BIOTERRA SEPT 2014

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G Ä R T N E R N

G E S T A L T E N

¨ APFEL UND

G E N I E S S E N

BIRNEN

13 ROBUSTE SORTEN FÜR DEN BIOGARTEN

RANDEN

VON GERINGELT ÜBER GELB BIS ROT

WILDROSEN ZARTE BLÜTEN UND SCHMUCKE HAGEBUTTEN

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Edi tori a l

Liebe Leserin, lieber Leser Auf über 2000 Meter Höhe, inmitten des Himalaja-Gebirges, irgendwo zwischen Indien und China versteckt, liegt Bhutan. Dort wird nicht wie bei uns das Bruttoinland-, sondern das Bruttoglücksprodukt gemessen. Das Streben nach Glück ist in der Verfassung verankert, denn für das Leben der Bhutaner ist es von zentraler Bedeutung, «nett zur Umwelt und zur Erde» zu sein. Folgerichtig will dieses abgeschottete Land nun auch das erste 100-%-Bio-Land der Welt werden.

Daniel Gürber Geschäftsführer Bioterra

In der Schweiz liegt der Anteil biologisch bewirtschafteter Flächen bei 12 %. Wir wissen alle, dass eine saubere Umwelt und sichere (biologische) Lebensmittel die Lebensqualität steigern – oder, in der Sprache der Bhutaner, ein Weg zum «Glücklichsein» sind. Deshalb sollten wir nicht lange zaudern und uns dafür einsetzen, dass der Anteil an biologischem Garten- und Landbau deutlich grösser wird. Ich ermuntere Sie hiermit, Ihre Gartennachbarn oder Mitgärtnerinnen für die BioterraPhilosophie zu begeistern, damit sich das Bio-Glück mehren kann. Besonders empfehle ich Ihnen unsere Titelgeschichte «Von Äpfeln, Birnen und viel Herzblut» ab Seite 22. Das Pflanzen eines Baumes birgt eine Symbolik in sich und verleiht positive Kraft. Es braucht letztlich wenig, um mehr Glück für uns und unsere Umgebung zu schaffen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude an dieser Ausgabe und lustvolle Gespräche mit vielen Mitmenschen.

Ihr Daniel Gürber

iM t E a M

astridE tschan tannEr

UtE stUdEr

thErEsE GlaUsEr

Sie ist Geschäftsführerin der Biogärtnerei Astrantias in Schindellegi SZ. Ihr erlesenes Pflanzen- und Sträuchersortiment soll ein Beitrag zum Erhalt der Biodiversität sein. Aus ihrem Betrieb bieten wir 6 Wildrosen an. Ab Seite 36.

Von unserer Autorin und Kolumnistin ist ein kleines, feines Buch mit dem Titel «Grashüpfer liebt Taglilie» erschienen. In 24 Kolumnen erzählt Ute Studer von ihren Erlebnissen mit Pflanzen und Tieren aus ihrem Garten. Seite 35.

In den letzten 20 Jahren haben Therese und Ruedi Glauser ihre Biobaumschule stetig vergrössert. Heute bieten sie gegen 1000 Obst- und Beerensorten an. Ab Seite 22 empfehlen sie Apfel- und Birnensorten für den Hausgarten.

T I T E L B I L D : A P F E LVI E L FA LT, F O T O : B E N E DI K T DI T T L I

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in h a l t

Gartensaison

10 Seiten aktuelle Gartentipps für Bio-, Naturgarten und Balkon ........................................................ 8 titelGeschichte

Äpfel und Birnen – robuste und aromatische Sorten mit Empfehlungen zu Pflanzung und Pflege ...................................................... 2 2

Ruedi Glauser empfiehlt Äpfel- und Birnensorten und sagt, was es bei der Pflanzung und Pflege der Bäume zu beachten gilt SEitE 22

Bio- und naturGarten

Serie: Sandras Garten – Pflanzzeit für Narzissen und Co. – Heidelbeeren im Topf – Kürbislaternen ......................................................20 Serie Gemüsegarten: Süsse, saftige Randen – Sorten von Pro Specie Rara ...................................................... 3 2 Wildrosen: Mit ihren einfachen Blüten und Hagebutten sind sie ökologisch wertvoll mit Leserangebot ...................................................... 3 6 Heckenschnitt: Know-how für den Schnitt von Wildsträuchern ...................................................... 44

«les chemins du bio» Zu Fuss unterwegs im Jura Spezialitäten geniessen und auf einem Biohof übernachten SEitE 40

Bio-Genuss

«les chemins du bio»: Im Jura von Biohof zu Biohof wandern und regionale Spezialitäten geniessen ...................................................... 40 Bioterra

Naturgartentag 2014: Thema der Tagung: «Wachsende Gärten und ihre Pflanzen» ...................................................... 47 6. Prix Bioterra: Wählen Sie per Online-Voting Ihre Preisträgerin oder Ihren Preisträger! ...................................................... 48 Porträt

Rolf Rutishauser: Ein Leben für die Botanik ...................................................... 5 4 ruBriKen Leserbriefe................................................. 7 Notizen: Ute Studers Seite....................... 35 Beratung: Urs Streuli weiss Rat............... 39 Im Focus.................................................. 51 Kurse................................................................. 52 Impressum............................................. 53 Vorschau................................................ 56 Leserservice/Bestelltalon............................ 56

Zarte Dornröschen 6 hübsche einheimische Wildrosen für den HausSEitE 36 garten

F O T O S : B E N E DI KT DI T T L I , ST E FA N WA LT E R , A ST R I DE T S C H A N TA N N E R , A LA I N P E R R E T

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Porträt Rolf Rutishauser, Botaniker: «Pflanzen sind mehr als nur SEitE grüne Statisten»

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saison —

Gehölze mit Herbstfärbung – SEITE 9 Wolfsmilchschwärmer – SEITE 11 Topfgarten: Frühlingszauber – SEITE 13 Gründüngung Winterwicke – SEITE 14 Rhabarber teilen – Von Ute Studer SEITE 17 Frites aus Kürbis – SEITE 17 Tipp: Rotblättrige Holundersorten – SEITE 19

lange haltBar

Kürbisse mit harter Schale

Je länger die Schalen der Kürbisse an warmen Herbsttagen ausreifen können, desto länger sind die Früchte haltbar. Wenn der Herbst eher regenreich ist, erntet man die Kürbisse und lässt sie geschützt unter einem Dach nachreifen. Man schneidet sie so ab, dass noch ein kurzer Stängelteil stehenbleibt.

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sa i s on

selBer machen

Hagebutten-Essig

Wenn im September die Hagebutten reif werden, kann man daraus einen fruchtigen Essig ansetzen, der jedem Dressing das gewisse Etwas verleiht. Rezept: Die Hagebutten unter fliessendem Wasser säubern und beide Enden abschneiden. Dann mehrmals längs einritzen, damit der Essig auch ins Innere gelangen kann. Danach die Früchte in ein sauberes Schraubdeckelglas schichten und das Glas mit Essig auffüllen. Verschlossen 6 Wochen an einen hellen und warmen Ort stellen. Durch regelmässiges Schütteln wird garantiert, dass die Früchte immer mit Essig bedeckt sind. Nun den Essig durch ein Tuch giessen und, gefiltert, in hübsche Flaschen füllen. Kalt und dunkel aufbewahren. Der fruchtige Essig ist überdies auch ein hübsches Geschenk für Freunde.

indian summer

Gehölze mit leuchtender Herbstfärbung

Das jährliche Farbspektakel der Gehölze ist im Herbst immer wieder faszinierend. Fast über Nacht werden aus den eher eintönig Grünen aufsehenerregende, farbige Schönheiten, die mit Laub in strahlendem Gelb, leuchtendem Orange oder feurigem Rot aufwarten. Hier eine kleine Auswahl von Gehölzen mit schöner Herbstfärbung: Eberesche, Sorbus aucuparia, einheimisch, Farbe: gelb | Felsenbirne, Amelanchier ovalis, einheimisch, Farbe: orange bis orangerot | Kornelkirsche, Cornus mas, einheimisch, Farbe: gelb | Pfaffenhütchen, Euonymus europaeus, einheimisch, Farbe: orangerot bis rot | Zaubernuss, Hamamelis japonica, Farbe: orangerot | Zierapfel, Malus sargentii, Farbe: orangegelb

Narzissen – den Frühlingsgarten zum Strahlen bringen Dichter- und Alpenveilchennarzissen, Jonquillen, Tazetten und Osterglocken verwandeln jeden Garten in ein leuchtendes Blütenmeer. Die Autoren stellen die 13 Klassen der Narzissen in mehr als 100 Porträts vor. Sie präsentieren alles Wissenswerte über Pflege und Kultivierung sowie die gestalterische Verwendung im Garten, Park oder auch in der Floristik mit fundierten Texten und zauberhaften Fotos. Das Buch eröffnet privaten Gartenfreunden, Narzissensammlern und professionellen Landschaftsgestaltern neue Einblicke in die wunderbare Vielfalt dieses Frühlingsblühers. Narzissen, leuchtende Frühlingsboten, Ulrike Romeis, Josef Bieker, Hermann Gröne, DVA-Verlag, München, 2014, Fr. 40.90. Bestelltalon Seite 59.

