analyse
interview
kolumne
reportage
Warum sich E-Bikes so gut verkaufen und Elektroautos bisher noch auf der Strecke bleiben. seite 14 und seite 52
Armin Sandhövel, CEO der Allianz-Klimasparte, über den Einstieg der Versicherungs riesen ins Stromnetz. seite 21
Matthias Kurth, Ex-Präsident der Bundesnetzagentur, beschreibt den programmierten Krach um die EEG-Umlage. seite 32
Die dritte Generation der Photovoltaik kommt. Ein Dresdner Start-up ist ganz vorne mit dabei. seite 36
Das Wirtschaftsmagazin für die Entscheider der Energiezukunft
bizzenergytoday.com
Der Green New Deal mit den Versicherungsriesen Die Versicherungskonzerne stehen als Finanziers im Offshore-Bereich bereit – wenn die Regierung dort die unterschiedlichen Interessen austariert. Mehr ab Seite 16. Außerdem: Unser Dossier zum internationalen Windmarkt und dem Kampf um die Spitzenposition.
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SEP Ausgabe 1. Jahrgang
02/2012 9,80 €
Die Wende der Versicherer
dAS deutsche Netz-Scrabble
von der Rolle
Die Bundesnetzagentur macht Druck: Versorger sollen ihre Netze seite 30 umtaufen Versicherungsriesen sind die neuen Hoffnungsträger der Energiewende. Für Offshore-Windparks und deren Anbindung wären sie wichtig seite 16
Kolumne Matthias Kurth
Kolumne Gerard Reid Der BIZZ energy today Chefökonom über mächtige Kartelle, die den Weg zu mehr Energieeffizienz versperren
Mit einer neuen Generation von Plastik-Solarzellen will das Dresdner Start-up Heliatek die Branche aufmischen. Die Chancen stehen nicht schlecht seite 36
seite 26
Grüner Energieriese Einst trat EnBW als Gralshüter der Kernenergie auf. Nun setzt der Energieversorger auf Erneuerbare, demnächst mit neuem Chef. Der BIZZ energy today Unternehmenscheck seite 29
Der langjährige Chefregulierer über den bevorstehenden Krach um Einspeisevergütungen und die EEG-Umlage seite 32
Windmarkt
Surren und Siegen
Gasbranche: Zwist um SpitzenAmt Nach der Niederlage für Eon kocht es im Branchendachverband seite 60
Angriff aus Fernost
Aufsteiger und absteiger des Monats Wolfgang Dehen (Osram) und Zhegrong Shi (Suntech) seite 62 Nicht nur Michael Schumacher radelt elektrisch: Das Geschäft mit den E-Bikes boomt seite 52 Porträt: Dagmar vogt Nach Solarenergie will China nun auch Weltmarktführer beim Wind werden. US-Hersteller wehren sich seite 40 verzweifelt Die Nische nutzen Trotz Preiskampf: Einige deutsche Windfirmen machen gute Geschäfte seite 44 Mehr aus Weniger Mit stärkeren Maschinen und besserem Service im Gepäck suchen Windan lagenhersteller nach neuen Kunden und Standorten seite 50
Klug aufgestellt: Die Solarunter nehmerin Dagmar Vogt trotzt der Krise
seite 56
quick lunch mit Dena-Chef Stephan Kohler
seite 12
frage des monats Scheitern die Elektroautos ?
seite 14
editorial foto des monats impressum kurz & gut zahl des monats mal ganz grundsätzlich gefragt
seite 3 seite 6 seite 8 seite 8 seite 10 seite 66
Sieht aus wie Bastelkleber – ist aber ein Kühlmittel für Hochleistungsbatterien
innovation des monats
Durchbruch für coole E-Mobile Bessere Elektroautos sind in Sicht: Forscher des Oberhausener Fraunhofer-Instituts entwickelten ein neues Kühlmittel für die Antriebsbatterien, das vor Überhitzen schützt. Bisher geraten die Aggregate gerade im Sommer an ihre Grenzen. Steigt die Betriebstemperatur auf über 35 Grad, drohen schwere Schäden. Im schlimmsten Fall hält der Speicher nur halb so lange wie angegeben. Ein neuer Akku kostet je nach Fahrzeug 8.000 Euro und mehr. Die von den FraunhoferForschern entwickelte parafinhaltige Kühldispersion Cyro Solplus führt die Hitze schnell aus den Batterien ab. Bei hohen Temperaturen schmelzen die in der Dispersion enthaltenen Parafinkügelchen zu Tropfen und speichern die Wärme. Sinkt die Temperatur, erstarren die Kügelchen.
impressum Herausgeber und Chefredakteur:
Dr. Joachim Müller-Soares (V.i.S.d.P.) Berater des Chefredakteurs:
Peter Poppe Chefökonom:
Gerard Reid
Lichtfänger mit Potenzial – Siemens setzt auf SempriusZellen
Kolumnisten:
Matthias Kurth, Prof. Dr. Friedbert Pflüger
Ring Vier Business Media GmbH & Co. KG Heinrich-Roller-Str. 15, 10405 Berlin Tel.: 030 / 76 23 92 - 230, Fax: - 259 info@ringvier.com
Photovoltaik-Hersteller Semprius aus dem US-Bundesstaat North Carolina startet voraussichtlich im September 2012 die Serienproduktion seiner Zelle, die nach eigenen Angaben alle Rekorde bricht. Anfang des Jahres erzielte die hochkonzentrierte Photovoltaikzelle unter Testbedingungen einen Rekord-Wirkungsgrad von 33,9 Prozent. Die Module haben eine Glasabdeckung mit eingearbeiteten Linsen, die Sonnenstrahlen in tausend facher Konzentration bündeln. Die Solarpanele bestehen nicht nur aus Halbleitermaterial, sondern auch aus einem kostengünstigen Substrat. Semprius startet mit einer Produktionskapazität von sechs Megawatt pro Jahr, plant aber, diese auf bis zu 30 Megawatt auszubauen. Siemens hält einen Anteil von 20 Prozent am Cleantech-Unternehmen.
