auf dem Balkon oder neben dem Hauseingang als kleines Bäumchen oder Busch erzogen, ist die Verveine eine einladende Geste für Gäste.

Foto: GAP-Photos, Brigitte Bosshard

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s a i s on Brennnessel

Kräftiger Pflanzendünger Die Jauche aus Brennnesseln ist neben dem Kompost der beste Dünger im Biogarten. Geschnitten werden die Nesseln bodentief, sobald sie kniehoch gewachsen sind. Man verwendet Holz- oder Kunststoffbehälter mit Deckel und schichtet die grob zerkleinerten Pflanzen locker ins Gefäss. Aufgefüllt wird mit Regenwasser bis knapp unter den Rand. Man legt den Deckel nicht ganz auf, sondern klemmt ein Holzscheit so ein, dass noch Luft an die Jauche kommen kann, gleichzeitig aber keine Tiere hineinfallen können. Mit einem Holzstecken rührt man alle 1 bis 2 Tage um und drückt das aufsteigende Pflanzenmaterial nach unten. Die Beigabe von etwas Steinmehl bindet den Geruch. Wenn keine Blasen mehr aufsteigen, ist die Jauche fertig. Das dauert zwischen 2 und 3 Wochen. Bevor man die Jauche im Wurzelbereich von Starkzehrern ausbringt, muss sie 1 : 10 mit Wasser verdünnt werden.

Gurken

Ein Beet für die Wärmeliebenden Gurken gedeihen auf kleinen Wällen oder auf

einem Hügelbeet besonders gut und beanspruchen den wärmsten Platz im Garten. Der Boden wird gut gelockert und mit frischem Kompost gedüngt. Der Platzbedarf der Gurken ist gross und flächig, falls man sie nicht am Gitter hochklettern lässt. Setzen Sie die Pflanzen im Abstand von 50 cm in die Mitte des Beetes. Dazwischen säen Sie Dill und Basilikum aus.

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Wildkräuterküche Zu schade für den Kompost B l ä tt e r v o n K o h l r ä b l i

Kohlrabiblätter landen meist im Abfall oder auf dem Kompost, was eigentlich schade ist. Sie enthalten mehr Vitamine als die Knolle und sollten deshalb ebenfalls verwendet werden. Die Herzblätter schmecken roh und gehackt ausgezeichnet in einem Salat oder auf den gedünsteten Kohlrabi. Die grösseren Blätter lassen sich wie Spinat zubereiten.

Fotos: GAP-Photos

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Aus Wildpflanzen lassen sich Köstlichkeiten zaubern. Kräuter, Beeren und Blüten, die man auf Wald- und Wiesenspaziergängen sammelt, stecken voller Aromen und gesunden Inhaltsstoffen. Die Autorinnen erzählen von den eigenen Erfahrungen mit Wildpflanzen und wie man sie am schmackhaftesten verarbeitet. Alle Kräuter und Beeren sind ausführlich porträtiert, botanisch erklärt und geschmacklich beschrieben. Die stimmungsvollen Fotos laden zum Ausprobieren und Nachkochen ein. Wildes Grün, Verführerische Wildpflanzenrezepte durch das ganze Jahr, Dittmer, Schütz, Zombori, AT-Verlag, Aarau, 2013, ca. Fr. 32.90. Bestelltalon Seite 59.

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R os e n Rugosa-Rose ‘Wild Goose’, eine Eigenzüchtung von Rufs, ihren Gänsen zur Ehre.

Einzigartig Die Bio-Rosenschule Ruf

Im hessischen Dörfchen Steinfurth betreiben Sabine und Werner Ruf eine Bio-Rosenschule. Über 500 erlesene Sorten und Eigenzüchtungen finden Interessierte in diesem Rosenparadies. Für Leserinnen und Leser von «Bioterra» bieten wir im Juni eine zweitägige Rosenreise nach Steinfurth an. Unter anderem besuchen wir die Bio-Rosenschule und das Landhaus Ettenbühl. 20

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Ros e n

Werner und Sabine Ruf inmitten ihrer Rosenpflanzen, die zum Verkauf bereitstehen.