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sa i s on

gartenkids

Sommerhit: Panierte Schnitzel aus Tomaten Zusammen mit den Kindern schneidet man grosse Fleischtomaten in 1 bis 1,5 cm dicke Scheiben. Dann bereitet man drei Teller zum Panieren vor. In einem wird ein Ei verklopft und mit gehackter Petersilie, Schnittlauch und einer durchgepressten Knoblauchzehe, Salz und Pfeffer gewürzt. In den zweiten Teller gibt man Mehl und in den dritten Paniermehl. Man erhitzt Öl in einer Bratpfanne, wälzt die Tomatenscheiben zuerst in Mehl, dann im Ei und zuletzt im Paniermehl. Danach gibt man sie in die Pfanne und brät sie auf beiden Seiten goldbraun. Die heissen Schnitzel vor dem Essen etwas abkühlen lassen.

krokus

Zwiebelchen in Wiese stecken

Krokusteppiche im Rasen oder unter Bäumen sind etwas vom Schönsten im frühen Frühling. Um das zu erreichen, sticht man mit dem Spaten mehrere nebeneinander liegende Grassoden senkrecht ab und schält die Grasnarbe dann sorgfältig ab. Mit der Grabgabel lockert man den Boden und drückt die kleinen Zwiebelchen hinein. Dann bedeckt man sie dünn mit Erde und klappt die Grassoden wieder darüber. Gut andrücken und gründlich wässern.

ILLUSTRATION: ANNA-LEA GUARISCO, PHOTOS: GAP-PHOTOS

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topFgarten

Frühlingszauber pur Mit wenig Aufwand lässt sich der Grundstein fürs Frühlingsglück legen. Eine muntere Auswahl von Zwiebelblumen in einen Container pflanzen, diesen geschützt aufstellen, ab und zu giessen und abwarten. Ab April entfaltet sich ein buntes Blütenspektakel. Dazu braucht es: 2 hübsche, standfeste Töpfe Höhe & Ø ca. 30 bis 40 cm, torffreie Blumenerde 20 Zwiebeln Tulipa‚‘Queen of Night’ 14 Zwiebeln Tulipa ‘Red Shine’ 20 Zwiebeln Tulipa ‘Plum Pudding Blend’ 20 Zwiebeln Allium ‘Purple Sensation’ So wirds gemacht: Töpfe mit Substrat füllen, die Zwiebeln versetzt – grössere etwas tiefer – legen und mit ca. 10 bis 15 cm Erde abdecken. Während der Blüte zweimal mit organischem Flüssigdünger giessen, Verblühtes und gelbe Blattspitzen des Zierlauchs mit der Schere herausschneiden. Tipp: Zierlauchblüten sehen in der Vase lange schön aus. Alle Zwiebelblumen lassen sich nach dem Einziehen im Beet oder in der Wiese auspflanzen. Bezugsquelle: Die Tulpenzwiebeln dieser Sorten kann man in gängigen Gartenkatalogen bestellen, die Zwiebeln des Zierlauchs ‘Purple Sensation’ gibts in Bioqualität bei www.sativa-rheinau.ch.

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staketenZäune

Aus Kastanienholz Staketenzäune aus Kastanienholz sind vielseitig einsetzbar. Man kann den Garten damit einzäunen, den Hühnerhof schützen, den Gartenteich kindersicher machen oder sie als Wildschutzzaun nutzen. Die Rollzäune aus gespaltenem Kastanienholz benötigen keinen Anstrich. In die Spaltflächen dringt Wasser nur sehr schwer ein, sodass das Holz nicht fault. Zudem werden die Zäune durch die in Kastanienholz vorhandenen Gerbstoffe geschützt. Bezugsquelle: www.kastanienzaeune-bucher.ch.

artischocken

Draussen oder drinnen überwintern

herBstsalate

Im September säen Im Gemüsegarten ist die Saison noch längst nicht zu Ende. Bis Mitte September kann man Winterschnittsalat, Nüsslisalat, Rucola, Winterportulak und Spinat aussäen. Sie liefern in wenigen Wochen vitaminreiche Blätter für Herbstsalate. Man sät am besten in Reihen mit einem Abstand von 20 cm in 1 cm tiefe Rillen. Mit gesiebtem Kompost die angedrückten Samen abdecken. Nüsslisalat für die Frühjahrsernte kann bis Ende September ausgesät werden. Wenn man das angegossene Beet mit Vlies abdeckt, bis die Keimlinge sichtbar werden, keimt der Nüsslisalat besser. Endivien- und Friséesalate können noch gesetzt werden und bilden, mit einem Folientunnel abgedeckt, feste Köpfe für die Ernte im Dezember.

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Die Ernte von Artischocken fällt im ersten Jahr klein aus. Damit im zweiten Jahr ab Juli viele dicke Knospen geerntet werden können, muss man die Pflanzen gut durch den Winter bringen. Besonders junge Pflanzen brauchen einen Winterschutz, ältere sind bis –10 °C winterhart. Zum Überwintern im Freien schneidet man Blätter und Blütenstiele bereits im Oktober ab. Dann stülpt man einen alten Korb über die Pflanzen und schichtet rundherum Laub in Haufen, die man mit Reisig befestigt, damit sie nicht weggeweht werden. Ab April kann man den Schutzmantel entfernen. Die Artischockenwurzeln können auch ausgegraben und bis zum Frühjahr im Keller in einer Kiste mit feuchtem Sand eingeschlagen werden. Anfang April wieder in den Garten pflanzen.

ZwieBeln

Für Frühjahrsernte Rote oder gelbe winterharte Zwiebeln werden in den ersten Septembertagen für die Frühjahrsernte gesteckt. Man steckt die Zwiebelchen in Reihen mit 20 cm Abstand ca. 5 cm tief im Abstand von 5 cm.

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S a nd r aS G arte n

früHlingsgrüsse Märzenglöckchen, Narzissen und Tulpen lassen jedes Gärtnerinnen- und Gärtnerherz höher schlagen, sind sie doch die ersten Vorboten des Lenzes und sicheres Anzeichen, dass die graue Winterzeit dem Ende zugeht. Im Herbst ist Pflanzzeit, auch wenn die warme Stube lockt. von San dra Web e r

Fast noch mehr als über den Katalog von Franz Carl Weber freute ich mich als Kind über den Pflanzenkatalog eines holländischen Pflanzenversandes. Was darin nicht alles angepriesen wurde: Sträucher mit Heidelbeeren, so gross wie Fünfermocken, Orangenbäumchen und, was mir besonders gut gefiel, Tulpen in allen Farben des Regenbogens. Meine Eltern liessen mich jeweils ein paar bestellen, worauf es im Frühjahr im Garten aussah wie nach der Fasnacht. Zumindest blühte damals etwas, wohingegen ich mich

die letzten drei Jahre im Oktober jeweils lieber vors Cheminée-Feuer gekuschelt hatte, statt im Nieselregen Blumenzwiebeln zu pflanzen. Dabei gehört die Entdeckung der ersten Schneeglöckchen, der ersten Tulpenspitzen oder der ersten Bienen auf den Winterlingen wohl zu den schönsten Momenten des Gartenjahres. Ausserdem sind Frühlingsblüher wichtige Futterquellen für viele Insekten. Dieses Jahr habe ich Besserung gelobt und das Pflanzen von Zwiebeln fest in meine Agenda