Siemens AG
Verlagssitz:
Superzelle vor dem Einsatz
Fotos: Fraunhofer UMSICHT
Redaktion: (redaktion@ringvier.com) Karsten Wiedemann (Leitender Redakteur), Tina Gilic, Niels Hendrik Petersen, Daniel Seeger Autoren: (redaktion@ringvier.com) Reinhard Kowalewsky, Vanessa de l‘Or Artdirection: Inga Sineux (www.ingasineux.de) CVD Layout und Produktion: Sabine Müller infografiken: Denny Rosenthal Illustrationen: Valentin Kaden Schlussredaktion: Claudia von Mickwitz Verlagsassistenz: Cynthia Kubisch (kubisch@ringvier.com) Anzeigenabteilung: (media@ringvier.com), Torsten Pfund (pfund@ringvier.com) Jacqueline Schroeter (schroeter@ringvier.com) André Böttcher (boettcher@ringvier.com), Mediainformation unter www.bizzenergytoday.com/media oder unter Tel.: 030 / 76 23 92 - 245, Fax: - 259 Marketing: Ronney Menze (menze@ringvier.com) Leserservice: PressUp GmbH, Postfach 70 13 11, 22013 Hamburg Tel +49 (0) 40 41 448 478, Fax +49 (0) 40 41 448 499 BIZZenergytoday@pressup.de Druck: Möller Druck und Verlag, 16356 Ahrensfelde
Prominente Stimmen zur Erstausgabe von
peter altmaier Bundesumweltminister
„Ich gratuliere BIZZ energy today zur gelungenen Erstausgabe. Die publizistische Verknüpfung von Energie- und Finanzthemen ist ein wichtiger Ansatz, der dazu beiträgt, die Möglichkeiten und Chancen für Investitionen in die Energiewende in den Fokus zu rücken. Dies ist in jeder Hinsicht hilfreich!“
ANALYSE Warum Teleko m-Boss René Obermann für seinen auf den Energ Angriff iemarkt gut aufgestellt ist. seite 54
Das Wirtschaft
INTERVIEW Thüga-Chef Woste wagt Ewald Helikopterblden die Energ ick auf iewende. seite 24
smagazin für die
Entscheide r der
KOLUMNE Matthias Kurth , Ex-Prä der Bunde snetzagentur sident warnt vor „nebulösem , Zweckoptim ismus“. seite 28
Energiezukunft
REPORTAG
E
Ein Blick in von Daiml die Forschungslabors er Fortschritte und Evonik zeigt entwicklung bei der Batteriefür E-Auto s. seite 36
Juli/August
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1. Jahrgang
2012
9,80 €
„BIZZ energy today zu lesen macht Spaß und bringt weiter! Bei der Erstausgabe habe ich inhaltlich Einiges mitgenommen, etwa die neue Positionierung einiger Unternehmen. Besonders lesenswert fand ich den Artikel zu Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Usage (CCU) – hier sind komplizierte Details anschaulich aufbereitet.“ prof. Ann-Kristin achleitner Lehrstuhl für Entrepreneurial Finance, Technische Universität München
bizzenerg ytoda y.com
Energiew Woher koende : die Millia mmen rden?
KfW-Vorstand gilt bei der schef Ulrich Schröder Fina Energiewende nzierung der Im Exklusiv- als Schlüsselfigur . Schröder überInterview spricht der Banken die Vertrauenskris e anderen Finaund beschreibt, welc he für Großproje nziers als Investore n kte Schröder hofft in Frage kommen . „grünen Kapi auf einen talismus“. weiter auf seite
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Greenpeace Energy
Dr. wolfgang von geldern Staatssekretär a.D., Vorsitzender Wirtschaftsverband Windkraftwerke
Fotos: CDU/CSU-Bundestagsfraktion/Christian Doppelgatz
© Astrid Eckert, TU München
„An BIZZ energy today gefällt mir, dass das Magazin die Neuigkeiten aus der Welt der Energien, insbesondere der Erneuerbaren, mit Beiträgen zu Finanzierungsfragen verbindet. Dies ist für alle, die mit der Energiewende zu tun haben, und für Investoren gleichermaßen höchst spannend und wird, wie die erste Ausgabe zeigt, auch so dargeboten.“
Verena Gremmer
Akzente Kommunikation und Beratung
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„BIZZ energy today ist wirklich klasse, es ist visuell äußerst ansprechend und hat gute Artikel. Und wie ich finde: die richtige Mischung. Ich bin sicher, dass es eine große Zukunft hat.“ SABINE braun Geschäftsführende Gesellschafterin bei Akzente Kommunikation und Beratung
„Herzlichen Glückwunsch! Ein gut lesbares, klares, aufgeräumtes Magazin zur derzeit turbulentesten Branche. Ich freue mich auf weitere Ausgaben!“ robert werner Partner beim HIC Hamburg Institut, zuvor Geschäftsführer von Greenpeace Energy
Die Erstausgabe von BIZZ energy today können Sie unter info@ringvier.com nachbestellen.
Quick Lunch
Wir trafen Dena-Chef Stephan Kohler in seinem Berliner Lieblingsrestaurant zu einem Gespräch über das wirtschaftliche Potenzial der Energieeffizienz
kurz & gut. seite 12
Die neue VENSYS 2,5-MW-Plattform. Zuverlässige VENSYS-Technologie jetzt in einer neuen Leistungsklasse. VENSYS-Windenergieanlagen überzeugen mit Permanentmagnet-Technologie, Direktantrieb, Vollumrichtersystem und VENSYS-Pitchsystem. Und das weltweit – mit bereits über 12.000 MW installierter Gesamtleistung.
stephan kohler führt die Geschäfte der Deutschen Energieagentur Dena seit ihrer Gründung im Jahr 2000. Zuvor arbeitete er unter anderem für das Öko-Institut in Darmstadt. RESTAURANT Cavallino rosso Italienische Küche Hannoversche Str. 2, 10115 Berlin-Mitte, Tel. 030 / 27 90 83 14
Direktantrieb
PermanentmagnetTechnologie
www.vensys.de
Vollumrichtersystem
VENSYSPitchsystem
Luftkühlung
B H es us u um ch e H Wi n S 5 n ie 5A de u 08 ne ns rg : y
lag bei stolzen 88,5 Prozent. Wie viel Geld können Privatleute sparen? _Kohler | Die Stromkosten eines Privathaushalts in Deutschland liegen im Schnitt bei rund 800 Euro im Jahr. Durch den Kauf effizienter Haushaltsgeräte können immerhin rund 200 Euro jährlich eingespart werden. Ist Energiesparen dabei nicht automatisch mit einem Verlust an Komfort verbunden? _Kohler | Nein. Die Kunst besteht darin, jene Energie einzusparen, deren Verbrauch man gar nicht bemerkt. Zum Beispiel im Stand-by-Modus von Geräten, nicht nur von Fernsehern. Dieses Problem ist seit langem bekannt, aber immer noch aktuell, wie eine Anfang August veröffentlichte Dena-Studie zeigt. Sogar im Aus-Zustand verbrauchen viele Geräte weiter Strom. Um diese Verluste zu minimieren, hat die EU bereits 2008 eine Ökodesign-Verordnung erlassen. Durch deren konsequente Umsetzung können nach unseren Berechnungen pro Jahr 6,8 Milliarden Kilowattstunden eingespart werden. Das entspricht ziemlich genau dem jährlichen Stromverbrauch der Hauptstadt Berlin.
