INTERVIEW
KOLUMNE
DOSSIER
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich über die Strompreisbremse und sein Quotenmodell
Autopapst Ferdinand Dudenhöffer über die fatalen Folgen der Diesel-Subventionen
Energietechnik: Effiziente Anlagen und smarte Steuerung für die Energiewende
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Das Wirtschaftsmagazin für die Entscheider der Energiezukunft
bizzenergytoday.com
Die Rückkehr der Ökofonds An der Börse verdrängen Bullen die Bären. In diesem Umfeld sind auch Fonds wieder begehrt, die sich auf erneuerbare Energien und Cleantech spezialisieren weiter auf seite 18
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ENERGIEWENDE – WOHER DAS GELD KOMMT Lernen Sie interessante Investitionschancen kennen oder stellen Sie Ihre Projekte potenziellen Investoren vor Diskutieren Sie mit politischen Entscheidungsträgern über gesetzliche Rahmenbedingungen Entwickeln Sie neue Geschäftskontakte durch optimale Bedingungen für ein erfolgreiches Networking Ausgewählte Startups stellen ihre innovativen Produkte vor
WIE SICH DER UMBAU DER ENERGIEVERSORGUNG FINANZIEREN LÄSST – IM KLEINEN WIE IM GROSSEN
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WO SIND DIE LUKRATIVEN INVESTITIONEN DER ZUKUNFT?
Lesen mit hohem Wirkungsgrad. BIZZ energy today ist das unabhängige Wirschaftsmagazin für die Entscheider der Energiezukunft und liefert gedruckt wie online alles Wissenswerte für Ihr Energie-Investment.
editorial. seite 3
Grün bringt Rendite Alternative Energy Funds sind angesagt. Sie setzen auch auf jene Hightech-Firmen, die von der Energiewende aktuell am stärksten profitieren _von JOACHIM MÜLLER-SOARES
Foto: Roy von Elbberg
Liebe Leserinnen und Leser,
an der Börse geben die Bullen den Ton an, auch im Over-the-CounterHandel und im Retail-Fondsgeschäft herrscht gute Stimmung. Da mag es zunächst nicht verwundern, dass wieder reichlich Kapital in Fonds fließt, die sich auf erneuerbare Energien und Cleantech-Werte spezialisieren. Der Clou ist jedoch: Diese Ökofonds schneiden besser ab als klassische Energiefonds, die etwa Aktien und Anleihen von Ölkonzernen oder Kohlekraftwerksbetreibern im Depot haben. Das Analysehaus Morningstar weist für die meisten Alternative Energy Funds satte Gewinne aus; ein Drittel von ihnen erzielte allein seit Jahresbeginn zweistellige Renditen. Mehr ab Seite 18. Die Portfolios dieser Ökofonds spiegeln den Status Quo der Energiewende wider, inklusive der aktuellen Gewinner und Verlierer. Die Depots enthalten nur noch wenige reine Solarund Windaktien, dafür aber umso mehr ITSchmieden und Technikkonzerne; diese machen ihr Geschäft zum Beispiel mit intelligenter Software und energieeffizienten Maschinen oder liefern modernste Komponenten für den notwendigen Ausbau der Stromnetze.
