UNFOLD - Blocher Blocher Partners 2015

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E DITORIAL

Wieder ist ein produktives Jahr zu Ende gegangen; ein Jahr voll spannender Projekte, Herausforderungen und wertvoller Erfahrungen. Wir haben einmal mehr gelernt, Dinge zu hinterfragen, nichts für unverrückbar zu halten. Unsere Antennen sind sensibel auf die Bewegungen im Markt ausgerichtet, nehmen Nuancen und Schwankungen auf, analysieren und ordnen ein. Gerade in einer Welt, die sich scheinbar immer schneller dreht, beruhigt dieses »Durchdenken« aller Prozesse die Sorge, dass morgen schon wieder alles anders ist. In dieser kollektiven Sehnsucht ankert auch die Rückbesinnung auf langlebige Werte. Sicherlich ein wesentlicher Grund, weshalb in unserer Branche neben ökonomischen Standards ein starkes ökologisches Bewusstsein gefragt ist. Einen Planungsprozess ohne das Thema Nachhaltigkeit können wir uns nicht mehr vorstellen. — Mehr denn je sind wir heute in sehr unterschiedlichen Bereichen tätig, womit wir wieder verstärkt den Geist der Gründerjahre pflegen. Zu den Kompetenzen gehören öffentliche Bauten und Büroprojekte genauso wie Gewerbe, Handel, Hotel und Industrie, aber auch Wohnungs- und Verwaltungsbau. Oft dürfen wir Auftraggeber nicht nur als Architekten und Innenarchitekten begleiten, sondern auch die Leistungen unserer Kommunikationssparte zeigen, darunter Leitsysteme, Publishing, Visual Merchandising und Dekorationskonzepte. Aber sehen Sie selbst! Das vorliegende Buch ist ein Querschnitt der Arbeit eines Jahres, es greift aber auch Strömungen unserer Zeit auf – und wagt einen Ausblick auf das neue Jahr. — Viel Vergnügen mit der Lektüre. Herzlichst, Ihr Team von Blocher Blocher Partners


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E DITORIAL

Again, a productive year has come to an end; a year full of exciting projects, challenges and treasured experiences. While we cherish the new, we also appreciate those things we can always count on – the timeless values that serve as a stable framework for change. It is essential to our approach that we ask questions and not consider anything unalterable. Our antennae are sensitive to any and all movements in the market, picking up nuances and fluctuations, analysing and evaluating. We always like to look as far into the future as possible and simultaneously see things from all angles. Especially in a world that seems to turn ever faster, this »thinking through« of all processes allays worries about constant change. Given the collective yearning for stability, reliance on enduring values provides another important anchor, as well as an impetus for our industry to place economic concerns alongside ecological ones. Planning without considering sustainability is basically unthinkable nowadays. — More than ever, we are active in numerous fields, in keeping with the spirit of our founding years. Public buildings and office buildings are just as much a part of our portfolio as are buildings for trade and retail, hotel and industry, administration and living. We not only support our clients as architects and interior designers, but also provide the services of our communication branch, from guiding signage to publishing, from visual merchandising to decoration concepts. But see for yourselves! This book gives insights into one year of projects, but also picks up on the latest leanings – and dares to predict what lies ahead. — Enjoy reading. Warm regards, Your Team at Blocher Blocher Partners


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Inhalts v e rze ic hnis

Editorial

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DIETER BLOCHER

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Ein Gespräch mit dem Bürogründer über Nachhaltigkeit in der Architektur / A conversation with the office founder about sustainability in architecture -----------------------------------------------------------------

012 014 016

Wohnpark Niederfeld, Mannheim Glücksteinquartier, Mannheim Wohnsolitär Rheinufer Süd, Ludwigshafen

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WOHNEN UND HOTEL / LIVING AND HOTEL

ANJA PANGERL über das ideale Hotel / about the perfect hotel

020 026 028 — 030 ----------

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Radisson Blu, Mannheim Hotel Burggraf, Tecklenburg Hotel im Postareal, Mannheim — ROOM UND EHRE — Serviceexcellenz à la The Ritz Carlton / MY HOTEL IS MY CASTLE — Service excellence à la The Ritz Carlton -----------------------------------------------------------------

ÖFFENTLICHE BAUTEN / PUBLIC BUILDINGS WOLFGANG MAIRINGER über architektonische Diplomatie / about architectural diplomacy

036 042 048 050 051 ----------

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Rathaus, Bissendorf Congress Centrum Würzburg, Würzburg Kinderhaus Zauberlehrling, Ilvesheim Kathrin-Türks-Halle, Dinslaken Lernwerk Alte Spinnerei, Bocholt -----------------------------------------------------------------

BÜRO / OFFICE

JÜRGEN GAISER über neue Formen beruflicher Kommunikation / about new forms of professional communication 054 056 060 ----------

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EY, Stuttgart Gleiss Lutz, Stuttgart Hugo Boss, Metzingen -----------------------------------------------------------------

HANDEL / RETAIL ­ JUT TA BLOCHER

über asiatische Themenwelten / about Asian theme worlds 066 068 070 074 080 — 082 — 086 092 096 098

Beauty Bar, Manila Wellworth, Manila Central Grand Indonesia, Jakarta Central Bang-Yai, Bangkok Odel, Colombo — HANDEL HANDLE! — Die neue Lust am Kuratieren / TRICK OR TRADE! — Curating reviseted — engelhorn, Mannheim Kastner & Öhler, Ried Kämpf, Ditzingen XXXLutz, Kempten


Ta ble o f c o nte nts

I WILL SURVIVE — Handelsstrategien für morgen / I WILL SURVIVE — Retail strategies of tomorrow — Dodenhof, Posthausen

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hessnatur, Frankfurt a. M. VfB Fan-Center, Stuttgart Comma, Salzburg Luisa Cerano, Ulm finke, Hamm — AUFWÄRTSSPIEL — Mit Möbeln und Fußball in die Profiliga / UP, UP AND AWAY — Taking furniture and football to the big leagues — Jost, Grünstadt 1906 by Angéloz, Lausanne Kaiser S1, Freiburg i.B. -----------------------------------------------------------------

INDIEN / INDIA

ANGELA KREUTZ über die Stärken interkultureller Architektur / about the strength of intercultural architecture 176 180 182 184 194 ----------

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Mondeal Heights, Ahmedabad Satya One, Ahmedabad The Collective, Bangalore Private Residence, India Skydeck Select, Ahmedabad -----------------------------------------------------------------

COMING SOON

VANDANA SHAH über Differenzierung / about differentiation 198

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Bistumshaus St. Ludwig, Hassia, Kiss & Fly, Juhasz, Central, Modis, Woodland, Büro- und Geschäftshaus Köln, Möbelhof, Audi City ----------------------------------------------------------------Awards Impressum / Imprint

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Einle itu n g / Intr o

Kaum eine Branche wird so von der Nachhaltigkeitsdiskussion bestimmt wie die Architektur. Wie sehr prägt das Thema die Arbeit von Blocher Blocher Partners? Im Interview spricht Gründer Dieter Blocher über die oft einseitige Sichtweise des Begriffs, die Vorzüge nachhaltigen Planens und warum guter Rat nicht immer teuer ist. —

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Hardly any other industry is more affected by the sustainability discussion than architecture. How does the debate impact Blocher Blocher Partners? Founder Dieter Blocher speaks about the often onesided perspective of the concept; about the advantages of sustainable planning; and about why the best advice doesn’t have to be costly. Dieter Blocher

ENRICO SANTIFALLER: Der Begriff der Nachhaltigkeit ist aus der Architektur nicht mehr wegzudenken. Und doch ist er ein sehr junger Begriff. In der Literatur von Heinrich Klotz etwa, der 1985 das Deutsche Architekturmuseum gegründet hat, taucht Nachhaltigkeit überhaupt nicht auf, allenfalls ist die Rede von Ökologie – bei Projekten von Norman Forster und Thomas Herzog. Letzterer war gleich Ihnen Schüler von Peter C. von Seidlein. Wie hat er Sie geprägt? DIETER BLOCHER: Von Seidlein hat mich geprägt durch die Multifunktionalität seiner Bauten und die Fähigkeit seiner Gebäude, einen geeigneten Rahmen für unterschiedlichste Nutzungen bieten zu können. Insofern war von Seidlein nachhaltig: Denn wenn ein Gebäude flexibel ist, dann ist es auch langlebig. Und: von Seidlein hat darüber hinaus – dies war vielleicht seine nachhaltigste Tat – als einer der ersten dagegen gewettert, dass die damals gültigen Wärmeschutzverordnungen den solaren Eintrag außer Acht ließen – und damit letztlich die aktive Nutzung der ins Gebäude einfallenden Energie. ES: Diese Nutzungsflexibilität als ein Aspekt der Nachhaltigkeit finde ich sehr spannend. Vittorio M. Lampugnani, Klotz’ Nachfolger als Direktor des Architekturmuseums, sprach von der ›Modernität des Dauerhaften‹. Man könnte das als zeitgemäße Interpretation der ›firmitas‹ interpretieren, die Vitruv schon vor 2000 Jahren forderte: Dass ein Gebäude nicht nur schön und nützlich sondern auch ›fest‹ sein solle; und zwar bezogen sowohl auf die Konstruktion als auch auf Materialität und ihrer Langlebigkeit.

ENRICO SANTIFALLER: The notion of sustainability has become indispensable in architecture. And yet it is a very young idea. For instance, in the literature of Heinrich Klotz, who founded the German Architecture Museum in 1985, sustainability does not appear at all. At best there is talk of ecolog y – in connection with projects by Norman Forster and Thomas Herzog. Like you, Herzog was a pupil of Peter C. von Seidlein. How did he influence your way of thinking? DIETER BLOCHER: Von Seidlein impacted me through the multifunctionality of his buildings and their ability to offer a suitable framework for various uses. In this respect von Seidlein’s work was sustainable: Because if a building is flexible it is also long-lasting. Moreover, von Seidlein was one of the first to rage against the fact that the thermal insulation ordinance (Wärmeschutzverordnung) valid at that time disregarded the solar input – and consequently also the active utilisation of incident energy. This was maybe his most sustainable act. ES: I think this flexible use as an aspect of sustainability is very exciting. Vittorio M. Lampugani, Klotz’s successor as director of the Architecture Museum, spoke about the modernity of the permanent. You could see this as modern interpretation of ›firmitas‹, which already was demanded by Vitruv 2,000 years before: That a building should not only be beautiful and useful but also strong and permanent; namely with regard to construction as much as material and longevity. DB: For me, sustainability means not demolishing existing substance to put up something new. Sustainability means developing the potential in an existing structure and strengthening it, in keeping with the demands of modern technology and forms of use. Revitali-


Die te r Blo c he r ü b e r N a c hhalt igke it in d e r A r c hite k tu r / a b o u t s us ta ina bility in a r c hite c tu r e

sation is one of the main tasks in our office, and has been practically since our very first years, as the number of retail clients grew. For economic reasons it is rarely an option for a medium-sized entrepreneur to demolish a whole building and build a new one, especially in the inner-city. In order not to lose employees and clients, an entrepreneur needs a building with alterable structures and maximum functionality that he can fill flexibly with life, depending on his requirements. ES: This is surprising. I always thought retail was a synonym for easy come, easy go. How does that fit with the notion of sustainability?

>   Blocher

Blocher Partners Headquarters, Stuttgart

DB: Nachhaltig ist für mich nicht, vorhandene Substanz abzubrechen und neuzubauen. Nachhaltig ist, die Potentiale in der bestehenden Substanz zu entdecken und sie zeitgemäß zu ertüchtigen, also gemäß den heutigen Anforderungen an moderne Technik und Nutzungsformen. Die Revitalisierung ist eine der Hauptaufgaben in unserem Büro. Sie beschäftigt uns praktisch seit den ersten Bürojahren, als wir uns auch vermehrt mit dem Handel auseinandergesetzt haben. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen ist es für einen mittelständischen Unternehmer gerade in Innenstadtlage ganz selten eine Option, sein komplettes Gebäude abzubrechen und neu zu bauen. Um seine Mitarbeiter und Kunden nicht zu verlieren, ist er auf ein Gebäude mit veränderbaren Strukturen und größtmöglicher Funktionalität angewiesen, das er je nach seinen Anforderungen flexibel mit Leben füllen kann.

DB: That may be the case for interior design, but not in the field of architecture. When it comes to spatial extension, our projects have always been known for being a bit more expensive in order to achieve sustainability in use: in topicality and individuality. Our claim has always been that the design language and the design itsself are long-lasting. Furthermore, a classic-modern design must always be complemented by an appropriate quality of detail and material. That is what we stand for – and it’s also true of those who build with us. ES: That reminds me of the architecture philosopher Christian Illies, who said a building is sustainable only if later generations want to preserve it. DB: Why do we preserve buildings from the industrial revolution? In terms of structural physics, we have all kinds of opportunities to do a better job. Compared to current-day residential buildings, a building from the ›Gründerzeit‹ has no insulation and only a low level of soundproofing and fire protection. Why do we still want to live in such houses? Because we like them. For 20 years, we lived and worked in landmarked Gründerzeit buildings – that really left its mark on us. We can learn from these old buildings what it ­means to create an atmosphere using materials. Old buildings are flexible in terms of use, and they are built from honest materials, stone or brick – not just faced with brick, but solid brick – and they have quality parquet floors or plank flooring. ES: You enjoy using wood, as the use of certified sipo mahogany in your office building shows. How does wood fit with the concept of durability? DB: Wood as natural, renewable and recyclable material is less durable than, for example, aluminium. You do have to tell clients that wood on the façade needs periodic care and in this way requires more maintenance. But to us, wood doesn’t only have a sustainable component – it also lends atmosphere. Beyond all sustainability, architecture is always about feeling comfortable and about aesthetic aspirations.  >   Mondeal

Retail Park, Ahmedabad

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Einle itu n g / Intr o

ES: Das überrascht mich jetzt. Ich dachte immer, Handel sei ein Synonym für Schnelllebigkeit. Wie passt das mit dem Nachhaltigkeitsgedanke zusammen? DB: Im Bereich der Innenarchitektur ist das so. Aber nicht im Bereich der Architektur. Beim raumbildenden Ausbau waren wir von Anfang an bekannt dafür, dass das, was wir planen, etwas teurer, dafür aber nachhaltig im Gebrauch ist: in der Aktualität und in der Eigenständigkeit. Unser Anspruch war es schon immer, dass die Formensprache und das Design langlebig sind. Dabei muss über ein klassisch-modernes Design hinaus eine entsprechende Detailund Materialqualität gegeben sein. Dafür stehen wir bis heute – und die, die mit uns bauen. ES: Das erinnert mich an den Architekturphilosophen Christian Illies, für den ein nachhaltiges Gebäude erst dann gegeben ist, wenn es die Nachgeborenen erhalten wollen. DB: Warum erhalten wir Gründerzeithäuser? Bauphysikalisch hätten wir alle Möglichkeiten, es besser zu machen. Ein Gründerzeitbau hat im Vergleich zum heutigen Wohnungsbau keine Wärmedämmung und nur geringen Schall- und Brandschutz. Warum wollen wir dennoch in solchen Häusern wohnen? Weil es uns in diesen Altbauten gefällt. Wir haben 20 Jahre in denkmalgeschützten Gründerzeithäusern gewohnt und gearbeitet – das hat uns sehr geprägt. Man kann am Altbau lernen, was atmosphärischer Umgang mit Materialien bedeutet. Altbauten sind nutzungsflexibel und aus ehrlichen Materialien errichtet, entweder Naturstein oder Ziegel – aber keine Verblender, sondern Vollziegel –, sie haben ein vernünftiges Parkett oder einen Dielenboden.

ES: By the way: Your office building received the ­ ighest DGNB award in platinum. Does that mean that if you h have free reign in planning, the result is an exemplary project in every respect? DB: Let me put it this way: Besides its functional flexibility the office is also a well-visited showpiece – and not only because of its model character in terms of sustainability. It also helps if potential clients can see how you can create a comfortable atmosphere with concrete, glass and a bit of wood. Visitors are also always impressed by the acoustics, even though sound-absorbent measures are hardly noticeable. ES: Wouldn’t it have been an option to revitalize the existing building stock? DB: At first we wanted to convert the lodge that was located here – the result would have been entirely different. But when that proved impossible, we decided to erect a building that saves energy in a reasonable way, long-term. We used thermal activation and hydrothermal heat, but we didn’t jump on every idea that happened to come by. That is why we decided against photovoltaics. ES: It’s often overlooked: Sustainability doesn’t end with a building’s envelope. And since more than 70 per cent of buildings in Germany predate 1980, the contribution to saving energ y in new buildings tends to be modest. Should we seek new paths in urban design?

>   Hugo

Boss Creative Office, Metzingen


Die te r Blo c he r ü b e r N a c hhalt igke it in d e r A r c hite k tu r / a b o u t s us ta ina bility in a r c hite c tu r e

ES: Sie verwenden gerne Holz, wie schon der Einsatz von zertifiziertem Sipo Mahagoni bei Ihrem Bürogebäude zeigt. Wie verträgt sich Holz als Werkstoff mit dem Begriff der Langlebigkeit? DB: Holz als natürliches, nachwachsendes und recycelbares Material hat eine begrenztere Lebensdauer als beispielsweise eine Alukonstruktion. Man muss Bauherrn schon sagen, dass zum Beispiel Holz an der Fassade regelmäßiger Pflege bedarf und damit einen erhöhten Unterhalt erfordert. Für uns hat Holz aber nicht nur eine nachhaltige Komponente. Es geht auch um Atmosphäre, denn jenseits aller Nachhaltigkeit hat Architektur immer mit Wohlfühlen und ästhetischem Anspruch zu tun. ES: Ihr Bürogebäude hat in Platin die höchste DGNB-Auszeichnung bekommen. Heißt das, wenn Sie frei in die Planung gehen können, kommt ein in jeder Hinsicht mustergültiges Projekt heraus? DB: Sagen wir so: Das Gebäude ist neben seiner funktionalen Vielseitigkeit auch gern besuchtes Anschauungsobjekt, nicht nur wegen seines Vorbildcharakters in Sachen Nachhaltigkeit. Es hilft, wenn potentielle Bauherrn sehen, wie man mit Beton, Glas und ein bisschen Holz eine wohnliche Atmosphäre schaffen kann. Auch sind Besucher immer wieder beeindruckt von der Akustik, obwohl Absorptionsmaßnahmen kaum wahrnehmbar sind. ES: Wäre auch eine Revitalisierung des Bestands in Frage gekommen? DB: Zunächst wollten wir das Logengebäude, das hier stand, umbauen – da wäre sicher etwas ganz anderes herausgekommen. Aber als das nicht möglich war, beschlossen wir ein Gebäude zu errichten, das sinnvoll und langfristig Energie einspart. Wir haben Bauteilaktivierung und Hydrothermie verwendet, sind aber nicht auf jedes Pferd, das mit Sattel daherkam, aufgesprungen. Deswegen haben wir uns auch gegen Photovoltaik entschieden. ES: Was oft übersehen wird: Nachhaltigkeit endet nicht bei der Gebäudehülle. Und da mehr als 70 Prozent der Gebäude in Deutschland vor 1980 gebaut wurden, ist der Beitrag zur Energieeinsparung bei Neubauten eher bescheiden. Muss man im Städtebau nicht neue Wege gehen? DB: Auf jeden Fall. Wir müssen versuchen, die Wege kürzer

und ökonomischer zu gestalten. Es geht darum, die Zersiedelung nicht weiter zu forcieren, sondern dort die Menschen anzusiedeln, wo sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln effektiv ihre Arbeitsstätten

>   Sport

Schuster, Munich

DB: Absolutely. We have to develop shorter and more economic paths. We have to stop forcing urban sprawl. And instead we must locate housing so people can reach their workplaces using public transport, and likewise go shopping, meet friends and visit cultural venues. We also need a reasonable concept for a healthy mix, where young people, students and families but also senior citizens can feel the pulse of life. ES: But how can we provide energ y on a more economic path?