Fotos: Benedikt Dittli

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R os e n

«Die wichtigste Voraussetzung für eine Biopflege von Rosen ist die Wahl von robusten Sorten.» Der Rosenhochadel «Im Jahr 1867 begann für die Rosen die Neuzeit», erzählt Werner Ruf, «denn in diesem Jahr wurde zum ersten Mal eine chinesische Rose mit einer europäischen Rose gekreuzt.» Das Resultat war die erste Teehybride ‘La France’, die Vorläuferin aller modernen Rosen. Als Historische Rosen werden die Züchtungen bezeichnet, die vor 1867 entstanden sind. Sie unterscheiden sich von den modernen vor allem durch die Üppigkeit ihrer Blüten und die herrlichen Düfte. Sie sind meist einmal blühend, ihre Farbpalette reicht von Weiss über verschiedene Rosatöne, Purpurrot bis zu tiefem Dunkelviolett. Orange und Gelb wurden Rosen erst durch die Kreuzung mit den gelben, mehrmals blühenden Rosen aus Asien. Leider ist mit der Züchtung der Teehybriden meist nicht nur der Duft, sondern auch die Robustheit der Rosen verlorengegangen. Dadurch ist die irrige Vorstellung entstanden, dass bei Rosen ohne Chemie nicht auszukommen sei. Bio-Rosenzüchter Werner Ruf vergleicht die Teehybriden mit einem Mannequin: «Zum Angucken ist sie ganz nett, aber haben möchte ich sie nicht!»

Blütenbüschel der Kletterrose ‘Moonlight’. Mit süssem Duft, blüht lange und ist von breitbuschigem Wuchs.

«Rosen isst man doch nicht!» Als Sabine Ruf ihrem Schwiegervater erzählte, dass sie und ihr Mann 1995 die Rosenschule in Zukunft biologisch bewirtschaften wollten, schüttelte er verwundert den Kopf. Für den Baumschulisten war Bio bestenfalls etwas zum Essen. «Wir hatten einfach keine Lust mehr auf Chemie», begründen die beiden die Umstellung. Schon seit 1990 benutzten sie keine Herbizide mehr. Sie beantragten bei der Label-Organisation Bioland, als Rosenbaumschule aufgenommen zu werden. Da es für ökologische Rosenzucht noch keine Vorgaben gab, halfen die beiden kurzerhand mit, Richtlinien für die biologische Zierpflanzenzucht zu entwickeln. Dabei spielen die Nützlinge im biologischen Pflanzenschutz eine wichtige Rolle. Mit natürlich vorkommenden Viren und Bakterien wie zum Beispiel Bazillus Thuringensis sowie mit schädlingsabwehrenden Substanzen einiger Pflanzen konnten die Ökopioniere im Rosenanbau gezielt gegen Befall vorgehen. Mit ausgeklügelter Gründüngung wird die Bodenfruchtbarkeit erhalten und verbessert, was die mehrmalige Rosenzucht am gleichen Standort möglich macht. Die ansonsten übliche Begasung der Rosenflächen kommt für den biologischen Landbau nicht in Frage. Daher werden Rosen im Wechsel mit landwirtschaftlichen Kulturen angebaut. So wird nicht nur die Umwelt geschont, sondern die Rosen danken es auch mit gesundem, kräftigem Wuchs. Buchtipp:

Familie Ruf mit Sohn Manuel, der in Zukunft vielleicht die Rosenbaumschule weiterführen wird.

Wer mehr über biologische Rosenpflege und ökologisches Gärtnern erfahren will, findet das im Buch: Die Natur der Rose, eine praktische Philosophie über Rosenkultur, Werner Ruf, OLV-Verlag, Kevelaer, 2010, ca. Fr 38.90. Bestelltalon Seite 59.

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Ros e n Die kunstvoll gefüllte Blüte der Damaszener-Rose ‘Jacques Cartier’.

tiPPs fÜr Die BioloGische rosenPfleGe

vo n Sabin e u n d Wer n er Ruf

«Die auswahl robuster sorten ist die Grundvoraussetzung für die biologische rosenpflege. Wichtig sind ein geeigneter standort und ein ökologischer Garten, in dem sich auch nützlinge vom Marienkäfer bis zur florfliege wohlfühlen. rosen lieben es hell und luftig. ein lehmiger, humoser, tiefgründiger Boden, der mit kompost angereichert wurde, garantiert kräftiges Wachstum. Weil rosen erst einmal tiefe Wurzeln bilden müssen, erhalten sie beim Pflanzen noch keine Düngergabe. im frühjahr erfolgt eine Düngung mit organischem rosendünger. etwas organischer flüssigdünger im Mai/Juni fördert die Blütenbildung. schachtelhalmextrakt festigt das Gewebe und fördert gesundes Wachstum. sollte Mehltau die rosen befallen, schaffen Produkte mit Mehltausalz und neembaumöl abhilfe.»

fotos: BeneDikt Dittli

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f e ig e n

Die sÜsse Des sÜDens Frische süsse Feigen direkt ab Baum – dieses sommervergnügen winkt auch nördlich nördlich der der alpen: alpen in auch in Gärten Gärten mit mildem Klima. sieben robuste sorten, die hierzulande gut gedeihen, können Leserinnen und Leser von «Bioterra» bestellen.

