Grundlagen und Recherche zur Bachelorarbeit

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MENSCH LICHT RAUM

im |interaktiven| Dialog

GRUNDLAGEN UND RECHERCHE



MENSCH LICHT RAUM

im |interaktiven| Dialog


Bachelorarbeit 路 HS Rosenheim 路 Studiengang Innenarchitektur Wintersemester 2015/16 路 Anne Gabriele Fabian 路 Matrikelnummer 805124




0 | Einleitung

Die vorliegende Arbeit ist im Rahmen meiner Bachelorarbeit entstanden und beinhaltet die Zusammenfassung meiner Rechercheergebnisse sowie relevante Grundlagen. Diese sind Grundlage und Voraussetzung für das entstandene Beleuchtungs- und Steuerungskonzept. Die Arbeit erhebt keine Anspruch auf Vollständigkeit. Wie weit können Raum, Mensch und Licht in einen Dialog treten, der über das Einschalten und Ausschalten hinaus geht? Welche Möglichkeiten bieten Sensoren und Steuerungen um auf Menschen im Raum zu reagieren? Welche Anwendungsmöglichkeiten bieten sich im öffentlichen, gemeinschaftlich genutzten Raum? Licht - ob natürlich oder künstlich - ist Basis der visuellen Wahrnehmung des Menschen. Sowohl Mensch als auch Licht stehen dabei in einer ständigen Wechselbeziehung zum Raum, unabhängig davon, ob dieser mathematisch-geometrisch oder phänomenologisch betrachtet wird. Licht hat dabei neben der bewusst wahrnehmbaren Komponente auch nicht-visuelle Auswirkung auf den Menschen. Weil der Mensch sich ununterbrochen in einer Verbindung von Licht und Raum bewegt, rückt diese Beziehung erst in den Fokus seiner Aufmerksamkeit, wenn sie außergewöhnliche Reaktionen auslöst. In einigen Fällen kann es gewünscht sein, keine Aufmerksamkeit für die Wirkung zu generieren, sondern unterschwellig zu lenken, zu leiten oder zu beeinflussen. Das Medium Licht ist ein sehr kraftvolles Werkzeug für Designer und Innenarchitekten. Es ist in der Lage, den Betrachter zu fesseln oder ein ganz neues Raum- und Gefühlsmoment zu erschaffen. Durch Licht lassen sich empfundene Höhen und Entfernungen manipulieren, Raumgrenzen reduzieren oder aufheben. Diese Wahrnehmungsphänomene können beim Menschen ein Gefühl der Orientierungslosigkeit auslösen. Der Einfluss auf den Raum darf also nur so weit gehen, dass die gewünschte Wirkung erreicht wird, ohne den Nutzer zu irritieren. Grundlage für die gezielte Interaktion dieser drei Komponenten ist zunächst die isolierte Ausseinandersetzung mit den einzelnen Bestandteilen Mensch, Licht und Raum. Was definiert Raum? Wie funktioniert Licht? Mit welchen Sinnen nimmt der Mensch seine Umwelt wahr? Wie verändert Licht Raum, wie verändert Raum Licht? Wie wirken verschiedene Räume auf den Menschen und was macht der Mensch mit den Räumen, die ihn umgeben? Wie nimmt der Mensch Licht wahr und verarbeitet dieses und welche Auswirkung kann das haben? Bisher gibt es diverse Beleuchtungskonzepte für architektonischen sowie urbanen Raum. Diverse Sensoren für Tageslicht, Präsenzmelder oder Astrotimer haben in diese Konzepte schon Einzug gehalten. Konzepte, die gezielt auf die Veränderung der Situation reagieren und dabei die räumliche Wirkung verändern oder Einfluss auf das Bewegungsverhalten der Menschen nehmen, sind mir bisher keine bekannt. Wenn nun Schalter durch diverse Sensoren ersetzt werden, kann über eine Steuerung das Licht auf die aktuelle Situation reagieren. Die Szenen sollen also durch die Menschen und den Raum generiert werden. Räume könnten, wenn sich viele Besucher im Raum befinden, größer erscheinen. Auch könnten durch Impulse, Lichtfarbe und Intensität anwesende Personen beruhigt oder angeregt werden. Auf Grundlage dieser Analyse soll ein gut abgestimmtes Licht-Konzept entstehen, das einen (interaktiven) Dialog zwischen Raum, Mensch und Licht schafft.



0 | Inhalt Grundlagen 1| Mensch

Sinnesorgane und visuelle Wahrnehmung Gestaltgesetze Farben

2| Licht

Was ist Licht – von Wellen, Teilchen und Farben Leuchtmittel Lichttechnische Kenngrößen

3| Raum

Raumtypologie und der Bezug zum Menschen Wahrnehmung von Raum Einfluss von Licht und Raum auf den Menschen

4 | Lichtinstallationen

Möglichkeiten

5| Dialog wie interagieren die drei Komponenten miteinander – Analyse der Grundlagen Situationen und Räume Sensoren als Grundlage für Dialog

6| dynamische Beleuchtung in der Straßenbeleuchtung im Wohnbereich mit Oberflächen

Sonst so 8 | Anhang Literatur- und Quellenverzeichnis



Mensch [althochdeutsch: mennisco „der männliche“, älter: mannisco, erst mittelhochdeutsch: mensch (Neutrum) „der Mensch“ ]


Vom Sinnesorgan bis zur

Jedes Sinnesorgan spricht auf einen spezifischen Reiz an. Erst durch die Verarbeitung im Ge-

auditive Wahrnehmung Ohr

olfaktorische Wahrnehmung Nase

gustatorische Wahrnehmung Zunge

Das menschliche Hörorgan dient der Aufnahme von Schallwellen. Es besteht aus dem von außen sichtbaren Ohr, dem Mittelohr und dem Innenohr. Die Ohrmuschel leitet den Schall zum Trommelfell, das dahinter liegende Mittelohr wirkt wie ein Verstärker. Im Innenohr befindet sich die Cochlea, deren Rezeptoren, die Haarzellen, Schallschwingungen in Aktionspotentiale umsetzen. Diese werden über Nerven zum Gehirn geleitet. Auch der Vestibularorgan, das ausschlaggebend am Gleichgewichtssinn beteiligt ist, befindet sich im Innenohr.

Der Geruchssinn kann etwa 10 000 Düfte unterscheiden, etwa den Kaffeeduft am morgen oder die Abgase an einer viel befahrenen Straße.

Im wesentlichen nehmen wir 5 Geschmacksqualitäten wahr: süß, sauer, salzig, bitter und umami. Die aufnehmenden Rezeptoren liegen auf der Zunge, gemeinsam mit einer Vielzahl anderer Rezeptoren, z.B. Thermorezeptoren.

Ähnlich der Lichtwellen ist auch nur ein bestimmter Schallwellenbereich wahrnehmbar. Unter 16 Hertz spricht man von nicht hörbarem Infraschall, über 20 000 Hertz von Ultraschall. Lautstärke ist vom Schalldruck und der Frequenz abhängig. Der hörbare Bereich verringert sich mit zunehmendem Alter. Auch Erkrankungen, erhöhte Lautstärke und Lärm können das Hörvermögen beeinträchtigen. Richtungshören und damit die Ortung von Schallquellen ist aufgrund der zentralnervösen Verarbeitung von kleinsten Zeit- und Schalldruckdifferenzen möglich. Ortsveränderungen von >3° einer Schallquelle können durch die geringe Zeitdifferenz zwischen Erregung des rechten und linken Ohrs wahrgenommen werden.

Die Sinnesrezeptoren sind im oberen Nasenraum, nahe zum Schädelboden, angeordnet. Auch hier werden die Reize über Nerven in das Gehirn geleitet und dort verarbeitet. Riechzellen erneuern sich etwa alle 2 Monate. Der Geruchssinn hat auch Auswirkung auf den Geschmackssinn. Die vermeintliche Vielfalt unseres Geschmacksempfindens wird entscheidend durch das Riechen beeinflusst: mit zugeklemmten Nasenöffnungen oder einer Erkältung lassen sich Kartoffeln kaum von Äpfeln unterscheiden. Reflektorisch kann der Geruchssinn die Abgabe von Speichel und Magensaft auslösen. Ebenso, wenn auch nicht so stark wie bei Tieren, warnt uns unsere Nase, beispielsweise vor verdorbenen Lebensmitteln oder Giftstoffen in der Luft. Störungen des Geruchssinns können durch lokale Schädigungen im Nasenraum oder durch Störungen im ZNS, dem Zentralnervensystem, ausgelöst werden.

Die Oberfläche der Zunge ist vergleichbar mit einer Landschaft. Die Geschmacksrezeptoren liegen dabei in den Geschmackspapillen, porenartigen Gebilden, welche die Geschmacksknospen schützen. Am Grund dieser Papillen befinden sich die Speicheldrüsen. Schlechte Geschmäcker werden so rasch ausgespült. Die Geschmacksrezeptoren erneuern sich nach wenigen Wochen. Die Rezeptoren für die einzelnen Geschmacksrichtungen lassen sich grob lokalisieren: sauer, salzig und süß werden überwiegend an Zungenspitze- und Rand „geschmeckt“, bitter eher im Zungenwurzelbereich. Die Geschmacksknospen für Umami sind gleichermaßen über die gesamte Zunge verteilt. Der Geschmackssinn kann über Leben und Tod entscheiden. Stark bittere oder saure Reize lassen uns das Gesicht verziehen (gustofazialer Reflex) oder lösen einen Würgereiz aus. Süßes, salziges oder umami fördern hingegen Speichelfluß und Magensaftsekretion und bereiten so auf die Verdauung vor.


Wahrnehmung hirn werden die Reize zur Wahrnehmung.

taktile Wahrnehmung Haut

visuelle Wahrnehmung Auge

physiologische Sinne

Über die Haut nehmen wir eine Vielzahl von Sinneseindrücken wahr: Temperatur, Vibration, Schmerz, Druck, Berührung oder können Strukturen ertasten. Noch vielseitiger sind die Rezeptoren, die diese Reize aufnehmen und entsprechend weiter geben: Meissner-Zellen, Merkel-Zellen, Thermorezeptoren, Haarfollikelsensoren, Tastscheiben, Nozizeptoren, Pacini-Korpuskeln, Ruffini-Körperchen...

Das Auge ist ein optisches System, das die elektromagnetischen Wellen des Lichtes bricht und auf der Netzhaut abbildet. Die Funktionsweise einer Kamera ist der des Auges nachempfunden. Bis aus der Abbildung auf der Netzhaut Wahrnehmung und Sinneseindruck wird, ist auch hier wieder die Weiterleitung zum und Verarbeitung vom Gehirn notwendig.

Die weiteren Sinne, auch physiologische Sinne genannt, haben keine eigenständigen Organe. Der Gleichgewichtssinn etwa wird gebildet aus dem vestibulären Apparat im Ohr, Sensoren in allen Gelenken des Körper und durch die visuelle Wahrnehmung.

Die aufgenommenen Reize werden über Nervenstränge weiter geleitet. Je nach Intensität wird der Reiz im Gehirn oder im Rückenmark (dann als Reflex) verarbeitet. Hier unterscheiden sich auch schon die weiterleitenden Nervenbahnen voneinander. Die zum Hirn führenden Nervenleitern sind „langsam“ leitende Fasern. Die z.B. für Schmerzreflexe zuständigen Nervenbahnen sind von einer Myelinschicht umgeben und leiten ungleich schneller. Die Rezeptoren für Wahrnehmung sind auf der Hautoberfläche in unterschiedlicher Dichte vorhanden. Die meisten solcher Zellen finden sich um den Mund, an der Zunge sowie den Fingerspitzen. In den Handflächen finden sich etwa nur noch zehn Prozent, auf dem Rücken nochmals weniger. Unsere Körperbehaarung dient durch den Hebelarm als Reizverstärker. Im Follikel, der die Haarwurzeln hält, befinden sich auch Rezeptoren.

Das Licht fällt durch die Hornhaut, die das Auge schützt, die Lederhaut, die das gesamte Auge umschließt und passiert dann die vordere Augenkammer. Die Regenbogenhaut, auch Iris genannt, wirkt wie eine Blende. Das Licht das durch die Iris einfällt, gelangt über die hintere Augenkammer zur Linse, in der es gebrochen wird. Anschließend passiert es den Glaskörper. Dieser ist formgebend. Innen ist er mit der Netzhaut ausgekleidet, auch Retina genannt. Die Retina besteht aus mehreren Schichten. Innen liegt die Nervenschicht, die vom Licht passiert werden kann. Die mittlere Schicht bilden die Photorezeptoren, also Stäbchen und Zapfen. Sie lösen die Reaktion aus, die dann im Gehirn zu visueller Wahrnehmung wird. Außen liegt die Aderhaut zur Blutversorgung. Der Schwerpunkt unserer Wahrnehmung liegt auf dem visuellen System, wird jedoch immer Ergänzt durch die anderen Sinnesorgane.

Der Schmerzsinn wird über Nozizeptoren im gesamten Körper versorgt. Die Verschaltung läuft je nach Reizintensität über das Gehirn oder das Rückenmark. Das Hirn gibt einfach nur die Meldung „Schmerz“ ab und leitet bei Bedarf Kompensationsmechanismen ein, das Rückenmark löst meist einen intensiven Reflex aus. Das Zurückziehen der Hand bei einem Bienenstich etwa gehört dazu. Der Temperatursinn ist überwiegend auf der Haut aber auch auf der Zungenoberfläche zu finden. Von kalt über warm bis heiß wird alles über Thermorezeptoren aufgenommen. Mit dem 3-Schüssel-Versuch kann man diesen Sinn täuschen: jeweils eine Schüssel kaltes, warmes und sehr warmes bis heißes (nicht kochendes) Wasser werden aufgestellt. Mit einer Hand fasst man in das kalte, mit der anderen in das heiße Wasser. Nach knapp einer Minute steckt man beide Hände in das warme Wasser: es wird sich zeitgleich heiß und kalt anfühlen. (Bartels, Jürgens 2004; Frings, Müller 2013)


Das Auge Das Auge ist das Sehorgan des Menschen. Es ist ein optisches System, das Licht bricht, auf der Netzhaut abbildet und es zur Verarbeitung an das Gehirn weiter leitet. Es liegt in der Augenhöhle im knöchernen Schädel, eingebettet in Fett- und Bindegewebe. Gehalten wird es von 4 geraden und zwei schräg verlaufenden Muskeln. Diese sind neben dem Halten des Auges auch für die Drehung zuständig. Im hinteren Bereich der Augenhöhle befindet sich eine Öffnung, durch die Blutgefäße und Sehnerv verlaufen.

Augapfel bis zur Hornhaut. Über die Bindehaut werden zusätzlich Viren und Bakterien abgewehrt. Der Augapfel hat einen Durchmesser von etwa 24 mm. Im vorderen Bereich ist er von der Lederhaut (Sklera) sowie der Hornhaut (Cornea) bedeckt. Die Cornea besteht aus Kollagenfasern und übernimmt etwa zwei Drittel der Gesamtbrechkraft der Auges und leitet das Licht in die Linse. Ihre Unversehrtheit trägt wesentlich zur Sehkaft bei. Im hinteren Bereich, zur Augenhöhle, liegt die Aderhaut (Choroidea), die das Auge mit Blut versorgt und ernährt. Zudem schluckt sie störendes Streulicht. Darüber liegt um den gelartigen Glaskörper die Netzhaut (Retina) die alle Sinnesrezeptoren beherbergt. Die Reize werden über die darüber liegende Nervenfaserschicht abgeleitet. Diese werden an der Sehnervpapille (Fovea) zusammengefasst und über den Sehnerv zum Gehirn geleitet.

http://www.glaukom.de/wp-content/uploads/06/augenhoehle-und-augenmuskeln.jpg

Die Kamera ist dem optischen System des Auges nachempfunden. Es gibt eine Blende, eine Linse und die Retina, also den Film.

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Das Auge ist durch die Lider, Wimpern und Augenbrauen gegen Schweiß und Staub geschützt. Der Lid- oder Cornealreflex, das schnelle Schließen der Augenlider, bleibt auch bei Bewusstlosigkeit erhalten und schützt vor Blendung und einfallenden Teilchen. Durch den normalen Lidschlag wird Tränenflüssigkeit auf dem Augapfel verteilt. Das Auge wird gereinigt und feucht gehalten. Tränen und Talgdrüsen liegen in der Bindehaut. Diese kleidet die Lider innen aus und läuft über den vorderen

http://i.onmeda.de/auge_anatomie3-850x638.jpg

Im vorderen Bereich muss das Licht nach der Cornea und der Sklera die vordere Augenkammer passieren. Hier liegen die Schlemmkanäle, die zur Reinigung der Kammer beitragen. Die Augenkammer wird von der Regenbogenhaut (Iris) in den vorderen und hinteren Bereich

unterteilt. Die Farbwirkung der Iris entsteht durch eingelagerte Farbpigmente. Viele Pigmente führen zu braunen Augen. Blaue Augen entstehen durch die durch wenige Pigmente hindurchschimmernde Blutgefäße der hinteren Schicht der Iris. In der hinteren Augenkammer wird das Kammerwasser produziert. Das Gleichgewicht zwischen Produktion und Abfluss von Kammerwasser ist für den Augeninnendruck und somit die optische Funktion wichtig. Die Iris steuert, wie eine Lochblende, den Lichteinfall in den Glaskörper. Verengt wird die Iris durch eine Ringmuskelschicht. Sternförmig angeordnete Muskeln führen zur Öffnung der Iris. Die glatte Muskulatur wird vom autonomen Nervensystem innerviert. Dieser Vorgang ist nicht bewußt steuerbar und läuft in Sekundenbruchteilen ab. Der Parasympathikus verengt, der Sympathikus erweitert. Erschrecken führt zu einer starken Sympathikus-Reaktion und entsprechend zu „schreckgeweiteten“ Pupillen. Die Linse liegt zwischen Augenkammer und Glaskörper. Sie bricht und bündelt das einfallende Licht um es möglichst scharf auf der Netzhaut abzubilden. Dieser Vorgang heißt Akkommodation und kann auch bewusst hervorgerufen werden. Die Linse wird durch Fasern gehalten. Diese sind an einem Ringmuskel befestigt. Ändert der Zilliarmuskel seine Spannung, werden die Fasern gestrafft oder gelockert. Die elastische Linse ändert ihren Radius, somit verändert sich die Brechung des einfallenden Lichtes. Sind die Muskeln entspannt, ziehen die Zonulafasern an der Linse. Die Linse wird gespannt und somit abgeflacht, Gegenstände in der Ferne werden scharf abgebildet (Fernakkommodation). Sind die Muskeln erregt, also angespannt, sind die Fasern und die Linse entspannt. Die eher gekrümmte Linse dient der Nahakkommodation. Die Netzhaut, auch Retina ist die inners-


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te Schicht der Augapfelhülle und liegt direkt am Glaskörper an. Sie besteht aus mehreren Schichten. Dem retinalen Pigmentepithel ganz außen und der neurosensorischen Netzhaut. Hier liegen die eigentlichen Photorezeptoren, die Reize durch Licht in elektrische Impulse umwandeln sowie Nervenfasern und zwei Schichten von Ganglienzellen, welche die Reize zur Fovea centralis, auch gelber Fleck genannt, dann über den Sehnerv zur Weiterverarbeitung leiten. Die Lichtsinneszellen lassen sich in die Stäbchen und Zapfen unterteilen. Die etwa 120 Millionen Stäbchen sind für das sehen bei Dunkelheit ohne ausreichend Licht verantwortlich. Die etwa 7 Millionen Zapfen sind für das Farbsehen zuständig. Sie brauchen ausreichend Licht, haben also eine hohe Reizschwelle. Sie sind für bestimmte Wellenbereiche empfindlich und lassen sich so unterscheiden: S-Zapfen (blau), M-Zapfen (grün) und L-Zapfen (rot)

http://www.medizinfo.de/augenheilkunde/images/ netzhaut.gif

Das einfallende Licht wird im Auge mehrfach gebrochen: erst am Übergang zwischen Luft und Hornhaut, dann beim Übergang ins Kammerwasser, anschließend in der Linse und nochmal im Übergang von Linse zum Glaskörper. Da das etwas kompliziert ist, wird die Brechung des Lichts im Auge meist vereinfacht über eine Gesamtlinse schematisiert. Für das

Biologie der Sinne, S. 127, Abbildung 7.8, das Auge

Funktionsverständnis ist dieses vereinfachte Auge ausreichend. Im Gegensatz zur Kamera, bei der zum Scharfstellen die Entfernung der Linse zum Film verändert wird, geschieht das im Auge durch Brechkraftänderung der Linse. Wie vorab beschrieben wird das durch den Zilliarmuskel und Spannung und Entspannung der Linse, also Änderung des Radius der Linse, erreicht. Diese Brechkraft wird in Dioptrin angegeben. Die Gesamtbrechkraft des Auges bei maximal flacher Augenlinse (maximal gespannt) im fernakkommodierten Zustand, hat einen Wert von 58,6 dpt. Die angeborene Fehlsichtigkeit resultiert meist aus einer Veränderung des Augapfels. Der Kurzsichtige hat einen zu langen Augapfel. Das Bild würde ohne Korrektur über eine Streuungslinse schon vor der Netzhaut abgebil-

det. Der Weitsichtige hat einen zu kurzen Augapfel. Ohne Sammellinse würde das Bild erst hinter der Netzhaut abgebildet werden. Erworbene Fehlsichtigkeiten sind meist ein Resultat verminderter Brechkraft der Linse. Das gebündelte Bild wird durch die Brechung der Linse verkehrt herum auf der Netzhaut abgebildet. Dass wir das Bild „richtig“ herum sehen, beweist die zentrale Verarbeitung der Sinneseindrücke. Über spezielle Brillen kann man das Licht schon vor dem Auge bündeln und das Bild drehen. Zunächst erscheint einem die Welt also auf dem Kopf. Bereits nach kurzer Gewöhnungszeit schaltet das Hirn um und und man sieht seine Umwelt wieder richtig. Das Auge ist also ein sehr komplexer Apparat, dessen einzelne Bestandteile sehr gut zusammen arbeiten, um von unserer Umwelt reflektiertes Licht aufzunehmen und abzubilden. Physiologie, Seite 247, Abbildung 18.3, reduziertes Auge

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Die Netzhaut Die Netzhaut ist für das Auge das, was für die Kamera der Film, besser: der Chip der Digitalkamera, ist. Auf ihr wird unsere Umwelt abgebildet. Um Reize aufzunehmen, diese in Aktionspotential umzusetzen und weiter zu leiten, müssen die drei Neuronenschichten zusammen arbeiten. (siehe Abbildung vorherige Seite) Jede der Schichten hat dabei eigene, spezifische Aufgaben.

Rezeptorzelle mit einer Hyperpolarisation und hemmen die nachfolgenden Ganglienzellen. http://flexikon.doccheck.com/de/Bipolarzelle Stäbchen sind nur mit On-Zellen verschaltet, Zapfen mit beiden Typen der Bipolarzelle. Die Bipolarzellen sind zusätzlich horizontal über Amakrin- und Horziontalzellen verschaltet. Mehr dazu bei der Reizleitung. Die Photorezeptoren wandeln Lichtreize, also elektromagnetische Wellen in bioelektrische Erregung um. Es wird unterschieden in Stäbchen, Zapfen und photosensitive Ganglienzellen.

Netzhaut mit Foeva centralis (etwa der graue Bereich) und Sehrnervpapille (gelber Bereich, blinder Fleck) Urheber: Danny Hope from Brighton & Hove, UK; CCLizenz

Der Sehnerv, Nervus Opticus, wird aus den Axonen, also den langen, ableitenden Nervenfasern der großen Ganglienzellen gebildet. Sie dienen der Reizleitung ins Zentralnervensystem, genauer in den Metathalamus des Zwischenhirns, und nehmen ihre Reize aus den bipolaren Ganglienzellen auf.

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Die bipolaren Ganglienzellen sind zwischen die Photorezeptoren und die großen Ganglienzellen geschaltet. Bipolar, da sie genau einen Dendrit (aufnehmendes Nervenende) und ein Axon (ableitendes Nervende) besitzen. Es gibt spezielle Stäbchenbipolarzellen und zwei Arten spezieller Zapfenbipolarzellen: On-Zellen reagieren auf die Belichtung ihrer Rezeptorzelle mit einer Depolarisation und erregen die nachfolgenden Ganglienzellen. Off-Zellen reagieren auf die Belichtung ihrer

Die Photorezeptoren vom Typ Zapfen sind für das Farbsehen zuständig. Sie reagieren spezifisch auf die unterschiedlichen Wellenlängen des Lichtes, brauchen dazu aber hohe Lichtstärken: kurzwelliges, blaues Licht: S-Zapfen (Absorptionsmaximum: 420 nm) grünes Licht: M-Zapfen (530nm) langwelliges rotes: L-Zapfen (560nm) (Absorptionsmaximum nach: http://user.medunigraz.at/helmut.hinghofer-szalkay/XIV.6.htm) Gemischte Farben innervieren mehrere Zapfen, der Eindruck weiß entsteht, wenn alle Zapfen gleichermaßen angesprochen werden. Vergleich: RGB-Farbsystem Zapfen können nur recht niedrig aufgelöste Bilder abzeichnen. Zudem ist die Anordnung sowie die Menge der einzelnen Zapfen von Mensch zu Mensch verschieden. Die Deutung der aufgenommenen Sinneseindrücke liegt dann im Gehirn und wird von Kindheit an ausgebildet und von Gesellschaft/Kulturraum geprägt. „Richtiges Sehen“ wird also erlernt. Die Inuit unterscheiden zum Beispiel mehr als 10 Weißtöne. Etwa 6-7 Millionen Zapfen finden sich auf der Netzhaut. Zapfen sind wesentlich breiter als Stäbchen und in der Fovea centralis am höchsten konzentriert.

Zapfen weisen in ihrem Außensegment in den vielfachen Membraneinfaltungen als Sehfarbstoff das 7fache Transmembranprotein Opsin auf - in verschiedenen Ausführungen je nach Zapfentyp. Am Opsin ist 11-cis-Retinal zum Protein Iodopsin angelagert. ... http://flexikon.doccheck.com/de/Zapfen Fällt Licht auf die Zapfen, wird je nach Wellenlänge der Sehfarbstoff gespalten und Erregung erzeugt, die dann über die bipolaren Ganglienzellen an die großen Ganglienzellen und weiter ins ZNS übertragen wird. Stäbchen sind mit etwa 120 Millionen pro Auge weitaus mehr in der Retina vorhanden als Zapfen. Ihr Absorptionsmaximum liegt bei etwa 500 nm, in Relation zu den Zapfen reichen schon geringe Lichtstärken aus. Sie dienen der Hell-Dunkel-Wahrnehmung. Fällt Licht auf die Stäbchen, wird Rhodopsin (Sehfarbstoff der Stäbchen) gespalten und wie bei den Zapfen Erregung erzeugt. Die Verteilungsdichte nimmt vom Zentrum der Netzhaut, gelber Fleck, auch Fovea centralis, nach Aussen hin zu. Die Anordnung der Stäbchen und Zapfen auf der Netzhaut wirkt sich auf das Sehen aus. Von der etwa 180° Breite des visuellen Feldes kann der Mensch nur etwa 2° punktartig fokussieren, wonach der Rest des Feldes mit abnehmender Schärfe zum Rand des Sehfeldes verschwimmt. Bei „aus dem Augenwinkel“ wahrgenommenen Bewegungen wird dann je nach Situation ein Reflex, vom einfa-


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chen Erschrecken bis zur Flucht, ausgelöst. Screenshot aus arte entdecken, die Welt der Farben – wie wir Farbe sehen; Aufnahme der Zapfenverteilung auf der Netzhaut vier verschiedener Personen

Photosensitive Ganglienzellen sind der dritte Typ von Photorezeptoren in der Retina. Nur etwa 1-3% der Ganglienzellen im Auge sind photosensitiv. Da es mehrere Millionen Ganglienzellen im Auge gibt, ähnlich viele wie Stäbchen und Zapfen gemeinsam, sollten es doch mindestens eine Million photosensitive Ganglienzellen sein. Sie enthalten das lichtempfindliche Pigment Melanopsin, das am stärksten auf Wellenlängen von 460 bis 484 nm reagiert. Ihre höchste Empfindlichkeit liegt also im violetten bis blauen Bereich des sichtbaren Spektrums. Sie bilden damit jedoch nicht die Farben ab, sondern dienen nach bisherigem Erkentnisstand folgenden drei Funktionen: · Steuerung der zirkadianen Rhythmik: Photosensitive Ganglienzellen liefern über den Tractus retinohypothalamicus Informationen über die Länge von Tag und Nacht an die entsprechenden Steuerungszentren des ZNS, z.B. an den Nucleus suprachiasmaticus des Hypothalamus.

genaue Funktion dieser Zellen und die Auswirkung auf den Organismus wird aktuell noch weiter untersucht. Klar ist, dass ihre Neuriten (Axone) in nicht-visuellen Gehirnarealen enden und unter anderem in den Hypothalamus projizieren. Hier kreuzen sich die Sehnerven. Der Hypothalamus ist aber auch für vegetative Funktionen wie den circadianen Rhythmus und das Schlaf-Wach-Verhalten zuständig. https://www.biotechnologie.de/BIO/Redaktion/Bilder/de/Newsfotos/zapfen-netzhaut Rods sind Stäbchen, Cones Zapfen, colorierter Mikroskopischer Schnitt der Retina

Wikimedia commons, Urheber: DrBob und Zeimusu, Übersetzt von Sgbeer Sensitivitätsmaximum der Zapfen nach Wellenlängenbereichen. kurzwelliges, blaues Licht: S-Zapfen grünes Licht: M-Zapfen langwelliges rotes: L-Zapfen

· Steuerung der Pupillomotorik: Informationen aus den photosensitiven Ganglienzellen werden in die Area pretectalis des Zwischenhirns geleitet, wo im Edinger-Westphal-Kern die Kontrolle der Pupillenweite stattfindet. · Steuerung der Melatoninfreisetzung: Photosensitive Ganglienzellen beeinflussen die Ausschüttung von Melatonin in der Epiphyse. http://flexikon.doccheck.com/de/Photosensitive_ Ganglienzelle Diese Zellen wurden 1991 in Augen von Mäusen entdeckt, erst 2007 wurde publiziert, dass diese Zellen Melanopsin enthalten. Die

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Adaption und Sehen Photopisches Sehen bezeichnet das Tagsehen, vor allem mit den Zapfen, also farbig, im Auge. Das Tagsehen erfordert Leuchtdichten ab etwa drei Candela/Quadratmeter. Skotopisches Sehen ist das Nachtsehen mit den Stäbchen im Auge bei Leuchtdichten unter 1 Candela/Quadratmeter. Als Mesopisches Sehen wird das Sehen in der Dämmerung bezeichnet. Hier werden zur Abbildung Stäbchen und Zapfen aktiv. Das Umschalten von photopischem auf skotopisches Sehen wird auch Hell-Dunkel-Adaptation genannt. In der Dämmerung, wenn das Licht schwindet, übernehmen Stäbchen das Nachtsehen. Zeitgleich wird die Pupille weit geöffnet, um so viel Licht wie möglich ins Auge zu lassen. Bis zu 80 mal mehr Licht kann so ins Auge gelangen. Da die Zapfen in ihrer größten Dichte um die Fovea centralis, dem Ort des schärfsten Sehens, vorkommen, ist scharfes Sehen in der Dunkelheit nicht mehr möglich. Da im menschlichen Auge zudem nur ein Stäbchen-Typ vorhanden ist, ermöglichen Stäbchen auch kein Farbsehen. Die Empfindlichkeit der Stäbchen für Licht ist abhängig von der Konzentration des Rhodopsins in der Netzhaut. In Helligkeit wird viel Rhodopsin für die Transduktion benötigt, in Folge nimmt die Konzentration des Rhodop-

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sins ab. Verschlechtern sich die Lichtverhältnisse, kommt es zur Regeneration des Rhodopsins und dieses steht wieder in größerer Menge zur Verfügung, so dass das Auge lichtempfindlicher wird. Bis zur maximalen Empfindlichkeit im Dunkeln dauert es ca. 40 Minuten. Bei guten Lichtverhältnissen sinkt die Sehfarbstoffkonzentration sehr schnell ab und das Auge wird lichtunempfindlicher. Neben der Veränderung der Blende und des Sehfarbstoffes wird auch durch veränderte räumliche Summation die Adaption beeinflusst. Bei starker Lichteinwirkung wird die Fläche der Netzhaut, aus der eine Ganglienzelle der Netzhaut erregende Impulse erhalten kann, unter dem Einfluss retinaler Verschaltungen (z.B. durch laterale Hemmung) geringer. Umgekehrt wird bei sinkender Leuchtdichte eine höhere Anzahl von Photorezeptoren auf der Retina innerviert und somit mehr Reize über den Sehnerv weiter geleitet. Der Vorgang von Hell zu dunkel dauert bis zur höchsten Sensitivität bis zu 40 Minuten, das Schliessen der Pupille und der Abbau von Rhodopsin dauert bei guten Lichtverhältnissen nur Sekunden. Aus diesen Abläufen ergibt sich auch das Problem mit der Blendung wie z.B. beim Auto fahren. Hell-Dunkel-Adaptation lässt sich auch beim

Sukzessivkontrast beobachten. Betrachtet man für längere Zeit ein schwarz-weißes Muster, sieht man, wenn man danach auf ein weißes Blatt Papier schaut, ein Bild, bei dem die Farben zum vorherigen Muster umgekehrt sind. Stereoskopisches Sehen Räumliches Sehen und damit Tiefenwahrnehmung wird durch Binokularsehen, also durch das Sehen durch zwei Augen ermöglicht. Diese müssen über gesunde Netzhäute verfügen und koordiniert gesteuert werden können. Bei der Verrechnung der beiden Bilder spielt das Sehzentrum eine große Rolle.

Durch den geringfügig anderen Winkel, aus dem die beiden Augen ein Objekt erfassen, ermittelt das Gehirn eine räumliche Wirkung. Je weiter entfernt der Gegenstand ist, umso mehr gleichen sich die beiden auf die Netzhaut projizierten Bilder. Das räumliche Sehen muss erlernt werden, das geschieht jedoch schon frühkindlich und läuft automatisch ab. Nach diesem Prinzip arbeiten auch 3D-Filme. Der Film selbst wird über zwei Kameras mit einem definierten Abstand aufgezeichnet, die Bilder werden übereinander gelegt und über eine spezielle Brille, je nach Technik, für die Augen wieder aufgetrennt. oben: http://img.tomshardware.com/de/2005/05/18/ dreidimensionales_sehen_ohne_brille_monster_springen_dich_an/wahrnehmung.jpg links: selbst, Perpignan / Frankreich 02/2014, rechts: Photoshopretusche


Reizleitung Die Reizübertragung des erregten Photorezeptors an die Ganglienzelle erfolgt über den synaptischen Spalt, also einen winzig kleinen Bereich zwischen den beiden „Steckern“ der Zellen. Dieser Spalt funktioniert nur in eine Richtung, es gibt also eine Sender-Seite, die Axone, und eine Empfänger-Seite, die Dendriten. Der Photorezeptor ist der Sender, die Ganglienzelle hier der Empfänger. Trifft ein Lichtstrahl auf den Rezeptor, wird seine Membranspannung gesenkt, das Aktionspotential wird freigesetzt, er setzt an seiner Synapse weniger Botenstoff frei. Ist an ihn eine Off-Bipolare-Ganglienzelle angeschlossen, wird diese durch verstärke Glutamat-Ausschüttung angeregt. Es öffnen sich Kanäle, über die Natriumionen in die Zelle einströmen, die Membranspannung wird negativer. Sie reagiert also, wenn kein Licht auf die Rezeptoren fällt. Sie setzt auch ihrerseits weniger Botenstoff an der weiterleitenden Synapse frei. Sie wird also in ihrer Funktion gehemmt, das Potential der Zelle sinkt. Die On-Ganglienzellen reagieren auf das durch den Lichtreiz reduzierte Glutamat genau entgegengesetzt. Das Glutamat schließt über einen Mechanismus die Ionenkanäle, die Membranspannung wird erhöht. Die On-Zellen haben im Dunkeln eine geringe Membranspannung und sind somit gehemmt, bei Licht erhöht sich die Spannung bis zum Aktionspotential. Die On-Ganglienzellen feuern also bei Licht. Neben den bipolaren Ganglienzellen überträgt der Rezeptor aber auch an nebengeschaltete Horizontal- und Amakrinzellen. Diese sind wiederum mit On- und mit Off-Zellen verschaltet, hemmen und verstärken also in ihrem Umfeld. So entstehen verschaltete rezeptive Felder, die sich gegenseitig beeinflussen. Diese mehrfache Verschaltung gibt es auf Ebene der bipolaren Zellen und auf Ebene der großen, retinalen Ganglienzellen. Die rezeptiven Felder, die sich gegenseitig

hemmen oder verstärken, finden sich nicht nur bei den Stäbchen für Kontrast-Sehen sondern auch bei den Zapfen für Farb-Sehen. Es wird von jedem Zapfen das Signal an das Gehirn übertragen. Über Verschaltungen mit gegen geschalteten On- und Off-Zellen, quer leitenden Horizontalzellen und die Organisation in rezeptiven Feldern, also die Verschaltung mit der Gegenfarbe, werden auch hier die Impulse verstärkt oder gehemmt. Negative Nachbilder sind ein gutes Beispiel für die Verschaltung der Zapfen und die Polarisation der Zellen. Die in den Rezeptoren erzeugten Reize werden also über Potentiale, sich öffnende oder schließende Kanäle, entsprechend ausgeschüttete Transmitter und deren Aufnahme in die nächste Zelle weiter transportiert. Der Weg läuft dabei nicht geradlinig von Zelle zu Zelle sondern wird durch Parallelschaltungen gehemmt oder verstärkt. Erst die Axone der großen Ganglienzellen leiten als nervus opticus oder zweiter Hirnnerv den Reiz ins Gehirn. Diese erreichen das Chiasma opticum. Hier werden die Nerven sortiert. Die Teile der Sehnerven, etwa der intrinsischen photosensitiven Ganglienzellen, die unbewusste Reaktionen hervorrufen oder den circadianen Rhythmus beeinflussen, werden im Thalamus oder anderen „tieferen“ Hirnregionen verarbeitet. Die Nerven des linken Gesichtsfeldes werden später an die rechte Gehirnhälfte weiter geleitet, die des rechten Gesichtsfeldes an die linke Gehirnhälfte. Da die Augen frontal liegen, ist das Gesichtsfeld nicht rein nach Auge getrennt. Dann erreicht der nervus opticus, ab hier traktus opticus genannt, den Thalamus. Hier werden die Reize kaum verarbeitet. Wenn wir schlafen werden hier jedoch die Reize aller Sinnesorgane gestoppt und nur Warnsignale, etwa Berührungen, starke Temperaturschwankungen oder laute Geräusche, wie das Klingeln des Weckers, weiter geleitet. Die Sehbahnen, die zur bewussten Wahrnehmung führen, laufen zunächst zur primären

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Sehrinde. Diese ist überwiegend für die Umrisserkennung zuständig. Sie sortiert, extrahiert und leitet dann weiter. Da viele Gehirnareale aber zur primären Sehrinde rückkoppeln, wird davon ausgegangen, dass sie daran beteiligt ist, nach der Detailanalyse das Bild wieder zusammen zu setzen. Von der primären Sehrinde in die Großhirnrinde gibt es zwei Haupt-Pfade für die Verarbeitung von visuellen Sinnesreizen. Der eine führt zum Scheitellappen, der andere Pfad zum Schläfenlappen. Der dorsale Pfad (zum Scheitellappen, auch „Wo-Strom“ genannt) ist wohl vor allem für die Lokalisation der Objekte im Raum und für Bewegung zuständig. Dabei geht es sowohl um die Bewegung der Objekte selber, also das fahrende Auto oder steigende Pegel beim Befüllen eines Glases, als auch um die Bewegungsabläufe die für das koordinierte Greifen von Gegenständen notwendig sind. Der ventrale Pfad (zum Schläfenlappen, auch „Was-Strom“ genannt) dient dem Erkennen von Objekten, der Farb-, Muster- und Formwahrnehmung. Alle beteiligten Areale sind dabei in allen Ebenen miteinander verknüpft und bis zum Thalamus rückgekoppelt. http://www.allpsych.uni-giessen.de/karl/teach/aka_ files/image004.jpg

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Wahrnehmung auf retinaler Etwa 30% unserer Großhirnrinde ist ausschließlich mit der Auswertung der visuell aufgenommenen Reize beschäftigt. Unser Gehirn ermittelt, welche von den Millionen über die Retina aufgenommenen Bildpunkten ein Objekt ergeben. Das Gehirn erkennt die bildgebenden Objektpunkte und grenzt sie von anderen Objekten ab. Ausserdem müssen die von den Augen leicht unterschiedlichen Bilder in Deckung gebracht und miteinander verrechnet werden. Auch muss Bewegung erkannt und unsere eigene Bewegung, zum Beispiel beim Laufen, herausgerechnet, das Bild also stabilisiert werden.