DB: Mixed-use hybrid structures are one basic approach. We bring urban living into play wherever possible. Within such structures, energy-saving concepts can be best implemented, because the structures are used virtually around the clock. Another aspect of sustainability is social compatibility. This means that in the cities themselves, apartment windows are lit at night and natural frequencies are given. ES: For example? DB: We are building the urban quarter Q 6 Q 7 right now,

which is a prime example for such buildings. Moreover, greening is a very important issue in the field of urban densification, not only to improve air quality but above all to reduce air temperature. Green rooftops are an enormously important factor here; their surface temperatures are up to 40 degrees lower than on conventional roofs. In

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erreichen, einkaufen, Freunde treffen und kulturelle Veranstaltungen besuchen können. Auch braucht es ein vernünftiges Konzept für eine gesunde Durchmischung, wo junge Menschen, Studenten und Familien, aber auch Senioren den Puls des Lebens spüren. ES: Wie aber lässt sich auf kurzem Wege Energie bereitstellen? DB: Gemischt genutzte Hybridstrukturen sind da sicher ein ganz elementarer Ansatz. Wir bringen das innerstädtische Wohnen überall dort, wo wir können, ins Spiel. Innerhalb solcher Strukturen lassen sich am sinnvollsten energieeinsparende Konzepte verwirklichen, da eine Nutzung praktisch rund um die Uhr gegeben ist. Zur Nachhaltigkeit gehört auch die soziale Verträglichkeit. Wenn in den Städten selbst nachts Wohnungsfenster erleuchtet und natürliche Frequenzen gegeben sind, wäre schon viel gewonnen. ES: Haben Sie ein Beispiel? DB: In Mannheim realisieren wir in dem Quartier Q 6 Q 7 ein

Paradebeispiel für ein derartiges Gebäude. Darüber hinaus ist im Bereich der innerstädtischen Nachverdichtung Begrünung ein sehr wichtiges Thema; nicht nur wegen der Verbesserung der Luftqualität, sondern vor allem zur Herabsetzung der Lufttemperatur. Hier sind begrünte Dächer ein enorm wichtiger Faktor, weil sie bis zu 40 Grad geringere Oberflächentemperaturen aufweisen als konventionelle Dächer. Darüber hinaus spenden Bäume Schatten und geeignete Wasserflächen helfen ebenfalls sehr effektiv, die Außentemperatur herabzusetzen. Beim sich abzeichnenden Klimawandel sind Maßnahmen, die das Mikroklima verbessern, unumgänglich. ES: Nun sind Sie nicht nur in deutschen Städten tätig, sondern international, vor allem in Südostasien. In Indien unterhalten Sie sogar ein eigenes Büro. Wie sind Ihre Erfahrungen hier in Bezug auf die Nachhaltigkeit? DB: Allgemein ist es so, dass wir dort schon einen gewissen Nachhaltigkeits-Transfer leisten. In Ländern, wo es im Sommer jeden Tag 40 Grad und mehr hat, ist Verschattung das Elementarste. Wenn man es durch geeignete Konzeptansätze schafft, mittels intelligenter Maßnahmen zur Luftdurchströmung und Querlüftung eine natürliche Kühlung zu planen, hat man schon sehr viel erreicht. In Ahmedabad beispielsweise haben wir zwei Wohntürme mit verschatteten, aber offenen Treppenhäusern entworfen und nach der Hauptwind­ richtung ausgerichtet. Da herrscht ein ständiger, kühlender Luftzug, außerdem setzen wir auf den Kamineffekt, der die erwärmte Luft auf natürliche Weise nach oben abzieht. Zusätzlich verwenden wir regionale Materialien wie Backstein oder Beton. Und es gibt umlaufende, begrünte Verschattungsbalkone, deren Auskragung die darunterliegenden Fensteröffnungen vor Sonneneinstrahlung schützen. ES: Setzen Sie auch auf traditionelle Elemente in der Architektur, um Menschen die Hitze erträglicher zu machen? DB: Traditionelle Techniken spielen bei jeder unserer Planungen eine Rolle. Etwa beim Mondeal Retail und Business Park, für den wir eine Gruppe von Baukörpern um eine zentrale Plaza mit Wasser- und Grünflächen gruppiert haben, die von großformatigen Segeln beschattet wird. In diesem Ensemble nutzen wir den Wind für die natürliche Kühlung und steigern allein schon so die Aufenthaltsqualität. Mit unserer Arbeit versuchen wir auch die Menschen dahingehend zu sensibilisieren, dass oft schon kleine Veränderungen immense Energieeinsparungen mit sich bringen.

addition, trees provide shade and pools of water also provide very effective help in reducing the external temperature. With climate change looming, measures that improve the microclimate are essential. ES: Now, you work not only in German cities, but world­ wide. You even have an office in India. How does sustainability play out in Southeast Asia? DB: In general, we already carry out sustainability transfer there. In countries where summer temperatures top 40 degrees every day, shade is the most elementary transfer. If you can manage to plan for natural cooling using intelligent measures for air flow and cross ventilation, you have already achieved a great deal. In Ahmedabad, for example, we designed two residential towers with shaded but open stairwells oriented to the prevailing winds. This creates a constant, cooling breeze. We also rely on the chimney effect, which naturally draws heated air upwards and out. In addition, we use local materials such as brick or concrete. And grassy, shaded balconies surround the towers, casting protective shadows over underlying windows. ES: Do you also rely on traditional architectural elements to make it easier for people to stand the heat? DB: Traditional technologies play a role in each of our projects. For example, in the Mondeal Retail and Business Park, we grouped four buildings around a central plaza with fountains and green spaces, and had large-format sails creating shade. We use the wind for natural cooling, which makes it pleasant to spend time there. With our work we try to sensitize people to the fact that even small changes can bring about immense energy savings.


Die te r Blo c he r ü b e r N a c hhalt igke it in d e r A r c hite k tu r / a b o u t s us ta ina bility in a r c hite c tu r e

ES: Die Diskussion wird meist über Möglichkeiten des nachhaltigen Bauens geführt. Gibt es auch so etwas wie ein nachhaltiges Planen? DB: Wir versuchen über die reine Bautätigkeit hinaus Verant-

wortung für unsere Klienten zu übernehmen. Das heißt, wir sehen das Bauen als Generalisten und bieten sämtliche Leistungsphasen an. Neben der Architektur und der Innenarchitektur decken wir die Bereiche Produkt-Design, Grafik und sogar Kommunikation ab. Die weiteren Geschäftsfelder sind nach und nach mit dem Bedarf unsere Klienten gewachsen. In diesem Sinne haben wir als Büro auch eine nachhaltige Unternehmensentwicklung genommen.

ES: Gibt es einen Zusammenhang zwischen nachhaltiger Planung und Architektur? DB: Unsere vernetzte Arbeitskultur bringt früh die verschiedenen Blickwinkel und Sichtweisen zur Sprache. Wir Architekten und Innenarchitekten sitzen bereits im Stadium der Konzeptfindung mit Klimaingenieuren und anderen Spezialisten zusammen an einem Tisch. Durch die ›integrierte Planung‹ können wir Schwachstellen ermitteln, Konflikte bei komplexen Gebäudestrukturen ausschließen und, bedingt durch Synergieeffekte, unnötige Kosten vermeiden. Letztlich sichern wir so eine durchgehend hohe Qualität in allen Phasen eines Projekts.

ES: All we talk about is sustainable building. Is there sustainable planning, too? DB: We try to take on responsibility for our clients, above and beyond the pure building activity. That means we see buildings as generalists and offer all the services involved. Besides architecture and interior design, we also cover product design, graphic design and even communications. Our other business activities have grown over time, according to our clients’ needs. In this sense, we as a firm also have followed a path of sustainable business development. ES: Is there a connection between sustainable planning and architecture? DB: Our interlinked work culture brings up various perspectives and views. We architects and interior designers sit at the same table with HVAC engineers and other specialists already during concept development. With our ›integrated planning‹ we can identify potential weak points, rule out conflicts in complex structures and avoid unnecessary costs using to synergy effects. In the end we thereby assure continuous high quality in all phases of a project. ES: Mr Blocher, thank you very much for the interview. THE INTERVIEW WAS CONDUCTED BY ARCHITECTURE CRITIC, JOURNALIST AND A UTHOR ENRICO SANTIFALLER.

ES: Herr Blocher, vielen Dank für das Gespräch. DAS GESPRÄCH FÜHRTE DER ARCHITEKTURKRITIKER, JOURNALIST UND A UTOR ENRICO SANTIFALLER.

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>   Odel,

Colombo


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Wo hne n u nd H o tel / Liv in g a nd H o tel

WOHNPAR K NIE DE RFELD

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mannheim, g erma n y

Der Stadtteil »Im Niederfeld« gehört The »Im Niederfeld« neighbourhood is one of the most desirzu den Top-Wohnlagen Mannheims. Seit able residential areas in Mannheim. Since 2010 the residential quar2010 entsteht hier auf dem rund 25.000 ter Wohnpark Niederfeld has been emerging on the 25,000 square Quadratmeter großen Areal des ehe­ metre site of the old Heinrich Lanz Hospital. Over the course of maligen Heinrich-Lanz-Kranken­hauses six construction phases, three terraced towers, five solitary buildder Wohnpark Niederfeld. In sechs ings and one residential senior service centre have been erected. In Bau­ abschnitten wurden drei Riegel­ the last construction phase, three more blocks of flats will go up bau­ten, fünf Solitärbauten sowie eine Senioren-Service-Wohn- on Steubenstraße. In addition, there will be an inviting plaza with anlage realisisert. Im letzten Bauabschnitt entstehen drei weitere well-shaded areas for residents and visitors. All the blocks of flats meet the sustainability standards of the ­Mehrfamilienhäuser entlang der Steubenstraße. Des Weiteren wird zukünftig ein Quartiersplatz mit schattigen Aufenthaltsflächen German Energy-Saving Ordinance for energy-efficient construction. ­Bewohner und Besucher willkommen heißen. A measure that conserves natural resources and reduces management Sämtliche Wohnhäuser erfüllen die Nachhaltigkeitsstandards and operating costs. gemäß der Energiesparverordnung für energieeffizientes Bauen. Eine Maßnahme, die natürliche Ressourcen schont und Bewirtschaftungs- ­sowie Betriebskosten reduziert.


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Wo hnp a rk N ie d e rfeld

/ / WOHNQUARTIER / / RESIDENTIAL QUARTER   Steubenstraße, 66199 Mannheim Germany   42,000 m² | 2012–2016 Diringer & Scheidel Unternehmensgruppe, Mannheim

de   >  Architektur und Umgebung stehen im Wohnpark Niederfeld in einer faszinierenden Kommunikation. —  en   >  In a fascinating dialogue with the surrounding nature: the architecture of the Wohnpark Niederfeld.


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Wo hne n u nd H o tel / Liv in g a nd H o tel

GLÜCKSTEIN QUARTIE R

D

mannhe im ge rmany

Das GlücksteinQuartier hinter dem Hauptbahnhof ist eines der größten Projekte der Stadt Mannheim. Dement­ sprechend waren auch die Vorgaben der Jury [des Architekturwettbewerbs zum Neubau mehrerer Stadtvillen; Anm. d. Red.]. Am überzeugendsten fand die neunköpfige Jury einen Entwurf des Architekturbüros ­Blocher Blocher Partners. Pluspunkte sammelte der Entwurf etwa durch gebrochene Ecken, die den Blick auf den Park von der Straße aus freigeben, aber auch die Sicht auf ein denkmalgeschütztes Lokschuppen-Ensemble, das Büros und Gastronomie beheimaten soll. Die Fassaden der fünfstöckigen Häuser fanden bei der Jury ebenfalls Anklang, die Materialien seien hochwertig und nachhaltig gewählt. Insgesamt bietet der Siegerentwurf 97 Wohneinheiten bei 9.400 Quadratmetern Wohnfläche und 12.900 Quadratmetern Bruttogrundfläche. (Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung,

21. Oktober 2014)

The Glückstein district, south of the main railway station, is one of the biggest projects in Mannheim. And indeed those were the jury’s stipulations [for the architectural competition on building several new high-end urban homes]. The nine-member jury was most impressed by a design from the architecture firm Blocher Blocher Partners. The design earned bonus points for its truncated corners that permit a view of the park from the street but also give a glimpse of an historically protected engine-house complex that will soon house offices and restaurants. The five-storey homes’ façades were also popular with the jury, which considered the materials high-quality and sustainable. Altogether, the winning design includes 97 housing units with a total of 9,400 square metres of living space and 12,900 square metres of gross floor area. (Source: Rhein-Neckar-Zeitung, October 21, 2014)

/ / WOHNENSEMBLE / / RESIDENTIAL ENSEMBLE   Glücksteinallee, 68163 Mannheim Germany   12,900 m² | 2017 Diringer & Scheidel Unternehmensgruppe, Mannheim


Gl端 c ks te inq u a r t ie r

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Wo hne n u nd H o tel / Liv in g a nd H o tel

WOHNSOLITÄR RHEINUFE R SÜD

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ludwigsha f en , g erma n y

In prominenter Lage an der Hafen­ promenade gelegen, vervollständigt der Solitär die Bebauung des neuen Stadtquartiers Rheinufer Süd. Das acht­­ge­ schossige Gebäude orientiert sich nach allen Seiten. Zur Straße hin geschlossen, gen Wasser weit geöffnet, gibt der Wohnsolitär den Blick auf den Hafen und in die Ferne frei.

Located in a prominent position on the port promenade, this residential building completes the development of the new Rheinufer Süd urban district. All façades of the eight-story building interact with their surroundings: It is closed off to the street and wide open towards the water, offering a view of the harbour and the landscape beyond.


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Wo hns olitä r R he inufe r Sü d

/ / WOHNGEBÄUDE / / RESIDENTIAL BUILDING   Hafenpromenade 67061 Ludwigshafen Germany   2,860 m² Diringer & Scheidel Unternehmensgruppe, Mannheim


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Wo hne n u nd H o tel / Liv in g a nd H o tel

Wir rücken mehr und mehr von standardisierten Lösungen ab und sehnen uns nach einzigartigen Erlebnissen. Das kann für die Hotelbranche eine große Chance sein. Ein Vorbild: Der erlebnisorientierte Einzelhandel. — We are moving away from standard solutions and yearn to experience the unique. This may be a great opportunity for the hotel business. A prototype: the experience oriented retail. — von / by Anja Pangerl — Partner

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Was benötigen GäsWhat do hotel guests need in order to feel good about their te eines Hotels, damit sie stay, so that they will give the hotel good reviews and want to return sich wohlfühlen, gerne as often as possible? This is just one of the hotel planning questions und möglichst oft wieder- we keep asking ourselves. For instance, while we were designing the kommen und dem Hotel new 4-star superior Radisson Blu Hotel in Mannheim’s city centre. Bestnoten ausstellen? Das We were able to rely on our experience in the service industry like ist eine der Fragen, die those projects we plan in the event-oriented retail sector. In effect, uns bei der Hotelplanung immer wieder beschäftigen. Etwa beim we are therefore viewing this hotel project from a somewhat different Entwurf des neuen Radisson Blu, das als Vier-Sterne-Superior-Hotel perspective and are able to come up with ideas and approaches that derzeit im Zentrum Mannheims entsteht. Dabei flossen viele unserer might not occur to someone on the inside. Interestingly enough, we Erfahrungen aus anderen serviceorientierten Branchen ein, wie die are noticing significant similarities in the hotel and retail industries – Projekte, die wir bereits für den Einzelhandel planen durften. Wir so the hotel sector benefits from »learning by observing«. Given the individualization of society as a whole, guests and blicken dadurch aus einer etwas anderen Blickwinkel auf die Beherbergungsbranche und kommen so zu Ansätzen und Ideen, die clients are moving away from standard solutions; they yearn to man aus der reinen Binnenperspektive womöglich nicht gewinnen experi­ence the unique – on vacation or on business. Those who can würde. Interessanterweise stellen wir zunehmend signifikante Paral- create the unmistakable, distinctive experience and offer superb serlelen zwischen Hotellerie und Einzelhandel fest, von denen die Ho- vices will be able to satisfy this need for personal adventure. People telbranche frei nach dem Motto »lernen von den anderen« profitiert. today are searching for the novel, the unexpected, the astonishing. Im Zuge der gesamtgesellschaftlichen Individualisierung Spaces and places have to inspire, stimulate and open up new pros­rücken Gäste und Kunden von standardisierten Lösungen ab, sie pects. Even emotions play an important role here. And finally, the sehnen sich nach einzigartigen Erlebnissen – ob auf Dienstreisen concepts must reflect an identity; they should correspond as closely oder im Urlaub. Nur wer ein unverwechselbares Raumerlebnis kre- as possible to the location for a planned building and not to any other iert und besten Service bietet, kann dieses Bedürfnis nach prägen- place in the world. The ideal hotel has that special something. Maybe it’s art and den persönlichen Erfahrungen befriedigen. Die Menschen suchen heute stets das Neue, das Unerwartete, das Überraschende. Räume culture, or materials that give it its unique identity. The decisive factor und Orte sollen begeistern, beflügeln, inspirieren, stimulieren und for us as planners is to have the sensitivity to identify and implement Perspektiven eröffnen. Auch Emotionen spielen eine wichtige Rol- relevant aspects. Those who seek a competitive edge must provide le. Nicht zuletzt müssen die Gestaltungskonzepte Identität stiften, concepts that speak to the heart and mind. After all, consumer and sie sollten möglichst genau zum Ort passen, an dem das Gebäude behavioural patterns are changing. For example, it is not at all unusual anymore to combine a pair of cheap trousers with an expensive


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A nja P a n g e rl ü b e r d a s id e ale H o tel / a b o u t the p e rfe c t ho tel

später gebaut wird, und an keinem zweiten Ort auf dieser Welt funktionieren. Das ideale Hotel hat etwas Einzigartiges. Vielleicht macht es sich Kunst und Kultur zu eigen, vielleicht besticht es durch Materialien, die Identität stiften. Entscheidend ist für uns Planer die nötige Sensibilität, die relevanten Aspekte zu identifizieren und umzusetzen. Wer im Konkurrenzkampf gewinnen möchte, muss Konzepte anbieten, die Herz und Hirn ansprechen. Denn Konsum- und Verhaltensmuster brechen auf. In der Mode ist es längst selbstverständlich, eine günstig erworbene Hose mit einer teuren Designerbluse zu kombinieren. Der unkonventionelle Mix zieht an – im Handel wie im Hotel. Ein gelungenes Beispiel ist für mein Empfinden das 25 hours Hotel. Etwas am Standort Berlin, wo das Erlebnis Zoo (der unmittelbare Nachbar auf der einen Seite) dem städtischen Flair der Berliner Innenstadt (der Budapester Straße auf der anderen Seite) gespielt werden. Man spürt es bereits im Foyer, das ein glaubhaftes Cooldown verströmt und ein entspanntes Ankommen möglich macht. Sinnvolle Add-ons sind andererseits pragmatische Themen wie ein Self-Check. Es gilt, Dinge zu hinterfragen, mit Regeln zu brechen.

>  Radisson

Blu, Mannheim

designer blouse. The unconventional combination is appealing – in the retail as well as the hotel industry. For me, the 25 Hours Hotel is a paragon. Take Berlin as an example: the Zoo, with its urban flair, is a direct neighbour on one side of the hotel, and Budapester Straße is on the other side. You can feel it already in the foyer: You enter, slow down and relax. Additional perks include practical offerings such as self check-in. In short: It’s good to ask questions and break rules.

>   Hotel

am Tegernsee


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RADISSON BLU mannheim, g erma n y

Die Hotels der Radisson Blu Gruppe bestechen durch ikonische Gebäude und individuelle Innenausstattung, die fĂźr ein einladendes und spannendes Ambiente sorgen; zugleich wird dem Gast ein holistisches Hotelerlebnis geboten, das heute relevanter denn je ist. — Radisson Blu hotels captivate with iconic buildings and individual interiors that guarantee an inviting and exciting ambiance; at the same time, guests enjoy a holistic hotel experience that is more relevant than ever today.


R a diss o n Blu

/ / HOTEL

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Q7, 68161 Mannheim, Germany

15,000 m² | 2016 | Diringer & Scheidel Unternehmensgruppe, Mannheim

Die Radisson Blu Hotels sind an bedeutenden Standorten auf der ganzen Welt zu finden. So wie in Mannheims künftiger 1A-Lage, dem Stadtquartier Q 6 Q 7, wo Touristen und Business-Reisende schon bald einen Hafen der Ruhe und des guten Geschmacks finden werden. Das Hotel der Kategorie »4 Sterne Superior« wird mit insgesamt 226 Zimmern aufwarten, davon 203 Standardzimmer, 13 Long Stay Appartements mit Kitchenetten, sechs Juniorsuiten, drei Suiten und einer Präsidentensuite sowie drei barrierefreien Zimmern. Blocher Blocher Partners hat das Mannheimer Radisson Blu aus dem städtebaulichen Konzept für das gesamte Stadtquartier Q 6 Q 7 heraus entwickelt, das seit 2012 auf den Parzellen Q6 und Q7 der Mannheimer Innenstadt realisiert wird. Wohnungen, Büros, eine Einkaufsgalerie, Wellness- und Gesundheitseinrichtungen und das Hotel werden sich über insgesamt 150.000 Quadratmeter erstrecken. Den Planern war es wichtig, das Ensemble auf allen Ebenen mit dem umgebenden Stadtraum zu verbinden – unter anderem durch ein Key Visual, das sich als wiederkehrendes Element durch das Leitsystem, die Innengestaltung der Mall und die Hotelgestaltung zieht. Grundlage war der von der Barockzeit geprägte Stadtkern mit strengen, regulären Einheiten, die sogenannten Planquadrate. Dieser Kern verkörpert Tradition, Handwerkskunst und die alte Stadtgeschichte. Dem gegenüber

21 steht die sogenannte Mannheimer Gartenstadt, die zu Zeiten der Industrialisierung als Reaktion auf die damaligen Lebensbedingungen entstand. Jener Stadtteil steht für die Natur, das Florale, Dynamik und Kreativität. Das Quadrat auf der einen Seite und ein für die Gartenstadt stehendes stilisiertes Blatt auf der anderen wurden zu einer Harmonieform verbunden. Eine Form, die speziell für diesen Ort entwickelt wurde, aus ihm heraus entstand – und somit etwas Einzigartiges besitzt. Im Hotel wird sie in vielfältigen Varianten zu finden sein: als Stickerei auf den Kissen der Hotelzimmer, als Pattern im Aufzug sowie auf Briefbögen und Bleistiften. Hotels of the Radisson Blu group are to be found in important locations all around the world – including in Mannheim’s future prime location, the urban quarter Q 6 Q 7, where tourists and business travellers will soon find a harbour of tranquillity and good taste. This 4-star superior hotel will have a total of 226 rooms: 203 standard rooms, 13 long stay apartments with kitchenettes, six junior suites, three suites, and one presidential suite as well as three wheel-chair accessible rooms. Blocher Blocher Partners developed the Mannheim Radisson Blu based on the urban design concept for the entire urban quarter Q 6 Q 7, whose implementation began in 2012 on the Q6 and Q7 blocks of downtown Mannheim. Apartments, offices, a shopping mall, wellness and health facilities, and the hotel will cover a total of 150,000 square meters. The planners wanted very much to link the ensemble to the surrounding urban space at all levels – including a key visual element found in the guiding signage system, the interior design of the mall and hotel. The basis was the urban core characterized by the Baroque era, with strict, regular units, so-called planned squares. This core embodies tradition, craftsmanship and the city’s history. The Mannheim Gartenstadt (Garden City) stands in contrast; it was built at the time of industrialization in reaction to the living conditions of the day. That neighbourhood symbolizes nature, flowers, dynamics, and creativity. The square on one side and a stylized leaf, symbolizing the Gartenstadt, on the other, were combined to a harmonized form. It’s a form that was developed specifically for and emerged from this spot – and thus is unique. In this hotel, it will be found in diverse variations: as embroidery on the pillows in the hotel rooms, as a pattern in the elevator, and on stationery and pencils. The lobby opens up to the urban space via a generous glazed façade. In this way, what happens


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In der Lobby als Visitenkarte des Hauses wird darüber hinaus ein markantes Zeichen der Stadtgeschichte erlebbar, denn dort wird aus Stampflehm ein Teil der alten Stadtmauer nachgebaut. Über diesen ersten Layer als Reminiszenz an die Historie schiebt sich beim Radisson Blu ein zweiter, der sich mit dem aktuellen Leben der Stadt auseinandersetzt und ebenfalls Basis für die Gestaltung war. Die Lobby öffnet sich über eine ­großzügige Glasfront komplett zum Stadtraum hin. Das Geschehen von draußen fließt so direkt in den Innenraum des Hotels hinein. Ergänzend wird die Stirnseite medial bespielt werden; so strahlt das Radisson Blu auch in den Stadtraum hinaus. Möglich wird dies durch den mit acht Metern sehr hohen und damit äußerst großzügig wirkenden Eingangsbereich. Ebenfalls im Erdgeschoss befinden sich Frühstücksraum und Restaurant, die die gleiche Fläche und damit den Synergieeffekt des Bedarfs zu verschiedenen Tageszeiten nutzen. Helle und moderne Farben verbinden sich mit einem individuellen Konzept. Das Herzstück liegt in der Raummitte und wird durch einen Mosaikfuß­ boden gekennzeichnet. Zusätzlich wird es an zwei Seiten von semitransparenten Paravents gefasst und durch das Licht großer, verspielt wirkender Leuchten erhellt. Diese feminine ­Attitüde findet sich auch in den samtigen Bezügen der geoutside flows directly into the internal space of the hotel. As a complement, the front of the building will serve as a backdrop for media installations; in this way, the Radisson Blu will also radiate into the urban space. This is made possible by the very high (eight meters) entrance area, which thus has an extremely generous appearance. The breakfast room and restaurant are likewise on the ground floor; they use the same space and thus benefit from the synergy effect of being used at different times of day. Light and modern colours combine to form an individual concept. A mosaic floor marks the centrepiece of the space; it is contained by semi-transparent folding screens on two sides and lit by large lamps with a playful feel. A welcoming, feminine touch is also to be found in the velvety covers of the curved benches and easy chairs – in the style of Q7’s floral patterns. In this way, a cosy and simultaneously modern atmosphere emerges. The surrounding tables and service areas, in contrast, take up local history with their industrial chic and are characterized by the angular shapes of Q6. In this way – hardly perceptible to guests – the overarching level of urban design returns to the fore. And everyone can find his or her own favourite place to sit.

de   >  Warme Farben, pure Materialien und sinnliche Gestaltungselemente prägen den Charakter der Gästezimmer. —  en   >  Warm colors, pure material and sensual design elements define the character of the guest rooms.