eingetragen. Seit den Tagen der Papageitulpen ist einige Zeit vergangen. Für meine Staudenbeete bestelle ich heute lieber Wildtulpen aus Bio-Anbau, die zwar kleiner sind, in ihrer Farbenpracht den eben Erwähnten aber in nichts nachstehen und erst noch wertvoller sind für Insekten. «In der konventionellen Blumenzwiebelproduktion wird mehr Chemie verwendet als in allen anderen Bereichen der Landwirtschaft», sagt Amadeus Zschunke, Geschäftsführer von Sativa Rheinau AG. «Zudem sind biologisch produzierte Sorten robuster und langlebiger, sofern sie die richtigen Bedingungen vorfinden.» Also in der Regel eher trockene, sonnige Plätzchen und durchlässige Böden, denn Zwiebeln von Tulpen, Krokus, Narzissen oder Blaustern Scilla vertragen nicht die geringste Staunässe. Winterlinge, Schachbrettblumen Fritillaria meleagris, Schneeglöckchen, Strahlenanemonen Anemone blanda, Märzenbecher Leucojum vernum und Sommer-Knotenblumen Leucojum aestivum kommen etwas besser mit weniger sonnigen Standorten und nassen Böden zurecht. Am besten gibt man beim Pflanzen eine Handvoll Kies oder groben Sand ins Pflanzloch und lockert die Erde darunter etwas auf. Was die Pflanztiefe betrifft, gilt die Faustregel: etwa zwei- bis dreimal so tief, wie die Zwiebel dick ist. «Dünger brauchen sie im Gartenboden keinen», sagt Zschunke, «im Topf können Hornspäne und etwas Kompost nicht schaden.» Auch Kälte sind sich Zwiebeln gewohnt, nur in Gefässen muss die Erde vor dem Durchfrieren geschützt werden. Werden sie nicht von Mäusen entdeckt und dürfen ihre Blätter bis zum vollständigen Vergilben behalten, sollte der alljährlichen Blütenpracht nichts mehr im Weg stehen. «Allerdings kehren nicht alle Frühlingsblumen zuverlässig wieder», gibt Zschunke zu bedenken. «Während sich Schneeglöckchen, Traubenhyazinthen und Strahlenanemonen rasch im Garten ausbreiten, kommt es bei Tulpen

step by step

Heidelbeeren im topf Heidelbeeren bevorzugen sauren Boden. Da der Abbau von Torf Moorlandschaften zerstört, wird im biologischen Anbau Fichtensägemehl verwendet.

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1 In einen Topf von mind. 12 Litern und 29 cm Durchmesser eine Schicht Blähton oder Tonscherben einfüllen, um den Wasserablauf zu verbessern.

3gE 7,5 g (z. B Horn säge Säge oder

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S a ndraS Ga rte n

auf die Sorte an, ob sie in den Folgejahren wieder blühen. Zuweilen bilden sie zwar Brutzwiebeln, die aber zu schwach sind, um wieder eine Blüte zu produzieren. Es lohnt sich daher, sich beim Kauf beraten zu lassen.» Amadeus Zschunke kann zum Beispiel ‘Ile de France’, ‘Purple Prince’ und ‘Negrita’ empfehlen. Mir schwebt unter dem Kirschbaum ein Meer von Narzissen vor. Eine englische Gärtnerin hat mir einst geraten, eine Handvoll Blumenzwiebeln über die Schulter zu werfen, um im Frühjahr ein natürlich aussehendes Ergebnis zu erzielen. Ich werfe also zur Belustigung unserer Nachbarn mit Zwiebeln um mich, muss dann aber rasch feststellen, dass sich die Kaminstunden auch bezüglich Fitness rächen, denn beim Versuch, die Zwiebeln in der Wiese zu versenken, muss ich das Handtuch werfen, es gelingt mir nicht einmal mit dem eigens angeschafften Zwiebelpflanzer. Bevor ich die Narzissen in Töpfe setze, kommt mir die rettende, wenn auch nur geringfügig weniger anstrengende Idee, die Wiesendecke als Rasenziegel abzustechen – Zwiebeln verteilen, wieder zudecken und ab vors Cheminéefeuer! Blumenzwiebeln in Bioqualität: Sativa Rheinau AG, 8462 Rheinau, 052 304 91 60, www.sativa-rheinau.ch

sandras tipp Kürbislaternen

gärtnerlatein

Wer keine Musse zum Schnitzen der Kürbisses hat, greift einfach zur Bohrmaschine: Nach dem Aushöhlen des Kürbis entsteht so im Nu ein originelles Lochmuster. Achtung: Öffnung nicht zu gross machen und die Löcher nicht zu weit unten bohren, sonst bläst der Herbstwind die Kerzen aus.

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2 3 g Elementarschwefel, 7,5 g Langzeitdünger (z. B. Organos) und 7,5 g Hornspäne mit Fichtensägemehl mischen (kein Sägemehl von Laubbäumen oder Sträuchern verwenden).

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Gemisch einfüllen, Pflanze einsetzen und, wenn möglich, mit einer 5 cm dicken Schicht Fichtenrindenschnitzel abdecken.

Was ist eigentlich ein Rhizom?

Ein Rhizom ist ein unterirdisch oder dicht über dem Boden wachsendes Sprossachsensystem, aus dem nach unten die eigentlichen Wurzeln, nach oben die Blätter wachsen. Typische Rhizome bilden etwa Maiglöckchen oder Buschwindröschen. Aus kleinsten Teilen eines Rhizoms können neue Pflanzen wachsen – was das Ausjäten von Giersch praktisch unmöglich macht.

4 Sehr gut angiessen, wenn möglich mit kalkfreiem Wasser (Regenwasser). Jeden Frühling einmalig die erwähnte Menge Dünger einarbeiten. Im Winter kräftig zurückschneiden.

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Ob s t g arte n

Von Äpfeln, Birnen und viel

HERZBLUT

Apfelsorte ‘Winterling’.

Wer als Biogärtnerin oder Biogärtner vom eigenen Garten Eden träumt, kommt um Glausers Biobaumschule nicht herum. Hier wächst vom Apfel bis zur Zwetschge alles, was das Herz begehrt. Ruedi Glauser erzählt, was es bei der Pflanzung und Pflege von Äpfeln und Birnen zu beachten gilt. 22

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Ruedi Glauser, Inhaber der einzigen Biobaumschule der Schweiz.

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Birnensorte ‘Alexander Lukas’

Apfelsorte ‘Topaz’

Baumform: Säule Birnensorte ‘Novembra’

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Obs tg a rte n

Diese robusten Sorten, in der Regel als Hochstamm, Halbstamm, Pyramide, Spalier und Spindel erhältlich:

ÄPFeL

bIrnen

‘Ecolette’ Ernte: Anfang Oktober Genussreife: bis Dezember Geschmack: ausgeglichen süss-säuerlich, fest, knackig, mittelsaftig Spezielles: Tafelapfel, starker bis sehr starker Wuchs, schorfresistent, wenig mehltauanfällig, späte Blüte, darum geringe Frostanfälligkeit, Ausdünnung zwingend

‘Novembra’ Ernte: Oktober Genussreife: bis Ende Dezember Geschmack: festfleischig, saftig, süss, aromatisch Spezielles: Tafelbirne, neue Sorte, sehr robust

‘Himbeerapfel’ Ernte: Ende August Genussreife: bis November Geschmack: wenig saftig, feine, zimtartig gewürzte Süsse Spezielles: beliebter Sommertafelapfel, alte Sorte, 1757 im Baltikum gezüchtet ‘Muskat Reinette’ Ernte: Mitte Oktober Genussreife: bis Ende März Geschmack: edel, weinsäuerlich, muskatartig Spezielles: alte Sorte (PSR), auch für Höhenlagen, Tafelapfel, auch zum Mosten und Dörren ‘Topaz’ Ernte: Mitte Oktober Genussreife: bis April Geschmack: fest, knackig, sehr saftig, süss mit ausgewogener Säure Spezielles: Tafelapfel, wird beim Aufschneiden nicht braun, schorfresistent, kaum mehltauanfällig

‘Harrow Delight’ Ernte: Anfang bis Mitte August Genussreife: August Geschmack: sehr saftig, süss, schmelzendes Fruchtfleisch, aromatisch Spezielles: früh reifende Tafelbirne, feuerbrandresistent, mittelstarker Wuchs ‘Alexander Lukas’ Ernte: Anfang Oktober Genussreife: November bis Januar Geschmack: süss, meist etwas herb Spezielles: Tafel- und Kochbirne, stark wachsend, auch für Höhenlagen, nicht als Befruchtersorte geeignet ‘Harrow Sweet’ Ernte: Ende September bis Anfang Oktober Genussreife: bis März Geschmack: festes Fleisch, saftig, süss Spezielles: ertragreiche Tafelbirne, wenig schorfanfällig, feuerbrandresistent

aLs sÄULen Apfel ‘Starcats’ Ernte: ab Anfang September Genussreife: bis März Geschmack: wie Elstar, aromatisch, knackig, saftig Spezielles: Tafelapfel, langzeitlagerfähig, robust gegenüber Schorf, Mehltau, Krebs und Läusen, mittelstarker Wuchs Apfel ‘Pomfital’ Ernte: Mitte September Genussreife: bis Oktober Geschmack: säuerlich Spezielles: dekorative Mostobstsorte, geeignet für Konfitüre, Sirup usw., Frucht klein, purpurrot, rotes Fruchtfleisch, ergibt roten Saft, resistent gegen Schorf und Mehltau, robust gegen Krebs, Fruchtfäule und Läuse Birne ‘Obelus’ Ernte: Anfang September Genussreife: bis Anfang November Geschmack: saftig, ausgeglichen süss-sauer Spezielles: robuste, mittelgrosse Tafelbirne, bronzefarbig auf grüngelbem Grund

MInIbÄUMe Apfel ‘Sun Red’ Ernte: August Genussreife: bis September Geschmack: süss, saftig, dünne Haut Spezielles: für Topf, Tafelapfel, grosse, rote Früchte, Laub hat Rosatönung, robust Birne ‘Garden Pearl’ Ernte: Ende September bis Anfang Oktober Genussreife: bis Oktober Geschmack: weich, süss, aromatisch Spezielles: für Topf, Tafelbirne, dichter, aufrechter Wuchs, grüne, grosse, rundliche Früchte, Selbstbefruchter

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G e mü se Garte n

SÜSSE, SAFTIGE RANDEN

Marianna Serena, Autorin des Beitrags.

