ANALYSE
KOLUMNE
DOSSIER
Warum bei grünen Mittelstandsanleihen trotz hoher Zinskupons Vorsicht geboten ist
Autopapst Ferdinand Dudenhöffer über Innovationsschwächen der deutschen Hersteller
Energieeffizienz: Wie aus dem Zwang zum Stromsparen clevere Geschäftsmodelle entstehen
seite 28
seite 58
seite 52
Das Wirtschaftsmagazin für die Entscheider der Energiezukunft
bizzenergytoday.com
Obamas Energiewende Der US-Präsident bewegt sich beim Klimaschutz: Er führt Krieg gegen die Kohle. Dabei setzt er auf Schiefergas, auf erneuerbare Energien – und auch weiter auf seite 36 auf Kernenergie
/13
DEZ 2. Jahrgang
9,80 ¤
FINANCE MEETING von BIZZ energy today
€ att 0 0 2 errab
buch g Früh ldun e m n 013 bei A
12.2 . 1 3 s
bi
Top-Referenten. Klare Standpunkte. BIZZ energy FINANCE MEETING am 5. und 6. Mai 2014 im Hotel Sofitel am Gendarmenmarkt, Berlin. Treffen Sie die Entscheider und Finanziers der Energiezukunft. Diskutieren Sie über das Thema
ENERGIEWENDE – DIE NEUEN RAHMENBEDINGUNGEN FÜR INVESTOREN ANMELDUNG UND VORABINFORMATIONEN :
RONNEY MENZE +49 (0) 30 762 392 245 MENZE@RINGVIER.COM
Lernen Sie interessante Investitionschancen kennen oder stellen Sie Ihre Projekte potenziellen Investoren vor Diskutieren Sie mit politischen Entscheidungsträgern über gesetzliche Rahmenbedingungen Entwickeln Sie neue Geschäftskontakte durch optimale Bedingungen für ein erfolgreiches Networking
Folgende Referenten (neben anderen) haben ihr Kommen bereits zugesagt:
Dr. Armin Sandhövel CEO, Allianz Climate Solutions
Alf Henryk Wulf Vorstandsvorsitzender, Alstom Deutschland
Prof. Dr. Claudia Kemfert DIW Berlin und Hertie School of Governance
Ivo Gönner VKU-Präsident und Oberbürgermeister der Stadt Ulm
Jutta Kleinschmidt Partner, Safrema Energy und Sportlerin des Jahres 2001
Gerard Reid Partner, Alexa Capital und Imperial College London
Fotos: Allianz, Fotodesign Schilling, Paul Ripke, Stadt Ulm, jutta-kleinschmidt.de
Weitere Informationen erhalten Sie auf www.BIZZenergytoday.com/financemeeting Lesen mit hohem Wirkungsgrad. BIZZ energy today ist das unabhängige Wirschaftsmagazin für die Entscheider der Energiezukunft und liefert gedruckt wie online alles Wissenswerte für Ihr Energie-Investment.
editorial. seite 3
Energiewende in Amerika Die Vereinigten Staaten bieten Anschauungsunterricht für Europas Energiekonzerne. Und sie haben einen Präsidenten, der besser ist als sein Ruf _von JOACHIM MÜLLER-SOARES
Titelbild: Official White House Photo by Pete Souza
Foto: Roy von Elbberg
Liebe Leserinnen und Leser,
die Beliebtheitswerte von USPräsident Barack Obama sind im Zuge der NSA-Affäre hierzulande auf einem historischen Tiefpunkt angelangt. Bei Umweltaktivisten steht Obama ohnehin nicht so hoch im Kurs, seit er Schiefergas und Kernenergie promotet. Insofern bürsten wir gerne etwas gegen den Strich: Obama ist besser als sein Ruf. In den USA gibt es auch eine Energiewende, zwar nicht so radikal wie in Deutschland, aber dennoch spürbar und gut für das Weltklima, wie unsere New Yorker Korrespondentin Kathrin Werner ab Seite 36 schreibt. Zuweilen sind die Vereinigten Staaten im Energiebereich sogar Vorbild: Unser Finanzkolumnist Gerard Reid empfiehlt Europas schwerfälligen Energiekonzernen, sich am quirligen US-Stromproduzenten NRG zu orientieren, um Wege aus der eigenen Krise zu finden. NRG hat Teile seines Kraftwerksparks an die Börse gebracht – und erntet damit an der Wall Street Erfolg (siehe Seite 34). Amerika ist für viele eben nach wie vor das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, auch für Jutta Kleinschmidt. Die frühere Rallye-Fahrerin