Vo n B eat r ix M ü hlethaler

Die gelappten Blätter sind eine Zierde fürs auge, die Früchte ein Genuss für den Gaumen. Der Feigenbaum gewinnt auch auf der alpennordseite zunehmend die Gunst von Gärtnerinnen und Gärtnern. schon der angenehme Duft, den die Pflanze verströmt, weckt erinnerungen an den süden: wenn uns auf Fahrradtouren im Mittelmeerraum dieser typische Geruch in die nase stieg, schauten wir erwartungsfroh ins Gebüsch, ob es irgendwo eine Frucht zu naschen gäbe. wie köstlich schmeckte sie, frisch und vollreif vom Baum am wegesrand! im Vergleich dazu bereiten Feigen aus dem hiesigen Früchtehandel meist eine herbe enttäuschung, nicht nur weil die ambiance fehlt. sie sind schlicht nicht ausgereift. Denn die Früchte werden, damit sie den transport unbeschadet überstehen, vor der Vollreife gepflückt. in diesem stadium gelangen sie in den Verkauf, sprich in den Mund, da sie nicht nachreifen. Die fade Kost aus dem Laden nährt Gelüste, Feigen im eigenen Garten ernten zu können. richtig süss und aromatisch sind sie dann, wenn ihre schale schon kleine risse aufweist. tatsächlich können Feigen auch bei uns so weit reifen. Voraussetzung ist, dass der mediterrane Baum einen günstigen Platz erhält. Bioterra bietet sieben sorten, die auch nördlich der alpen gut gedeihen, zum Bestellen an. Die Geister scheiden sich etwas, bis auf welche Höhe über dem Meeresspiegel das Pflanzen dieses südländers erfolgversprechend ist: 700 Meter lautete die empfeh-

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Foto: BeneDiKt DittLi

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fe i ge n

‘Pastilière’ | Herbstfeige | Reife ab Mitte September | violette Früchte mit dunkelrotem Fleisch | Topf möglich

‘Boga’ | Blütenfeige | Reife ab Ende August | gelbrote Früchte mit rotem Fleisch

‘Ronde de Bordeaux’ | Herbstfeige | Reife ab September | kleine, violette Früchte mit dunkelrotem Fleisch

‘Bella Brunetta’ | Blütenfeige | Reife ab Ende August | rotbraune Früchte mit rotem Fleisch | Topf möglich

Leserangebot: Feigenpflanzen in Bioqualität aus der Gärnerei Hirtenweg, Riehen

‘Violetta’ | Blütenfeige | Reife ab Ende August | rotbraune Früchte mit rotem Fleisch | Topf möglich

Unseren Leserinnen und Lesern bieten wir 7 verschiedene Feigen zum Bestellen an. Die Pflanzen sind einjährig.

‘Grise Olivette’ | Blütenfeige | Reife ab September | blaue Früchte mit dunkelrotem Fleisch

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‘Longue d’Août’ | Blütenfeige | Reife ab Ende August | grosse, gelbrote Früchte mit rotem Fleisch | Topf möglich

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Ba l k o n g arte n

Stauden und Gräser für Kistchen und Töpfe Gekonnt kombiniert, ist eine Bepflanzung mit mehrjährigen Stauden und Gräsern in Kistchen für Balkon und Terrasse dekorativ und lange schön. Stephan Aeschlimann Yelin von der Biogärtnerei Gartenwerke hat für unsere Leserinnen und Leser drei Stauden-Sets zum Bestellen ausgewählt. Von Ute Stude r

Die mehrjährigen Stauden erobern zunehmend Pflanzkübel und Töpfe. Im Vergleich zum typischen Balkonsommerflor haben sie den Vorteil, auch im Winter eine Zierde zu sein. Zudem muss man nicht jedes Jahr neue Pflanzen kaufen. Attraktive, grosse Gefässe lassen mit den vorgeschlagenen Bepflanzungen reizvolle, kleine Landschaften entstehen. Die Topfgärten verwandeln Balkon oder Terrasse in ein grünes Freiluftzimmer. Auch sind sie mobil und können immer wieder neu geordnet werden, je nachdem was gerade schöne Blüten, interessante Blattfarben und -formen oder Samenstände zeigt. Die von der Biogärtnerei Gartenwerke in Eriswil im Emmental angebotenen Stauden erfüllen alle Kriterien, die Stauden für die Topfpflanzung haben sollten: Sie sind gut standfest, langlebig und wachsen horstig. Sie sehen über die ganze Vegetationszeit gut aus und nicht nur zur Blütezeit. Je nach Jahreszeit ändert der Topfgarten zwar sein Aussehen, bleibt aber immer attraktiv. Wer einen Garten hat, kann die Stauden natürlich auch in die Rabatte pflanzen. Unser Angebot enthält drei Pflanzen-Sets.