Solche Hightech-Spezialisten werden im April auf der Hannover Messe innovative Produkte präsentieren, viele davon aus dem Bereich Energietechnik, dem wir in diesem Heft ab Seite 48 ein eigenes Dossier gewidmet haben. Apropos Hightech: Die anstehende Reform des EEG könnten Bund und Länder nutzen, um endlich klare Innovationsanreize im Gesetz zu setzen. Das hatten die rot-grünen Macher des EEG zwar einst intern erwogen, dann aber verworfen, weil es ihnen zu kompliziert erschien. Jetzt ist die Zeit reif, wie auch unser Interview mit Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich ab Seite 42 zeigt. Er fordert „flexible Mechanismen“, um Innovationen „zum Durchbruch und zur Massenfertigung“ zu verhelfen. Beim Lesen dieser achten Ausgabe von BIZZ energy today wünsche ich Ihnen in jedem Fall neue Erkenntnisse und natürlich auch Lesespaß. Ihr Herausgeber und Chefredakteur P.S.: Ihre Anregungen sind willkommen, unter muellersoares@ringvier.com
COVER: RÜCKKEHR DER ÖKOFONDS Erst Tristesse, jetzt neue Hoffung: Warum Fonds, die sich auf erneuerbare Energien und Cleantech spezialisieren, wieder im Kommen sind seite18
NETZE FÜR DAS VOLK Warum Städte und Gemeinden die Energieversorgung in eigene Hände nehmen
E-MOTOREN IM FOKUS
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KOLUMNE GERARD REID Über die Folgen der SuntechPleite KOLUMNE FRIEDBERT PFLÜGER Der Schiefergasboom in den USA stößt an seine ökonomischen Grenzen seite 40
seite 24
DIE ENERGIESPARER Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken locken mit grünen Sparanlagen seite 26
WALL STREET INSIDE Edisons Erben
seite 30
UNTERNEHMENSCHECK BASF
seite 35
„DAS IST NICHT FAIR“ Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich über die Strompreisbremse, sein Quotenmodell und den Wirkungsgrad von Solarmodulen seite 42
Elektrischen Antrieben gehört die Zukunft. Autobauer und Zulieferer tüfteln an effizienten Motoren und planen neue Produktionsstätten. Auch der Technologieriese Siemens will jetzt einsteigen seite 44
ENERGIETECHNIK
GEBAUT WIRD IMMER
JEDES ZEHNTEL ZÄHLT Intelligente Steuerung und effiziente Anlagen bringen die Energiewende voran – und das eigene Geschäft seite 48
Vom Dachdecker bis zum Weltkonzern: Die Baubranche wittert in der Energieseite 54 wende ein Riesengeschäft
„WIR BESEITIGEN FLASCHENHÄLSE“ Harald Schrimpf, Chef des Softwareunternehmens PSI, über die Rolle der IT für die Energiewende seite 52 DIE MEGALEITUNG Warum Unternehmen auf die Gleichstromtechnik setzen seite 53
„KEIN GELD INS WASSER SCHMEISSEN“ Tennet-Vorstand Lex Hartman über ‚Stranded Assets‘ und Bürgerbeteiligung
AUF- UND ABSTEIGER DES MONATS Mike Winkel (Eon) und Michael Buscher tages akt (Oerlikon) seite 64 New uelle s au bizze nergy f today . com
IM FOKUS: BÜRGERWINDPARKS Naturstrom-Vorstand Oliver Hummel über Fallgruben beim neuen Kapitalanlagegesetz seite 14 FRAGE DES MONATS Ist das EEG für die Energiewende noch notwendig? seite 16
seite 60
KOLUMNE FERDINAND DUDENHÖFFER Diesel-Subventionen schaden der Luft – und den deutschen Autobauern seite 62
EDITORIAL IMPRESSUM UNTERNEHMENSLISTE FOTO DES MONATS INNOVATION DES MONATS ZAHL DES MONATS MAL GANZ GRUNDSÄTZLICH GEFRAGT
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SUPERFRACKEN Weltweit diskutieren Politiker, Umweltschützer und Bevölkerung über mögliche Umweltbelastungen durch das Hydraulic Fracturing. In den USA ist bereits die nächste Generation der Technik, das „Superfracking“, auf dem Weg. Mit dem Verfahren sinken dort die Kosten pro Bohrloch von knapp zwei Millionen auf rund 600.000 Euro, sagen die Analysten von JP Morgan Chase. Das Unternehmen Baker Hughes entwickelte für das neue Verfahren das Direct-Connect-System, Schlumberger das Hi-Way-Verfahren und Halliburton den Rapid-Frac. Die Konzerne versprechen dabei auch unter Umweltaspekten einige Vorteile. Schlumberger etwa wirbt mit 60 Prozent weniger Wasserbedarf. Allen drei Verfahren ist gemein, dass sich die Lagerstätten in den Gesteinsschichten deutlich zielgenauer und effektiver aufbrechen lassen.