und Sportlerin des Jahres, die als einzige Frau den Klassiker Paris-Dakar gewinnen konnte, lebt inzwischen als Unternehmerin im US-Bundesstaat Florida. Die studierte Physikerin entwickelt mit ihrer Firma Safrema Energy Strömungsturbinen zur grünen Stromproduktion. Das KleinschmidtInterview finden Sie auf Seite 14; links neben dem Text ist das Layar-Symbol abgedruckt. Per Smartphone führt es Sie zu einem Film, der die Funktion der Strömungsturbinen genau erklärt. Mehr zur Layar-App steht auf Seite 8. Das Layar-Symbol finden Sie beispielsweise auch bei unseren Interviews mit VKU-Chef Ivo Gönner (S. 46) und Club-of-Rome-Präsident Max Schön (S. 82); in beiden Fällen gelangen Sie zu weiterführenden Videointerviews. Dabei, und bei der Lektüre dieser Ausgabe wünsche ich Ihnen in jedem Fall neue Erkenntnisse – und gute Unterhaltung. Ihr Herausgeber und Chefredakteur P.S.: Ihre Anregungen sind willkommen, unter muellersoares@ringvier.com
NEUES TERRAIN Die Elektromobilität lockt auch Private Equity-Investoren. Die brauchen vor allem eins: einen langen Atem seite 18
„SPANNENDER MARKT“ Robert Gallenberger von der Kapitalanlagegesellschaft Gimv über E-Mobility-Investments seite 24 WALL STREET INSIDE Warum Konzerne auf Biokraftstoffe der zweiten Generation abfahren seite 26 KOLUMNE GERARD REID Europas Energieversorger sollten sich ein Beispiel an den USA nehmen seite 34
DESIGNER AM WERK Wie Wärme sich mit neuer Technik effektiv speichern und nutzen lässt seite 48
SONNE STATT KOHLE US-Präsident Barack Obama schreitet bei seiner Energiewende voran. Er setzt im Kampf gegen heimische Steinkohle auf Erdgas, Erneuerbare – und Kernenergie seite 36 YUKOS SCHLÄGT ZURÜCK Vor zehn Jahren zerschlug der Kreml spektakulär den Öl-Konzern des Oligarchen Chodorkowski, jetzt kocht der Fall in Den Haag wieder hoch seite 44 „BOTSCHAFT ANGEKOMMEN“ Ivo Gönner, Ulmer Oberbürgermeister und Präsident des Stadtwerkeverbunds VKU, über den Kollaps der deutschen Gaskraftwerke seite 46
GREEN FINANCE GRÜNE INVESTOREN: 150 TOP-ADRESSEN Die wichtigsten Banken, Versicherer, Private EquityGesellschaften, Vermögensverwalter und Fonds seite 63
KOLUMNE FERDINAND DUDENHÖFFER Deutschlands Autobauer müssen die Demografie fürchten
AUF- UND ABSTEIGER DES MONATS Jochen Klösges (Commerzbank) und Michael Baur (Bard) seite 58
GETEILTES BILD Asiatische und US-Solarfirmen sind bei Fonds wieder gefragt – im Gegensatz zu deutschen Herstellern seite 60
ENERGIEEFFIZIENZ: GRÜNE INDUSTRIE Wie Unternehmen Strom, Gas und andere Ressourcen sparen seite 52 ZWEI-BILLIONEN-EURO-FRAGE Der Sanierungsbedarf bei Gebäuden ist enorm. Das führt zu immensen Investitionen und neuen Geschäftsmodellen seite 56
seite 80
tages akt New uelle s au bizze NEWS nergy f today Meldungen zu Repower, . com Gas-Union, Alstom, PNE Wind seite 80
INTERVIEW Rallyestar Jutta Kleinschmidt über ihre neue Karriere als EnergieUnternehmerin seite 14 FRAGE DES MONATS Welche Energie-Investments werden 2014 besonders lukrativ? seite 16 EDITORIAL IMPRESSUM FOTO DES MONATS INNOVATION DES MONATS ZAHL DES MONATS MAL GANZ GRUNDSÄTZLICH GEFRAGT
seite 3 seite 80 seite 6 seite 10 seite 12 seite 82
kurz & gut. seite 16
FRAGE DES MONATS:
...Welche Energie-
investments werden 2014 lukrativ ?
In der Niedrigzinsphase versprachen Energieinvestments in den vergangenen Jahren vergleichsweise gute Renditen. Allerdings gab es im Bereich Solarund Windenergie zuletzt eine ganze Reihe böser Überraschungen. Inzwischen gewinnt der Rennix, der internationale Aktienindex für Erneuerbare, wieder an Fahrt; viele Solarwerte legten zum Jahresende hin deutlich zu. Für Investoren rücken zudem neue Themen wie Speicher, Smart Grids und Infrastruktur in den Fokus.