«Silberlicht» für Halbschatten und Schatten Die Kombination «Silberlicht» besticht vor allem durch ihre Blattformen und Grüntöne. Das Kaukasus-Vergissmeinnicht beglückt uns im Frühjahr während Wochen mit kleinen, blauen Blüten. Das herzförmige Blattwerk ziert die Pflanze auch nach der Blüte. Die weissen Blüten der grossblättrigen Bergenien werden im Verblühen rosa. Die Rasenschmiele schiebt ab Juni eine grosse Fülle von zunächst grünen Blütenständen aus den Horsten, die dann zu golden schimmernden Rispen werden und bis in den Spätherbst wie Weihnachtsbaum-Lametta herabhängen. Die lila-blauen Sternblüten der ZwergAster werden im Spätsommer gerne von Faltern besucht. «Sonnengold» für Sonnenplätze Die Kombination «Sonnengold» besteht aus Sonnenkindern, die durch ihre Farbe frisch und fröhlich wirken. Das einheimische Ochsenauge strahlt mit seinen gelben Margeritenblüten den ganzen Sommer über. Ihm zur Seite leuchten die goldgelben Blüten des Mädchenauges, ebenfalls ein Dauerblüher. Der Schuppenkopf tanzt dazwischen mit auf langen Stielen schaukelnden, creme-weissen Blüten, die viele Insekten anlocken, und das Herbst-Kopfgras unterstützt die hellen Töne mit zartgrünen Blättern.

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«Blütenwolke» für Sonnenanbeter «Blütenwolke» ist eine luftig leichte Kombination mit filigranen Blütenstauden. Die blauvioletten Blütenschleier des Strandflieders sehen auch trocken bis in den Herbst duftig aus. Das Felsen-Fettblatt erfreut im Sommer mit burgunderroten Blüten über den jadegrünen, dickfleischigen Blättern. Die helllila Sternblüten der Pyrenäen-Aster blühen und harmonieren zusammen mit den fein verzweigten, rötlichen Halmen und Blütenständen der Rutenhirse bis in den Herbst. Pflanz- und Pflegeanleitung für Töpfe Die Töpfe oder Tröge für unsere Kombinationen sollten einen Durchmesser von mindestens 50 cm aufweisen. Bei Bepflanzung von Balkonkisten sollten die Kästen 80 bis 100 cm lang sein. Wichtig für die Bepflanzung ist, dass unten in die Töpfe eine 5 cm hohe Drainageschicht von Blähton «Lecca» oder feinem Rundkies gegeben wird. Bei den Kästen fällt die Drainage weg, da sonst zu wenig Platz für Substrat und Wurzelwachstum bleibt. Auf die Drainageschicht gibt man das Substrat. Am besten verwendet man Trogerde ohne Torf, die strukturstabil ist und nicht nur organische Zuschlagstoffe, sondern auch mineralische Anteile enthält. Bewährt hat sich zum Beispiel Dach- und Trogerde von Ökohum, die Blähschiefer, Blähton, Bims, Ziegelsplitt und Pflanzhumus enthält. Dünger wird beim Pflanzen keiner zugegeben. Gedüngt werden die Stauden erst ab dem zweiten Standjahr mit einem organischen Flüssigdünger von Mai bis Ende Juli. Zum Pflanzen verteilt man die Stauden in den Töpfen und setzt sie in die Erde. Grundsätzlich sind alle Pflanzen winterhart und ohne Schutz gut draussen zu überwintern. Es ist aber von Vorteil, wenn die Töpfe im Winter etwas geschützt positioniert werden wie etwa an einer Hauswand oder Mauer, wo sie Nässe und Frost weniger direkt ausgesetzt sind. Gegossen wird wie bei anderen Töpfen auch. Nur brauchen die Stauden eher weniger Wasser als einjähriger Sommerflor. Ab Ende September hält man die Pflanzen etwas trockener. Ab Oktober und über den Winter werden sie nicht mehr gegossen. Stehen die Gefässe allerdings ganz im Regenschatten, sollte bei Tauwetter während der Wintermonate etwa dreimal gegossen werden. Ausser den Bergenien werden alle Stauden im März zurückgeschnitten, das Herbst-Kopfgras nur auf 8 cm, die anderen bis auf die grundständigen Knospen.

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Leserangebot: Stauden und Gräser für Kistchen Wir bieten unseren Leserinnen und Lesern drei Sets mit je vier verschiedenen Stauden und Gräsern zum Bestellen an. Die Pflanzen sind aus der mit Bio-Knospe zertifizierten Gärtnerei Gartenwerke in Eriswil. Die angegebenen Höhen beziehen sich auf die Kultur in Töpfen. Im Garten ausgepflanzt, wachsen die Pflanzen höher.