HERAUSGEBER UND CHEFREDAKTEUR:
Dr. Joachim Müller-Soares (V.i.S.d.P.) BERATER DES CHEFREDAKTEURS:
Peter Poppe CHEFÖKONOM:
Gerard Reid
VERLAGSLEITUNG:
Jacqueline Schroeter ANZEIGEN:
Thomas Bauer (Frankfurt/M.) (frankfurt@bizzenergytoday.com) Kathrin Werner (New York) (wallstreet@bizzenergytoday.com)
media@ringvier.com Jacqueline Schroeter (schroeter@ringvier.com) Tel.: +49 (0)30 76 23 92 – 256 Andrea Klyscz (klyscz@ringvier.com) Tel.: +49 (0)30 76 23 92 – 255 Torsten Pfund (pfund@ringvier.com) Tel.: +49 (0)175 – 242 12 64 Vanessa Fritsche (fritsche@ringvier.com) Tel.: +49 (0)30 76 23 92 – 257 Mediainformation unter www.bizzenergytoday.com/media oder unter Tel.: +49 (0)30 76 23 92 – 257 Fax: +49 (0)30 76 23 92 – 259
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Karsten Wiedemann (Leitender Redakteur), Tina Gilic, Niels Hendrik Petersen, Daniel Seeger (redaktion@bizzenergytoday.com) ASSISTENZ:
Cynthia Kubisch (kubisch@ringvier.com) KORRESPONDENTEN:
Jochen Bettzieche , Michael Gassmann, Reinhard Kowalewsky, Klaus Max Smolka, Vanessa de l‘Or ARTDIRECTION: Inga Sineux (www.ingasineux.de) CVD LAYOUT & PRODUKTION:
Inga Sineux, Benyamin Rahmani ILLUSTRATIONEN:
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Claudia von Mickwitz
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ZAHL DES monats 54.900.000.000.000
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verwalten Versicherungen, Rentenfonds und andere institutionelle Anleger weltweit. Nochmal zur Sicherheit: 54.900 Milliarden oder auch 54,9 Billionen Euro! Dieses Geld würde reichen, um die Hälfte aller bis 2035 notwendigen Erneuerbare-Energien-Projekte zu finanzieren, zumindest laut aktueller Analyse der Climate Policy Initiative (CPI), einem parteipolitisch unabhängigen USThinktank mit Sitz im Bundesstaat Kalifornien, der seit seiner Gründung 2009 vom legendären US-Finanzinvestor George Soros jährlich zehn Millionen Dollar erhält. Die druckfrische CPI-Studie „The Challenge of Institutional Investment in Renewable Energy“ betont die wichtige Rolle institutioneller Investoren bei der Finanzierung der weltweiten Energiewende. Sie identifiziert allerdings zugleich Hindernisse für Investitionen in Ökostromprojekte und empfiehlt bessere Investitionskanäle, die Liquidität schaffen, das Risiko diversifizieren und Transaktionskosten senken. Fazit der Studie: Die Projektfinanzierung solle durch ein Unternehmensmodell ersetzt werden. Investoren könnten dann in Wertpapiere und Aktien investieren.
Fotos: depositphotos.com
IMPRESSUM
ENERGIEWENDE AM SKAGERAK Ein Wort für die Energiewende haben die Dänen nicht. Sie sprechen von „omstiling af energisystemet“, also dem Umstellen des Energiesystems. Und dabei gehen sie recht radikal zu Werke. Seit Anfang des Jahres sind in dem skandinavischen Land Öl- und Gasheizungen in allen Neubauten verboten. Und die Regierung in Kopenhagen geht noch einen Schritt weiter, ab dem Jahr 2016 gilt das Verbot von fossilen Heizungen auch in Altbauten. Wer seine Heizung modernisiert, muss dann etwa auf Wärmepumpen, Biogas oder einen Holzofen umsteigen. Die Regierung in Kopenhagen will mit dem Schritt den Anteil von erneuerbaren Energien am gesamten Energieverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 35 Prozent steigern. Zur Jahrhundertmitte will das Land seinen Wärme- und Strombedarf komplett aus Erneuerbaren decken. Die Dänen sind Vorreiter: Die Bundesregierung plant, im Jahr 2050 lediglich den Strombedarf zu 80 Prozent aus grünen Energien zu decken.