Illustration: Valentin Kaden;
„Die jüngste Leitzinssenkung macht es deutlich: die Zeiten für Sparer sind hart. Das gilt auch für professionelle Anleger. Seit Jahren wird deswegen nach attraktiven Renditen gefahndet. Bereits 2010 haben wir beschlossen, in erneuerbare Energien zu investieren. Dabei haben wir uns von vertrautem Terrain – Deutschland – in Europa vorgearbeitet. Heute sind wir mit Solar- und Windenergieanlagen auch in Italien, Spanien, Frankreich, Großbritannien und Schweden vertreten. Diese regionale Diversifizierung bietet einen gewissen Schutz bei Änderungen länderspezifischer Regulierungsvorschriften. Bislang haben wir eine Milliarde Euro investiert, 1,5 Milliarden wollen wir noch in den nächsten Jahren investieren. Eine ähnliche Anlagecharakteristik weisen Investitionen in Infrastruktur auf: lang laufende, gut zu kalkulierende Erträge auf einem attraktiven Niveau. Hier haben wir rund 500 Millionen Euro unter anderem in Starkstrom- und Gasnetze investiert. Eine Milliarde steht noch aus, die wir in andere Formen der Infrastruktur wie Häfen, Flughäfen, Mautstraßen, Telekommunikation investieren wollen, um nur einige mögliche Beispiele zu nennen. Voraussetzung unserer Investitionsbereitschaft bleibt der Bestandsschutz. Das Vertrauen der Investoren darf nicht missbraucht werden. In Spanien wurden retroaktiv die Erträge aus erneuerbaren Energien abgeschöpft. Solche Maßnahmen sind Gift für Investoren, sie bleiben dann weg. Die Niedrigzinsphase wird anhalten, der Anlagebedarf hoch bleiben. Wenn die Preise vernünftig sind, können wir uns weitere Investitionen gut vorstellen. Wir haben keinen Druck. Qualität geht vor Quantität.“
Fotos: PR
HOLGER KERZEL Geschäftsführer MEAG (Tochter der Munich Re)
seite 17
ARMIN SANDHÖVEL CEO Allianz Climate Solutions
„Der Anlagedruck von institutionellen Investoren ist groß. Durch das anhaltende Niedrigzinsumfeld richtet sich der Blick auch auf Infrastrukturinvestments. Nicht der Wille zum Investieren ist hier das Nadelöhr, sondern das Vorhandensein qualitativ hochwertiger Projekte. In Deutschland sind die Märkte für PV sowie für Biogas, aber auch für Gaskraftwerke weitestgehend eingebrochen. Wind Offshore kommt nur schleppend voran. So werden 2014 vor allem Investments in Wind Onshore im Mittelpunkt stehen. Eine ähnliche Situation ergibt sich mit Varianten auch in Frankreich, Italien und Österreich. Andererseits hat sich der Markt durch Projekte in Skandinavien und UK erweitert. Eine Perspektive, die sich zunehmend ergibt, ist jedoch ein sich langsam entwickelnder reifer Sekundärmarkt für PV- und Windprojekte. Nicht 2014, aber in den Folgejahren lässt sich das in Kombination von Erneuerbaren mit Speichertechnologien und dezentralen Netzen denken.“
PETER DREIDE Gründer und CIO TBF Global Asset Management
„Wir konzentrieren uns in unserem auf Energie ausgerichteten Fonds (4Q-Smart-Power) aktuell auf die Themen Smart Grid und Smart Power Generation. Stichwort ist hier ‚neues Energiedesign‘, das heißt ein modular aufgebautes Stromnetz, das unterschiedliche Energieerzeuger und deren schwankende Einspeisung von Strom in das Netz sowie die ebenfalls schwankende Stromnachfrage durch das Smart Grid miteinander verbindet. Die EU rechnet bis 2020 mit einem Investitionsvolumen von circa 100 Milliarden Euro – alleine im Netzinfrastrukturbereich. In der Ländergewichtung fokussieren wir uns aber eindeutig auf die USA, weil dort das Thema Smart Grid schon seit geraumer Zeit auch umgesetzt wird und somit die Wachstumsaussichten auch entsprechend besser sind. Europa redet, die USA handeln. Zudem sorgt die Shale-Revolution – ebenfalls ausgehend von den USA – für eine tiefgreifende Umwälzungen im globalen Energiemix, wo Erdgas eine immer stärkere Rolle bei der Energieerzeugung spielt.“
MATTHIAS FAWER Direktor Sustainable Investment Bank J. Safra Sarasin
„Das Thema Speicherung von erneuerbaren Energien wird im kommenden Jahr deutlich an Bedeutung gewinnen. Bei der Integration wachsender Anteile von Sonnen- und Windstrom ins Stromnetz spielen Stromspeicher eine entscheidende Rolle. Wir sehen verschiedene Anbieter und Techniken wie Batterien, Pumpspeicher oder Schwungräder, die für Investoren interessant werden können. Auch Solar- und Windtitel sind wieder im Kommen. Der Erneuerbaren-Aktienindex Renixx hat sich im laufenden Jahr verdoppelt. Bei den Solarunternehmen zeigt sich die Konsolidierung: Klare Gewinner sind chinesische Unternehmen wie Yingli oder Trina Solar. Dort steigen die Margen wieder. Die asiatischen Hersteller müssen nun in ihre Produktionslinien investieren. Das bietet Chancen für Solarmaschinenbauer wie Manz oder Meyer Burger. Dieses Know-how liegt noch in Europa. Die Unternehmen könnten also von neuen Aufträgen profitieren. Auch neue Solarmärkte wie Indien oder Südafrika wollen eigene Produktionen aufbauen.“