Foto: Denny Rosenthal
_BIZZ energy today | Herr Kohler, ist Energieeffizienz ein teurer Luxus? _Stephan Kohler | Im Gegenteil. Mit Energieeffizienz können Unternehmen und Privathaushalte viel Geld sparen, und zwar nachhaltig. Sie machen sich auch weniger abhängig von künftigen Strompreissteigerungen; die leider programmiert sind, nicht zuletzt aufgrund der steigenden EEG-Umlage aus dem ErneuerbareEnergien-Gesetz. Wie hoch ist denn das Einsparpotenzial für Firmen? _Kohler | Ein typischer Mittelständler kann 30 Prozent Energie einsparen. Wir haben Bereiche wie Beleuchtung, Motoren, Lüftungs- und Druckluftanlagen untersucht. Bei solchen Querschnittstechnologien liegt das Einsparpotenzial sogar bei bis zu 40 Prozent. Eine mittelständische Brauerei konnte zum Beispiel durch die Optimierung des Druckluftsystems jährlich 55.000 Euro Energiekosten sparen. Nach nur einem Jahr und sechs Wochen hatte sich die Investition bereits amortisiert. Anders gesagt: Die Rendite, bezogen auf die Investitionskosten,
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frage des monats ... … Wird sich die Elektromobilität jemals durchsetzen, angesichts von nur 1.400 neuen E-Autos im ersten Halbjahr 2012? Das schlechte Klima-Gewissen und hohe Spritpreise schrecken die Deutschen nicht: Sie wollen Autos mit „echten“ und leistungsstarken Motoren. Nach einer Analyse des CAR-Instituts an der Uni Duisburg-Essen haben neu zugelassene Benziner und Dieselfahrzeuge im Schnitt inzwischen 138 PS – ein Rekordwert. Elektroautos bleiben hingegen Ladenhüter. Die bisher in diesem Jahr zugelassenen E-Mobile machen gerade einmal 0,1 Prozent aller Neuanmeldungen aus. Scheitert die Elektromobilität? Die Autobauer winden sich. BMW forderte auf Nachfrage der Redaktion Änderungen im Steuerrecht. Renault, selbsternannter E-MobilMarktführer, wollte sich gar nicht äußern.
kurz & gut. seite 14
Professor Ferdinand Dudenhöffer Direktor CAR – Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen
„Die Elektromobilität rollt langsam an – nicht nur in Deutschland. Der WWF ist überzeugt: Sie wird sich hier wie anderswo bis 2020 durchsetzen und stetig Marktanteile gewinnen. Auch wenn 1.400 Fahrzeuge nicht viel klingen mag, sind das doch immerhin über
© WWF
Regine Günther Leiterin Klima- und Energiepolitik WWF-Deutschland
Fotos: Ulrich-Zillmann
„Die Elektromobilität in Deutschland wird in den nächsten Jahren scheitern. Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum einen wird hier der Dieselantrieb stark subventioniert, andere Antriebe haben es deswegen schwer. Aus diesem Grund hinken deutsche Hersteller den Japanern beim Hybrid hinterher. Zum anderen kümmert sich die Politik nicht um die Rahmenbedingungen für Elektroautos. Wenn wir mehr E-Fahrzeuge in den Städten wollen, was aus Emissionsgründen sinnvoll wäre, brauchen wir Zufahrtsbeschränkungen, etwa für Dieselautos in Fußgängerzonen. Der Lieferverkehr könnte dann mit Elektroautos erfolgen, was einen deutlichen Schub bringen würde. Aus meiner Sicht sind die öffentlichen Programme für Elektromobilität überschaubar, um nicht zu sagen: ärmlich. Insgesamt wurden bei den Modell-Regionen und nun bei den Schaufenstern für Elektromobilität vielleicht 300 bis 400 Millionen Euro investiert. In die Abwrackprämie sind fünf Milliarden Euro geflossen, mit dem Ziel, neue Verbrennungsautos zu verkaufen. Es fehlt der systematische Ansatz, um Elektroautos in den Markt zu bringen.“
dietmar schütz Präsident Bundesverband Erneuerbare Energie
„Erneuerbar angetriebene Elektromobilität wird sich langfristig durchsetzen. Das ist nur eine Frage der Zeit. Maßgeblich für den Erfolg von Elektrofahrzeugen wird zum einen die Entwicklung der Batteriekosten sein. Je schneller diese sinken, desto schneller werden sich Elektroautos auf den Straßen ausbreiten. Zum anderen kommt es auf eine intelligente Förderpolitik in der Startphase an. Da sind andere Länder deutlich weiter. Japan hat sich beispielsweise zum Ziel gesetzt, dass im Jahr 2020 jedes zweite Neufahrzeug zumindest als Hybridfahrzeug über einen elektrischen Antrieb verfügt.“
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Fotos: Andreas Labes
ADAC
Christian Buric ADAC-Sprecher
40 Prozent mehr verkaufte Fahrzeuge als im Vergleichszeitraum 2011. Wir können einiges dafür tun, die Elektromobilität anzukurbeln: Starke CO2-Grenzwerte fördern Elektroautos ebenso wie ambitionierte Forschungsprogramme und die Erfahrbarkeit in den Schaufenstern. Elektroautos sollten finanziell gefördert werden, solange sie intelligente netzfreundliche Technik an Bord haben, um damit langfristig die Energiewende unterstützen zu können. Bislang wird diese Technik jedoch leider nicht eingesetzt.“
„Die Elektrifizierung des Autos wird voranschreiten, egal ob es sich um Hybride, reine Elektroautos oder ganz neue Arten von teilelektrifizierten Fahrzeugen handelt. In Kombination mit Pedelecs, E-Taxis, Bahn und anderen Verkehrsmitteln können E-Autos in Städten oder Regionen eine große Rolle spielen. Ob die E-Autos allerdings der Königsweg unter den alternativen Antrieben sind, lässt sich heute noch nicht seriös abschätzen. Mit der beschlossenen Energiewende steigen die Chancen für E-Mobilität auf jeden Fall. Dennoch ist der ADAC keine Unternehmensberatung und agiert auch nicht als Zukunftsforscher. Die Realität „auf der Straße“ sieht derzeit so aus, dass diese Autos noch zu teuer sind. Ändert sich das nicht, werden es E-Autos schwer haben. Aus ADAC-Sicht müssen Elektromobile nicht nur sparsam und umweltfreundlich, sondern vor allem sicher sein. Leider wird dieser Faktor oft vergessen, wenn es um neue Antriebe geht.“
Die Wende in der Energiewende Allianz, Munich Re & Co. planen milliardenschwere Investitionen in den Netzausbau. Die Absprachen mit der Politik laufen – für einen Green New Deal _Text tina gilic und joachim müller-soares
Foto: zentilia
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I
n seinen eigenen vier Wänden hat Armin Sandhövel die Energiewende längst vollzogen. Der oberste Klimastratege des Allianz-Konzerns heizt sein Haus in Wiesbaden mit Holzpellets statt wie früher mit Öl. Auf dem Dach ließ er sich Solarthermie zur Warmwasseraufbereitung installieren und die Hauswände sind inzwischen komplett gedämmt. „Damit sparen wir 80 Prozent unserer privaten Energie kosten“, frohlockt Sandhövel, Geschäftsführer der Konzerntochter Allianz Climate Solutions. Gut für die Umwelt und gut für die eigene Kasse – diese Kombination kultiviert Sandhövel auch geschäftlich. Der Chef der Klima-Sparte mischt wesentlich mit, wie der Konzern sich als Großinvestor bei den erneuerbaren Energien
Merkel und ihre Regierung bisher die Illusion genährt, die eher schwachbrüstigen Netzbetreiber könnten das Investment alleine stemmen. Nun kämen endlich potente Finanziers mit an Bord. Auf der anderen Seite hätten die deutschen Lebensversicherer ein Anlageproblem weniger. Da sie ihren Kunden im Schnitt 3,3 Prozent Zinsen auf den Sparanteil garantieren und zusätzlich Überschussbeteiligungen in Aussicht stellen, suchen sie händeringend nach neuen lukrativen Investments – seit der Markt für Staats- und Unternehmensanleihen am Boden liegt. Die Lebensversicherer verfügen zusammen über rund 743 Milliarden Euro Kapital, alle deutschen Versicherer kommen auf ein Gesamtkapital von 1.280 Milliarden Euro. Die 27 Milliarden Euro für den Netzausbau wären somit leicht zu stemmen.