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Die Verarbeitung der Reize beginnt bereits bei den Ganglienzellen der Retina. Die Photorezeptoren reagieren noch nur auf Licht-an – Licht-aus-Reize. Die Ganglien sind in der Lage zwischen Kontrasten, Farben und Bewegung zu unterscheiden. Die Bipolarzellen sind durch Horziontalund Amakrinzellen miteinander verschaltet. Erst dann werden die Reize, schon vorverarbeitet, an die großen Ganglienzellen weiter gegeben die zum Gehirn führen. Durch die Verschaltungsmechanismen der Retina zählt diese schon zum Zentralnervensystem. Im Rahmen der ersten Filterung der Informationsflut auf der Retina kommen die zwei Typen der Ganglienzellen, die On- und die Off-Zellen ins Spiel. Die On-Zellen versorgen einen kreisförmigen Bereich der Netzhaut von wenigen Photorezeptoren. Darum herum werden die Rezeptoren in einem ringförmigen Bereich von den Off-Zellen versorgt. Diese verschalteten Felder werden auch rezeptive Felder genannt. Durch die horizontale Verschaltung werden auch die nicht von den Photorezeptoren innervierten Ganglienzellen gehemmt oder gereizt, werden auch diese Zellen durch Licht angeregt und der Reiz entsprechend geschwächt oder verstärkt. Es wird vom Zentrum-Umfeld-Antagonismus gesprochen. Werden jetzt Zentrum und Umfeld gleichermaßen belichtet, reagieren die Ganglienzellen insgesamt kaum. Die Gangli-

enzellen sind somit Kontrastdetektoren und nicht für Helligkeit an sich zuständig. Anders ausgedrückt: Kontraste werden verstärkt, die Abgrenzung von Objekten wird vereinfacht. Durch diese Kontrastverstärkung entstehen zum Beispiel die Mach´schen Bänder. Diese existieren rein analytisch nicht, werden aber als Produkt unserer Wahrnehmung, hervorgerufen durch den Zentrum-Umfeld-Antagonismus.

Betrachtet man diese grauen Streifen, fällt am Rand zum jeweils dunkleren Grauwert ein heller Streifen auf, am Rand zum helleren Wert ein dunklerer Streifen. Wie schon erwähnt existieren diese nicht sondern werden nur durch die Kontrastverstärkung durch die Zentrum-Umfeld-Verschaltung impliziert. Dabei verstärken und hemmen sich die einzelnen Ganglienzellen. 1+2| Umfeld und Zentrum sind gleich hell: keine Reaktion 3+4| Umfeld und Zentrum sind teilweise unter schiedlich hell -> die Aktivität der Zelle wird-

deutlich verändert, der wahrgenommene Kontrast wird verstärkt, Abgrenzung der Streifen wird somit vereinfacht. 2. Abbildung aus Biologie der Sinne, S 161, Kapitel 7.5, Abbildung 7.42b

Ähnliches passiert auch bei der Wahrnehmung des Simultankontrastes. Hier liegen Felder mit dem gleichen Grauwert in unterschiedlichen Rahmen. In einem Rahmen mit geringerem Schwarzanteil, also einem helleren Rahmen wirkt das Quadrat dunkler, als in Rahmen mit höherem Schwarzanteil oder gar in einem schwarzen Rahmen, in dem das Quadrat sehr hell wirkt. Zum einen dient das wieder dazu, die Quadrate besser vom Hintergrund, dem Rahmen, abzuheben. Zum anderen reduziert diese Verschaltung aber auch die Informationsflut, die an das Gehirn weiter geleitet wird. Man kann sich das Vorstellen, als würden die Ganglienzellen nur eine Strichzeichnung der Kanten an das Gehirn weiterleiten, das Gehirn malt sich dieses Bild dann selbst aus. Die „Rechenfehler“ die beim ausmalen passieren, sind dabei eigentlich wieder beabsichtigt. Sie verstärken die wesentlichen Teile des abgebildeten, nämlich den Kontrast.

Die Craik-O’Brien-Cornsweet-Täuschung beruht auf genau demselben Prinzip. Hier werden die Mach´schen Bänder nicht durch die Zentrum-Umfeld-Verschaltung der Ganglien produziert, sondern wirklich abgebildet. Die Retina übermittelt diese Bänder an das Hirn und das Hirn behandelt diese wie bei der normalen Kontrastverstärkung: es errechnet einen Helligkeitsunterschied auf den zugehörigen Flächen. Decken wir diese Streifen ab, kann es die Helligkeit richtig interpretieren.


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Ebene Die Flächen links und rechts haben beide einen Schwarzanteil von 50%. Der Streifen in der Mitte hat eine Verlaufskante von Transparent auf 58% Schwarz. Den rezeptiven Feldern wird hiermit eine Kontrastveränderung suggeriert. Deckt man den Streifen in der Mitte ab, werden die Felder „richtig“ wahrgenommen. Übersichtlich dargestellt, wie die Einzelnen Reize in Realität, Signal und resultierender Wahrnehmung sind:

Abbildung aus Biologie der Sinne, S 164, Kapitel 7.5, Abbildung 7.45

Ändert sich die Beleuchtungssituation, reicht das einfache Kriterium Kontrast zur vollständigen Erfassung der Situation nicht mehr aus. Im Buch Biologie der Sinne wird das anhand einer Situation aus dem Tierreich deutlich beschrieben: ... ein Tier ernährt sich von Früchten, die in einem Busch wachsen. Reife Früchte sind dunkel und nahrhaft, unreife Früchte hell

und hochgiftig! Das Tier muss also helle und dunkle Früchte voneinander unterscheiden – eine lebenswichtige Aufgabe. ... was passiert, wenn ein Teil des Busches im Schatten liegt, der andere Teil im Sonnenlicht? Die Früchte im Schatten werden weniger Licht reflektieren als die Früchte im Sonnenlicht. Eine unreife Frucht im Schatten könnte dann dunkler erscheinen als eine reife Frucht in der Sonne. Eine einfache Helligkeitsbestimmung hätte die fatale Konsequenz, dass das Tier die unreife giftige Frucht im Schatten frisst. ... Biologie der Sinne, Seite 163, Kapitel 7.5.6

spezifische Bewegung in eine Richtung über das zelleigene rezeptive Feld reagieren. Diese Zellen erkennen Muster und senden dann entsprechende Impulse, um ein erstes Warnsignal zu geben. Ganglienzellen filtern also schon einmal aus dem Erfassten einzelne Aspekte vor, also Kontrast, Farbe, Bewegung, und bewerten diese quantitativ über die rezeptiven Felder. Sie geben die Reize erst verarbeitet an das Gehirn weiter.

Die Wahrnehmung muss also Licht und Schatten erkennen und bewerten können. Das Hirn vergleicht die Früchte also alle miteinander und kürzt dann die Beleuchtungsintensität zwischen Sonnenlicht und Schatten heraus. Dieser Vorgang geschieht jetzt schon im Gehirn, er wird jedoch über die Retina unterstützt. Die hier liegenden Ganglienzellen können eintreffende Reize und dadurch ausgelöste Signale miteinander addieren. Diese können dann von den ebenfalls gebündelten anderen Signalen subtrahiert werden. Eingegeben werden also Informationen von 5 000 inaktiven und 100 000 gereizten Zellen. Um die zu transportierende und zu bearbeitende Datenmenge zu reduzieren, wird nur das Verhältnis, also 1 zu 20 weiter gegeben. Somit sind wir unabhängig von Helligkeiten und können bei geringer Beleuchtung genauso gut lesen wie bei Sonnenschein im Freien. Licht und Schatten im Blickfeld werden nach genau diesem Prinzip gekürzt, ins Verhältnis gesetzt und verglichen. Auf der Ebene der Retina wird schon Bewegung erkannt. Etwa 10%, also etwa 100 000 Ganglienzellen, sind weder Bipolar noch den bekannten P- oder M-Zellen zuzuordnen und bisher nicht ausreichend erforscht. Sicher ist dass eine Art dieser Ganglienzellen für horizontale Bewegung zuständig ist, eine andere Art für die Ausdehnung von Sinnenesindrücken, also die Bewegung auf die Augen zu. Vermutet wird, dass es noch mehr Zellen gibt, die auf

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Cerebrale Verarbeitung Die Welt, wie wir sie wahrnehmen, ist ein Konstrukt unseres Gehirns. Das liegt zum einen an dem indirekten Weg unserer Wahrnehmung von den Sinneszellen, die Übersetzung in Signale und deren Weiterleitung und zuletzt erst die Auswertung mit entsprechender Rekonstruktion. Zum anderen hat es sich evolutionär bewährt, nicht wie ein analytisches Messwerkzeug zu agieren, sondern Aspekte hervorzuheben und im Gegenzug andere zu ignorieren. Geschwindigkeit hat sich hier gegenüber präziser Abbildung durchgesetzt. Außerdem haben wir schon bei den Sinnestäuschungen und der Verarbeitung auf retinaler Ebene festgestellt, dass uns Abweichungen von der Realität den Wahrnehmungsvorgang erleichtern. Grundsätzlich geht es aber immer darum, Gefahren abzuwehren, wozu schnelle Entscheidungen notwendig sind. In unserem Gehirn haben sich dafür evolutionär einige Strategien entwickelt. Diese funktionieren natürlich in der Regel, jedoch nicht immer. Dazu gehören die Prinzipien der Gestaltwahrnehmung. Etwa das der Nähe oder der gestaltgerechten Fortsetzung, der Vertrautheit oder der Einfachheit. Diese Wahrnehmungsprinzipien werden auf der nächsten Doppelseite genauer beschrieben. Hat unser Gehirn ein Objekt erkannt, versucht es, das Objekt möglichst homogen sein zu lassen und möglichst gut vom Hintergrund abzusetzen. Schon wird wieder verstärkt und vereinheitlicht statt auf Detailtreue zu achten.

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Das Forschungszentrum Jülich hat zu vielen dieser Phänomene sehr interessante Grafiken entwickelt. Hier oben: Hat der mittlere Strei-

fen auch einen Verlauf? Hier versucht unser Gehirn durch Kontrastverstärkung die Einzelnen Streifen möglichst gut voneinander zu trennen. Werden oberer und unterer Streifen abgedeckt, ist zu erkennen, dass der mittlere Streifen einen Farbton ohne Verlauf hat. Umgekehrt grenzt unser Gehirn Objekte auch durch Scheinkonturen ab. In der Grafik scheint ein Kreis über den Linien zu schweben. Er hat eindeutig Konturen. Diese existieren jedoch eigentlich nicht. Das Gehirn projiziert diese, um das Objekt besser vom Hintergrund abzuheben.

Um Bewegung festzustellen gibt es jede Menge Mechanismen. Schon auf der Retina gibt es Zellen, die Bewegung detektieren. Je nach dem welche Zellen reagieren, wird hier unterschieden, ob sich das gesamte Bild oder nur Objekte im Bild bewegen. Zusätzlich meldet das Gehirn auch an die visuellen Zentren, wenn es den Befehl zur Bewegung, z.B. Drehung des Kopfes, gegeben hat. Von diesem Impuls wird nun eine Kopie, die Efferenzkopie, an eine vergleichende Stelle im Hirn gesendet. Diese errechnet, ob die Bewegung des Bildes auf der Retina mit der ausgelösten Bewegung in Deckung gebracht werden kann oder

sich auch im Bild selbst noch etwas bewegt. Auch wenn wir etwas greifen möchten, etwa eine Kaffeetasse, ist das Gehirn daran beteiligt. Um uns in unserer Umwelt zurecht zu finden, muss neben der zweidimensionalen Abbildung des reflektierten Lichtes auch die dritte, die räumliche Komponente ermittelt werden. Dazu werden einige Parameter ausgewertet, die auch in der Malerei angewandt werden um Tiefeneindruck zu erzeugen. Schattenbildung und -verlauf, Unterschiede in Kontrast und Helligkeit (Verblauung) sowie die Perspektive geben erste Hinweise auf die realen Abstände von Objekten. Entscheidender für räumliches Sehen ist die Querdisparität. Dies wird durch Stereopsie hervorgerufen. Wie zuvor schon beschrieben, haben unsere Augen einen Abstand von etwa 6 cm. Daraus resultiert, dass die auf die Retina projizierten Bilder im linken und im rechten Auge sich nicht ganz gleichen. Diese nicht korrespondierenden Netzhautpunkte werden auch disparate Punkte und der Abstand zwischen ihnen die Querdisparität genannt. Einzig Objekte, die auf dem Horopter, einer gekrümmten Linie in unserem Sichtfeld, liegen werden identisch abgebildet. Über die Querdisparität kann unser Hirn die dritte Dimension in der Wahrnehmung rekonstruieren. Im Umkreis von 10m ist dieser Effekt am größten, bei weiter entfernten Objekten ist die Querdisparität zu gering. Abbild aus Biologie der Sinne, Seite 296, Kapitel 12


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Dass das Hirn konstruktiv unsere visuelle Wahrnehmung beeinflusst, lässt sich beim Necker-Würfel gut beobachten. Sehen wir von links unten oder von rechts oben auf diesen Würfel? Wie der Würfel zuerst erkannt wird, hängt von persönlichen Sehgewohnheiten sowie dem Erfahrungsschatz ab. Da hier zweideutige Reize von der Zeichnung ausgehen, kann es zu spontanen Wahrnehmungsänderungen kommen. Dieser Vorgang wird bistabile Wahrnehmung genannt.

unterschiedliche Regionen im Gehirn aktiviert. Biambige Reize, also Reize die zu einer bistabilen Wahrnehmung führen, gibt es auch im Alltag. Diese werden jedoch durch ihre Umgebung, ihren Kontext oder zusätzliche Reize aufgehoben. Wie die Verarbeitung im Hirn genau funktioniert, ist bislang noch nicht geklärt. Mittels bildgebender Verfahren (z.B. fMRT) während des visuellen Wahrnehmungsprozesses konnte belegt werden, dass etwa 60% der Großhirnrinde aktiv sind. Klar ist, dass viele Areale wohl bestimmte Fähigkeiten besitzen, etwa speziell zur Wahrnehmung von Gesichtern (fusiform face area) oder auf Orte spezialisiert sind. „Großmutterzellen“, die einzig zum Erkennen etwa eines bestimmten Gesichtes zuständig sind, gibt es jedoch nicht. Durch Verbindungen unter den einzelnen Feldern wird die Wahrnehmung erzeugt. Neben den rein visuellen Cortex-Arealen ist unter anderem auch der motorische Cortex an der Verarbeitung beteiligt. Hier werden Augen- und Kopfbewegung entsprechend der erkannten Objekte oder erkannten Bewegung

gesteuert. Über die Hörrinde wird der Gleichgewichtssinn mit verrechnet, da dieser wichtig für die Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdbewegung ist. Im Januar 2016 wurde eine Studie veröffentlicht, welche eine Beteiligung des Zwischenhirns an der Bewegungswahrnehmung belegt. Im Mausmodell wurde dabei festgestellt, dass das Zwischenhirn, genauer das Pulvinar im Zwischenhirn nicht nur Transferregion ist sondern auch nicht-optische Informationen bei Bewegung generiert. (http:// www.nature.com/neuro/journal/vaop/ncurrent/ full/nn.4197.html) „Wahrnehmung“ entsteht also aus komplexer Verschaltung vieler Areale und deren Aus- und Bewertung. „Wahrnehmung kann demzufolge als das Ergebnis einer Interaktion sensorischer Stimulation mit den strukturellen und funktionellen Eigenschaften des Gehirns verstanden werden.“ Habilitationsschrift Dr. med. Philipp Sterzer Bild: http://user.medunigraz.at/helmut.hinghofer-szalkay/parietal_lobe.jpg

Den selben Effekt kann man bei dem Bild mit den zwei Gesichtern und/oder der Vase beobachten (siehe nächste Seite). Auch Josef Albers hat sich in seinen grafischen Arbeiten mit instabilen Formen beschäftigt, deren Wandlung der Wahrnehmung eine Art virtuelle Dynamik erzeugt und deren Bildinhalt somit nicht fassbar gemacht werden kann. Der Betrachter wird hier für den Unterschied von Realem und Wahrgenommenem sensibilisiert, Sehen an sich wird relativiert (Freudiger, 2010). Ein ähnlicher Effekt wird erzielt, wenn den beiden Augen unterschiedliche Bilder zur gleichen Zeit gezeigt werden. Hier werden dann nicht beide Bilder zur gleichen Zeit verschwommen wahrgenommen sondern es kommt zur bistabilen Wahrnehmung der beiden Bilder im Wechsel. Ein binokulärer Wettstreit findet statt, entsprechend werden auch

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Jan Imberi, Untitled, limestone on pinebark, dimensions variable, 2008 Die im Schwarzwald entstandenen Arbeiten von Jan Imberi verweisen durch das mehr oder weniger sichtbare Motiv der Landschaft grundsätzlich auf die Konstruktion von Sehen. Tatsächlich entstehen hier Räume in Räumen, die nicht nur überlieferte Wahrnehmungsmuster subtil in Frage stellen, sondern neue Möglichkeiten des Sehens fordern. Dabei kann es aber nicht mehr nur um den Umgang mit dem Wald als natürlichen Raum gehen. Denn es setzt ein Abstraktionsprozess ein, der nunmehr prinzipielle Fragen der Rezeption von dem, was wir Bild nennen, einleitet: Assoziation, Erinnerung, Mythen oder auch Modelle, die vor dem inneren Auge auftauchen. ... Tannen werden zu unmittelbaren Bildträgern, wenn Imberi Teile einzelner Baumstämme mit Kalk bemalt, um sie verfremdet zu fotografieren. Die Dokumentation dieser “unnatürlichen” Markierung lässt auf der Fotografie ein ganz besonderes Bild sichtbar werden: Je nach Kamera- bzw. Betrachtungs-punkt erscheint mittels der weissen Farbe ein konkretes Bild. Aber keines, das die markierten Baumstämme abbildet, sondern in dieser Perspektive entwickeln sich die einzelnen weissen Flächen zu einem Raum. So entsteht innerhalb dieses Überführungsprozesses ein von der Fotografie völlig unabhängiges Bild, das eine ganz eigene Raumwahrnehmung ermöglicht. Dr. Julia Galandi-Pascuale http://janimberi.com/doku/white.html

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Wahrnehmungsprinzipien des Seit langem beschäftigt sich der Mensch mit seinen Sinnen und deren Verarbeitung. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand die Gestaltpsychologie als neue Richtung der Psychologie. Sie beschäftigt sich mit visuellen Sinneseindrücken und deren Prinzipien oder Gesetzmäßigkeiten, die sich nicht über anatomische Gegebenheiten erklären lassen. Ursprünglich wurden 6 Gestaltgesetze durch Wertheimer festgehalten. Inzwischen wurde eine Reihe an Regeln und Prinzipien unserer visuellen Wahrnehmung definiert, aufgeteilt in Grundlagen, Wahrnehmung von Form, Kontrast, und Tiefe. Mitschrift einer Vorlesungsreihe im Modul Darstellen und visuelle Kommunikation, 1. Semester Innenarchitektur, HS Coburg, bei Prof. Michael Heinrich. Nach Aristoteles, Arnheim, Ditzinger, von Ehrenfels, Heinrich, Koffka, Köhler, Metzger, Seyler, Wertheimer, Weber u.a. Übergreifende Grundlagen 1. Prinzip: Übersummativität Der visuelle Wahrnehmungsprozeß gliedert die Eindrucksfülle in Einheiten („Gestalten“). Er beginnt bei Gesamtgestalten und setzt sich in der Definition immer detaillierterer Teilstrukturen (Teilgestalten) fort. Diese Gestalten sind, nahezu unabhängig von ihren Einzeleigenschaften wie Größe oder Verzerrung oder Materialität, transponierbar. 2. Prinzip: Kontext-Konstanz Die visuelle Wahrnehmung erschließt bei Mehrdeutigkeit einzelner Sinneseindrücke die Bedeutung aus dem Kontext. Auch starke Veränderungen visueller Einzeleindrücke können demselben Objekt zugeordnet werden, wenn sich das gesamte Bezugssystem entsprechend verändert.

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3. Prinzip: Figur und Grund Wahrgenommene Gestalten werden zum

Vordergrund, zur „Figur“, und bilden das Zentrum differenzierter Aufmerksamkeit. Die übrigen Sinneseindrücke, die als unwichtig gedeutet werden, treten in den Hintergrund und bilden den „Grund“. Damit scheint tendenziell eine grundsätzliche räumliche Deutungspräferenz gegeben.

Bistabile Darstellung zur Veranschaulichung von Figur und Grund: die Figur steht vor dem Grund und wird schneller wahrgenommen. Nach www.e-teaching.org

4. Prinzip: Bedürfnisorientierung Aus den unterschiedlichen Sinneseindrücken einer Situation, die gleichzeitig auf die Wahrnehmung einströmen, filtert das Gehirn diejenigen Eindrücke heraus, die zu diesem Zeitpunkt der subjektiven Bedürfnislage am meisten entgegenkommen. 5. Prinzip: Analogie/Erfahrung Vorwissen, Konvention und subjektive Erfahrung lassen die Wahrnehmung auch dort assoziativ Gestalten bilden, wo nur minimale Spuren des Bekannten vorhanden sind. Innerhalb eines bekannten Kontextes deutet die Wahrnehmung mehrdeutige Reize passend zur jeweiligen Erwartung. Analogie läßt den Eindruck dynamischer Kräftespiele oder biomorpher Prozesse entstehen oder instinktive Erwartungen oder Befindlichkeiten aufkommen. Biomorphismus (die Tendenz, Gestalten nach dem Muster lebender Organismen zu bilden) und, spezieller, Anthropomorphismus (die Tendenz, Gestalten nach dem Muster menschlicher Ausdrucks- und Formqualitäten zu bilden) basieren z.B. teilweise auf dem Prinzip der Erfahrung, teilweise aber auch auf dem folgenden Prinzip des Instinktes. Bei

anthropomorpher und biomorpher Analogiebildung spielt unbewußte Empathie (mitfühlendes Hineinversetzen) eine große Rolle. Der Aufforderungsaspekt, mit dem Objekte uns ihre Anwendbarkeit bzw. Benutzbarkeit suggerieren, beruht zwar oft auf dem Prinzip der Komplementarität (vgl. unten), kann aber auch zu einem guten Teil auf Analogien zurückgeführt werden. 6. Prinzip: Instinkt Die Bedeutungsbelegung von Sinneseindrücken und die Reaktion auf diese Deutung erfolgt nicht nur durch Analogie, sondern teilweise auch instinktiv. Das Kindchenschema, sexuelle Schlüsselreize, die Deutung von Mimik und Bewegung, Reaktionen auf Licht und viele Aspekte des Raumes (Höhenangst, Schutzbedürfnis, Fluchtbedürfnis, Sichtkontrolle des Raums, soziales Distanz- und Annäherungsverhalten, Schwerkraftdeutung/Tektonik, Neugier) sind zumindest teilweise instinktiv begründet. 7. Prinzip: Zeitliche Einbettung Die Wahrnehmung deutet räumliche Objekt/ Umfeld-Situationen auch narrativ: Situationen und Objekte werden als Momentaufnahmen von zeitlichen Entwicklungen gedeutet. Von der richtigen Einschätzung der vergangenen Entwicklung und der gegenwärtigen Kräfteverhältnisse einer Situation hängt erfolgreiches Reagieren in der Zukunft ab. Verformungen stereometrischer Körper suggerieren z.B. erfolgte Krafteinwirkungen oder zu erwartende Bewegungen. 8. Prinzip: Optimale Beanspruchung Die Wahrnehmung ist ein höchst aktiver und ganzheitlicher Prozeß, dessen Hauptanteil unbewußt verläuft. Wie jede menschliche Aktivität braucht dieser Prozeß ein stetes Beanspruchungsniveau, um leistungsfähig zu bleiben. Die Grenzen zwischen Unterforderung, optimaler Beanspruchung und Überforderung variieren je nach Situation und individueller Belastungstoleranz. Das spielerische Üben


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Sehens und die forschende Bewußtwerdung eigentlich unbewußter Fähigkeiten der Wahrnehmung werden als Vergnügen erlebt (Ornament- und Musterausbildung, Mehrdeutigkeit, räumliche Illusion, optische Täuschung etc.). Zur optimalen Beanspruchung gehört auch, bezogen auf den Kontext und die situative Verarbeitungsleistung des Wahrnehmenden, ein Wechsel von Reizqualität, Reizdauer und Reizintensität. Prinzipien zur Gruppierung und Formbildung 1. Prinzip: Prägnanz/Einfachheit Die Wahrnehmung schließt bei der Bildung übersummativer Gestalten Strukturen zu möglichst einfachen Figuren zusammen. Je einfacher eine Form geometrisch definiert ist, desto größer ihr optischer Isolierungsdrang. Jede Verformung einer geometrischen Figur suggeriert objekt- oder umrauminhärente Kräfte und dynamisiert die Figur.

3. Prinzip: Proportion Beim Maßverhältnis von Teilen einer Strecke, einer Fläche oder eines Objekts zueinander und beim Verhältnis der Teile zum Ganzen scheint es naturimmanente Gesetzmäßigkeiten zu geben, die sich u.a. in Mathematik, Musik/Schwingungsverhältnissen und Geometrie widerspiegeln. Entsprechend diesen Gesetzen scheint es angeborene menschliche Wahrnehmungspräferenzen zu geben. Die längste und am meisten verbreitete Tradition der Proportionslehre ist der Goldene Schnitt. 4. Prinzip: Nähe Bei gleichartigen Objekten im Sehfeld, die unregelmäßig verteilt sind, werden die näher zusammenliegenden davon leichter zu Figuren zusammengefasst als die weiter auseinanderliegenden.

5. Prinzip: Geschlossenheit Die Wahrnehmung vereinigt geschlossene Linienzüge leichter zu einer Gestalt als solche, die keine Fläche umschließen. Um geschlossene Gestalten zu bilden, ergänzt unsere Wahrnehmung im Zweifel fehlende Teile. 2. Prinzip: Rhythmus Die rhythmische Anordnung ähnlicher oder gleicher Elemente erzeugt (gemäß der guten Fortsetzung) einen virtuellen Linienverlauf oder ein Raster. Die Wahrnehmung von räumlicher und zeitlicher Rhythmik als natürlichem Ordnungsprinzip, aber auch als Kennzeichen planvollen menschlichen Gestaltens ist sehr fein ausgeprägt und überträgt sich leicht synästhetisch auf die gesamte sinnliche Wahrnehmung: Visuelle Rhythmen haben z.B. schon durch den Prozeß des Ablesens eine zeitliche Komponente und können so durch Analogie leicht mit körperlichen Bewegungsrhythmen korreliert werden.

7. Prinzip: Ähnlichkeit Einzelne Elemente einer Gruppe werden bevorzugt als zusammengehörig wahrgenommen, wenn sie einander ähnlich sind. Diese Ähnlichkeit kann sich auf Größe, Orientierung, Form, Farbe oder Helligkeit beziehen.

8. Prinzip: Komplementarität/Passung Stellt ein Objekt oder eine Objektkonstellation auf formaler oder funktionaler Ebene eine komplementäre Passung zu einem anderen Objekt her, werden beide Objekte als zusammengehörig wahrgenommen. Dies gilt auch für eine komplementäre Passung zum wahrnehmenden Subjekt. 9. Prinzip: Gemeinsames Schicksal Elemente, die sich gemeinsam in die gleiche Richtung bewegen, werden als zusammengehörig erfahren und als Figur wahrgenommen. 10. Prinzip: Symmetrie Wenn im Sehfeld symmetrische und asymmetrische Gebilde miteinander abwechseln, nehmen die symmetrischen besonders leicht Figur-Eigenschaft an. Die Wahrnehmung liest Symmetrie meist von den Achsen ausgehend zum Rand hin ab. 11. Prinzip: Gemeinsame Region Elemente in abgegrenzten Gebieten werden als zusammengehörig empfunden.

6. Prinzip: Gute Fortsetzung Linien mit einem durchgehend geraden oder möglichst wenig gekrümmten Verlauf gruppieren sich am besten zu einer Einheit. Die Wahrnehmung ergänzt Linien oder Rhythmen mit möglichst wenig Richtungsänderungen. Sie verlängert Richtungen über ihren konkreten Verlauf hinaus.

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12. Prinzip: Verbundene Elemente Verbundene Elemente werden als ein Objekt

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wahrgenommen. Gesetze zur Kontrastwahrnehmung 1. Prinzip: Relative Helligkeit Die Helligkeit einer Form ist stets relativ, wird also ausschließlich in Relation zur Umgebungshelligkeit wahrgenommen und entsprechend umgedeutet. Siehe auch Simultankontrast. 2. Prinzip: Kontrastverstärkung Die Helligkeitsunterschiede benachbarter Flächen werden in der Wahrnehmung – von den Kanten ausgehend! – überzeichnet. Diese empfundene Verstärkung des Kontrasts wirkt sich auf beide beteiligten Flächen aus: Helles wird noch heller, Dunkles noch dunkler wahrgenommen. Siehe Mach`sche Bänder.. 3. Prinzip: Vordergrundhelligkeit Formen, deren Umfeld eine größere Nähe der Form zum Betrachter suggeriert, erscheinen heller als ebenso helle Formen, die im Hintergrund stehend gedeutet werden.

2. Prinzip: Verzerrungs-Perspektive Je stärker Formen in Relation zu gleichen oder ähnlichen Formen in einer Richtung gestaucht sind, desto steiler scheint sich ihre Ausdehnung in die Tiefe zu erstrecken (in Verbindung mit der Größenperspektive enstehen so die Fluchtpunkt-Perspektiven). 3. Prinzip: Körper-Perspektive Je flacher, unplastischer sich eine Form im Vergleich zu gleichen bzw. ähnlichen, aber körperhafter erscheinenden Formen darstellt, desto weiter entfernt erscheint sie der Wahrnehmung. Siehe auch Querdisparität.

9. Prinzip: Stereo-Perspektive Je mehr die horizontale Position von Formen (im Verhältnis zum Sehfeld-/Bildrand oder zum Vordergrund) zwischen linkem und rechtem Blickfeld variiert, desto weiter entfernt erscheinen sie in der stereoskopischen Wahrnehmung.

Gesetze zur Tiefenwahrnehmung

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8. Prinzip: Überschneidungs-Perspektive Wenn eine Form von anderen Formen angeschnitten wird, scheint sie von ihnen überdeckt zu werden. Je zahlreicher die Überschneidungen innerhalb des Sehfeldes sind, desto tiefer erscheint der reale oder abgebildete Raum der Wahrnehmung.

4. Prinzip: Strukturen- und Schärfe-Perspektive Je diffuser und schwächer die Einzel- und Binnenstrukturen und/oder die Konturen von Formen ausgeprägt sind, desto weiter entfernt erscheint die Form der Wahrnehmung.

4. Prinzip: Helligkeits-Größenvarianz / Irradiation Helle Formen mit dunkler Umgebung erscheinen größer als ebenso große dunkle Formen mit heller Umgebung.

1. Prinzip: Größen-Perspektive Je kleiner sich eine Form im Vergleich zu gleichen bzw. ähnlichen, aber größeren Formen darstellt, desto weiter entfernt erscheint sie der Wahrnehmung.

scheint sie der Wahrnehmung. 7. Prinzip: Bewegungs-Perspektive Je langsamer eine Form sich in Relation zu gleichen oder ähnlichen Formen durchs Sehfeld bewegt, desto weiter entfernt erscheint sie der Wahrnehmung.

5. Prinzip: Kontrast-Perspektive Je schwächer die Hell-Dunkel-Kontraste zwischen einzelnen Formen oder innerhalb einer Form ausgeprägt sind, desto weiter entfernt erscheinen die Formen der Wahrnehmung. 6. Prinzip: Farb-/Luft-Perspektive Je größer der Blauanteil einer Form oder einer Partie des Sehfeldes ist, desto weiter entfernt er-

10. Prinzip: Größen-Konstanz Unsere Wahrnehmung versucht stets, durch perspektivische Verkürzung und Verkleinerung verzerrte Strecken in unverzerrte, reale Distanzen umzurechnen. Dieselbe Strecke innerhalb des Sehfeldes kann also in unterschiedlichem perspektivischem Umfeld als unterschiedlich groß wahrgenommen werden. 11. Prinzip: Schatten-Perspektive Aus dem Schattenwurf von Objekten zieht die visuelle Wahrnehmung Rückschlüsse auf deren Plastizität: Je größer der Schatten, desto plastischer das Objekt. Die Lichtquelle wird dabei, der Alltagserfahrung entsprechend, intu-


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visuelle Illusionen itiv oben angenommen. Zum Abschluss dieses Kapitels und zur Vertiefung der beschriebenen Funktionen ein paar Spielereien. Zahlreiche weitere Beispiele von optischen Täuschungen finden sich im Internet.

mehr verarbeitet werden. Das Auge braucht einige Sekunden, um sich wieder zu regenerieren. Genau in dieser Regenerationszeit entstehen die Nachbilder-Illusionen. www.sehtestbilder.de

und lassen deshalb die Rechtecke keilförmig erscheinen. https://de.wikipedia.org/wiki/Optische_Täuschung Münsterberg-Täuschung / Café Wall Illusion

Phantombild-Effekt Dem Goldfisch bitte 30 Sekunden (oder etwas länger) tief in das Auge blicken. Dann auf den Punkt im leeren Goldfischglas schauen...

Geometrische Täuschung Die Linien in den beiden Grafiken erscheinen krumm und gebogen.

Relativität von Größe Der hintere Kegel ist eindeutig der Größte, der linke blaue Kreis ist kleiner als der rechte. Suggeriert uns unsere Wahrnehmung.

www.sehtestbilder.de

Alle Farben erscheinen invertiert, also in den Komplementärfarben. Ursache dafür ist eine Ermüdungserscheinung des Auges - genauer gesagt einiger Sinnesrezeptoren. Wenn die Netzhaut (Retina) über einen Zeitraum von ca. 20 Sekunden oder länger einem bestimmten, unveränderten visuellen Reiz ausgesetzt ist, also man immer auf das gleiche Bild starrt, dann ist die Reaktionsfähigkeit der Netzhaut bzw. dieser Sinneszellen (chemisch) verbraucht. Neue Reize können dann nicht

Sind die Reihen schwarzer und weißer Felder durch schmale graue Linien getrennt, dann nimmt man diese zwischen schwarzen Feldern als deutlich heller wahr und zwischen hellen Feldern dunkler. Die Wahrnehmung verbindet nun die hell erscheinenden Linienabschnitte mit den Ecken der hellen Felder und entsprechend die dunkel erscheinenden Liniensegmente mit den Ecken der dunklen Felder. Diese subjektiven Konturen werden als zur Horizontalen geneigt wahrgenommen

Bei der Ebbinghaus-Illusion (unten) relativiert das Gehirn Größenverhältnisse. Verglichen mit den hellen blauen Kugeln ist der dunkle Kreis links natürlich klein, der Kreis rechts umgekehrt groß. Eigentlich sind die beiden dunkelblauen Kreise aber exakt gleich groß. Oben wird das Gehirn von den Fluchtlinien verwirrt. Es hat gelernt: was perspektivisch weiter weg ist, aber gleich groß, ist größer, sonst würde es ja kleiner abgebildet werden.

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Tree, Line ‘This is an ongoing series of constructed photographs rooted in the forest. These works, carried out in Surrey, Hampshire and Wales,involve site specific interventions in the landscape, ‘wrapping’ trees with white material to construct a visual relationship between tree, not-tree and the line of horizon according to the camera’s viewpoint.’ http://www.zanderolsen.com/Tree_Line.html In Zander Olsens Projekt ‘Tree-Line’ wird Fotografie, Natur und Skulptur auf interessante Weise verbunden. Geschickt packt Olsen Baumstämme so ein, dass die Barriere zwischen Vorder- und Hintergrund sich aufzulösen scheint. Es entsteht eine neue Beziehung zwischen Baum, dessen Umgebung und dem Horizont aus Kamerasicht. Seit 2004 arbeitet Zander an dem Projekt und wickelt im Rahmen seiner Landart auch weiterhin Bäume in weißes Plastik ein. http://www.ignant.de/2012/01/12/zander-olsen/?lang=de rechts: Zander Olsen, Cadair, Oak, 2010

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oben links: Zander Olsen, Jhutti, 2004

oben rechts: Zander Olsen, Untitled (Cader), 2010


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Wahrnehmung von Farbe und Farbsehen dient der Objekterkennung. Zudem sind vielfältigere Kontraste wahrnehmbar als bei der reinen Hell-Dunkel-Wahrnehmung. Davon abgesehen wirkt Farbe auf den Menschen. Daran forscht die Farbpsychologie, die Chromotherapie versucht mit der Kraft der Farben zu heilen. Der Sinneseindruck von Farbe entsteht durch die unterschiedlichen Wellenlängen von Licht. Wird nur ein bestimmter Wellenlängenbereich von einer Lichtquelle ausgesendet, spricht man von „Lichtfarbe“. Trifft Licht auf Gegenstände, die für unsere Augen farbig erscheinen, wird nur ein Teil des Lichtspektrums reflektiert. Die Oberfläche eines blauen Pigments absorbiert bestimmte Anteile des Lichts. Ein Teil des Lichts wird remittiert und in unserem System Auge-Gehirn entsteht der Farbeindruck Blau. Diese Oberflächen- oder Objektfarben stehen in ständiger Abhängigkeit zum Licht. Nur wenn die Zapfen richtig arbeiten und verschaltet sind, nehmen wir die Farben „richtig“ wahr. Andernfalls spricht man von „Farbenblindheit“. Etwa 200 Farben kann der gesunde Mensch so unterscheiden. Farben in der Natur entstehen also durch die Brechung des Lichts. An kleinsten Teilchen (Himmel / Atmosphäre, klares Wasser) brechen sich eher die kurzen Wellen, also Blau. Je dichter die Materie bzw. größer die Teilchen, umso schlechter gelangen die kurzen Wellen aufgrund der starken Brechung hindurch. Dann werden die längeren, roten Wellen sichtbar (Abendhimmel, Sonnenuntergang) und die blauen sind auf dem Weg, den das rote Licht zurückgelegt hat, zerstreut worden. Im Gehirn sind über 30 Zonen für die Verarbeitung der Sinneseindrücke über das Auge zugeordnet. Bis zu 40% des Hirns sind an der visuellen Wahrnehmung beteiligt.