finance. seite 34
MIT LAYAR SCANNEN
KOLUMNE
Vehikel für Veränderung Europas Energiekonzerne sind in Not – und sollten sich an Amerikas größtem Stromproduzenten NRG orientieren. Der hat einen Teil seiner Kraftwerke erfolgreich an die Börse gebracht _Text GERARD REID
GERARD REID ... zählt weltweit zu den Top-Finanzanalysten für erneuerbare Energien. Für die Wall-StreetInvestmentbank Jefferies baute er den Bereich Renewables auf. Anschließend gründete er mit Alexa Capital seine eigene Beratungsgesellschaft. 2011 erschien sein Buch „Asiens Energiehunger – Rohstoffe am Limit“. Reid hat am Imperial College in London eine Finance-Professur inne. Last but not least: Gerard Reid ist Chefökonom von BIZZ energy today.
Europas Energiekonzerne sollten auf Einspeisetarife setzen
watt Ökostromleistung im Besitz von Landwirten und Privatpersonen, die direkt und indirekt durch Fonds investieren. Nicht mal zehn Prozent gehören den vier großen Energieversorgern Eon, RWE, EnBW und Vattenfall. Wie nur konnten die Großen Vier diese tolle Investitionschance verpassen? Die Antwort lässt tief blicken: Die Großen Vier peilten stets eine Eigenkapitalrendite von mindestens zehn Prozent an, um ihre Aktionäre und Gläubiger zu befriedigen. Im Gegensatz dazu ist der typische tariff investor mit sieben Prozent zufrieden. Immerhin: Die Zeiten ändern sich. Im Moment kaufen Pensionskassen deutsche Anlagen bereits, wenn bloß vier Prozent Rendite winken. An der Londoner Stock Exchange notieren aktuell mit Bluefield, Greencoat und TRIG drei Ökostrom-Fonds, die sechs Prozent Dividende im Jahr bieten. Mit Foresight wird ein vierter Fonds dieser Kategorie gerade aufgelegt. Diese Fonds sind tariff investors: Sie bieten ihren Anlegern bei
Illustration: Valentin Kaden
G
erade erst hat die Europäische Zentralbank ihren Leitzins auf ein historisches Tief gesenkt. Doch Europas Energiekonzerne spüren das kaum. Ihr Rating sinkt und ihre Kosten für Kapital wachsen. Das macht es für sie teurer, neue Investitionen zu finanzieren und die Schulden in ihren Bilanzen zu refinanzieren. In ihrer Not verkaufen sie Vermögenswerte, beschließen Kostensenkungsprogramme und komplexe Restrukturierungen. Doch das Dilemma bleibt, weil ihr Kapital zu teuer ist. Ein neues Kraftwerk kostet sie pro Megawatt Leistung rund eine Million Euro. Für die gleichen künftigen Erträge muss ein typischer Rentenfonds heute nur 40 Prozent so viel Kapital investieren wie ein Energiekonzern. Gibt es eine Alternative? Ja. Anschauungsunterricht bieten die ‚tariff investors‘, also jene Anleger, die in verschiedenen Industriestaaten auf gesetzlich garantierte Einspeisetarife setzen. Einspeisetarife haben die Stromlandschaft revolutioniert. Sie flankierten neue Technologien wie Solar und Wind – die drücken die Strompreise, weil ihre Betriebskosten gegen Null gehen. Und sie öffnen den Markt für neue Investoren. In Deutschland ist das Gros der 70 Giga-
seite 35
geringerer Rendite höhere Sicherheit – und werden bis Jahresende zusammen mehr als eine Milliarde Euro eingeworben haben. Auch Europas Energiekonzerne sollten auf Einspeisetarife setzen – nach dem Vorbild von NRG. Dieser größte unabhängige US-Stromkonzern ist ein Vorreiter bei den Erneuerbaren und wagte schon im Sommer einen mutigen Schritt an der Wall Street. NRG überführte eine Reihe seiner Kraftwerke in ein separates Vehikel und listete dieses unter dem Namen NRG Yield an der New York Stock Exchange. Insgesamt umfasst NRG Yield 2,5 Gigawatt Strom- und Wärmeanlagen, darunter 414 Megawatt Solar und Wind. Die Erlöse aller Anlagen sind im Voraus durch Langzeitverträge mit fixen Preisen gesichert. Im Gegenzug für diese Langfristabsicherung verpflichtet sich das Unternehmen dazu, jedes Jahr eine Dividende zu zahlen. Bei Börseneinführung versprach NRG Yield 5,5 Prozent Dividende. Aktuell erhalten Anleger nur noch vier Prozent Dividende, weil der Preis der Aktie seit Erstnotierung um 20 Prozent gestiegen ist.