Brunnera macrophylla Kaukasus-Vergissmeinnicht

Bergenia ‘Silberlicht’ Wickelwurz

Deschampsia cespitosa Rasenschmiele

Aster ‘Adustus Nanus’ Zwerg-Herbstaster

Set #1 «Silberlicht» für Schatten Brunnera macrophylla Kaukasus-Vergissmeinnicht Schattenstaude mit blauen Blütenschleiern und herzförmigen Blättern | Blüte: blaue Blüten von März bis Mai | Höhe: 20 bis 40 cm | Standort: halbschattig bis schattig, auch für Problemstandorte unter Bäumen

Bergenia ‘Silberlicht’ Wickelwurz Ein Klassiker aus Grossmutters Garten mit ausdrucksstarken Blättern und ganz frühen weissen Blüten, die sich im Verblühen rosa verfärben | Blüte: weiss von April bis Mai | Höhe: 25 bis 40 cm | Standort: sonnig bis halbschattig

Deschampsia cespitosa Rasenschmiele Einheimisches Ziergras mit attraktiven, federartigen, bogig geneigten Blütenständen im Herbst | Blüte: grünlich-violett von Juni bis August, im Herbst leuchtend golden | Höhe: Blätter 30 bis 50 cm, Blütenstiele 60 bis 100 cm hoch Standort: halbschattig bis schattig

Aster ‘Adustus Nanus’ Zwerg-Herbstaster Reizende Zwergsorte, die dunkelgrüne Polster bildet und im Spätsommer lila-blaue Blüten zeigt, wichtiger Spätblüher für Insekten | Blüte: lila-blau von August bis Oktober | Höhe: 30 bis 40 cm | Standort: sonnig bis halbschattig

F otos : G arte n werke , G A p - P hotos

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Bl um e n w ie se

Vom Rasen zur Blumenwiese Jeder kennt sie, jeder mag sie und viele möchten eine eigene haben: eine Wiese mit wild wachsenden, farbenfröhlichen Blumen. Damit sich der Traum nicht als Trugbild entpuppt, erklärt Gartenfachmann Markus Neubauer, worauf es zu achten gilt. Die herrlich bunten Blumenwiesen, denen wir auf Wanderungen oder in Prospekten begegnen, sind oft Idealbilder. Sie wecken Erinnerungen an den Schulweg durch farbenfröhliche Matten oder die Sehnsucht nach Natürlichkeit in einer zunehmend monotonen grünen Umgebung. Die eigene Blumenwiese im Garten ist durchaus realisierbar. Es müssen aber einige Grundvoraussetzungen beachtet werden. Ein erster wesentlicher Punkt für die erfolgreiche Anlage einer Blumenwiese, scheint mir, ist eine realistische Einschätzung der Möglichkeiten. Es verhält sich mit den Bildern auf den Prospekten und Packungen der Saatgutfirmen ganz ähnlich wie mit den Bildern der Modezeitschriften. Die Models sind in voller Blüte und im besten Licht aufgenommen, was allzu gerne zu Fantasievorstellungen und übersteigerten Erwartungen führt. Das Anlegen einer Blumenwiese kommt einem Zeitraffer von 500 Jahren gleich. Auf einen Schlag befinden sich etwa 50 verschiedene, aufeinander abgestimmte Pflanzenarten auf dem Grundstück. Der Artenreichtum unterliegt einem komplexen Beziehungsnetz. Ein filigranes Kräftespiel steuert die Bestandeszusammensetzung. Eine Wiese ist in dauernder Entwicklung und präsentiert sich Monat für Monat, Jahr für Jahr in neuen Facetten. Erst nach 5 bis 15 Jahren erhält sie ihren eigenen einmaligen Charakter.

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Für Geduldige Geduldige Menschen schicken als Erstes den Rasenmäher in Rente und beobachten, was geschieht. Löwenzahn, Klee und vielleicht auch Margeriten nutzen wohl die Chance, die Fläche zu besiedeln. Das reduzierte Mähen erhöht die Konkurrenzfähigkeit der Kräuter und sorgt für Lücken in der Grasnarbe. Der Boden wird durch die unterlassene Düngung und das konsequente Abführen des Mähgutes langsam ausgemagert. Wer allerdings glaubt, alleine mit Geduld eine artenreiche Wiese zu erhalten, irrt. Vor allem, wenn sich das Grundstück im schweizerischen Mittelland befindet. Wissenschaftliche Arbeiten haben gezeigt, dass die Verbreitungsdistanz von Wildblumensamen im Durchschnitt pro Jahr nur etwa 50 cm beträgt. Arten, die flugfähige Samen produzieren, zum Beispiel der Wiesenpippau, schaffen eine jährliche Wanderung von etwa 200 Metern. Auch Einsaaten von Wildblumen in bestehende Wiesen oder Rasenflächen sind leider nur selten erfolgreich. Mit dem gezielten Einsetzen von Pflanzen kann bei kleinen Flächen der Vielfalt etwas nachgeholfen werden. Die Umwandlung eines bestehenden Rasens in eine ansprechend vielfältige Wiese braucht in jedem Fall eine grosse Portion Geduld und kann Jahrzehnte dauern. Die Neuanlage Deutlich rascher zum Erfolg führt die Neuanlage. Bei bestehenden Gartenanlagen wird der Rasen dafür vollständig abgetragen und der Boden umgegraben. Sehr gute Möglichkeiten in der Bodenvorbereitung bieten sich, wenn nach einem Neubau der Garten frisch angelegt wird. Auf den für die Wiesen vorgesehenen Flächen kann auf Humus teilweise oder bei lockerem Rohboden ganz verzichtet werden. Die erste Bodenbearbeitung sollte 4 bis 6 Wochen vor der Aussaat geschehen. Diese Zeitspanne braucht es, damit sich der Boden nach