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schwungenen Sitzbänke und Sessel wieder – eine Anlehnung an die floralen Muster des Q7. So entsteht eine behagliche und gleichzeitig moderne Atmosphäre. Die umliegenden Tische und die Servicebereiche greifen mit ihrem industriellen Chic dagegen die Industriegeschichte auf und werden von den eckigen Formen des Q6 geprägt. So tritt hier – für den Gast kaum merklich – die große, übergeordnete Ebene des Städtebaus wieder zutage. Und jeder findet durch die unterschiedlichen Sitzgelegenheiten, die ihm angeboten werden, seinen Lieblingsplatz. In den Zimmer findet die Umsetzung der Themen ihre konsequente Fortsetzung. Als ­subtile Anlehnung an die Industriegeschichte der Stadt finden sich bei den Glastrennwänden der Bäder und bei der Garderobe filigrane Schwarzstahlprofile. Das Zimmer bildet eine klar strukturierte Einheit, in der die wenigen Möbel bewusste Akzente setzen. Um diese neuen Wege gehen zu können, haben die Planer die klassischen Möbelvorgaben während des Entwurfsprozesses kritisch auf den Prüfstand gestellt, vieles durch leichter wirkende ­Elemente ersetzt. Letztlich entwickelte Blocher Blocher Partners viele Möbelstücke selbst, die Kon­struk­ti­on wurde auf den filigranen Schwarzstahl abgestimmt. Zusätzlich zur Optik hat auch die Haptik großen Stellenwert, da Menschen nicht nur sehen, sondern auch fühlen wollen. Deshalb zeichnen sich alle Materialien durch angenehme Oberflächen aus. Farben bestimmen die Raumatmosphäre erheblich mit, die beim Radisson Blu wohnlich und zugleich hochwertig sein soll. Darum werden Cremetöne statt kalte Weißtöne eingesetzt, dunkle Vorhänge, einen goldfarbenen Messington bei zwei Leuchten und einen türkisfarbenen Akzent beim Stuhl am Tisch, den Kissen und dem Plaid des Bettes. Der Schreibtisch wartet mit einer technischen Raffinesse auf: iPads ersetzen die Ordner mit den Hinweisen zum Haus, als Service an den Gast, der im Hotel die ihm vertrauten und von ihm geschätzten Medien antrifft. Ein Blick von der Innenarchitektur des Zimmers hin zur Architektur des gesamten ­Hotels deckt auch an dieser Stelle die Vorteile auf, die der ebenfalls bei Blocher Blocher Partners entstandene Architekturentwurf mit sich bringt. Großformatige Fenster rhythmisieren die ­Fassade und ermöglichen es im Innenraum, diese mit breiten Holzfensterbänken auszustatten und dem Gast als zusätzliche Sitzmöglichkeit anzubieten. So dürfen sich die Gäste einerseits auf den gewohnten Standard eines Radisson Blu Hotels freuen, gleichzeitig erwartet sie in Mannheim ein unverwechselbares Haus, das sich glaubwürdig zum Standort bekennt und in dem die Themen Industrie und Kultur, mit denen die Stadt eng verbunden ist, konsequent gespielt werden.

25 In the rooms, the themes are carried through consistently. In subtle references to the city’s industrial past, the glass partitions in the bathrooms and closet feature filigree black steel mouldings. The room forms a clearly structured unit in which the few pieces of furniture place intended accents. In order to be able to take these new paths, the planners took a critical look at the classical requirements for furniture during the design process and replaced many items with el­ements that appear lighter. In fact, Blocher Blocher Partners developed numerous pieces of furniture, aiming to match the filigree black steel mouldings. Above and beyond the optical, the tactile is very important; people don’t just want to see, but also to feel. That is why all the ma­terials are pleasing to the touch. Colors have a significant impact on the ­atmosphere, which is to be both cosy and classy at the Radisson Blu. That is why shades of cream are used rather than cold shades of white; dark curtains; lamps with gold-coloured shade of bronze; and a turquoise accent on the desk chair, the pillows, and the bedcover. The desk features a clever piece of technology: iPads replace the old ring binders with hotel information; guests thus encounter media they know and value. Moving from the room’s interior design to the architecture of the entire hotel, one sees the advantages of the plan by Blocher Blocher Partners. Large-format windows give the façade a rhythm and make it possible to furnish the interior with broad, wooden windowsills, offering guests another place to sit. For guests, it adds up to a Radisson Blu Hotel that more than meets the expected high standard, while also being unique to Mannheim; a Radisson Blu that is true to its location, in a city of industry and culture.


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H o tel B u r g g ra f

HOTEL BURGGRAF

/ / HOTEL   Burgberg, 49545 Tecklenburg Germany   12,000 m² | RIMC GmbH

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teckl en bu rg , g erma n y

Beim Architek­ turwettbewerb zum Neubau eines Hotels in Tecklenburg gewann Blocher ­Blocher Partners den 1. Preis. Das sagte die Jury: »Die Idee, den zweigeschossigen Bettentrakt auf einen Sockel zu stellen, der sich zum Hang hin staffelt, verleiht dem gesamten Entwurf eine erfreulich überraschende Leichtigkeit. Die Junior-Suiten und Suiten als luftige und verglaste Penthouses werten das Gebäude auf und geben dem Ganzen eine wohltuende Eleganz. Durch die Glasflächen im Erdgeschoss ergibt sich Transparenz – die Orientierung ist überzeugend, alle ­Bereiche sind beim Eintreten in das Hotel aus der Lobby zu erkennen, man hat reizvolle Ausblicke ins Tal bzw. in die münsterländische Tiefebene, darüber hinaus aber auch in das Untergeschoss mit dem Veranstaltungs- und Gastronomie­bereich. Der Veranstaltungs- und Tagungs­bereich schiebt sich wie selbstverständlich unter das Erdgeschoss, ebenso der Wellness-Bereich. Diese beiden Ebenen sind durch g­roßzügige ­ Terrassen in die Umgebung integriert. Der Veranstaltungs­ bereich ist – wie im Lage­plan ­ersichtlich – über die Terrasse und einen Fußweg mit dem Kulturhaus gut verbunden. Als drittes Untergeschoss fügt sich die Garage unter den Baukörper. Die Anforderungen des Wettbewerbs sind gut ­verstanden, erfüllt und umgesetzt, die betriebs­ internen Funktionen sowie die ­Organisation des Raumprogramms überzeugen.«

Blocher Blocher Partners won first prize in an architectural competition to build a new hotel in Tecklenburg. Here is an excerpt from the jury’s report: »The idea of placing the two-story sleeping wing on a base that is staggered towards the hillside lends the entire design a pleasantly surprising lightness. The airy, glass-paned penthouses of the junior suites and full suites enhance the building, giving it an overall sense of soothing elegance and lightness. The glass surfaces on the ground floor provide transparency, with all areas of the hotel clearly recognisable as soon as one enters the lobby and with attractive views of the valley and the Munsterland, as well as into the downstairs level where the event and dining spaces are located. The event and conference area is positioned below the ground floor in a natural-feeling way, as is the wellness area. These two floors are integrated into the surrounding area through large terraces. The event area is – as is apparent from the site map – well connected to the arts and leisure centre via a terrace and a footpath. On a third belowground level, the garage is joined to the underside of the building. The requirements of the competition have been well understood, fulfilled and implemented, and both the internal functions and the organisation of the room arrangement are impressive.«


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H o tel im P os ta r e al

HOTEL IM POSTAREAL

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ma n n heim, g erma n y

Das Stadtquartier Q 6 Q 7 in MannThe urban quarter Q 6 Q 7 in Mannheim has become synony­ heim ist zum Synonym einer Metropole mous with a city that positions itself for the future. Another place geworden, die sich für die Zukunft auf- that will change essentially is the city entrance around the main stastellt. Auch am Stadt-Entrée, dem Haupt- tion. At the neighboring former Postareal a new hotel will be build. bahnhof, gibt es Veränderungen: Auf The design by Blocher Blocher Partners, which was developed in the dem angrenzenden ehemaligen Postareal course of an architectural competition, is characterized by its sophiswird ein Hotel entstehen. Der Entwurf ticated, undulating structure. »In this way«, the jury comments, »a von Blocher Blocher Partners, der im Rahmen eines architektoni- distinctive building is created, which presents an interesting solution schen Wettbewerbs entstand, zeichnet sich durch eine anspruchsvol- to the complex urban planning limitations. Casement windows anle, wellen­förmige Großform aus. »Auf diese Weise«, kommentiert die gled outward from the façade offer good noise insulation and add to Jury, »entsteht ein markantes Gebäude, welches für die komplexen the sense of tension that the curved façade creates«. städtebaulichen Randbedingungen eine interessante Lösung darstellt. Einseitig aus der Fassade herausgedrehte Kastenfenster bieten guten Schallschutz und steigern die Spannung, die durch die gebogene Fassade entsteht.«

/ / HOTEL   Kopernikusstraße, 68161 Mannheim Germany   10,600 m² Diringer & Scheidel Unternehmensgruppe, Mannheim


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ROOM UND E HRE my hotel is m y castl e

Wenn es eine Servicewüste gibt, ist The Ritz-Carlton ihre Oase. Und wenn der Kunde König ist, ist der Gast hier mindestens Kaiser. Annäherung an die Luxus-Hotelgruppe, die Serviceexzellenz auf die Spitze treibt. — If there’s a service wasteland, then The Ritz-Carlton is an oasis. And if the customer rules, then the guest is no less than an emperor here. Meet the luxury hotel group that carries excellent service to new heights. —

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von / by Michael Raeke

»I’ll tell you a story,« says Robert while we’re lunching in the »Ich erzähle dir eine Geschichte«, sagt Robert beim gemeinsamen Mittag­ Brasserie Desbrosses in Berlin’s Ritz-Carlton. It’s about a little girl and essen in der Brasserie Desbrosses im her stuffed giraffe Joshie. She left it behind at the hotel, and back home The Ritz-Carlton, Berlin. Die Geschichte in Florida, she wept. »What did the Ritz-Carlton staff member who handelt von einem kleinen Mädchen und found the toy do?« He took photos of the giraffe basking in the sun Joshie, seiner Stoffgiraffe. Die Kleine hat in a deck chair, in the sauna, on a golf cart. Then he sent the photos sie im Hotel vergessen, daheim in Florida to the little girl and wrote her that she shouldn’t worry, Joshie was just flossen Tränen. »Was hat der Ritz-Carlton Mitarbeiter, der das Tier enjoying a few more days of vacation. A little while later, the girl held fand, gemacht?« Er hat die Giraffe fotografiert, beim Sonnenbad im her beloved stuffed animal in her arms again. Liegestuhl, in der Sauna, auf dem Golfwagen. Dann hat er der KleiIf any explanation is needed as to why the Ritz-Carlton has renen die Bilder geschickt und geschrieben, sie solle sich nicht sorgen, ceived numerous awards for its customer service, and why even Steve Joshie mache noch ein paar Tage Urlaub. Kurz darauf hielt das Mäd- Jobs’ Apple Inc. took inspiration from the hotel’s culture, such magic chen ihr geliebtes Stofftier wieder in den Armen. moments are the best proof. Wow experiences in the group’s 91 hotels Wenn es einer Erklärung bedarf, warum Ritz-Carlton für sei- and resorts around the globe are documented in the newsletter and nen Kundenservice vielfach ausgezeichnet ist, warum selbst Steve read aloud at daily staff meetings. In Berlin, too. An Art Déco-style building directly on Potsdamer Jobs’ Apple sich von der Hotelkultur inspirieren ließ, die Magic Moments sind der beste Beweis. Wow-Erlebnisse, wie sie rund um den Platz, 70 metres high, with 19 floors, 303 rooms, 40 suites. Berlin has Erdball in den 91 Hotels und Resorts der Gruppe produziert werden, more space for guests than Las Vegas; the hotel market in Germany’s festgehalten im Newsletter – und vorgetragen beim Line-Up, dem capital is considered the most competitive in the world. For many years, täglichen Meeting zu Schichtbeginn als Ansporn an die Mitarbeiter. the Grand Hotel, which opened in 2003, was in the red, its occupancy So auch in Berlin, einem Haus, direkt am Potsdamer Platz ge- rate was just over 50 per cent. Then came Robert, a man in his mid-30s, the youngest general legen, erbaut im Stil des Art Déco, 70 Meter hoch, 19 Stockwerke, 303 Zimmer, 40 Suiten. Berlin hat mehr Zimmer als Las Vegas, der manager in the 30-plus-year history of the international hotel chain. Hotelmarkt in der deutschen Hauptstadt gilt als meist umkämpfter in Robert Petrović, son of Serbian parents, born and raised in Vienna, der Welt. Jahrelang schrieb das 2003 eröffnete Grand Hotel Verluste, left school early, tried a career as a professional soccer player and audie Auslastung lag bei etwas über 50 Prozent. ditioned as an actor, but found the role of his life in the hotel business. Dann kam Robert, ein Mittdreißiger, der jüngste General After working on four continents, he took over the Ritz-Carlton in Manager in der gut 30-jährigen Geschichte der internationalen Berlin in 2009. »At first I thought I was in a cult,« says Robert. It took time to Hotelkette. Robert Petrović, Sohn serbischer Eltern, geboren und aufgewachsen in Wien, verließ früh die Schule, versuchte sich als internalize the Ritz-Carlton’s philosophy. »It took me a year – and Profifußballer, sprach als Schauspieler vor, doch die Rolle seines Le- I think fast,« he says. Success followed quickly. Staff fluctuation bens fand er in der Hotellerie. Nach Stationen auf vier Kontinenten dropped from 45 to 20 per cent, and occupancy climbed to 85 per übernahm er 2009 das The Ritz-Carlton, Berlin. cent. In 2012, the hotel broke even; so this former suitcase-carrying


R o o m u nd Ehr e / M y ho tel is my c a s tle

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»Anfangs dachte ich, ich bin bellboy is now the person on whom hopes are pinned. in einer Sekte«, sagt Robert. Die Philosophie des Ritz-Carlton zu Claiming that Robert turned the place inside out might be a bit verinnerlichen dauere. »Bei mir hat es ein Jahr gebraucht – und ich bin audacious. After all, the luxury hotel ein Schnelldenker«, sagt er. Der Ergroup already had structures in place folg ließ nicht lange auf sich warten. and high expectations for service; it’s Die Fluktuation unter den Mitarwritten on the so-called credo card, beitern ging von 45 auf 20 Prozent a folded piece of paper enumer­ating zurück, die Auslastung stieg auf 85 all the so-called gold standards, culProzent. 2012 war der break-even minating with: »We are Ladies and erreicht, der einstige Bellboy, der Gentlemen serving Ladies and GenKofferträger, zum Hoffnungsträger tlemen«. geworden. The young man from VienZu behaupten, Robert habe na added his signature style to this den Laden umgekrempelt ist vielself-understanding, which was pracleicht etwas gewagt. Denn die tically set in stone; you can sense his Luxus-Hotelgruppe hatte sich influence in all hotel correspond­ ja vorher schon Strukturen und ence today, like a lyrical footnote ein Serviceversprechen gegeben; beneath the formalities: »It is not es steht in der sogenannten Cregood enough to like your job and to just like people – you need to love to do-Karte, einem gefalteten Stück move mountains«. Papier, das jene Gold-Standards And you can see what it looks versammelt, die in dem Satz gipfeln: »We are Ladies and Gentlemen serlike when you move mountains, ving Ladies and Gentlemen.« since Robert did turn the place inDieses Selbstverständnis, quasi side out just a bit. Knowing that only — in Stein gemeißelt, ergänzte der Wiemotivated employees achieve top perner um seine Handschrift, die heute der formance, he started with them, first of »IT IS NOT GOOD ENOUGH Korrespondenz anhängt und zwischen all exchanging the »penguin outfit« for TO LIKE YOUR JOB all der To-whom-it-may-concern-Proa more casual style; a jacket and cotton sa anmutet wie eine lyrische Fußnote: trousers are now permitted, as are visible AND TO JUST LIKE PEOPLE – »It is not good enough to like your job tattoos and a three-day beard. YOU NEED TO LOVE and to just like people – you need to »We sell experiences, not just love to move mountains.« hotel rooms,« says the general director. TO MOVE MOUNTAINS.« Wie das aussieht, wenn man BerThat includes opening up to the new ge versetzt, hat Robert gezeigt, indem generation of guests, those who want to er dann doch ein bisschen umkrempelmeet like-minded people, not liveried te. Und weil er wusste, dass nur motivierte Mitarbeiter Höchstleis- staff; those who prefer to carry their own luggage and want to pick up tungen bringen, fing er bei ihnen an. Als erstes ging es dem »Pin- Berlins’ flair even as they check in. Naturally, Robert Petrović interprets local flair somewhat more guin-Outfit« an den Kragen, ein legerer Kleidungsstil hielt Einzug, Jacket mit Baumwollhose waren fortan ebenso erlaubt wie sichtbare generously. A bright turquoise blazer can go with a pink tie; and of Tattoos und Dreitagebart. course a crocheted flower as a corsage is just fine. But the outer limits »Wir verkaufen Erlebnisse, nicht nur Hotelzimmer«, sagt of the new identity are not limited to textiles. Robert enhanced the der General Direktor. Dazu gehört, sich der neuen Generation von quality of a hotel stay by investing in the areas where people meet. He Gästen zu öffnen. Gäste, die Gleichgesinnte, nicht Livrierte treffen inspired the head of the bar to take up the concept of »Fragrances«, an ­wollen, die ihr Gepäck lieber selber tragen und Berlinflair bereits opulently decked-out cocktail den where drinks are presented as if in a beim Check-in spüren möchten. perfume shop. The project is an example of long-term staff retention. Robert Petrović interpretiert das Lokalkolorit naturgemäß Instead of working to rule, which only makes employees feel distant ­etwas großzügiger. Da darf es auch mal ein knalltürkises Sakko from their jobs, this staff member has excelled; both the barman and nebst dunkelblauer Krawatte sein, die gehäkelte Blume im Revers ist the bar itself have received important awards. »I love giving people ­sowieso gesetzt. Die Außengrenzen der neuen Identität beschränken opportunities,« says Robert; »My talent is also in teaching people sich aber nicht aufs Textile. Robert hat die Aufenthaltsqualität gestei- how to score goals«. gert, indem er in die Begegnungsstätten des Hauses investierte. SeiCompany headquarters in Maryland initially observed the nen Barchef animierte er zu dem Konzept »Fragrances«, eine opulent ­goings-on with suspicion. When the top brass went to Berlin to see ausgestattete Cocktail-Höhle, in der Drinks präsentiert werden wie if everything was in order, Robert took them aside and said, »What’s in einer Parfümerie. your yardstick: grooming standards or my profit and loss statement?« Das Projekt ist ein Beispiel für nachhaltige Mitarbeiterbindung. And that was that. Statt Dienst nach Vorschrift zu machen, was nur zu emotionalen