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Farbwahrnehmung und Gesichtsfeld von Tieren unterscheiden sich vom Menschen sehr stark. Zum Beispiel sind Bienen farbenblind, können jedoch Infrarot sehen. Fische sehen

Wellenlängen im blauen Bereich sehr viel besser als wir Menschen und können auch noch ultraviolette Wellen wahrnehmen. Tiere können also auch viel kürzere Wellen (ultraviolett) und viel längere Wellen (Infrarot) als der Mensch „sehen“ und Wahrnehmen. (die Welt der Farben – wie wir Farbe sehen; arte entdeckung; Arte 2012) Die theoretische, wissenschaftliche Grundlage für Farbe, die unterschiedlichen Wellenlängen des Lichts, werden also vom Gehirn ganz unterschiedlich verarbeitet und entsprechend wahrgenommen bzw. bewertet. Kurze, blaue Wellen scharf auf der Netzhaut abzubilden, ist nur schwer möglich, da es etwa 16 mal stärker gebrochen wird als die langwelligen sichtbaren Spektralbereiche. (Beetz, 2015) Besonders gut zu sehen ist das bei blauer Leuchtschrift. Die Entstehung von Farbe, ausgehend von Licht in einem bestimmten Spektralbereich (Emission) oder durch bestimmte Oberflächeneigenschaften (Remission) wird Farbreiz genannt. Hier geht es um die spektrale Zusammensetzung des Lichts, das auf die Retina trifft. In der Physiologie wird die spezifische Reaktion von Zapfen auf der Retina Farbvalenz genannt. Die Farbwahrnehmung, die durch die Verarbeitung und Bewertung der Zapfen-Reaktion entsteht, wird Farbempfinden genannt. Ein Spezialfall der Farbwahrnehmung ist die Metamerie. Hier erzeugen zwei Farbflächen die selbe Farbvalenz obwohl sie unterschiedliche Reflexionskurven haben. Besonders häufig sind solche metameren oder bedingt gleichen Farbeindrücke unter bestimmter Beleuchtung. Im Tageslicht oder unter einem Leuchtmittel mit anderer spektraler Verteilung stellt sich diese Beleuchtungsmetamerie nicht ein, die Farbproben sind dort eindeutig unterschiedlich. Flip-Flop-Lackierungen von Fahrzeugen basieren auf dem Effekt der geometrischen Metamerie. Das Fahrzeug wird mit einem einheit-

lichen Lack versehen. Durch die Krümmung der einzelnen Oberflächen entsteht durch die Zusammensetzung der Farbe ein abweichender Farbeindruck. Das Pendant der Farbwahrnehmung ist die Farbkonstanz. Hierbei werden Objekte unabhängig von Beleuchtungsänderungen durch Tageszeit, Jahreszeit, Bewölkung oder direktes Sonnenlicht mit einer konstanten Farbe wahrgenommen. Obwohl sich die spektrale Zusammensetzung des Lichtes ändert, erscheint der Gegenstand uns in der selben Farbe. Hier kann man erkennen, dass Farbwahrnehmung auf corticaler Verarbeitung und nicht rein auf Wellenlängen beruht. Sehr interessant hierzu ist das „Dressgate“, das 2015 ein intensiv diskutiertes Thema im Internet war. Die Erklärung ist letztendlich relativ simpel: unsere Wahrnehmung bewertet aufgrund der Beleuchtungssituation. Ist diese, wie auf dem diskutierten Bild, nicht eindeutig zu erkennen, trifft es aufgrund der verfügbaren Informationen eine Annahme. Je nach dem, ob von Schatten oder starker Beleuchtung ausgegangen wird, entsteht der Farbeindruck GoldWeiß oder Blau-Schwarz. Das Kleid im Original ist übrigens Blau-Schwarz. Farbeindrücke wie hell, dunkel oder bunt sind dabei genereller Natur, also objektiv. Farbempfindungen haben mit kultureller Prägung und Erfahrung zu tun und sind entsprechend subjektiv. Durch die Anmutung der Farbe und dem Farbeindruck gemeinsam mit der Farbempfindung, entsteht dann eine unreflektierte und spontane Gefühlsreaktion. In einem weiteren Schritt wird die Farbanmutung mit Erfahrungen assoziiert. Bestimmte Farbkombinationen erinnern dann an den letzten Urlaub am Mittelmeer oder werden mit dem Wohnzimmer der Großeltern in Verbindung gebracht. Es wird also zwischen Assoziation der Farben (gelb = Zitrone, Sonne; rot = Feuer, Blut, Liebe) und Farbanmutung und entsprechenden Gefühlen (rot = gefährlich; gelb = fröhlich) unterschieden.


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Farbwirkung Nicht nur die Farben haben Einfluss auf die Psyche, auch umgedreht hat die Stimmung Einfluss auf die Farbwahrnehmung. Anfang September 2015 ist in der Zeitung DIE WELT ein Artikel mit dem Titel „Stimmung lässt Menschen Farben anders wahrnehmen“ erschienen. Beschrieben wird hier anhand der Dissertation von Christopher Thorstenson an der University of Rochester, dass traurige Stimmung die Farbwahrnehmung signifikant schwächt. Besonders betroffen ist dabei die Wahrnehmung von Gelb und Blau. Dass Depression die Fähigkeit zur Kontrastwahrnehmung verringert, war schon vorher bekannt, heisst es in dem Artikel. Der Ansatz für weitere Forschungen beinhaltet die Auswirkung des Botenstoffes Dopamin auf die Farbwahrnehmung zu untersuchen. Dopamin ist ein Neurotransmitter und wird auch „Glückshormon“ genannt. http://www.welt.de/gesundheit/psychologie/ article146083967/Stimmung-laesst-MenschenFarben-anders-wahrnehmen.html Es gibt Studien aus den 70er Jahren, die belegen, dass Grün in Patientenzimmern einen positiven Effekt auf den Heilungsprozess hat. Ausserdem sollen Grüntöne die Wahrnehmung von Lärm erträglicher machen. Jeder Farbe werden in der Farbpsychologie bestimmte Wirkungen zugesagt: Rot steht für Feuer und somit auch Licht und Wärme. Als Farbe des Blutes wird Rot mit Opfer und Leben verknüpft. […] Psychologisch werden Menschen mit Vorliebe für rote Farbtöne oft bestimmte Leidenschaften und Eigenarten nachgesagt: Zu den positiven Charaktermerkmalen „roter Menscher“ soll ihre unbedingte Ehrlichkeit und ihre reine Liebe gehören, zu den negativen ihr oft herrisches, aggressives Wesen, ihr cholerisches Temperament und ihr unbändiger Tatendrang. […] In der Medizin wird die appetitanregende Wirkung von Rot genutzt. Rote Farbtöne fördern die Durchblutung und steigern den Stoffwechsel. Psychotherapeuten nutzen die aggressionssteigernden Anregungen der Far-

be, um sexuelle Blockaden aufzulösen. Grün wird der Ruhe und Kraft der Natur zugeordnet. Volkstümlich wird Grün mit Jugend, Großzügigkeit, Zuversicht, Frische und Natur assoziiert, im negativen Sinne mit Unreife, Gleichgültigkeit, Stagnation, Gift (Giftgrün), Neid und Dämonischem. […] Personen mit der Vorzugsfarbe Grün werden als zuverlässig, mitfühlend sozial kompetent eingestuft. Grün steht für Bekämpfung von Geiz, Gefühlskälte, Selbsthass und Unmusikalität, sie soll eine Hinwendung zum Natürlichen, Künstlerischen und Weichen bewirken können. Blau wird mit Weite, Himmel und Meer, aber auch Sportlichkeit und Entspannung assoziiert. […] Psychologisch übt Blau genau die entgegengesetzte Wirkung wie Rot auf den Betrachter aus, nämlich beruhigend und entspannend. Blau gilt als Farbe des Gemüts, als Farbe des Träumens und der Sehnsucht. Sie soll für das Unbewusste, die Sanftheit und Tiefe stehen, aber auch für die Klugheit, die Genauigkeit, die Pünktlichkeit, die Leistung, den Mut, die Wahrheit und die Treue. Negative Assoziationen, die mit dieser Farbe verknüpft sind, sind Kälte, Lüge, Trunksucht. […] (Welsch, Liebmann (2013) Farben, Kapitel 1, Farbpsychologie und Symbolik) Wie schon angedeutet ist die Wirkung je nach Person individuell. Auch Farb- und Helligkeitswert haben Einfluss auf die Wirkung. Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Annahme, mit Farbe oder farbigem Licht die Körperfunktionen zu beeinflussen. Als alternative Heilmethode entstand die Farbtherapie, auch Chromotherapie genannt. In einige Punkten, siehe Farbe Rot oder Studien zu Grün, gibt es nachweisliche Wirkungen auf den Organismus. Für den wirksamen Einsatz von Farbe als Heilmittel gibt es jedoch keine Belege.

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Von Chromotherapeuten wurde Grün bei Herz-Rhythmusstörungen, Nierenproblemen, Magengeschwüren und bei Augenkrankheiten verordnet. ((Welsch, Liebmann (2013) Farben, Seite 65) Bisher gibt es keine Studien, welche die Wirksamkeit der Chromotherapie belegen. Es ist jedoch wie mit der Homöopathie: Placeboeffekte unterstützen die Selbstheilungskräfte nachweislich. Somit ist der Chromotherapie als ergänzende Therapieform nichts entgegenzusetzen. Vielleicht lässt sich hier die Wirkung in groß angelegten Studien doch nachweisen. Farbe und ihre Wahrnehmung ist ein spannendes Thema. Wenn man den Menschen und seine visuelle Wahrnehmung betrachtet, muss man unweigerlich auch auf Farben eingehen. Schon weil uns Farben täglich begegnen. Als Firmenidentifikation (Lila, Magenta, GelbBlau, Gelb, ...), als Warn- und Hinweiszeichen, durch unsere Kleidung. Farben werden jedoch individuell wahrgenommen. Je nach Charakter, Prägung, Assoziation aber auch Stimmung präferieren wir unterschiedliche Farben. Auch da die Wahrnehmung, also die Verschaltung unserer Sinneseindrücke im Gehirn, sehr komplex und nach wie vor nicht vollständig geklärt ist, kann auch die Wahrnehmung von Farbe nicht vollständig erklärt werden. Bild vorherige Seite: Monika Fabian, Kürbis, 2012 Bild: selbst, „Grün“, 2011, Versuch, mit einem RetroRing eine Makro-Aufnahme eines Blattes festzuhalten

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Licht

[althochdeutsch: lioht, „das Leuchten“, „Glanz“]


Vom Welle-Teilchendualismus Von Wellen, Photonen, sichtbaren und unsichtbaren Bereichen

Begriffsdefinition Licht

Strahlen und Wellen: das Photon

Licht ist der kleine sichtbare Teil der elektromagnetischen Strahlung. Diese elektromagnetische Strahlung besteht aus schwingenden Energieeinheiten (Quanten) und wird in Wellen von einer Lichtquelle gesendet. Sie braucht eine bestimmte Zeit vom Ort ihrer Entstehung bis zum Auge des Betrachters.

Das Elementarteilchen, aus dem „Licht“ besteht, das Quant also, wird Photon genannt.

Jede Wellenlänge gibt einen Farbeindruck. Das Spektrum des Sonnenlichtes weist einen kontinuierlichen Übergang auf: vom kurzwelligen Violett über Blau, Grün, Orange bis zum langwelligen Rot. Außerhalb dieses Bereichs kann das menschliche Auge keine Strahlung „sehen“; Gamma-, Röntgen-, UV- und Infrarotstrahlen sind nicht sichtbar. (http://www.licht.de/de/trends-wissen/ueber-licht/ was-ist-licht/) Laut Duden kommt der Begriff Licht aus dem mittelhochdeutschen, von lieht, sowie dem althochdeutsch lioht. Die ursprüngliche Wortbedeutung ist dabei Leuchten oder Glanz. Licht beschreibt „etwas, was die Umgebung hell macht, erleuchtet und dadurch Dinge sichtbar macht; Helligkeit; von einer Lichtquelle ausgehender Schein.“ (http://www.duden.de/rechtschreibung/Licht)

Lange gab es konkurrierende Ansichten und Vorstellungen zur Natur des Lichtes. Mitte des 19. Jahrhunderts schien die Theorie der elektromagnetischen Welle als bewiesen (MaxwellGleichungen von James Clerk Maxwell). Einige Indizien sprachen jedoch weiter für die Teilchentheorie. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde durch Max Planck, Albert Einstein und Arthur Holly Compton die Quantisierung des Lichts entdeckt. Sie bekamen für ihre Forschungen den Nobelpreis. Erst 1927 hat Paul Dirac die Wechselwirkung von quantisierter elektromagnetischer Strahlung mit einem Atom analysiert und so den Anstoß für die in den 1940er Jahren entwickelte Quantenelektrodynamik gegeben. Photonen haben eine unendliche Lebensdauer, können aber durch physikalische Prozesse erzeugt oder vernichtet werden. Sie besitzen keine Masse, bewegen sich durch Impulse in Wellen und dann (im Vakuum) maximal mit Lichtgeschwindigkeit, also mit knapp 300.000 km/s. (https://de.wikipedia.org/wiki/Photon; Bahr, Resag, Riebe 2015; Beetz 2015; Willems 2013)


bis zur Beleuchtung

Wellenlängen: sichtbar und unsichtbar

Wellenlängen als Farben

Reflexion, Remission und Absorption

Elektromagnetische Strahlung zwischen etwa 10 nm und 1 mm wird als Licht bezeichnet. Dabei ist nur der Bereich von etwa 380 bis ca. 780 nm für den Menschen sichtbar. Der langwelligere Bereich wird als Infrarotstrahlung bezeichnet. Der kurzwelligere Bereich als UV Licht. Viele Tiere können in diesen Bereichen noch sehen.

Die Erdatmosphäre lässt sichtbare, ultraviolette und infrarote Strahlung durch und ermöglicht damit organisches Leben. [...] Isaac Newton entdeckte, dass weißes Sonnenlicht fünf Farben enthält: Violett, Blau, Grün, Gelb und Rot. Sein Versuch [...]: Richtet man ein enges Lichtbündel auf ein Glasprisma und projiziert die austretenden Strahlen auf eine weiße Fläche, so wird das farbige Lichtspektrum sichtbar. Es entspricht den Farben des Regenbogens. In einem zweiten Versuch richtete Newton die farbigen Strahlen auf ein zweites Prisma, aus dem dann wieder weißes Licht austrat. Das war der Beweis, dass weißes Sonnenlicht die Summe aller Farben des Spektrums ist. Jede Spektralfarbe entspricht dabei einer ganz bestimmten Wellenlänge. Dazwischen sind die Farbeindrücke fließend: von Blauviolett bis Orange.

Licht als Welle und Teilchen ist zunächst unsichtbar. Sichtbar wird es erst, wenn es auf einen Gegenstand trifft: Absorption bezeichnet in der Physik allgemein das Aufnehmen einer Welle, eines einzelnen Teilchens oder eines Teilchenstroms in einen absorbierenden Stoff bzw. Körper. Reflextion bezeichnet in der Physik das Zurückwerfen von Wellen an einer Grenzfläche, an der sich der Wellenwiderstand oder der Brechungsindex des Ausbreitungsmediums ändert. Bei glatten (also gegenüber der Wellenlänge kleinen Rauigkeitsstrukturen) Oberflächen gilt das Reflexionsgesetz, es liegt der Fall der gerichteten Reflexion vor. An rauen Oberflächen werden Wellen oder (je nach Betrachtungsweise) Strahlung diffus gestreut. In diesem Fall gilt näherungsweise das lambertsche Strahlungsgesetz. Remission Trifft Licht auf Gegenstände, die für unsere Augen farbig erscheinen, tritt ein spezielles Phänomen auf. Die Oberfläche eines blauen Pigments absorbiert bestimmte Anteile des Lichts. Ein Teil des Lichts wird remittiert und in unserem System Auge-Gehirn entsteht der Farbeindruck Blau.

Gerade die UV-Wahrnehmung hat unter anderem für Vögel bei der Balz eine Bedeutung. Aber auch für andere Tierarten bei der Futtersuche, da Früchte und Blüten häufig im ultravioletten Bereich erhöht und differenzierter reflektieren als im für uns sichtbaren Bereich. Der Bereich von 780 nm bis 1 mm wird unterteilt in nahes, mittleres und fernes Infrarot. Diesen Spektralbereich kennen wir aus einer Reihe von Anwendungen, unter anderem: IR-Nachtsichtgeräte, Wärmebildkamera-Aufnahmen, Heizlampen, Ohrthermometer und Pulsoxymeter. Aber auch in der Astronomie, der Untersuchung von Kunstwerken oder zur Übertragung von Fernbedienungssignalen werden diese Wellenlängen eingesetzt. Ausserhalb dieser Bereiche wird nicht mehr von Licht, sondern von Strahlung gesprochen. (Bahr, Resag, Riebe 2015; Beetz 2015; Willems 2013; Frings, Müller 2013)

(http://www.licht.de/de/trends-wissen/ueber-licht/ was-ist-licht/lichtspektrum/) Violett 380 - 420 nm Blau 420 - 490 nm Grün 490 - 575 nm Gelb 575 - 585 nm Orange 585 - 650 nm Rot 560 - 780 nm

(Bahr, Resag, Riebe 2015; Beetz 2015; Willems 2013)


Grundbegriffe aus Physik und Licht sind elektromagnetische Wellen und Teilchen (Welle-Teilchen-Dualismus) mit mal mehr Energie und kürzerer Länge (blau) und mal weniger Energie und längerer Welle (rot). Licht selbst ist nur anhand seiner Strahlungsquelle oder durch Reflexion auf Oberflächen sichtbar. Licht ist notwendig zur visuellen Wahrnehmung. Emission steht grundsätzlich für die Aussendung von elektromagnetischen Wellen und Teilchen. Sowohl die Sonne als auch Leuchtmittel emittieren Licht in verschiedenen Spektralbereichen.

Remission Trifft Licht auf Gegenstände, die für unsere Augen farbig erscheinen, tritt ein spezielles Phänomen auf. Die Oberfläche eines blauen Pigments absorbiert bestimmte Anteile des Lichts. Ein Teil des Lichts wird remittiert und in unserem System Auge-Gehirn entsteht ein Farbeindruck. Remission entspricht diffuser Reflexion.

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Absorption beschreibt das Schlucken von Teilchen oder Wellen durch einen Stoff bzw. Körper. Der aufgenommene Teil der elektromagnetischen Strahlung wird nicht mehr reflektiert bzw. re-

mittiert. Reflexion bezeichnet in der Physik das Zurückwerfen von Wellen an einer Grenzfläche, an der sich der Wellenwiderstand oder der Brechungsindex des Ausbreitungsmediums ändert. Je nach Art der Oberfläche auf welche die Strahlung trifft wird diffus gestreut, gerichtet reflektiert oder es kommt zur Totalreflexion. Transmission ist in der Physik eine Größe für die Durchlässigkeit eines Mediums für Wellen wie zum

Beispiel Schallwellen oder elektromagnetische Wellen (Licht usw.). Brechung oder auch Refraktion bezeichnet die Änderung der Ausbreitungsrichtung einer Welle aufgrund einer räumlichen Änderung ihrer Ausbreitungsgeschwindigkeit, die speziell für Lichtwellen durch den Brechungsindex n eines Mediums beschrieben wird. Sie bestimmt die Funktion von Prismen und Linsen. Streuung Das Phänomen einer Streuung des Lichts in alle möglichen Richtungen kann in der Erdat-

mosphäre beobachtet werden: Der Tageshimmel erscheint nicht schwarz (sondern hell oder blau), da das Sonnenlicht an den Luftmolekülen und den Staubteilchen diffus gestreut wird. Die Wahrscheinlichkeit der Streuung von Lichtwellen nimmt mit abnehmender Wellenlänge zu. Dies bedeutet, dass der blaue Anteil des Sonnenlichts wesentlich stärker von der Luft gestreut wird als der rote oder der gelbe Bereich. Aus diesem Grund erscheint der Tageshimmel auf der Erde blau. Bei Planeten ohne Atmosphäre ist er dagegen schwarz. Interferenz beschreibt die Änderung der Amplitude bei der Überlagerung von zwei oder mehr Wellen nach dem Superpositionsprinzip – also die vorzeichenrichtige Addition ihrer Auslenkungen (nicht der Intensitäten) während ihrer Durchdringung. Interferenz tritt bei allen Arten von Wellen auf, also bei Schall-, Licht-, Materiewellen. Z.B. auf Seifenblasenoberflächen, gebrochenen Glaskanten, Ölfilm... Zusammengefasst: Farbeindruck entsteht, wenn Licht mit passender Längenwelle von einer Oberfläche oder einem Material remittiert wird. Es gibt ein Emissionsspektrum, das direkt von der Lichtquelle kommt und ein Absorptionsspektrum, welches wiedergibt, was von einer Oberfläche reflektiert wird. Für jeden dieser Begriffe gibt es Formeln, welche die jeweiligen Effekte je nach Stoff und Spektralfrequenz rechnerisch ermittelbar machen. Diese lassen sich in den einschlägigen Werken zu Physik, Optik und Licht nachschlagen. Bild: http://www.naturphilosophie.co.uk/wp-content/ uploads/2013/09/Dispersive_Prism.jpg

Raumwinkel und Steradiant sind Grundlage für die Berechnung von lichttechnischen Größen. Der Steradiant ist dabei die SI-Einheit. Der Raumwinkel ergibt sich aus dem Quotienten der Fläche auf der Kugeloberfläche und dem Quadrat des Radius. Raumwinkel und Fläche sind vergleichbar mit


Lichttechnik Winkel und Bogenminute, nur räumlich. Lichtstrom lm = cd · sr Formelzeichen: phi benennt die vollständige, von einer Lichtquelle in alle Richtungen ausgehende, Lichtleistung. Der Lichtstrom wird nach der Helligkeitsempfindlichkeit des Auges bewertet, UV- und IR-Strahlung werden hier nicht berücksichtigt.

Lichtstärke cd = lm:sr Formelzeichen: I benennt den in eine definierte Richtung abgesandten Lichtstrom. Grafisch im Raum dargestellt ergeben sich so Lichtverteilungskurven.

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Beleuchtungsstärke lx = lm:m2 Formelzeichen: E benennt den Lichtstrom, der von einer Lichtquelle auf einer bestimmten Fläche ankommt. Wird für horizontale, vertikale und halbzylindrische Flächen angegeben. Ist die in den meisten Normen geforderte Größe.

Lichtausbeute lm:W Formelzeichen: eta setzt erzeugten Lichtstrom ins Verhältnis zur benötigten elektrischen Leistung.

Leuchtdichte cd:m2 Formelzeichen: L benennt den Helligkeitseindruck, den eine beleuchtete oder selbst leuchtende Fläche dem Betrachter vermittelt. Ist in Relation zur Umgebung und in Abhängigkeit der eingesetzten Materialien zu sehen. Sie ist die einzige, wirklich vom Auge wahrnehmbare lichttechnische Größe.

Quadratisches Abstandsgesetz ist ein physikalisches Gesetz, das die Verringerung der ankommenden Strahlung bei zunehmender Entfernung von Strahler und Objekt beschreibt. Die bestrahlte Fläche in einem Raumwinkel vergrößert sich quadratisch zum Abstand, der selbe Lichtstrom muss somit ein vielfaches der Fläche beleuchten. (Formel: E = I:Abstand2)

Tageslichtquotient gibt an, wie viel Prozent des Tageslichtes im Innenraum ankommen. Wird wie die Beleuchtungsstärke über Berechnungssoftware für eine bestimmte Messfläche ermittelt. 41


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Bildquelle: selbst, Regenbogen 端ber Rosenheim Nord von Westerndorf St. Peter aus, Juli 2014


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Leuchtmittel Festkörper- / Temperaturstrahler Bei Temperaturstrahlern wird das Licht über eine glühende Metallwendel erzeugt. Dabei verschiebt sich mit zunehmender Temperatur das Spektrum des Lichtes von der Rotglut der Wendel hin zum weißen Licht. Je heisser das Leuchtmittel wird, umso kühler wird die Lichtfarbe. Neben der Sonne zählen auch Glühbirnen, Kohlefadenlampen und Bogenlampen dazu. Bei Halogenlampen sind die Glaskolben mit einem Halogengas gefüllt, das den Materialverlust der Wendel, der durch Verdampfung entsteht, reduziert und so die Leistungsfähigkeit der Lampe steigert. Charakteristische Eigenschaften sind niedrige Farbtemperatur, problemlose Dimmbarkeit, hervorragende Farbwiedergabe und Brillanz als Punktlichtquelle. Leider jedoch kein sehr hoher Wirkungsgrad, da viel Energie als Wärme abgegeben wird.

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Festkörperstrahler – Untergruppe Elektrolumineszenzlichtquellen – LED Leuchtdioden wandeln elektrische Energie in Licht um. Sie funktionieren wie Halbleiterdioden, die in Durchlassrichtung Licht erzeugen. Die Kurzbezeichnung LED ist die Abkürzung für „Light Emitting Diode“. Sie sind im Vergleich zu anderen Leuchten recht teuer, halten aber ca. 50000 bis 75000 Stunden bis zu sichtbaren Lichtverlust. Leuchtdioden gibt es in verschiedenen Farben, Größen und Bauformen. Die Leuchtdiode schaltet sehr schnell vom leuchtenden in den nichtleuchtenden Zustand. UV-Leuchtdioden oder blaue LEDs werden mit einer gelben Phosphorschicht überzogen. Diese Schicht wirkt als Filter für die blauen Photonen, die als gelbes Licht emittieren. Das blaue und gelbe Licht vermischt sich zu einem weißen Licht. Inzwischen gibt es auch COB LEDs, SMD LEDs, HP LEDs etc.

Entladungslampen Entladungslampen umfassen diejenigen Lichtquellen, bei denen die Lichterzeugung nicht (allein) durch die Temperatur der Materialien erfolgt, sondern über chemische oder elektrische Prozesse. Hierbei wird unterschieden z.B. in Photolumineszenz und Elektrolumineszenz. Zusätzlich wird die Gruppe der Entladungslampen in Niederdruck- und Hochdrucklampen gegliedert. Für ihren Betrieb werden sowohl Starter wie Vorschaltgeräte benötigt, die sofort zünden und nach kurzer Zeit ihre volle Lichtleistung erreichen. Durch Biegen der Entladungsröhre entstehen die kompakten Leuchtstofflampen (bekannt als Energiesparlampen). Sie sind kürzer, besitzen aber die gleichen Eigenschaften. Ihre Vorteile sind eine hohe Lichtausbeute und Lebensdauer. Zu den Nachteilen gehören schlechte Farbwiedergabewerte, teilweise mangelnde Dimmbarkeit und die recht langen und empfindlichen Anlaufzeiten.


Lichtverteilung Jedes Leuchtmittel hat eine bestimmte Abstrahlcharakteristik. Glühbirnen oder Leuchtstoffröhren etwa sind freistrahlend. Um das Licht besser zu lenken, werden unter anderem Reflektoren eingesetzt. Kaltspiegellampen haben einen dichroitischen Reflektor, der neben der Reduzierung des Infrarot-Anteils auch das Licht lenkt. Meist sind Reflektoren aus Aluminium gefertigt und in ein Leuchtengehäuse integriert. Neben Reflektoren gibt es verschiedene Linsen, Raster oder Gläser, um das Licht je nach Wunsch zu lenken. Die Abstrahlcharakteristik gibt die Lichtverteilung einer Leuchte an. Diese kann tief-, breit- oder hochstrahlend, symmetrisch oder asymmetrisch, direkt oder indirekt ausgeführt sein. Auch Kombinationen in einer Leuchte sind möglich. Rillengläser oder Skulpturenlinsen erzeugen einen ovalen Lichtkegel durch Streuung in der einen und Bündelung in der anderen Achse. Sammellinsen konzentrieren das Licht und schaffen somit einen konkreten Lichtkegel. Streulinsen spreizen den Lichtkegel auf und machen dadurch harte Schatten weicher. Wabenraster reduzieren Blendung und begrenzen die Lichtkegel. Je nach Ausführung werden Schatten weicher.

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Reflektoren und Linsen können auch kombiniert werden. Reflektoren lenken Lichtstrahlen, die nicht im gewünschten Strahlengang liegen um. Eine Linse oder Optik wird in den Strahlengang geschoben, die Lichtstrahlen müssen diese also passieren und werden dabei durch Brechung oder Beugung in die gewünschte Richtung gelenkt. Die Abstrahlcharakteristik einer Leuchte wird dann, zum Beispiel mittels einer UlbrichKugel, vermessen oder am Computer simuliert und als Lichtverteilungskurve festgehalten. Diese werden für Planungszwecke veröffentlicht, auf Leuchtendatenblättern festgehalten oder zur Lichtberechnung zusammen mit anderen Leuchtendaten digital bereit gestellt. In der Mitte der Lichtverteilungskurve befindet sich in der Regel das Leuchtmittel. Darum wird grafisch die dreidimensionale Lichtverteilung in eine zweidimensionale Ansicht gebracht. Die durchgezogenen Linie ist dabei die Frontalansicht, die gestrichelte Linie die Seiten- oder Queransicht. Die roten Linien zeigen an, in welchem Winkel wie viel Licht abgegeben wird. Die verschiedenen Lichtverteilungen der Leuchten eigenen sich für unterschiedliche Anwendungen. Asymmetrische Lichtverteilungen finden sich unter anderem bei Wallwashern zur Beleuchtung von vertikalen Flächen. Spots werden in der Regel für Akzentbeleuchtung eingesetzt. Breitstahlende Lichtverteilungen sind für gleichmäßige Grundbeleuchtung geeignet. Hat eine Leuchte einen Indirektanteil wird auch die Decke noch aufgehellt. Bild rechts: selbst, Museum Kolumba, Köln, 2012 Bild links: selbst, Cameo Flat Par Can 18, Detail

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Farbwiedergabe und Bei der Sonne sind alle für den Menschen sichtbaren Farben in den elektromagnetischen Wellen vorhanden. Durch den weiten Weg den das Sonnenlicht zurücklegt, sowie der chemischen Zusammensetzung der Sonne gibt es im Sonnenspektrum schwarze Linien. Diese wurden unter anderem von Frauenhofer entdeckt. Über diese Linien konnten schon um 1814 herum Rückschlüsse auf die chemische Zusammensetzung von Sonne und Atmosphäre gezogen werden. Kirchhoff und Bunsen haben diese Erkenntnisse dann 1860 weiter erforscht und diese Linien einigen Chemikalien wie Eisen und Natrium zuordnen können. Das Tageslicht verändert sich im Gegensatz zu künstlichen Leuchtmitteln in seiner spektralen Zusammensetzung über den Tag hinweg. Hat es Mittags einen hohen Blauanteil, verschiebt sich die Kurve am Abend durch den geänderten Winkel auf die Atmosphäre ins rötliche. Auch Faktoren wie Luftverschmutzung und Wolken haben Auswirkung auf die spektrale Verteilung des Sonnenlichtes, das bei uns ankommt. Heute gibt es Tunable White Leuchtmittel im Bereich der LED. Hier sind auf dem Chip kaltweiße und warmweiße LEDs verbaut. Werden diese nun unterschiedlich gedimmt eingesetzt, kann damit der Tagesverlauf des natürlichen Lichtes imitiert werden. Jedes Leuchtmittel sendet Licht in einem bestimmten Bereich des Spektrums aus. Das ist je nach Art des Leuchtmittels, bei Leuchtstofflampen je nach Zusätzen, unterschiedlich. Für jeden Typ ist die spektrale Verteilung charakteristisch. Wird nicht das volle Spektrum emittiert, kann auch nicht jede Oberflächenfarbe abgebildet werden. Nur Licht, das ausgesendet wird, kann auch wieder reflektiert werden. Das Spektrum, das ein Leuchtmittel emittiert, also aussendet, kann man messen. Es wurde der Farbwiedergabeindex eingeführt. Hier wird das Spektrum mit genormten Farben abgeglichen. Der daraus resultierende Wert wird in Ra oder CRI abgekürzt.

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Nach DIN 6169 gibt es 14 Farben, die zur Ermittlung der Farbwiedergabe eines Leucht-

mittels herangezogen und in Relation zur Lichttemperatur gesetzt werden. Ermitteln lässt sich der Farbwiedergabewert, ebenso wie die Spektralverteilung, mittels eines Spektrometers. Die Werte R1-R8 bilden den Ra-Wert, R9R14 können separat ausgewiesen werden. Ra-Skala: Ra = 90 ... 100 – Ausgezeichnete Farbwiedergabeeigenschaften Ra = 80 ... 90 – Gute Farbwiedergabeeigenschaften Ra = 60 ... 80 – Mittlere Die 14Farbwiedergabeeigenschaften Testfarben nach DIN 6169 Ra < 60 – Mangelhafte # 1 Altrosa Farbwiedergabeeigenschaften

Die 14 Testfarben nach DIN 6169 # 1 Altrosa # 2 Senfgelb # 3 Gelbgrün # 4 Hellgrün # 5 Türkisblau # 6 Himmelblau # 7 Asterviolett # 8 Fliederviolett

# 9 Rot gesättigt

# 2 Senfgelb Bild rechts: „DIN Test 6169“ von Chris828 - Eigenes # 3über Gelbgrün Werk. Lizenziert unter Gemeinfrei Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/ # 4 Hellgrün File:DIN_Test_6169.svg#mediaviewer/File:DIN_ Test_6169.svg # 5 Türkisblau

# 10 Gelb gesättigt

Bild unten: http://www.lightbulbmarket.com/ # 6 Himmelblau files/1974975/uploaded/Color%2520rendering%2520i # 7 Asterviolett ndex%2520scale.jpg

# 14 Blattgrün

# 8 Fliederviolett Vergleicht man die auf folgender Seite abgebildeten Spektren, fällt schon auf, dass einzelne Leuchtmittel Teilbereiche des sichtbaren Spektrums nicht abgebildet werden. Trifft dieses Licht z.B. auf einen Apfel, kann dieser je nach ausgestrahltem Spektrum farblos und unappetitlich wirken, ein Kleidungsstück scheint dann eine gänzlich andere Farbe zu haben oder die Lackierung eines Fahrzeugs trist wirken.