der tiefen Lockerung absetzen kann und die im Boden bereits vorhandenen Samen keimen. Unmittelbar vor der Saat wird die Fläche noch einmal gesäubert und oberflächlich mit einem Rechen oder Kräuel gelockert.

Saatgut Für Johannes Burri, Wildblumenspezialist der UFA-Samen in Winterthur, gibt es für die Ansaat von artenreichen Blumenwiesen grundsätzlich keinen ungeeigneten, sprich falschen Standort, sehr wohl aber eine ungeeignete Samenmischung oder nicht erreichbare Vorstellungen und Wünsche. Nur wer eine dem Standort, der Pflege und späteren Nutzung angepasste Pflanzengesellschaft aussät, kann nach einigen Jahren mit einem guten Resultat rechnen. Wer in der Beurteilung des Standortes unsicher ist, tut gut daran, sich von einem Bioterra-Fachbetrieb beraten zu lassen. Für naturverbundene Gärtnerinnen kommt nur Saatgut mit einheimischen Ökotypen in Frage (Lieferfirmen sind in der Box aufgeführt). Um möglichst vielen verschiedenen Standorten gerecht zu werden, enthalten die Mischungen eine möglichst breite Palette an verschiedenen Arten. Der eigene Boden wird aber in der Regel nur einer bestimmten Gruppe von Pflanzen gerecht. Das führt mit den Jahren zu einer standorttypischen Pflanzengesellschaft. Diese werden meist von 4 bis 5 Arten dominiert, die das Bild prägen. Das kann bei trockenen Böden beispielsweise der Wiesensalbei sein oder in feuchten Wiesen die Kuckuckslichtnelke. Nebst den im Handel angebotenen Mischungen kann auch mit Heublumen angesät werden. Wer eine schöne, lokale Wiese kennt, kann den Besitzer nach Schnittgut fragen. Der optimale Zeitpunkt fürs Schneiden der Wiese ist nach zirka 2 bis 3 Wochen Blütezeit. Das Schnittgut wird am Morgen frisch geschnitten und noch feucht zusammen-

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Blumenwiese mit Margriten, Wiesen-Salbei, Klappertopf und Habichtskraut.

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Keine Sense ist wie die andere: Alte und neue aus der Werkstatt des Mähmeisters.

«Kein Worb ist wie der andere» Die hügelige Schweiz ist prädestiniert für das Mähen mit der Sense. Hansjörg von Känel freuts. Er mäht fürs Leben gern. Und er stellt Sensen selber her. Als einer der Letzten im Lande. Von Stefan Ha r t ma nn

Vor knapp einem Jahr übten wir gemeinsam das Mähen mit der Sense am Wiesenbord – ich als Schüler, Hansjörg von Känel als Lehrer. Was für ein Privileg: von Känel ist der wohl bekannteste Sensenkenner und -macher der Schweiz. «Du musst von einem Fuss auf den anderen wippen – das rechte Knie leicht gebeugt – und eine sanfte Drehung vollziehen.» Eine ganz und gar rhythmische Bewegung. Von Känel macht es geduldig vor. Der würzige Duft des frisch geschnittenen Grases hängt in der Luft. «Der Körper muss gleichsam mit dem Gerät verschmelzen.» Nach einer Viertelstunde und etlichen Anläufen bin ich endlich so weit: Das Sensenblatt gleitet in einem Halbkreis durch das Gras. «Das Blatt muss immer

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schön am Boden schwimmen», betont von Känel mit seiner gewinnenden Art. Er wischt mit einem Büschel Gras das Sensenblatt ab. «Für mich ist es die schönste Musik, wenn das Blatt durch das saftige Gras rauscht», schwärmt er, übers ganze Gesicht strahlend. Jetzt stehe ich in von Känels Werkstatt, um mich in die Sensenherstellung einweihen zu lassen. Doch was heisst hier Werkstatt? Es ist ein kleines Museum: Auf der Seite hängen schön aufgereiht etwa 30 historische Sensen aus allen Landesteilen. Ihre wettergebleichten «Wörbe», so heissen die geschwungenen Holzstiele in der Fachsprache, zeugen von häufigem Gebrauch. «Die Wörbe geben der Sense ihren Cha-

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Mit dem Daumennagel prüft von Känel, ob der Schnitt stimmt.