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Wo hne n u nd H o tels / Liv in g a nd H o tels

Auflösungserscheinungen führen würde, wächst der Mitarbeiter über sich hinaus; Barmann wie Bar sind mittlerweile hoch dekoriert. »Ich liebe es, Chancen zu geben«, sagt Robert, »mein Talent liegt auch darin, Menschen beizubringen, wie sie Tore schießen.« In der Unternehmenszentrale in Maryland haben sie das Treiben erst mit einigem Argwohn beobachtet. Als die Herrschaften in Berlin nach dem Rechten sahen, nahm Robert sie zur Seite und sagte: »Messt ihr mich an Grooming Standards oder nach meiner Gewinnund Verlustrechnung?« Danach war die Messe gelesen. »Put people first«, lautet ein amerikanisches Sprichwort, was so viel bedeutet wie: nur glückliche Gastgeber können Gäste glücklich machen. Das Servicemotto hört sich einfach an, es zu verinnerlichen und die Ritz-Carlton Werte zu leben ist umso anspruchsvoller. Zu erkennen, dass es nicht um Servicebasics à la my pleasure geht, sondern um Service auf Augenhöhe. Zu verstehen, dass jeder ein Leader ist und als solcher sich eines Problems sofort annimmt. Dabei keine Angst vor Fehlern hat und immer menschlich bleibt. Das Prinzip der verdichteten Aufmerksamkeit, des antizipierenden Verhaltens, ist in einem simplen Bild verewigt. Es zeigt einen Rhombus, unten steht Funktionalität, oben der Begriff Mystik. Jedem Tun auf dem Weg an die Spitze soll ein Zauber innewohnen, von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Abreise des Gastes. Ritz-Carlton ist ein unablässig arbeitendes System der Bestätigungen, der kleinen und großen Gesten der Zuwendung. Der eigene Name fällt hier allenthalben mit einer Selbstverständlichkeit, auch wenn man zuvor nie einen Fuß in die Lobby setzte. Die Höflichkeitsfloskel »Hallo, wie geht’s?« bildet in ihrer aufrichtigen Beiläufigkeit den Auftakt zu einer zarten Liebesbeziehung, Lichtjahre entfernt vom Duktus einstudierter Callcenter-Devotion. Die Semiotik des Zwischenmenschlichen, sie entfaltet ihre Wirkung bei jeder sich nur bietenden Gelegenheit im weich gepflasterten Entree, auf den Fluren und Zimmern und in den Versammlungsräumen. Wahrscheinlich ist Ritz-Carlton der einzige Ort der Welt, wo bereits an der Erfüllung eines Wunsches gearbeitet wird, noch ehe der Gast ihn sich ausgedacht hat. Dafür stehen jedem Mitarbeiter 2000 Euro zur Verfügung; pro Tag versteht sich. 2000 Euro, um Berge zu versetzen, was nicht selten einem Himmel und Hölle in Bewegung setzen gleichkommt. Ein Gast wollte seiner Frau zum Geburtstag ein handgeschriebenes Gedicht vortragen. Das Problem: Die Frau wohnt in Los A ­ ngeles. Also gab ein Mitarbeiter den postillon d’amour, stieg in den nächsten Flieger und machte der Frau seine Aufwartung. »Wo wird dieser Gast das nächste Mal absteigen«, fragt Robert und gibt die Antwort gleich selbst: »Ritz-Carlton forever.« Einen Großteil seiner Zeit verwendet er auf die Mitarbeiter­ entwicklung, in der übrigen ist sein strategischer Weitblick gefragt. »Ich kreise wie ein Adler über allem, und wo es ein Problem gibt, stürze ich mich drauf«, sagt Robert. Er will das Haus voranbringen, die Benchmark in Sachen Service für alle Branchen sein. So wie er spricht, wird man das Gefühl nicht los, dass sein Haus die tea time demnächst auch auf dem Mond inszeniert. Für den Adler, der in luftiger Höhe einsam seine Kreise zieht, muss es ja auch noch Herausforderungen geben.

»Put people first,« is an American proverb: happy hosts make happy guests. Robert says, »We don’t want to work with cats, but with tigers«. The service motto sounds simple, but it’s another story to internalize it and live the Ritz-Carlton’s values, to know that these are not service basics at whim but about service on an equal footing. It’s about understanding that every person can be a leader and as such immedi­ ately tackle a problem – with no fear of making mistakes, and still remaining human. The principle of focused attention, of anticipating behaviour, is embodied in a simple image: that of a rhombus with the words »functionality« at the bottom and mysticism at the top. Every action on the way to the top should be imbued with magic, from first contact to execution of a task. The Ritz-Carlton is an incessantly operating system of affirmations, gestures of caring both small and large. The guest’s name is mentioned everywhere as a matter of course, even if he or she has never before set foot in the lobby. With its honest casualness, the polite phrase »Hello, how are you?« launches a caring relationship, light-years removed from the saccharine, rehearsed, call centre greeting. The semiotics of the interpersonal unfolds its effect at every opportunity, in the lobby as in the softly carpeted hallways, guest rooms and meeting rooms . The Ritz-Carlton is probably the only place in the world where staff starts working on satisfying guests’ wishes even before these wishes have been uttered. Every employee has 2,000 euros at their disposal for this purpose – per day, that is: 2000 euros to move mountains, or even to move heaven and hell. One guest wanted to read his wife a handwritten poem for her birthday. The problem: She was at home in Los Angeles. So a staff member took on the role of postillon d’amour, got on the next plane and paid her a courtesy visit. »Which hotel will this guest select next time?« asks Robert, and answers his own question: »Ritz-Carlton forever«. He spends the majority of his time on talent management; the rest he devotes to strategic visions. »Like an eagle, I fly in circles over everything, and wherever there’s a problem, I pounce«, says Robert. He wants to promote the hotel and be the benchmark for service in all sectors. The way he talks, you can’t help but feel that his hotel will soon be setting up for high tea on the moon. The man who circles like an eagle alone in the sky still needs his challenge.

MICHAEL RAEKE IST REDAKTIONSLEITER BEI BLOCHER BLOCHER VIEW.

MICHAEL RAEKE IS MANA GING EDITOR AT BLOCHER BLOCHER VIEW.


R o o m u nd Ehr e / M y ho tel is my c a s tle

— »WE ARE LADIES AND GENTLEMEN SERVING LADIES AND GENTLEMEN.«


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Öffe ntlic he B a u te n / P u blic B uildin gs

Bauen für öffentliche Auftraggeber ist heute mehr denn je Bauen für die Öffentlichkeit. Unsere fluide Welt macht Meinungsbildung leicht. — More than ever, building for public-sector clients means building for the general public. Our ever-changing world makes it easy to form an opinion. —

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von / by Wolfgang Mairinger — Senior Partner

Wer Stellung beziehen will, More than ever, building for public-sector clients means builmuss sich nicht mehr in der Öf- ding for the general public. Our ever-changing world makes it easy fentlichkeit zeigen. Er kommu- to form an opinion. If you want to take a stand, you no longer have niziert zu Hause am Computer, to reveal your identity in public. You can communicate from your in der Bahn mit dem Smartpho- computer at home, from your smartphone on the train – wherever ne – überall dort, wo es ein Netz you can go online. In digital modernity, everything we do is more or gibt. In der digitalen Moderne less under observation. steht alles, was wir tun, mehr oder weniger unter Beobachtung. This transformation of society has significantly changed our Unseren Alltag als Planer von öffentlichen Gebäuden hat die- lives as planners of public buildings. When we revitalized and reconser gesellschaftliche Wandel maßgeblich verändert. Als wir 2003 in structed Schloss Mannheim in 2003, collaborating with the State of Zusammenarbeit mit dem Land Baden-Württemberg das Schloss Baden-Wuerttemberg, the public debate took place above all in the Mannheim revitalisiert und umgebaut haben, hat die öffentliche media. And by the way, the project benefited from this debate after Debatte vor allem in den Medien stattgefunden. Sie hat, nebenbei the state government wanted to postpone the expansion of the library gesagt, von dieser Auseinandersetzung profitiert, nachdem die indefinitely for financial reasons. Associations of Friends connected Landesregierung aus Kostengründen die Bibliothekserweiterung with the university became involved, and SAP co-founder Hasso auf unbestimmte Zeit verschieben wollte. Universitäre Förderkrei- Plattner’s foundation alone donated ten million euros, thus enabling se engagierten sich, allein die Stiftung von SAP-Mitgründer Hasso the expansion of the university library under reconstructed mansard Plattner spendete zehn Millionen Euro und machte so den Ausbau roofs. I think that the architectural planning helped convince the der Universitätsbibliothek unter den wieder aufgebauten Mansard- funders of the need for new specialized libraries. dächern möglich. Ich denke, dass die Planung ihren Beitrag dazu In addition to traditional media, Internet portals and social geleistet hat, die Geldgeber von der Notwendigkeit der neuen Fach- media – with their clicks and likes – have been shaping the public’s bibliotheken zu überzeugen. attitude toward building projects for years. That affects our clients Neben den klassischen Medien bestimmen seit einigen Jahre just as it does us. And it finds expression in the architecture itself. die Klicks und Likes auf Internetportalen und in den sozialen Netz- More than ever, a city’s or institution’s public places reflect the conwerken die Haltung der Öffentlichkeit zu einem Bauvorhaben. Das sensus of societal discourse. The spatial boundaries between private betrifft unsere Auftraggeber ebenso wie uns. Und findet Ausdruck and public spheres have been blurred. in der Architektur selbst. Mehr denn je sind die öffentlichen Orte So the question arises: How can architecture earn the trust einer Stadt oder einer staatlichen Institution Ergebnis eines Konsens of the client and the public? Surely by adhering to key parameters des gesellschaftlichen Diskurses geworden. Die räumlichen Grenzen such as costs and schedule, for starters. At times, diplomatic skill is necessary to maintain the aesthetic-formal as well as the conceptual zwischen privater und öffentlicher Sphäre sind aufgehoben. Stellt sich die Frage, wie kann sich die Architektur das Vertrau- upper hand. The architect becomes a political strategist if he wants en des Auftraggebers und der Öffentlichkeit gleichermaßen verdie- to prevent projects from becoming stolid compromises. nen? Sicherlich zum einen durch die Einhaltung der RahmenbedinPublic buildings mirror society; they are role models and serve gungen wie Kosten und Zeitplan. Zuweilen ist auch diplomatisches to create addresses of import. Take the town hall of Bissendorf (see Geschick gefragt, um den ästhetisch-formalen wie konzeptionellen next page): The building quietly blends into the core of the town. On Hoheitsanspruch zu wahren. Der Architekt wird zum politischen one hand, it is a self-confident centre of attention; on the other, it Strategen, will er Projekte nicht zum behäbigen Kompromiss doesn’t compete with the village church, which – like the neighbour­ ing houses – is a cultural landmark. ­verkommen lassen.


Wolfga n g M a irin g e r ü b e r a r c hite k to nis c he Diplo ma t ie / a b o u t a r c hite c tu ral diplo ma c y

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de  > Der Niedersächsische Öffentliche Bauten sind Landtag wird derzeit neu Spiegelbilder der Gesellschaft, gestaltet. haben Vorbildcharakter und — dienen der Adressbildung.  en   >  The Lower Saxony parEin Beispiel dafür ist das liament is in the making. Rathaus Bissendorf (siehe nächste Seite). Das GebäuEspecially when it code fügt sich geräuschlos in mes to political centres such den Ortskern ein. Einerseits as town halls or state parliaselbstbewusster Mittelpunkt, ment buildings, many discusandererseits stiehlt es der sions and coordination meeDorfkirche, die gemeinsam tings are needed to achieve mit benachbarten Häusern such satisfactory results. In unter Denkmalschutz steht, the process, we architects are subjected to a special burden nicht die Schau. Gerade für politische of proof. We are positioned Schaltzentralen wie Rathäuser, Kreis- oder Landtage braucht es viele between the parties and must argue so convincingly with our design Diskussionen und Abstimmungsrunden, bevor es zu solch zufrieden- that political battles can be overcome. Bridge-building par excel­ stellenden Ergebnissen kommt. Uns Architekten kommt dabei eine lence. And if some proposals still do not prevail, we should be able besondere Beweispflicht zu. Wir stehen zwischen den Parteien und to differentiate between a matter of taste (which we can address) or müssen mit unserer Gestaltung so überzeugend argumentieren, dass a veto having nothing to do with our work. In general, one can say: politische Grabenkämpfe überwunden werden können. Brückenbau The more important a building is to democratic decision-making par excellence. Und wenn sich dennoch der eine oder andere Vor- processes, the more complex the coordination procedures. schlag nicht durchsetzt, sollten wir in der Lage sein zu unterscheiden, In times of easy access due to proximity of airports, good roads ob es sich um ein Geschmacksdiktat handelt oder um ein von unserer and railways, cities are competing with each other more than ever. Arbeit unabhängiges Veto. Generell lässt sich sagen: je größer die Be- People have become well-informed and choosy about where they deutung eines Gebäudes im demokratischen Entscheidungsprozess, live. Municipalities that have cut back on cultural programming due umso komplexer die Abstimmungsvorgänge. to lack of funds can tell you a thing or two about it. That is why the In Zeiten der schnellen Erreichbarkeit durch Flughafennähe fate of event venues such as theatres or civic centres is under close und guter Bahn- und Straßenverbindungen stehen die Städte mehr observation. Cities can boast of buildings that serve as a source of denn je im Wettbewerb untereinander. Die Menschen sind gut infor- tourist revenue, like the Congress Center of the city of Würzburg miert und wählerisch geworden, was den Wohnort angeht. Kommu- (CCW) (see page 42). It increases the city’s income, consolidates its nen, die wegen leerer Kassen ihr kulturelles Angebot eingeschränkt reputation as a location for conventions, and attracts customers and haben, können davon ein Lied singen. Das Schicksal von Veranstal- guests who boost the local economy. Before we begin with the design process, we generally use six tungsorten wie Theater oder Stadthallen steht daher unter genauer Beobachtung. Aushängeschilder sind Gebäude, die als touristische parameters for orientation: open house, touchable house, visibility, Einnahmequelle dienen wie das Kongresszentrum der Stadt Würz- usability, dialogue, and relationships. With these concepts as yardburg (CCW) (siehe Seite 42). Das steigert die Einnahmen der Stadt, sticks, we question the aims of a building in functional terms. Today, festigt den Ruf als Kongress-Standort und beschert der Wirtschaft society expects politics to be reliable. Everybody sends messages via Twitter, Facebook, etc.; people want to be involved and heard. EspeKunden und Gäste. Wir pflegen, bevor wir mit dem Entwurfsprozess beginnen, cially in times of political uncertainty, people want architecture that uns an sechs Parametern zu orientieren. Diese Stichworte haben wir is open to dialogue: Buildings must not have intimidating virtual offenes Haus, berührbares Haus, Sichtbarkeit, Nutzbarkeit, Dialog thresholds; rather, they must present an inviting gesture and offer und Bezüge genannt. Mit diesen Begriffen hinterfragen wir die An- spaces, structures and processes with the maximum transparency. sprüche, denen das Gebäude funktional gerecht werden muss. Die As planners of public buildings, we feel obliged to create spaces Gesellschaft erwartet heute von der Politik, dass sie verlässlich ist. of identification; buildings that provide stability. Or, in metaphoric Durch Twitter, Facebook und Co sendet jeder Botschaften, die Men- terms: permeable structures that have nothing to hide, that seem to live and breathe, and that adapt to their users’ rhythms. If architecschen wollen sich beteiligen und gehört werden. Verlangt wird gerade in Zeiten politischer Unsicherheit eine ture succeeds in creating structures that open up to people, then it dialogbereite Architektur. Gebäude dürfen keine intellektuellen simultaneously creates a connection to the institutions housed in Hemmschwellen haben. Sie brauchen eine einladende Geste und these structures – be it a political body or a government agency. Räume, die Strukturen und Prozesse maximal transparent machen. Als Planer von öffentlichen Bauten sehen wir uns in der Pflicht, Orte der Identifikation zu schaffen. Gebäude zu planen, die Halt geben. Oder metaphorisch ausgedrückt: ein durchlässiges Gefüge zu schaffen, das nichts zu verbergen hat, das scheinbar lebt und atmet und sich dem Rhythmus seiner Benutzer anpasst. Gelingt es der Architektur Häuser zu entwickeln, die sich für Menschen öffnen, knüpft sie gleichzeitig eine Verbindung zum jeweiligen Hausherrn.


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R a tha us B iss e nd o rf

RATHAUS BISSE NDORF bissen d orf, g erm a n y

In Bissendorf wurde ein Provisorium zur Dauerlösung: Das Rathaus war über Jahrzehnte hinweg in einem einfachen, wenig repräsentativen Gebäude untergebracht. Der Neubau macht nun endlich die Bedeutung des Rathauses für den Ort sichtbar. — In Bissendorf, a provisional arrangement had become a permanent fixture: For decades the town hall was housed in a plain building lacking in dignity or prestige. The new building finally makes the town hall’s significance for the community visible.

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/ / RATHAUS / / TOWNHALL

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Kirchplatz 1, 49143 Bissendorf, Germany   2,500 m² | 10.2015 | Gemeinde Bissendorf

Die geneigten Dächer und die Klinkerfassade des Rathauses nehmen Bezug zur Bauweise in der Region. Für den Bürgersaal standen die historischen Hallenhäuser Pate, die Rathausfassaden werden von der Nutzung als Bürobau geprägt. Die architektonische Qualität, die beide Gebäude nach außen vermitteln, setzt sich im Innern fort. Der Sichtbeton des Bürgersaals harmoniert mit dem massiven Eichenholz des Sparrendachs, der Fensterlaibungen und des Parketts. Der stützenfreie, bis zu zwölf Meter hohe Raum erlaubt zahlreiche Veranstaltungsformate. Das Rathaus als offene Geste, die willkommen heißt und Einwohner wie Passanten einbezieht. With inclined roofs and clinker-brick façades, Blocher Blocher Partners made use of familiar features from the region. The inspiration for the community hall was the North German Hallenhäuser or »hall houses«, the façades of the council office building are clearly influenced by its function. The high architectural quality that both buildings demonstrate externally is continued in their interior. The exposed concrete of the community hall harmonises with the solid oak of the roof rafters, window reveals and parquetry. The column-free room, up to 12 metres high, can be used for a wide variety of events. The town hall as an open gesture that welcomes residents and passers-by.


R a tha us B iss e nd o rf

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R a tha us B iss e nd o rf

de   >  Das Gebäudeensemble passt sich seiner Umgebung an und öffnet die Ortsmitte in alle Richtungen. —  en   >  The building ensemble adapts to the surrounding development und opens the town centre towards all directions.

de   >  Der offene Dachstuhl des Bürgersaals spiegelt die tragende Rolle für die Gemeinde wider. —  en   >  The open roof truss of the community hall reflects its sustaining function for the town.

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CONGRESS CE NTRUM WÜRZBURG würzbu rg , g erm a n y

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung ist das Kongresszentrum der wichtigste Motor für Würzburg als Kongress und Tagungsstandort. Das Gebäude präsentiert sich nach Umbau und Erweiterung nicht nur größer und schöner, sondern auch ökologisch optimiert, so die Bayerische Staatszeitung. — The conference center is the most important economic factor in Würzburg’s position as a conference and convention location. After its recent upgrade and expansion, the building is not only bigger and more beautiful, but also environmentally optimised, says the newspaper Bayerische Staatszeitung.


C o n g r ess C e ntr u m W端 rzb u r g

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/ / CONGRESS CENTRUM

Kranenkai 34, 97070 Würzburg, Germany   9,800 m² | 05.2015 Stadt Würzburg

Riesige Fensterflächen sorgen für einen hohen Tageslichtanteil. Neben einer hellen und freundlichen Atmosphäre zahlt sich dies in beträchtlichen Energieeinsparungen aus. Für Tageszeiten und Gebäudebereiche, in denen Kunstlicht unerlässlich ist, achteten die Planer ebenfalls auf Effizienz: Mit LED-Technik, einer

integrierten Lichtsteuerung und einem ausgefeilten Lichtmanagement stellten sie sicher, dass der Stromverbrauch möglichst niedrig bleibt. Auch beim Heizen des weitläufigen Gebäudes stehen ökologische Aspekte im Vordergrund. Produziert wird die Wärme unter hocheffizienten Bedingungen im nahe gelegenen Heizkraftwerk, das über umweltfreundliche Gas- und Dampfturbinenanlagen verfügt. Oberbürgermeister Christian Schuchardt: »Mit dem neu gestalteten CCW verfügen wir nun wieder über ein attraktives, zeitgemäßes Kongresshaus.« (Quelle: Bay­­ erische Staatszeitung, 22. Mai .2015)

Giant windows provide for ample daylight, creating a bright and friendly atmosphere while saving considerable energy. The architects have also paid attention to energy efficiency for the times of day and areas of the building in which artificial lighting is unavoidable. Through LED technology, integrated light control and sophisticated light management, they have ensured the lowest possible level of energy consumption. The spacious building’s heating system is also oriented to environmental concerns. Heat is generated under highly efficient conditions in a nearby thermal power plant that has environmentally friendly gas and steam turbine units. According to Mayor Christian Schuchardt, »The new design of the CCW means that we once again possess a modern and attractive convention centre«. (Source: Bayerische Staatszeitung, May 22, 2015)


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C o n g r ess C e ntr u m Wü rzb u r g

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de   >  Im Zuge der Neugliederung verfügt das CCW nun faktisch über zwei Kongresszentren unter einem Dach – mit großem Saal, lichtdurchfluteten Foyers und großzügigen Ausstellungsflächen. —  en   >  As part of its reorganisation, the CCW now effectively comprises two conference centers under one roof – with its large hall, light-flooded foyer Straßenbahn and ample exhibition spaces.