Der Deal ist für den NRG-Mutterkonzern geradezu genial: Er behält die Aktienmehrheit und dadurch die Kontrolle über seine Tochter NRG Yield. Der Börsengang spülte frisches Bargeld in die Kasse. Zusätzlich erhält NRG laufende Einnahmen für den Betrieb der Kraftwerke und damit verbundene Dienstleistungen. Welche Lehre können Europas Energieversorger daraus ziehen? Strukturiere dein Kraftwerks-Portfolio um und bringe den auf Einspeisetarife und Langfristverträge getrimmten Teil an die Börse. Und beeile dich damit. Bald wird das Ende dieser historischen Finanzkrise, mit historisch niedrigen Zinssätzen, erreicht sein. Wenn die Zinsen wieder steigen, verschwindet das günstige Geld und damit die Chance für Versorger, an der Börse gute Preise für ihre Vehikel zu erzielen und das frische Kapital zur Veränderung ihres Geschäftsmodells zu nutzen. Wenn sie diese Chance jetzt nicht nutzen, wird die Geschichte Europas Energieversorgern nicht gnädig sein ...
Foto: Fisker
Stromlinien: Schรถn ist er ja, der E-Sportwagen von Fisker. Gebaut wird er nicht mehr. Noch ist nicht klar, wer neuer Investor wird
Neues Terrain Die Elektromobilit채t ist nicht nur ein Feld f체r die Autobauer. Sie lockt auch immer mehr Investoren aus anderen Branchen. Die brauchen vor allem eins: einen langen Atem _Text KARSTEN WIEDEMANN
seite 19
finance.
E-Mobilität lockt branchenfremde Investoren internationalen Investorengruppe, der Hybrid Technology LLC. Zu ihr gehört Richard Li, Telekommunikationsunternehmer in Hongkong und Sohn des achtreichsten Mannes der Welt. Nach eigenen Aussagen wollen die neuen Eigner die Fisker-Technologie weiterentwickeln. Der Deal zeigt allemal , dass die Elektromobilität immer stärker auch branchenfremde Investoren lockt. Die neuen Mobilitätsfinanziers setzen darauf, mit innovativen Ideen für elektrische Fahrzeuge den Platzhirschen der Branche ein paar Marktanteile abzujagen. Wie das funktionieren kann, macht seit einigen Jahren der ehemalige Internetunternehmer Elon Musk mit seinem Elektroauto-Start-up Tesla vor. Mit reichlich eigenem Geld, aber auch mit Fremdkapital etwa von Daimler oder Toyota, hat Musk das Unternehmen aus dem Boden gestampft. In diesem Jahr schrieb Tesla erstmals schwarze Zahlen. Der elektrische Edelsportwagen Model S findet reißenden Absatz, ist in Norwegen mittlerweile das meistverkaufte Auto überhaupt. Auch für die schwedische Traditionsmarke Saab kam die Rettung nicht aus der Autobranche. Neuer Eigner ist die National Electric Vehicle Sweden (NEVS). Dahinter verbergen sich die Beteiligungsgesellschaft Sun
Investment aus Japan und die Hongkonger National Modern Energy Holding, ein Betreiber von Solar- und Windkraftwerken. Saab, zuletzt im Besitz des niederländischen Sportwagenherstellers Spyker, musste 2011 Konkurs anmelden. Nach dem Kauf kündigte NEVS an, die Marke mit der Produktion von Elektroautos wiederbeleben zu wollen. Im September rollte dann allerdings erstmal eine Benzinversion des Saab 9-3 im schwedischen Trollhättan vom Band. Eine Elektrovariante soll im kommenden Jahr auf den Markt kommen. Derzeit verhandelt das Unternehmen mit Zulieferern, um die Produktion zum Jahresende wieder hochfahren zu können. Stephan Schulze von der IBB Beteiligungsgesellschaft in Berlin bestätigt die neue Lust des Kapitals an der Elektromobilität: „Ich sehe, dass viel Geld dort investiert wird.