NETWORKING IM HOTEL ADLON Was verbindet Prof. Claudia Kemfert, Bundesnetzagentur-Präsident Jochen Homann, AllianzTopmanager Armin Sandhövel und Alstom-Chef Alf Henryk Wulf ? Sie sind alle Keynote-Speaker beim FINANCE MEETING von BIZZ energy today am 22. und 23. April 2013 im Berliner Hotel Adlon. Es geht dort u.a. um die Finanzierung neuer Kraftwerke und Netze, die Rolle institutioneller Investoren und die Marktintegration der Erneuerbaren. Die Konferenz bringt Topmanager, Finanziers und politische Entscheider zusammen. (bizzenergytoday.com/meeting)
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SONNENBOOM BEI DEN SCHEICHS Das Ölreich Saudi-Arabien will zur Solarmacht werden und dafür bis 2032 knapp 85 Milliarden Euro investieren. Ein Drittel des verbrauchten Stroms soll dann aus Sonnenenergie stammen, so der offizielle Plan der Regierung in Riad. Sie will im ganzen Land, insbesondere in Wüstenregionen, Anlagen mit einer Leistung von 41 Gigawatt aufstellen lassen, davon 25 Gigawatt Solarthermie und 16 Gigawatt Photovoltaik. Saudische Firmen sollen vom Solarboom profitieren, daher gelten für die Projektvergabe Local-Content-Regeln. Der schwäbische Wechselrichterproduzent Kaco New Energy aus Neckarsulm gehört zu den europäischen Pionieren und besiegelte im März eine Zusammenarbeit mit dem lokalen Partner AEC. Das Ziel: die gemeinsame Produktion von Wechselrichtern bei AEC.
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Noch eine Energiequelle: Japanische Forscher haben Mitte März dem Methaneis am Meeresgrund erstmals kostbares Erdgas abgerungen. Mit spezieller Technik senkten die Wissenschaftler den Druck in den Meeresgrundschichten in 1.330 Metern Tiefe. Die Methanmoleküle können sich mit diesem Trick aus der festen Umklammerung durch Wassermoleküle lösen und danach eingefangen werden. Über die Folgen für die Umwelt ist freilich noch nichts bekannt. Gelingt eine Kommerzialisierung der Technik, könnte sie nach Meinung japanischer Ökonomen eine ähnliche Revolution wie das Schiefergas in den USA auslösen. Bis 2018 möchten die Japaner die kommerzielle Förderung aufbauen. Sie rechnen mit rund 1,1 Billionen Kubikmetern Erdgas allein vor der Südküste des Landes. Dadurch könnte die Insel elf Jahre lang auf den Import von Flüssiggas verzichten.
innovation DES MONATS Ab 2015 soll die erste elektrisch betriebene Fähre der Welt ihren Dienst aufnehmen. Der Technikkonzern Siemens entwickelte sie gemeinsam mit der norwegischen Werft Fjellstrand. Bis zu 120 Autos und 360 Passagiere können dann auf der E-Fähre zwischen den Orten Lavik und Oppdal über den Sognefjord schippern. Statt eines Dieselmotors wird eine zehn Tonnen schwere Batterie zwei Elektromotoren versorgen. Der Bedarf an sauberer maritimer Antriebstechnik ist groß: Schiffe gehören zu den größten Umweltverpestern, wie etwa NABU-Verkehrsexperte Dietmar Oeliger kritisiert. Ein Schiff produziert laut Oeliger so viele Schadstoffe wie fünf Millionen moderne Autos. Die E-Fähre zeigt, dass es ohne Emissionen geht: Pro Jahr spart sie eine Million Liter Diesel, 2.680 Tonnen Kohlendioxid und 37 Tonnen Stickoxide ein. Sie wiegt zudem nur halb so viel wie ihr Vorläufer. Das schont die Leistung der 800 Kilowatt starken Batterie. Der Preis für den Gewinn des vom norwegischen Transportministerium ausgelobten Wettbewerbs: Die Reederei erhält bis 2025 die Konzession für den Fährbetrieb.