aufstellt. Er agiert quasi als Unterhändler für Allianz-Vorstandschef Michael Diekmann, um die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen auszuloten – und womöglich ein paar Koordinaten neu zu setzen. Es bahnt sich nämlich Großes an. Deutschlands Versicherer haben über die Jahre selbstverständlich auf der Erzeugerseite schon Milliarden in Windparks und Solarprojekte investiert; das ist aufgrund der garantierten Einspeisevergütungen ein gut kalkulierbares und attraktives Geschäft. Nun planen sie die zweite grüne Welle: die Finanzierung der notwendigen Infrastruktur in Form neuer Strom- und Gasnetze. Damit sind Assekuranzen die neuen Hoffnungsträger der Politik. „Anders sind die Kosten der Energiewende nicht zu stemmen“, sagt Sandhövel. (siehe Interview S. 21) Von dem sich abzeichnenden Green New Deal profitieren beide Seiten. Die Bundesregierung könnte ihre Glaubwürdigskeitslücke bei der Finanzierung der Energiewende schließen: Beim Netzausbau, der bis 2020 nach realistischen Schätzungen bis zu 27 Milliarden Euro verschlingen wird, haben Kanzlerin Angela
Reizvoll ist das Engagement für EnergieInfrastruktur allemal: Mehr als neun Prozent vor Steuern gewährt die zuständige Bundesnetzagentur auf das eingesetzte Eigenkapital für Investitionen in die Stromnetze. Das bleibt selbst dann üppig, wenn die tatsächliche Vorsteuerrendite in der Praxis zuweilen zwei bis drei Prozentpunkte geringer ausfällt, weil nicht alle Kosten von der Bonner Behörde sofort anerkannt werden. Zum Vergleich: Zehnjährige Bundesanleihen werfen nur noch etwa 1,4 Prozent Rendite ab. „Es mangelt nicht an Geld, es mangelt an passenden Rahmenbedingungen“, betont Allianz-Mann Sandhövel. Mehr verrät er nicht zur geheimen Diplomatie, die zur Zeit in Berlin und Brüssel zwischen Versicherungswirtschaft und Politik läuft. Die Assekuranz hat zunehmend Interesse an neuen grünen Investments. „Onshore-Windparks, Solar sowie regulierte Netze liegen im mittleren Renditebereich, bei relativ wenig Risiko und geringer Volatilität“, erläutert Peter
Gut für die Umwelt und gut für die eigene Kasse.
finance. seite 18
Vom Green New Deal profitieren beide Seiten.
Merkel und die Männer der energiewende
Talanx im Juli 2011 die RWE-Übertragungsnetzgesellschaft Amprion mehrheitlich übernehmen durften, hat damit zu tun, dass man geschickt unter der Eingriffshöhe durchtauchte. Die Allianz jedenfalls drängt nun in Brüssel auf „Einzelfallregelungen, um den Investoren eine gewisse Planungssicherheit zu geben“, wie Sandhövel sagt. Der Wunsch nach Verlässlichkeit ist verständlich, schließlich bewegen sich viele potenzielle Investments im Milliardenbereich. Da will kein Versicherer riskieren, kurz vor Vertragsschluss noch von EU-Behörden ausgegrätscht zu werden. Für eine gute und schnelle Lösung in Brüssel macht auch die Bundesregierung Druck. Sie hat daran übergroßes Interesse, denn sie braucht die Hilfe der Versicherer, um die Hängepartie beim Netzausbau in Norddeutschland zu beenden. Rund 2.000 Windräder mit einer installierten Leistung von 10.000 Megawatt, also der Power von etwa zehn Kernkraftwerken, sollen nach den Berliner Plänen bis 2020 weit draußen im Meer verankert werden – nur der Stromtransport über Seekabel an Land und die Weiterleitung von dort hängen völlig in der Schwebe. Dem Netzbetreiber Tennet, deut-
Peter Altmaier, Bundesumweltminister
Auftrag: Ener giewende koordinieren Kooperation bei Klimaschutzprojekten
Nikolaus von Bomhard, Vorstandschef der Munich Re
Michael Diekmann, Vorstandschef der Allianz
Abstimmung über Kom promisse für Haftung bei OffshoreProjekten
Angela Merkel, Bundeskanzlerin
Auftrag: Umfeld für Versicherungen verbessern
Auftrag: Umfeld für Versicherungen verbessern
Rendite für Investoren beim Netzausbau justieren war Staatssekretär von
Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur
Chef
Fotos: CDU/CSU-Bundestagsfraktion/Christian Doppelgatz
Andreas Pohlmann
CDU/Laurence Chaperon
FDP
Bundesnetzagentur
© Munich Re
Hielscher, Investmentstratege bei Talanx. Der nach Allianz und Munich Re drittgrößte deutsche Versicherungskonzern hat bereits 2,5 Milliarden Euro in „Alternative Investments“ investiert, davon 1,6 Milliarden Euro in Form von Private Equity und die restlichen 900 Millionen Euro in Immobilien und Infrastruktur. Doch gerade bei der Infrastruktur gibt es noch unliebsame Klippen. Nach den Eigenkapitalanforderungen der europäischen „Solvency II“-Regel müsste jeder in den Netzausbau investierte Euro mit 49 Cent Eigenkapital unterlegt sein. Die Versicherungskonzerne finden das unangemessen hoch. Die noch größere Hürde sind aber die Unbundling-Vorschriften, wonach Finanzinvestoren, die schon erheblich in Energieerzeugung engagiert sind, nicht gleichzeitig Netzanteile besitzen dürfen. Dass Munich Re, Swiss Life und
Bundes netzagentur
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Beratung über bessere Investitionsbedingungen für Versicherungen
Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie
sche Tochter des niederländischen Staatskonzerns, fehlen die eigenen Mittel, um 15 Milliarden Euro für den Ausbau der Infrastruktur zu schultern. Als externe Geldgeber stehen Allianz und Munich Re bereit, wie sie der Bundesregierung inoffiziell schon signalisiert haben. Auch die komplette Übernahme des deutschen Tennet-Netzes ist ein mögliches Szenario, das hinter den Kulissen verhandelt wird. Neben den Eigenkapitalund Unbundling-Vorschriften erschweren vor allem offene Haftungsfragen den Green New Deal mit den Versicherungen. Die Bundesregierung arbeitet deshalb unter Hochdruck auch auf diesem Feld. Wie verteilen sich die Risiken bei technischen Störungen und Verzögerungen im Rahmen der komplizierten Anbindung von Offshore-