“ Das meiste komme zwar nach wie vor von den Autobauern, „aber auch das Venture Capital leistet seinen Teil“. Die IBB Beteiligungsgesellschaft selbst ist beim Start-up Ubitricity engagiert. Das Berliner Unternehmen will mit seiner Kabellösung das Laden von E-Autos vereinfachen. „Uns überzeugte das Konzept, viele Ladepunkte zu geringen Kosten zu ermöglichen“, sagt Schulze. Mit welchem Betrag die IBB eingestiegen ist, bleibt geheim. Insgesamt hat Ubitricity bisher 5,4 Millionen Euro an Venture Capital erhalten, unter anderem vom ehemaligen Bahn-Chef Heinz Dürr. Manager Schulze weiß, dass sich die Investoren in Geduld üben müssen. Anders als etwa bei Web 2.0-Unternehmen dauere es im Mobilitätssektor länger, bis das Investment Rendite abwirft. Große Pläne verfolgt Ralph Wagner, Geschäftsführer der Hamburger 8 Stars Capital. Hauptberuflich vermittelt der Investor Biogasprojekte in Polen. Nun lockt ihn das Geschäft mit der Elektromobilität. „Mein Ziel ist es, ein E-Auto für unter 10.000 Euro auf den Markt zu bringen.“ Dafür nutzt er seine Kontakte nach Polen. Dort will er den Wagen produzieren lassen. Wagner verrät bereits einige Details. Der Zweisitzer soll über eine Reichweite von 100 Kilometern verfügen. Die Bleibatterien an Bord halten den Preis niedrig. Das Projekt ist weit vorangeschritten. Bereits im Jahr 2014 soll das Auto auf den Markt kommen. Wagner will den Wagen über die im
Foto: Innovative
I
m Sanierungsgeschäft kennt sich Ingo Voigt aus. Der Hamburger Anwalt hilft dabei, kriselnde Mittelständler wieder fit zu machen. Autofirmen gehören normalerweise nicht dazu. Doch als ihm der Vizechef von Fisker, dem kalifornischen Hersteller elektrischer Sportwagen, sein Leid klagte, entschied Voigt nach kurzer Bedenkzeit: „Da können wir was tun.“ Mit weiteren Partnern gab Voigt beim USEnergieministerium in Washington ein Gebot in Höhe von 30 Millionen US-Dollar für den zahlungsunfähigen Hersteller ab. Voigt wollte Fisker zu einem deutschen Unternehmen mit Produktion in den USA umbauen. Er sagt: „Die Elektromobilität ist die Zukunft, da tut sich sehr viel.“ Im Bieterrennen unterlagen die deutschen Interessenten letztlich einer neu formierten
Mobility
seite 20
seite 21
Frühjahr von ihm und zwei Partnern gegründete Wattrad GmbH vertreiben. Das Unternehmen ist kein Pedelec-Händler, wie die Homepage vermuten lässt. Es geht um Mobilitätslösungen für Firmenkunden. „Wir analysieren die Fahrwege von Mitarbeitern und zeigen dann, wie sich diese Strecken auch umweltfreundlich bewerkstelligen lassen.“ Dafür bietet er elektrische Fahrräder und Roller, und demnächst vielleicht auch ein E-Auto an. Auf neue Mobilitätslösungen setzt auch Thomas Delos Santos von Innovative Mobility aus Erfurt. Das Start-up hat einen elektrischen Einsitzer für den Stadtverkehr entwickelt. Das Auto zielt auf kurze Strecken in der Stadt. „Es geht um Micromobilität“, erklärt Delos Santos. Der Leichtbauwagen soll für einen Preis von knapp 9.000 Euro auf den Markt kommen. Potenzielle Kunden können etwa Carsharing-
Anbieter, Lieferdienste oder kommunale Betriebe sein. Für die Konzeptphase hat das Unternehmen bereits Geld eingesammelt, insgesamt sechs Millionen Euro. Das Kapital stammt unter anderem von der Münchner Bamboo Ventures sowie aus einem Förderprogramm des Forschungsministeriums. „Das Geld zu bekommen, war nicht ganz einfach“, erinnert sich Ingenieur Delos Santos. Der größte Brocken wartet jedoch noch auf ihn. Für die Serienentwicklung und Produktion braucht das Unternehmen weitere 45 Millionen Euro. Für 2015 ist der Marktstart geplant. Er hofft, die erste Tranche von zwölf Millionen Euro bis Jahresende beisammen zu haben. „Wir sprechen auch mit strategischen Investoren“, verrät er. Venture Capital-Geber würden in der aktuellen Unternehmensphase das Risiko scheuen. Robert Gallenberger von der europäischen Beteiligungsgesellschaft Gimv bestätigt