Foto: Norled
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Totgesagte leben länger zählt weltweit zu den Top-Finanzanalysten für erneuerbare Energien. Für die Wall-StreetInvestmentbank Jefferies baute er den Bereich Renewables auf. Anschließend gründete er mit Alexa Capital seine eigene Beratungsgesellschaft. 2011 erschien sein Buch „Asiens Energiehunger – Rohstoffe am Limit“. Reid hat am Imperial College in London eine Finance-Professur inne. Last but not least: Gerard Reid ist Chefökonom von BIZZ energy today.
Die Solarkrise hat mit der Insolvenz des größten Modulherstellers Suntech ihren Tiefpunkt erreicht. Dennoch könnte Sonnenenergie am Ende triumphieren _Text GERARD REID
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obverluste, Kostendruck, Pleiten. Die Solarbranche muss neue Hiobsbotschaften derzeit en masse verkraften. So will nach Siemens jetzt auch Bosch seine Solarsparte abstossen. Und der lange Zeit weltgrößte Modulhersteller Suntech, passenderweise Trikotsponsor des kraftlosen Fußball-Bundesligisten TSG 1899 Hoffenheim, ist zahlungsunfähig. Bereits ein paar Wochen zuvor hatte der vom Massachusetts Institute of Technology publizierte Newsletter MIT Technology Review getitelt: „Bitte geh pleite, Suntech!“ Die These des Artikels trifft ins Schwarze: Hunderte von Produzenten müssen bankrottgehen, um Angebot und
Nachfrage auf dem Solarmarkt wieder ins Lot zu bringen. Es gibt Überkapazitäten im Markt, weil einfach zu viele Firmen Gleiches herstellen. Die gesamte Wettschöpfungskette vom Siliziumhersteller bis zu den Installateuren steht unter enormem Kostendruck. Diese Schwächephase nutzen die Stromriesen Eon und Co. gnadenlos zu verbalen Angriffen gegen die Branche; die Netzbetreiber warnen, dass die Leitungen der Solarstromflut nicht mehr standhalten können. Regierungen quer durch Europa haben die Förderung ihrer Solarfirmen reduziert oder ganz abgeschafft. All die positive Energie, die Aufbruchstimmung für eine erneuerbare Energiewelt scheint derzeit vom Winde verweht.
Illustration: Valentin Kaden
GERARD REID
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Fakt ist indes: Die Solarindustrie verändert die Welt. 2004 betrug die Einspeisevergütung für Solarmodule auf deutschen Dächern noch 62 Cent pro Kilowattstunde – heute liegt sie bei 11 Cent. Keine andere Technologie hat die Kosten der Stromerzeugung derart senken können. Mehr noch: Solarstrom bricht mit dem alten Gesetz ‚Baue Kraftwerke so groß wie möglich, um Skaleneffekte zu nutzen‘. Größe ist für Solarstrom weniger wichtig, weil die Kosteneinsparungen pro Leistungseinheit zwischen kleinen und großen Anlagen minimal sind. Solarkraftwerke sind schneller gebaut und hängen nicht von aufwändigen Baugenehmigungen ab. Sie lassen sich insbesondere viel billiger ans Netz bringen als Offshore-Windanlagen, auf die Eon und Co. jetzt setzen, um die alte Welt zentraler Erzeugungsstrukturen zu erhalten. Offshore-Windparks bergen immense technische und wirtschaftliche Risiken. Dennoch setzen Energie- und Technikkonzerne auf derartige Großprojekte; die Installation kleiner Solardachanlagen sieht ihr Geschäftsmodell eben nicht vor. Dabei ist Solar 2.0 bereits im Entstehen – eine Welt, in der Solaranlagen als breite Massentechnologie Energieerzeugung steuern. Die Parallele zur Telekommunikation drängt sich auf: Entwicklungs- und Schwellenländer führten Mobiltelefone direkt ein und übersprangen quasi die Ära der Festnetzanschlüsse. Ähnlich werden Indien und Staaten in Afrika direkt zu solarund wechselstrombasierten Mikronetzen übergehen und die Ära der Großkraftwerke überspringen, wenn dies der billigste Weg ist, Menschen mit Energie zu versorgen. Und das ist es. Allen Unkenrufen zum Trotz wird Solarenergie auch in Europa künftig wachsen. Der Eigenver-