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Baumreihe Neu mit Baumquartier

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/ / AN OPTIMAL COMBINATION OF ANALOGUE AND DIGITAL As part of the upgrade and expansion, Blocher Blocher View developed a hybrid guiding system that combines analogue and digital elements. Its features range from the use of exterior stelae and marking of the building’s four entrances to overview boards in the foyer, hanging signposts and room identification markers. All of the conference rooms feature monitors digitally displaying current and future events, which can be changed easily.

Schacht Bestand Höhe anpassen

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/ / ANALOG UND DIGITAL OPTIMAL VERKNÜPFT Im Zuge des Umbaus und der Erweiterung des CCW entwickelte Blocher Blocher View ein hybrides Leitsystem, das analoge und digitale Elemente kombiniert. Die Maßnahmen reichen von der Bespielung von Stelen im Außenbereich und der Markierung der vier Eingänge bis zu Übersichtstafeln in den Foyers, abgehängte Wegweiser und Raumkennzeichnungen. Alle Konferenzräume wurden durch Monitore komplettiert, auf denen aktuelle und folgende Veranstaltungen digital angezeigt und ohne Aufwand geändert werden können.

de   >    Blocher Blocher Partners hat das 1985 in Betrieb genommene Gebäude modernisiert, umgebaut und um knapp das Doppelte der bisherigen Fläche auf 6.400 Quadratmeter vergrößert. —  en   >  Blocher Blocher Partners modernised and overhauled the building, which first opened in 1985, almost doubling its surface area to 6,400 square metres.

Entlüft.

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Kind e rha us Za u b e rle hrlin g

KINDE RHAUS ZAUBE RLE HRLING

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ilv esheim, g erma n y

Das Kinderhaus als Ort des Miteinanders bietet drinnen wie draußen zahlreiche Entfaltungsmöglichkeiten. Die drei Etagen sind separat von außen erschlossen, was den Gruppenräumen Unabhängigkeit sichert, um den Tag individuell zu gestalten. Das zentrale Atrium ist dank großem Glasdach durchflutet von Tageslicht. Ein freundlicher Ort, an dem sich alle Kinder zusammenfinden können. Eine zurückhaltende architektonische Geste prägt die Gebäuehülle. Grün-changierende Fassadenlamellen und warme Holzttöne verbinden das Kinderhaus mit der umgebenden Natur. Der perfekte Ort, um in das Abenteuer Leben zu starten. As a place of togetherness, the Zauberhaus (a daycare center) offers children countless ways to express themselves. The three storeys have separate access to the outside, giving the different groups the independence to organise their days as they see fit. Thanks to a large skylight, the central atrium is suffused with sunshine: A friendly environment where all children can congregate. The building’s envelope makes a subdued architectural gesture. Lamellas in varying shades of green paired with the warm hues of wood bond the Kids’ House with the surrounding natural environment. It’s the perfect place to start the adventure of a lifetime.

/ / KINDERTAGESSTÄT TE / / DAYCARE CENTER   Goethestraße 15, 68549 Ilvesheim, Germany   1,400 m² | 10.2015 | Heinrich-Vetter-Stfitung, Ilvesheim


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KATHRIN-TÜR KSHALLE dinsl ak e n, ge rman y

Die Stadthalle The civic center stands alongside the city ist neben dem Rat- hall as the second eye-catching building in the haus der zweite präg- city park in central Dinslaken. However, the nante Solitärbau im aging building, which is in need of renovations Stadtpark, der grünen (and was named after the founding director of Mitte Dinslakens. In Dinslaken’s Burghofbühne theatre, Kathrin die Jahre gekommen, Türks), no longer lives up to its prestigious lowird das sanierungsbedürftige Gebäude (benannt cation. It is to acquire a suitable appearance and nach der Gründungsintendatin der Burghof- functional concept through modernisation and G´ bühne Kathrin Türks) der hohen Adressqualität expansion. jedoch nicht mehr gerecht. Ihm sollen durch Modernisierung und Erweiterung ein angemessenes Erscheinungsbild und hohe Funktionalität verliehen werden.

/ / STADTHALLE / / CIVIC CENTER   Platz d’Agen 4, 46535 Dinslaken, Germany   7,130 m² | Stadt Dinslaken

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Ka thrin-Tü rks-H alle / Le r nw e rk A lte Spinne r e i

LE RNWE R K ALTE SPINNE REI

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b o cholt, g erm a n y

Die Entwicklung des KuBAal Quartiers in Bocholt ist eine große Chance für Stadt und Region. Hier entsteht ein kreativ-produktiver Schmelztiegel aus Gewerbe, Bildung, Kultur und Wohnen, der die Innovationslandschaft des Münsterlands nachhaltig bereichern soll. Ein elementarer Baustein: Das LernWerk in der alten Spinnerei; Begegnungsstätte für Kulturschaffende, Bildungsmotor und künstlerischer Mittelpunkt mit städtischer Verankerung und regionaler Ausstrahlung.

The development of the KuBAal cultural district in Bocholt is a major opportunity for the city and the region. What is being developed here is a creative and productive melting pot of industry, edu­cation, culture, and living spaces that will enrich the innovation landscape of the Münsterland for the long term. One of its main building blocks is the LernWerk in der alten Spinnerei (learning factory in the old spinning mill), a meeting place for arts and culture professionals, an engine of learning and an artistic centre that is anchored in the city and radiates its influence outward into the region.

/ / BILDUNGS- UND KULTURHAUS / / EDUCATION AND LEISURE CENTER   Industriestraße, 46395 Bocholt, Germany   6,600 m² | Stadt Bocholt


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B ü r o / Offic e

Wir erleben eine Revolution in der Arbeitswelt. Vorreiter ist die New Economy mit Aushänge­ schildern wie Google oder Facebook. Unternehmen also, die für Flexibilität, Autonomie und Inspi­ ration stehen. Wird das Tablet bald das Büro ersetzen? — We are experiencing a revolution in the job world. The New Economy is the pioneer, with signposts such as Google and Facebook: companies that stand for flexibility, autonomy and inspiration. So will the tablet soon replace the office? — von / by Jürgen Gaiser — Partner

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In Anlehnung an den Song ›Home Is Where the Heart Is‹ könnte man sagen: office is where the brain is. Und da der Kopf immer dabei ist, ist das office heute längst nicht nur ein home office, sondern vor allem ein out-of-home-office. Gearbeitet wird überall und von überall aus. Ist die Lösung die Auflösung alter Strukturen? Oder ist das Büro so etwas wie ein zweites, das neue Zuhause? Eine schöne neue Welt ist das, in der individuelle Freiheit wichtiger ist als langfristige Sicherheit. Konsequenterweise ruht diese Welt aber nicht auf Atlas’ starken Schultern, sondern auf Mark Zuckerbergs dünner Fingerspitze. Wird sich diese Arbeitskultur durchsetzen? Vielleicht. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, schließlich muss sich der Mensch anpassen, um zu bestehen. Auf der anderen Seite sind wir überzeugt, dass gerade in der Arbeitswelt Unternehmen wie Mitarbeiter doch ein Quäntchen Beständigkeit brauchen. Das liegt in der Natur der Sache: Je mehr sich das tägliche Leben entmaterialisiert, desto mehr suchen wir nach einem spürbaren Gegengewicht. Das Büro wird in Zukunft also auch ein Ort des Miteinanders und der Kommunikation, des Wohlfühlens sein. Ein sicherer Hafen im unsteten digitalen Gewässer, der die Mitarbeiter beflügelt, inspiriert und zu Höchstleistungen anspornt. Wie auch heute schon ist es eine Grundvoraussetzung, dass sich der Arbeitnehmer mit dem Arbeitsumfeld identifizieren kann. Jedes Büro muss deswegen auf die DNA des Unternehmens einzahlen. Als kleinster gemeinsamer Nenner und Bindeglied der heterogenen Belegschaft – und als Visitenkarte des Unternehmens. Ist das Arbeitsumfeld Teil der Corporate Identity, kann man allein durch die Atmosphäre der Räume die Loyalität stärken.

Along the lines of ›Home Is Where the Heart Is‹, today one might say ›The office is where the brain is‹. And since the brain goes where you go, the concept of ›home office‹ has become literal: People work everywhere and anywhere, including within their own four walls. So should we say goodbye to old structures? Or is the office becoming a second, new home? What a brave new world where individual freedom is more important than long-term security. Consequently, this world rests not on Atlas’ strong shoulders, but on Mark Zuckerberg’s fingertips. Will this new working culture gain ground? Maybe. It seems perfectly acceptable; after all, one has to adapt in order to survive. But on the other hand, precisely in this type of working environment, we are convinced that companies and employees still need stability. It is in our nature: The less concrete our routine lives become, the more we seek measurable counterbalance.The office of the future will be also a place of communication and interaction, of comfort. A safe harbour in unstable digital waters, where employees are encouraged and inspired to perform at their best. The basic requirement – true even now – is that the employee identify with the working environment. That’s why every office has to contribute to the company’s equivalent of a »genetic imprint,« or DNA, as standard compromise and connector of a diverse workforce – and as company business card. When the the working environment is part of the corporate identity, together, loyalty can be reinforced solely through the atmosphere in the room. / / ONE FOR ALL AND ALL FOR ONE As an interdisciplinary office, we know the importance of teamwork first-hand. Every employee has skills and the grand plan can


Jürgen Gaiser über neue Formen beruflicher Kommunikation / about new forms of professional communication

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/ EINER FÜR ALLE UND ALLE FÜR EINEN Gerade wir als interdisziplinäres Büro wissen, wie wichtig Teamwork ist. Jeder Mitarbeiter hat seine Kompetenzen und nur in enger Zusammenarbeit entsteht daraus der große Wurf. Das klappt immer noch am besten Seite an Seite. Nicht ohne Grund hat Yahoo-Chefin Marissa Mayer 2013 alle Mitarbeiter vom Home Office zurück in die Firmenzentrale geholt. Klar ist aber auch: Das »Alle-unter-einem-Dach«-Prinzip heißt nicht, dass man auf den einzelnen nicht eingehen würde. Ganz im Gegenteil: Letztendlich geht es doch darum, die Stärken jedes Einzelnen zu beflügeln. Jeder Mitarbeiter hat andere Bedürfnisse und wächst unter anderen Bedingungen über sich hinaus. Darauf möglichst effektiv einzugehen, das ist die große Herausforderung für die Zukunft. Wir beschäftigen uns seit unseren Anfängen vor mehr als 25 Jahren mit dem Entwerfen von Arbeitsräumen. Bei der Planung eines Büros nehmen wir zwei Sichtweisen ein: die des Unternehmens und die des individuellen Mitarbeiters. Wir wollen Produktivität und innovative Lösungsansätze fördern. Denn nichts motiviert mehr als Zufriedenheit. Dabei gibt es ganz klare Standards, die, so profan sie klingen mögen, essenziell sind: etwa eine ausgezeichnete Akustik (immerhin ist Lärm der Stressfaktor Nummer eins), produktive Lichtstimmungen oder eine gute Belüftung. Deswegen entwerfen wir neben succeed only through close cooperation, best of all with team memBürogebäuden und Räumen, auch Produkte, die die Arbeitsatmosphä- bers working side-by-side. It was not without reason that Yahoo boss re verbessern. Gerade haben wir beispielsweise einen Mini-Thinktank Marissa Mayer brought all her employees back into the company in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Strähle entwickelt. headquarters in 2013. Fassen wir noch mal zusammen. Da ist der Wunsch nach IndiBut it is also clear that the »all-under-one-roof« principle does vidualität und kreativer Entfaltung auf der einen Seite, das Bedürfnis not mean you’re forgetting about the individual. On the contrary, the nach Produktivität und Repräsentanz auf der anderen. Dazwischen principle aims to motivate and inspire every individual. Each one has die Variablen Teamwork und konzentriertes, solistisches Arbeiten. different needs and develops professionally under unique conditions. Folglich ist das Büro der Zukunft vor allem eins: pluralistisch. Es To be able to respond as effectively as possible… this is the greatest vereint Begegnungs- und Arbeitsorte unterschiedlicher Qualität, die challenge ahead. jeder Arbeitssituation und jedem Mitarbeiter gerecht werden. PrivaWe have been designing offices and workplaces since our inte und informelle Zonen sind genauso gefragt wie offene, kommu- ception 25 years ago. We view office planning from two different nikative. Teamflächen, Meetingpoints und Thinktanks im Wechsel perspectives. We want to foster productivity and innovative solutions. mit persönlich zugeordneten Arbeitsplätzen und Hot Desks. Alles The question is: »How do we bring out the best in our employees?« zugeschnitten auf die DNA und Bedürfnisse des Unternehmens. The answer is simple: Through satisfaction. Nothing motivates more. There are unmistakable standards that, as banal as they may seem, are absolutely essential: They include excellent acoustics (after all, noise is the top stress factor in the workplace), a productive lighting atmosphere and good ventilation. That is why we design not only office buildings and spaces but also products that improve the working environment. We have, for example, just developed a mini-think-tank in cooperation with the Strähle Company. To sum it all up: On one hand there’s the desire for individuality and creative development, and on the other the need for productivity and representativeness. And then teamwork versus concentrated, solo work. Which means that the office of the future has to be pluralistic, above all. It brings together places of interaction and work spaces of all kinds, anticipating myriad working situations and employee needs. Private and leisure zones are just as important as open, communicative zones. Team areas, meeting points and think tanks, alternating with permanent work stations and shared »hot desks«: Everything tailored to the DNA and needs of the company.


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B ü r o / Offic e

EY

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stu t tgart, ge rman y

Die andauernde The on-going development of new informaEntwicklung neuer Infor- tion and communications technology is altering mations- und Kommu- the structures of life and work, and demands spanikationstechnologien tial answers. On the other hand, the non-binding verändert Lebens- und nature of digital life is creating a need for tangibilArbeitsstrukturen und ity. EY, an auditing and management consultanverlangt nach räumli- cy formerly known as Ernst & Young, provides chen Antworten. Auf der anderen Seite ensteht answers to both of these needs in its new headdurch die digitale Unverbindlichkeit ein Bedürf- quarters at the Stuttgart airport. Highly modern nis nach dem Greifbaren. Das Unternehmen für office structures that promote productivity are Unternehmensberatung und Wirtschaftsprüfung combined with a comfortable spatial atmosphere. EY, vormals Ernst & Young, vereint mit dem neu- At vibrant heart: the employee restaurant, which en Headquarter am Stuttgarter Flughafen beide is warm, bright and inviting. Sphären. Topmoderne, die Produktivität fördernde Bürostrukturen treffen auf komfortables Raumambiente. Kommunikatives Herzstück: das Mitarbeitercasino, hell, warm und einladend.

/ / BÜROGEBÄUDE / / OFFICE BUIDLING   Flughafenstraße, 70629 Stuttgart Germany | 58,000 m²   05.2016 | Ernst & Young GmbH, Stuttgart


EY

de   >  Klare Symbolik, zeitge­ mäßes Design: Das von Blocher Blocher View entwicklete Leitsystem vermittelt zwischen der Tiefgarage und den einzelnen Büroetagen. —  en   >  Clear symbolism and contemporary design: The guidance system developed by Blocher Blocher View communicates between the underground car park and the individual office suites.


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B 端 r o / Offic e


Gle iss Lu tz

GLEISS LUTZ stu t tg a rt, g erm a n y

Gleiss Lutz zählt zu den führenden, international tätigen Anwalts­ kanzleien auf allen Gebieten des Wirtschaftsrechts. Die neuen Räumlichkeiten im Herzen Stuttgarts sind durch eine klare und elegante Formensprache gekennzeichnet. — Gleiss Lutz is a leading international law firm in every area of commercial law. Its new premises in the heart of Stuttgart display a clear and elegant design.

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B 端 r o / Offic e


Gle iss Lu tz

/ / BÜRORÄUME / / OFFICES

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Lautenschlagerstraße 21 70173 Stuttgart

2,050 m² | Gleiss Lutz Hootz Hirsch Part GmbB Rechtsanwälte, Stuttgart

de   >  Kontrastreiche Lamellenverkleidungungen rhythmisieren und dynamisieren die Korridore. —  en   >  High-contrast lamella claddings rhythmize and dynamize the corridors.

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Raumgestaltung als Kommunikation: Interior Design sollte stets auch die zentralen Werte eines Unternehmens oder einer Institu­ tion transportieren. Im Falle der Rechtsanwalts­ gesellschaft Gleiss Lutz sind es Qualitäten wie Sicherheit und Stärke, Integrität und Solidität, Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit. Das daraus resultierende Gestaltungskonzept setzt auf noble Schlichtheit und stille Größe. Materialien, Formen und Farben wirken schnörkellos und klar. Gleichzeitig entwickelt jeder Raum seinen eigenen Charakter. Spatial design as communication: Interior design should always convey the core values of a company or an institution. In the case of the Gleiss Lutz law firm, the values communicated are security and strength, integrity and solidity, and trustworthiness and reliability. The resultant design concept focuses on elegant simplicity and quiet grandness. Materials, forms and colors appear straightforward and clear. At the same time, each space has its own character.


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B 端 r o / Offic e


H u g o B oss

HUGO BOSS m etzin g en , g erma n y

Das multifunktionale Bürogebäude und Kreativzentrum auf dem Hugo Boss Campus in Metzingen entwickelt die Vorgaben der Unternehmensarchitektur bewusst fort, getreu dem Motto »Evolution statt Revolution«. — The multifunctional administration building and creative center on the Hugo Boss campus in Metzingen consciously preserves the precepts of the company’s corporate architecture in keeping with the slogan »evolution instead of revolution«.

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de   >

B ü r o / Offic e

Büro im Winter

—  en   >

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Büro im Sommer

— Office in winter

en   >

Office in summer


H u g o B oss

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/ / B ÜROGEBÄUDE UND KREATIVZENTRUM

/ / O FFICE BUILDING AND CREATIVE CENTER

Ernst-Abbe-Straße, 72555 Metzingen, Germany   2,500 m² | 06.2017 Hugo Boss AG, Metzingen

Konsequenterweise orientiert sich der klar strukturierte Kubus am schachbrettartigen Aufbau des Hugo Boss Areals. Dennoch wirkt das Gebäude leicht und transparent – dank der Doppelfassade mit filigraner äußerer H ­ ülle. Das dafür verwendete farbneutrale Glas erlaubt eine maximale Tageslichtausbeute und schafft optimale Bedingungen zur Begutachtung von Stoffmustern- und texturen. Das Innenraumkonzept kennzeichnet eine größmögliche Nutzungsflexibilität, die freigestellten Arbeits­ zonen können gemäß der Open-Space-Philosophie multifunktional bespielt werden. Die vielen Begegnungs- und Kommunikationsbereiche unterstreichen die hohe Aufenhalts- und Arbeitsqualität. Sie sind nicht nur horizontal innerhalb eines Geschosses miteinander vernetzt, sondern auch vertikal zwischen den Etagen. Dies gelingt mithilfe des lichtdurchfluteten, begrünten Atriums, das über alle Stockwerke hinweg reicht und in sämtlichen Obergeschossen bepflanzte Zonen aufweist. Das offene Atrium gewährleistet zugleich die beidseitige Belichtung aller Büroflächen. Nur ein Aspekt des weitreichenden Belichtungs- und Lüftungskonzepts, das zu hoher Energieeffizienz und maximalem Aufenthaltskomfort beiträgt. The cube’s clean lines are consistent with the chessboard-like structure of the Hugo Boss campus. And yet the building has an airy, transparent feel – thanks to the double façade with its

63 lacy outer shell made of neutral color glass. This allows the efficient use of daylight and further creates perfect conditions for the examination of cloth patterns and textures. The interior concept is designed for maximum flexibility of usage, so the various working spaces can be playfully re-envisioned following the »open space« philosophy. The many spaces for interaction and communication make it a pleasant place to be and a productive place to work. These spaces are linked – not just horizontally within each floor, but also vertically between floors by the sunny and verdant atrium that extends through all storeys and creates green areas in each of them. At the same time the open atrium provides light from both sides of every office space. And that is just one aspect of the far-reaching lighting and ventilation concept that boosts energy-efficiency and maximises comfort.