„Im Mobilitätssektor dauert es länger, bis ein Investment Rendite abwirft.“
Anschub gefragt: Für die Produktion seines Kleinwagens Colibri sucht Innovative Mobility aus Erfurt noch Geldgeber
MIT LAYAR SCANNEN
finance. seite 22
Lange scheute das Venture Capital den Automobilsektor
Lukratives Investment? E-Roller wie von Govecs könnten sich bald am Markt durchsetzen
Marketing und Vertrieb scheiterte die kalifornische Firma dann aber. Auch das Schweizer Unternehmen Mindset wollte vor einigen Jahren einen elektrischen Sportwagen entwickeln, zu den Investoren gehörte der Essener Energiedienstleister Conenergy. Über die Konzeptphase kam Mindset aber nicht hinaus. Am Ende blieben nur Schulden. Nicht von Erfolg gekrönt war auch der Einstieg des Pharmaunternehmers Edwin Kohl beim französischen Elektroautobauer Mia Electric. Der Gründer des Arzneimittelimporteurs Kohlpharma löste Mia 2010 aus dem französischen Mutterkonzern, dem insolventen Karosseriebauer Heuliez, heraus und wollte jedes Jahr bis zu 10.000 Exemplare des elektrischen Kleinwagens bauen lassen; tat-
sächlich waren es aber nur wenige Hundert. Kohl musste vergangenes Jahr erneut einen Millionenbetrag investieren. Es fehlte an der Vertriebsstruktur für das Auto. Zuletzt zweifelte der Unternehmer offenbar daran, dass sich der Wagen überhaupt in Europa etablieren ließe. Im Juni verkaufte er seine Anteile an die Darmstädter Beteiligungsgesellschaft Fokus Asia Holding. Die will den Vertrieb des Elektroautos nun auf Asien konzentrieren. Dazu gründete sie im Oktober die Mia Electric Asia. Das Verkaufsziel liegt bei 2.500 Fahrzeugen im Jahr. Im Blickpunkt stehen Japan, Korea, Malaysia und Australien. Gimv-Manager Gallenberger sieht bessere Anlagechancen bei den Zweirädern. Er glaubt, dass in diesem Bereich „die Elektrifizierung schnell kommen wird.“ So hat sich Gimv im vergangenen Jahr mit vier Millionen Euro am Münchner E-Roller-Hersteller Govecs beteiligt. Prinzipiell sei aber auch Govecs ein Einzelfall. „Grundsätzlich suchen wir nach Unternehmen, die Kommunikationstechnologien oder Software-Lösungen und Elektromobilität verbinden, beispielsweise um intelligentes Laden zu ermöglichen.“ Gallenberger sieht in dem Sektor viele neue Geschäftsmodelle im Entstehen. Auf Mobilitätslösungen jenseits des Fahrzeugbaus hat sich auch die französische Ecomobilité Ventures fokussiert. Zum Portfolio gehören die Carsharing-Start-ups Quicar und Move About. Hinter der Beteiligungsgesellschaft steckt eine Bekannter aus dem herkömmlichen Automobilbau: der französische Konzern PSA.
Foto: Govecs
das. „In der Vergangenheit haben die VentureKapitalisten prinzipiell die Finger vom Automobilbereich gelassen.“ Der Grund: lange Entwicklungszyklen bis zur Markteinführung und der hohe Kapitalbedarf. Die Vorsicht der Investoren hat durchaus ihre Berechtigung. Für ein Start-up ist es mehr als ambitioniert, ein eigenes Fahrzeug auf den Markt zu bringen. So gelang es Fisker zwar, ein technisch hochwertiges Auto zu bauen, bei
finance.
„Spannender Markt“ Robert Gallenberger von der Anlagegesellschaft Gimv über Investments in E-Mobilität _Interview KARSTEN WIEDEMANN
ROBERT GALLENBERGER ... kümmert sich bei der europäischen Investmentgesellschaft Gimv als Principal für Smart Industries um neue Technologien. Er sitzt im Aufsichtrat verschiedener Firmen, darunter Govecs und McPhy. Der studierte Maschinenbauer und Ökonom arbeitete zuvor bei der Boston Consulting Group in London auf dem Gebiet Energie und Klimaschutz sowie beim Autobauer BMW.