Mit Herzblut für die Sense: Die Mähkurse mit Hansjörg von Känel sind beliebt.

rakter,» erklärt von Känel. «Sie spiegeln die Vielfalt der Schweizer Landschaften und sind den flachen oder stotzigen Eigenheiten des Geländes ideal angepasst.» Da ist etwa der wunderschön geschwungene Appenzeller Innerrhödler, der Berner Halbkrumme oder der gerade Bündner Oberländer. Von Känel greift sich einen alten Worb heraus, einen Innerrhödler, und setzt ihn auf einem rohen Holzbrett als Schablone ein. Die Holzteile – Worb und Griffe (rechts das «Heuchli», links das «Gürbi») – sind aus Esche und Ahorn gefertigt. Teils fällt von Känel die Bäume selber, teils kauft er die zwei Jahre gelagerten Bretter bei lokalen Sägereien. Den Grossteil der Sensenstiele bezieht er indessen vom Worb-Macher Martin Strub in Huttwil. Nun schneidet er die Vorlage mit der Bandsäge aus. Der Rohling wird darauf mit dem Hobel zugerichtet, bis er geschmeidig in der Hand liegt. Dann erfolgt die Einpassung der Griffe. Das Heuchli hat ganz unterschiedliche Formen, je nach Gegend. Teils ist es kunstvoll aus einem einzigen Tannenast gefertigt. Zum Schluss schraubt von Känel am Worb-Fuss die Ankerschraube ein, hämmert ihre beiden Enden um den Worb und befestigt das Blatt mit der Schraubenmutter. Anschliessend erhitzt er mit dem Schweissapparat die «Hamme» (Verbindungsteil zwischen Blatt und Worb)

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des Sensenblattes und biegt es von Hand in die richtige Form. Das Blatt braucht sowohl die richtige Neigung als auch die nötige Krümmung. «Entscheidend dafür ist die Statur des Mähers, aber auch der Einsatzzweck», betont er. «Sensen sind immer massgeschneidert. Kein Worb ist wie der andere!» Das ganze «Anstellen» – also die Anpassung der Sense an den Mäher oder die Mäherin – nimmt in den geschickten Händen von Känels kaum 20 Minuten in Anspruch. Wer eine passende Sense will, geht also am besten bei ihm in Gunzwil bei Beromünster vorbei. Seine Sensen kosten zwischen 130 und 170 Franken.

Uraltes Kulturgerät Hansjörg von Känel ist im Jura auf einem Bauernhof aufgewachsen. Eigentlich wollte er Schmied werden; die Eltern schickten den Sohn ins Landwirtschaftslehrjahr. Bis in die 1960er-Jahre zählten die Kenntnisse in Mähen, Wetzen und Dengeln als Prüfungsfach. Von Känel schnitt als bester Mäher der Klasse ab. Trotz Landwirtschaftsdiplom schlug sein Talent für Motoren und Maschinen immer wieder durch. «Ich habe später nie gearbeitet, wofür ich eingestellt wurde», lacht er. Trotz dem Gespür für Maschinen blieb die Sense immer seine Leidenschaft. Im Lauf der Jahre hat er einen ganzen

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Das Team von Frau Gerolds Garten: Luzia Rodriguez, Katja Weber, David Giger und Elena Tarozzo (von links).

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«Unsere Gäste sehen das Gemüse wachsen» Von Charlotte Spi nd le r

Frühlingserwachen auf dem areal hinter den Geleisefeldern. Blauer Himmel, ein kräftiger Wind weht aus Westen. auf der terrasse des restaurantcontainers von Frau Gerolds Garten stehen elena und Katja wie auf der Kommandobrücke eines Meerschiffs und blicken hinunter auf den weiten Kiesplatz mit vielen Pflanzkästen und -kübeln. entlang dem Zaun, der die Bahngeleise vom areal getrennt, sind vier kleine teiche ausgehoben worden. «Wir möchten hier einen Lebensraum für Gelbbauchunken schaffen und hoffen, dass sie sich dieses Jahr bei uns niederlassen», erklärt elena tarozzo. entlang einer hohen, mit Bildern der Künstlerin Sarah Parsons bemalten Mauer wurde ein Streifen mit trockenwiesenblumen angesät, doch das Gemüse, die Kräuter und essbare Blumen werden in Kästen und Kübeln gezogen. auch die tomatenhäuschen und jungen obstbäumchen stehen in SBB-rahmen. Wie fast überall in der Stadt ist der Boden des Geländes für direkten anbau von Lebensmitteln zu belastet, sagen elena und Katja, und im Übrigen will «Frau Gerold» mobil bleiben. Das ganze areal um die Geroldstrasse wird irgendwann überbaut. Dann müssen die zahlreichen Gewerbebauten mit Bars, Clubs und restaurants weichen.