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›Der Flugdrachen lehrt: Wer hoch steigen will, muss es gegen den Wind tun‹, so eine alte fern­ östliche Weisheit. Dem Kontinent Asien ist in den vergangenen Jahren tatsächlich ein beeindruckender wirtschaftlicher Aufstieg gelungen. —

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›The kite teaches us: To rise high, we must go against the wind‹, according to ancient Chinese wisdom. And indeed: in recent years, Asian economies have risen impressively. — von / by Jutta Blocher

Voller Kraft und Dynamik hat sich Showing its strength and dynamism, Asia has become an ecoAsien zum ökonomischen Superstar auf- nomic superstar, flying high like a kite. Experts predict that by 2030, geschwungen. Im Jahr 2030, so prognos- Asia, which will then be inhabited by more than four billion people, tizieren Experten, wird Asien mit seinen will account for 50 per cent of global GDP. The Asia-Pacific region is mittlerweile über vier Milliarden Einwoh- already home to more super-rich people than North America. nern 50 Prozent des weltweiten BruttosoTo me, Asia is an extremely exciting, inspiring and fast-moving zialprodukts stellen. Bereits jetzt wohnen market. For 15 years we have been providing advice and support in der Asien-Pazifik-Region mehr Superreiche als in Nordamerika. to the shopping culture there, and have planned a broad range Ein extrem spannender, inspirierender, auch schnelllebiger of retail projects in countries such as India, Thailand, Indonesia, Markt – das ist Asien für mich. Seit 15 Jahren begleiten wir die dor- the Philippines, Malaysia and Sri Lanka, from department stores tige Shopping-Kultur und planen in Staaten wie Indien, Thailand, to shopping malls. The intercultural knowledge that we have acIndonesien, den Philippinen, Malaysia oder auf Sri Lanka mittler- quired through this experience helps enable us to implement projects weile ein Spektrum unterschiedlichster Handelsprojekte: vom De- successfully: Asia is not only a continent of superlatives but also of partment Store bis zur Shopping Mall. Das dabei erworbene Wissen contrasts, from the simple life in rural areas to the urban shopping um die jeweiligen kulturellen Hintergründe hilft uns, Projekte er- hotspots that leave no wish unfulfilled. And everywhere a rising, folgreich implementieren zu können. Denn Asien ist nicht nur ein booming middle class shows tremendous consumer enthusiasm and Kontinent der Superlative, sondern auch der Kontraste. Hier das aspires to a Western lifestyle. Shopping, preferably in enclosed malls, einfache Leben im ländlichen Raum, dort die Metropolen, die als is a favourite leisure activity of this emerging middle class. These Shopping-Hotspots keinen Wunsch offen lassen. Und überall wächst malls are huge by European standards, not only in their variety of eine aufstrebende Mittelschicht, die überaus konsumfreudig agiert goods but also in the size of their sales areas. Department stores of und von einer Sehnsucht nach westlichem Lifestyle getrieben ist. 30,000 square metres and more demand our full cumulative experShopping, vorzugs­weise in geschlossenen Malls, rangiert als Frei- tise in terms of well thought-out layouts and sensible visualisation of zeitvergnügen ganz weit oben. Nicht nur die Warenvielfalt, auch die thematic organisation. Understatement is not a popular sensibility in Verkaufsflächen haben nach europäischen Maßstäben gigantische Asia. Rather, one displays what one has and adorns oneself with staDimensionen: Departement-Stores von 30.000 Quadratmeter und tus symbols. This tendency can be seen not only in fashion, but also mehr verlangen unser geballtes Know-how, was durchdachte in architecture: developers want our buildings to stand out above all, Grundrisse oder die Visualisierung sinnvoller Themenwelten an- to be iconographic landmarks. This unconditionally modern, extrogeht. Understate­ment ist in Asien übrigens kein Ideal. Man zeigt verted aesthetic and its exuberant approach to light and colour may vielmehr, was man hat und schmückt sich gerne mit Statussymbo- sometimes seem a bit too shrill and loud for our European tastes, len. Das lässt sich von Fa­shion durchaus auf Architektur übertragen: but in my view it represents a philosophy of life that is fascinatingly Unsere Gebäude sollen nach dem Willen der Bauherren in erster positive, forward-looking – and simply different from our own.


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Jutta Blocher über asiatische Themenwelten / about Asian theme worlds

>   C entral

Department Store,

Bangkok

Linie auffallen, eine Landmark mit ikonogra­phischem Charakter setzen. Diese bedingungslos moderne, extrovertierte Ästhetik, der überbordende Umgang mit Licht und Farbe mögen für unseren europäischen Geschmack zuweilen ein wenig schrill und laut an­muten. In meinen Augen steht sie für eine faszinierend positive, vorwärtsgewandte – eben ganz andere Lebensphilosophie. Es beeindruckt mich immer wieder, in welch rasanter Geschwindigkeit sich in Asien Projekte realisieren lassen, mit wie viel Mut und Innovationsfreude sich Entscheider neuen Herausforderungen stellen. Frisch, unbefangen, stets begierig auf das Neue. Wir Europäer können dabei unsere große Handels-Expertise einbringen, vom »Drachen Asien« aber gleichwohl lernen: Er lässt sich von Widerständen oder Bedenken nicht so leicht ausbremsen, sondern setzt ihnen seine spielerische Leichtigkeit entgegen. Lassen Sie sich auf den folgenden Seiten mit emportragen.

I am impressed time and again by how rapidly projects can be realised in Asia, how much courage and innovative spirit decision-makers bring to new challenges: fresh, uninhibited, and always eager for new things. We Europeans can contribute our great commercial expertise, but we can also learn from the rising kites of Asia, which do not let themselves be easily thwarted in the face of resistance or doubt, but rather counter such forces with playful levity. Let yourself be carried along with these soaring kites on the pages that follow.

>  Central

Bangkok

World Plaza,


66 / / COSME TIC STORE   Central Square Mall, 5th Avenue Bonfacio Global City, Manila, Philippines   230 m² | 11.2014 SSI Group, Inc., Manila

de  > Verführerisch, feminin, modern: Die von Blocher Blocher View entworfenen Grafiken verleihen dem Store eine zweite emotionale Ebene. —  en   >  Sexier, more feminine, modern: the illustrations by Blocher Blocher View convey a second emotional layer to the store.

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B e a u ty B a r

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BEAUTY BAR ma n il a , phil ippin es

Die Kosmetik-Filialkette Beauty Beauty Bar’s sweet sixteen this year and just like a growing Bar ist 16 geworden und präsentiert sich – lady, the makeup shop unveiled an entirely new look that is a lot ihrer angehenden Adoleszenz angemes- sexier. »Our inspiration for this change are women and the times. sen – verführerischer denn je. »Wir haben While our original design was also timeless, we felt that our loyal uns von der modernen Frau inspirieren customers would welcome a refreshed look,« shared Reena Rosario lassen. Auch wenn das alte Design zeitlos of Beauty Bar. To ensure they give their patrons the best they can in war – wir spürten einfach, dass unsere terms of in-shop experiences, Beauty Bar partnered with Blocher treuen Kundinnen sich nach einem neuen Look sehnen«, so Reena Blocher Partners for the makeover. The result is a bright and fresh Rosario von Beauty Bar. Um den Frauen eine perfekte Einkaufs­ concept store featuring a new color palette. A soft, feminine touch is erfahrung zu bieten, beauftragte das Unternehmen Blocher Blocher achieved with hand-painted murals of leaves, birds and hearts on a Partners mit dem Makeover. Das Ergebnis ist ein heller und frischer pristine white wall. (Source: Manila Times, May 27, 2015) Concept Store mit komplett neuem Farbkonzept. Handgemalte Wandzeichnungen von Blättern, kleinen Vögeln und Herzen auf schneeweißer Wand verleihen der Fläche einen zarten, femininen Touch. (Quelle: Manila Times, 27. Mai 2015)


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WELLWORTH

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mani l a, philippi n es

Kathrivera auf ihrem Lifestyle- und Beauty-Blog Dear Kittie Kitty Kath: »Wellworth, eine Department Store-Kette im mittleren Preissegment, zielt auf die aufstrebende und dennoch preisbewusste Mittelschicht – ein wachsender Markt in unserem Land. Der Store zeichnet sich durch topmodernes Store Design aus, genauso wie durch einen engagierten Kundenservice, eine riesige Auswahl von internationalen, lokalen und exklusiven Marken sowie durch erschwingliche Preise.«

/ / DEPARTMENT STORE   Maligaya Rod cor. Quirino Highway, Fairview, Quezon City, Luzon Philippines   14,000 m² | 04.2014 Rustan’s Group, Manila

Kathrivera on her lifestyle and beauty blog Dear Kittie Kitty Kath: »Wellworth, a midmarket department store chain, aims to tap into the country’s growing market of aspirational yet price-conscious shoppers. It is distinguished by state-of-the-art store design, engaging customer service, a wide range of international and local brands and affordable prices.«


Wellw o r th

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de   >  Wellworth ist das neue Aushänge­ schild für die ­R ustan’s Group. —  en   >  Wellworth is the new flagship for the Rustan’s Group.


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CE NTRAL GRAND INDONESIA jakarta , in d on esia

Jakarta – der perfekte Ort für die Expansion einer der erfolgreichsten Einzelhandelsgruppen Südostasiens, die Central Department Store Group. Ein gebautes Statement für die Zukunft der Branche. — Jakarta – the perfect location for the expansion of one of the most successful retail groups in Southeast Asia, the Central Department Store Group. A built statement for the future of the industry.


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de   >  Der Central Department Store in Jakarta setzt Maßstäbe. —  en   >  The Central Department Store in Jakarta sets new stand­a rds.


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/ / DEPARTMENT STORE

Jln. MH.Thamrin No.1, Jakarta Pusat. Daerah Khusus Ibukota Jakarta 10310, Indonesia

17,000 m² | 11.2014 Central Department Store Group, Bangkok

Jakarta ist die größte Stadt Südostasiens und der zweitgrößte Ballungsraum weltweit. Ein Markt, der erobert werden will. Kein Wunder, dass die thailändische Central Department Store Gruppe hier ihre Premiere in Indonesien gefeiert hat. Auch als Botschaft an die Branche: Department Stores haben Zukunft – wenn sie auf höchstem Niveau entwickelt und realisiert werden. So wie die neue Central Dependance. Das 17.000 Quadratmeter große Haus vereint eine Vielzahl von Sortimenten und Drittmarken unter der Dachmarke Central und begleitet die Kunden trotz der Größe intuitiv durch die Abteilungen. Dabei standen die Planer anfangs vor einer Herausforderung. Denn der längliche Grundriss der Verkaufsfläche weist einen veritablen Knick in seiner Mitte auf. Dadurch entstehen zwei Achsen, die zudem durch mehrere Eingänge erschlossen werden. Die Antwort der Innenarchitekten ist so pragmatisch wie innovativ. Sie erheben die Dualität einfach zum Gestaltungsprinzip. Zwei Achsen, zwei Abteilungen also – auf allen vier Stockwerken. Das 2 x 2-Prinzip beginnt im Erdgeschoss mit dem Gegenüber von Kosmetik- und Women Designer-Abteilung. Zwei Premiumwelten, die durch Goldtöne miteinander verbunden sind. In der Designerabteilung werden die Markenhighlights durch eine Maschendraht-Struktur gefasst, in die kunstvolle Blumenmuster eingeflochten

sind. Es entsteht eine Art Haus-im-Haus; ein Prinzip, das sich auf allen Etagen in stilistischer Variation wiederholt. In der Damenmodewelt im ersten Obergeschoss etwa bildet eine ornamentale Metallkonstruktion den Rahmen für das Who-is-Who der südostasiatischen Designerszene. Im zweiten Obergeschoss präsentiert sich das Gestaltungsprinzip Haus-in-Haus als sanft geschwungene Rautenstruktur aus Holz, durch die der Blick auf einen mit Klinkern verkleideten Kabinenkern fällt. In der Kids-Abteilung im dritten Obergeschoss geht es bunt zu. Mit gelben Wänden, abgeschrägten Möbeln mit eingesetzten, bunten Glas­elementen, Schmetterlingsapplikationen und Tierabstraktionen. Jakarta is the biggest city in Southeast Asia and the second-largest conurbation in the world. It’s a market waiting to be conquered. It is no wonder, then, that the Thailand-based Central Department Store group has chosen to make its Indonesian debut here. The new store also sends a message: that department stores have a future if they are developed and realised at the highest standard – like the new Central dependance. The 17,000-square-metre store offers a wide assortment of products and brands under the umbrella brand of Central, intuitively guiding customers through the departments despite its large size. However, the space’s planners initially faced a challenge: The elongated shape of the sales area has a sharp bend in the middle. As a result of this, two axes are formed, which moreover are accessed by several entrances. The interior designers’ answer to this is as pragmatic as it is innovative. They simply uplifted the duality into a design principle. Two axes, therefore two divisions – on all four floors. The 2 x 2 principle begins on the ground floor with a vis-à-vis of the cosmetic and women’s designer departments. Two premium worlds, joined by luxurious shades of gold. In the designer department, the brand highlights are enclosed by a wiremesh structure interwoven with elaborate floral patterns. In this way, a kind of house-in-house is created; a principle that is repeated on all storeys. Of course in stylish variations. For instance, in the women’s fashion world on the first floor, an ornamental metal construction forms the setting for the Who-is-Who of the Southeast Asian designer scene. On the second floor, the house-in-house is designed as a gently curving diamond-shaped structure in wood, revealing at the core changing rooms, clad with clinker bricks. Things get really colourful in the children’s department on the 3rd floor. With yellow walls, colourful glass elements set into sloping furniture, butterfly appliqués and abstract animals.


C e ntral Gra nd Ind o nes ia

/ / ODE AN EINEN VORREITER dh n sh rt n im Dezember 2014 für femaledaily.com: »2015 wird wohl ein aufre­ gendes Jahr für die Länder im Verband südostasiatischer Nationen (ase a n ) aufgrund des ganzen Tohuwabohu, das zu einem freien Handels­abkommen geführt hat und nun die regionale Ökonomie ankurbeln soll. Pünktlich zu Weihnachten wird ase a n ’ s Vision vorzeitig Wirklichkeit – in Form des nigelnagelneuen Central Department Stores. Ein Department Store, der den ganzen Weg aus Thailand zu uns ­rüberschneit. Das ist genau die Art von regionaler Kooperation, die ich als Kundin begrüße. Genießt das Shopping auf vier Etagen und verwöhnt euch mit etwas Retail-Therapie – denn dank der Eröffnung gibt’s jetzt noch mehr indonesische Designer in Reichweite. Der perfekte Ort, um all eure Weihnachtseinkäufe zu erledigen!«

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/ / ODE TO A PIONEER dh n sh rt n on December 2014 for ­femaledaily.com: »2015 is supposed to be an exciting year for countries party to asean because of all the wheeling and dealing that amounted to a free trade agreement, which is expected to energize the regional economy. But asean’s vision for 2015 has come early for Christmas in the form of the brand spankin’ new Central Department Store. This is a department store that hails all the way to us from Thailand, which is exactly the kind of regional cooperation and interoperability I appreciate as a consumer. Enjoy four floors of shopping and treat yourself to a little bit of retail therapy, because even more Indonesian designers are accessible with the opening of the store. This is the perfect place to get all your Christmas shopping done!«


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CE NTRAL BANG-YAI ba n g kok, tha il a n d

Fünf Stockwerke, fünf Beats: So funktioniert der jüngste Department Store der Central Group in Thailand. Taktrichtungen wie Free Flow oder Upbeat stehen für individuelle Gestaltungsprinzipien, mal geometrisch-geradlinig, mal organisch-fließend. Im vierten Obergeschoss als farbenfrohes Crescendo in der Kids-Abteilung. — Five floors, five beats: That’s the idea behind the latest department store of Thailand’s Central Group. Rhythmic styles such as Free Flow or Upbeat are applied as specific principles of design – all geometric straight lines in one area, organically flowing curves in another. The Kids department on the fourth floor is a colourful crescendo.

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/ / DEPARTMENT STORE

WestGate, Sao Thong Hin, Bang Yai District, Nonthaburi, Thailand   32,800 m² | 09.2015 Central Department Store Group, Bangkok

Um die Raumstützen ranken spiralförmig übergroße Schalen von Zitrus­früchten, daneben hängen Obstkisten herab, wie man sie vom ­Wochenmarkt kennt. Die Kinderabteilung im vierten Obergeschoss von Central Bang-Yai spielt das Thema »Freche Früchtchen« in all seinen Facetten durch – mal mit großen Gesten, mal mit kleinen Details. Möbel aus dem Holz ebenjener Obst­kisten zahlen genauso auf das Thema ein wie die Umkleiden, die als kleine Markthäuschen gestaltet sind. Inklusive gestreifter Markise, die als wieder­ kehrendes Element auch Wandnischen und Mittelraum­möbel schmückt. Banane, Zitrone und Ananas kommen in Form polygonaler Wandbilder ins Spiel, die Wassermelone als dreidimensionale Plastik an einem der Fokuspunkte. In der knallgrünen Kinderschuhabteilung dürfen die Kleinen unter einem Marktschirm ihre Lieblingstreter anprobieren. Von hier haben sie einen perfekten Blick auf die bunten Schnürsenkel, die in einer schillernden Rauminstallation von der Decke baumeln. In jedem Winkel gibt es für die Kleinen etwas zu entdecken. Die Kids-Abteilung als Themenpark, der auch für die Großen herr­liche Abwechslung bietet – und Appetit auf mehr macht. Wer nach dem Shopping Lust auf eine Extraportion Vitamine hat, darf sich also nicht wundern.

Oversized citrus peels curl in spirals around the ceiling supports, while fruit baskets like those at street markets hang alongside. The kids’ department on the fourth floor of Central Bang-Yai displays the theme of »Fresh and Snappy« in all its facets – sometimes in broad brushstrokes, sometimes in tiny details. Furniture made from the wood of those same baskets contributes to the theme, as do the changing cubicles designed as little market huts. Even striped awnings make an appearance, as a recurring element in wall niches and centre -space furnishings. Bananas, lemons and pineapples come into play in the form of polygonal wall images, and a watermelon forms a three-dimensional sculpture at one of the focal points. In the bright green children’s shoe department, youngsters can try on their favourite footwear under a market umbrella. From there they have a perfect view of the brightly coloured shoelaces that hang from the ceiling in an iridescent installation. There’s something for the youngsters to discover in every corner. The Kids department is like a theme park, which offers a delightful diversion for adults too – and sparks the appetite for more. Shoppers shouldn’t be surprised if they feel the urge for a vitamin boost after their visit.


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de   >  Starke Farben, freche Früchtchen: Die Kids-Abteilung macht Appetit aufs Shoppen. —  en   >  Intense colors, yummy fruits: the kids’ department whets the appetite for shopping.

de   >  Das Motiv »Einkaufen auf dem Wochenmarkt « zieht sich durch alle Unterabteilungen. —  en   >  The theme »shopping at the street market « is present in all sub-departments.

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de   >  Der Department Store als vielgestaltiger Themenpark: Farben, Formen und »Beats« definieren unterschiedliche Warenwelten. —  en   >  The department store revisioned as a multifaceted theme park: Colors, forms and »beats« delineate different product environments.


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ODEL

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c ol omb o, sri l a n ka

Odel ist für Einwohner und TouOdel is arguably the most popular shopping destination in Coristen der vielleicht beliebteste Einkaufs- lombo – for residents and tourists alike. After multiple expansions spot in Colombo. Nach mehrfachen Er- of the building, the owner took the opportunity to acquire the adjaweiterungen bekam der Eigentümer die cent property and to expand Odel’s framework. The mixed-use space Chance, die benachbarten Grundstücke being created here spans some 60,000 square metres and includes zu erwerben und Odel einen größeren serviced apartments, exclusive flats, wellness offerings and entertainRahmen zu geben. Hier entsteht ein ment, as well as a large mall anchored by Odel. The leading challenge mischtgenutztes, rund 60.000 Quadratmeter großes Quartier mit was to integrate the new building into surroundings that include Service-Appartements, exklusiven Wohnungen, Wellness- und many historical buildings and to reduce the volume of the eight-story Entertainment-Angeboten inklusive Kino sowie einer großen Mall building to proportions that are attractive within their urban context. mit Odel als Ankermieter. Größte Herausforderdung war es, den The planners designed various protruding and receding architectural Neubau in das teilweise historisch geprägte Umfeld einzufügen und elements that are oriented to the cubature of the historically protectdas Volumen des achtgeschossigen Gebäudes auf ein städtebaulich ed main building and break up the mass of the façade. The resultant attraktives Maß zu reduzieren. Dafür entwarfen die Planer diver- progressive form combines with traditional brick to create a mixture se Vor- und Rücksprünge, die sich an der Kubatur benachbarter of new and old elements. Lushly planted terraces and protruberances denkmalgeschützter Häuser orientieren und die die Massivität der and a green boulevard connect the complex with Viharamahadevi Fassade aufbrechen. Die daraus entstehende progressive Form ver- Park. The building envelope, made partially as a punctuated façade, bindet sich mit traditionellem Backstein zu einem Mix neuer und helps create shade. The building materials are locally produced, and alter Elemente. Üppig bepflanzte Terrassen und Vorsprünge sowie energy use is kept at a minimum through a high level of insulation, ein begrünter Boulevard verbinden den Komplex mit dem gegen- low-energy lighting and photovoltaic regenerative energy. überliegenden Viharamahadevi Park. Die teils als Lochfassade ausgeführte Gebäudehülle trägt zur Verschattung bei, Baumaterialien stammen aus lokaler Produktion. Zudem wird der Energieverbrauch auf ein Minimum reduziert, dank hoher Wärmedämmung, Niedrig­ energiebeleuchtung sowie der Einbindung von durch Photovoltaik erzeugter regenerativer Energie.


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/ / MISCHGENUTZTES GEBÄUDE MIT WOHNUNGEN, MALL, WELLNESS UND ENTERTAINMENT / / MIXED-USED BUILDING WITH APARTMENTS, MALL, SPA FACILITIES AND ENTERTAINMENT   C W W Kannangara Mawatha, Colombo 00700 Sri Lanka   60,000 m² | 11.2017 Odel Plc, Colombo

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HANDEL HANDLE! tri ck or tra de!