wirtschaftlich attraktiv“, bilanziert Rösler. „ Das bringt die Energiewende voran.“ Wenn alle Details stehen, werden auch die Versicherer aus der Deckung kommen. Noch wollen sie offiziell nicht bestätigen, dass sie längst die Schlüsselspieler der Energiewende sind. Auch die Munich Re wird dann ihre Zurückhaltung aufgeben. Der weltgrößte Rückversicherer hat seine Affinität zu Energieprojekten im Erzeugerbereich längst demonstriert. Über seinen Vermögensverwalter Meag hat er bereits rund 600 Millionen Euro in deutsche Windmühlen sowie in spanische und italienisch Solarparks investiert – und kürzlich den Kauf dreier Windparks mit einer Gesamtleistung von 102 Megawatt in
Windparks an die Netze ? Wer zahlt bei Ausfällen was an wen ? Inzwischen liegt ein Entwurf als Zusatz zum Energiewirtschaftsgesetz auf dem Tisch, der die Haftung zwischen Netzbetreibern und Windmüllern regelt. Ist die Stromeinspeisung ins Netz länger als zehn Tage unmöglich, kann der Windmüller ab dem elften Tag vom zuständigen Netzbetreiber 90 Prozent der entgangenen Einnahmen einfordern. Über die Details des neuen Paragraphen 17e dürfte in Bundestag und Bundesrat noch heftig verhandelt werden – das lässt bereits die mit acht Seiten ungewöhnlich umfangreiche Begründung dieses Paragraphen im Referentenentwurf erahnen. Demnach kann das Risiko über eine Umlage zum Großteil auf den Stromkunden abgewälzt werden. Der im Merkel-Kabinett dafür zuständige Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler lobt den Entwurf über den grünen Klee: „Durch die Haftungsregelungen werden Rechtsunsicherheiten und Investitionshindernisse beseitigt und Investitionen in Offshore-Windparks und Netzanbindung
Großbritannien verkündet. In den kommenden zehn Jahren will der Konzern rund 2,5 Milliarden Euro grün investieren, und zwar im Rahmen des seit Mitte 2010 laufenden Investmentprojekts „Renewable Energies and New Technologies“. Die Finanzierung beim deutschen Netzausbau käme noch oben drauf; für Netzprojekte in aller Welt hat die Munich Re bislang rund 1,5 Milliarden Euro vorgesehen. Der weltgrößte Versicherer, die Allianz, hat bisher rund 1,3 Milliarden Euro in den neuen Wachstumsmarkt gesteckt. In seinem Portfolio hält der Versicherer 34 Windfarmen und sieben Solarparks in Deutschland, Frankreich und Italien. Diese können zusammen Strom für 350.000 europäische Haushalte generieren. Mit diesen Zahlen jongliert Allianz-Stratege Sandhövel, wenn er als Sherpa in Kanzleramt und Wirtschaftsministerium die letzten kniffeligen Details verhandelt. In den Pausen steht er seinen Gesprächspartnern schon mal als persönlicher Energieberater gegen steigende Stromund Heizkosten zur Verfügung. Er rät dann zum Handeln: „Gehen Sie mal mit einer Wärmekamera um Ihr Haus – da sehen Sie zum Teil erschütternde Bilder.“
90 Prozent des Schadens sollen ersetzt werden.
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Die komplette Übernahme des TennetNetzes ist möglich.
„In Trippelschritten vorwärts“ Interview mit Armin Sandhövel, CEO der Allianz Climate Solutions, über die Bedingungen für den Einstieg der Versicherer in die Energiewende und über globalen Klimaschutz _Das Gespäch führten tina gilic und joachim müller-soares
Foto: Allianz
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_BIZZ energy today | Herr Sandhövel, warum investiert die Allianz in die deutsche Energiewende? Armin Sandhövel | Kurz gesagt: Die Renditen dort sind attraktiv. Versicherer müssen ihren Kunden einen bestimmten Garantiezins zahlen, im Durchschnitt rund vier Prozent bei Alt- und Neuverträgen. Diese Zinsen müssen wir am Kapitalmarkt erzielen. Ein übliches Versicherungsportfolio besteht in der Regel zu 90 Prozent aus Staats- und Unternehmensanleihen. Investitionen mit hoher Verzinsung findet man vor allem bei alternativen Investments – die gibt es im Kernbereich der Energiewende. Die Allianz selbst hat im Bereich der erneuerbaren Energien 1,3 Milliarden Euro investiert. Darunter sind Solarparks in Apulien, Windparks in Sachsen-Anhalt und auf Sizilien. Warum investieren Versicherer erst jetzt in diesen Bereich? Die Rot-Grüne Regierung Schröder rief bereits 1998 ihre Energiewende aus – vor 14 Jahren ... Sandhövel | Für solche anspruchsvollen Investments braucht man erst mal Fachleute. 2004 hat sich die Allianz ein ehemaliges WindInvestmentteam von Shell ins Boot geholt. Bis
dann die erforderlichen Kapazitäten und Kompetenzen aufgebaut sind, dauert es eben eine Weile, zumal wir auf der Risikoseite bestimmten regulatorischen Anforderungen unterliegen. Wo liegen denn die Schwierigkeiten bei der finanzmathematischen Risiko-Bewertung? Welche Fragen sind noch offen? Sandhövel | Die Risiken bei der Finanzierung von erneuerbaren Energien sind auf der Eigenund Fremdkapitalseite von der Risikostruktur her sehr ähnlich. Anlagen in der Eurozone bergen keine Währungsrisiken, also stehen vor allem technische Fragen rund um Bau und Betrieb im Vordergrund. Gerade bei OffshoreWindenergie hat man mit großtechnologischen Risiken zu rechnen. In der Vergangenheit gab es in diesem Bereich viele Schäden; wir mussten zunächst unsere Erfahrungen sammeln und auswerten. Wie wurde ausgewertet und mit welchem Fazit? Sandhövel | Die Versicherer haben Schadensdatenbanken aufgebaut. Im Solarbereich haben wir mittlerweile etwa zehn Jahre Erfahrung.