# 11 Grün gesättigt # 12 Blau gesättigt # 13 Rosa (Hautfarbe)


Emissionsspektrum Name Date Time T_int

Tabelle1

141124-lx-FadenLED.spc 141124-lx-Halogen70W.spc 141124-lx-Gl�hbirne60W.spc 141124-lx-RetrofitLED2W.spc 141124-lx-EBDL-VISCOM-2.spc Name 141124-lx-Gl�hbirne-Matt-100W.spc 141124-lx-FadenLED.spc 141124-lx-Halogen70W.spc 141124-lx-Gl�hbirneEner 1411 24.11.2014 24.11.2014 24.11.2014 24.11.2014 24.11.2014 Date 24.11.2014 24.11.2014 24.11.2014 24.11.2014 24.1 12:28:22 12:30:47 13:41:45 13:42:50 13:57:46 Time 14:09:32 12:28:22 12:30:4714:12:00 13:4 T_int 212 [ms] 44 74 100 [ms] 8 44

Die mit einer [K] Spektralkamera aufgenommen CCT Werte können, wie rechts zu sehen, in Kurven CIE 13.3-1995 CRI Illum. Planckian oder alsRef.Balkendiagramm grafisch dargestellt CCT [K] werden.R1Neben der spektralen81,4 Verteilung werR2 92,4 den auch R3 R 1 - R 15 ausgegeben. 95,4 R4 R5 R6 R7 R8 R9 R10 R11 R12 R13 R14 R15 Ra

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78,8 81,2

91,1 konventionelle Glühbirne, 100W 82,6 60,5 16,7

82,6 starker Rotanteil 76,8 74,9 83,9 98,3 75 82,94

2623

2790

radiator

2699

CCT2919

2699 56 74,1 90,4 55,1 54 61,4 74,2 31,9 -62,3 41 43,6 29,4 58,4 94,5 48,7 62,14

CIE 13.3-1995 Ref. Illum. Planckian CCT2919 [K] R1 82,7 R2 93,4 R3 94,5 R4 79,8 R5 82,8 R6 91,8 R7 81,8 R8 61,2 R9 18,4 R10 84,6 R11 78,2 R12 76,6 R13 85,3 R14 98 R15 77 Ra 83,5

Planckian

2623 99,6 99,7 99,8 99,6 99,5 99,5 99,9 99,7 99,1 99,3 99,5 99 99,6 99,9 99,5 99,67

radiator

2790 99,7 99,9 99,9 99,7 99,7 99,8 99,9 99,7 99,5 99,7 99,6 99,6 99,8 99,9 99,7 99,79

[K]

2738

2623

CRI Planckian radiator 2738 81,4 99,5 92,4 99,6 95,4 99,8 78,8 99,5 81,2 99,4 91,1 99,5 82,6 99,8 60,5 99,4 16,7 98,5 82,6 99,2 76,8 99,4 74,9 98,9 83,9 99,5 98,3 99,9 75 99,4 82,94 99,57

2623 99,6 99,7 99,8 99,6 99,5 99,5 99,9 99,7 99,1 99,3 99,5 99 99,6 99,9 99,5 99,67

radia

Tabelle1

141124-lx-FadenLED.spc 141124-lx-Halogen70W.spc 141124-lx-Gl�hbirne60W.spc 141124-lx-RetrofitLED2W.spc 141124-lx-EBDL-VISCOM-2.spc 141124-lx-Gl�hbirne-Matt-100W.spc Name 141124-lx-Gl�hbirneEnergiespar7W.spc 141124-lx-FadenLED.spc 141124-lx-Halogen70W.spc 141124-lx-WendelEnergie 1411 24.11.2014 24.11.2014 24.11.2014 24.11.2014 24.11.2014 24.11.2014 Date 24.11.2014 24.11.2014 24.11.2014 24.11.2014 24.1 12:28:22 12:30:47 13:41:45 13:42:50 13:57:46 14:09:32 Time 14:12:00 12:28:22 12:30:4714:16:32 13:4 T_int8 [ms] 44 74 100 212 [ms] 153 44

[K]

2623

13.3-1995 Illum. [K]

CRI Planckian 81,4 92,4 95,4 78,8 81,2 91,1 82,6 60,5 16,7 82,6 76,8 74,9 83,9 98,3 75 82,94

2790

radiator 2623 99,6 99,7 99,8 99,6 99,5 99,5 99,9 99,7 99,1 99,3 99,5 99 99,6 99,9 99,5 99,67

2699

Planckian 2790

Energiesparlampe,99,7 7W 99,9 99,9 99,7 99,7 99,8 99,9 99,7 99,5 99,7 99,6 99,6 99,8 99,9 99,7 99,79

schwach bei Rot, Blau und Teilen von Grün

2919

CCT 2738

2919 82,7 93,4 94,5 79,8 82,8 91,8 81,8 61,2 18,4 84,6 78,2 76,6 85,3 98 77 83,5

CIE 13.3-1995 Ref. radiatorIllum. CCT [K] 2738 R1 99,5 R2 99,6 R3 99,8 R4 99,5 R5 99,4 R6 99,5 R7 99,8 R8 99,4 R9 98,5 R10 99,2 R11 99,4 R12 98,9 R13 99,5 R14 99,9 R15 99,4 Ra 99,57

radiator 2699 56 74,1 90,4 55,1 54 61,4 74,2 31,9 -62,3 41 43,6 29,4 58,4 94,5 48,7 62,14

Planckian

Seite 1

Filament-LED schwach bei Rot und Blau

[K]

2643 CRI Planckian Planckian 2643 81,4 99,1 92,4 98,9 95,4 60,4 78,8 95 81,2 89,6 91,1 90,7 82,6 87,4 60,5 55,7 16,7 -21,2 82,6 61,2 76,8 82,2 74,9 56,3 83,9 93,5 98,3 71,3 75 88,3 82,94 84,59

2623

radia 2623 99,6 99,7 99,8 99,6 99,5 99,5 99,9 99,7 99,1 99,3 99,5 99 99,6 99,9 99,5 99,67

Name Date Time T_int

Name141124-lx-FadenLED.spc 141124-lx-FadenLED.spc 141124-lx-Halogen70W.spc 141124-lx-Halogen70W.s 1411 Date 24.11.2014 24.11.2014 24.11.2014 24.11.2014 24.1 Time 12:28:2212:28:22 12:30:4712:30:47 13:4 T_int [ms] [ms] 44

CCT

CCT [K]

CIE Ref. CCT R1 R2 R3 R4 R5 R6 R7 R8 R9 R10 R11 R12 R13 R14 R15 Ra

13.3-1995 CIE 13.3-1995 Ref. Illum. Illum. [K] CCT [K] R1 R2 R3 R4 R5 R6 R7 R8 R9 R10 R11 R12 R13 R14 R15 Ra

[K]

2623 CRI CRI Planckian Planckian 81,4 92,4 95,4 78,8 81,2 91,1 82,6 60,5 16,7 82,6 76,8 74,9 83,9 98,3 75 82,94

81,4 92,4 95,4 78,8 81,2 91,1 82,6 60,5 16,7 82,6 76,8 74,9 83,9 98,3 75 82,94

2623 99,6 99,7 99,8 99,6 99,5 99,5 99,9 99,7 99,1 99,3 99,5 99 99,6 99,9 99,5 99,67

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2

radia 2 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9 9

9 9 9 99


Lichtfarbe und Wirkung Die Lichtfarbe wird beeinflusst von roten und blauen Farbanteilen. Sie trägt zur Grundstimmung eines Raumes bei. So sind wärmere Temperaturen eher mit Gemütlichkeit verbunden und geringere Beleuchtungsstärken werden eher akzeptiert, kühles Licht wirkt neutral bis sachlich. Hier werden laut dem Handbuch für Lichtgestaltung (Barthenbach und Witting, 2009, S. 47) eher höher Beleuchtungsstärken gefordert. Die Theorie der akzeptierten Beleuchtungsstärken in Korrelation mit der Lichtfarbe wurde jedoch von Karin Bieske und

fall sind ergänzend kühlere Lichtfarben sinnvoll, da Tageslicht an sich eher kühl ist. Haben die Anwender Einfluss auf die Lichtfarbe, wird bei neutraler Lichtfarbe am wenigsten an dieser geändert. Für Büro und Arbeitsräume werden grundsätzlich neutrale bis kühle Lichtfarben bevorzugt. (Völker, Schumann 2015) Mischung von Lichtfarben durch einzelne Leuchten mit definierter, nicht diffuser Abstrahlung und daraus resultierender Sichtbarkeit auf einfarbigen Flächen macht eine irritierende Wirkung und ist zu vermeiden. Räumliche Zonierung durch

hin soll Entspannung forciert werden.

ihrem Team an der TU Ilmenau in den letzten Jahren in mehreren Studien widerlegt (Bieske, Dommaschk 2014; Bieske, Fiebig 2014; Völker, Schumacher, 2015). Die Assoziation mit Stimmungen und Wirkung der Lichtfarbe bleibt von der Studie unberührt.

Lichtfarben ist möglich, sollte jedoch vorsichtig angewendet werden.

Biologisch wirksame Beleuchtung – Planungsempfehlungen. Dieses Dokument gibt Planungsempfehlungen für Lebensräume, die Arbeitsstätten oder Nichtarbeitsstätten sein können. Eingeschlossen sind auch Bereiche, in denen sich die Nutzungen überlagern oder mischen können.

Lichtfarbe wird in Kelvin angegeben. Umso „kälter“ das Licht wirkt, also in den Blaubereich verschoben ist, umso heißer ist bei Temperaturstrahlern das Leuchtmittel. Dem Tageslicht bei bedecktem Himmel entsprechen etwa 6 500 K, der Abendsonne etwa 5 000 K, dem klaren Himmel sogar etwa 15 000 K. Warmweiß (WW) 2200-3500K Neutralweiß (NW) 3500-4500K Kaltweiß(KW) >4500K

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Die Wahl der Lichtfarbe bei durch den Nutzer veränderbaren Farbtemperaturen hängt von der Ausgangslichtfarbe ab. Jedoch wird nach einer Adaptionszeit jede Lichtfarbe zwischen 3000 K und 8000 K akzeptiert. Somit sind bei Beleuchtungskonzepten die umliegenden Räume zu beachten um keine großen Unterschiede zu generieren. Bei Räumen mit Tageslichtein-

Farbiges Licht wird durch Farbfilter oder (RGB-) LED erzeugt. Zur Grundbeleuchtung ist farbiges Licht nicht geeignet. Es wird zur Akzentbeleuchtung oder in der Szenografie zur Schaffung von Stimmung eingesetzt. Im Kapitel Mensch wurden die photosensitiven Ganglienzellen in der Retina beschrieben. Diese reagieren auf Licht mit hohem Blau- und Violettanteil mit einer Wellenlänge von 460 bis 484 nm. Kaltweißes Licht hat durch die Empfindlichkeit dieser Zellen Auswirkung auf Tag-Nacht-Rhythmus und Müdigkeit. Auch deshalb gibt es sogenannte biologisch wirksame Lichtkonzepte, die dem Tagesverlauf angepasst sind und stimulieren sollen. Biologisch wirksames Licht hat zum Ziel, zu motivieren und die Stimmung aufzuhellen, den Schlaf-Wach-Rhythmus zu stabilisieren, Leistungsfähigkeit und -bereitschaft sowie die Konzentrationsfähigkeit zu erhöhen. Leistungstiefs im Tagesverlauf sollen vermieden werden, zum Ende des Arbeits- oder Lerntages

Normen und Planungsgrundlagen: DIN SPEC 5031-100 Strahlenphysik im optischen Bereich und Lichttechnik –Teil 100: Über das Auge vermittelte, nicht-visuelle Wirkung des Lichts auf den Menschen – Größen, Formelzeichen und Wirkungsspektren. DIN SPEC 67600

Melanopischer Wirkungsfaktor Maß für die circadiane Wirkung einer Lichtquelle (Formel ist beschrieben in der DIN SPEC 5031-100:2014) Der Bio-Rhythmus wird in drei Kategorien eingeteilt: ·Ultradiane Rhythmen betragen jeweils nur wenige Stunden, wie zum Beispiel Tageszeiten oder Hunger-, Wach- und Schlafphasen bei Säuglingen. · Circadiane Rhythmen orientieren sich an Tag und Nacht. Sie dauern etwa 24 Stunden. · Infradiane Rhythmen sind länger als 24 Stunden, wie zum Beispiel der Wechsel der Jahreszeiten. Es laufen viele Forschungsprojekte, welche die Wirkung von Licht auf den menschlichen Or-


2 | Licht

ganismus untersuchen. Wo das Tageslicht nicht ausreicht, kann heute die künstliche Beleuchtung mit dynamischem Licht unserem Körper die entscheidenden Impulse geben. Diese Wirkung sollte zum Erhalt der Gesundheit jedoch nicht missbraucht werden. Der positive Effekt ist auch bei Schichtarbeit umstritten. Laut Herbert Plischke sollte in Bereichen in denen Schichtarbeit stattfindet aufgrund der aktuellen Forschungslage sogar noch ganz auf LED und kurzwelliges Licht verzichtet werden,

da die Suppression von Melatonin nicht nur wach macht, sondern auch hormonell bedingten Krebs fördern kann. (Vortrag an der HS Rosenheim, November 2015) In einer neuen Studie im Rahmen des UNILED Forschungsvorhabens wird auch die Melatoninsuppression mit Weißlicht-LED untersucht. Es konnte bisher gezeigt werden, dass nicht jeder Proband auf die Bestrahlung reagiert. Kommt es zu einer Melatoninsuppression hängt diese mit der Bestrahlungsstärke zusammen, wobei es durch Adaptionsvorgänge bei hoher Bestrahlungsstärke zur Stagnation des Effektes kommt. Die bisherige Annahme, dass die Exposition der unteren Retinahälfte einen weit größeren Effekt nach sich zieht als die Bestrahlung der oberen Retinahälfte konnte bestätigt werden. Bei zeitlichen Unterbrechungen der Lichtexposition blieb die Melatoninsuppression teilweise ganz aus. Da die Studie noch läuft, sind die bisher veröffentlichten Ergebnisse vorläufig und werden noch weiter validiert. (Völker, Schumacher, 2015) Bild nächste Doppelseite: selbst, Museum Kolumba, Köln, 2012

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Licht in der Anwendung Diffuses Licht etwa vom Himmel oder großflächigen Leuchten. Sehr weiche Schatten, erschafft gleichmäßige Beleuchtung. Gerichtetes Licht erzeugt von Sonne, Strahler oder anderer punktförmiger Lichtquelle. Erschafft eindeutige, konkrete Schatten und bei mehreren Lichtquellen oder komplexen Objekten intensive Schattierungen. Geeignet zur Präsentation von Objekten. Wird auch als brilliantes Licht beschrieben. Quantitatives Licht orientiert sich an den in den Normen geforderten Beleuchtungsstärken und erfüllt diese. Hier ist rein zweckmäßig Licht zum Sehen vorhanden. Es berücksichtigt jedoch nur die Sehaufgabe, nicht jedoch den Raum, dessen Struktur und das Bedürfnis des Mensch nach vielfältiger Beanspruchung. (Licht zum Sehen) Qualitatives Licht orientiert sich an Leuchtdichtekontrasten im Raum, somit also an den Oberflächen und Objekten und deren Eigenschaften sowie der gesamten wahrgenommenen Umgebung. Es berücksichtigt jedoch nicht die verschiedenen Verschaltungsvorgänge bei der Wahrnehmung des Menschen, inhaltliche Angebote des Raumes und ästhetische Qualitäten. (Licht zum Hinsehen) Wahrnehmungsbezogene Lichtkonzepte berücksichtigen quantitative und qualitative Anforderungen und beziehen sich zudem auf die Architektur und die Erwartungen des Menschen an diese. Durchdachte Lichtkonzepte schaffen Atmosphäre und somit Wohlbefinden. (Licht zum Sehen, Hinsehen und Licht zum Ansehen) Im Rahmen der Grundbegriffe wurde die Leuchtdichte bereits angesprochen. Sie hat von den Grundbegriffen als einzige Größe einen direkten Bezug zur Helligkeitswahrnehmung

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des visuellen Systems. Somit ist diese Größe ein wichtiges Werkzeug im Rahmen der Lichtplanung. Grundsätzlich sollten die Leuchtdichtekontraste im Gesichtsfeld nie so groß sein, dass Blendung entsteht. Durch zu große Homogenität in den Leuchtdichten wirkt die Umgebung langweilig, der Sehsinn wird nicht optimal beansprucht. Die Leuchtdichte ist abhängig von den Beleuchtungsstärken auf den Oberflächen sowie deren Reflexionsgrad. Für matte, theoretisch ideal diffus reflektierende, Oberflächen lässt sich die Leuchtdichte mit einer einfachen Formel berechnen. Beleuchtungsstärke und Reflexionsgrad der Oberfläche müssen dafür bekannt sein: L = rho · E / π Umgekehrt lässt sich, wenn bekannt ist wie hoch die Leuchtdichte sein soll, die notwendige Beleuchtungsstärke ermitteln: E = L · π / rho Zum Verhältnis der Leuchtdichten untereinander für optimale Beanspruchung durch ausgewogene Kontraste gibt es für den Arbeitsplatz mit Tageslicht die Empfehlung von 1:3:10. Der Arbeitsbereich sollte also nicht mehr als das dreifache an Leuchtdichte aufweisen als der direkte Bereich der Sehaufgabe. Die Umgebung sollte maximal das zehnfache an Leuchtdichte aufweisen. Ähnliche Empfehlungen gibt es auch für künstliche Beleuchtung, für andere Anwendungsbereiche, etwa die Akzentbeleuchtung in Museen, oder dem gesamten Bereich der Aussenbeleuchtung. Um Licht und Beleuchtung gut anzuwenden, sind viele Faktoren von Bedeutung, die als Vorarbeit und im Rahmen der Lichtplanung ermittelt werden müssen. Darunter zählen: Ausrichtung des Gebäudes, Tageslichtöffnungen und Tageslichtquotient, Verschattungsmöglichkeiten, Raumnutzung, Zonen und Art der Sehaufgabe, durch Normen geforderte Beleuchtungsstärken und Blendungsgrenzen, Reflexionsgrade der Oberflächen, mögliche Montagepunkte für Leuchten, besondere Anforderungen an Leuchten etwa Ballwurfsicherheit, etc. Erst wenn diese Punkte geklärt sind, können passende Leuchten ausgewählt werden.

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Lichtpräferenzen und PersönZumtobel hat zusammen mit der Gruppe Nymphenburg den Zusammenhang von Lichtpräferenzen und Zielgruppen im Verkaufsraum analysiert. Obwohl diese Studie auf Marketing und Sale abzielt, lassen sich daraus auch Rückschlüsse für allgemeine Lichtkonzepte ziehen. Es wurde dabei festgestellt, dass die Wirkung von unterschiedlichen Beleuchtungssituationen vom Betrachter und dessen Eigenschaften abhängt. Dazu wurden zunächst Zielgruppen definiert, um deren Präferenzen anschliessend zu untersuchen. Um die Zielgruppen genauer zu definieren, wurden anhand von stabilen, also dauerhaft konstanten Persönlichkeitsmerkmalen Gruppen gebildet. Entstanden sind 7 Untergruppen, basierend auf emotionalen Schwerpunkten. Validiert wurde und wird diese Einteilung im

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Rahmen der Typologie der Wünsche von Burda mit inzwischen über 100 000 Probanden. Es konnte gezeigt werden, dass die Zusammensetzung der einzelnen Untergruppen in Alter, Geschlecht und Einkommen aufgrund der sich verändernden Persönlichkeitsstuktur variieren. Besonders hervorzuheben ist, dass diese Einteilung eine hohe Kulturstabilität hat. Die entwickelte Limbic-Map wurde dazu mit Wertedimensionen, die in einer Untersuchung in 23 Ländern 1992 von Solomon Schwartz entstanden sind, abgeglichen. Für eine Labor- und Feldstudie der Firma Zumtobel wurden Probanden in die sieben Untergruppen, Disziplinierte(r), Traditionalist(in), Harmonisierer(in), Offene(r), Hedonist(in), Abenteurer(in) und Performer(in), eingeteilt. Jede dieser Gruppen war mit mindestens 6 Pro-

banden vertreten. Im Rahmen der Studie wurde anhand von Gesichtsmuskelaktivität sowie Herzfrequenz und Hirnströme die emotionale Erregung der Teilnehmer in einem Simulator unter verschiedenen, vorgegebenen Lichtsituationen bewertet. Die sich veränderten Parameter Lichtfarbe, Lichtmenge, diffuse oder brilliantes Licht, Abstrahlcharakteristik, Kontraste Helligkeit und Kontraste Lichtfarbe wurden in 20 Szenarien miteinander kombiniert. Bezüglich der Lichtpräferenzen konnten die sieben Limbic-Types in drei Hauptgruppen eingeteilt werden. Die Ergebnisse wurden in einer Feldstudie in einem Bekleidungsgeschäft validiert. Harmonisierer, Traditonalisten und Offene konnten in der Gruppe Balance zusammengefasst werden. Diese Konsumentengruppe reagiert positiv auf moderate Akzentbeleuchtung


lichkeitsmerkmale

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bei einem horizontalen Allgemeinbeleuchtungsniveau von 800 lx mit 3 000 K. Vertikale Flächen werden in gleichmäßiger Ausleuchtung mit dezenter Akzentbeleuchtung in Nieschen und auf Objekten bevorzugt. Die zweite Gruppe besteht aus Hedonisten und Abenteurern und wird mit dem Schlagwort Stimulance beschrieben. Sie bevorzugen starke Kontraste bei geringer Horizontalbeleuchtung von etwa 500 lx bei kühlen Lichtfarben ab 4 000 K. Vertikale Flächen werden heller aber kontrastreich bevorzugt, Objekte mit starker Akzentbeleuchtung führten zu einem positiven Erregungszustand. Die Gruppe Dominance besteht aus Performern und Disziplinierten und bevorzugt ausgeglichene Beleuchtungskonzepte. Vertikale Flächen mit hoher Gleichmäßigkeit, Akzentbeleuchtung durch Leuchten mit Abstrahlwinkeln über 35° auf Waren und hoher diffuser Grundbeleuchtung kennzeichnen die Lichtpräferenz. Eine neutrale Lichtfarbe wird bevorzugt. (Häusl, 2011; Schweitzer, 2015)

Bilder: http://www.lightlive.com/de/LimbicLighting/ Jeweils von oben nach unten bzw. von links nach rechts: Balance, Stimulance und Dominance im Vergleich

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Blendung

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In der DIN EN 12665 wird Blendung wie folgt definiert: Sehzustand, der als unangenehm empfunden wird oder eine Herabsetzung der Sehfunktion zur Folge hat, verursacht durch eine ungünstige Leuchtdichteverteilung oder durch zu hohe Kontraste (DIN EN 12665, S. 6, 3.1.8) Es wird zwischen physiologischer und psychologischer Blendung unterschieden. Die physiologische Blendung führt zur Einschränkung der Sehfunktion, etwa Minderung von Tiefenwahrnehmung, Gestalt- und Formerkennung oder Sehschärfe, ohne dabei unangenehm zu wirken. Zu dieser Form kommt es durch hohe Leuchtdichteunterschiede, wenn das Auge auf den Mittelwert des Gesichtsfeldes adaptiert. Ebenso kann diese Form der Blendung durch Schleierleuchtdichten, hervorgerufen durch Streustrahlung etwa von Brillen, Scheiben, aber auch der gealterten Hornhaut des Auges, ausgelöst werden. Dabei entsteht der Eindruck eines Schleiers oder Nebels vor dem Auge. Vor allem ältere Personen sind deshalb von physiologischer Blendung stark betroffen. Bei der psychologischen Blendung wird ein unangenehmes Gefühl hervorgerufen, diese Form der Blendung muss aber nicht mit einer Herabsetzung der Sehfunktion verbunden sein. Messtechnisch ist diese Blendung nicht nachweisbar, sie führt dennoch zu Konzentrationsschwierigkeiten und Ermüdung. Durch Erhöhung der Umgebungsleuchtdichte, Änderung der spektralen Zusammensetzung der Blendquelle, sowie der Verschiebung dieser aus der Sichtlinie kann die Empfindung der psychologischen Blendung reduziert werden. Blendung hängt immer von der Blickrichtung auf Blendquelle und dem Bereich der Netzhaut auf dem diese abgebildet wird, ab (vgl. Kapitel Mensch, Die Netzhaut). Als dritte Form der Blendung wird in einem Papier des IFA mit dem Titel „Blendung – Theoretischer Hintergrund“ die grelle Blendung beschrieben. Diese führt zu Schmerzempfinden, wohl durch die Verkrampfungen der Zilliarmuskeln an der Iris, ausgelöst über gleißend


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helle Flächen. Diese können der strahlend blaue Himmel, ein Schneefeld oder weiße Buchseiten in der Sonne sein. Es kann dabei zu temporärer oder dauerhafter Schädigung des Sehsinns bis zur vollständigen Erblindung kommen. Hervorgerufen werden können diese Blendungsempfindungen durch drei Arten der Blendung, basierend auf der Funktion des Auges. Bei der Adaptionsblendung ermüden die Augen durch zu schnellen oder häufigen Wechsel zwischen Lichtfarben oder Leuchtdichteniveaus. Beispiele: heller Bildschirm zu schlecht beleuchteter Umgebung, Raum mit sehr warmem Licht zu Tageslicht. Die Relativblendung entsteht durch zu hohe Leuchtdichteunterschiede im Gesichtsfeld. Neben der Veränderung einzelner Sehzellen auf der Retina, also lokaler Adaptation, kommt es dabei zur Ablenkung der Aufmerksamkeit auf die helleren Bereiche. Beispiele: entgegen kommende Fahrzeuge in der Dunkelheit, Leuchten mit hoher Leuchtdichte in wenig beleuchteter Umgebung, nicht angepasste Notausgangsbeleuchtung neben der Kinoleinwand (z.B. Neues Rottmann, Rottmannstraße, München). Ist das Licht so hell, dass die Augen reflektorisch zusammen gekniffen werden müssen und die Tränen in die Augen schiessen, spricht man von Absolutblendung. Liegt die Helligkeit über der Adaptionsgrenze, muss mit der Gefährdung der Augen gerechnet werden und es kommt zu diesen Schutzmechanismen. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass je heller die Blendquelle, je geringer die Umgebungsleuchtdichte und je kleiner der Winkel zur Blendquelle ist, umso höher fällt die Blendung aus. Zur Ermittlung der Blendung gibt es eine Reihe Formeln und Bewertungsskalen. (Wittlich 2010; DIN EN 12665) Bei Bildschirmarbeitsplätzen oder durch nasse Straßen kann es zur Reflexblendung, also indirekter Blendung kommen. Dabei wird der Betroffene nicht durch eine Lichtquelle sondern durch deren Reflexe auf einer spiegelnden Oberfläche geblendet. Das lässt sich mit den Formeln zur Reflexion aus Optik und Physik berechnen und durch gute Ausrichtung der

Leuchten reduzieren. Empfehlungen und Vorschriften dazu sind unter anderem im Arbeitsschutzgesetz, den Arbeitsstättenverordnungen und der Bildschirmarbeitsverordnung festgehalten. Bilder: selbst, Luminale 2014, RaumZeitPiraten, Weißfrauenkirche, Frankfurt Durch sehr intensive Lichtquellen und geringe Umgebungsleuchtdichte blendet die Installation an vielen Stellen. Durch den Charakter eines verrückten, naturwissenschaftlichen Labors verzeiht man das jedoch schnell und bewegt sich entsprechend vorsichtig durch den Raum.

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Farbsysteme Farbe wird nur durch Licht wahrnehmbar. Ebenso werden Farben nur richtig dargestellt, wenn das Licht die entsprechenden Spektralbereiche abdeckt. Farbsysteme dienen der genauen Beschreibung einer Farbe. System ist dabei ein Synonym für Menge, in einem Farbsystem finden sich also eine Menge Farben. Die mathematischen Farbsysteme mit kontinuierlicher Darstellung haben dabei 3-4 stellige alphanum merische Angaben zur Beschreibung eines Farbwertes. Materielle Proben eines Farbkataloges werden mit einer Codierung, etwa RAL 1013 (=Perlweiß) oder HKS 88 N (= Schwarz) beschrieben. Es gibt Übersetzungstabellen zwischen den einzelnen Systemen. additive Farbsynthese: entspricht dem RGBSystem am PC: weiß wird aus allen drei Farben gebildet, Schwarz ist dabei das Ausbleiben von Licht. System, nach dem unser Auge arbeitet (vgl. Kapitel Mensch). (Lichtfarben) subtraktive Farbsynthese: jede Farbe absorbiert Wellenanteile z.B. mit Farbpigmenten auf Papier, in der Mischung entsteht Schwarz. CMYK-System im Druck. (Körperfarben) Der RGB-Farbraum ist ein additiver Farbraum, der Farbwahrnehmungen durch das additive Mischen der drei Grundfarben (Rot, Grün und Blau) nachbildet. Das Farbsehen des Menschen ist durch drei Zapfentypen geprägt. Dieser Farbraum basiert im Prinzip auf der Dreifarbentheorie. Es gibt viele verschiedene RGB-Farbraumsysteme in digitaler Anwendung.

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Der CIE-Farbraum bezeichnet einen Versuch der Commission Internationale de l‘Eclairage (Internationale Beleuchtungskommission), Farben beruhend auf dem menschlichen Farbwahrnehmungsapparat darzustellen. Die Lichtfarben in Kelvin werden auf einer Linie anhand des Weißpunktes im CIE-Farbraum als „ähnlichste Farbtemperatur“ angegeben.


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Das Natural-Color-System ist ein eingetragenes Warenzeichen des Skandinavischen Farbinstitutes (Scandinavian Colour Institute) mit Sitz in Stockholm. Es beruht auf der Zusammenstellung von Schwarzanteil, Farbigkeit, Grundfarbe und Anteil der Mischfarbe. Das CMYK-Farbmodell ist ein subtraktives Farbmodell, das die technische Grundlage für den modernen Vierfarbdruck bildet. Die Abkürzung CMYK steht für die drei Farbbestandteile Cyan, Magenta, Yellow und den Schwarzanteil Key als Farbtiefe. CMYKFarbräume sind, wie auch RGB-Farbräume, geräteabhängig und benötigen deshalb Farbprofile, um Farbtöne exakt zu beschreiben. Ausführliche Informationen über viele verschiedene Farbtheorien gibt es unter www. colorsystem.com aufgelistet und zusammen gefasst. Leuchten mit Farbwahl werden über RGB gesteuert, das heisst, es gibt jeweils für Rot, Grün und Blau die Einstellungsmöglichkeit von 0-255. Bessere Leuchten haben zusätzliche LEDs: Amber, um Gelb auszugleichen und Weiß, um ein klares, reines Weiß darstellen zu können. Diese sind dann als RGBAW gekennzeichnet und werden über 5 statt 3 Kanäle gesteuert. Bei Warmdimm oder Tunable White LED-Leuchten sind kaltweiße und warmweiße LEDs verbaut, die getrennt voneinander gesteuert werden. Diese ermöglichen die stufenlose Anpassung der Farbtemperatur im laufenden Betrieb. Bilder: RGB, CMYK, Lab: Screenshot aus InDesign rechts: „CIE-Normfarbtafel“ von Torge Anders aus der deutschsprachigen Wikipedia. Lizenziert: CC BY-SA 3.0 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:CIENormfarbtafel.png#/media/File:CIE-Normfarbtafel. png

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Raum [althochdeutsch: rum, zu rumi „weit“, „geräumig“]


Raum, Erleben und Verhalten

Seit etwa 10 Jahren wird das Verhalten von Menschen im Raum erforscht. Die Fachrichtung

Raum Definition Bedeutungsübersicht laut Duden: · zum Wohnen, als Nutzraum o. ä. verwendeter, von Wänden, Boden und Decke umschlossener Teil eines Gebäudes · in Länge, Breite und Höhe nicht fest eingegrenzte Ausdehnung · in Länge, Breite und Höhe fest eingegrenzte Ausdehnung · (gehoben) für jemanden, etwas zur Verfügung stehender Platz · Kurzform für: Weltraum · geografisch oder politisch unter einem bestimmten Aspekt als Einheit verstandenes Gebiet · (Mathematik) Menge aller durch drei Koordinaten beschreibbaren Punkte · (Mathematik) Menge von Elementen, von deren speziellen Eigenschaften bezüglich einer Verknüpfung bzw. Abbildung man absieht http://www.duden.de/rechtschreibung/Raum

Erleben

Verhalten

Erleben besteht aus allen psychischen Phänomenen wie Empfinden, Wahrnehmen, Denken, Vorstellen, Gedächtnis, Gefühle und Motive, die sich im Bewusstsein einer Person befinden. Erleben resultiert aus den aufgenommen Informationen aus unserer Umwelt sowie von unserem Körper. Diese Informationen werden verarbeitet (siehe auch Kapitel Auge und Wahrnehmung), wahrgenommen, bewertet und ergeben dann das Erleben. Erleben ist ein Begriff der Psychologie und eng mit dem Verhalten verbunden. Es wird zwischen emotionalem Erleben und kognitivem Erleben differenziert. Die beiden Formen sind eng verbunden und kaum isoliert zu erfahren. Kognition ist ein nicht einheitlich verwendeter Begriff. Er beschreibt grundsätzlich das Denken. Kognition kommt von lateinisch cognoscere, bedeutet ,erkennen‘, ,kennenlernen‘. Emotionen sind affektiv, also unbewusste Reaktion auf eine Wahrnehmung. Erleben resultiert aus Wahrnehmung mit allen Sinnen. Fühlen, tasten, schmecken, riechen, sehen, hören sowie Aufmerksamkeit und Achtsamkeit, aber auch körperliche Empfindungen, werden zum Erleben verbunden. (Brockhaus-Enzyklopädie 21. Auflage, Online, über www.munzinger.de)

Verhalten beschreibt alle Aktivitäten eines lebenden Organismus, meist als Reaktion auf Reize, die auf diesen einwirken. (Brockhaus-Enzyklopädie 21. Auflage, Online, über www.munzinger.de) Unter Verhalten fallen also alle beobachtbaren Handlungen. Verhalten ist eine aktive Reaktion auf die Wahrnehmung. Ist das Erleben noch subjektiv, ist das Verhalten eher objektiv, da Verhalten messbar und eindeutig erkennbar ist. Auch gleicht sich das Verhalten in Gruppen und Kulturen. Es gibt Verhaltensweisen, die gesellschaftlich erwünscht sind oder abgelehnt werden. Das Hände-Geben zur Begrüßung etwa ist eine dieser kulturspezifischen Verhaltensweisen. Im Umkehrschluss kann Verhalten von anderen Individuen wahrgenommen werden und bei diesen wiederum Erleben und dann Verhaltensreaktionen hervorrufen. Auch gebaute Umwelt kann Verhalten hervorrufen. Etwa erlerntes Verhalten: an der roten Ampel wird stehen geblieben. Hindernisse werden nicht eingerissen, sondern umgangen. Aber auch unbewusstes Verhalten, hervorgerufen etwa durch Farbwirkung: ruhiges Verhalten durch angenehme Farbgestaltung. Aber auch Streßreaktionen, wenn das Wahrgenommene zu komplex oder chaotisch zum einfachen Erfassen ist und etwa im öffentlichen Raum zu Verwirrung und Desorientierung führt.


nennt sich Architekturpsychologie und hilft, unser Verhalten zu verstehen.

Architekturpsychologie Definition

Wahrnehmung von Raum mit Sinnesorganen

„In einer ersten Näherung kann Architekturpsychologie, ähnlich wie andere Fachdisziplinen der Psychologie, als Lehre vom Erleben und Verhalten des Menschen in gebauten Umwelten definiert werden. Ziel ist es, menschliches Erleben und Verhalten in diesem Kontext zu beschreiben, zu erklären, vorherzusagen und zu verändern.“ (Richter, 2009, Architekturpsychologie, Seite 21)

Wie schon im Kapitel Mensch beschrieben, überwiegt der visuelle Reiz alle anderen Reize. Architektur nehmen wir aber auch tastend, riechend und hörend wahr, auch wenn uns diese Sinneseindrücke nur bewusst werden, wenn sie sich durch störende Reize in den Vordergrund drängen. Da diese Eindrücke nicht die Oberhand haben, werden sie viel zu selten bei der Planung unserer Umwelt berücksichtigt.

Erst seit Mitte der 80er Jahre gibt es empirische Belege für das Verhalten von Menschen im Raum und das Erleben von selbigem. Inzwischen ist die Forschung weiter voran geschritten. Die theoretischen Erkenntnisse können nun von all jenen, die an der Formung unserer gebauten Umwelt beteiligt sind für deren Erschaffung und Optimierung eingesetzt werden. Neben der Architekturpsychologie gibt es noch die Umweltpsychologie, die sich mit der natürlichen, nicht erbauten Umwelt beschäftigt. Im Bereich der Landschaftsarchitektur überschneiden sich die Disziplinen.

Bei jedem Schritt, den wir in unserer Umwelt tun, werden wir auch den Boden ertasten, bei jedem Öffnen einer Türe warmes Holz oder kaltes Metall spüren. Es ist ein Unterschied, ob wir auf glatten Mamorböden gehen oder auf klebrigem Teer im Sommer. Ein Kiesweg macht andere Geräusche als ein gepflasterter Pfad. Hallt es in einem Raum sehr stark, werden wir Gespräche und übermäßige Bewegung, vielleicht sogar gleich auf hartes Schuhwerk verzichten. Ein Basar im orientalischen Kulturkreis ist auch olfaktorisch zu erfahren. Ein Raum mit frischem Holzboden oder neuen Vollholzmöbeln riecht angenehmer als das Linoleum in einer Klinik. Wir fühlen uns direkt wohler, wenn der Raum angenehm riecht.


Raum Allgemein 1. in der Regel dreidimensional (mit Länge, Breite und Höhe) gedachte, nicht fest eingegrenzte Ausdehnung. 2. in diesen Dimensionen fest eingegrenzte Ausdehnung (z.b. umbauter Raum, Zimmer). Mathematik Im engeren Sinn ein ohne feste Grenzen sich nach Länge, Breite und Höhe ausdehnendes Gebiet (Anschauungsraum). Im weiteren Sinn Bezeichnung für jede mit einer bestimmten Struktur versehene Menge x von Elementen, die eine Abstraktion bzw. Verallgemeinerung des gewöhnlichen Anschauungsraums darstellt.

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Physik Aus der Geometrie entwickelter, grundlegender Begriff der Physik, der sich als dreidimensionaler physikalischer Raum in der Ausdehnung, der gegenseitigen Lage und den Abständen der “in ihn eingebetteten” materiellen Dinge manifestiert und durch Messungen mit Hilfe geeigneter Massstäbe konkretisiert wird. Die Aufeinanderfolge und Dauer von Bewegungsabläufen und physikalischen Prozessen im Raum drückt sich in der Zeit als ordnendem Parameter aus. Die Vorstellung eines absoluten Raums in der klassischen Physik geht auf Isaac Newton zurück, nach dem der Raum “vermöge seiner Natur und ohne Beziehung auf einen äusseren Gegenstand stets gleich und unbeweglich bleibt”. Danach ist der Raum ein unendliches, euklidisches Kontinuum, das unabhängig von den in ihm befindlichen Dingen und Vorgängen besteht. Eine tiefgreifende Wandlung des Raumbegriffs erfolgte zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch die Erkenntniskritik Albert Einsteins in der Relativitätstheorie. Die spezielle Relativitätstheorie sagt aus, dass die Ergebnisse von Längen- und Zeitmessungen vom relativen Bewegungszustand des Beobachters bezüglich des Messobjekts abhängen. Ein absolutes und daher bevorzugtes Bezugssystem existiert nach ihr nicht, ebensowenig wie eine absolute Zeit.”