brauch von Strom in Deutschland, Italien und Spanien wird zunehmen, auch ohne staatliche Hilfen. Insbesondere mit Blick auf Energiekosten und Versorgungssicherheit werden immer mehr Firmen auf Solar setzen. Eigener Sonnenstrom ist mittlerweile billiger als vom Versorger eingekaufte Energie. Die
„Solar 2.0 ist bereits im Entstehen.“ Amortisationszeit einer Solaranlage beträgt heute nur noch vier bis sechs Jahre. Die Schweizer Großbank UBS teilt meine Einschätzung. In ihrem Report „Die unsubventionierte Solarrevolution“ stuft sie die Energieriesen Eon, RWE und das tschechische Unternehmen CEZ auf ‚Verkaufen‘ herunter. Auch Enel aus Italien und Iberdrola aus Spanien droht demnach eine Zäsur. Die UBSBanker argumentieren, dass die Gewinne dieser Konzerne in den nächsten Jahren deutlich sinken werden, im Angesicht des „erwarteten Aufbaus von unsubventionierten Solarkraftwerken“. UBS schätzt, dass in den nächsten fünf Jahren unsubventionierte Solaranlagen mit einer Leistung von 45 Gigawatt in Deutschland, Spanien und Italien entstehen – und Platzhirschen wie Eon, RWE, Iberdrola und Enel entsprechende Marktanteile abjagen. Energiekonzerne haben nur eine Chance. Sie müssen sich künftig viel stärker am Kunden orientieren und beispielsweise Smart-Home-Lösungen und Preistarife in Echtzeit anbieten. Andernfalls müssen Europas Regierungen ihre Energiekonzerne irgendwann mit Staatsgeld retten – was den Strompreis weiter nach oben treiben würde. Bürger haben also allen Grund, auf Solar zu setzen. Es gilt das alte Sprichwort: Totgesagte leben länger!
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finance. seite 35
IM UNTERNEHM ENSCHECK: BASF DER WELTWEIT G
RÖ
mit Sitz in Ludwigsh SSTE CHEMIEKONZERN af Gasgeschäft ein erfo en verdankt dem Öl- und lgreiches Schlussqua rtal 2012.
CHEF KURT BOCK ist nach Jürgen Strube (1990 bis 2003) der zweite Nicht-Chemiker an der Konzernspitze. Der promovierte Betriebswirt arbeitet mit Unterbrechungen seit 1985 für BASF und übernahm im Mai 2011 die Führung. Daneben bekleidet er leitende Positionen in den wichtigsten globalen Chemieverbänden. Anders als sein Vorgänger Jürgen Hambrecht gilt Bock nicht als Freund großer Debatten: Er analysiert, bespricht, entscheidet.
STRATEGIE UNABHÄNGIG UND SPARSAM In seiner Zeit als BASF-Finanzchef dehnte Bock die Finanzierung über die Anleihemärkte aus und verringerte so die Abhängigkeit von Banken. Dadurch gelang ihm 2009 trotz Krise eine Steigerung des Konzernergebnisses. Ende 2011 verordnete Bock dem Unternehmen das Sparprogramm Step, das ab 2015 jährlich eine Milliarde Euro einbringen soll. Außerdem sollen in der Bauchemie europaweit rund 400 der 7.000 Stellen gestrichen werden.
BÖRSE ÖL BEFEUERT DEN KURS 19,6 Milliarden Euro Umsatz im Schlussquartal 2012 übertrafen die Analystenerwartungen. Das Bankhaus Lampe rät weiterhin zum Kauf und belässt das Kursziel der BASF-Aktie, die Ende März bei 73 Euro notierte, bei 80 Euro. BASF konnte Verluste in den Bereichen Chemie und Kunststoff durch ein gutes Öl- und Gasgeschäft ausgleichen: Seit dem Sturz des Gaddafi-Regimes im Oktober 2011 darf der Konzern wieder in der libyschen Wüste bohren.
dossier. seite 52
„Wir beseitigen Flaschenhälse“ Harald Schrimpf, Vorstandsvorsitzender von PSI, über die Bedeutung von IT bei der Energiewende
Der Blick in den Kontrollraum zeigt die PSI-Software in Aktion
PSI Der Softwareanbieter PSI wurde 1969 als Spin-off des Elektronikkonzerns AEG gegründet. Aufgrund der damaligen Berlin-Zulage wurde der Firmensitz in den Westteil der Stadt gelegt. Als 2002 eine feindliche Übernahme und die Zerschlagung von PSI drohte, erhöhten die Energieriesen RWE und Eon ihre Anteile. RWE ist bis heute der größte Anteilseigner.