Flexibilität avanciert zum Leitmotiv unserer Zeit, Bewegung ist der Motor für Erfolg, Relevanz, Bedeutsamkeit. Gleichermaßen sehnen sich die Menschen nach einem Moment, in dem sie sich zumindest für einen Augenblick verlieren können. —

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Flexibility is becoming the guiding principle of our time; motion is the engine for success, relevance, significance. At the same time, people are also longing for snapshots, for losing themselves in a short moment. — von / by Silke Bücker

Die Zeit anhalten, innehalten. ­Diese Taktung lässt sich auf die unterschiedlichsten Lebensräume und Genres übertragen. Konsumgüter oszillieren zwischen Slow Food und Speed Shopping. Gleich welche Branche: Der stationäre Handel ist aufgefordert sein Angebot und vor allem die Art der Darbietung einer Gesellschaft anzupassen, der es nicht schnell genug gehen kann und die nur bremst, wenn sie etwas sieht, das sie in der Weise noch nicht wahrgenommen hat. Bleiben wir im Modehandel. Mehr denn je gilt es, beinahe zwanghaft mit sämtlichen Regeln zu brechen. Wie das funktioniert, Stilbrüche an der Grenze des guten Geschmacks zu kultivieren, Aufmerksamkeit um jeden Preis zu erregen, zeigen uns die Taktgeber der hohen Schneiderkunst. Das Pariser Designer-Kollektion Vetements rund um den ­neuen Balenciaga-Kreativchef Demna Gvasalia fokussiert Themen wie Recycling und DIY von Archetypen der jüngeren Popkultur mit einer exzentrischen Formensprache. Seine Patchwork-Jeans, übergroßen Lederjacken mit Ärmeln bis zu den Knien oder Blümchen­ kleider mit Plastikhandschuhen gelten aktuell als Signature Pieces kontemporärer Mode-Stilistik. Und die Shows in zwielichtigen Bars oder trashigen China-Restaurants avancieren zum »Hot Ticket« der Pariser Modewoche. Ein anderes Beispiel: Saint Laurent, wo Hedi Slimanes radikaler Paradigmenwechsel hin zu banalen, aber elementaren Codes der Undergroundszene korreliert mit präzise umgesetztem Rock’n’RollImage – die Umsatzsteigerung folgte prompt. Ein Ziel, das auch Gucci mit seinem neuen Chefdesigner ­Alessandro Michele verfolgt. Zwischen maskulin und Granny Chic

Stop time, take a break. Inhale, exhale. This formula can be applied to a variety of different spheres of life and genres. Consumables oscillate between slow food and speed shopping. No matter the industry: Stationary retail has to adjust its offerings and presentation to a society that ever faster, only pausing if it sees something brand new. Let’s stick with fashion retail. More then ever one has to break the rules – almost compulsively. And the maestros of fine tailoring show us how to cultivate stylistic inconsistencies at the boundaries of good taste, to arouse attraction at any cost. For instance, the Parisian designer collection Vetements, associated with the new creative head of Balenciaga, Demna Gvasalia, focuses on topics such as recycling and DIY from archetypes of recent pop culture with an eccentric language of forms. The brand’s patchwork jeans, oversized leather jackets with knee-length sleeves or flowery dresses with plastic gloves are currently regarded as signature pieces of contemporary fashion. Its fashion shows in edgy gay bars or trashy Chinese restaurants are becoming the ›hot ticket‹ of Paris fashion week. Another example: Saint Laurent, where Hedi Slimane’s radical paradigm shift towards mundane but elementary codes of the underground scene in correlation with a punctiliously executed rock ’n’ roll image was followed by a steady rise in revenue. In the case of Gucci, the name is Alessandro Michele. Somewhere between Granny Chic and a unique definition of glamour, he cultivates an eccentric, glitzy image of women and men. And suddenly, luxury leather slippers lined with kangaroo fur send the informed fashion customer into a hysterical fit. This is how fashion works, this is how it must be played these days. Striking, exciting, full of tension on the one hand, touching, accessible and homey on the other.


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de   >  Wormland kooperiert für seine kuratierten Flächen unter anderem mit einem Buchverlag. —  en   >  For its curated areas Wormland cooperates with a publishing house, amongst others.

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und einer eigensinnigen Auffassung von Glamour kultiviert Michele Of course, extreme fashion shows are not suitable for daily life. ein exzentrisch-schillerndes Frauen- und Männerbild. Und plötzlich But they set an agenda. The retailer becomes a storyteller. And as in lösen lederne Luxus-Pantoffel mit Kängurufell-Futter bei der infor- Paris he has to create content from different components; a content mierten Modekäuferin ein unbändiges Verlangen aus. So funktio- that thrills and tempts. Interior design, too, has a new role in this play niert heute Mode, so muss sie gespielt werden. Auffällig, aufregend, alongside its classic tasks; it must act like the scene builder or director spannungsgeladen auf der einen, berührend, nahbar und heimelig at the theatre who skilfully composes sets and sequences. No question about it: Shows carried to extremes are not suitauf der anderen Seite. Keine Frage, auf die Spitze getriebene Schauen sind nicht able for the quotidian. And yet they do point in a particular direction: alltags­tauglich. Und doch geben sie eine Richtung vor. Der Händler The retailer becomes a storyteller. And just like in Paris, the task is wird zum Geschichtenerzähler. Und wie in Paris gilt es aus verschie- to create the content out of various components, content that mesdenen Komponenten den Inhalt zu kreieren, der fesselt und verführt. merises and seduces. Besides its classic design task, interior design Der Innenarchitektur kommt neben ihrem klassischen Gestaltungs- is accorded a new role, comparable to that of the stage manager in auftrag eine neue Rolle zu, vergleichbar mit der des Bühnen­meisters the theatre who arranges his acts and procedures wisely. Analogous am Theater, der mit klugen Überlegungen seine Aufzüge und Ab- to the ever-new sets in the theatre are the changing images of goods läufe zusammenstellt. Was im Theater die immer neuen Kulissen, and the arrangements of their displays in retailing. Here, systems sind im Handel die sich ändernden Warenbilder und Inszenierungs- of rails enable flexible wall and ceiling solutions to open up entirely punkte. Hier eröffnen durch Schienensysteme flexible Wand- und new possibilities. This creates several functional levels for varying Deckenabwicklungen ganz neue Möglichkeiten. So werden mehrere cross merchandising. Funktionsebenen für ein abwechslungsreiches Cross Merchandising So clever pragmatism encounters the breath-taking speed of geschaffen. our time to enable identity-forming themes of goods. Pointed, beCleverer Pragmatismus begegnet also dem rasanten Tempo cause they are curated. A principle that stimulates people’s natural unserer Zeit, um identitätsstiftende Warenthemen zu ermöglichen. curiosity, plays with all their senses, and finally creates an enduring Pointiert, weil kuratiert. Ein Prinzip, das die naturgegebene Neugier sense of space that people will leave only reluctantly, scurrying out des Menschen anregt, mit allen Sinnen spielt und schließlich dau- into everyday life. erhaft ein Raumgefühl schafft, das man nur ungern wieder verlässt, In times of e-commerce available 24/7, local retailers have to um in den Alltag hinaus zu eilen. reinvent themselves constantly, give customers outstanding advice In Zeiten von 24/7 verfügbarem E-Commerce muss sich der and be masters of social media. After all, the advantages of stationlokale Einzelhändler ständig neu erfinden, Kunden hervorragend ary retailing still are the tactile experience and the real encounters. beraten und die Klaviatur der Social Media-Kanäle meisterlich spie- Another reason why we feel a real setting to be exciting is because len. Denn nach wie vor sind die Vorteile des stationären Handels das the fast pace increases people’s eagerness to buy. What customers exhaptische Erlebnis und die echten Begegnungen. pect of anything new increases to the same extent. Schizophrenically,


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Eine reale Szenerie empfinden wir auch deshalb als aufregend, weil die schnelle Taktung die Begehrlichkeit erhöht. Im gleichen Maße wächst der Anspruch des Kunden an etwas Neues. Schizophrenerweise, da er sich im Grunde nach Entschleunigung und Leere sehnt. Denn Kanäle wie Instagram oder Pinterest überfluten die Welt mit ihren Bildern, was die Reizschwelle unwillkürlich höher schraubt. Was berührt, muss zumindest prägnant, besser noch provokant sein. Nachhaltige Bindung gelingt am besten durch die Kombination aus kuratiertem Sortiment, ein aufund anregendes Visual Merchandising, ein Ambiente, das gleichermaßen vertraut wie mitreißend anmutet, die unkonventionelle Art von Styling und Stilwelten und nicht zuletzt durch die Persönlichkeit, Überzeugungskraft und Kompetenz der Menschen, die beraten und verkaufen. Im Streben nach dieser perfekt austarierten Symbiose haben es kleine Einzelhändler, die jeden Kunden noch mit Handschlag begrüßen können, deutlich leichter als Multibrand-Häuser, die mehr Waren, Fenster, Gadgets und Flächen zu gestalten haben. Die es mit einer Komplexität zu tun haben, die zwangsweise einer pragmatischen Grundstruktur bedarf und dennoch das besondere Flair der kleinen Boutique in multiplizierter Form verströmen soll. Dabei sind Flexibilität und Dynamik nicht nur am POS gefragt, sondern auch in der Kreation. Raf Simons begründete zuletzt seinen überraschenden Weggang bei Dior gegenüber dem Fachmagazin ›Business of Fashion‹, mit der rasanten Taktung, die inzwischen gefordert sei und die seiner Philosophie letztlich widerspreche. Denn de facto bleiben bei den einflussreichen Designhäusern oft nicht mehr als drei Wochen Zeit für die Erschaffung einer neuen Kollektion, was es nahezu unerlässlich macht, sich einer Methodik zu bedienen, die Innovation ermöglicht, ohne jedes Mal bei Null beginnen zu müssen. Schaut man sich derzeit etwa Kollektionen von Valentino, Givenchy oder Alexander McQueen an, wird schnell offenkundig: Silhouette und Stilistik bleiben im Grundsatz über die Saisons hinweg gleich, lediglich Tonalität, Pattern, Details, die relevanten Nuancen eben, werden stetig modifiziert. Eine neue Rationalität, die ankommt. Denn hier erfolgt die tatsächliche Entschleunigung: Neues wollen, Vertrautes bekommen. Konsum entspannter zu gestalten, selbstverständlicher und zielsicherer. Manch einem mag das zu einfach erscheinen. Aber letztlich liegt die große Kunst ­moderner Konzepte in der Evolution. Und nicht in der Revolution, das System von Mensch und Maschine zu überfordern. SILKE BÜCKER IST MODEBERATERIN UND SCHREIBT ÜBER NEUE RETAILKONZEPTE.

de   >

Kuratierte Flächen können Zusatzverkäufe generieren.

—  en   >

Curated areas promote additional sales.

de   >  Flexible Systeme unterstützen die Präsentation. —  en   >  Flexible systems support the presentation.

because they are basically yearning for deceleration and emptiness. After all, media such as Instagram or Pinterest are flooding the world with their images, automatically pushing the stimulus threshold upwards. Anything that touches a person must at least be eye-catching, better yet: provocative. Long-term customer retention succeeds best through a mix of a curated product range, exciting and inspiring visual merchandising, an atmosphere that feels both familiar and thrilling, unconventional styling and not least the personality, cogency and competence of the people advising and selling. Small retailers find it much easier to pursue this perfectly balanced symbiosis than do multi-brand stores in the medium genre, who have more goods, windows, gadgets and floor spaces to design. Their complexity requires a pragmatic basic structure and yet is expected to exude the special flair of a small boutique, to a higher degree. But flexibility and dynamism are in demand not only at the POS but also in design. Raf Simons recently explained his surprising departure from Dior to the industry magazine ›Business of Fashion‹ by saying that the rapid cycles now being demanded contradict his philosophy. For de facto the influential design firms often have only three weeks to create a new collection, which basically requires a methodology that allows for innovation without always having to start from scratch. For example, a look at current collections of Valentino, Givenchy or Alexander McQueen immediately reveals that the silhouette and style remain fundamentally unchanged across the seasons; only the tonality, pattern, details – nuances – are constantly modified. It’s a new rationality that goes down well. For this is where the slow-down actually occurs – want something new, get something familiar. It is consumption designed to be more relaxed, more natural, more directed. This might strike some as too simple. But the great art of modern concepts lies in evolution, not in revolution. In not expecting too much of the system of human and machine. SILKE BÜCKER IS A FASHION CONSULTANT AND WRITES ABOUT NEW RETAIL CONCEPTS.


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E NGELHORN mannhe im , g erma n y

Die Zukunft zu gestalten heiĂ&#x;t, neue Wege zu gehen. Allen Unternehmergenerationen von engelhorn gemein war und ist das klare Bekenntnis dazu, das Unternehmen mutig nach vorne bringen zu wollen. Dies bedeutet, Entscheidungen zu treffen und auch mal weiter zu gehen als andere. — Shaping the future requires breaking new ground. At engelhorn, generations of entrepreneurs have been and remain clearly committed to bringing their company boldly forward. This means taking decisions, and sometimes going where no competitor has gone before


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/ / MODEHAUS

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/ / FASHION HOUSE

O5, 8, 68161 Mannheim, Germany   15,000 m² | 10.2014 engelhorn KGaA, Mannheim

Multichannel-Anbieter. Ein großzügiger Click & Collect-Bereich im Modehaus ermöglicht es, online ausgewählte Artikel vor Ort anzuprobieren. Der neu entstandene Raum beherbergt die Restaurants; auf der übrigen Fläche findet allerorts Emotionalisierung statt: Durch ständig wechselnde Präsentationen, allesamt ­besonders und individuell, können sich die Kunden fast immer darauf verlassen, eine Überraschung zu erleben. Dies bedeutet auch eine Abkehr vom einst hochgelobten Konzept der Marken-Shops. engelhorn ist mit dem Umbau wieder individueller geworden und setzt ein klares Zeichen. (aus: Stil. Herz. Mut. 125 Jahre engelhorn, 2015)

Many plans and new projects in mind – if you want to evolve you have to keep your eyes wide open and be ready for inspiration. Georg Engelhorn, the company’s founder, always had a good look around before implementing his plans at home and abroad. His son, Rudolf Engelhorn, saw this as a »special character trait«. The urge for inspiration and the curiosity for novelty, for different solutions, runs through the generations: In Europe, Asia and the US, they’ve always sought out retailers and extraordinary buildings. They continue to look intensely for features that could also work in Mannheim. A keen perception of details is crucial in this regard: It requires sitting in front of a shop and observing who enViele Pläne im Kopf, neue Vorhaben im ters and who does not, who comes back out – and Sinn – wer sich weiterentwickeln will, muss stets how many customers are actually carrying bags. There are many examples of engelhorn’s mit offenen Augen durch die Welt gehen und bereit sein, sich inspirieren zu lassen. Unterneh- courage, vision and eagerness to experiment. mensgründer Georg Engelhorn sah sich vor der They have marked the entire history of the comDurchführung seiner Pläne im In- und Ausland pany. In adding two floors to the fashion store in stets gründlich um. Sein Sohn Rudolf Engelhorn 2014, the company set a trend and implementattestierte ihm diesbezüglich »einen besonderen ed its vision of merging shopping, service and Wesenszug«. Der Drang nach Inspiration und pleasure. The sales channels were linked long die Neugier auf Neues, auf andere Lösungen, ago, and engelhorn is a multi-channel retailer. zieht sich durch die Generationen: In Europa, A spacious »click & collect« area in the fashion in Asien und in den USA wurden und werden store allows customers to try on items chosen Einzelhändler aufgesucht, und außergewöhnli- online. The newly created space accommodates che Gebäude angesteuert. Intensiv wurde und the restaurants, and the remaining area is full of wird geprüft, ob es ein Merkmal gibt, das man emotional appeal: With ever-changing presentaauch für Mannheim übernehmen könnte. Dabei tions, each special and individual, the customers spielt aufmerksame Wahrnehmung von Details can count on being surprised. This is also a rejeceine wichtige Rolle: sich vor ein Geschäft setzen tion of the once highly praised concept of brand und beobachten, wer hineingeht und wer dies ge- stores. The refurbished engelhorn has rediscovrade nicht tut, wer wieder herauskommt – und ered its individuality and is making its mark. wie viele Kunden auch Tüten in der Hand halten. (From: Stil. Herz. Mut. 125 Jahre engelhorn), 2015 Beispiele für den Mut, die Weitsicht und die Experimentierfreudigkeit von engelhorn gibt es viele. Sie ziehen sich durch die gesamte Unternehmensgeschichte. Mit der Aufstockung des Modehauses 2014 um zwei Etagen hat das Unternehmen Zeichen gesetzt und seine Vision einer Synthese aus Shopping, Service und Genuss umgesetzt. Längst sind die Vertriebskanäle miteinander verknüpft und engelhorn ist


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de   >  Die zentral platzierten Konzept­ flächen können schnell und problem­ los verändert werden. —  en   >  The centrally placed concept areas can be changed quickly at all times.


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de   >  Die neue Schmuckabteilung setzt die Preziosen in exklusivem Ambiente in Szene. —  en   >  The new jewellery department provides the exclusive backdrop for the precious items.

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Ka s tne r & Öhle r

KASTNE R & ÖHLE R ried, g erma n y

Kastner & Öhler gehört zu den größten Modeanbietern Österreichs. Nach dem Einstieg in den E-Commerce in 2014 folgte mit dem Debüt des neuen Filialkonzepts in Ried im Innkreis die nächste Weiterentwicklung. — Kastner & Ohler is one of Austria’s biggest fashion houses. After entering the world of e-commerce in 2014, their next new development was the debut of their new branch concept in the town of Ried im Innkreis.

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Übersicht Motive „Traumland“ Young Fashion to the modern-classic department – are arranged in a loft-like style, each has a visible character, with the design supporting each array of products. Throughout the store, specially designed furniture makes for stylistic variation – in different colors, materials, heights and shapes. They are complemented by curated theme islands including special furniture, carpets, special lighting and seating. Back in 2010, Blocher Blocher Partners was responsible for the much-publicized conversion of the main Kastner & Öhler store in Graz. The new branch store concept maintains this high standard of design quality, combining new ideas with timeless virtues. Another branch store along these lines is planned for 2016, in the Styrian city of Liezen.

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/ / FASHION STORE

Weberzeile 1, 4910 Ried im Innkreis, Austria   2,200 m² | 08.2015 Kastner & Öhler WAG, Graz

Der Store konzen­triert die facettenreiche Kastner & Öhler Welt auf 2.200 Quadrat­metern. Dafür setzte Blocher Blocher Partners auf ein durchgängiges Gestaltungsprinzip aus mehreren, übereinander gelagerten Ebenen, die – je nach Sortiment – individuell ausgeführt sind. Die einzelnen Abteilungen – von Young Fashion bis zum modern-klassischen Department – sind in ihrem Loftcharakter ablesbar und unterstützen gestalterisch die jeweilige Produktpalette. Im ganzen Store sorgen zahlreiche Sondermöbel für stilistische Variation – in unterschiedlichen Farben, Materialien, Höhen und Ausprägungen. Kuratierte Themeninseln mit Highlightmöbeln, Teppichen, Sonderleuchten und Sitzgelegenheiten ergänzen das Angebot. Bereits 2010 hat Blocher Blocher ­Partners den viel beachteten Umbau des Kastner & Öhler Haupthauses in Graz verantwortet. Das neue Filialkonzept bleibt dem hohen Anspruch an Gestaltungsqualität und Design mit neuen Ideen und zeitlosen Tugenden treu. Für 2016 ist eine weitere Filiale nach neuem Konzept im steirischen Liezen geplant. The store concentrates the multifaceted world of Kastner & Öhler on 2,000 square metres. To achieve this, Blocher Blocher Partners settles on a consistent design principle of several layers that can be adjusted according to the wares on display. Thus the individual departments – from

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Ka s tne r & Öhle r Übersicht Motive „Traumland“

Schmetterlinge: 1300 mm x 1056 mm

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Skaterboy: 1757 mm x 2000 mm

Skaterboy: 1757 mm x 2000 mm

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Skaterboy: 1757 mm x 2000 mm

Hund mit Baum und Vogel: 2741 mm x 3876 mm

Hund mit Baum und Vogel: 2741 mm x 3876 mm

Eule: 1883 mm x 2000 mm

Eule: 1883 mm x 2000 mm

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KÄMPF di tzi ngen , g erma n y

Gegründet 1856 als Startup der ReFounded in 1856, Kämpf is now in its fifth generation of family aktionsära, führt die Familie Kämpf h ­ eute ownership, operating two fashion and shoe retail shops in Kornin fünfter Generation zwei Mode- und tal-Münchingen and Ditzingen, Germany. They’re stores with soul, Schuhhäuser in Korntal-Münchingen you might say. Each one has a few hundred square meters of imund Ditzingen. Läden mit Seele, wie man peccable style. True, they are surrounded by a half-dozen shopping so schön sagt; jeweils ein paar hundert centres, including the best in the country, Breuningerland and WilQuadratmeter groß, stilistisch ganz weit helmGalery. vorne. Obwohl von einem halben Dutzend Centern umgeben, darunBut Kämpf keeps doing their own thing, undisturbed. They are ter in Breuninger­land und WilhelmGalerie die Besten der Republik, visible, committed and active in local marketing, and they curate an verfolgen Kämpfs unbeirrt ihre Strategie. Sie sind präsent, engagiert, intergenerational selection of women’s wear, menswear and footwear im Stadtmarketing aktiv, kuratieren ein generationenübergreifendes that keeps Stuttgart on its toes. This seasoned top dog shows off all Ange­bot an Damen-, Herrenmode und Schuhen, das sich nicht vor the benefits of local business: atmosphere, advice, service – the whole dem der nahen Metropole Stuttgart verstecken muss. Überhaupt zeigt nine yards. der Platzhirsch, was den Reiz des Stationären ausmacht: Atmosphäre, ­Beratung, Service – das volle Programm.


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Kämpf

/ / MODE- UND SCHUHHAUS / / FASHION AND SHOE STORE   Marktstraße 23, 71254 Ditzingen, Germany   1,200 m² | 03.2015 Walter Kämpf e.K., Korntal-Münchingen

de   >  Gut gerüstet: Kämpf setzt auf individuelle Kundenansprache und emotionale Inszenierung. —  en   >  Well-placed: Kämpf approaches the customers individually within an emotionally charged ambient.


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XXXLutz

XXXLUTZ kemp ten , g erm a n y

Die österreichische XXXLutz Gruppe präsentiert sich in Kempten im Allgäu mit einem neuen Haus auf 25.000 Quadratmetern. Die semitransparente Lochfassade bietet spannende Einblicke und tritt subtil mit der Umgebung in Dialog. — The Austrian XXXL group of home furnishing retailers has opened a new branch in Kempten, boasting no less than 25,000 square metres. The semi-transparent perforated façade invites discovery and is a subtle response to its surroundings.