Brockhaus Enzyklopädie, Mannheim, 1996, Seite 100 - 101 Im Prinzip verstehen wir als Raum auch unsere Umwelt, alles was uns umgibt. Sprachlich werden auch Regionen oder Bereiche als Raum bezeichnet, etwa der asiatische Kulturraum oder der Raum Freising. Auch gebaute Umwelt kann Raum schaffen: Freiraum, Innenraum, etc. Der Begriff Raum ist also nicht auf das Zimmer begrenzt, sondern fügt sich in die Kategorien geographischer Raum, Lebensraum und architektonischer Raum. Sprachgeschichtlich findet sich im Althochdeutschen der Begriff „rum“ für weit und geräumig, von dem Raum wohl abstammt. Im Grimmschen Wörterbuch ist „räumen“ zu finden im Sinne von Raum schaffen für etwa eine Siedlung. Ursprünglich ist Raum also auf den Platz zum Siedeln und Lagern zurück zu führen. Grundsätzlich ist dieser Begriff also auch mit positiven Emotionen wie Sicherheit, Geborgenheit konnotiert. (http://woerterbuchnetz.de/DWB/ das Grimmsche Wörterbuch im Internet) Das Raumverständnis hat sich über die Jahrhunderte gewandelt. Bei Aristoteles ist der Raum noch umschlossen und endlich. Im 16. Jahrhundert entstand die Idee vom Unendlichen Raum. Als Umraum oder Zwischenraum steht er im Bezug zu den Dingen, die sich darin befinden. Raum wird immer komplexer und wird als Ordnungssystem und Bezugssystem verstanden. Auch wandelt sich der Begriff je nach Kontext. So wird schon in der Begriffsbeschreibung sowohl im Duden als auch in der Brockhaus Enzyklopädie unterschieden zwischen mathematischer, physikalischer und allgemeiner Bedeutung. Die philosophische Bedeutung fügt dem eine nochmal schwerer zu fassende Bedeutung hinzu. Markus Jatsch schreibt dazu in seiner Dissertation am Lehrstuhl für Raumkunst und Lichtgestaltung der TUM:

„für die philosophie des idealismus und der romantik gehört der raum zum “aussersichsein” des geistes (g. w. f. hegel), er ist das “äussere” oder extensive gegenüber dem “inneren” oder intensiven. für novalis ist raum äussere zeit, für f. w. j. schelling angehaltene zeit, während zeit fliessender raum ist. die lebensphilosophie ordnet den raum dem verstand zu. er zeige die welt räumlich, teilbar, messbar, während ihr eigentliches wesen das bewusstsein, die unteilbare schöpferische zeit sei (h. bergson). indem die existenzphilosophie den menschen als in-der-welt-sein und mit-sein nimmt, gehören für sie örtlichkeit und räumlichkeit in die grundstruktur des daseins, während die zeitlichkeit der ursprüngliche ontologische grund der existentialität des daseins ist.“ (Jatsch, 2002, Raumentgrenzung, Seite 81) Das wohl bekannteste philosophische Werk zu Mensch und Raum ist von Otto Friedrich Bollnow. „[...], schien der Raum philosophisch weniger fruchtbar, weil er nur der äußeren Lebensumgebung des Menschen anzugehören schien.“ schreibt er auf Seite 14 zum Einstieg. Dennoch beschäftigt er sich mit dem Raum aus philosophischer Sicht über viele hundert Seiten. Zunächst stellt er fest, dass die Abgrenzung vom mathematischen und physikalischen Raum vor allem durch das Erleben des Menschen geschieht. Somit verschiebt sich etwa der gefühlte Mittelpunkt des Raumes auf das Erleben des Menschen und dessen Aufmerksamkeitsschwerpunkt. Gerade erlebte Strecken unterscheiden sich von mathematischen Strecken. Der erlebte Raum unterscheidet sich vom Zimmer. „Wir sprechen, [...], von einem erlebten Raum und meinen damit den Raum, wie er sich dem konkreten menschlichen Leben erschließt.“ So unterscheiden sich also der mathematische und der erlebe Raum von einander. Der Raum als gebautes Umfeld ist zwar objektiv existent, wird jedoch von jedem Menschen subjektiv und unter Einfluss von Kultur, Charakter, Stimmung und Persönlichkeit wahrgenommen. Durch den Prozess der Wahr-


3 | Raum nehmung wird individuell bewertet und beurteilt. Somit muss sich die Raumwahrnehmung von Mensch zu Mensch unterscheiden. Die Raumbildung der westlichen Architektur beschreibt Jatsch: „das prinzip der raumbildung durch umschliessung zielt auf eine wahrnehmbare verbindung der einzelnen raumbildenden teile hin. baukörper oder bauteile müssen in eine wechselbeziehung gebracht werden, damit raum entsteht. wenn von raum als etwas umschlossenem gesprochen wird, so ist diese aussage die folge einer wahrnehmung. man kann also vom architektonischen raum als einem wahrnehmungsraum sprechen. dabei ist der raum wahrnehmbar an seiner begrenzung. wäre keine begrenzung vorhanden, könnte auch kein raum wahrgenommen werden. das, was man als raum in der architektur bezeichnet, ist also erst dann für den betrachter existent, wenn die begrenzung errichtet ist und wahrgenommen werden kann.“ (Jatsch, 2002, Raumentgrenzung, Seite 84) Raumbildung von Innenräumen lässt sich sehr schön am Beispiel Fenster verdeutlichen. Ein Standardfenster in einer Wand wirkt eher wie eine Grenze oder ein Bild. Je größer das Fenster wird, desto eher werden Innen- und Aussenraum verbunden. Am stärksten ist der Effekt, wenn die Öffnung sich in der Raumecke befindet und Raumhoch ist. Die Ecke als raumdefinierendes Element ist nicht mehr vorhanden, der Raum wird als hier fortlaufend empfunden. „Der offene Raum, als primäres Element, als Zone, ist eine Erfindung der Moderne.“ heisst es im Buch „Grundlagen der Architekturwahrnehmung“. (Grütter, 2015, S 138) Bild: selbst, Museum Kolomba, Köln, 2011

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Raumtypologie Räume lassen sich nach verschiedenen Kriterien unterteilen. In der Architektur wird grundsätzlich zwischen Innenraum und Aussenraum unterschieden. Diese Räume werden dann weiter in privaten, gemeinschaftlichen und öffentlichen Raum unterteilt. Diese weitere Unterteilung gilt für den Innen- und Aussenraum gleichermaßen. „in der ausbildung des inneren liegt der keimpunkt der architektur. der innenraum ist ein geschlossener raum, der durch eine scharfe grenze vom aussenraum als der aussenwelt geschieden ist. erst durch die abgeschlossenheit konstituierte sich das innere zum raum, zu einer eigenen raumform. die geschlossenheit als abgrenzung zur aussenwelt lässt die eingeschlossene als innenwelt entstehen. dem grad der öffnung zwischen innen und aussen kommt hier in besonderem masse bedeutung zu.“ (Jatsch, 2002, Seite 81) Die Abgrenzung von Innen- und Aussenraum unterliegt sowohl zeitlichen Trends sowie kulturellen Einstellungen. Auch klimatische Bedingungen haben großen Einfluss auf die Art der Raumöffnungen. Im westlichen Bauen finden sich überwiegend geschlossene Bauten. Die Öffnungen sind verhältnismäßig klein gehalten. Eine Verbindung zwischen Aussen- und Innenraum ist nicht selbstverständlich. Im asiatischen Raum, gerade in der japanischen Bauweise ist der Bezug zwischen Natur und Wohnraum viel größer. Statt kleinen Fenstern und Türen gibt es hier verschiebbare Wände. In Regionen mit einheitlichem Klima wird teilweise ganz auf Wände verzichtet. Zonierung geschieht hier durch die Tragkonstruktion. Dach und Boden sind dabei gerade in der Regenzeit wichtig zum Schutz und definieren den Bereich Wohnraum. Privatsphäre wird bei Bedarf durch Vorhänge geschaffen. Sonst sind hier Innen- und Aussenraum nicht weiter voneinander abgegrenzt.

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Wahrnehmbare Räume entstehen auch durch Wechselbeziehungen von Objekten ohne klare

Verbindungen der raumbildenden Elemente. So haben 1995 Arne Branzell und Young Chul Kim Zwischenräume untersucht. Neben den Räumen zwischen Personen wurde untersucht, welche Formen Raumwirkung erzielen und wann dieser wahrgenommen wird. P. G. Richter beschreibt diesen Vorgang wie folgt: „Prinzipiell gibt es zwei Arten, wie Menschen Zwischenraum begreifen: quantitativ und qualitativ. Zum einen wird Raum bzw. Zwischenraum beschrieben als ein Set messbarer Quantitäten von Ausbreitung. Die Ausbreitung wird in messbaren Distanzen, Flächen und Volumina wiedergegeben. Damit wird Zwischenraum als homogener und neutral leerer Raum beschrieben. Dieser Aspekt scheint wesentlich im praktischen Leben, wenn man zum Beispiel an ein zu errichtendes Gebäude denkt oder daran, wie Gepäck in einem Schrank verstaut wird. Unter dem qualitativen Aspekt hingegen beschränkt sich die Existenz eines Objektes nicht ausschließlich auf seine physikalische Größe. Hier wird Zwischenraum als ein dynamisches Feld beschrieben, das von materiellen Objekten abhängig ist. Analog zum Feldkonzept in der Physik wirkt ein Objekt auf seine Umgebung, indem es ein unsichtbares Feld von Kräften induziert.“ (Richter, 2009, Seite 334) Je nach Größe, Form, Anordnung und Kontext, also Umfeld, in dem die Objekte stehen, kann somit Raum geschaffen werden. Hierbei spielen die Gestaltgesetze wieder eine große Rolle, die im Kapitel Auge und Wahrnehmung beschrieben werden. Diese durch Abstände geschaffenen Räume spielen in der Stadtgestaltung sowie der Zonierung von Innenräumen eine große Rolle. Ohne Wege vorzugeben können so Bewegungsströme gelenkt werden, Ruhezonen geschaffen und Menschen auf emotionaler Ebene angesprochen werden. Zwischenräume sind zur Objekt- bzw. Gestalterkennung notwendig. Sie isolieren einzelne Objekte. Durch die Zwischenräume und Abstände können wir Tiefe wahrnehmen. Ab-


3 | Raum stand zeigt die Beziehung zwischen Teilen. Erst durch einen Zwischenraum werden Objekte eigenständig. Ist der Abstand zu groß, herrscht kein Bezug mehr zwischen den Elementen. Raum zwischen Gebäuden schafft erst öffentlichen Raum als Straße oder Platz. Für die Wirkung des Zwischenraums sind Form und Größe der Objekte entscheidend. Sind diese zu klein und der Abstand oder Zwischenraum zu groß, entsteht Leere. Räume lassen sich auch nach sozialen Kriterien unterscheiden. Hier ist die Zugänglichkeit entscheidend: „der öffentliche Raum ist jedermann zugänglich, gemeinschaftliche Freiräume sind jeweils nur einem überschaubaren Kreis von Anwohnern zugänglich, Fremde werden zumindest mit symbolischen Mitteln vom Eindringen abgehalten, private Freiflächen sind ihrer sozialen Natur nach nur für Haushaltsmitglieder und eingeladene Gäste zugänglich« Zitat von Fester u.a.1983, 65, im Vorlesungsskript „Baustein Raum und Verhalten – soziale Raumcharakteristika“, Prof. Klaus Selle, RWTH Aachen Wie diese Räume genutzt werden, kann zwar von Planer erdacht werden, das tatsächliche Verhalten kann davon jedoch abweichen. Jeder Mensch möchte Spuren hinterlassen und sich seine Räume aneignen. Geschieht das im privaten Raum noch weitgehend frei, so muss man sich in gemeinschaftlichen Räumen schon mit den Mitmenschen auseinander setzen. Bieten diese Flächen gar keine Möglichkeiten zur persönlichen Gestaltung, werden diese Bereiche möglicherweise gar nicht genutzt. Dazu heißt es weiter im Vorlesungsskript: „Es gibt erwünschtes und abweichendes Verhalten: Im Raum wirken soziale Normen. Mal sind sie – zum Beispiel in Parkordnungen oder Hausordnungen (etwa bei Passagen) – niedergeschrieben, mal liest man sie aus der räumlichen Situation (dem sog. Behavior Setting) ab: So wird man sich in einem anscheinend öffentlichen Raum anders verhalten als auf der eigenen Terrasse. Sofern es sich nicht klar um Gesetze und aufgeschriebene

Regeln handelt, die gebrochen werden (z.B. Sachzerstörung, Gefährdung Dritter), ist der Umgang mit abweichendem Verhalten immer auch eine Frage des sozialen Umfeldes – wie man etwa an den Konflikten um das Grillen in Parks, die Nutzung von Treppen, Geländern u.ä. durch Skater etc. sieht.“ Eine weitere Klassifizierung wäre nach dem Gebäudetyp möglich. Etwa Wohnraum, sakraler Raum, Arbeitsraum, Lagerraum etc. Für die Anwendung von interaktivem oder beeinflussendem Licht ist jedoch eher die Raumnutzung und ganz besonders das Verhalten und die Art der Bewegung im Raum interessant. In einem Durchgang sollen sich die Menschen anders verhalten als auf einem Platz. In einem Foyer darf mehr Bewegung statt finden als in einem Wartezimmer. Eine Unterteilung nach der Bewegung scheint hier geeignet, muss jedoch in Zusammenhang mit Zielgruppe und Anzahl der Nutzer gesetzt werden. Denkbar wären drei Kriterien der Bewegung: gerichtete Bewegung, ungerichtete Bewegung und Ruhe. Gerichtete Bewegung findet sich etwa bei Zugängen an Bahnhöfen, U-Bahnstationen, in Museen, bei vorgegebenen Wegen. Ungerichtete Bewegung findet sich auf Plätzen und in Hallen, hier überwiegend wenn es mehrere Zugänge gibt. Wenig Bewegung sollte etwa in Wartezimmern herrschen. Auch zur Klassifizierung geeignet ist der gewünschte Raumeindruck, ebenso in Abhängigkeit von Raumnutzer und Nutzeranzahl. Bei einem Wartezimmer in einer Arztpraxis ist bei geringer Auslastung eher ein gemütlicher Raum gewünscht, bei Erhöhung der Zahl der Wartenden soll der Raum eher größer und vor allem sauber wirken. Die Patienten möchten sich ja nicht aneinander anstecken. Bild: selbst, Zwischenraum, 2013

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Exkurs · Zwischenraum

Zwischenräume sind nicht nur zum guten Erkennen von Konturen und somit zur Objekterkennung wichtig. Auch in der Natur finden sich einige sehr interessante Zwischenraum-Phänomene. Bisher noch nicht vollkommen erklärt aber sehr interessant ist die „crown-shyness“ der Kapurbäume. Beim Blick in die Baumkronen lassen sich auf Anhieb die einzelnen Bäume erkennen. Berühmt ist FRIM für ein Natur-Phänomen: die „treeshyness“, die „Schüchternheit der Kapurbäume“. Aus dem Extrakt des Baumes wird Kampfer hergestellt, und so wurde noch zur Kolonialzeit eine Testpflanzung angelegt. Die Bäume bilden heute ein schattenrissartiges Blättergespinst, ohne dass sich ihre Kronen jemals berühren. Auch wenn der Tropenwind über die Wipfel streicht, bleibt die klar abgegrenzte Form der Kronen erhalten: „Einige unserer Forscher vermuten, dass die Blätter eine

Chemikalie enthalten, die bei Berührung dazu führen könnte, dass die Blätter abfallen. Andere glauben an eine Art Magnetismus; dass die Blätter derselben Spezies alle positiv geladen sind, und sich deshalb gegenseitig abstoßen. Gehen Sie in den Regenwald selber, da wachsen Kapurbäume niemals zusammen und ‚schüchtern‘ gegenüber anderen Baumsorten sind sie dort jedenfalls nicht.“ http://www.deutschlandfunk.de/schuechterne-baeume.697.de.html?dram:article_id=75311 Der Unterschied zu einem hiesigen Läubblätterdach ist eindeutig sichtbar. Dort sieht man beim Blick nach oben sich überlagernde Ebenen, ein mit bloßem Auge undurchdringliches Gewirr aus verschiedenen Blätter- und Grünarten. Nur durch die unterschiedlichen Wuchshöhen und geformten Blätter lassen sich dann

3 | Raum

die einzelnen Äste den umstehenden Bäumen zuordnen. Buchen und Pinien, welche auch in unseren Breitengraden vorkommen, zeigen ein ähnliches Verhalten von Schüchternheit. Jedoch ist deren Abgrenzung nicht so ausgeprägt. Bild oben: http://razvanciuca.com/wp-content/uploads/2013/02/Crown-shyness-Kapur-tree_2.jpg Bild links: https://i.imgur.com/IpIZHI4.jpg

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Raumwahrnehmung

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Wie schon im Kapitel Mensch beschrieben, gibt es die Gestaltgesetze. Diese beschreiben Muster, die Menschen in der Regel alle gleich wahrnehmen. Auch hier wird durch das Hirn interpretiert, es bleibt also nicht bei der reinen Abbildung des Musters auf der Retina. Dennoch läuft diese Interpretation nicht individuell verschieden, sondern bei jedem Menschen gleich ab. Gute Beispiele sind hier Muster, die auf der Grundlage der guten Fortsetzung und der einfachen Gestalt basieren. Neben diesen allgemeingültigen Automatismen der visuellen Wahrnehmung gibt es natürlich noch die individuell verschiedene Interpretation. Hier wird der aufgenommene Reiz mit erlerntem verglichen, mit Emotionen besetzt und dann interpretiert. Dass hier bei jedem Menschen etwas anderes wahrgenommen wird, ergibt sich von selbst. Neben der Bewertung des Gesehenen wird schon beim Sehen selbst, besser: dem bewussten Schauen, schon der Fokus unterschiedlich gewählt. Je nach Person wird das Interesse und somit die Aufmerksamkeit auf individuelle Elemente gelenkt. Nach der unterschiedlichen Aufnahme von visuellen Reizen werden diese nach Erlerntem und Erlebtem verarbeitet und bewertet. Visuelle Aufmerksamkeit lässt sich in reizabhängige und zielgerichtete Aufmerksamkeit unterteilen. Zielgerichtete Aufmerksamkeit wird durch das Experiment mit den Ballspielern von Christopher Chabris und Daniel Simons sehr deutlich. Hier bekommt der Betrachter die Aufgabe, die Ballwechsel zwischen den weißen oder den schwarzen Spielern zu zählen. Diese Aufgabe nimmt den Probanden derart in Anspruch, seine Aufmerksamkeit ist zielgerichtet, dass das Hirn den mittig durch die Szene laufenden Gorilla aussortiert, dieser wird nicht bewusst wahrgenommen. Dieser Vorgang wird auch „change blindness“ bezeichnet. Matthias Graf von Ballestrem fasst in seiner Dissertation „Nebenbeiraum“ zur Aufmerksamkeit zusammen: Die Zuordnung von Aufmerksamkeit ist zusammenfassend einerseits davon abhängig, welche Informationen wir

in einer bestimmten Situation benötigen, um aktuelle Aufgaben zu erfüllen, Entscheidungen zu treffen oder zu reagieren, andererseits von unserer momentanen geistigen Verfassung und unserer individuellen Prägung und Konditionierung. (Ballestrem, 2013/2014, Nebenbeiraum, Seite 86) Raum wird grundsätzlich über Tiefenhinweise wahrgenommen. Diese Hinweise sind etwa die perspektivische Verkleinerung bzw. relative Größe, der erkennbare Detailgrad, die Objektschärfe, Verdeckung und Überschneidung oder auch die Farbintensität und Verblauung. Diese Tiefenhinweise finden sich in zweidimensionalen Bildern häufig wieder, um dort räumlichen Eindruck zu suggerieren. Ob der Raum selbst dabei dreidimensional oder ein zweidimensionales Abbild ist, wird über das stereoskopische Sehen ermittelt (siehe hierzu Kapitel Mensch). Einige dieser Effekte wurden auch in gebauten Räumen, etwa im Barock, angewendet. Als räumliche Illusionen beeinflussen sie dabei die Wahrnehmung des Betrachters. Als Beispiel beschreibt Ballestrem hier den Petersplatz in Rom. Der ovale Hauptplatz verläuft mit seiner Längsachse parallel zur Fassade. Dadurch liegt sein kürzerer Durchmesser zwischen Ankömmling und Domportal. Die Mitte des Platzes ist abgesenkt, so dass sich der Platz jenseits seines Tiefpunktes dem Betrachter mitsamt der Kirchenfassade entgegenklappt. Darüber hinaus streben die flankierenden seitlichen Kolonnaden der „Piazza Retta“ zwischen dem ovalen eigentlichen Petersplatz und der Fassade auseinander. Dadurch verkürzt sich ihre Ansicht stark und sie wirken kürzer als sie in Wirklichkeit sind. Das wird noch dadurch unterstützt, dass die Größe der Statuen auf den Kolonnaden zur Kirche hin zunimmt, um der natürlichen perspektivischen Verkleinerung entgegenzuwirken. Dieser Wahrnehmung widersprechen wiederum andere, natürliche Tiefenhinweise wie

die Verblauung der Luft, die perspektivische Verkleinerung der Menschen zur Fassade hin und die Textur des Materials, die in der Entfernung immer dichter wird. Es entsteht eine Widersprüchlichkeit der Reizinformationen, welche Kent Bloomer und Charles W. Moore zu der Feststellung bringt, die eigentliche Qualität dieser Komposition von Bernini bestünde nicht in der Illusion von Nähe, sondern in der Widersprüchlichkeit, die zwischen den Reizinformationen entstehe. (Ballestrem, 2013/2014, Nebenbeiraum, Seite 134 und 135, Bezug zu Mavrikios (1965) und Bloomer, Moore (1977) Als weiteres Beispiel für gebaute, visuelle Illusion zieht Ballestrem das Palazzo Spada in Rom heran. Hier hat der Architekt Bartolomeo Baronino einen Gang erbaut, der weit und lang wirkt. Das ist jedoch rein optische Wirkung. Praktisch steigt der Boden an, die Decke wird niedriger, die Säulen kürzer und schmäler. Hier wurden die Tiefenhinweise in Stein erbaut um dem Platzmangel zu trotzen und räumliche Weite zu schaffen. Leider wird hier die Nutzbarkeit zu Gunsten einer rein optischen Wirkung vernachlässigt, dieser Teil des Baus ist somit eher Spielerei denn nützliche Architektur. Um Gebäude, Räume und somit Volumen erkennen zu können, ist die Kontur wichtig. Diese entsteht durch den abrupten Wechsel von Schattierung oder Farbe zwischen Objekt und Hintergrund. Im Rahmen der Gestaltgesetze wurden Scheinkonturen vorgestellt. Diese werden vom Hirn ergänzt, um Objekte einfacher wahrnehmen zu können. Umgedreht werden etwa durch Camouflage-Muster Konturen absichtlich aufgelöst, das Objekt kann nicht mehr vom Hintergrund abgesetzt werden. Beim Militär oder Erlkönig-Fahrzeugen findet diese Technik Anwendung. Das Hirn versucht dem Informationsfluss mittels primärer Selektion der Abbildung auf der Retina und späterer Interpretation und Ergänzung Herr zu werden. Diese Funktion wurde auch schon im Kapitel Mensch angerissen


3 | Raum und mit biambigen Bildern verdeutlicht. Diese Form der Entscheidung des Hirns für eine Interpretation gibt es auch im gebauten Raum. Schwierig wird es hier, wenn alle Interpretationen gleichsam möglich sind und somit keine Möglichkeit dominiert oder verworfen werden kann. Zusätzlich spielt hier die Wahrnehmung von Zwischenräumen als eigenständiges Volumen wie im Abschnitt Raumtypologie beschrieben eine Rolle. Durch Bewegung im Raum und ständiger Neuinterpretation wird jedoch eine kontinuierliche Wahrnehmung erreicht. Ballestrem veranschaulicht anhand einer Säulenhalle: In der Säulenhalle von Córdoba können wir uns also entweder dem einen Korridor, oder dem anderen zuordnen, nicht aber beiden gleichzeitig. Vergleichbar mit dem „Necker Würfel“ stellt auch ein einzelner, eingefrorener Blick zwei unterschiedliche Optionen der Interpretation zur Verfügung, zwischen denen wir spielerisch hin- und her wechseln können. Im Gegensatz zum „Necker Würfel“ verändert sich jedoch durch diesen schnellen Wechsel nicht nur das Anschauungsobjekt, sondern auch der Raum um uns herum. Wir können sozusagen den Raum wechseln, in dem wir uns befinden, ohne einen Schritt zu gehen. Im Falle der Säulenhalle von Córdoba wird der Vorgang komplexer, wenn sich der Betrachter zu bewegen beginnt. Die Zeichnungen der Abb. 54 zeigen eine Folge von 2 Blicken in die Säulenhalle. Die erste zeigt den schon besprochenen Blick 1. Nun wurde angenommen, dass der Betrachter anschließend einen Schritt nach vorne geht und dabei den Kopf leicht dreht. Die beiden Blicke 1 und 2 sollen also kurz hintereinander liegen. Sie wurden dabei bewusst so gewählt, dass sich folgende Veränderung zwischen den beiden Blicken ergibt: In Blick 1 bilden die Säulen und Bögen die oben beschriebenen zwei Korridore: einer verläuft mittig und ein zweiter nach rechts hinten. In Blick 2, nur einen Schritt weiter, ist der rechte Korridor aus dem Blickfeld verschwunden. Gleichzeitig öffnet

sich ein neuer Korridor auf der linken Seite im Blickfeld. Wo also eben noch nur eine Mehrdeutigkeit bestand, entsteht nun eine weitere und damit wiederum eine neue Entscheidungsmöglichkeit für den Betrachter, sich zu verorten. […] Während wir uns durch

den Raum bewegen oder aber einfach unseren Blick in die Tiefe des Raumes richten, stehen die visuellen Reize in einem Wettbewerb um den Einfluss auf unsere Interpretation. Dadurch werden in einem unwillkürlichen, dynamischen Wechsel durch die Wahrnehmung immer wieder neue Raumvolumen

Abb. 54: Säulenhalle der Moschee von Córdo Blick 1 b: Blick 1 c: Korridore hervorgehob e: Blick 2 f: Korrid

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Säulenhalle der Moschee von Córdoba, Gründungsmosche. a: Korridore in Blick 1 b: Blick 1 c: Korridore hervorgehoben d: Überlagerung von Blick 1 und 2 e: Blick 2 f: Korridore in Blick 2. Abbildung aus Nebenbeiraum, Matthias Graf von Ballestrem, 2013/2014, Seite 156

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um den Betrachter herum erschaffen, ohne dass er notwendigerweise seine bewusste Aufmerksamkeit darauf richten muss. Volumen entstehen, wechseln sich ab und verschwinden wieder. Sie umgeben ihn nur für einen Moment, werden durch einen Schritt oder eine Kopfdrehung betreten oder verlassen. Obwohl die Objekte kontinuierlich als Teil einer zusammenhängenden Umgebung wahrgenommen werden verändert sich gleichzeitig ihre räumliche Interpretation. Nebenbeiraum, Matthias Graf von Ballestrem, 2013/2014, Seite 155f und 159

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Die Architekturpsychologie als Nieschendisziplin bietet nach wie vor kaum konkrete Handlungsanweisungen für die Architektur. Anhand einzelner Studien und Experimente lassen sich Punkte für spezielle Situationen ableiten, etwa dass der Blick ins Grüne den Heilungsprozess positiv beeinflusst, Patientenzimmer somit Fenster auf Parks oder Bäume aufweisen sollten. Architekturpsychologie – eine Einführung; Peter G. Richter, 3. Auflage 2009 Über die Gestaltung des gesamten Gebäudes oder auch nur des Innenraumes sagt das jedoch nur wenig. Aus dem Verständnis des Wahrnehmungsprozesses lässt sich eher anhand bestehender Gebäude zeigen, wie diese wohl gesehen werden und vielleicht auf den Betrachter wirken. Für den Entwurfsprozess lässt sich nur wenig ableiten. Da aktuell auch eher zu einzelnen Aspekten im Raum und nicht zur Wahrnehmung des Raumes selber geforscht wird, steht zu vermuten, dass hier zunächst keine validen Ergebnisse zu erwarten sind. Geforscht wird auch hier hauptsächlich mit wirtschaftlichem Nutzen. Groß angelegte Studien finden sich zu allen Aspekten von Verkaufsräumen in Hinblick auf Attraktivitätssteigerung und Aufmerksamkeitserzeugung. Diese Studien sind aus wirtschaftlichen Gründen nicht vollständig einsehbar. Für Wohnraum, notwendige Verkehrs- und Nutzräume gibt es noch weniger Daten. Wie wir Raum wahrnehmen ist bisher nicht ausreichend geklärt, obwohl wir von Geburt an

mit der Wahrnehmung unserer gebauten Umwelt konfrontiert sind. Man erwartet ja vieles, wenn man einen Raum betritt, der in irgendeinem künstlerischen Zusammenhang stehen soll. Aber das [sic] sich plötzlich aus dem Nichts eine Wolke manifestiert, die anmutig in die Höhe steigt und von Scheinwerfen durchleuchtet für einen Augenblick in der Luft verweilt, war mir neu. Wenige Momente später schon, ist dieses sanfte, ästhetische Erlebnis auch schon wieder vorüber und es bleibt nur das Gefühl, dass sich unser gewohntes Raumgefühl kurzfristig verschoben hat. Um eben diesen Effekt der veränderten Raumwahrnehmung geht es dem niederländischen Künstler Berndnaut Smilde in seinen Arbeiten Nimbus I und II, die er mal in einer Kirche, mal im musealen Kontext produziert. Er spielt mit unserem Verständnis von Begrifflichkeiten wie Drinnen und Draußen, Vergänglichkeit und Bestand. Und man fragt sich, ob sich uns das Bild der Wolke nicht eben wegen ihrem nur temporären Auftritt besonders beständig ins Bildbewusstsein einprägt. So gestochen scharf, wie aus einem Gemälde der niederländischen Landschaftsmalerei entnommen, sollen seine Wolke [sic] sein. Eine weitere Idee, die ihn zu seiner Arbeit inspirierte beschreibt Smilde mit einer gewissen Ironie: ‘I imagined walking into a classical museum hall with just empty walls. There was nothing to see except for a rain cloud hanging around in the room… I wanted to make a very clear image, an almost cliché and cartoon like visualisation of having bad luck: Indeed, there’s nothing here and bullocks, it’s starting to rain!’ http://www.ignant.de/2012/03/27/berndnaut-smilde/ Die von Berndnaut Smilde erschaffenen Wolken erhalten viel von ihrer Wirkungskraft erst im Spiel mit dem Raum. Meist sind schon die Räume für sich selbst interessant und regen den Betrachter zum Dialog an. Hat unsere Wahrnehmung im Raum Formen und Körper gesucht, Superzeichen gebildet und diese Interpretiert, wird all das durch eine einfache Wolke wieder zerstört. Der gesamte Prozess von Erkennen, Bewerten, Interpretieren und Wahrnehmen muss erneut beginnen. Bild: http://lartduplan.com/wp-content/uploads/2014/03/IMG_6150.jpg


3 | Raum

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Exkurs 路 Axiom and Simulation

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3 | Raum Imagine that you are walking in the woods observing various fictional figures to flow around the trees, some are peeled from the solid ground. How would your human eyes react on this? And then, what is the heterogeneity between something natural and something unnatural, the ordered and the deconstructed? Having as an axiom his imaginary and a camera as gear, Mark Dorf explores the external environments that surround us. In his latest work ‘Axiom and Simulation’, which took place in Skagaströnd, Iceland, he conceptualizes a photographic series in order to convice about the power that the human beings have as to manipulate a real world-process. Dorf ’s work is a staright-forward reminder that at the end of the day we perceive the surroundings in our very own way, nevertheless, our minds are always conditioned to accepting nature as nature. The series has a flair, blending the fields of sculpture and photography, and the natural with the digital. One could describe it minimal yet complex, as the result is architecturally precise and the beauty of his photos are forged by the same natural habitat. In his work context, Dorf achieves an environment rendering the physical objects and spaces – reminiscent of the severe natural landscapes of Iceland. By questioning ‘what did create them?’, we are expieriencing an extraordinary spectacle. ‘When observing these simulations and interpretations of our landscape within a single context or picture plane, ideas of accuracy, futility, and original experience arise’, the artist adds himself. The chances, however, that you could come across any of these forms would be nonexistent. But, in many times is good to employ the false vision to empahsise the true. Bilder und Text: http://www.ignant.de/2012/09/21/ axiom-and-simulation/ und http://mdorf.com/axiom. html Anhand dieser Bildserie von Mark Dorf lässt sich gut erkennen, dass in unserer Wahrnehmung aufgenommene Eindrücke verarbeitet und mit Erlerntem abgeglichen werden. Ergibt sich hier eine Diskrepanz zwischen dem von unserer Wahrnehmung Ergänztem und dem wirklich Sichtbaren, werden wir stutzig. Selbst wenn wir diese Elemente in einem anderen Kontext, etwa einem Rendering oder einer CAD-Zeichnung so erwarten würden und auch schon gesehen haben.

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Crowding, persönlicher Crowd wird übersetzt mit Menschenmenge, Ansammlung, Auflauf aber auch Gedränge oder Gewühl. Crowding heißt übersetzt zusammendrängend. In der Psychologie wurde Crowding in den 70er Jahren intensiv untersucht. Definiert wird Crowd hier als große, unorganisierte Menge, die in irgendeiner Form interagiert. Mit eben dieser Interaktion, ihren Ursachen und Folgen beschäftigten sich Proholsky, Stockols, Desor, Cohen, Schopler & Stockdale und andere. Crowding wird als Beengungserleben verstanden. Für das Erleben sind wieder eine Reihe individueller Faktoren entscheidend. Die messbare Enge oder Dichte ist dabei nur eine von vielen Komponenten. Auf Demonstrationen empfinden wir eine Menschenmenge weitaus angenehmer als in einem Bus oder in der Fußgängerzone. Auch der Raum selbst hat Einfluss auf das Crowding. An der TU Dresden wurde in einem Paper mit dem Titel „Forschungsorientierte Vertiefung zum Thema Zusammenhang zwischen dem subjektiven Erleben von Beengung und Persönlichkeitsmerkmalen“ aus dem Jahr 2008 ein Experiment von Desor beschrieben:

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Experimente von Desor (1972) Untersuchung: Desor (1972) bot den Versuchspersonen kleine Modellräume dar. In der Instruktion wurden sie gebeten sich vorzustellen eine Figur im Raum zu sein und so viele weitere Figuren in den Raum zu stellen wie möglich, ohne den Raum dabei zu überfüllen. Dabei wurden verschiedene Funktionen des Raumes vorgegeben, z. B. Partyraum oder Wartehalle im Flughafen. Des Weiteren wurden architektonische Variablen, wie das Vorhandensein von Trennwänden, die Raumgröße sowie der Grundriss variiert und die Auswirkungen auf die Anzahl der von den Versuchspersonen platzierten Figuren dokumentiert. Ergebnisse: a) In Modellräume mit Trennwänden wurden signifikant mehr Figuren hineingesetzt als in Räume ohne solche Separierungen.

b) In kleinere Räume wurden (relativ zur Raumgröße) mehr Figuren hineingesetzt, d. h. die von den Versuchspersonen hergestellte Figurendichte war in kleinen Räumen höher als in großen. c) In rechteckige Räume wurden mehr Figuren hineingestellt als in quadratische. d) In Modellräume, die als Partyraum deklariert wurden, setzten die Versuchspersonen mehr Figuren als in die Modell-Wartehallen.

Daher stellen die Versuchspersonen mehr Figuren in den Partyraum. Verstärkt wird dieser Effekt durch die Instruktion, in der die Versuchspersonen gebeten werden sich selbst als Figur im Raum zu sehen. (Eichler, Neustadt, Schmidt 2008, S. 8)

Die empirischen Ergebnisse unterstützen Desors Annahme, dass die soziale Stimulation das Ausmaß des Crowdings beeinflusst.

Intensivierungshypothese Die Intensivierungshypothese beschreibt Dichte nicht als Auslöser von Stimmungen oder Verhaltenstendenzen, sondern sieht in ihr eine Art Katalysator, der bereits zuvor vorhandene Stimmungen, Gefühle und Beziehungen verstärkt und sie so (mehr) zu erkennen gibt (nach Schultz-Gambard, 1985). Überlastungsmodell Das Überlastungsmodell von Cohen (1978) kann auch als Modell der Aufmerksamkeitskapazität beschrieben werden. Es geht davon aus, dass Crowding entsteht, wenn die zur Verfügung stehenden Aufmerksamkeitskapazitäten überschritten werden. (siehe auch Informationstheorie, u.a. in „Physiologie der Wahrnehmung“, in P.G. Richters „Architekturpsychologie“ u.a.) Störungsmodell Demnach kommt es beim Crowding durch die Anwesenheit oder das Verhalten Anderer dazu, dass die Erreichung eigener Ziele gestört wird. Unter Störung soll hier eine „Beschränkung, Unterbrechung oder eine Blockierung einer oder mehrerer zielgerichteter Verhaltensfolgen“ (zit. nach Richter, 2008, S.270) verstanden werden. Je nach Stärke, Häufigkeit und Dauer der Störung sowie nach Art der unterbrochenen Handlung, können verschiedene Intensitäten erlebt werden. […] Beengung durch Verletzung normativer Erwartung Ein weiterer Ansatz geht davon aus, dass Beengung durch die Verletzung normativer Erwartungen erlebt wird (vgl. Richter, 2008). So konnten beispielsweise die Versuche von

a) Durch die Trennwände werden Personen voneinander abgegrenzt und damit die Stimulation, die von ihnen ausgeht reduziert. Diese reduzierte Stimulation lässt auch das Beengungserleben sinken, wodurch mehr Figuren im Raum Platz finden, ohne diesen zu überfüllen. b) Der Effekt des reduzierten Crowdings durch Trennwände (a) besagt, dass in mehrere kleine Räume mehr Figuren gesetzt werden als in einen großen Raum, auch wenn sich die Größe der (Gesamt-) Grundflächen nicht unterscheidet. Das heißt, in einen halb so großen Raum werden mehr als halb so viele Figuren gesetzt, woraus sich eine höhere Figurendichte ergibt. Genau dieser Effekt wurde in dem Experiment zur Raumgröße auch gefunden, was als weiterer Beleg für die crowding-reduzierende Wirkung von Trennwänden darstellt. c) Ohne Trennwände kann die von einer Person ausgehende soziale Stimulation durch die Distanz zu ihr reguliert werden. In rechteckigen Räumen können größere Distanzen eingenommen werden. Dadurch ist eine stärkere Reduzierung der sozialen Stimulation möglich und es können folglich mehr Figuren in den Raum gesetzt werden. d) In der Bedingung, in welcher der Modellraum als Partyraum fungiert, ist die Toleranz der Versuchspersonen gegenüber Nähe zu anderen Personen - also sozialer Stimulation - größer als in der Wartehallenbedingung.

Desweiteren erläutern die Autorinnen verschiedene Erklärungsmodelle zum CrowdingPhänomen:


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Raum Desor (1972) zeigen, dass Menschen konkrete Vorstellungen hinsichtlich verschiedener Settings haben. Das heißt, es bestehen relativ feste, kollektiv geteilte Erwartungen welche Interaktiondistanzen und Dichtebedingungen in verschiedenen Situationen angemessen sind. […] Wird diese Erwartung bezüglich der Anzahl der Personen pro Raumeinheit unter- oder überschritten, muss sich die Person in ihrer Umwelt neu orientieren. […] Das Überbesetzungsmodell Das Überbesetzungsmodell nach Wicker (1979) konnte aus Arbeiten zur Analyse von „behavior settings“ abgeleitet werden. Behavior Settings beschreiben typisches Verhalten in bestimmten Kontexten (vgl. Barker, 1987). Wicker (1973) beschrieb außerdem mit seiner Erweiterung des „Manning-Konzept“ den Zusammenhang zwischen Personenanzahl in einem Setting und der Ausführbarkeit des Verhaltens. Crowding wird hierbei als „Überbesetzung“ konzeptualisiert, das heißt es ist ein Mangel an Positionen, Rollen oder Ressourcen - so genanntes „Overmanning“ vorhanden. Derartige Bedingungen führen zu einer Verringerung der sozialen Beteiligung, geringerer Gruppenzugehörigkeit sowie Gefühlen verminderten Gebrauchtwerdens (zit. nach Richter, 2008). Zentral ist hierbei, dass sich Dichte nur dann negativ auswirkt, wenn gleichzeitig wichtige Ressourcen verknappt werden. Das Kontrollmodell Das Kontrollmodell von Baron und Rodin (1978) basiert auf der Annahme, dass Beengungserleben nur dann auftritt, wenn hohe räumliche oder soziale Dichte zu einer Einschränkung bzw. zum Verlust persönlicher Kontrolle führt. Unter Kontrollverlust wird hier die „Fähigkeit, zwischen den eigenen Intentionen und den umweltbezogenen und umweltbeeinflussten Konsequenzen des eigenen Verhaltens einen Zusammenhang herzustellen“ (zit. nach Richter, 2008, S. 276) verstanden. […] (Eichler, Neustadt, Schmidt 2008, S. 9) Diese Erklärungsmodelle beschreiben recht

gut, weshalb wir uns in manchen Situationen nicht wohl oder gar überfordert fühlen und dann entsprechend reagieren. Daraus ableiten lassen sich verschiedene Möglichkeiten, Räume zu organisieren oder zu gestalten, um den Effekt des Crowdings zu vermeiden oder zumindest hinauszuzögern. Da jeder Mensch unterschiedlich reagiert, unterschiedliche Wahrnehmungsgrenzen hat und mit anderen Zielen aus dem Haus geht, ist das sicherlich keine leichte Aufgabe. Nicht nur beim Crowding sondern allgemein bei jeder Bewegung in Gesellschaft anderer Personen spielt der persönliche Raum eine Rolle. Das soziologische Prinzip der Distanzen geht auf E.T. Hall, Soziologe, zurück. Seine unter dem Begriff Proxemik 1966 veröffentlichte These hat bis heute Bestand. Er beschreibt kulturell unterschiedliche Distanzen, die Personen je nach Vertrautheit zwischen sich zulassen. Auf Über- oder Unterschreiten wird mit Irritation oder Zurückweichen reagiert. Diese Distanzen wurden später von der horizontalen auch noch in die räumliche Dimension erweitert. Sie nehmen Bezug auf Größen des menschlichen Körpers, etwa Extremitätenreichweiten, Gesichtswinkel oder andere Sinnesorgane wie den Geruchssinn (Schäfers, 2014). Im nordeuropäischen Raum endet der Interaktionsbereich erst nach etwa 7 m. Dieser Bereich wird öffentliche Distanz genannt. Im Rahmen von Unterricht oder Vorträgen ist dieser Abstand zu finden. In etwa 1,2 m bis knapp 4 m Abstand interagieren wir unpersönlich. Für Personen aus dem südlichen Europa ist dieser Bereich noch geringer. Zwischen 45 cm bis 1,2 m wird von persönlichen Distanz gesprochen. Verwandte oder gute Freunde dürfen in diesen Bereich eindringen, andere Personen in diesem Bereich werden als aufdringlich empfunden. Der intime Bereich reicht etwa bis 45 cm Abstand und schließt Körperkontakt nicht aus. Hier werden nur ausgewählte Personen zugelassen. Diese Distanzen oder Zonen sind je nach Situation und dem Gegenüber unterschiedlich.