Randen werden in unseren Nachbarländern auch Rote Bete oder Rote Rüben genannt. Dass Randen nicht nur immer rot sind, zeigen alte Sorten. Diese sind auch weiss, gelb oder rot-weiss geringelt und nicht immer rund. Randen sind in letzter Zeit etwas in Vergessenheit geraten. Wer keinen eigenen Garten hat, kennt vielleicht nur noch die gekochten runden oder sogar schon geraffelten, dunkelroten Randen aus dem vakuumierten Plastik – eben so, wie Randen vom Grossverteiler angeboten werden. Doch Randen sind einfach im Anbau. Sie eignen sich auch für GartenNeulinge und sogar als Balkonpflanze. Probieren Sie es aus!

DER ANBAU DER RANDEN Randen lieben tiefgründigen, humusreichen Lehmboden. Der Boden sollte nicht frisch gedüngt sein, dafür aber

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tief gelockert, damit die langen Hauptwurzeln leicht ins Erdreich wachsen können. Randen können entweder vorgezogen oder direkt ins Beet gesät werden. Die Samen keimen schon ab einer Bodentemperatur von 8 °C, dann zwar etwas langsamer, als wenn sie im Haus ausgesät werden, wo die optimale Keimtemperatur bei 16 bis 22 °C liegt. Randensamen keimen in der Dunkelheit und sollten deshalb etwa 2 bis 4 cm mit Erde bedeckt werden. Ab Mitte April kann im Freiland gesät werden. Für die Einlagerung sät man Mitte Juli aus. In kühlen

Buchtipp Das Lexikon der alten Gemüsesorten, 800 Sorten – Geschichte, Merkmale, Anbau und Verwendung in der Küche, M. Serena, M. Suanjak, B. Brechbühl, F. Pedrazzetti, AT-Verlag, Aarau, 2014, Fr. 78.–. Bestelltalon Seite 59.

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G e mü se Garte n

Empfehlenswerte alte Sorten

‘Golden’ Eine gelbe Rande mit dem Namen ‘Gelbe Castelnaudarys’ soll angeblich in Frankreich schon im 16. Jh. kultiviert worden sein. Der Züchter Benary aus Erfurt bildet in seinem Album von 1876 eine ‘Gelbe runde Frühe’ ab, die mit der heutigen ‘Golden’ in Form und Grösse übereinstimmt. Gelbe Randen verschwanden bis heute fast gänzlich vom Saatgutmarkt.

‘Chioggia’ Chioggia ist der Name einer Gemüseanbauregion südlich von Venedig. Die ‘Chioggia’-Rande geht wahrscheinlich auf die Sorte ‘Bassano’ zurück, die 1841 eine der ersten aus Italien nach Frankreich eingeführten ägyptischen Randen war. Bereits kurze Zeit danach wurde sie auch in den USA angebaut, wo sie vor allem bei der städtischen Kundschaft sehr beliebt war. Merkmale: Rundlich abgeflachte Rüben mit auffälliger rot-weisser Ringmusterung. Süsslich-herber Geschmack. Anbau: Reagiert in der Geschmacksausbildung stark auf die Anbaubedingungen (siehe Box). Für das Winterlager erst im Juli aussäen. Verwendung: Geschälte rohe Knolle in horizontale dünne Scheiben schneiden, auf einer Platte ausbreiten und mit BalsamicoDressing beträufeln. Die Ringfärbung geht beim Kochen verloren. Bei kurzem Blanchieren und Abschrecken sowie beim Frittieren bleiben die Farbunterschiede am besten erhalten.

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Merkmale: Rundliche, oben meist etwas breitere und unten schmälere, kleinere Rüben. Goldgelbes Fruchtfleisch. Kräftig grüne Blätter mit gelben Blattrippen. Anbau: Sehr langsame Entwicklung. Für einen süssen Geschmack unbedingt jung ernten. Nicht gut lagerfähig. Verwendung: Als roher Salat, in Scheiben geschnitten, schmeckt sie vorzüglich. Beim Kochen wenig Essig ins Kochwasser geben, damit die gelbe Farbe nicht verblasst.

‘Vereduna Alba’ Eine seltene Sorte, die nur bei privaten Sortenerhaltern erhältlich ist. Schon die alten Griechen verwendeten weisse und rote Randen. Aus der weissen Urform kultivierte man später hauptsächlich Stielmangold-Typen mit dicken Stängeln, während aus der roten Urform verbreitet Randen mit einem verdickten Wurzelknollen gezüchtet wurden. Diese Sorte repräsentiert hiermit eine Ausnahme. Merkmale: Spitzrunde, grosse Rüben mit schneeweissem Fruchtfleisch. Gewellte grüne Blätter. Rüben mit mildem Geschmack und hohem Zuckergehalt. Anbau: Diese robuste und ertragreiche Sorte wächst bevorzugt ganz unter der Erde, deshalb Knollen immer gut mit Erde abdecken, sonst werden sie im oberen Teil grün. Gute Lagerfähigkeit. Verwendung: Wird in England vor allem zu Fisch- oder Geflügelgerichten serviert.

randen im GartenBeet

So ernten Sie gut schmeckende Randen Kennen Sie das? Mit Freuden ernten Sie Ihre eigenen Randen, und dann die Enttäuschung: Die rohen Randen schmecken seifig bis herb und hinterlassen einen kratzigen, schmerzenden Hals! Sie sind nur gekocht wirklich schmackhaft. Woher kommt das? Diese unangenehmen seifigen Geschmackstoffe sind hauptsächlich Saponine. Überständige, alte Randen und solche, die unter ungünstigen Wachstumsbedingungen gedeihen, produzieren vermehrt Saponine und können sogar holzig werden. Randen sind deshalb immer gleichmässig feucht zu halten und nicht zu dicht aufeinander zu pflanzen. Sie brauchen Platz, Licht, regelmässige Wasser- und Nährstoffzufuhr. Zudem sollte man Randen nicht zu lange auf dem Beet stehen lassen. Jung geerntete Randen schmecken roh süss und saftig! Die Randen nehmen gerne Nitrat in sich auf und enthalten auch Schadstoffe. Deshalb ist es wichtig, die Randen nach guter, biologischer Praxis anzubauen.

FOTO: BEAT BRECHBÜHL, FRANCA PEDRAZZETTI

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ZARTE DORNRÖSCHEN

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Wildrosen bezaubern mit ihren einfachen, duftenden Blüten und Hagebutten und sind zudem ökologisch wertvoll. Astride Tschan Tanner von der Bio-Gärtnerei Astrantias hat sechs einheimische Wildrosen für Hausgärten zum Bestellen ausgesucht. Von Ute Stude r

Die lieblichen und duftenden Wildrosen sind die Urmütter unserer heutigen Gartenrosen. Die romantischen, nicht gekreuzten Gewächse der Gattung Rosa verleihen Gartenecken Charme. Als Hecken wecken die Wilden gar Dornröschenträume. Die in Weiss, Hellrosa oder Rosarot erscheinenden, einfachen Blütenschalen weisen in ihrer Mitte ausserordentlich schöne Staubgefässe auf. Viele Wildrosen erfreuen uns mit besonderen Blattfarben, wie die leicht bereift wirkenden, blaugrünen Blätter der Rosa glauca. Im Herbst schmücken sich die Pflanzen mit Früchten, die Farbtupfer in graue Herbsttage bringen. Dabei sind diese natürlichen Blütensträucher keine Diven, die man hätscheln muss wie manche ihrer Nachfahren, etwa die für Schädlings- und Pilzkrankheiten anfälligen Edelrosen. Die robusten Wildrosen hingegen erfreuen Mensch und Tier. Sie sind vor allem auch ökologisch bedeutsam, da sie natürliche Nahrungs- und Schutzquellen für Tiere schaffen.