le Pflanzen selbst gezogen. Fürs Jäten, Giessen und für grössere arbeiten steht ein Netz an freiwilligen Helfern bereit. elena tarozzo ist Umweltingenieurin; sie arbeitet in einem Büro für Nachhaltigkeit, energie und Permakultur im emmental und ist daneben im Bereich urbane Landwirtschaft an der ZHaW in Wädenswil engagiert. Die Betriebswirtschafterin Katja Weber schliesst soeben ihr Design-Studium an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK mit einem Masterdiplom ab. Sie arbeitet am Gesamtprojekt Frau Gerolds Garten mit, das neben dem Sommerrestaurant kleine Designer-Läden auf dem 2500-Quadratmeter-areal umfasst. Sie sieht das Projekt Frau Gerolds Garten in einem grösseren Zusammenhang: Beiz, Bar, Läden, Garten, Kunst und ein regelmässig stattfindender Markt bilden ein gemeinsames Ganzes.

in Frau Gerolds Garten spriesst der Salat, duften Kräuter, ranken Hopfen und Glyzinien dem Geländer entlang. Was in den Gemüsekisten wächst, wandert in die Küche des Sommerrestaurants im Zürcher Kreis 5.

aber die Zukunft ist fern und die Geroldsgärtnerinnen und -gärtner haben noch einiges vor. Der erfolg der ersten Sommersaison 2012 motiviert: «Das Gartenrestaurant war an warmen tagen voll, und das interesse am Garten ist gross», sagen Katja und elena. Sie denken an ausbau, möchten weitere Sitzplätze unterm Zeltdach anbieten, eine Pergola bauen, noch mehr Pflanzen und Blumen ziehen und den Garten noch bunter, noch üppiger gestalten. Die vielen verschiedenen Gemüse wie Mais, Lauch, Zucchini, Chilis, Mangold, Krautstiel und Salate aus biologischem anbau bereichern Frau Gerolds restaurantküche, auch wenn der ertrag des Gartens (noch) nicht ausreicht, den Bedarf zu decken.

elena, die sich an der ZHaW mit der thematik des Urban Gardening befasst, sieht die Schaffung von neuen Pflanzgärten in der Stadt nicht als kurzlebigen trend. «im Prinzip existiert Landwirtschaft in der Stadt schon lange, auch Zürich hat noch Bauernhöfe. Jetzt ist es in manchen verarmten Städten der Hunger, der die Bewohner dazu bringt, ihre Lebensmittel anzubauen», sagt sie. in reichen Ländern stehen andere Motive im Vordergrund: Gemeinsam gärtnern ist gut fürs Zusammenleben und macht Freude. Die Menschen entwickeln eine andere Beziehung zu Nahrungsmitteln und zum essen. «Wir möchten den Leuten zeigen, wie viele verschiedene Gemüse es gibt, wie sie wachsen und wie sie schmecken», sagt elena, die den Garten als soziales und Bildungsprojekt sieht. Sie freut sich, dass die Gäste sich interessieren, was da alles wächst und wie man es zubereitet. Denn letztlich geht es darum, die Menschen zum Nachdenken zu bringen: woher unser essen kommt und wie eine nachhaltige, lokale Produktion aussehen könnte.

rund 70 SBB-rahmen – so heissen die hohen, rechteckigen Holzkästen – sind letztes Frühjahr auf den Platz gekarrt worden. Die erde lieferte Grün Stadt Zürich. Freunde und Bekannte brachten weitere Kübel und Kisten, halfen beim aufstellen, kleideten die Pflanzgefässe mit Vlies aus, füllten sie und halfen beim einpflanzen der Setzlinge, die ebenfalls von Grün Stadt Zürich stammten. Dieses Jahr haben Luzia und David, beides Studierende der ZHaW in Wädenswil und in einem Kleinstpensum in Frau Gerolds Garten angestellt, vie-

FrAU GEroLDS GArtEN Bar/Restaurant/Sonnenterrasse, Geroldstrasse 23/23a 8005 Zürich, Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 11 bis 24 Uhr, tel. 078 971 67 64 | Stadtgarten Grösse: 2500 m2, 60 Hochbeete mit Kräutern, Salaten, Gemüse und Früchten | Wer Lust hat, kann mitgärtnern und schickt eine Mail an garten@fraugerold.ch, um informationen über Garten-aktivitäten zu erhalten. | www.fraugerold.ch

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