Neben der persönlichen Beziehung zum Interaktionspartner spielen der soziale Status sowie die kulturelle Prägung eine Rolle. Der größte Abstand wird direkt nach vorne notwendig. Zur Seite hin nehmen die geforderten Abstände etwas ab. Beschrieben wird, dass intovertierte, ängstliche oder gewalttätige Personen größere Distanzen einfordern. Werden die Distanzen unterschritten ohne die Möglichkeit der Flucht zu haben, etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln, wird mit Reserviertheit reagiert. Frontal nach vorne sind die Distanzen am größten. Zur Seite werden die benötigten Distanzen schon geringer. Hinter uns nehmen wir weniger wahr und lassen somit auch andere Personen näher an uns heran.

intime Zone

persönliche Zone

soziale Zone

öffentliche Zone

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Wirkung von Beleuchtung auf Da ein großer Teil der menschlichen Wahrnehmung visuell erzeugt wird, hat Beleuchtung einen sehr hohen Stellenwert. Gerade in Tageslicht-fernen Räumen und bei Nacht. Hier wird Architektur durch Licht erst wahrnehmbar und erlebbar. Zudem wird Beleuchtung als immaterielles Gestaltungsinstrument eingesetzt. Licht lenkt Blicke und somit auch Aufmerksamkeit. Auch Stimmungen können über Beleuchtung generiert werden. Licht ermöglicht uns nicht nur das Wahrnehmen, es trägt auch dazu bei, wie wir wahrnehmen. Die Wirkung von Räumen lässt sich gezielt über Beleuchtung beeinflussen. Dabei muss auf jeden Raum, die eingesetzten Materialien und deren Eigenschaften, Tageslicht und Nutzung eingegangen werden. Einige Regeln gelten allerdings allgemein. Neutrale bis kühle Farbtemperaturen weiten Räume. Ebenso raumweitend wirkt die Aufhellung von Wänden und Decken. Wird gezielt eine Wand stärker aufgehellt, wirkt der Raum in diese Richtung erweitert. Werden nur die Wände aufgehellt, die Decke bleibt jedoch im Schatten, wirkt der Raum niedriger. Bei kleinen Altbauräumen kann dieser Effekt erwünscht sein. Entsprechend weitet eine helle Decke den Raum nach oben. Sehr große Räume können durch Lichtinseln zoniert werden. Bereiche mit warmen Lichtfarben und niedriger Lichtpunkthöhe werden dabei zu Ruhezonen. Helle Bereiche wirken konzentrationsfördernd und eignen sich zum Arbeiten, Kochen oder Lernen.

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An der TU Dresden haben Lydia Exler und Maria Leckscheid 2010 einen Forschungsbericht mit dem Titel „Zusammenhang der Art der Beleuchtung mit der Wirkung des Raumes, dem Freien Gedächtnisabruf und dem Kognitiven Kartieren“ veröffentlicht. Sie haben keinen Zusammenhang zwischen Raumwirkung und Lichtfarbe ermitteln können. Auch hatte die Beleuchtung keine Auswirkung auf den Ge-

dächtnisabruf oder das kognitive Kartieren. Da die Studie jedoch nur 70 Teilnehmer umfasste und die Umfrage online durchgeführt wurde, sind die Ergebnisse nicht belastbar. Eine weitere Studie im Auftrag des Leuchtenherstellers Zumtobel kommt hier zu anderen Ergebnissen. Diese Studie wurde nicht nur virtuell sondern auch in Testräumen im Labor sowie in Läden als Feldstudie durchgeführt. Es wurde versucht, Alternativen zum bisherigen Stand des Wissens, dass die Beleuchtungsstärke die Attraktivität von Geschäften und Objekten steigert, zu finden. An der Online-Befragung nahmen 97, an den Feld- und Laborversuchen nahmen 19 Testpersonen teil. Es zeigte sich, dass nicht große Helligkeit sondern Kontrastverhältnisse für Aufmerksamkeit ausschlaggebend sind. Dabei gilt: je heller der Raum, umso größer muss der Kontrast sein. Bei niedrigen Leuchtdichten reichen auch kleine Kontraste aus. Zudem erleichtern vertikale Beleuchtungsstärken die Orientierung in Shops, das wiederum steigert das Wohlbefinden, die Entscheidung fällt leichter. Zur Beleuchtung der Verkaufsobjekte selbst konnte ermittelt werden, dass Waren umso attraktiver wirken, je detaillierter die Lichtverteilung darauf ist. Regale sollten jedoch großflächig hinterleuchtet werden, eine ausschliessliche Akzentbeleuchtung wirkt nicht ausreichend attraktiv. Ein besonderes Augenmerk sollte dabei auf dem unteren drittel des Regals liegen, da dieses sonst häufig gar nicht wahrgenommen wird. Farben vermitteln Emotionen und beeinflussen die Akzeptanz eines Raumes. Die Studienergebnisse haben belegt, dass kalte Farbtemperaturen, wie Tageslichtweiß, Räume großzügiger erscheinen lassen, warme dagegen einen kleineren, familiären Eindruck vermitteln. Neutralweißes Licht unterstützt die Verweildauer und das Wohlbefinden und sollte daher bei der Allgemeinbeleuchtung zum Einsatz kommen. Wer eine geborgene Atmosphäre seines Shops vorzieht, sollte auf warmweiße Temperaturen setzen. Innerhalb eines Beleuchtungskonzepts werden unterschiedliche

Lichtfarben bevorzugt. Verschiedene Farbtemperaturen zwischen Allgemeinbeleuchtung und vertikaler Beleuchtung sollten daher bewusst eingesetzt werden. Besonders die moderne LED-Leuchtentechnologie Tunable White, die einen Farbtemperaturwechsel mittels Steuerungssystemen möglich macht, kommt hierbei zum Tragen. (Ehjed, Greule, Felsch, Aufmerksamkeitsäquivalent, S. 18) Dass horizontale Beleuchtungsstärken zur besseren Orientierung und damit zu einer Steigerung des Wohlbefindens beitragen, kann auf öffentliche Bereiche und Räume übertragen werden. In dicht bebauten Bereichen kann jeder diese Erfahrung machen. Sind die angrenzenden Fassaden bei Dunkelheit erkennbar, geben diese das Gefühl von Sicherheit. Die Straße behält auch Nachts ihren Charakter. Wird jedoch nur die Fahrbahn beleuchtet wirkt die Straße gleich fremd und bedrohlich, die Orientierung wird erschwert. Grundsätzlich ist Beleuchtung wichtig, um auch bei Dunkelheit Räume wahrnehmen zu können. Durch gezielte Beleuchtung kann Aufmerksamkeit auf Elemente gelegt werden, die bei Tageslicht nicht im Fokus stehen. Somit kann zwischen Wiedererkennbarkeit und Differenzierung durch Beleuchtung unterschieden werden. Im Innenraum können durch Überbelichtung von Raumecken und Kanten die gewohnte Raumwirkung aufgehoben werden. Der Raum kann so in seinen Dimensionen verändert oder gar entgrenzt werden. Durch Licht zum Sehen wird Wahrnehmung möglich. Durch Licht zum Hinsehen wird betont und akzentuiert. Durch Licht zum Ansehen werden Skulpturen erschaffen. Eine besondere Form des Lichts zum Ansehen ist das Projektion Mapping. Hier wird auf die Raumgeometrie ein Bild, bewegt oder statisch, projiziert. Dabei wird wahlweise pixelgenau beleuchtet oder mit Bildern überlagert: Architektonische Elemente, wie Gebäudefas-


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den Raum saden werden durch präzise Lichtführung der Projektionsfläche mit „Leben“ gefüllt und ihre eigentliche Struktur wird aufgelöst (Häuser biegen sich oder fallen auseinander, 3D-Objekte bewegen sich in Richtung der Zuschauer, etc) wodurch sie selbst zu einem Teil einer Inszinierung werden. http://gestalterwiki.de/digitaletechniken/projektion/projection_mapping

und umgebenden Raum zu betrachten.

Für ein Leitsystem oder die Beleuchtung von Verkehrsflächen waren diese Projektionen bisher noch zu aufwendig. Das Objekt oder der Raum, der die Video-Fläche darstellt, muss exakt ausgemessen werden. Die Positionen für die Projektoren müssen genau festgelegt werden, der Raum muss zunächst dreidimensional digitalisiert werden. Meist sind mehrere, leistungsstarke und somit teure Projektoren notwendig. Erst dann kann ein entsprechendes Bild oder Video gestaltet und anschließend an die Objekte angepasst werden. Ändert sich jetzt die Position von Objekt oder Projektor ist das Bild nicht mehr passgenau. Ebenso sind diese Projektionen auf bestimmte Betrachterpositionen zugeschnitten. Nur auf geraden Flächen funktionieren vom Standort des Betrachters unabhängige Projektionen wirklich. Bei Festivals, zum Beispiel dem PULS Festival im BR Funkhaus München oder dem Burning Man Festival, sind diese Licht-Installationen inzwischen fester Bestandteil geworden. Weniger frei und künstlerisch ist der Einsatz im Produktmarketing. Video-Mapping wird etwa in Werbespots von Turnschuhen, Elektrofahrzeugen, Kaffeeröstern und vielen anderen eingesetzt. Auch bei vielen Lichtkünstlern, etwa James Turrell finden sich gemappte Projektionen.

Licht macht den Raum also zunächst erkennbar. Dabei ist primär egal, ob es sich um Tages- oder Kunstlicht handelt. Über geschickte Lichtlenkung kann der Raum für die visuelle Wahrnehmung in seinen Dimensionen verändert werden. Dunkle Räume wirken eher klein und abweisend, helle groß und freundlich. Farbiges Licht ist nicht für die Grundbeleuchtung geeignet, über bunte Lichtakzente kann aber Stimmung erzeugt werden. Die Wirkung von Licht auf den Raum ist hier natürlich bei weitem nicht vollständig erklärt, dazu würden auch weder Platz noch Bearbeitungszeit reichen.

Licht zum Hinsehen wird objektbezogen eingesetzt. Soll etwa eine Skulptur in den Fokus rücken, können Spots eingesetzt werden. Besonders intensiv hebt sich ein solches Objekt ab, wenn die Leuchtdichte auf dem Objekt deutlich über der des Hintergrundes liegt. Dabei sind Material und Oberfläche von Objekt

Licht zum Sehen soll zunächst optimale Orientierung und Objekterkennung ermöglichen. Planungsempfehlungen sind je nach Land in bestimmten Normen geregelt. Auch hier gibt es unterschiedliche Empfehlungen für Leuchtdichtekontraste für die optimale Beanspruchung des visuellen Systems.

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Wirkung von Farbe auf den Jeder Farbe an sich werden bestimmte Wirkungen auf Psyche und Organismus zugeordnet. Entsprechend können diese auch die Wirkung eines Raumes auf den Menschen verändern. Jedoch werden Farben je nach Charakter und Stimmung unterschiedlich bewertet. Ebenso hat die Kultur einen großen Einfluss auf die Bewertung von Farben. Im Kapitel Mensch wurde schon auf Farben und ihre Wahrnehmung eingegangen. Im Kapitel Licht auf das Wesen von Farbe. Bei Objekten sowie Räumen spielt zudem die Nutzung eine Rolle. Für ein Wohnzimmer sind andere Farben geeignet wie für ein Schlafzimmer. Eine Bohrmaschine hat in der Regel eine andere Farbe wie ein Küchengerät.

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Die Wirkung von Farbe auf den Raum lässt sich anhand dieser Grundlagen grob beschreiben. Feinheiten in der Wirkung sind jedoch subjektiv und somit nicht allgemein gültig beschreibbar. Auch hat der jeweilige Raum sowie der Betrachter selbst Auswirkung auf die Wahrnehmung. Tageslichteinfall, Raumproportionen sowie Öffnungen sind in jedem Raum individuell und für die Wirkung von Farbe bedeutsam. Der Eindruck der Raumproportionen lässt sich durch Berücksichtigung von Farbperspektiven und Farbgewichten beeinflussen. Wird die Decke mit leichten Farben gestrichen, etwa weiß oder Pastellgelb, erscheint sie höher. Werden zusätzlich die Wände eher intensiver gefärbt, werden die Proportionen zusätzlich in die Höhe verändert. Eher kühle, distanzierte Farbtöne auf den Wänden lassen den Raum größer erscheinen. Je nach Farbtheorie, etwa der Farbperspektive von Heinrich Frieling (1910–1966), öffnen Farben wie Grünblau, Blau, Violett bis Schwarz den Raum, da sie in den Hintergrund treten. Farben mit hoher Eigenhelligkeit sowie warme Farben treten eher in den Vordergrund, lassen den Raum somit kleiner wirken. Durch die Assoziation mit dem Himmel lassen helle Blautöne den Raum am weitesten wirken.

Anhand dieser Grundlage lassen sich allgemeingültige „Faustregeln“ aufstellen: · Raum größer erscheinen lassen: helle, leichte Farben kühle, „distanzierte“ Farbtöne · Raum kompakter erscheinen lassen: warme, satte und dunkle Farben „aktive“/“bunte“ Farbtöne · Raum niedriger erscheinen lassen: dunklere Farbe an Decke (Referenz: Wände) ggf. Farbe in oberen Wandbereich erweitern · Raum höher erscheinen lassen: helle, eher kühlere Farbe an Decke Auch sollten in notwendigerweise ruhigen Räumen, etwa dem Schlafzimmer oder einem Meditationsraum ebenso wie in Behandlungsräumen in der Arztpraxis oder Klinik keine zu aktiven Farben gewählt werden. Rot oder leuchtendes Gelb wären hier zu intensiv. Vor allem beim Boden spielt neben der Farbe die Beschaffenheit der Oberfläche eine große Rolle. Ein helles Holz ist sicherer als ein spiegelnd glatter gleichartiger Farbton, da wir befürchten müssen, darauf auszurutschen. Ich möchte an dieser Stelle explizit darauf verzichten, die üblichen Tabellen wiederzugeben, dass Gelb von der Decke leuchtend und anregend, von den Wänden her sanft, bei satter Farbe aber irritierend und als Bodenfarbe motorisch anregend oder ablenkend wirken kann. Wenn die Lieblingsfarbe gelb ist, wird die Farbwirkung eines gelben Raumes positiver ausfallen als mit der Lieblingsfarbe Blau. Wenn Raumnutzung, Einrichtung und Materialien passen, kann auch ein ganzer Raum in Gelb eine großartige Wirkung haben. Das ist jedoch von kultureller Prägung, Charakter, Stimmung und all den auf den Raum bezogenen Einflussfaktoren abhängig. Bild: selbst, erste eigene Wohnung, Freising 2009


Raum

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Lichtinstallationen Interaktion von Mensch, Licht und Raum


Licht- und Installationskunst,

Lichtkunst

Installation

Künstler

Licht spielt in der Kunst schon immer eine große Rolle. Sowohl in der Architektur als auch in der Malerei wurden durch den Einsatz von Licht Inhalte hervorgehoben und dramatisiert. In Sakralbauten sowie der mittelalterlichen Malerei wurde Licht mit himmlischem und göttlichem gleichgesetzt. Auch ist Licht, natürliches Sonnenlicht oder künstliches, etwa in Form von Kerzenlicht, Darstellungsgegenstand in der Kunst. Ebenso wurde Tageslicht schon immer als Gestaltungselement wie als Gegenstand der Kunst eingesetzt, etwa durch Adolf Luther in seiner „Lichtmaschine“ (1970). Als Ende des 19. Jahrhunderts die Glühlampe, Anfang des 20. Jahrhunderts Neonröhre und Leuchtstofflampe erfunden wurden, fanden diese Einzug als Gestaltungselement in die Kunst. Somit sollte zwischen Lichtkunst und Kunstlichtkunst differenziert werden. Dabei kann weiter differenziert werden zwischen dem Einsatz von Licht, wie etwa bei Turrells Ganzfeldern, oder dem Einsatz von Leuchtmitteln, wie etwa in der Pop Art oder bei Sonnier und Flavin, als Darstellungsmittel. Die Künstler des Bauhaus begannen etwa 1920 mit Kunstlicht zu experimentieren. Sie können mitunter als die Begründer der Kunstlichtkunst gelten. (Heid, 2000; Fehse, 2015)

Im Duden findet sich als Bedeutung: (Kunstwissenschaft) von einem Künstler, einer Künstlerin im Raum eines Museums o. ä. hergestelltes Arrangement mit verschiedenartigen Objekten, wie Schriften, Malereien, Plastiken, Fundstücken u.  a., die so angeordnet werden, dass eine ganz spezielle Gestaltung des Raums entsteht http://www.duden.de/rechtschreibung/Installation Daraus lässt sich ableiten, dass Installationen in der Regel dreidimensional sind. Durch die Möglichkeit, eine Installation zu begehen, zu erkunden und aus verschiedenen Richtung zu betrachten, wird der Rezipient weitaus stärker einbezogen als das bei einem Gemälde der Fall ist. Anders als bei Skulpturen haben Installationen meist Bezug zu ihrem Umfeld, das sie umgibt. Dabei ist die Installation nicht nur Objekt, sondern Bindeglied oder Störfaktor, in jedem Fall eingebunden in einen räumlichen Kontext. Das kann, siehe Kapitel Raum, jeder Raumtypus in allen Ausprägungen sein. Vielen Installationen, nicht nur die der (Kunst-) Lichtkunst , beziehen sich auf die Wahrnehmung des Menschen. Sie stören oder unterstützen gewohnte Eindrücke und entfalten dadurch ihre Wirkung. (Heid, 2000; Fehse, 2015; Plodeck, 2010)

Künstler, in deren Werkverzeichnissen auch Installationen zu finden sind, gibt es viele. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf Licht, somit werden hier nur Künstler genannt, die (auch) mit Licht arbeiten. Siegrun Appelt; Waltraut Cooper; Olafur Eliasson; Dan Flavin; Juan Garaizabal; Jenny Holzer; Nan Hoover; Rebecca Horn; Kazuo Katase; Mischa Kuball; Heinz Mack; Francesco Mariotti; Mario Merz; László Moholy-Nagy; François Morellet; Bruce Nauman; Otto Piene; Nicolas Schöffer; Keith Sonnier; James Turrell; Jan van Munster; Marian Zazeela; ZERO; Gerry Hofstetter sind die Namen, die sich unter dem Suchbegriff Lichtkunst bei Wikipedia finden lassen. Von Appelt, Eliasson, Flavin, Holzer, Sonnier und Turrell werden in Folge Werke vorgestellt. Zudem auch von Ann Veronica Janssens, Victoria Coeln und Rafael Lozano-Hemmer. Zudem Installationen von Büros und Hochschulen. Auch durch die Einführung der LED sowie den sinkenden Kosten für Beamer, Projektoren und Strahler gibt es zunehmend mehr Lichtinstallationen. Studiengänge wie Interaction Design, Innenarchitektur und andere Designstudiengänge ermöglichen Projekte in dessen Rahmen Lichtinstallationen entwickelt und umgesetzt werden.


Künstler und Grundbegriffe

Partizipation Laut Judith Plodeck gab es in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts einen Wandel in der Kunstszene. Der Betrachter, seine Wahrnehmung und die Möglichkeit der Erfahrung des Kunstwerkes wurden zentrale Ansätze. Künstler, Kunst und Publikum verringerten ihre Distanz, es gibt nur noch Beteiligte. (Plodeck, 2010) Viele Kunstlichtkunstwerke sind auf die Veränderung der Wahrnehmung der Beteiligten ausgelegt. Ganz intensiv ist dieser Effekt bei Turrells Ganzfeldern, ähnlich aber nicht derart ausgeprägt bei Janssens „Who´s Afraid of Blue, Red and Yellow“. Eher subtil ist der Effekt bei Flavins „untitled (for Ksenija)“. Neue interaktive Installationen sind auch auf die Raumwahrnehmung und deren Veränderung aus, rücken aber die aktive Beteiligung der Besucher noch stärker in den Vordergrund. Durch Schalter oder Sensoren „steuert“ der Besucher Elemente der Installation in bestimmten, durch die Künstler und Programmierer vorgegeben Grenzen. Lichtkunst-Schaffende lassen also auch den Rezipienten, den Beteiligten, zum Künstler werden und verringern die Distanz zwischen Kunstwerk und Betrachter somit nochmals deutlich.


Das Prinzip Installation Installationen sind meist raumgreifend und interagieren mit dem Raum oder Ort. Der Besucher kann und soll diese Installationen im Gegensatz zur darstellenden Kunst physisch und psychisch erfahren. Durch Zusammenspiel verschiedene, sich gegenseitig stimulierende Effekte, wie Licht und Ton, sowie sich räumlich erfahrbar auf den Besucher auswirkende Elemente werden Installationen mit vielen Sinnen wahrnehmbar. Durch Videos und Klang kann auch eine zeitliche Komponente in die Installation integriert werden. Kunst wird hierbei zu einem Ereignis, das auch ohne das Objekthafte auskommen kann. Grundsätzlich nimmt der Rezipient durch seine bewegung im Raum der Installation schon an dieser teil. Diese Teilnahme der Besucher sowie die Erfahrbarkeit durch Bewegung ist Teil des Konzeptes einer Installation. Körper, Raum und Zeit stehen im Mittelpunkt solcher Arbeiten, schreibt Judith Plodeck (Plodeck, 2010, S. 167). Bei Lichtkünstlern wie Dan Flavin bleibt der Rezipient ein Betrachter. Die Installationen orientieren sich an Architektur und Objekt, dessen Zusammenspiel sowie der Wirkung auf den Betrachter, welcher ein expliziter Teil der Installation bleibt (Heid, 2000). Werden in eine Installation bewegliche oder veränderliche Elemente, welche durch den Besucher beeinflusst werden, integriert, wird dieser zu einem impliziten Teil der Installation (Heid, 2000). Aktuelle interaktive Installationen bedienen sich häufig Sensoren und Steuerungen, welche auf den Besucher reagieren. Dieser hat somit direkten Einfluss auf das Ereignis, er kann selbst zum Künstler werden.

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Speziell der Lichtkunst eigen ist eine gewisse Immaterialität. Damit einher geht eine Entgrenztheit der Werke, welche jedoch ohne Materie wie den Raum keinen Bestand haben. In diesem dehnt sich das Licht aus und wirkt auf ihn ein. (Freudiger, 2010) Werden die Installationen vom ursprünglichen Ort an einen anderen umgezogen oder gar durch die Aufnahme in Sammlungen zerteilt, wird auch die primär forcierte Wirkung verändert (Heid, 200). Licht

selbst ist nicht als Material zu begreifen. Es wirkt erst, wenn es auf eine Oberfläche trifft. Je nach dem wie es eingesetzt wird, kann jedoch der Eindruck von Materialität entstehen, welcher erst auf den zweiten Blick oder durch einen Wechsel des Standortes korrigiert wird. Lichtkunst im urbanen Raum unterliegt, anders als im musealen Kontext, komplexeren Rahmenbedingungen. Neben ökonomischen und politischen Kriterien müssen sicherheitsund verkehrstechnische Richtlininen beachtet werden, ohne dabei den künsterlischen Aspekt zu verlieren. Entgegen des Lichtdesigns, also der architketonischen Lichtplanung, sind Lichtkunstwerke autonom, sie sind nicht dienend. Sie reagieren zwar auch auf und mit der gebauten Umwelt, erzeugen aber für sich selbst Raum oder Bewegung, in dem sie in die gewohnten Wahrnehmungsmuster der Passanten eingreifen und diese verändern. Im Folgenden möchte ich beispielhaft einige Installationen vorstellen und dabei auf die Partizipation durch die Besucher sowie die Auswirkungen auf den Raum eingehen. Eine umfassende Vorstellung vieler Werke würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, deswegen habe ich meine Auswahl auf einige wenige, typische Arbeiten beschränkt. Die Arbeiten unterscheiden sich in der Arbeitsweise mit Licht, Wahrnehmung und der Besucherintegration, auch wenn sich einige Installationen auf den ersten Blick ähnlich sind. Mal wird Raum aufgelöst, mal durch Licht generiert oder bauliche Intervention geschaffen. Mal ist der Besucher die Installation, mal kann er sie nur durch Bewegung erfahren. Ebenso verhält es sich mit dem Licht: es kann als Materie oder als Werkzeug eingesetzt werden.


4 | Lichtinstallationen Licht-, Video- und Klanginstallation Marc Zimmermann; Anne Fabian Über den Sommer 2015 hätte der Sendlinger Hochbunker als Kulturzentrum funktionieren sollen, mit Treffpunkt, Kino, Workshops, Bandproberäumen und Veranstaltungen. Zum Eröffnungswochenende im Juni haben wir uns mit einer kleinen Lichtinstallation im ehemaligen Luftfilterraum beteiligt. Das Wochenende war ein Erfolg. Der Bunker konnte wegen Beschwerden der Anwohner sowie fehlender Genehmigungen nur eingeschränkt betrieben werden. Das Gebäude hat einen achteckigen Grundriss und entsprechend außergewöhnlich geformte Räume im Inneren. Aufgrund der massiven Wände stellt sich das Gefühl ein, es würde vom Gebäude etwas fehlen, die Räume müssten deutlich größer sein, trotz Fenster gleicht der Eindruck einem Keller. Die Luftfilteranlage befindet sich im letzten Geschoss unter dem Dach, in einem kleinen Raum. Die massive Filteranlage in Reichs-Grau wirkt bedrohlich und zu groß für den Raum, die Griffe der Kurbeln deplaziert und abstrakt, die Fliesen an Wand und Boden scheinen farblos. Der gesamte Raum mit seinen schrägen Winkeln ist schwer zu fassen. Mit den LunalandLichtfarben, einem intensiven Rot und einem dunklen Blau wurden die großen Filter und die Kurbelanlage betont, die Rohre scheinen sich im blau aufzulösen. In unregelmäßigen Intervallen wurde der Raumeindruck durch Stroboskoblicht gestört. Auf der hinteren, schrägen Wand ziehen schwarz-weiße Wolken vorbei, der Raum scheint sich dort aufzulösen und in den Himmel überzugehen. Ab und an werden die Wolken für einen kurzen Augenblick farbig, was an der eigenen Wahrnehmung zweifeln lässt. Durch die Klanginstallation, ein scheinbar wirres Sammelsurium aus rezitierten Gedichten, Musik und Tönen, wird der Raum gespenstisch und der durch das Licht erzeugte Eindruck wird deutlich unterstrichen. Bild: http://www.lunaland.org/2015/06/sendlingerbunker-muenchen.html (dort gibt es auch Videos der Installation sowie Bilder der Installation im Treppenhaus)

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Corner Projections Turrell, geboren 1943 in Los Angeles, Kalifornien, schloss das College mit einem B.A. in Wahrnehmungspsychologie ab. 1965 schloss er ein Kunststudium an. Die wissenschaftlichen Grundlagen nutzt er in seinen Arbeiten um Wahrnehmungsprozesse sichtbar und erfahrbar zu machen. Die Werke werden erst durch die Wahrnehmung und Wirkung auf selbige vollständig. „Der Status des Betrachters ist äusserst aktiv konzipiert: Jener ist das Werk erst generierendes Individuum.“ (Freudiger, 2010, S. 5) Der Betrachter wird so weit beeinflusst, dass er sich seinem Wahrnehmung nicht mehr sicher ist. Tatsächliches und subjektive Wahrnehmung vermischen sich durch die von Turrell geschaffenen Bedingungen. Seine Werke„[…] zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie in der Wahrnehmung nicht als stabile Entität fixiert werden können sondern steter Wandlung unterliegen.“ (Freudiger, 2010, S. 11) Cross Corner Projektions und Single Wall Projektions bauen auf dem Figur-Grund-Prinzip auf. Die Figuren scheinen vor der Wand zu schweben, die Cross Corner Projektions materialisieren sich als Form im Raum. (Karasek, 2009) Erst durch die Annäherung an das vermeintliche Objekt wird dessen reales Wesen als reine Lichtprojektion erkennbar. Bilder: pieces/

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http://jamesturrell.com/work/type/projection-


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Ganzfelder

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Ein Ganzfeld bezeichnet eine homogenes Gesichtsfeld, dessen Oberfläche vollkommen unstrukturiert ist und deren Kanten außerhalb des sichtbaren Bereiches liegen. Es wird das Licht in seiner reinen Form wahrgenommen, das Objekt bleibt ohne Schatten durch Struktur oder Kanten unsichtbar. Ganzfelder finden in der Psychologie Anwendung im Rahmen der Wahrnehmungsforschung sowie der Untersuchung parapsychologischer Phänomene. Durch ein Ganzfeld wird der Sehsinn durch fehlende Reizvariation im Prinzip ausgeschaltet. Durch lange Exposition von farbigen Ganzfeldern wird in den Zapfen das Opsin aufgebraucht, der Farbeindruck verschwindet (vergleich Kapitel Mensch). Selbiges passiert auch mit dem Helligkeitseindruck. Es kommt zu einem „Fade-Out“, das Sehvermögen verringert sich oder kommt ganz zum erliegen. Der Betrachter kann auf diese Situation ganz unterschiedlich reagieren: es kommt zu Orientierungsstörungen bis zum Schwindel, es können sich durch zu geringe Reize Halluzinationen bilden, das menschliche Gehirn kommt mit den unstrukturierten Reizen, die vom Auge vermittelt werden, nicht zurecht und es stellt sich total Irritation ein. Es kann bei der Wahrnehmung nicht auf Bekanntes zurückgreifen und macht somit eine völlig neue Erfahrung. Selbst wenn, wie in Turrells Räumen, eine Bewegung möglich ist, trägt diese nicht zu einer Veränderung im Gesichtsfeld bei. Turrell kam in der Zeit am College mit Ganzfeldern in Berührung. Erste Pläne für eigene Ganzfelder entstanden während seiner Zeit im Art&Technology Programm gemeinsam mit dem Wahrnehmungspsychologen Edward Wortz bei der Firma Lockheed Aircraft. Die Zusammenarbeit brach Turrell jedoch 1969 vorzeitig ab. Erst 1979 installierte er sein erstes begehbares Ganzfeld in Amsterdam, das sich nicht auf einen Raum, sondern eine Abfolge von Räumen bezog. Bei den Besuchern kam es zu den durch Ganzfelder ausgelösten, typischen Reaktionen von Orientierungslosigkeit, Schwindel aber auch motorischen Problemen. „Raum und Zeit werden relativ bzw.

unbestimmbar und damit verbunden auch die Bewegung im Raum.“ (Schlachter, 2010, S.90) Nachdem einige Besucher stürzten, entwickelte er zunehmend Ganzfeldräume, die nicht begangen werden müssen, sondern ein Hineinschauen möglich ist. Das Prinzip der Ganzfelder findet sich auch in den Perceptual Cell Series. Dabei handelt es sich nicht um begehbare Räume, sondern um kleine Kammern, in denen gerade eine Person Platz findet. Das Innere ist wieder eine vollkommen unstrukturierte Fläche, deren Ränder sowie die Beleuchtung ausserhalb des Gesichtfeldes liegen. Teilweise wird der Rezipient, angelehnt an die Projekte im A&T Programm, auf eine Liege geschnallt und damit in die Kabine gebracht. Das Verlassen der Situation ist in diesem Fall nicht möglich, durch haptische Eindrücke welche die visuelle Erfahrung abschwächen entsprechend auch nicht. Das Licht wird dabei dann von aussen über ein Pult gesteuert. In einer anderen Variante, der Telephone Booth kann der Betrachter das Licht selbst variabel verstellen. Die Erfahrung in einem Ganzfeld-Raum lässt sich kaum in Worte fassen. Laut Maria Schlachter ist es Turrells Anliegen, die Erlebnisse in einem solchen Raum nicht zu versprachlichen. (Schlachter, 2010; Freudiger, 2010) Die Ganzfelder in dieser Form funktionieren jedoch nur, wenn auch der Raum aufgelöst wird. Erst wenn die Raumgrenzen ineinander über gehen, also keine harten Kanten mehr haben, wird der Raum so homogen, dass keine Schatten mehr entstehen. Der Raumentgrenzung durch Licht geht also eine Raumentgrenzung materieller Natur voran. In den auf vorheriger Seite vorgestellten Arbeiten wird die visuelle Wahrnehmung, auch in Bezug auf die Gestaltgesetze, angesprochen. Bei den Ganzfeldinstallationen wird der Raum selbst verändert, durch Licht die Materialität entzogen und dem Rezipienten die Auswirkung der visuellen Wahrnehmung erlebbar vermittelt. Bilder: http://jamesturrell.com/work/type/ganzfeld/


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Reality Machines Eliasson, geboren 1967, lebt und arbeitet in Berlin. Er studierte an der Kopenhagener Kunstakademie und lehrt inzwischen an der UdK Berlin. Seine Werke sind von physikalischen Phänomenen in der Natur beeinflusst. In einer aktuellen Ausstellung in Stockholm mit dem Titel Reality Machines wird eine Arbeit von 2011 ausgestellt. In einem Raum des Museums sind, in verschiedenen Ebenen und Größen, Farbfilterfolien abgependelt. Durch additive Farbmischung ergeben sich bei jedem Schritt neue Farbeindrücke. Durch sich in verschiedenen Ebenen überlagernde Folien in Cyan, Magenta und Gelb kann jede Farbe generiert werden. Diese Installation lebt von der Bewegung der Besucher im Raum. Nur wenn der Rezipient die Installation durchschreitet,

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zeigen sich die vielfachen Farbvariationen. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt nicht auf dem Licht sondern auf Farbwahrnehmung, deren Mischung, entstehende Farbvalenz und Farbempfindung. Mit monochromatischen Scheiben und der Farbwirkung dieser beschäftigt sich auch die ebenfalls 2011 entstandene Installation „Your Rainbow“ auf dem Dach ARoS Aarhus Kunstmuseum in Dänemark. Die Scheiben der 360° Aussichtsplattform sind den Farben des Regenbogens und somit dem sichtbaren Lichtspektrum nachempfunden. Da die einzelnen Scheiben einfarbig sind, ergibt sich der Farbverlauf aus der Ferne oder durch Bewegung des Besuchers.

Bilder: http://www.modernamuseet.se/stockholm/en/exhibitions/olafur-eliasson/


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Feelings are facts Die Installation „Feelings are facts“ aus dem Jahr 2010 spielt mit farbigem Licht und dessen Wirkung auf den Menschen. Der Besucher soll sich hier in einem Raum orientieren, der ähnlich den Ganzfeldern, rein aus Licht zu bestehen scheint. Die an der Decke befestigten, farbigen Leuchtstoffröhren schaffen Farbzonen, die sich durch den dichten Nebel, mit dem der Raum gefüllt ist, manifestieren. Die Raumgrenzen sind nicht mehr zu erkennen. Um die Orientierungslosigkeit in einer solchen Situation zu verstärken, wurde der Boden durch eine schräge Ebene ersetzt. Die einzige Möglichkeit zu navigieren sind die unterschiedlichen Farbzonen. Die Installationen „Your atmospheric color atlas“ von 2009 funktioniert nach demselben Prinzip. In „Din blinde passager“ von 2010 müssen die Besucher einen in den Spektralfarben beleuchteten, vollkommen vernebelten Gang entlang laufen. Alle drei dieser Installationen spielen mit der Wirkung von farbigem Licht, der Manifestation von Licht im Raum und Orientierungslosigkeit.