WILDROSEN SIND PFLEGELEICHT Wer Wildrosen pflanzt, sollte sich den Standort vorher genau überlegen, denn eine solche Pflanzung ist dauerhaft. Wildrosen wachsen sehr vital und entfalten einen ausgeprägten Strauchrosenhabitus. Besonders ausläufertreibende Arten sind wahre Platzhirsche und nehmen viel Raum in Anspruch. Pro Pflanze sollte man zwei bis drei Meter an Breite rechnen. Wissenswert ist auch, dass die Wildrosen einfach und nur einmal blühen, dafür aber überschwänglich. An den Boden stellen sie keine besonderen Ansprüche. Sie wachsen überall, sogar auf magerem Boden, und düngen ist nicht notwendig. Obwohl Wildrosen auch im Halbschatten gedeihen, entwickeln sie in sonnigen Lagen einen grösseren Blütenreichtum. Nach dem Pflanzen muss man bei Wildrosen die nächsten acht bis zehn Jahre nichts mehr tun, als ab und zu einen Ast, den man nicht haben will, bodeneben

abzuschneiden. Die Blüten erscheinen am mehrjährigen Holz, deshalb sollte man nur altes Holz entfernen. Wildrosen kann man auch gut in Töpfen halten. Vor allem die Duft-Rose, die Bereifte Rose, die Weiche Rose und die Filz-Rose eignen sich gut dafür. Da Rosen Tiefwurzler sind, wird allgemein eine Topftiefe von mindestens 50 cm empfohlen. Astride Tschan Tanner hält auf ihrem Balkon aber auch Wildrosen in wesentlich kleineren Töpfen.

DIE KÖNIGIN UND IHR HOFSTAAT Als Solitärstrauch sind Wildrosen ein Hingucker. Aber auch eine frei wachsende Hecke ist eine Augenweide. Allerdings sollte man Höhe und Breite der zu pflanzenden Rosenarten kennen und berücksichtigen. Ausläuferbildende Arten sind ideale Bodenbefestiger für Hänge und Böschungen. Verwunschen wirkt es, wenn Hundsrosen mit ihren biegsamen Trieben Mauern beranken oder in Bäume hinaufklettern. Besonders schön wirken die Rosenbüsche in Kombination mit Gräsern oder mit Wildstauden wie Fingerhut Digitalis, Storchschnabel Geranium, Ehrenpreis Veronica, Leimkraut Silene und Sterndolden Astrantia.

BUCHTIPPS Wilde Rosen Der Autor, Patrick Masure, stellt in diesem Wildrosenführer 500 verbreitete Arten, Varietäten und Hybriden von Wildrosen vor. Neben einer präzisen Beschreibung der Blüten, Früchte, Blätter und dem Habitus werden auch die Herkunft der Art und die Geschichte ihrer Zucht dargelegt. Ein unentbehrliches Nachschlagewerk für Gartenfreundinnen und -freunde. Wildrosen, Patrick Masure, Haupt-Verlag, Bern, 2013, Fr. 38.90. Bestelltalon Seite 59.

WILDROSEN

Komplexes Ökosystem Wildrosen sind ein wichtiger Teil der Schweizer Flora und viele Tiere sind auf sie angewiesen. Leider verschwinden sie zunehmend aus der freien Natur. Gartenbesitzer können jedoch mit der Pflanzung von Wildrosen in ihren Gärten zur Biodiversität und zum ökologischen Ausgleich beitragen. Die Blüten, die stachligen Zweige und die Hagebutten bieten Insekten, Kleinsäugern, Reptilien und Vögeln Nahrung und Schutz. Bereits im Frühsommer erfreuen ihre zierlichen Blüten unser Auge und bieten vielen Insekten Pollen und Nektar. 10 Wildbienenarten, 33 Blattwespen und 16 Blattlausarten sind von den wilden Schönheiten abhängig. Wildrosen sind überdies Käferblumen; sie ziehen bis zu 50 Käferarten an. Der grün schillernde Rosenkäfer knabbert gerne an den Pollen, Schimmelkäfer verzehren den Pilzbefall, und Bockund Schnellkäfer entwickeln ihre Larven im morschen Rosenholz. Die Blätter der Rose sind Raupenfutter für 31 Schmetterlingsarten. Wildrosen gehören zu den wichtigsten VogelNistgehölzen und schaffen sichere Brutplätze für Zaunkönig, Rotkehlchen oder Grasmücke. In den stacheligen Trieben sind die Nester gut vor Beutegreifern geschützt. Auch Reptilien, die in Lesesteinhaufen unter Wildrosenbüschen leben, erfahren Schutz durch die stachligen Zweige. Die tierische Welt im Rosenstock ist ein einziges Fressen und Gefressenwerden. Im Herbst findet man die Netze vieler Spinnen. Vögel holen sich Insektenfutter von den Zweigen. Fledermäuse umschwirren die Dornbüsche und Igel und Spitzmaus jagen in den bodennahen Zweigen. Die Hagebutten der Wildrosen sind auch im Winter noch heftig umschwärmt. Nicht weniger als 27 verschiedene Vogelarten fressen entweder das Fruchtfleisch oder die Samen. Vom Vitaminreichtum der Hagebutten profitiert auch der Mensch. Sie haben zwischen 400 und 500 mg Vitamin C pro 100 g und schmecken als Konfitüre, Gelee, Suppe oder Tee.

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Wandernde können sich auf Spezialitäten wie Käse, Würste und Honig freuen.

VON BIOHOF ZU BIOHOF WANDERN UND GUT ESSEN Herbstzeit ist Wanderzeit. Wo will man hin? Ein Geheimtipp sind die letztes Jahr eröffneten «chemins du bio». Bioterra hat sie getestet. Unterwegs im Kanton Jura, von Biohof zu Biohof. Von Sarah Fa s ol i n

Es liegen 29,5 Kilometer vor mir. Zwei Wandertage und vier Bauernhöfe, die mich verpflegen werden. Kühe und Pferde als Wegbekanntschaften. Und gemäss Wetterprognose auch ein paar Regentropfen. Es ist ein bewölkter Morgen im Juli, als ich in Saignelégier mit Rucksack, Karte und Wegbeschreibung losmarschiere. Ich mache mich auf den «Schmetterlingsweg», der seinen Namen den Schmetterlingen verdankt, die man auf diesem Weg sehen soll. Dafür ist es heute jedoch definitiv zu kühl und bereits nach ein paar Hundert Metern tanzen die ersten Tropfen vom Himmel. Seit gut einem Jahr sind die «chemins du bio» eröffnet, ein Agrotourismus-Projekt der jurassischen Bio-Bauern. Man

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wandert von Biohof zu Biohof, darf sich mit an den Esstisch setzen und abends in einem Zimmer auf dem Hof unter die Decke kriechen. Inbegriffen ist jeweils auch eine Hofführung und während ich die ersten Schritte meines Weges gehe, befürchte ich auch ein wenig, dass ich mich spätestens nach der zweiten Besichtigungstour ein wenig langweilen werde, weil sich die Geschichten wiederholen dürften. Zum ersten Bauernbetrieb ist es zum Glück nicht einmal eine Stunde, sodass mich die paar Regentropfen nicht stark durchnässen. Auf einer Weide kommt mir Thierry Froidevaux entgegen. Während wir zusammen Richtung Hof gehen, zeigt er mir, wie er seine Felder und Weiden bewirtschaftet. Wo er Gersten und Eiweisserbsen hat. Erzählt von den 50 Pferden und Fohlen, die hier leben, und den 25 Kühen der Rasse «Rätisches Grauvieh». Bis vor zwei Jahren arbeitete Thierry Froidevaux, 28, als Hufschmied im Schweizerischen Nationalgestüt in Avenches. Dort hat er seine Freundin, die Agronomin und Bereiterin Brigitte Favre, 30, kennengelernt. 2012 wagten sie gemeinsam das Abenteuer Bauernhof und pachteten das Gut «Sous la Neuvevie», zu dem 60 Hektaren Land gehören. Zwei Lehrlinge sitzen ebenfalls am Mittagstisch. Thierry