_BIZZ energy today | Herr Schrimpf, profitiert PSI von der Energiewende? _Harald Schrimpf | Bisher leider nicht. Obwohl wir massiv betroffen sind. Das Umdenken in der Politik im Hinblick auf die Stromerzeugung erfordert viele Innovationen, die ein Ausrüster anbieten muss. Dann wollen die Kunden die neuen Techniken erstmal ausprobieren. Insgesamt haben wir die Ausgaben für Forschung und Entwicklung verdreifacht, auf etwa 9,5 Prozent des Umsatzes. Aber noch ernten wir die Früchte nicht. _BIZZ e.t. | Aus welchem Grund? _Schrimpf | Die Energieversorger warten derzeit ab, welche Technologie sich durchsetzt. Sie wollen so spät wie möglich investieren. Auch Inselsysteme, die eine autarke Versorgung ermöglichen sollen, sind ein lukrativer Zukunftsmarkt. Aber noch verdienen wir damit kein Geld. Ein positiver Effekt kommt vielleicht, wenn weitere Länder dem deutschen Weg folgen. _BIZZ e.t. | Was leisten Sie konkret für den Ausbau von erneuerbaren Energien? _Schrimpf | Wir sorgen zum Beispiel dafür, dass der Windstrom überhaupt transportiert werden kann. Wir beseitigen einige Flaschenhälse auf Übertragungs- und Verteilebene. Dank unserer Algorithmen kann ein Maximum der Energie durch die Trassen geleitet werden. Dadurch werden bei starkem Wind weniger Turbinen abgeregelt. Es gibt noch weiteres Steigerungspotenzial, obwohl am Netzausbau kein Weg vorbei führt – Intelligenz hin oder her. _BIZZ e.t. | Gibt es weitere Projekte? _Schrimpf | Das Ultranet mit Gleichstrom-
komponenten von Amprion läuft auch mit PSISoftware, genauso wie das Hochspannungsmonitoring bei Tennet. Ein anderes Beispiel ist unser Know-how für ein virtuelles Kraftwerk. Also das Zusammenspiel von Wind-, Sonnen- und Biogasanlagen, die gegenseitig die fluktuierende Stromerzeugung ausgleichen. _BIZZ e.t. | Sind sie ein grünes Unternehmen? _Schrimpf | Nein, nicht in erster Linie. Wir stehen für Effizienz im Umgang mit Energie und Rohstoffen. Unsere Geschäftsentscheidungen werden nicht ethisch, moralisch oder ökologisch, sondern ökonomisch begründet. Aber unsere Software hat einen erheblichen Einfluss auf das CO2-Profil unserer Kunden. Wir helfen den Unternehmen, Geld zu sparen. Beispielsweise lassen sich die Energiekosten bei der Rohstahlerzeugung um 10 bis 30 Prozent senken, wenn das Stop-and-Go bei der Produktion und damit das erneute Erhitzen des Stahls minimiert werden kann. Intelligente Steuerung ist hier gefragt. _BIZZ e.t. | Stichwort Intelligenz: Energie- und Internetinfrastruktur verschmelzen immer mehr... _Schrimpf | Es ist richtig, dass man IT verwendet, um die Netze zu führen. Eine direkte Kopplung zwischen Internet und Energiekreisläufen gibt es nicht, und das ist auch gut so. Es wäre ein Alptraum, wenn sich ein Hacker des Strom- oder Gasnetzes bemächtigen würde. Deshalb waren die Netze in der Vergangenheit komplett galvanisch getrennt. Ein wachsender Energiehandel und die Berichtspflichten durch die Netzregulierer führen allerdings zu immer mehr Verbindungen. Damit steigt das Sicherheitsrisiko.
Fotos: PSI
_Interview NIELS HENDRIK PETERSEN