Bilder: olafureliasson.net

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Who´s Afraid of Blue, Red and Ann Veronica Janssens, 1956 in Folkstone, England geboren, arbeitet und lebt inzwischen in Brüssel. Über ihren Weg zur Lichtkunst finden sich im Netz keine Informationen. Auch Karasek, die in ihrer Dissertation auf die Arbeiten Janssens eingeht, äussert sich nicht zu deren Werdegang. Janssens Werke werden in ganz Europa und den USA ausgestellt. Neben dem Licht ist Nebel ein wichtiger Bestandteil einiger ihrer Werke. Gerade „Who´s Afraid of Blue, Red and Yellow“ aus dem Jahr 2001 erinnert stark an Eliassons Werke der vorherigen Seite, wobei sich hier wohl eher Eliasson an Janssons anlehnt. Janssons arbeitet hier nicht mit farbigen Leuchtmitteln sondern filtert das Licht durch Folien. Die Installation ist in einen Container integriert, so werden die Probleme mit Brandmeldeanlagen in Galerien und Museen umgangen. Diese Installation wurde 2001 in Berlin sowie 2006 im Rahmen der Biennale in Belgien und 2008/2009 in Castellon, Spanien erlebbar. Bilder linke Seite und rechte Seite Mitte: http:// www.1301pe.com/artists/biography.asp?aid=9 Bilder rechte Seite Oben und unten sowie das Bild der Kapelle: http://www.hanstheys.be/artists/ann_veronica_janssens/

In vielen ihrer Arbeiten hat sie sich mit Strahlern beschäftigt und aus deren Lichtkegeln Figuren erschaffen. Diese Arbeiten tragen die Titel „Stella“, „Rose“ und „Bluette“ und arbeiten ebenso mit der Materialisierung von Licht im Raum. 2013 hat sie die Chapelle Saint-Vincent, Grignan in Frankreich illuminiert. Das farbige Licht betont Vorsprünge und Öffnungen, es zieht den Besucher förmlich in die Kapelle hinein. Durch unterschiedlichen Farben und deren Wechselwirkung scheint das Gebäude zu leben. Im selben Jahr wurden einige ihrer Werke in einer Gruppenausstellung gemeinsam mit Jenny Holzer, Dan Flavin, Olafur Eliasson und James Turrell ausgestellt. 100


Yellow

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Verbindung ROTBLAUGELB Keith Sonnier wurde 1941 in Louisiana geboren, dort studierte er auch Kunst und Anthropologie. Aktuell lebt und arbeitet er in New York. In München lassen sich gleich drei Arbeiten von Sonnier besuchen. Am Flughafen findet sich die Installation „Lichtweg“. Durch ein Wechselspiel unterschiedlicher Lichtfarben wird der eigentlich 1 km lange Gang emotional verkürzt. Reflektierende Flächen wie Glas, poliertes Aluminium und Spiegel verstärken den Lichteindruck und verzerren die Lichtwirkung im Raum zusätzlich. Der Besucher kann sich über das Laufband passiv durch diese Lichtdusche bewegen lassen und sich ganz auf dessen Wirkung konzentrieren. Am St. Jakobsplatz im Stadtzentrum findet sich die Passage RotBlau. Hier hängen zwei Lichtskulpturen aus Neonröhren, eine Rote und eine Blaue, und erleuchten die Passage mit ihrem Licht. Das dritte Werk ist ein 143 m langer Verbindungsgang im Gebäude Süde 1 der Münchner Rück. Im Eingangsbereich findet sich eine von Olafur Eliasson gestaltete Mooswand. Der durch Sonnier gestaltete Verbindungsgang selbst wird durch unterschiedliche Lichtfarben in Zonen geteilt. An den Übergängen der Lichtfarben Rot, Blau und Gelb mischen sich diese zu neuen Farbtönen. Dieser Gang verbindet somit nicht nur Gebäude sondern tatsächlich auch Farben. Der Gang wird durch die intensiven Farben zoniert und durch deren Mischung zeitgleich verbunden. Die Leuchtstoffröhren sind dabei sichtbar, streng rhythmisch an Decke oder Wand angebracht. Sie haben eine recht geringe Leistung und Leuchtdichte, sie blenden somit nicht. Erst über ihre hohe Anzahl schaffen sie es, den Raum in farbiges Licht zu tauchen. Da auch der helle, glatte Boden das Licht gut reflektiert, wird der Raum durch seine homogene Lichtwirkung in seinen Kanten entgrenzt. Durch den Farbwechsel am Ende der geraden Strecken entsteht eine starke perspektivische Wirkung. 102

Bilder: http://www.keithsonnier.net/commissions.html


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untitled (for Ksenija) Danial Nicolas Flavin, 1933 in New York geboren, arbeitete, nachdem er Kunst und Kunstgeschichte studierte, erst an verschiedenen New Yorker Museen. Zwei Jahre vor seinem Tod entwickelte er für die Eröffnungsausstellung des Kunstbaus der Städtischen Galerie München die Installation „untitled (for Ksenija)“. Diese sollte ursprünglich temporär für gut ein Jahr dort zu sehen sein, wurde dem Museum jedoch 1998 von dem Ehepaar Friedrich, die das Kunstwerk erstanden, geschenkt. Seit dem ist sie dort regelmäßig zu sehen, zuletzt von Juli bis September 2014. Wie alle seine „installations in fluorescent light“ besteht sie aus normalen, bunten Leuchtstoffröhren in der regulären Fassung. Der Kunstbau selbst ist ein Zwischengeschoss zwischen Straße und U-Bahnhof, entsprechend sind auch seine Dimensionen: 110 m lang und nur 14 m breit mit einer Höhe von etwa 5 m. Geteilt wird der Raum längs durch 18 Stützen, wie man es von den Münchner U-Bahnhöfen kennt. Der Raum ist durch die Linienführung der U-Bahn etwas gekrümmt, es gibt also eine leicht konvexe und entsprechend eine konkave Wand. An der Decke des Raumes laufen vier abgehängte Stromschienen entlang. Genau dieses durchlaufende Element greift Flavin in seiner Installation auf und lässt daran 4 Linien aus Leuchtstoffröhren montieren. Je ein grünes, blaues, gelbes und Magenta farbenes Lichtband betonen jetzt die Länge des Raumes ohne als Skulptur in den Raum einzugreifen. Die eine Raumhälfte wird in kühleres, die andere in wärmeres Licht getaucht. Dem Betrachter wird nicht nur die spezifische Form des Raumes näher gebracht, er wird auch dazu inspiriert, sich mit der farbigen Wirkung des Lichtes zu befassen. Durch die Stützen und die Anordnung der Leuchten entstehen immer unterschiedliche Farbmischungen die sich an Wänden, Stützen und Boden abbilden und durch das Auge durch Adaption und Kontrastverstärkung noch intensiviert werden.

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http://www.lenbachhaus.de/ausstellungen/2009/danflavin/ Bilder: www.lenbachhaus.de


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Chromotope

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Victoria Coeln, geboren 1962 in Wien, gehört zu den österreichischen Lichtkünstlerinnen. Sie arbeitet mit Farben auf Glas und Filterfolien, die sie, vor Scheinwerfern montiert, in den Raum projiziert. Ein Projekt im urbanen Raum sind die Lichtinseln im Resselpark, Karlsplatz, Wien. Die hier rechtlich notwendige, horizontale Beleuctungsstärke wird über Lichtmasten erreicht. Die Farbwirkung an sich ist weiß, der Platz ist gut ausgeleuchtet. Bewegen sich Personen durch das Licht, wird an den entstehenden Farbschatten die Farbigkeit des Lichts erkennbar. Die Installation wird also erst durch den Besucher aktiviert. „Vier Strahler (spezielle Lichtraumprojektoren) werden nebeneinander in einer Höhe von ca. 4,5 m auf einem Mast montiert. Für die größte der vier Lichtinseln (ca. 200 m²) werden drei Projektionsgruppen dieser Art benötigt. Die Strahler sind senkrecht von oben nach unten auf die Bodenfläche gerichtet, die eingebauten Reflektoren sind so berechnet, dass [sich] die Lichtfelder am Boden überlagern. Jeder Projektor ist mit einem gemalten Glasfilter bestückt, die Farben der vier Glasfilter sind so auf einander abgestimmt, dass sie in additiver Lichtmischung vorerst einfache, helle Lichtfelder am Naturstein erzeugen. Zwischen der Abbildung der Lichtfelder auf der Bodenfläche und den Lichtquellen befindet sich der künstliche Lichtraum, das Chromotop. Sobald PassantInnen oder BesucherInnen in das Chromotop eintreten, wird das gemalte Licht aktiv. Plötzlich zeichnen ihre Körper vielschichtige, kaleidoskopartige Farbschatten auf den hellen Steinboden. In jedem Augenblick neu, in Bewegung, entstehen jetzt flüchtige, temporäre Bilder, immaterielle Abdrücke - cityprints on the move. Im Zentrum dieser Lichtkunst stehen immer Menschen, und zwar aller Altersgruppen. Für die einen bieten die Lictinseln [sic] überraschende, poetische Momente, für die anderen vielleicht spielerische Möglichkeiten.

Allen bleibt es selbst überlassen, das reichhaltige Angebot anzunehmen. Diese Form der Lichtkunst ist bewusst dezent in den Park integriert. Im ersten Augenblick soll „nur“ angenehme Stimmung, ein Gefühl des Wohlbefindens wahrgenommen werden, danach, mit etwas Zeit, vielleicht zufällig beim Durchqueren einer der Lichtinseln, erschließt sich auch die besondere, lebendige Qualität gemalten Lichts.“ http://www.victoriacoeln.at/home/vc/projekte/lichtinseln.htm Diese Installation schafft also den Spagat zwischen der Einhaltung von Normen, ökonomischen und sozialen Aspekten sowie künstlerischem Anspruch. Ausserdem wird der Rezipient in seinem Umfeld abgeholt, er muss sich nicht bewusst für den Besuch einer Ausstellung entscheiden. Der Besucher muss unweigerlich mit der Installation interagieren. Allein durch das Queren der Lichtinseln werden Farbschatten generiert. Ob mit diesem Effekt jedoch bewusst gespielt wird, steht dem Betrachter frei. Bilder: http://www.victoriacoeln.at/projects.htm


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Arbeiten mit Licht und Energie Die österreichische Künstlerin Sigrun Appelt wurde 1965 geboren, lebt und arbeitet in Wien. Neben Fotografien und Videoarbeiten finden sich in ihrem Portfolio auch architektonische Werke, etwa die Kirche Lichtenberg, gemeinsam mit Andrea Konzett. Die Werke unter dem Titel „Arbeiten mit Licht und Energie“ schaffen weiße Lichträume mit extrem hohen Beleuchtungsstärken. Einige der Werke im Innenraum sind wegen der Beleuchtungsstärke nicht betretbar. Immer nimmt sie Bezug auf die für die Installation benötigte Leistung und entsprechenden Stromverbrauch. „Die während der Biennale verbrauchten 50.000kW wurden einerseits durch Energieersparnis am Berliner Brandenburger Tor ermöglicht, anderseits durch Energiespenden der Bewohner Venedigs, die dem Projekt im Alltag durch Stromersparnis gewonnene Energie zur Verfügung stellten. Durch die Intensivierung eines Ortes erzeugt Appelt so an anderen Orten Schatten- und Dunkelzonen.“ (Karasek, 2009, S.162f ) Durch diese Sichtbarmachung von Energieeinsparung nimmt sie auch konkrekten Bezug auf den Umgang mit Beleuchtung im öffentlichen Raum. Das konzentrierte Licht in Appelts Werken wird durch die starke Wärmeentwicklung auch physisch erfahrbar. Bilder 160 kW, Kunsthaus Bregenz, 2005: http://siegrunappelt.com/html/dt/arbeitenmitlicht160kw.html

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160 kW, 80 Strahler à 2.000 Watt / 380 Volt, Baustellengerüst, Wand mit weißer Dispersion, 80 Transformatoren, Verteiler, Kabel Beleuchtungsstärke der Installation 160 kW: 300.000 Lux, Beleuchtungsstärke einer Neu-

mondnacht: 0,03 Lux, Beleuchtungsstärke einer Vollmondnacht: 2,00 Lux, Beleuchtungsstärke eines bewölkten Sommertages: 20.000 Lux, Beleuchtungsstärke eines sonnigen Sommertages: 100.000 Lux


4 | Lichtinstallationen Die Installation der Architekturbiennale Venedig, 2008, ist betretbar, sogar der Zugang zu einem der Gebäude. 32 Scheinwerfer mit je 2000 W sind hier verbaut. „Die Lichtstärke der Arbeit liegt bei 450.000 Lux. Das ist das Vierfache der Intensität des Sonnenlichts an einem wolkenlosen Sommertag. Das Durchqueren der Installation wird durch das gleißende Licht und die Wärmeentwicklung zur körperlichen Erfahrung und macht den Zusammenhang zwischen Energienutzung und -verbrauch erlebbar. Die Arbeit 64 kW ist an den Aufruf gekoppelt, Energie einzusparen und diese symbolisch dem 64 kW Negawatt Kraftwerk zu spenden. Das Kraftwerk folgt einer Idee des Physikers Amory Lovins, der den Begriff Negawatt als Einheit für den Verzicht von Energieleistung erfand. “ http://siegrunappelt.com/html/dt/arbeitenmitlicht64kw.html Zusätzlich sparte eine Lichtchoreografie der Beleuchtung des Brandenburger Tors in Berlin von dessen Energieverbrauch 60% ein. Auch diese Einsparung kam der 64 kW Installation symbolisch zugute. Bilder: siegrunappelt.com/html/dt/arbeitenmitlicht64kw.html

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Cornea Ti Die interaktive, audio-visuelle Installation wurde von der Hochschule Mainz, Fakulät für Gestaltung, für die Luminale 2014 in Frankfurt entwickelt. Der Raum selbst soll sowohl für Besucher begehbar sein als auch als Bühne für Musik dienen. Zwei unterschiedlich programmierte Settings ermöglichen dadurch eine Reaktion der Lichtatmosphäre auf Bewegung der Besucher als auch auf den durch Musiker geschaffenen Klang. Die räumliche Installation basiert damit auf den Schnittebenen der Buchstaben Cornea Ti, angeordnet um von der Zuschauerebene Verdeckungen zu minimieren. Im hinteren Bereich befindet sich ein kleiner Zugang, der den Besucher in den höhlenartigen Installationsbereich, der sich in zwei Gänge aufgabelt, führt. Zwischen den gepolsterten Schnittebenen sind 50 Lichtschranken, 1600 steuerbare RGBLEDs sowie 8 Lautsprecher verteilt. Im Setting Bühne reagiert die Installation sowohl auf die Position der Musiker als auch auf die von ihnen produzierten Klänge. Die Musiker hatten also direkten Einfluss auf die Lichtstimmung um sie herum. Für das betrachtende Publikum gibt es eine kleine Tribüne vor der Installation. Das Setting begehbare Installation reagierte auf die Besucher, die sich in der Installation befanden. Die Anzahl, aber auch die Position der Besucher hatte damit Auswirkung auf die Lichtfarben. Sind per Zufall in den beiden Hauptgängen Besucher auf selber Höhe, hat die Installation mit einem intensiven Flackern reagiert. Die Besucher in der Installation selbst hatten dabei keine Möglichkeit zu entdecken, wie sie das Licht beeinflussen. Erst nach dem Verlassen der Installation bot sich die Möglichkeit von der Tribüne aus die Funktion der Installation zu beobachten und die Zusammenhänge zu erfahren. (Knichl, Teltenkötter, 2015) Bilder: http://theinspirationgrid.com/cornea-ti-lightinstallation-at-luminale-2014/

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Pulse Room Rafael Lozano-Hemmer ist 1967 in Mexico geboren, emigrierte 1985 nach Kanada. Er studierte physikalische Chemie bevor er als „elektrischer Künstler“ mit interaktiven Installationen und Performances aktiv wurde. In vielen seiner Arbeiten liegt der Schwerpunkt auf der Partizipation des Publikums. Einige seiner Installationen haben Atmung, Herzschlag oder Stimme der Besucher zum Thema. Der Herzschlag als Eingabesignal findet sich in vielen seiner Installationen, etwa in „Pulse Corniche“ (2015), „Pulse Drip“ (2012), „Pulse Index“ (2010), „Pulse Phone“ (2009), „Pulse Park“, „Pulse Spiral“, „Pulse Tank“ (jeweils 2008), „Pulse Front“ (2007). Die Installation „Pulse Room“ wurde 2006 entwickelt und schon im Rahmen verschiedener Ausstellungen und Veranstaltungen gezeigt. Sie beinhaltet bis zu 300 klare Glühbirnen mit je 300 W, ordentlich angeordnet im gesamten Ausstellungsraum. Über einen im Eingangsbereich aufgestellten Sensor kann der Besucher seinen Herzschlag messen lassen. Dieser wird dann zunächst von der Glühbirne direkt über dem Sensor über entsprechend rhythmisches Aufleuchten ausgegeben. Dieses Flackern wird dann an eine andere Birne übergeben. Der nächste Besucher kann nun seinen Herzschlag einlesen. Somit können zeitgleich die Pulsfrequenzen von 300 verschiedenen Besuchern im Raum visualisiert werden. Mit dem 301 eingegebenen Herzschlag verschwindet die erste eingegebene Frequenz. Durch die ganz unterschiedlichen Frequenzen, alle etwa zwischen 50 und 100 Schlägen in der Minute, wird der Raum selbst in ein pulsierendes Licht getaucht in dem sich der Besucher mit seiner ganz persönlichen Frequenz wieder finden kann. So verbinden sich Raum, Besucher und Licht. http://www.lozano-hemmer.com/pulse_ room.php

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Bilder: php

http://www.lozano-hemmer.com/pulse_room.


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Lightrails

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Im Rahmen des sound:frame Festival 2010 in Wien ist die Installation Lightrails entstanden. Das Büro unheilbar russ petöfi architektur hat dazu eine raumprägende Installation erschaffen, welche durch Projektionen von Strukt Studio zum Leben erweckt wurde. Durch exaktes Mapping folgt das Licht exakt den Linien der Skulptur, eben wie auf Schienen. Abgerundet wurde die Installation durch Klänge der Sounddesigner Digitalofen Audiobakery. Die projizierten „Lichstrahlen“ die den Schienen folgen sowie die zugespielten Klänge können dabei von den Besuchern an einem Ende der Installation ausgelöst werden. Der Besucher kann somit selbst in die Präsenz der Installation eingreifen und diese aktiv verändern. Lightrails ist ein gutes Beispiel für aktuelle interaktive Installationen. Das Licht wird durch 6 Projektoren und exaktes Mapping auf die Skulptur gebracht. Diese ist an den Raum angepasst und speziell dafür entworfen und umgesetzt worden. Die Besucher können die Installation aktiv beeinflussen, in dem sie auf die dafür vorgesehenen Stellen Druck ausüben. Die Steuerung läuft über VVVV, ein Programm das

es auch Designern ermöglicht, relativ einfach interaktive Szenen zu generieren. Die visuelle Wahrnehmung wird durch gut abgestimmte, akustische Reize unterstützt und verstärkt. Nach dem Ende des Festivals ist die Installation in den Wiener Club „Pratersauna“ umgezogen und illuminiert nun dort die Tanzfläche. http://strukt.com/de/2010/lightrails/ http://www.unheilbar.at/?page_id=82 Bilder: http://www.unheilbar.at/?page_id=82


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Dialog

[lat.: dialogus, altgr.: diálogos, „Gespräch“]


Dialog

Wird auch als „Zwiegespräch“ übersetzt, beinhaltet unterschiedliche Positionen, also Rede

Begriffsdefinition

Interaktion

In der Bedeutung des Wortursprungs beschreibt Dialog eine Besprechung oder Unterredung und ist zurück zu führen auf das Fließen der Worte. In einem Dialog werden unterschiedliche Standpunkte angesprochen ohne dabei ins Streitgespräch zu geraten. Vielmehr geht es um Verständigung und den intensiven Austausch. Dazu gehört eine gewisse Achtsamkeit sowie Reflexionsvermögen, an erster Stelle jedoch offenes, authentisches Darlegen des Standpunktes. Das Besprochene soll besser verstanden werden, zugrunde liegende Prozesse und resultierende Empfindungen offen gelegt werden. Im Verlauf eines Dialoges dürfen sich Standpunkte und Haltungen verändern. Das Resultat eines Dialoges sollte das Herausarbeiten dessen sein, was wirklich wichtig ist. Auch zwischen Mensch, Licht und Raum kann es gewissermaßen zu einem Dialog kommen. Werden die Elemente geschickt eingesetzt, kann jeder Bestandteil für sich optimal wirken und dennoch die anderen unterstützen. Im Gegensatz zur Interaktion, bei der es sich um aufeinander bezogenes Verhalten, also um eine Wechselbeziehung handelt, ist der Dialog tiefer gehend. Im Rahmen des Dialoges wird verschiedenes akzeptiert und durch Verständnis des Anderen eine gemeinsame Basis geschaffen. (Brockhaus-Enzyklopädie 21. Auflage, Online, über www.munzinger.de)

Interaktion steht für aufeinander bezogenes Handeln, also wechselseitiges aufeinander Einwirken. Gelungene Interaktion geht also mit Kommunikation, auch in Form eines Dialoges, einher. Zur Interaktion kann es nicht nur zwischen Menschen, also im soziologischen Kontext, kommen. Der Begriff ist auch in Musik, Informatik, Statistik, Pharmakologie oder Biologie gebräuchlich. Immer geht es dabei um sich gegenseitig bedingende oder beeinflussende Faktoren. Wie diese Interaktion im Einzelfall aussieht, hängt stark von den teilhabenden Faktoren ab. Auch das Handlungsziel selbst ist ausschlaggebend für die Form der Interaktion. An der Schnittstelle Mensch-Computer hat sich bezüglich der möglichen Interaktionen in den letzten Jahren viel getan. Die textbasierten Dos-Systeme wurden durch grafische Benutzeroberflächen abgelöst, die fast intuitiv zu bedienen sind. User-Experience-Design, Interface-Design und Interaction-Design sind die Fachdisziplinen, welche die Mensch-Maschine-Interaktion in heute gewohntem Maße möglich machten und diese stetig weiter entwickeln. Eine Spezialform dessen, das Social-Interacting-Design geht einen Schritt weiter und behandelt auch noch die Interaktion zwischen den Benutzern. (Brockhaus-Enzyklopädie, Online)


und Gegenrede zum vermitteln der gegenseitigen Standpunkte

Interaktivität

Sensor

Steuerung

Als Interaktivität wird in Soziologie und Psychologie die Gesamtheit aller Interaktionen bezeichnet. In der Informatik bezeichnet dieser Begriff den Dialog zwischen User und Computer, es ist also in gewissem Maße ein Synonym zu Interaktion und Dialog. Die reine Nutzung des Computers etwa zur Datenerfassung oder als Mittel zur Kommunikation mit anderen Menschen fällt jedoch noch nicht unter Mensch-Computer-Interaktion. Erst wenn durch den Rechner eine Antwort kommt und diese nicht über einen fixen fest gelegten Pfad abläuft, wird auch hier von Interaktion gesprochen. (Brockhaus-Enzyklopädie 21. Auflage, Online, über www.munzinger.de) Wie schon im Rahmen der Lichtinstallationen beschrieben, spielt die Interaktivität im Rahmen der Installationskunst eine Rolle. Der Rezipient soll nicht stiller Betrachter, sondern aktiver Part der Installation sein. Dabei braucht die Installation eine Schnittstelle zum Besucher. Diese kann die Wahrnehmung des Besuchers sein, um diese dann zu Verändern. Aber auch durch Veränderung der Installation durch den Nutzer, etwa durch verschiebbare Elemente, geschehen.

Sensor kommt aus dem Latein, von sentire, und bedeutet fühlen oder empfinden. Ein Sensor oder auch Detektor nimmt Reize aus der Umwelt auf und wandelt sie in elektrische Signale um. Wirkprinzipien von Sensoren gibt es sehr viele, welcher Sensor in der speziellen Anwendung eingesetzt wird, hängt stark von der Aufgabe ab, die der Sensor erfüllen soll. Sensoren machen einen interaktiven Dialog zwischen Mensch und Beleuchtungsanlage erst möglich. Die Anlage hat die Möglichkeit, die Situation im Raum über Sensoren zu erfassen, etwa Präsenz oder Bewegung, und entsprechende Schritte wie Einschalten der Beleuchtung oder Veränderungen im Beleuchtungsniveau vorzunehmen. Je differenzierter dabei die Auflösung der Sensoren ist, umso präziser kann auch auf die Situation im Raum reagiert werden. Jedoch müssen der Steuerung dafür Regeln und Settings vorgegeben werden, anhand derer sie reagieren kann. Präsenz- und Tageslichtsensoren haben sich in den aktuellen Beleuchtungssteuerungen, überwiegend für Büro- und Industriebauten, schon durchgesetzt. Bewegungsmelder sind auch in Wohnhäusern üblich.

Durch die Automatisierung von Beleuchtungssystemen ist eine Steuerung notwendig. Diese kann relativ einfach über Timer gehalten sein oder komplexer ausgeführt werden und Sensoren mit einbinden. Typische Lichtsteuerungsprotokolle sind DMX (Digital Multiplex), überwiegend in der Bühnentechnik oder für Medienfassaden eingesetzt, und DALI (Digital Adressable Lighting Interface), welches Standard in der Steuerung von Beleuchtungsanlagen ist. Beide können über Gateways auch in Gebäudeautomationssysteme wie KNX oder LON integriert werden, über welche auch Klimatisierung, Heizung und Sonnenschutz geregelt werden. Dahinter liegt die Software, über welche die gesamte Steuerung programmiert wird. Die Schnittstelle zum Nutzer kann je nach Komplexität der Anlage und gewünschten steuerbaren Variablen vom Schalter über die App am Smartphone oder einem Touchpanel bis zur Vollautomatisierung reichen.


Anwendbare Erkenntnisse aus Für ein fundiertes Konzept einer interaktiven und dynamischen Beleuchtung ist ein Grundverständnis für Mensch, Licht und Raum notwendig. Entsprechend habe ich die Betrachtung dieser Teilbereiche der Entwicklung eines Konzeptes vorangestellt. Im Kapitel Mensch wurde der Aufbau des Auges sowie die Wahrnehmung visueller Reize behandelt. Im folgenden Kapitel wurde auf das Wesen und die Eigenschaften von Licht eingegangen. Als letztes wurde der Raum in Begrifflichkeit und Wirkung betrachtet. Alle drei Elemente finden sich in den vorgestellten Lichtinstallationen des vierten Kapitels wieder. Die Bestandteile Mensch, Licht und Raum befinden sich in einem ständigen Dialog. Durch die Interaktion der Elemente ist die isolierte Betrachtung, wie in den bisherigen Kapiteln ersichtlich, kaum möglich. Da das Ziel dieser Arbeit ein Konzept zur Veränderung der Situation im Raum, sowohl der wahrgenommenen als auch der realen Situation ist, beziehen sich die Erkenntnisse darauf.

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Die visuelle Wahrnehmung des Menschen ist, bedingt durch die Evolution, sehr bewegungssensitiv. Schon auf Ebene der Retina werden die verschiedenen Arten der Bewegung aufgenommen. Für Form- und Objekterkennung gibt es Mechanismen zur Kanten- und Kontrasterkennung. Daraus lässt sich ableiten, dass für ein einfaches Erkennen Kontraste notwendig sind, im Umkehrschluss können durch Kontrastverringerung Grenzen reduziert werden. Die hohe Bewegungsempfindlichkeit generiert automatisch Aufmerksamkeit auf die Bewegung. Diese zwei Aspekte eignen sich hervorragend um möglichst unterschwellig die Wahrnehmung zu beeinflussen oder zu verändern, Orientierung zu erleichtern oder Raumgrenzen in der Wahrnehmung zu verschieben. Licht ist grundsätzlich notwendig zum Sehen, hat zeitgleich auch Einfluss auf Wohlbefinden und Emotionen. Mit Licht lassen sich Kontraste schaffen oder verringern, durch das Wechselspiel von Licht und Schatten wird die


der Grundlagenrecherche Plastizität von Objekten und Räumen erst erkenntlich. Der Wechsel von Hell und Dunkel oder Farben löst im Auge Adaptionsmechanismen aus. Karin Bieske und Andreas Dommaschk konnten zeigen, dass der Schwellenwert für die Wahrnehmung von Änderungen in der Beleuchtungsstärke bei etwa 5% im Vergleich zur Anfangsbeleuchtungsstärke liegt. Eine Veränderung von bis zu 20% wird dabei toleriert und nicht als zu massive Veränderung empfunden, sofern diese nicht sprunghaft geschieht. Die Änderung des Beleuchtungsniveaus muss also in Relation zu den Adaptionszeiten des Auges gesetzt werden. Der Adaptionsvorgang von Dunkel nach Hell gelingt schneller als umgekehrt. Bei dynamischen Beleuchtungskonzepten sollte also die Verringerung des Beleuchtungsniveaus langsamer erfolgen als die Steigerung. Das gilt auch für Änderungen der Farbtemperatur, das Auge adaptiert auch hier auf die Lichtfarbe und nimmt eine Art Weißabgleich (vgl. Farbkonstanz, Kapitel Mensch) vor. Für den Bereich zwischen 3000 K und 8000 K wird deshalb eine Änderung von maximal 720 K in der Minute vorgeschlagen. Bei der kombinierten Veränderung von Beleuchtungsniveau und Farbtemperatur muss vorsichtig vorgegangen werden, die Veränderung von beiden Parametern zeitgleich wurde in der Studie kritischer bewertet als die Veränderung nur eines Faktors. (Bieske, Dommaschk, 2014) Für die gute visuelle Wahrnehmung ist zudem eine gute Farbdarstellung (siehe Kapitel Licht, Farbwiedergabe und Emissionsspektrum) hilfreich. Bereiche, in denen durch Leuchtmittel Farben nur unzureichend abgebildet oder gar verfälscht werden, wirken auf den Betrachter unangenehm, höhere Farbwiedergabe wird besser bewertet. (Völker, Schumacher, 2015) Im Kapitel Licht wird die Studie „LimbicLighting“ der Firma Zumtobel gemeinsam mit der Gruppe Nymphenburg vorgestellt, in welcher Lichtpräferenzen bestimmter Zielgruppen analysiert und so drei unterschiedliche Szenarien entwickelt wurden. Für die Beleuchtung öffentlicher Bereiche ohne konkrete Zielgrup-

pe erschweren diese Präferenzen die Erstellung eines Beleuchtungskonzeptes, auf das die Nutzer durchgängig positiv reagieren. Öffentliche Gebäude und Bereiche werden meist von allen Bevölkerungsteilen gleichermaßen genutzt. Ob in der Bevölkerung bestimmte Limbic-Types dominieren, konnte ich in diesem Zusammenhang nicht heraus finden. Entsprechend könnte es wichtiger sein, die Wahrnehmungsgrundlagen und Gestaltungsprinzipien zu beachten statt sich auf die Bedienung von Zielgruppenpräferenzen zu konzentrieren. Anhand der Persönlichkeitsmerkmale und der Verbindung zu präferierten Lichtszenarien können Rückschlüsse auf die Wirkung von Beleuchtungsszenarien auch ausserhalb der Zielgruppen gezogen werden. Eine mögliche Schlussfolgerung kann sein, dass die vom der Balance-Gruppe bevorzugten Situationen auf die anderen Gruppen grundsätzlich beruhigender wirken, die von Hedonisten und Abenteurern bevorzugten Beleuchtungskonzepte eher anregend sind, sowie die dritte Beleuchtungsvariante relativ reizarm aufgenommen wird. Wenn die Szenen passend zur Raumnutzung eingesetzt werden, sollte es nicht zu negativen Emotionen kommen. Ein wichtiger Aspekt aus dem Kapitel Raum ist das Crowding, welches sich in unübersichtilichen Menschengruppen auch als Folge von Verletzungen des persönlichen Raumes durch negative Emotionen bemerkbar macht. In Räumen mit hoher Personendichte kommt zusätzlich die Komponente Bewegung hinzu. Durch die zu hohe Anzahl an Reizen in Kombination mit negativen Emotionen kann es schnell zu einer Überbeanspruchung kommen. Der Effekt ist in rechteckigen Räumen geringer. (Eichler, Neustadt, Schmidt 2008) Werden hier die Personen durch Zonierung und Lichtstimmung gelenkt, fällt die Orientierung leichter und die Situation kann als entspannter wahrgenommen werden. Die Wahrnehmung unserer Umwelt verändert sich auch mit der zur Verfügung stehenden

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Zeit sowie der Intension, mit der wir uns bewegen. Ist viel Zeit vorhanden, werden mehr Details wahrgenommen. Bewegen wir uns zielgerichtet oder schnell, wird eher großflächig nach Formen und Kontrasten (auch Superzeichen) wahrgenommen. (Grütter, 2014) Das ermöglicht Orientierung und verhindert Kollisionen mit Hindernissen. Für einen Raum mit bestimmter Aufgabe werden Beleuchtungskonzepte entsprechend daran ausgerichtet. Bisher sind solche Konzepte statisch, dynamische Lichtlösungen beziehen sich in der Regel auf den Tagesverlauf und ahmen durch Veränderung von Farbtemperatur und Lichtintensität das Tageslicht nach. Das kann Einfluss auf den Biorythmus haben, Konzentrationstiefs ausgleichen und motivieren (vgl. Kapitel Licht, Lichtfarbe und Wirkung). Auch Systeme mit Tageslichtsensoren oder Präsenzmeldern werden eingesetzt, um nur dann die Beleuchtung einzuschalten, wenn sie auch gebraucht wird. In die reguläre Steuerung werden in der Regel Szenen programmiert. Das heisst, die Beleuchtungssituation lässt sich auf Knopfdruck ändern. Der Knopfdruck ist dabei allerdings immer noch notwendig. Egal ob per Interface oder über einen Schalter. Für private Wohnräume oder den Arbeitsplatz ist die Möglichkeit des persönlichen Eingriffs für die Akzeptanz eines Beleuchtungssystems notwendig. In (halb-) öffentlichen Bereichen ist die Nutzerbeteiligung an der Lichtszene jedoch kaum praktikabel. Schön wäre es dennoch, könnte das Licht auf die Situation reagieren. Der nächste Schritt ist somit, Situationen und Räume zu analysieren, die das Potential haben mit intelligentem Licht verändert zu werden.

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Situationen Im Alltag im öffentlichen Raum begegnen wir ständig Situationen, die von Menschenmengen oder Desorientierung geprägt sind. Solche Momente sind eher in Ballungsräumen zu verorten. Müdigkeit, Stress und andere Faktoren, welche einen negativen Einfluss auf die Kognition haben, verstärken das Gefühl der Überforderung, das sich in entsprechenden Situationen einstellt. Diese Situationen aufzuspüren, zu analysieren und Ideen zur Strukturierung zu entwickeln ist das Ziel dieses Abschnitts der Arbeit. Mit „Statik trifft auf Dynamik“ kann die erste Situation beschrieben werden. Sie ist überall da zu finden, wo viele Menschen auf begrenztem Raum mit unterschiedlichen Ambitionen aufeinander treffen. Etwa wenn sich Personen zielgerichtet durch einen Raum bewegen, aber von wartenden Personen gebremst werden. Auch wenn sich zwei Personen in einem schmalen Gang unterhalten, eine dritte Person vorbei möchte. Die statischen Personen werden dadurch in ihrer Ruhe gestört, die sich bewegenden Personen werden gebremst und können nicht in der ursprünglichen Bewegungsrichtung weiter. Ein Lösungsansatz wäre eine intuitive Zonierung in statische und dynamische Bereiche.

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Kapazität ist das Problem der nächsten Situation. Jeder Bereich wird nur bis zu einer bestimmten Grenze an Personen als angenehm empfunden. Kommen weitere Personen hinzu, kommt es zum Crowding. Die Menge an Personen in Relation zur Fläche hängt dabei sowohl von der Flächengeometrie (vlg. Kapitel Raum, Crowding, persönlicher Raum), von den Personen als auch vom Kontext ab. Ein Wartezimmer wird schneller als zu voll empfunden als eine Bar oder Kneipe, da die Intention des Aufenthaltes eine ganz andere ist. Das Wartezimmer ist lästige Zwischenstation zum eigentlichen Termin, die Bar ist Aufenthaltsraum und zur Interaktion zwischen Menschen gedacht. Ab einer bestimmten, als zu viel empfundenen Personenzahl müsste der Raum wachsen.

An neuen Orten fällt es oft schwer, sich zu orientieren. Es wird bewusst und unbewusst nach Differenzierungsmöglichkeiten im Raum gesucht, die Hinweise auf die Ausrichtung des Ortes geben könnten. Fehlen solche oder sind diese nicht sofort zu erkennen, kann es zu Unsicherheit und Überforderung kommen. Sehr stark ist dieser Effekt auch bei Personen mit gutem Orientierungssinn, wenn der Raum keine Verbindung nach draussen hat und über verschachtelte Treppen, einen Aufzug oder Verkehrsmittel wie S- und U-Bahn erreicht wurde. Selbst wenn über Informations- und Leitsysteme die Orientierung erleichtert werden soll, bedarf es einiger Zeit, diese zu erfassen. Kommen noch Personenströme hinzu, welche sich aufgrund der Ortskenntnis zielgerichtet bewegen, kommt es schnell zu Kollisionen, die Situation wird für den Desorientierten noch komplexer. Zonierung sowie vorgegebene Bewegungsrichtungen könnten diese Situationen entspannen. Diese exemplarisch gewählten Situationen sind von dem jeweiligen Raum abhängig, in dem sie sich ereignen. Optimale, auf die Nutzung abgestimmte, Räume lassen diese Situationen nicht emotional eskalieren sondern unterstützen positiv. Menschliches Verhalten oder geänderte Anforderungen können jedoch zur Nutzung eines Raumes führen, für welche dieser nur bedingt geeignet ist. Ebenso kann es, wie in den Situationen beschrieben, auch durch den Nutzer zur „unsachgemäße“ Nutzung der Räume und somit zu Einschränkungen der anderen Nutzer kommen.


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Räume Im vorherigen Abschnitt haben sich schon einige Räume angedeutet, in denen es zu unangenehme Situationen kommen kann. Grundsätzlich werden solche Situationen eher in öffentlichen Räumen geschehen. Hier ist die Nutzergruppe sehr inhomogen, die Ambition für die Anwesenheit im Raum kann grundverschieden sein. Je unübersichtlicher der Raum ist, umso eher wird es zu Orientierungsproblemen kommen. Wenn ein Raum Verkehrs- und Wartebereiche oder andere beruhigte Bereiche ohne ausreichende Zonierung aufweist, wird es zu Problemen in den Bewegungsabläufen kommen. Sicher gibt es viele Räume und Bereiche, die entsprechendes Konfliktpotential aufweisen. Im Rahmen dieser Arbeit möchte ich mich auf drei konkrete Raumtypen beschränken.

und ein Queren nur eingeschränkt möglich ist. Eine klar erkenntliche Trennung von statischen und dynamischen Bereichen, also Wegen und Flächen, könnte die Situation strukturieren. Bauliche Maßnahmen wie Barrieren, Geländer oder ähnliches ist aufgrund der vielfältigen Nutzung des Platzes nicht praktikabel, die Trennung muss intuitiv verständlich sein. Zonierung in Bewegung und Ruhe ist anzustreben. Die Reaktion des Auges auf Bewegung könnte dabei helfen. These: über Lichtlaufbänder im Boden, welche breit genug sind um als Bewegungsfläche angenommen zu werden und selbst erkennbare Bewegung verursachen, könnten die Bereich visuell und intuitiv verständlich unterteilt werden, ohne Schwellenoder Stufenbildung.