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ne, Ziegen und Gitzi schlachten die Hofbetreiber selbst. In einer Käserei entsteht Ziegen-Frischkäse. Auf tiefer liegenden Felder bauen sie Dinkel und Weizen an. Und ein grosser Gemüsegarten liefert auch auf 900 Meter über Meer einen grossen Beitrag für die Küche. Während wir an langen Holztischen unter dem Nussbaum Gitzi und Paella essen, erzählt Myriam Wespi, wie die Hofgemeinschaft organisiert ist: Als Aktiengesellschaft, bei der alle Aktien unter den Bewirtschaftern verteilt sind und alle ein gleichwertiges Stimmrecht haben. Ihre Mutter gehörte zu den Gründerinnen und lebt noch immer in Cerniévillers. Auch Myriam ist nach ein paar Wanderjahren mit ihrem Mann zurückgekommen und lebt mit den drei Kindern auf dem Betrieb. Nach dem Essen wird eine Himbeerroulade mit Kerzen serviert – eines der Kinder hat Geburtstag. Doch kaum ist der letzte Bissen gegessen, stellt jemand fest, dass die Kuhherde Reissaus genommen hat. Sofort macht sich eine Gruppe auf, um die Tiere zu suchen. Und ich nehme die letzte Etappe unter die Füsse, erinnere mich mit einem Lächeln an meine Befürchtung vom Tag zuvor, dass sich die Höfe und ihre Geschichten wiederholen könnten. Ich freue mich auf den Doubs, den ich nach einem Stück auf dem Grat eines Geländerückens das erste Mal überblicke. Nach dem Abstieg spaziere ich flussaufwärts durch das malerische, verlassen wirkende Tal – auf dieser Flussseite führt nur ein Pfad dem Wasser entlang durch Wiese, Weide und Wald. Beim Moulin Jeannottat sind am Ufer Ruinen von Mühlen und Glashütten zu sehen. Hier wandere ich hügelan durch den Wald und stosse auf «Le Seignolet», den Hof von Peter und Irene Hurni und ihren beiden Töchtern. Der Agronom und die Chemielaborantin waren vor zwanzig Jahren auf der Suche nach einem Bauernhof hier angekommen. «Le Seignolet» steht auf Weideland, das von einem grossen Waldring umgeben ist. Während mich die geborgene Lage des Hofes entzückt, schieben mir die beiden Luftauf-

nahmen aus den 1930er- und den 1980er-Jahren über den Tisch. Darauf ist zu sehen, wie sich der Wald innert 50 Jahren grosse, ehemalige Weiden wieder einverleibt hatte. Hurnis hatten den Hof in einem vernachlässigten Zustand übernommen. «Die ersten zehn Jahre verbrachten wir viel Zeit mit Roden», erinnern sich Peter und Irene Hurni. Mittlerweile sind die Weiden zurückgewonnen, aber wenn die Waldränder nicht regelmässig zurückgeschnitten werden, verbuscht und verwaldet die Landschaft innert wenigen Jahren. Mit müden Beinen, Trockenwürsten und Tee im Gepäck mache ich mich in Saignelégier wieder auf die Rückreise. Der Bus fährt los, ein paar letzte Blicke auf die Landschaft, die ihren wilden und doch gestalteten Charakter verlöre ohne die Arbeit dieser Bauern. Doch wo sind eigentlich die Schmetterlinge geblieben? Habe ich sie verpasst? «Vielleicht», denke ich, «warten sie das nächste Mal auf mich.»

rezePt aus dem Jura

Tannenschössli-Honig / miel de bourgeons de sapin 300 g 1 500 g 500 g

Tannenschössli (im Frühling sammeln) Bio-Zitrone Rohzucker Kristallzucker

Tannenschössli waschen (wegen der Pollen) und in eine Schüssel geben. Mit gut einem Liter Wasser bedecken und mit einem Teller beschweren. Über Nacht stehen lassen. Das Ganze aufkochen und wiederum mindestens 12 Stunden stehen lassen. Durch ein Tuch giessen und die Schössli gut ausdrücken. Von diesem Saft einen Liter abmessen. Saft einer Zitrone und Zucker dazugeben. Aufkochen und mit Geduld leicht köcheln lassen, bis die Flüssigkeit honigartig wird. In heisse Gläser mit Schraubdeckel füllen, sofort verschliessen.

Le chemin des papillons – vom Wasserfall von Bief de Vautenaivre bis hinab zum wild-sanften Doubs. BIOTERRA

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Mischhecke mit Wildstr채uchern und Essig-Rose Rosa gallica.

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FOTO: BENEDIKT DITTLI

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Ga rtenp ra x i s

SCHNITTIGE WILDSTRÄUCHER Keine Angst vor dem Schnitt Ihrer naturnahen Hecke: Mit der Praxis wächst die Erfahrung. Wir erklären das Wichtigste in Kürze. Von Beatri x M ühle thale r

WAS PFLANZEN

WIE SCHNEIDEN

Am wenigsten aufwändig ist die Pflege einer Hecke, wenn die Büsche den Gegebenheiten des Standorts entsprechen. Oft steht nur ein schmaler Streifen zur Verfügung oder man muss auf das Nachbarrecht Rücksicht nehmen, das die Höhe der Büsche begrenzt. Zwar lässt sich fast jeder Strauch gemäss den Anforderungen zurechtstutzen. Es spart aber Arbeit, wenn man in diesem Fall kleine und langsam wachsende Arten wählt.

Neben der Grössenreduktion ist das Ziel des Schnitts, Licht in die Hecke zu bringen, um zu verhindern, dass die Büsche innen kahl werden. Dabei gilt es, die natürliche Wuchsform zu erhalten. Ein Schnittprinzip besteht darin, jedes Jahr ein Drittel der Hecke gründlich zu bearbeiten. Im Garten können ästhetische Gründe dafür sprechen, an diversen Stellen einzelne Büsche zu schneiden. Dabei ist die Wuchskraft der verschiedenen Arten zu beachten: Stark wachsende Sträucher lassen sich auf den Stock setzen (auf Stummel von 10 bis 20 cm), wie zum Beispiel Hasel, Hagebuche, Weide, Hartriegel, Faulbaum, Schwarzer Holunder, Liguster. Bei schwach bis mässig wachsenden Sträuchern entfernt man einzelne Triebe oder schneidet auf kräftige Seitentriebe zurück. Das gilt beispielsweise für Weissdorn, Heckenrose, Kornelkirsche und Pfaffenhütchen. Aus der Beobachtung, was der Schnitt bewirkt, lässt sich lernen und eine eigenständige Pflegepraxis entwickeln.

WARUM SCHNEIDEN Setzt man wurzelnackte Sträucher, braucht es einen ersten Schnitt bei der Pflanzung. Wurzeln und Äste werden um die Hälfte eingekürzt. Ein Rückschnitt der Triebe in den zwei folgenden Jahren macht die Gehölze buschiger. Danach erhalten die Sträucher jeweils einen Schnitt, wenn sie zu gross werden. Der Grund dafür kann sein, dass sie in den Trottoiroder Strassenraum hineinwachsen, den Zugang zum Haus behindern oder die Nachbarn stören.

WELCHE SCHNITTFORMEN Dornbüsche wie Weiss-, Schwarz-, Kreuz- und Sanddorn sowie Heckenrosen bieten gut geschützte Nistplätze. Wenn man deren Äste immer auf denselben Punkt zurückschneidet, entsteht ein Quirl, der für den Nestbau besonders geeignet ist. Schmalblättrige Weiden lassen sich durch Rückschnitt auf immer dieselbe Stelle als Kopfweide ziehen. Darunter wachsende Triebe sind zu entfernen.

WANN SCHNEIDEN Der Schnitt frei wachsender Sträucher erfolgt am besten im Frühjahr, bevor der Saft treibt. Dafür gibt es verschiedene Gründe: Die Wuchsform sieht man ohne Laub gut, der Busch erholt sich schnell und der Schnitt bleibt nicht lange sichtbar. Der Zeitpunkt ist auch für die Tiere günstig: Sie können die Früchte den ganzen Winter durch nutzen, andererseits brüten sie noch nicht. Falls die neuen Zweige wiederum in den Wegraum wachsen, braucht es im Sommer einen Nachschnitt. Formhecken schneidet man oft im Sommer, damit die Form während der Saison stimmt. Man sollte aber auf allfällige Vogelbruten Rücksicht nehmen. Für immergrüne Arten ist ein bedeckter Tag zu wählen, um Brandschäden zu verhindern.

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6. PRIX BIOTERRA

MACHEN SIE MIT!