„Anders sind die Kosten nicht zu stemmen.“
finance.
Als chinesische Module auf den Markt kamen, warf das sofort Fragen auf: Sind die so gut wie die deutschen ? Was ist mit der Garantie, wenn die Module nach einer Weile ausgetauscht werden müssen ? Sind die Unternehmen dann noch existent ? Die Module haben wir damals extern prüfen lassen. Nach anfänglicher Skepsis stellte sich schnell heraus, dass chinesische Solarmodule mindestens genauso gut waren. Die werden mittlerweile sogar hauptsächlich verbaut, und das spricht für sich. Die Onshore-Windkraft ist heute ein etablierter Bereich, da können wir sogar auf einen Erfahrungsschatz von 15 Jahren zurückblicken. Aber im Bereich Offshore machen wir erst jetzt bestimmte Erfahrungen. Wie alle Finanzinvestoren dürfen Versicherungen nicht gleichzeitig in Netze und in Produktionsanlagen anlegen. Nervt Sie das?
Sandhövel | Diese EU-Vorschrift soll oligopolistische Strukturen in der europäischen Energiewirtschaft aufbrechen. Da wir bereits in Erzeugungsanlagen investiert haben, darunter Wind- und Solarparks, wirft das Fragen beim Thema Netze auf. Die EU-Kommission arbeitet nach unseren Informationen an einer Auslegungsnotiz, die Einzelfallregelungen vorsieht, um den Investoren eine gewisse Planungssicherheit zu geben. Darauf warten wir jetzt. Noch haben wir nicht in Netze investiert. Wurde Ihnen bereits politischer Wille signalisiert, diese doppelten Investitionen zu ermöglichen? Sandhövel | Anders sind die Kosten der Energiewende nicht zu stemmen. Deshalb gibt es natürlich politisches Interesse und Signale, dass private Investoren im Netz- und Erzeugungsbereich gleichzeitig aktiv werden dürfen.
Foto: mihtiander
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Im ersten Halbjahr 2012 betrugen die wirtschaftlichen Schäden durch Natur katastrophen weltweit rund 20,7 Milliarden Euro
Allerdings lässt sich eine Vorgabe der EU auf die Schnelle nicht kurzfristig ändern. Das sind lange Entscheidungsprozesse, die auch von anderen Mitgliedsstaaten abhängen, in denen die Probleme andere sind als in Deutschland. Im nächsten Jahr, denke ich, werden wir zumindest erst mal Zwischenlösungen bekommen. Wie könnten denn solche Zwischenlösungen aussehen?
Gemäß Solvency II müssen wir Investitionen in erneuerbare Energien nach dem Standardmodell mit 49 Prozent Eigenkapital unterlegen. Diese Risikokategorie entspricht ungefähr der Internet-Aktie eines Entwicklungslandes. Das ist zu hoch. Da sind wir mit dem Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft einer Meinung. Welche Grenze würden Sie sich wünschen? Sandhövel | 20 bis 30 Prozent als erforderliche Eigenkapitalquote fände ich angemessen. Sind deutsche Versicherer bei Energie-Investments weltweit Vorreiter? Sandhövel | Bei Versicherungen in Skandinavien oder Holland hat das Interesse ebenfalls zugenommen. Das Thema ist sicher auch bei den institutionellen Investoren an der Wall Street und in Tokio angekommen; die legen ihr Geld natürlich auch im eigenen Land an.
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Sandhövel | Ich könnte mir gewisse Einzelfallregelungen vorstellen. Ist man beispielsweise zusätzlich in Infrastruktur investiert, könnte die Auslegung so interpretiert werden, dass man damit nicht gegen die Direktive verstößt. Wollen Sie in Stromnetze investieren? Sandhövel | Natürlich haben wir Interesse daran, in verschiedene Strukturnetze zu investieren. Sonst bräuchten wir ja unser Infrastruktur-Team nicht. Was muss denn noch geklärt werden? Sandhövel | Zentral ist, dass wir einen Offshore-Masterplan zu sehen bekommen. Auch die Eigenkapitalanforderungen gemäß Solvency II bergen einige Hindernisse. Wir plädieren schon seit geraumer Zeit dafür, eine eigene Risikokategorie „Infrastruktur bei erneuerbaren Energien“ zu schaffen. Denn in diesem Bereich sind die Risiken deutlich geringer als bei anderen Infrastrukturkategorien: Wir haben hier eine relativ stabile Stromabnahme durch Netzentgelte und Einspeisevergütungen.
Welche Rolle spielt der Klimaschutz für Versicherungen? Sandhövel | Klimabedingte Naturkatastrophen sind ein großes Thema und spielen eine wichtige Rolle in den Bilanzen. Bisher hatten wir ein relativ gutes Jahr, aber in der Vergangenheit haben die Schäden durch Naturkatastrophen stetig zugenommen. Wir versuchen, unser Fachwissen mit der Öffentlichkeit zu teilen und sind seit vielen Jahren auf Klimaverhandlungskonferenzen vertreten, wie viele andere Versicherer und Finanzinstitute auch. Wir reden mit staatlichen Vertretern ebenso wie mit Nichtregierungsorganisationen, den NGOs. Welches gemeinsame Interesse haben Sie denn mit den NGOs? Sandhövel | Wir pflegen regen Informationsaustausch. Die NGOs verfügen in der Regel über sehr gute Informationen und Einschätzungen über bestimmte Länder. Wir haben zum Beispiel lange Zeit sehr gut mit dem WWF kooperiert und viele Reports zum Thema Klimaschutz herausgebracht. Außerdem arbeiten wir mit Germanwatch und verschiedenen Arbeitsgruppen der Vereinten Nationen
Armin Sandhövel ist als CEO von Allianz Climate Solutions für Energieund Klimaprojekte des Versicherungsriesen zuständig. Zuvor war er Head of Carbon Risk bei der Dresdner Bank. Sandhövel studierte Umwelt- und Ressourcenökonomie und promovierte in Oldenburg zum Thema Emissionshandel. Er sitzt unter anderem auch im Aufsichtsrat der Deutschen Energie Agentur (Dena).