Der Platz an sich dient häufig als Ort der Handlung und Begegnung. Er kann das Zentrum des Viertels, des Ortes oder einer Stadt sein. (Grütter, 2015) Entsprechend vielfältig sind Nutzung und Nutzer dieses Ortes. Wie in der Situation schon beschrieben, kann es durch den Wechsel von Bewegung und Ruhe, aber auch durch die Relativität der Bewegung zu Komplikationen kommen. Als Beispiel eine Situation am Münchner Marienplatz: Mittags, etwa 12 Uhr, viele Menschen möchten das Glockenspiel ansehen, ein paar Personen möchten jedoch den Platz queren. Daraus ergibt sich für alle direkt Beteiligten ein Problem. Personen, die queren möchten kommen, ohne Kollisionen mit den stehenden Personen nicht über den Platz. Menschen, die das Glockenspiel betrachten möchten, werden davon abgelenkt, da sie für die querenden Personen Platz machen müssen. Personen, die sich nicht gut auskennen und denen durch die Menschenmenge der Blick versperrt wird, haben zusätzlich das Problem, dass ihnen die Möglichkeit der Orientierung genommen wird. Für Personen, die positiv eingestellt, wach und entspannt sind, wird das nur geringe Probleme bereiten. Gestresste oder müde Personen werden ungleich heftiger auf diese Situation reagieren. Das Problem ist also, dass der gesamte Platz besetzt ist

Zwischengeschosse und Bahnsteige des öffentlichen Nahverkehrs werden den gesamten Tag rege genutzt. Die Personendichte variiert hier nach Tageszeit, dem Fahrplan und der Lage. Zentrumsnahe Stationen und solche, die als Kreuzungspunkt dienen, sind höher frequentiert als Stationen im Umland. Die Bewegungen, die hier statt finden, sind vielfältig. Ein- und Aussteigen, vom einen zum anderen Ende des Bahnsteigs gehen, den Bereich nur als Unterführung nutzen, Fahrpläne und Umgebungskarten lesen, Fahrkarten kaufen, warten. Ebenso haben es manche Fahrgäste eilig, andere müssen sich erst orientieren und bleiben deshalb unvorhersehbar stehen, laufen auf der falschen Seite oder schlagen Haken. Nachts sind zwar nicht mehr so viele Personen anwesend, durch verschachtelte Zwischengeschosse und fehlende Rückzugsbereiche kann dennoch Angst vor anderen Wartenden aufkommen. Es gibt also Settings, die von der Personendichte abhängen und Settings, die von der Tageszeit abhängen. These: Durch Zonierung und Akzentuierung je nach Personendichte und Tageszeit sowie Lichtimpulse welche die Laufrichtung suggerieren kann in diesen Bereichen die Orientierung erleichtert und das Wohlbefinden gesteigert werden.

Durchgangsbereiche finden sich an sehr vielen Stellen des öffentlichen Lebens. In schmalen Durchgangsbereichen zwischen weitläufigen Räumen ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sich Personen treffen oder finden. Gerade wenn sich beide gegenläufig bewegen, der eine etwa den Raum verlassen, der andere ihn betreten will, werden sie kurz stehen bleiben und sich unterhalten. Der Durchgang für andere Personen wird somit erschwert oder gar unmöglich gemacht. Konkret ist diese Situation häufig in Durchgängen zu Bahnsteigen oder bei Veranstaltungen auf den Wegen zur Toilette zu beobachten. Aber Flure und Eingangsbereiche in Bürokomplexen oder Behörden provozieren diese Situation. These: Impulse durch Bewegung, etwa horizontale Lichtbänder oder pulsierendes Licht wird der Reiz, diesen Bereich zu verlassen oder gleich in Bewegung zu bleiben gesetzt. Der Aufenthalt in Wartezimmern ist lästig. Eigentlich möchte man direkt an sein Ziel ohne zu warten. Die Anzahl der Wartenden hängt dabei meist auch noch direkt mit der Dauer der Wartezeit zusammen und werden entsprechend ihrer Anzahl negativer bewertet. Die wahrgenommene Anzahl der Wartenden hängt (ab der Grenze von sechs Objekten, Simultanerfassung) direkt mit dem zur Verfügung stehenden Raum zusammen. In Wartezimmern des Gesundheitswesens kommt neben der Verlängerung der Wartezeit auch noch die Infektionsgefahr hinzu. Steigt die Anzahl der Wartenden auf eine Anzahl, die verhindert, dass zwischen den Wartenden jeweils ein Platz frei ist, fühlen sich alle zunehmend unwohler. In den Wartebereichen von Kliniken ist dann zu beobachten, dass Personen, die dazu fähig sind, den Raum verlassen und im Aussenbereich, auf der Treppe oder im Vorraum warten. These: Wird der Raum in einer solchen Situation optisch vergrößert, sollten die entstehenden negativen Gefühle reduziert werden. Für den Gesundheitsbereich kann die Verschiebung der Farbtemperatur von warm- bis neutralweiß ins neutral- bis kaltweiße die Situation verbessern.

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Sensoren als Grundlage für In den bisher genannten Beispielen ist es nicht möglich, durch bauliche Maßnahmen, Farbgebung oder Leitsysteme auf die sich ändernde Situation zu reagieren und diese zu verbessern. Da sich diese ständig verändert, muss flexibel reagiert werden können, was statische Eingriffe ausschließt. Da Licht auf den Menschen und dessen Emotionen wirkt und auch die Steuersysteme, mit denen die Beleuchtung in öffentlichen Bereichen inzwischen bedient werden, immer mehr Möglichkeiten bieten, liegt in der Beleuchtung mein Ansatz zur Verbesserung der beschriebenen Situationen. Dafür möchte ich mich auf zwei der oben beschriebenen Situationen, den Bahnsteig und das Wartezimmer, konzentrieren. Das Wartezimmer hat eine isolierte Aufgabe: es soll den Wartenden die Aufenthaltszeit so angenehm wie möglich machen. Die Anforderungen an den Bahnsteig sind hingegen sehr viel komplexer und variieren ständig. Das Licht ist hierbei das Mittel, über welches ich den Raum, die Wahrnehmung des Raumes und das Verhalten der Personen beeinflussen möchte. Die Lichtsteuerung soll dabei, wie in Beleuchtungssystemen, bestimmte Szenen beinhalten. Diese sollen jedoch auf die Situation im Raum flexibel reagieren können, Mensch, Licht und Raum sollen in einem interaktiven Dialog stehen. Um der Steuerung das Erkennen der Situation zu ermöglichen, müssen Sensoren eingesetzt werden. Reguläre Bewegungs- oder Präsenzmelder sind für diese komplexen Situationen nicht ausreichend, Tageslichtsensoren können im Bereich Wartezimmer zur Unterstützung des Konzeptes eingesetzt werden. Für diese beiden Situationen müssen die Sensoren Bewegung sowie Personenanzahl- und Dichte erkennen können. Grundsätzlich sollen Sensoren Daten aus der Umwelt erfassen und diese für den Computer verständlich übersetzten. Verschiedene Sensoren können dabei auch kombiniert werden.

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Für das Wartezimmer ist es notwendig, die Personenanzahl im Raum zu bestimmen. Wer-

den hier festgelegte Grenzwerte überschritten, soll sich an der Beleuchtung im Raum etwas ändern. Möglich ist die Erkennung der Personen im Raum über einen Sensorboden. Dieser erkennt, wenn jemand darüber läuft, wie viele Personen sich darauf bewegen, wo sich diese befinden und ob sie stehen, auf dem Boden sitzen oder liegen. So können sie auch Stürze erkennen. Der Vorteil ist, dass die Personenanzahl schon beim Betreten des Raumes erkannt wird und somit gleich entsprechende Veränderungen eingeleitet werden können. Da der Sensorbelag unter dem normalen Fußboden liegen soll, müsste bei Bestandsräumen der Boden komplett neu gemacht werden. In Pflegeeinrichtungen gibt es Kontaktmatten, die erkennen sollen wenn ein Patient aus dem Bett gefallen ist. Sie reagieren je nach Funktionsweise auf Druck, Kontakt oder schon auf Näherung. Diese könnten in die Sitzflächen der Stühle integriert werden. Ebenso gibt es eine Reihe von Piezosensoren die in der Fahrzeugtechnik ermitteln, ob ein Platz belegt ist und dann die Verriegelung des Sicherheitsgurtes oder den Airbag überprüfen. Eine Veränderung der Lichtsituation würde dann erst eingeleitet werden, sobald der Wartende Platz nimmt. Es müssten also Stühle verändert oder Sitzpolster angebracht werden. Eine weitere Möglichkeit bieten verschiedene Trackingsysteme. Zunächst dachte ich an eine Kinect. Diese Kamera mit Tiefenwahrnehmung, IR-Sensor und Microphon wurde ursprünglich für die Spielekonsole XBox entwickelt, dann aber gehackt und in viele Entwicklerumgebungen eingebunden. Inzwischen ist das ganz offiziell erlaubt, Microsoft hat sogar ein Entwickler-Kit für die Kamera bereit gestellt. Sie war lange Zeit die einzige 3D Kamera für den privaten Nutzer und ist aufgrund ihrer Geschichte bei Schnittstellen-Bastlern sehr beliebt. Durch verschiedene Tracking-Arten kann die Kamera Personen, Gesichter oder Körperteile, Farben oder Formen erkennen. Der perfekte Erfassungsbereich liegt zwischen 1,2 und 3,8 m und ist somit nicht wirklich für ein Wartezimmer geeignet.

Durch die zunehmende Automatisierung aller relevanten gebäudetechnischen Einrichtungen wurden auch die Sensoren angepasst. Die ursprünglich reinen Präsenzmelder können nun auch Personen zählen, Belegungsdichten ermitteln oder Aktivitätslevel erfassen. Sensoren zur Personenzählung gibt es von verschiedenen Firmen, meist ausgelegt als Counter für Einkaufshäuser oder Museen aber auch für die Steuerung von Belüftungsanlagen. Gute Sensoren arbeiten oft mit Hochfrequenz oder Ultraschall. Sie senden also selbst Signale aus und können bei Dunkelheit Bewegung erkennen. Sensoren mit einer Kamera können Personen zählen, benötigen aber ausreichend Licht. Sie sollten mit anderen Techniken kombiniert werden. Es gibt sie zur Wand- oder Deckenmontage, zweiteres ist zu bevorzugen, da hier keine Überdeckung durch hintereinander stehende Personen oder durch Gegenstände zu befürchten ist. Sie haben unterschiedlich große Winkel, je nach Hersteller zwischen 60° und 160° und können in 2-6 m Höhe angebracht werden. Somit kann das gesamte Zimmer inklusive Eingang abgedeckt werden, die Lichtsteuerung kann schon beim Betreten des Raumes aktiv werden. Ein Sensor aus diesem Bereich ist perfekt um die Personenzahl in einem Raum zu erfassen. Durch spezielle Zählsysteme können solche Sensoren auch für das System an einem Bahnsteig eingesetzt werden. Die Sensoren können Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit ermitteln. Durch die Montage und den definierten Erfassungsbereich wird auch die Personendichte gemessen. Wird in der Programmierung die Lage von Sensor und Leuchte berücksichtigt, kann sich an der Lichtsituation schon etwas verändern, wenn die Menschenmenge die den Bahnsteig gleich fluten wird, noch auf der Rolltreppe steht. Gekoppelt mit dem Fahrplan, einer Lichtschranke im Tunnel oder Kontaktsensoren an den Gleisen, kann die Steuerung auch auf die nächste Bahn reagieren. Geeignete Sensormodelle sind zum Beispiel der Steinel HDP 1, Novatec Xovis PC2 oder


Interaktion der Elemente

5 | Dialog

Intensa S2000. Aber auch Varianten mit etwa der Kinect von Microsoft sind mรถglich.

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Dynamik

[altgr.: dýnamis, „die Kraft“]


dynamische Beleuchtung

Begriffsdefinition

Konzepte

allgemein: 1) eine Bewegung, Entwicklung aufweisend 2) Tatkraft und Unternehmungsgeist besitzend, durch Schwung, Energie gekennzeichnet. (Brockhaus-Enzyklopädie 21. Auflage, Online, über www.munzinger.de) Als dynamisch wird etwas sich veränderndes, bewegliches beschrieben. Dynamik ist auch in Akustik, Physik und Musik zu finden. Beleuchtung wird als dynamisch bezeichnet, wenn sich im zeitlichen Ablauf bestimmte lichttechnische Parameter wie Lichtfarbe, Beleuchtungsstärke oder Lichtrichtung verändern. Dynamische Beleuchtung wird für biologisch wirksame Lichtkonzepte (siehe auch Kapitel Licht, Lichtfarbe und Wirkung) angewandt oder im Rahmen farbdynamischer Konzepte.

Mit Tunable White Leuchten (vlg. Kapitel Licht, Lichtfarbe und Wirkung, Kapitel Dialog, Steuerung) und intelligenter Steuerung lässt sich so der Tagesverlauf des natürlichen Lichtes nachformen. Die Anwendung von „biologisch“ wirksamen Licht steckt noch in den Anfängen, die Langzeitwirkug auf den Organismus ist noch nicht untersucht. Durch den Einfluss von Licht auf den Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen scheinen solche Konzepte sehr attraktiv. Bei farbdynamischen Konzepten liegt der Fokus auf der Akzent- und Stimmungsbeleuchtung. Gerade durch immer leistungsstärkere RGB-LED-Leuchten wird auch deren Einsatz immer attraktiver.


Anwendung Dynamische Beleuchtung wird seit der zunehmenden Vielfalt und Verfügbarkeit der LED und durch die Erkenntnisse über die melanopische Wirksamkeit des Lichtes immer attraktiver. Eingesetzt werden solche Konzepte in Schulen, Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Bürogebäuden, Industrieanlagen und anderen Gebäuden mit geringem Tageslichtanteil. Farbdynamische Konzepte (RGB-Farblicht) werden im dekorativen Bereich verwendet. Etwa in Shopkonzepten, bei Veranstaltungen oder zur Akzentuierung von Fassaden. Auch im Bereich Wellness und Sport findet farbiges, dynamisches Licht Verwendung.


Anwendung von dynamischem Bereiche, in denen dynamisches Licht eingesetzt wird, gibt es inzwischen viele. Weil es durch die Einführung der LED und deren Weiterentwicklung erst möglich wurde, weil es preislich zunehmend erschwinglicher wird, aber auch, gerade bei der Farbdynamik, weil damit ein schneller, intensiver Effekt erzielt werden kann. Dass in der Bevölkerung in recht breiter Masse ein Markt für buntes, blinkendes und sich veränderndes Licht vorhanden ist, zeigt sich jährlich um die Weihnachtszeit. Neben den schon mehrfach erwähnten biologisch bzw. melanopisch wirksamen, dynamischen Lichtkonzepten gibt es nur wenig anderes zu finden. Im Bereich der Straßenbeleuchtung wird schon seit langem mit dynamischen Beleuchtungen gearbeitet. Von der Nachtabsenkung bis zur sensorgestützten, bedarfsgerechten Steuerung. Im privaten Wohnbereich ist die situative Beleuchtung mit der Markteinführung von Philips Hue auch angekommen. Eine wunderschöne Steuerungsalternative dafür wurde von Studenten der Technischen Universität Karlsruhe entwickelt. Das dritte Konzept ist eine Studie und befasst sich mit der Oberflächenveränderung im Zusammenhang von Farbe und Lichtspektrum.

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Licht

6 | dynamische Beleuchtung

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in der Straßenbeleuchtung

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Die Grundbeleuchtung wird auch „das erste Licht“ genannt. Es ist gesetzlich in Normen festgeschrieben, wie stark, gleichmäßig, effizient etc. diese Beleuchtung sein muss. Jede Kommune ist verpflichtet, diese Grundbeleuchtung zu unterhalten. Diese Beleuchtung sorgt für Schutz, Sicherheit und Orientierung. Auch woher das Licht kommt ist dabei von entscheidender, ästhetischer Bedeutung. Sie muss also geplant und durchdacht werden, nicht zuletzt um entsprechenden Normen gerecht zu werden. Auch wird das Bild der Straße entscheidend durch die Leuchten geprägt. Um die Kosten gering zu halten ist neben effizenten Leuchtmitteln auch die Laufzeit der Beleuchtung zu beachten. Bei Verkehrsbereichen mit hoher Auslastung wird das über Zeitschaltuhren, auch in Verbindung mit astronomischen Werten wie Sonnenauf- und untergang, geregelt. In ruhigeren Bereichen kommt noch eine Nachtabsenkung des Beleuchtungsniveaus dazu. Bei intelligenten Beleuchtungskonzepten in Wohnstraßen und wenig frequentierten Bereichen, in Parks oder auf Pendlerparkplätzen kommen jetzt Bewegungsmelder zum Einsatz. Dabei wird die Beleuchtung in den hoch frequentierten Zeiten voll betrieben und während der Nachtabsenkung auf eine sehr geringe Grundhelligkeit abgesenkt oder gar ausgeschalten. Nähert sich nun ein Fahrzeug oder Fußgänger, erkennen die Bewegungsmelder das, die Beleuchtung wird nur dort wo sie gebraucht wird, also auf höhe des Verkehrsteilnehmers und etwas davor eingeschalten. Die Erkennung läuft dabei über Bewegungsmelder an jeder Leuchte oder über Funk an den Leuchten selbst. Dann erkennen nur die Leuchten am Straßenbeginn die Bewegung und geben das Signal dann an die nächste Leuchte weiter (Master-Slave-Schaltung). In welchem Bereich die Beleuchtung hier gedimmt wird, lässt sich an die Situation anpassen und über die Programmierung festlegen. Ebenso, wie schnell die Lichtintensität ansteigt und später wieder abfällt. Durch diese Steuerung sollen Anwohner

weniger gestört werden, Lichtverschmutzung reduziert und zeitgleich der Energieverbrauch gesenkt werden, ohne dabei die Sicherheit und den Sehkomfort auf den Straßen und Wegen einzuschränken. Steuerung, Leuchten und Sensoren gibt es inzwischen von vielen Herstellern.

Bilder: http://www.hess.eu/de/Inspiration_Effizienz/Pr ojektsuche/?id=144373&search=Diepholz&gallery=t rue&project=Diepholz%20LED-Anlage%20mit%20 Dimmung&location=DE%20-%20Diepholz Grafik: selbst


6 | dynamische Beleuchtung

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im Wohnbereich Beleuchtungsmanagement ist auch im privaten Umfeld angekommen. Gerade bei größeren Sanierungen und im Neubau werden nur noch selten normale Schalter verbaut. 2011 hat Philips ein System auf den Markt gebracht, welches über Retrofitleuchtmittel herkömmliche Leuchten per App steuerbar macht. Die Leuchten kommunizieren dabei über ZigBee Light Link mit der Basisstation welche über WLAN mit einer App für Smartphone und Tablet verbunden ist. Die RGBLED-Leuchtmittel können dann je nach dem, wie sie angesteuert werden, in allen Farben des RGB-Systems leuchten oder pulsieren. Die Farben der Leuchtmittel können dabei einzeln ausgewählt werden, etwa duch Color-Picking vom schönsten Urlaubsbild oder passend zum Fernsehprogramm. Auch Synchronisierung mit Musik oder Computerspielen ist möglich. Selbst eingehende E-Mails oder Anrufe lassen sich über die Leuchtmittel synchronisieren. 2014 haben Franzi Hermann und Chris Herbold von franzkann* (Blue Asterisk) eine alternative Steuerung entwickelt. Statt sich auf ein digitales Interface zu reduzieren, haben die beiden den m!Qbe entwickelt. Der Würfel fungiert dabei als Schalter der Leuchten, auch verbunden mit einer Basisstation welche die Signale an die Leuchtmittel weiter leitet. Der Würfel selbst kann auf jede der sechs Seiten gelegt werden, welche mit bestimmten Funktionen belegt sind. Schaltbar über die Würfeloberfläche sind drei Szenen, welche vorab eingestellt werden müssen, eine Oberfläche ermöglicht über die Drehung des Würfels das Anpassen der Lichtfarbe, über die fünfte Oberfläche können die Leuchtmittel gedimmt werden. Zeigt die sechste Seite nach oben, sind die Leuchtmittel aus. Wird der Würfel geschüttelt, wird per Zufallsprinzip eine Lichtszene eingestellt. Geladen werden kann dieses haptische Interface kabellos über die im Set vorhandene Induktionsladestation. Leider war wohl das Crowdfounding zur Finanzierung der Produktion nicht erfolgreich, der m!Qbe ist nicht auf den Markt gekommen. 136

Inzwischen gibt es auch von anderen Herstel-

lern ähnliche Systeme: etwa IWY-Light, Lightify von Osram oder per App dimmbare Sockel von emberlight, die digital steuerbaren LEDRetrofit-Leuchtmittel von Cree.

Bild rechte Seite oben rechts: http://www.energieleben. at/wp-content/uploads/2015/01/Energieleben_philips_hue_07.jpg Philips Hue- App

Bilder diese Seite: http://www.get.your.m-q.be m!Qbe silber und schwarz, m!Qbe Set

Bild rechte Seite oben links: http://www.chip.de/ ii/2/5/2/3/5/4/0/9/light-and-building-2014-lightify09ad3009f14260ee.jpg Osram Lightify App

Bild rechte Seite unten: http://www.woa.com.br/blog/ wp-content/uploads/2014/01/philips-hue.jpg


6 | dynamische Beleuchtung

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mit Oberflächen Im Rahmen seiner Master Thesis hat sich Tredeaux Grobler am Fraunhofer IAO Light Fusion Lab mit dem Zusammenhang von RGBLicht und CMYK-Farbe beschäftigt, also der visuellen Verschiebung des Remissionsspektrums von Körperfarben bei Beleuchtung mit unterschiedlichen Emissionsspektren. Als Farblicht wurden neben dem reinen Rot, Blau und Grün noch die Sekundärmischungen Cyan (G+B), Magenta (R+B) und Yellow (R+G) eingesetzt. Gerade diese Mischlichtfarben haben aufgrund ihres breiteren Spektrums eine größere Auswirkung auf Körperfarben. So sind die Dynamic Surfaces entstanden. Bei der Bildvorlage haben sich besonders Bilder bewährt, die viele Farben vereinen und diese in Verläufen abbilden, einen dunklen Hintergrund aufweisen und starke Kontraste haben. Geschickt angewendet kann eine solche Oberfläche nun je nach Lichtfarbe, mit der es bestrahlt wird, unterschiedlich aussehen. Der Autor der Arbeit schlägt vor, diese „Dynamic Surfaces“ ähnlich eines Bildes in einem Rahmen zu platzieren, in welchen die Beleuchtung integriert ist. Denselben Namen gibt er der Anwendung im Schaufenster, in der Farbtherapie und im Wellnessbereich, sowie der Anwendung im Rahmen der Raumgestaltung für Demenzkranke über eine gesamte Wandverlaufend oder als dekoratives Element. Bilder: Grobler, 2011, S. 90, 92, 94, 96, 98, 100, 102, 104, 106, 108, 110, 112, 114, 116, 118f Design 4 im Farbverlauf des Shade Shifters, links das Original in weißem Licht

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Konzept

[lateinisch: conceptus, „das Zusammenfassen“]


Konzept

Sensorgestützte, dynamische Lichtanwendung im öffentlichen Raum in Bezug auf Personendichte,

Konzept

Potential

Bildungssprachlich wird Konzept für eine erste Niederschrift und den Entwurf eines Schriftstückes aber auch für einen klar umrissenen Plan oder das Programm für ein Vorhaben verwendet. (Brockhaus Enzyklopädie Online) Laut Duden ist in einem Konzept der Plan erst grob, eher als Entwurf und erste Fassung zu sehen. Im Rahmen dieser Arbeit geht es nicht um eine fertige Planung sondern um ein, nicht auf einen konkreten Raum sondern einen Raumtyp angepassten, Entwurf. Die Intention muss klar zu erkennen sein, das Konzept soll auf Räume mit gleicher Nutzung übertragbar sein.

Potential oder Potenzial beschreibt eigentlich die „Gesamtheit aller verfügbaren Mittel, Energien; Leistungsfähigkeit.“ (Brockhaus Enzyklopädie Online) Der Duden beschreibt das Wort als möglich oder die Möglichkeit bezeichnend. Das trifft auch eher die Bedeutung, welche in diesem Kontext gemeint ist. Nicht jeder Raum ist für ein dynamisches Lichtkonzept, welches situativ auf Raumwahrnehmung und Verhalten Einfluss nehmen soll, geeignet.


Wahrnehmungsgrundlagen und Einfluss auf Verhalten

Räume

Aktion und Reaktion

Grenzen

Wenn Beleuchtung selbständig über Sensoren auf die Situation reagieren soll, müssen Räume ausgewählt werden, in welchen verschiedene Situationen stattfinden. Theoretisch möglich ist dynamische, sich situativ verändernde Beleuchtung in jedem Raum. Nur sind viele Räume für exakt eine Situation ausgelegt und von dieser wird wenig abgewichen. Im privaten Wohnraum wird zudem der eigenständige Einfluss auf die Umgebung bevorzugt. Erst durch vielfältige Nutzer mit ganz unterschiedlichen Ambitionen entstehen unerwartete und im räumlichen Kontext ungeeignete Situationen, auf die der einzelne Nutzer keinen Einfluss nehmen kann.

Häufig auftretende Situationen und damit einhergehende Beeinträchtigungen im regulärem Verhalten mit Auswirkung auf die Emotionen der anwesenden Personen können in vielen räumlichen Situationen aufgespürt werden. Wenn für diese Situationen nun eine Lösung gefunden wird, kann im nächsten Schritt durch Änderung der Beleuchtung diese Lösung angestrebt werden. Auf eine Aktion im Raum folgt eine Reaktion der Beleuchtung. Auf die Aktion der Beleuchtung sollte wieder eine Reaktion der Nutzer erfolgen, woraufhin sich die Situation verändert.

Da Licht und Beleuchtung nur ein kleiner Bestandteil unserer Umwelt ist, wird mit einem solchen Konzept nicht jede unangenehme Situation vollständig ins positive gewandelt werden können. Von den menschlichen Sinnen ist jedoch der Sehsinn der Einflussreichste, sehen an sich ist nur mit Licht möglich, die Beleuchtung hat zudem Einfluss auf unsere Emotionen (Häusl 2011; Schweitzer 2015). Ebenso lassen sich Beleuchtungskonzepte minimal-invasiv, also ohne großen Eingriff in die Bausubstanz, umsetzten. Somit ist künstliches Licht im Bestandsbau sowie im Neubau ein probates Mittel um mit geringem Aufwand große Wirkung zu erzielen. Beleuchtung kann aber zu einer positiveren Wahrnehmung unsere Umwelt beitragen und somit allgemein unser Wohlbefinden beeinflussen.


Räume Wie schon im Kapitel Dialog angerissen, gibt es einige Räume in denen es zu beeinflussbaren Situationen kommt. Das Wartezimmer im Bereich Gesundheitswesen ist zunächst als Beispiel und Konzeptgrundlage gut geeignet. Hier geht es rein um die Personendichte im Zusammenhang mit Sitzplatzanordnung und Raumgröße. Da sich viele Warteräume gleichen, habe ich zur Darstellung des Konzeptes einen Beispielraum konzipiert. Auch für andere Räume sind auf die Situation reagierende Beleuchtungssysteme denkbar. In Durchgangsräumen sind als Parameter, auf welche die Beleuchtung reagieret neben der Personendichte die Bewegungsgeschwindigkeit der Personen geeignet.

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7 | Konzept

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Wartezimmer In allen Bereichen des Gesundheitswesens gibt es Wartezimmer. Egal ob beim Allgemeinarzt, dem Kieferorthopäden, der radiologischen Praxis oder der Klinik, meist muss der Patient warten, bevor er in den Behandlungsraum kann. Auch an Bahnhöfen oder Flughäfen gibt es häufig Aufenhaltsräume für die Wartezeit. Warteräume an sich sind halböffentlich, die Menschen, die sich hier befinden, haben alle auf etwas zu warten. Gerade im Gesundheitswesen sind diese Räume und die Atmosphäre in diesem Raum wichtig. Nicht aus wirtschaftlichen Interessen, wie es etwa in den „Lounge“-Bereichen der großen Personenbeförderungsunternehmen der Fall ist, sondern um dem Patienten zu beruhigen und ein Gefühl von Geborgenheit zu geben. Dieser soll sich hier entspannen, bei Bedarf abgelenkt werden und das Vertrauensverhältnis zum Arzt gestärkt werden. Kernpunkte der Atmosphäre eines Wartezimmers sind somit Ruhe und Entspannung, die zu erfüllende Sehaufgabe ist das Lesen. Wartezimmer gleichen sich in der Regel in ihrem Aufbau. Immer vorhanden sind Sitzmöglichkeiten, meist ergänzt mit einer Ablage für Zeitschriften. Je nach Ausstattung und Größe der Praxis kommen Garderobe, Fernseher, Aquarium oder Kinderspielecke hinzu. Viele Wartezimmer haben zudem Bilder an der Wand hängen und verfügen über Fenster. Einen Überblick über die Gestaltung und Ausstattung von Wartezimmern bieten die Bilder auf dieser Seite. Meist sind Wartezimmer nicht besonders groß, es sollen hier auch nur wenige Personen warten müssen. Häufig kommt es jedoch zu Unregelmäßigkeiten im Ablauf und das Wartezimmer füllt sich. Für die später in das Zimmer kommenden Patienten bedeutet das eine lange Wartezeit, für die schon anwesenden Personen wird es enger. Bei Ärzten und in Kliniken steigt, zumindest gefühlt, auch noch das Infektionsrisiko an. Um so mehr Personen in einem Wartezimmer anwesend sind, um so unwohler fühlen sich die Wartenden. 146

http://zahnimplantologie-oldenburg.de/bilder/ZentrumGesundheit2wartezimmer0077.jpg

http://www.kundeneingang.net/files/306/1/modulefiles/pic_306112595articles.jpg

http://www.duden.de/_media_/full/W/Wartezimmer-201020596974.jpg

http://www.zahnarztpraxis-wurbs.de/wp-content/uploads/2013/01/Wartezimmer-3.jpg

http://www.kjp-moenkhof-ziemens.de/wp-content/gallery/praxisbilder/wartezimmer.jpg


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http://www.praxis-am-schlossplatz.de/fotos/praxis/ gross-praxis-wartezimmer.jpg

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http://augenarzt-bogenhausen.de/wp-content/uploads/2014/06/Wartezimmer1-1024x682.jpg

http://www.gyn-praxis-euskirchen.de/m/bilder/gynpraxis-euskirchen-warten-1.jpg

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http://arztpraxis-axler-brombach.de/praxis/Raeume/ Wartezimmer.jpg

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Situation Wie sich die Wartezimmer in ihrem Aufbau gleichen, tun das auch die Situationen in diesen Räumen. Wie schon vorab beschrieben, hängt hier viel mit der Auslastung des Zimmers zusammen. Wenn zwischen den einzelnen Wartenden jeweils ein Platz frei ist oder ein Tischchen zwischen den Stühlen platziert ist, werden sich alle Anwesenden den Umständen entsprechend wohl fühlen. Personen die gemeinsam da sind werden sich auch auf direkt angrenzenden Plätzen wohl fühlen. Müssen aber zwei völlig fremde nebeneinander sitzen, wird es für beide unangenehm. In Kliniken und Praxen mit größerem Eingangs- und Empfangsbereich ist dann zu beobachten, dass Personen auch dort warten statt sich zwischen zwei andere Patienten zu setzen. Die kritische Schwelle liegt, je nach Anordnung der Sitzmöglichkeiten, bei 0,5 mal die Sitzplätze +1 Person. Wenn sich hier die Situation vom entspannten warten zum unangenehmen Beengungserleben verschiebt, liegt das möglicherweise am eindringen fremder Menschen in den eigenen, persönlichen Raum, verstärkt durch das Infektionsrisiko. Somit ergeben sich verschiedene Atmosphären abhängig von

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der Personenanzahl im Raum. Im grünen Bereich sollte ein Wartezimmer sowohl beruhigend wirken als auch zur Ablenkung beitragen können. Vom orangenen bis in den roten Bereich wird Sauberkeit und Raumgröße zunehmend wichtiger, Wärme und Geborgenheit würden hier das Beengungsgefühl noch verstärken. Der Raum selbst ist im Moment des Wechsels der Stimmung nicht veränderbar, weniger Sitzplätze bereit zu stellen um der Entstehung des

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Beengungsgefühls entgegen zu wirken ist auch keine Möglichkeit. Als veränderbare Variable ist die Beleuchtung geeignet, gerade wenn es sich um Räume ohne Tageslicht, etwa im klinischen Bereich oder Radiologie- und Bestrahlungspraxen im Untergeschoss. Wie sich die Stimmung in verschiedenen Räumen in Bezug auf die Personenanzahl je nach Anordnung der Sitzplätze verändert, ist auf den abgebildeten Grafiken dargestellt, ebenso die aktuelle Lichtfarbe.

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7 | Konzept

oben: http://www.duden.de/_media_/full/W/Wartezimmer-201020596974.jpg unten: http://arztpraxis-axler-brombach.de/praxis/Raeume/Wartezimmer.jpg

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rechte Seite oben: http://www.kundeneingang.net/ files/306/1/modulefiles/pic_306112595articles.jpg rechte Seite unten: http://www.zahnarzt-diehm.de/ wp-content/uploads/2014/07/zahnarzt-titsee-neustadtzahnarztpraxis-wartezimmer.jpg

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Lösungsansatz Der Raum könnte durch die Farbgebung optisch vergrößert werden. Dieser Effekt wäre jedoch dauerhaft da und würde nicht explizit die Situation verbessern. Mit den Mitteln, die Beleuchtung bietet, kann der Raum situativ vergrößert werden. Warmes, sanftes Licht wird mit Behaglichkeit und Entspannung assoziiert. Aus dem privaten Wohnraum sind wir an Deckenleuchten oder Deckenfluter gewohnt. Für die Sehaufgabe, das Lesen von Zeitschriften, müssen im Bereich der Sitzplätze mindestens 300 lx horizontal erreicht werden. Diese Kombination ist in den meisten Wartezimmern, siehe auch Seite 148/149, vorhanden. Wie im Kapitel Raum, Wirkung von Beleuchtung auf den Raum, beschrieben wurde, werden helle Räume in der Regel größer wahrgenommen als dunklere. Neutrale und kühle Lichtfarben wirken zudem weitend und in der Assoziation auch eher weit, klar und rein. Hell erleuchtete, möglichst glatte Flächen schaffen zwar kein Ganzfeld, wirken aber leichter als eine dunklere, im Schatten liegende Fläche. Im Bestandsraum können Sensoren und Wallwasher nachgerüstet werden. Diese sollen mit kühlerem Licht ausgestattet sein, als die reguläre Beleuchtung und dürfen etwas mehr Lichtstrom haben. Sie werden möglichst präzise auf die vorhandenen Wandflächen ausgerichtet, so dass alle Wände erreicht werden und Schatten in Raumecken vermieden wird.

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Mit einem Sensor wird die Anzahl der sich im Raum befindenden Personen ermittelt. Wenn die kritische Schwelle an Personen überschritten wird, schaltet das System die Wallwasher zur regulären Beleuchtung dazu. Da sich die Farbtemperatur des Lichts im Raum nun etwas Richtung kühleres Licht verschiebt und das Beleuchtungsniveau erhöht, sollte die zusätzliche Beleuchtung über etwa eine Minute bis zur vollen Beleuchtungsstärke gefahren werden. Die horizontale Beleuchtungsstärke in der Kombination von Grundbeleuchtung und Wallwashern sollte nicht mehr als 20% über dem Augangswert liegen, wenn diese sprung-

haft ansteigt. Wenn das Beleuchtungsniveau nur um etwa 13 Lux die Sekunde ansteigt, wird diese Steigerung nicht als störend empfunden. (Bieske, Dommaschk 2014) Sinkt die Patientenanzahl im Raum wieder unter die kritische Schwelle (siehe Seite 148f ), wird, wieder über eine Minute hinweg, die zusätzliche Beleuchtung ausgefahren. Der Raum wirkt wieder wie vorher auch. Bilder Seite 152: http-//www.duden.de/_media_/full/B/ Buchzeichen-201020541341.jpg h t t p s - / / p i x a b a y. c o m / s t a t i c / u p l o a d s / p h o to/2015/08/19/13/42/cottongrass-896039_960_720. jpg http-//www.herrseitz.de/wp-content/uploads/2011/09/ sonnenuntergang-hetzleser-berg-08-2011.jpg https-//upload.wikimedia.org/wikipedia/ commons/2/2d/Rentier_Fell.JPG http-//www.walnuthillmc.com/media/1010/bg_HandOnShoulder_PageBanner.jpg h t t p s : / / w w w. f l i c k r. c o m / p h o t o s / r o c c o p a l e r mo/7018416849/ http-//www.pflegebüro-krams.de/images/fotos/haende_index_krams.jpg Bilder Seite 153: http-//www.picturelounge.de/artikel/ big1304950123.jpg https-//russlandjahr.files.wordpress.com/2013/02/ img_2329.jpg http-//www.musikwerke-bildender-kuenstler.de/images/ikeda/Ikeda_db_Pressefotos_HBF-1.jpg http-//wallpapers-3d.ru/sstorage/53/2011/08/12908111439566735.jpg Bild nächste Seite: http://arztpraxis-axler-brombach.de/ praxis/Raeume/Wartezimmer.jpg – Photoshopretusche


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Bewertung Einen Raum mit Licht optisch zu vergrößern und das abhängig von der Situation im Raum ist möglich. Alle benötigten Komponenten sind auf dem Markt verfügbar, somit ist die Umsetzung eines solchen Konzeptes ohne großen Aufwand auch aus ökonomischer Sichtweise möglich. Wie die Berechnungen zeigen, muss vorsichtig vorgegangen werden. Die Beleuchtungsstärken im Raum werden schnell sehr hoch, es kann so zu psychischer Blendung kommen. Da die Sitzplätze oft direkt entlang der Wand angeordnet sind, müssen zusätzlich Leuchten mit geringer Asymmetrie ausgewählt werden. Der reguläre Wallwasher der mit etwa 20° Abstand von der Unterkante der zu beleuchtenden Fläche angebracht werden soll ist nicht so gut geeignet wie eine Leuchte, die näher an der Wand montiert werden kann. Ein solches Konzept benötigt Räume mit viel Reflektionsfläche. Wenn mehr als eine Wand mit Fenster ausgestattet oder gar vollverglast ist, kann diese Manipulation der Raumempfindung nicht mehr funktionieren. Auch Möblierung, etwa Regale oder großflächige Garderoben sind nicht geeignet. Räume mit guter Verbindung zum Aussenraum wirken meist durch Tageslicht und Sichtbezug größer, teilweise sogar entgrenzt (vgl. Kapitel Raum, Raumwahrnehmung) und bedürfen somit keines solchen Konzeptes. Die besonders drückend wirkenden Wartebereiche ohne Bezug zum Aussenraum sind für ein solches Konzept bestens geeignet. Die Anwendbarkeit hat also in der Art und Ausstattung des Raumes begründete Grenzen.

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Ob die Raumwahrnehmung der Personen sich durch die dynamische Bleuchtung wie gewünscht verändert müsste im Rahmen einer Studie geklärt werden. Aufgrund der bisherigen Erkenntnisse, wie schon in den Grundlagen beschrieben, sollte die These, dass sich Räume durch Beleuchtung der vertikalen Flächen in der Wahrnehmung vergrößern lassen und sich

somit positiv auf das Beengungsempfinden auswirkt, gestützt werden.


Literaturliste


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Bachelorarbeit 路 HS Rosenheim 路 Studiengang Innenarchitektur Wintersemester 2015/16 路 Anne Gabriele Fabian 路 Matrikelnummer 805124


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