_BIZZ energy today | Herr Gallenberger, sind E-Mobility-Firmen für Ihr Portfolio interessant? _Robert Gallenberger | Wir suchen generell nach innovativen Firmen mit starkem Wachstumspotenzial. Beide Kriterien sehen wir bei der E-Mobilität erfüllt. _Was unterscheidet Anlagen in Elektromobilität von anderen CleantechInvestments? _Gallenberger | Bei der E-Mobilität betreten sie einen Markt, auf dem bereits etablierte Player, die Autohersteller, unterwegs sind. _Wird es dadurch einfacher oder schwieriger? _Gallenberger | Es hat zwei Seiten. Ein Vorteil ist, dass gewisse Marktstrukturen schon vorhanden sind. Es existiert etwa eine grundsätzliche Kaufbereitschaft beim Kunden für PremiumFahrzeuge. Problematisch wird es, wenn sie andere Konzepte verfolgen als die etablierten Hersteller. Dann müssen sie gegen deren Marktmacht angehen. _Sie haben bei Govecs, einem Hersteller von E-Rollern, investiert. Ist die Produktion von Fahrzeugen für Sie als Investor generell interessant? _Gallenberger | Govecs ist ein Einzelfall. Es ist ein Hersteller, der ein traditionelles Fahrzeugkonzept mit dem elektrischen Antrieb so ergänzt, dass es viele Vorteile bringt. Wir glauben daran, dass die Elektrifizierung bei den Zweirädern schnell kommen wird. Grundsätzlich suchen wir aber eher nach Unternehmen, die Kommunikationstechnologien oder Software-Lösungen und Elektromobilität verbinden, beispielsweise um intelligentes Laden zu ermöglichen. Neue Autos zu entwickeln, ist nicht unser Ziel. _Warum? _Gallenberger | Die Fahrzeugproduktion ist sehr kapitalintensiv und komplex. Das übersteigt unsere Kapazitäten als Finanzinvestor
und oft auch die Ressourcen der Firmen an denen wir Interesse haben. _In welcher Höhe investieren Sie normalerweise? _Gallenberger | Wir stellen grundsätzlich zwischen drei und dreißig Millionen Euro als Eigenkapital bereit. In kleinen Firmen kann man damit viel bewegen. Um ein ganz neues Autokonzept zu industrialisieren, braucht es aber deutlich mehr. _Ist die Ladeinfrastruktur für Sie ein mögliches Investment? _Gallenberger | Wenn es um Dienstleistungen und Serviceangebote für das Laden geht, ja. Das Ausrollen der Infrastruktur ist dagegen zu kapitalintensiv. _Wie stehen Venture Capital-Unternehmen grundsätzlich zum Thema EMobilität? _Gallenberger |In der Vergangenheit haben die Venture-Kapitalisten prinzipiell die Finger vom Automobilbereich gelassen. Ausschlaggebend dafür waren die langen Entwicklungszyklen bis zur Markteinführung und der hohe Kapitalbedarf. Das hat sich auch mit der Elektromobilität nicht grundsätzlich geändert. Allerdings gibt es nun immer mehr Unternehmen, die in Nischen, etwa in der Verbindung von Mobilität mit Informations- und Kommunikationslösungen, ihre Chancen suchen. Es entstehen interessante neue Geschäftsmodelle. _Wie ist das Angebot in Deutschland? _Gallenberger | Wir sehen hier viele Technologiefirmen. Deutschland ist ein sehr spannender Markt. _Gibt es Risikokapitalgeber, die sich speziell auf Elektromobilität fokussieren? _Gallenberger |In der Regel sind es die bekannten Hardware-/Cleantech-VC-Investoren oder direkt die großen Autobauer, die sich nun auch um das Thema Elektromobilität kümmern. Eine Ausnahme ist beispielsweise Ecomobilité Ventures aus Frankreich, das als unabhängige Einheit gezielt nach Unternehmen mit neuen Mobilitätslösungen sucht. Dahinter steckt jedoch wiederum der PSA-Konzern. _Die Autobauer finanzieren also auch? _Gallenberger | Ja, es gibt einen Trend zum Corporate Venturing. BMW hat ein eigenes Venture Capital-Team, Daimler ist auch in dem Bereich unterwegs. Und bei den anderen Autobauern wird das Thema sicherlich auch diskutiert.
Foto: Gimv
seite 24