WAHLEN SIE Drei Persönlichkeiten wurden für den 6. Prix Bioterra nominiert: ein Naturschutzexperte mit einem aussergewöhnlichen Naturgarten, die Gründerin einer Gemüsekooperative und die Initiantin und Koordinatorin eines grossen Naturareals. Wählen Sie Ihre Favoritin oder Ihren Favoriten für den grossen Preis online. Von Brigitte Stuc ki

Sie mit, Entscheiden x Bioterra ri .P wer mit dem 6erden soll! Wählen w t e n ausgezeich is zum 19. September Sie vom 5. b ng unter www.prixbioti per Online-VoPreisträgerin oder Ihren terra.ch Ihre Die Verleihung des Prix Preisträger. det im November am Bioterra fin g an der ZHAW in Naturgartentanswil statt. Wäde

PRIX BIOTERRA

Auszeichnung für ein ausserordentliches Engagement Zum sechsten Mal wird der Prix Bioterrra in der Höhe von 10 000 Franken verliehen. Mit dem Preis werden Persönlichkeiten ausgezeichnet, die sich über eine längere Zeitspanne in einem ausserordentlichen Umfang für den biologischen Gartenbau, den Naturgarten oder den Biolandbau engagieren. Die bisherigen Preisträger waren der Erdbeerzüchter Ernst Niederer (2003), Silvia und Peter Lendi, die sich für faire Produktion und fairen Handel engagieren (2005), Urs Niggli, Leiter des Forschungsinstituts für Biolandbau (2006), die Wildstaudengärtnerin Patricia Willi (2010) sowie Esther und Hans Peter Hediger (2012).

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MARTIN MÜLLER

Naturgärtner und Naturschutzexperte Martin Müllers 3000 m2 grosser Naturgarten liegt in Lanzenhäusern bei Schwarzenburg, auf 800 m ü. M. mit Blick auf die Berner Alpen. In den vergangenen 14 Jahren hat der Naturschutzexperte zusammen mit seiner Partnerin Lilo Looser eine Kälberweide in ein Gartenparadies verwandelt, das auch der Öffentlichkeit zugänglich ist. Die beiden haben es sich zur Aufgabe gemacht, der Natur zurückzugeben, was ihr durch unser tägliches Tun genommen wird. Umrahmt wird der Garten von einer dichten Hecke mit über zwanzig Wildrosenarten und einheimischen Gehölzen. Die eine Hälfte besteht aus einer Wiese mit zwei alten Apfelbäumen, der andere Teil ist mit drei grossen Natursteinmauern terrassiert. Ist sein Garten bereits ein Refugium für Pflanzen und Tiere, so gilt das auch für das neue Projekt des seit Kurzem pensionierten Landschaftsgärtners. In Zusammenarbeit mit dem Natur- und Heimschutzverein Schwarzenburg und dem Naturpark Gantrisch wurden 300 m Waldrandsaum ausgelichtet und mit Wildstauden und Kräutern bepflanzt. Die Neubepflanzung zieht besonders Wildbienen an, die hier Unterschlupf finden und ihre Nahrung von den rund hundert Wildblumen erhalten. Da entlang des Waldrandes ein Weg führt, ist es Martin Müller ein Anliegen, die vielen Spaziergänger mit Informationstafeln und einem Schaukasten in die Geheimnisse dieses reichen Lebensraums einzuführen.

FOTOS: ANDRIN MARTIG

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MARTINA SIEGENTHALER

Gründerin und aktive Genossenschafterin der Gemüsekooperative «Ortoloco» Seit der Gründung im Frühjahr 2010 ist Martina Siegenthaler in der Gemüse-Kooperative Ortoloco mit von der Partie. Die Genossenschafterinnen und Genossenschafter bauen zusammen mit Fachkräften auf rund 1,5 ha sechzig Gemüsesorten an. Das Gemüse wird wöchentlich von den Mitgliedern geerntet und als Gemüseabo verteilt. Durch die aktive Mitarbeit im Betrieb erhalten die Mitglieder einen lebendigen Bezug zur Lebensmittelproduktion. Zurzeit baut Martina Siegenthaler zusammen mit zwei anderen Frauen eine Kooperationsstelle für die sogenannte Community Supported Agriculture (CSA) auf. Damit ist eine Landwirtschaftsform gemeint, die auf der direkten Zusammenarbeit zwischen Konsumierenden und Produzierenden basiert. Was bei Ortoloco schon gelebt wird, soll in einem grösseren Umfeld Praxis werden. Der gemeinsame Anbau von hochwertigen, natürlichen Lebensmitteln schafft gegenseitiges Vertrauen und einen Bezug zur Landwirtschaft, verbunden mit einer höheren Wertschätzung der Lebensmittel und mehr Mitbestimmung, wie unser Essen angebaut wird. Ausserdem entsteht ein vielfältiges Netzwerk unter den Mitgliedern. Aufwand, Risiko und Ernte werden auf alle verteilt. Ortoloco möchte durch diesen persönlichen Austausch auch die Umweltsensibilisierung generell steigern und das Verständnis für den biologischen Landbau fördern. Die Genossenschaft unterstützt zudem den Aufbau ähnlicher Initiativen in anderen Regionen der Schweiz.

ALICE OBERLI

Gründerin und Koordinatorin eines Naturareals in Rorschacherberg Vor vier Jahren begann Alice Oberli mit verwandten Geistern das «Naturareal» in Rorschacherberg aufzubauen. Sie ist in der Region schon lange bekannt als lokale Fledermausschützerin. 1500 m2 umfasst das Naturparadies, zwar zwischen Bahngleisen und Strassen gelegen, aber ganz eine Welt für sich. Hier sollen Menschen der Natur näher kommen, aber auch einander begegnen oder vom Wirken anderer erfahren. Der Garten steht Besucherinnen und Besuchern rund um die Uhr offen. Alice Oberli führt hier Kurse durch und schafft Raum, damit andere ihre eigenen Projekte vor Ort umsetzen können. So bauten zum Beispiel Schulkinder ein Insektenhotel oder Jugendliche bekommen einen Platz, um Flachs anzubauen und daraus Garn zu spinnen, während eine pensionierte Gärtnermeisterin eine für den Ort zweckmässige Kompostanlage entwickelte. Das Naturareal, so wild es erscheint, braucht im Hintergrund doch pflegende Hände: Wege jäten, die Trockenwiese mit der Sense mähen und vieles mehr. Da die Unterstände baufällig sind, wird Alice Oberli, so sie denn Preisträgerin wird, das Geld in ein sicheres Dach stecken, damit sie ihre Kurse bei jeder Witterung durchführen kann.

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P O R T R ÄT

«Pflanzen sind mehr als nur grüne Statisten» Von Sandra Web e r

«Wenn du mich fragst, ob ich ein guter Gärtner sei», sagt Rolf Rutishauser, «dann sage ich nein.» Das Haus des Professors für Botanik und seiner Frau ist kaum zu sehen, so nah rücken ihm Stauden und Büsche. Rasen sucht man vergeblich, die Wege sind eingewachsen. Doch der Botaniker wertschätzt jedes einzelne Pflänzchen vor seiner Haustür. Sogar das Berufkraut Erigeron annuus. «Ein verhasster Neophyt. Dabei ist er so schön mit seinen zarten Strahlblüten!» Hochstauden haben es ihm besonders angetan, wie der Goldkolben Ligularia, der Federmohn Macleaya oder der Chile-Rhabarber Gunnera tinctoria, der trotz den Beteuerungen des Botanikers, kein Gärtner zu sein, sehr gesund aussieht mit seinen gigantischen Blättern. «Darum mag ich Stauden. Sie kommen ohne unser Zutun jedes Jahr wieder und sehen erst noch imposant aus!» Es habe wohl mit seiner Herkunft zu tun, vermutet Rutishauser, dass er keinen grünen Daumen habe. Als Kind habe man ihm, als einzigem Bub auf dem Bauernhof am Bodensee, die Verantwortung für den Stall übertragen, während die Schwestern sich mit der Mutter um den Garten kümmerten. Landwirt hätte er werden sollen. Stattdessen studierte Rutishauser Biologie, doktorierte und arbeitete schliesslich 27 Jahre lang als Forscher und Dozent am Institut für Systematische Botanik der Universität Zürich im Bereich der Pflanzenmorphologie. Nebenbei war er am Zürcher Botanischen Garten als wissenschaftlicher Berater und Öffentlichkeitsarbeiter tätig. Sein Spezialgebiet nennt sich «Fuzzy Morphology». Es widmet sich denjenigen Pflanzen, deren Teile sich nicht eindeutig unterscheiden lassen, «Misfits», die von den sonst ähnlichen Bauplänen miteinander verwandter Organismen stark abweichen. Dazu gehört die Familie der Blütentange Podostemaceae, Rutishausers langjähriges Forschungsobjekt. «Der Körper dieser Pflanzen, die bevorzugt an Stromschnellen und Wasserfällen tropischer und subtropischer Gebiete leben, ist eine Kombination aus Wurzel, Stängel und Blatt, vereint also morphologische Eigenschaften aller drei Organkategorien.» Pensioniert, aber als Assoziierter noch immer am Institut am Botanischen Garten forschend, engagiert sich der 65-Jährige nun verstärkt vor der eigenen Haustür – in unzähligen Organisationen, die hier nur unvollständig aufgezählt werden können: Im Stiftungsrat von Pro Specie Rara, in der Naturforschenden Gesellschaft Zürich, in der Zürcher Botanischen Gesellschaft, als Mitglied der lokalen Naturschutzgruppe und gemeinsam mit seiner Frau Brigitte bei Bioterra. Die «Freunde des Botanischen Gartens» ernannten ihn zum Ehrenmitglied: Ein Verdienst, der ihm mehr bedeute als seine akademischen Würden. Es ist ein Dank für all die Jahre, in denen er als Öffentlichkeitsarbeiter mit Führungen und Veranstaltungen Besucher des Gartens zum Denken,

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Rolf Rutishauser ist Botaniker aus Leidenschaft. Obwohl der Professor pensioniert ist, leitet er zahlreiche Exkursionen und Führungen am Botanischen Garten Zürich. Mit Erfolg.