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zusammen. Wir sind auch in einer Initiative engagiert, der Munich Climate Insurance Initiative, kurz MCII. Die kooperiert mit der UN, insbesondere beim Thema Mikroversicherungen. Es geht darum, Versicherungsangebote für Menschen möglich zu machen, die in vom Klimawandel besonders betroffenen Regionen leben. Welche anderen Versicherungskonzerne sind bei diesem Thema engagiert? Sandhövel | Die Munich Re, aber auch Tokio Marine und Swiss Re. Eigentlich alle großen Versicherungskonzerne. Arbeiten Sie dabei auch mit Forschungsinstituten zusammen? Sandhövel | Natürlich nutzen wir auch Input aus Forschungseinrichtungen, darunter der von Auch Wall-Street-Investoren haben die Chancen der welt weiten Energiewende entdeckt
Lord Nicholas Stern an der London School of Economics oder das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung PIK. Wir tauschen uns über Klimamodelle aus. Die Allianz hat eine eigene Rückversicherung, die das Thema erforscht. Warum ist Klimaforschung für Sie wichtig? Sandhövel | Versicherer wollen ganz genau wissen, ob sich Schäden so entwickeln, wie sie prognostiziert sind, etwa als Folge von Überschwemmungen oder Dürren. Daraus leiten wir ab, welchen Versicherungsschutz wir gewähren können, etwa im Agrarbereich. Solche eigenen Daten teilen wir auch mit anderen. Sie sind die Grundlagen für einen Versicherungskonzern. Wenn Assekuranzen bestimmte Risiken, etwa Hausbau in Küstennähe, nicht versichern wollen, hat das dann heilsame Wirkung? Sandhövel | Versicherer sagen in der Regel nicht, dass man nicht mehr bauen soll – son-
Willkommen an der Spitze. DonG energy, der Weltmarktführer für offshore-Windparks, sucht ingenieure und Techniker. Treffen Sie uns auf der Windenergy 2012 vom 18. bis 22.9. in Husum. Halle 7, Stand 7d10.
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dern, dass man stabiler und werthaltiger bauen soll. Ein gutes Beispiel ist unsere US-Tochter Fireman‘s Fund. Sie versichert Kunden, die ihre Häuser nach statischen und energetischen Mindeststandards errichten. Damit hat sie sich eine stabile Kundenbasis aufgebaut, denn die Häuser können Wirbelstürmen und Überschwemmungen besser standhalten. Aber in der Tat gibt es Gegenden, in denen auch aus unserer Sicht nicht mehr gebaut werden sollte. Was wird der nächste Weltklimagipfel in Katar bringen? Ein neues Klimaabkommen, das diesen Namen verdient? Sandhövel | Daran glaube ich nicht. Wir bewegen uns auf diesen Weltklimagipfeln seit geraumer Zeit in Trippelschritten vorwärts. Wird Katar trotzdem Fortschritte bringen? Sandhövel | Ein Schwerpunkt dürfte in Katar auf den Green-Climate-Funds liegen, durch die Industrieländer den Entwicklungsländern Finanzierungstranchen zukommen lassen. Das ist wenigstens etwas. Ich werde in jedem Fall beim Weltklimagipfel dabei sein. Der ist für uns eine ganz wichtige Plattform – und zeigt uns, wohin die politischen Entwicklungen gehen.
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DONG Energy ist einer der führenden Energiekonzerne in Nordeuropa mit Hauptsitz in Dänemark. Wir beschaffen, produzieren, handeln und vertreiben Energie sowie energienahe Produkte im Norden Europas. Wir beschäftigen rund 6.400 Mitarbeiter und haben im Jahr 2011 einen Umsatz von 7,6 Mrd. EUR erzielt.
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Wie berechnet sich der Nulltarif ? Der Krach im Herbst ist programmiert: Eine Kolumne über die explodierenden Kosten der Solarförderung und der EEG-Umlage _Text matthias kurth
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mmer öfter hört und liest man in jüngster Zeit einen Satz: „Die Energiewende ist nicht zum Nulltarif zu haben“. Dieser Satz enthält feinsinnige Semantik und ist eine Meisterleistung der Verschleierung. Er erinnert an das von George Orwell erfundene „Neusprech“ – jene von der Regierung künstlich modifizierte Sprache aus Orwells Roman „1984“.
Mit dem Satz wird die deutsche Öffentlichkeit in kleinen Schritten darauf vorbereitet, dass die Energiewende teurer werden dürfte als bisher behauptet. Allein die Förderbeträge, die als Folge des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) von Stromkunden zu zahlen sind, betragen schon heute pro Jahr 14 Milliarden Euro. Das, so suggeriert die Regierung, sei quasi der bisherige „Nulltarif“, den wir ja alle akzeptie-
ren, um das Klima zu retten – und jetzt käme eben doch eine kleine Schippe oben drauf. Diese Suggestion ist der recht durchsichtige Versuch, beunruhigende Fakten zu verschleiern. Nach den Beschlüssen zum Kernenergieausstieg hat die Bundesregierung offiziell und die Bundeskanzlerin sogar höchstpersönlich das Versprechen gegeben, der Förderbetrag von 3,5 Cent pro Kilowattstunde, den jeder private Stromkunde zahlt, werde auch in Zukunft keinesfalls überschritten. Schon aus damaliger Sicht war absehbar, dass dies nicht zu halten sein würde – und das Versprechen daher zumindest unvorsichtig. Nun wird gerade in der Politik niemand gerne an Aussagen erinnert, die länger als ein Jahr zurückliegen; das Vertrauen darauf, dass
zeit die These, nach der es langfristig nur Gewinner gäbe: das Klima, die Innovation, die Arbeitsplätze, die Exportchancen. Doch diese rosarote Sicht der Dinge wird etwas eintrüben. Schon heute sind die Umverteilungswirkungen der EEG-Umlage größer als die des Länderfinanzausgleichs. Apropos: Bayern, das aktuell gegen den Länderfinanzausgleich klagt, ist beim EEGFinanzausgleich großer Profiteur. Verlierer dieser Entwicklung sind die sozial Schwachen, aber auch Gewerbetreibende, die im Gegensatz zur Industrie nicht von den Umlagen befreit sind. Gewinner sind Anlagenbetreiber, die sicher nicht den Querschnitt der Bevölkerung widerspiegeln – bei allem lobenswerten Bürgerengagement für die Erneuerbaren.
Der Staat treibt die Kosten, nicht die Ölscheichs.