Staunen und Lachen angeregt hat. Das Vermitteln der Flora geschah bei ihm stets mit Humor und über alle Sinne. So kitzelte er die Teilnehmer seiner Führung, «Verstehen Pflanzen keinen Spass?», auch mal mit jungen Buchenzweigen oder verkleidete sich für eine Veranstaltung des Alten Botanischen Gartens als ehemaliger Direktor Oswald Heer (1809– 1883). Bei seinen Studenten bleibt unvergessen, wie ihr Prof. in einer Vorlesung ein Stück der Blaualge Nostoc commune vertilgte. «Ich empfehle stets, alles zu berühren, daran zu riechen und ein winziges Stück zu probieren», sagt Rutishauser. «Dann bleiben Pflanzen in Erinnerung.» In Erinnerung bleibt Leuten, die mit ihm zu tun hatten, vor allem auch seine Person. Darum zählen seine Führungen wohl oft über vierzig Teilnehmer. «Die Schnittstelle zum Volk war mir wichtig. Ich habe immer erst so richtig zu leben begonnen, wenn ich merkte, dass es bei den Leuten zündete. Dass mein inneres Feuer übersprang!» Dieses innere Feuer ist die Hochachtung und eine tiefe Liebe für Pflanzen. «Ich wünsche mir, dass die Menschen realisieren, dass Pflanzen mehr sind als nur grüne Statisten», sagt Rutishauser. «Dann hackt man auch nicht mehr ganze Wälder mit der Maschine ab, sondern begegnet einem Baum als Lebewesen und Gesprächspartner.» Im Rahmen seiner Arbeit hat der Botaniker viele Länder bereist. Und doch sagt er: «Man muss nicht unbedingt in die Tropen fliegen, um spannende Sachen in der Natur zu sehen. Ich bin auch ein Anhänger von Nahreisen. Ich kann stundenlang hier im Garten oder an einem Weiher sitzen und einfach nur beobachten, was geschieht. Pflanzen können Geschichten erzählen. Man muss sich nur Zeit nehmen, ihnen zuzuhören.» Rolf Rutishauser organisiert 2015 wieder einige Exkursionen und Führungen am Botanischen Garten Zürich und für die Zürcherische Botanische Gesellschaft. Veranstaltungsprogramm unter www.bg.uzh.ch und www.zbg.ch

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leSeraNGebot: geschenkkarten-sets Bioterra

Von unseren schönsten Fotos und Illustrationen: 4 Sets à 12 Karten in Geschenkverpackung. Bestelltalon Seite 59

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Leuchtende Sterne des Herbsts mit ihren zarten bis kräftigen Farben. Herbstastern als Porträt oder Blütenstrauss im spätsommerlichen Licht.

Verspielt und humorvoll mit viel Liebe zum Detail – so präsentieren sich die Illustrationen unserer Rubrik «Gartenkids». Einige davon jetzt in Kartenform.

Sie sind die romantischen Lianen des Frühlings. Erst bezaubern ihre Blüten, danach die Samenstände. 12 rankende Schönheiten aus unseren Reportagen.

Diese charmanten Blütenstauden haben eine lange Geschichte. Sie wachsen und blühen in der bekannten Staudengärtnerei Gaissmayer in Illertissen.

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leSeraNGebot: einheiMische wilDrosen In Zusammenarbeit mit der Biogärtnerei Astrantias GmbH, Schindellegi, bieten wir sechs Wildrosen zum Bestellen an.

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leSeraNGebot: Bioterra-saMentüte

< 15 mm

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Rosa abietina Tannen-Rose Wuchs: 100 bis 300 cm hoch, kräftig, aufrecht | Blüte: Juni bis Juli, einfach, weiss bis blassrosa, einmal blühend | Duft: Wildrosenduft, tannenartig | Hagebutten: orange-rot, kugelig mit Stieldrüsen behangen | Standort: sonnig bis halbschattig, trockener bis normal feuchter Boden

Rosa canina Hundsrose Wuchs: bis 300 cm, bogig überhängende Triebe, als Spreizklimmer höher | Blüte: Mai bis Juni, einfach, gross, hellrosa bis rosa, einmal blühend | Blätter: frischgrüne Blätter an bestachelten Trieben | Duft: zarter Wildrosenduft | Hagebutten: rot, länglich bis oval, essbar | Standort: sonnig bis halbschattig, normal feuchter bis trockener Boden

Im Spätsommer sind viele Samen reif für die Ernte. Wohin mit dem wertvollen Saatgut? Wir haben für Sie Bioterra-Samentüten gestaltet und herstellen lassen. In diese können Sie Samen von Ringelblumen, Bohnen, Salat und anderen Gartenschätzen bis zur nächsten Saison aufbewahren. Auch als Geschenk hübsch. Set à 10 Stück, Preis: Fr. 7.90

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leSeraNGebot: «felD-walD-wiesenstoffel»

Rosa elliptica Duft-Rose Wuchs: bis 200 cm, kräftiger, aufrechter Wuchs, dicht verzweigt ausläuferbildend | Blüte: Juni bis Juli, gross, rosa, einmal blühend | Blätter: glänzend grün, keilförmig an hakig bestachelten Trieben | Duft: Blätter mit Apfelduft | Hagebutten: orange-rot, eher kugelig, essbar | Standort: sonnig bis halbschattig, trocken, kalkhaltiger Boden Rosa glauca Bereifte Rose Wuchs: bis 200 cm, bogig überhängende Triebe | Blüte: Juni, dunkelrosa mit weisser Mitte | Blätter: blaugrün bereift an dunkelroten, wenig stachligen Trieben | Duft: wenig Duft | Hagebutten: rot bis kupferfarbig, länglich kugelig, essbar | Standort: sonnig bis halbschattig in frischen Böden

Leinensäckli in Weiss, Beige oder kariert in zwei Grössen – zum Sammeln von Wildpflanzen und Pilzen gross Fr. 32.–, klein Fr. 28.–

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leSeraNGebot: Bioterra-gartenBuch

Rosa mollis Weiche Rose Wuchs: bis 150 cm, aufrecht, kurzästig, nicht wuchernd | Blüte: Juni bis Juli, 5 cm gross, kräftig rosa | Blätter: satt grün, nach Harz duftend auf Stielen mit dünnen Stacheln | Duft: zarter Duft | Hagebutten: leuchtend rot, kugelig, drüsig behaart | Standort: sonnig bis halbschattig, trocken, warm, nährstoffreicher Boden Rosa tomentosa Filz-Rose Wuchs: bis 150 cm, buschig aufrecht | Blüte: Juni bis Juli, 5 cm gross, weiss mit rosa Hauch | Blätter: fein behaarte Oberseite, weissfilzige Unterseite, bestachelte Triebe | Duft: zarter Duft | Hagebutten: rot, kugelig, mit nach Harz duftenden Stieldrüsen | Standort: trocken, warm, Laub- und Tannenwälder bis Gebirgsregionen Bestelltalon Seite 59

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In unserem Bioterra-Gartenbuch finden Sie die Grundlagen des biologischen und naturnahen Gärtnerns. Bodenfruchtbarkeit, Kompost, Düngung, Mischkultur, natürlicher Pflanzenschutz wie auch der Gemüse-, Kräuter-, Blumen-, Obst- und Beerengarten sind die Themen dieses Standardwerks. «Mein Garten – biologisch und naturnah», Hrsg. Bioterra, Fr. 25.– Bestelltalon Seite 59

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