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Bürger vergesslich sind, hat sich in vielen Politikfeldern gut bewährt. In diesem Fall wird die Rechnung aber nicht aufgehen. Spätestens Anfang Oktober, wenn die neuen Umlagebeträge für 2013 verkündet werden müssen, naht das Ende der beschriebenen Verschleierungstaktik – mit einem Knall. Die Umlage dürfte dann von 3,5 auf rund 5 Cent pro Kilowattstunde hochschnellen. Diese Erhöhung um rund 43 Prozent wird die Stromrechnungen der Kunden zwangsläufig unmittelbar belasten. Dies wird in Windeseile (im wahrsten Sinne des Wortes) eine öffentliche Strompreisdebatte vom Zaun brechen. Noch bedenklicher ist: Auch mit diesem absehbaren Preissprung im Oktober wird das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht sein. Ein Durchschnittshaushalt, der jetzt für seinen Strom 26 Cent pro Kilowattstunde zahlt, wird in nur zehn Jahren 36 Cent pro Kilowattstunde berappen müssen. Dann wird seine Jahresstromrechnung rund 1.300 Euro betragen – knapp 400 Euro mehr als heute. Das wiederum wird die Debatte forcieren, wer eigentlich die Gewinner und die Verlierer der Energiewende sind. Weit verbreitet ist der-
Der Blick wird auch darauf gelenkt werden, dass der Staat die Stromkosten treibt – und nicht die Ölscheichs oder angebliche Preissteigerungen bei Kohle und Gas. Heute zahlt man für Stromerzeugung und Transport 13 Cent pro Kilowattstunde – genauso viel wie zu Beginn der Strommarktliberalisierung im Jahr 1998. Ist also der Strompreis seit 13 Jahren konstant? Nein, weit gefehlt. In Deutschland wurden Steuern und Abgaben seit 1998 drastisch erhöht und betragen heute 45 Prozent des Strompreises. Das ist übrigens keineswegs überall in der Welt so. In den USA zahlt ein Haushalt nur 20 bis 30 Prozent der Strompreise, die hierzulande üblich sind. Gefährden die rapide steigenden Stromkosten Deutschlands Stellung als Exportweltmeister? Um diese Gefahr abzuwenden, ist es inzwischen gängige Praxis, Industrieunternehmen von den Abgaben und Netzentgelten zu befreien. Doch das ist keine dauerhafte Lösung: Die Regierung muss immer eine – oft willkürlich anmutende – Grenze ziehen, bei welchem Energieverbrauch die Befreiung anfängt.
Merkels Versprechen war schon damals nicht zu halten.
Wer gerade knapp unter der Grenze liegt, zahlt dann zusätzlich die Last derer, die befreit werden. Durch Befreiungen verschwinden auch keine Kosten; sie werden nur auf schwer durchschaubare Weise hin- und hergeschoben. Halten wir fest: Die Förderung erneuerbarer Energien verursacht enorme Kosten. Umweltverbände argumentieren gerne beschwichtigend, dass auch die staatliche Förderung der Kernenergie oder der Kohle Milliarden verschlungen hat. Das stimmt. Aber leider erhalten wir von oben keine Rückvergütung für diese Lasten; die neuen Kosten kommen immer oben drauf.
Und dann? Dann haben wir in Deutschland Photovoltaikanlagen mit soviel Leistung wie 52 Kernkraftwerke. Aber nur, wenn die Sonne scheint. Das ist in Deutschland selbst im Sommer nicht immer der Fall ist. An Tagen mit geringer Stromnachfrage wie etwa am Pfingstmontag werden dann Wind- und Solaranlagen nicht aus Gründen der Netzstabilität abgeschal-
Einige Berufsoptimisten behaupten, dass in 40 Jahren alles wieder besser wird. Ihre Prognosen beruhen auf explosionsartigen Preissteigerungen bei konventionellen Energieträgern. Doch solche Modelle, die den Kosteneffekt der Erneuerbaren schönrechnen, könnten durch neue Öl- und Gasvorkommen oder neue Explorationstechniken schnell zur Makulatur werden. Klar ist: Das EEG-Gesetz muss grundlegend reformiert werden. Darüber wird seit Jahren debattiert, allein: Es fehlt der Wille zum Handeln. Wenn aber das System so bleibt, wie es ist, wird eine EEG-Kostenlast in Höhe von 200 Milliarden Euro den deutschen Stromkunden wie ein Mühlstein am Hals hängen. Die jetzt beschlossenen Kürzungen im Solarbereich werden daran wenig ändern. Im Gegenteil: Der jetzt eingeführte Deckel der Photovoltaik-Förderung beim Erreichen von 52 Gigawatt installierter Leistung wird zu Torschlusspanik führen, wie immer in solchen Fällen. Brachflächen und Dächer werden schnellstmöglich bebaut, als Folge des von der Regierung verordneten Windhundverfahrens. Und so wird der 52-Gigawatt-Deckel wohl schon in zwei statt zehn Jahren erreicht.
tet – sondern weil soviel Strom weder gebraucht, noch gespeichert werden kann. Der neue Umweltminister Peter Altmaier ist nicht zu beneiden. Sein Vorgänger hat ihm etliche Baustellen hinterlassen. Es fehlen strategische Reservekapazitäten für dunkle, windarme und kalte Tage. Es fehlen Anreize zum Bau von Gaskraftwerken. Die Integration der Erneuerbaren in ein Wettbewerbsmodell liegt in weiter Ferne. Der von Altmaier vorgelegte Zehn-Punkte-Plan ist eher enttäuschend. Er enthält Altbekanntes und die erneute Ankündigung, Ende September einen Verfahrensvorschlag zur Reform des EEG vorzulegen. Aber eine durchgreifende Änderung wird aus wahltaktischen Gründen auf die Zeit nach der Bundestagswahl verschoben. Bis dahin gibt es Debatten und Konsensgespräche mit viel Problembewusstsein und unverbindlichen Ankündigungen. Und der Minister schwebt über allem wie ein gutwilliger, fleißiger Moderator, der der Kanzlerin berichtet. Statt undurchsichtig zu lavieren sollte Angela Merkel einen Satz ihres Vorvorgängers Helmut Kohl beherzigen: „Es kommt drauf an, was hinten rauskommt.“
„Erfolg zeigt seine schönste Form, wenn man ihn gemeinsam schafft.“
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war bis Februar 2012 elf Jahre lang Präsident der Bonner Bundesnetzagentur und in dieser Funktion der oberste Regulator für Strom, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen. Zuvor war er Topmanager bei der Firma Colt Telecom und WirtschaftsStaatssekretär in Hessen unter dem späteren Bundesfinanzminister Hans Eichel. Der Jurist, seit 1968 SPD-Mitglied, lebt heute wie damals in Dreieich im Landkreis Offenbach, für den er von 1978 bis 1994 im Hessischen Landtag saß.
Die zahlreichen Stadtwerke, regionalen Gasversorger und Industrieunternehmen, die wir beliefern, wissen es aus erster Hand: Beim Thema Erdgas machen wir als Partner den Unterschied. Nicht nur, weil wir unseren Kunden individuelle Versorgungslösungen und flexible, attraktive Konditionen bieten. Wir stehen ihnen auch mit einer ganzen Reihe an
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Matthias kurth
v.l.n.r.: Christian Niederhofer, Geschäftsführer Schule Schloss Salem Timo Funk, Key-Account-Manager GVS Reinhold Dieringer, Geschäftsführer Stadtwerke Hechingen Dirk Ebinger, Key-Account-Manager GVS
Services zur Seite: vom Bilanzkreis- und Portfoliomanagement bis hin zur Unterstützung beim Kommunikationsauftritt. Alles geprägt von der Energie und Leidenschaft, mit der wir seit über 50 Jahren den Erfolg unserer Kunden mitgestalten. Rufen Sie uns an unter 0711 7812-1314 oder schauen Sie vorbei auf www.gvs-erdgas.de