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Die Fassade von XXXLutz in Kempten ist alles andere als eindimensional. Im Gegenteil, wer genau hinschaut, entdeckt hinter der Bronze schimmernden Lochfassade Illustrationen aus der Möbelwelt, die sublim hindurchscheinen. So empfiehlt sich das Einrichtungshaus ganz ohne grelle Werbesymbolik Passanten und Kunden. Die geschickte Anordnung der Öffnungen von nahezu opak bis transluzent bringt die Fassade förmlich in Bewegung. Allein durch die Architektur entsteht eine feinsinnige Illusion, die dem Baukörper sphärische Qualität abgewinnt. The façade of XXXLutz in Kempten is anything but one-dimensional. On the contrary, if you look closely you will discover a world of furniture shining sublimely through the perforations of the shimmering bronze surface. In this subtle way the home furnishing store presents it­self to passers-by and customers without resorting to flashy advertising. The clever arrangement of perforations, from opaque to translucent, lit­ erally brings movement through the façade. The building acquires a subtle illusion and special quality simply through its architecture.

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/ / MÖBELHAUS

/ / FURNITURE STORE

Bahnhofstraße 77, 87435 Kempten Germany   61,800 m² | 07.2015 XXXLutz, Wels


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I WILL SURVIVE Warum eigentlich sollten sich Menschen in Zukunft noch die Mühe machen, ein echtes Geschäft aufzusuchen? Ganz einfach, sagen Experten. Weil es sich lohnen wird. Allerdings nur dann, wenn der stationäre Handel es schafft, ein Paket zu schnüren, in dem die Ware zum kleinen Baustein eines ganzheitlichen Erlebnisses wird. Wie das gehen könnte, darüber haben wir mit Retail-Experten gesprochen. — Why should people still make the effort to buy from brick-and-mortar stores? Easy, say the experts: Because they’re worth it. However, only when shopping is just one part of a grander experience. As for how to do this, we’ve talked with some leading thinkers on the subject. — von / by Heike Baier

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Würde man den KunIf asked for their desired shopping destination of the future, den fragen, wie er sich Shop- what would customers answer? Janine Seitz of Frankfurt’s Future ping-Destinationen in Zukunft Institute doesn’t need long to think about it. Shopping areas have wünscht – was würde er wohl to become »more colourful, more diverse«. The futurist believes antworten? Janine Seitz vom the trend is turning toward narrower, smaller concepts – to trustZukunftsinstitut in Frankfurt ed merchants who have exactly the right selection for their target muss nicht lange überlegen: group – curated, as industry lingo calls it, to save their shoppers from »Bunter, vielfältiger« sollte es in Einkaufsstraßen künftig zugehen. Die the deluge of options offered online. Curating can go hand-in-hand studierte Kulturanthropologin glaubt, dass der Trend deshalb zu spit- with variety, as Urban Outfitters has demonstrated in two of its New zeren, oftmals kleineren Konzepten schwenken wird. Zum Kaufmann York stores. Supplementing its own fashion line, the company added des Vertrauens, der genau die richtige Auswahl für seine Zielgruppe a cool record shop, a cafe with trendy chef and a hair salon all under trifft. Der sein Sortiment kuratiert, wie die Fachwelt es nennt, den one roof. In all, it’s nothing short of a micro-shopping centre for a kaufenden Menschen ein Stück weit von den Weiten des Webs erlöst. particular fashion community. People should have a good time even Diese Kuratierung kann sich durchaus mit dem Prinzip Vielfalt ver- if they don’t buy anything. binden, wie Urban Outfitter es in zwei New Yorker Filialen vormacht. The customer as a container whose sole purpose is to be filled Als Ergänzung zum eigenen Fashion-Sortiment hat man sich Unter- with products? That was yesterday, says Norbert Wittmann of the mieter ins Haus geholt – ein cooler Plattenladen gehört dazu, ein Café Nymphenburg Group. The consultant with a psychology degree looks mit angesagtem Koch, ein Friseur. Am Ende ist es nichts anderes als deep into the souls of consumers. His team dissects how they think, feel ein Mikro-Einkaufszentrum für eine ganz dezidierte Stilgemeinde: and behave, coming up with a model of buying habits. It’s called neuro­ Menschen sollen eine gute Zeit verbringen können, auch mal ohne marketing. Wittmann is convinced: »Businesses will only get ahead etwas zu kaufen. when they begin asking themselves: Why does the customer come Der Kunde: Ein Behältnis, einzig und allein dazu da, mit Ware here and come back, and what does the customer want to do here«? abgefüllt zu werden. Das war gestern, sagt Norbert Wittmann von The most banal add-ons are often a start. Discount grocery stores have der Gruppe Nymphenburg. Der Consultant mit Psychologie-Dip- begun making restrooms available; these stores, too, have realised their lom blickt tief in das Wesen des konsumierenden Menschen. Sein prices alone can’t compete. It’s very simple in principle, says Wittmann: Team seziert, wie der Kunde denkt, fühlt und handelt, um seine »Businesses have to remember their original strengths«.


I will survive

de   >  Einkaufen als Abenteuer —  en   >  Shopping as an adventure

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Kauf­entscheidungen anschließend in Modelle zu gießen. Neuromarketing nennt sich das. Wittmann ist überzeugt: »Der Handel wird erst dann weiterkommen, wenn er beginnt, sich zu fragen: Warum kommt der Kunde, warum kommt er wieder und was möchte er gerne bei mir tun?« Das beginne oft bei ganz banalen Dingen. Lebens­mittel-Discounter bieten neuerdings Kundentoiletten. Selbst sie haben begriffen, dass es die besten Preise künftig woanders geben wird. Die Sache ist im Grunde ganz simpel, glaubt Wittmann: »Der Handel muss sich wieder auf seine alten Stärken besinnen.« Doch welche Stärken waren das noch? Welche Schrauben müssen Einzelhändler genau drehen, um künftig als Shopping-Destination zu reüssieren? »Letztlich geht es immer um ein Gesamtpaket. Am Ende muss es sich für den Kunden gelohnt haben, seine Zeit zu spendieren.« Der Erfolg hat viele Bausteine, einer davon heißt Anziehungsqualität. Ist der Kunde schließlich da, müsse die nächste Erfolgs­komponente ausgespielt werden: »Aufenthaltsqualität – dieses Thema wird in den nächsten Jahren immer wichtiger.« Ein Grundprinzip, das für alle Stätten des Handelns gilt – gleich ob mitten in der Stadt oder an deren Rand. »Der Erlebnis- und Freizeitwert einer Stadt ist genauso wichtig für ihre Anziehungskraft wie das Angebot des Handels«, sagt Professor Werner Reinartz vom Institut für Handelsforschung der Uni  de   >  Feiern nach dem Shoppen. Köln. Viel stärker als bisher müssten Unternehmer, Stadtentwick-  en   >  Partying after shopping. ler und Bürgermeister sich an einen Tisch setzen und gemeinsam überlegen, »wie sie ihre Stadt positionieren wollen und wie sie ­deren What are those strengths again? What buttons do retailers have Profil durch ein Kommunikationskonzept nach außen tragen«. Cen- to push to remain successful shopping destinations? »Ultimately, it termanagement im Reality-Format sozusagen. Hier könnten dann has to do with the whole package. It has to be worth it to customers Entscheidungen fallen, wie man die Vielfalt des Angebots auch to spend their time there«. Success consists of several parts, one of einmal zulasten des maximalen Profits vergrößert. Bis es so weit which is quality of attraction. Once the customer is in the store, the ist, repariert sich die Stadt-Wildnis zuweilen selbst. Beispiel misch­ next component for success is measured: »Quality of stay. This asgenutzte Quartiere wie Q 6 Q 7 in Mannheim. Oder auch engel­horn: pect will grow in importance in coming years«. It’s a fundamental Das Modehaus in Mannheim öffnet seine mittlerweile fünf Gastro- principle for all retailers, whether right in the city or on the outskirts. nomie-Angebote weit über die Ladenöffnungszeiten hinweg. Damit »The extent of a city’s experiential and free-time value is as imdient der Platzhirsch nicht nur der eigenen Aufenthaltsqualität, son- portant for its appeal as what the retailer is offering«, says Professor dern ebenso der Attraktivität und Vielfalt des öffentlichen Raums, für Werner Reinartz of the Institute for Retail Research at the University den er sich buchstäblich aufschließt. of Cologne. It’s now more important than ever for businesses, urban Auf dem Weg zum Shopping-Erlebnis der Zukunft sieht Rei- planners and city leaders to sit around a table together and think nartz indes noch ein weiteres, vielfach ungenutztes Potential liegen: about »how their city should position itself and what image they die neuen Technologien. Sie müssten vom Handel stärker als Chance want to project, with which kind of communications concept«. That genutzt werden, nicht nur was die Verzahnung von online und offline is to say, centre management in a reality format. Here, decisions can angeht, wo verlängerte Warenlager im Hintergrund erlauben, das determine how product variety can be increased without negativeSortiment auf der Verkaufsfläche pointierter zu inszenieren. Tech- ly impacting profit. Until then, the urban wilderness will more or nologie ist auch ein prädestiniertes Mittel zur Beziehungspflege, wie less take care of itself – for example, mixed-use quarters like Q 6 Q 7 der Wissenschaftler erläutert: In den USA etwa arbeitet die M ­ arke in Mannheim. Or engelhorn: The Mannheim fashion house keeps Starbucks nun exklusiv mit dem Musikstreaming-Dienst Spotify its five restaurants open well beyond normal shopping hours. In so zusammen. Mitglieder des Starbucks Kundenprogramms können doing, this top dog provides not only a unique quality of stay but dort ihre Musikwünsche angeben und damit die in den Coffee Shops also literally unlocks the attractive nature and breadth of its publicly gespielten Playlists beeinflussen. Diese moderne Version der Juke- accessible space. box gibt dem Gast das Gefühl, dass er »seinen Starbucks« irgendwie Reinartz spots yet another, often untapped potential in shapmitgestalten kann. Und nicht nur Geld für einen Kaffee liegen lässt. ing tomorrow’s the shopping experience: new technologies. Retailers Am Anfang steht also die angenehme Atmosphäre mit Ruhe- must use them more to their advantage – not just linking off- and zonen, wo Besucher gerne flanieren, entdecken oder verweilen; wo online, where expanded warehouses enable the staging of more tarsie auch etwas essen oder trinken können; wo sie nicht zuletzt eine geted assortments on the salesroom floor. Technology is the ideal Vielfalt vorfinden. »Beim Shoppen hat bekanntermaßen nicht jeder medium for for public relations, as the researcher explains: In the die gleichen Vorlieben, und darum gilt es beispielsweise für eine Mall U.S., Starbucks works exclusively with Spotify. Starbucks customer am Stadtrand unterschiedliche Bedürfnisse abzudecken«, analysiert programme members can select their music preferences there, thus Norbert Wittmann. Während der eine bummeln geht, lässt der andere customising the in-store playlists. This modern version of the jukesich die Haare schneiden und die Kinder toben im Spiele-Paradies. box gives customers the feeling of designing their »own Starbucks«, Und danach essen alle gemeinsam im Restaurant. »Es geht darum, eine and not just dropping money for coffee.


I will survive

Art Shopping-Ausflug zu ermöglichen, der nicht nur für den Einzelnen spannend ist, sondern für die ganze Gruppe.« Anlässe für solche Ausflüge werden künftig mehr und mehr auch abseits des Einkaufens erfunden werden, durchaus auch als ganzjährig durchlaufendes Eventprogramm. Dem Einfallsreichtum sind keine Grenzen gesetzt – sportliche Turniere oder adaptierte Feste. Dass sich solche Attraktionen dicht verweben lassen mit persönlicher Kundenkommunikation, gleich ob Mailings oder Social Media-Aktionen, liegt auf der Hand. »Marken und Händler müssen sich mehr und mehr davon verabschieden, dass sie nur zum Zeitpunkt der Transaktion mit dem Kunden interagieren; sie müssen es zu vielen anderen Zeitpunkten ebenso tun«, ist Reinartz’ zentrale Botschaft. Also: Den Menschen nicht auf Biegen und Brechen dazu kriegen wollen, etwas zu erwerben, »sondern eine Beziehung zu ihm aufzubauen, die ihm Mehrwert spendet«. So wie Adidas dem Kunden nicht nur ein paar Lauf­schuhe verkaufe, sondern ihm über die kürzlich erworbene App Runtastic bei seinem eigentlichen Ziel – fit zu werden – behilflich ist. Der Läufer kann mittels der Software sein Laufverhalten kontrollieren, Kalorien zählen, Strecken bewerten, Strecken teilen und vieles mehr. Nach jedem Lauf informiert ihn Adidas über sein aktuelles Fitness-Level. Und irgendwann kommt dann der dezente Hinweis: Check mal, ob du neue Schuhe brauchst. »Auf diese Weise bringe ich eine Konversation mit dem Kunden in Gang. Das ist nachhaltiger, als ihm einfach nur einen Schuh zu verkaufen«, meint Reinartz. Und er geht noch weiter: »Erst so wird das Geschäft Teil eines umfassenden Erlebnisses. Und ich trete als Marke oder Händler sehr viel stärker in das Leben des Kunden ein.« In das Leben des Kunden eintreten. 24 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche bei ihm sein. Ist es wirklich das, was der Konsument in Zukunft möchte? »Jein«, antwortet Janine Seitz Mitautorin des 112 Seiten starken »Retail Report 2016« der sich mit der Zukunft des Handels beschäftigt. Sie glaubt durchaus, dass sich zum Beispiel Bedarfs­einkäufe mehr und mehr zum 24 Stunden-Geschäft im Internet entwickeln werden. Schon jetzt werden in manchen Branchen 40 Prozent der Ware online bestellt und offline abgeholt. Seitz prophezeit auch, dass sich der nackte Preiskampf früher oder später ins Netz verlagert. Vor allem aber glaubt sie – genau wie Norbert Wittmann –, dass der stationäre Handel sein Selbstbewusstsein wieder finden, sich auf seine eigentlichen Stärken besinnen muss. »Die menschliche Komponente macht den Handel doch aus. Dieses Persönliche, die Möglichkeit zur Kommunikation.« Da werden im Moment zu viele Chancen der Beratung verschenkt, zum Beispiel beim Abholen von Click & Collect-Käufen. Auch das Sinnliche, das Anfassen, Fühlen und Probieren ist eine Ur-Kompetenz des Handels. Das derzeitige Comeback von Märkten wertet die Trendforscherin als Indiz, dass der Kunde sich in diesen Bedürfnissen unterversorgt fühlt: Zeitlich begrenzte Events wie etwa der Fesch’ Markt in Österreich mit Jungdesignern, Gastronomen, Künstlern und Kreativen bieten nicht nur eine Plattform für individuelle Anbieter, die wegen der hohen Mieten in 1a-Lagen nicht mehr vorkommen. »Sie arbeiten genau wie Popup-Stores mit der künstlichen Verknappung der Ware. Und das ist in Zeiten des Internets, wo man jederzeit alles bekommen kann, wieder spannend. Eine Art Rückkehr zum bewussten Konsum.« Zumal solche Event-Märkte über Social Media wunderbar ihre Community einsammeln können. »Das sind Orte, wo man sich trifft, sich austauscht, die Ware anfasst, etwas Neues entdeckt, vielleicht sogar um den Preis feilscht. Wie früher auf dem Marktplatz oder dem Bazar.« Heike Baier schreibt als Journalistin über Themen aus Wirtscha ft, Handel und Gesellscha ft.

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For starters, there’s the pleasant atmosphere created by quiet zones, where visitors can stroll about, relax and explore, perhaps also have something to eat or drink, and last but not least, find variety. »Not everyone has the same preferences when shopping, so a mall in the suburbs has to cover a range of needs«, Wittmann notes. While one person may roam around, another has a haircut, and children play in the game room. Then everyone comes together to eat at a restaurant. »It’s about creating a shopping experience that’s good for the group, not just for one«. Looking ahead, such shopping trips will be less about buying and more about a regular activity to do all year round. The possibilities are endless – everything from sporting tournaments to festivals. It’s easy to imagine that such attractions would be woven into personal customer communication such as mail and social media campaigns. »Brands and retailers have to get away from seeing their inter­ action with customers as only at point of sale. They have to do a lot more along the way, too«. That’s Reinartz’s central message. It’s not about making a sale any which way but rather about »building a more valuable relationship«. For example, Adidas doesn’t just sell running shoes but supports customers in achieving their individual fitness goals with its newly acquired app, Runtastic. Runners can use the software to control their exercise behaviour, count calories, rate and share routes, and much more. Adidas keeps track of their progress and at some point discreetly notify them: Check to see if you need new sneakers. »This gets a conversation going with the customer. It’s more far-reaching than just selling a pair of shoes«, Reinartz notes, continuing: »This is the only way a business becomes part of a comprehensive experience and I, as brand or retailer, become a much more identifiable part of the customer’s life«. To be a part of the customer’s life – available 24/7: Is that really what tomorrow’s retailer should want? »Sort of«, answers Janine Seitz of the Future Institute in Frankfurt. The cultural anthropologist is co-author of the 112-page »Retail Report 2016«, which deals with the future of retailing. She believes round-the-clock, on-demand online shopping is a growing trend. Some sectors already see 40 per cent of their goods ordered online for in-store pickup. Seitz also predicts the price war will sooner or later shift online. Above all else, she, like Norbert Wittmann, believes that the brick-and-mortar needs to return to its original strengths if it’s to get its groove back. »Everything turns on the human component. The personal, the ability to communicate«. There are at present too many missed opportunities to offer personalised advice, for example when picking up goods ordered through Click-and-Collect shopping. Even the sensory experience – getting to touch, feel and try on – is a retailer’s core competence. The current market comeback is an indicator for trend forecasters that customers feel underserved in this area. Time sensitive events such as the Fesch’Markt in Austria, with young designers, restaurant owners, artists and creative types, offer more than a platform for individual service providers who can’t afford the increasing rents of prime commercial spots. »It functions exactly like a popup store, creating artificial scarcity. This is all the more exciting in the Internet age, when everything is always available. It’s a return to conscious consumption«. Such events are a wonderful way to build a social media community. »These are places to meet, exchange ideas, get in touch with products and uncover something new – perhaps even haggle over prices, as in the market or bazaar of yesteryear«. Heike Baier writes as a journalist about economical, retail-related and social topics.


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dodenhof

DODE NHOF p o sthau sen , g erma n y

Der erste Schritt ist getan: Mit der Eröffnung der größten Schuh- und Accessoires-Welt Norddeutschlands schärft dodenhof in Posthausen sein Profil als Top-Einkaufsadresse der Region – und leitet zugleich die komplette Modernisierung der Einkaufsmall nahe Bremen ein. — The first step has been taken: With the opening of the largest shoe and accessories store in northern Germany, dodenhof in Posthausen has accentuated its profile as a key shopping venue in the region – at the same time kick-starting the complete modernisation of the shopping mall near Bremen.

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M ALLERWE I T ERUNG NORD M ALL E X T ENSION NOR T H

NEUE MALLGESTALTUNG — NEW MALL DESIGN

M ALLERWE I T ERUNG WES T M ALL E X T ENSION WES T

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B — D —

›  VE RBINDE NDE E RLE BNISUND HANDE L SL ANDSCHAF T ›  ÜBE RGEORDNE T E ÄUSSE RE UND INNE RE E RSCHL IE SSUNG ›  NEUGE S TALT UNG DE R FASSADE N — ›  CONNEC T ING E XPE R IE NCE AND RE TA IL L ANDSCAPE ›  SUPE RORDINAT E D OU T E R AND INNE R DE VE LOPME N T ›  NE W FAÇADE DE SIGN

ERWE I T ERUNG MODE WELT E X T ENSION FASHION

NEUGES TALT UNG ACCESSOIRES- UND SCHUHWELT NE W DESIGN ACCESSORIES AND SHOES


dodenhof

D

/ / EINKAUFSZENTRUM / / SHOPPING MALL

Posthausen 1, 28869 Posthausen, Germany   120,000 m² | 09.2015 dodenhof Posthausen KG, Posthausen

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femininen Eleganz, in der Herrenwelt hingegen mischt sich die Holzoptik mit kräftigeren Farben wie Anthrazit oder Royal. Als Klammer wirkt die einheitliche Formensprache des Mobiliars. Prominent gelegen am neuen, fünf Meter breiten Boulevard, ist diese Abteilung der gestalterische Auftakt zu dodenhofs Reise in die Zukunft. dodenhof, at 120,000 square metres the »largest shopping centre in the north«, has defined its approach to the 21st century: The traditional family business wishes to increase its attractiveness through a new quantum of quality environment. The basic idea behind the scheme envisages a stronger cohesion of the individual dodenhof shopping worlds (fashion, living, sports, technology, gourmet world and speciality market), to create a shopping situation with inner-city flair. The current collection of buildings is to be expanded first of all in such a way as to include a continuous main boulevard to which customers can relate intuitively and that leads them through the entire mall. At the heart of this loop a newly designed, green inner courtyard: an inviting place in which to stroll around, spend time and celebrate. The first lap on the path towards this entrepreneurial vision involved extending the ground floor of its fashion emporium with a shoes and accessories department covering some 4,000 dodenhof, mit insgesamt 120.000 Quadrat- square metres. The revamped space comprises metern »größtes Shopping-Center des Nordens«, three blocks: bags and accessories for women, definiert mit einem mehrstufigen Umbau inklu- women’s shoes and men’s shoes. The space is laid sive Erweiterung seinen Weg ins 21. Jahrhundert: out to provide the customer with subtle clues as to Das traditionsreiche Familienunternehmen will orientation. Hence the women’s store welcomes seine Magnetkraft durch ein neues Quantum an you with a light, feminine elegance, in men’s fashion, the wood effect is interspersed with stronger Verweilqualität zusätzlich aufladen. Der Grundgedanke des Plans sieht ein colours such as anthracite and royal blue, brackstärkeres Zusammenwachsen der einzelnen, über eted by the unified formal language of the furdie Jahre entstandenen dodenhof Einkaufs­welten niture. With its prominent position on the new (Mode, Wohnen, Sport, Technik, Genießer­welt five-metre-wide main boulevard, its design also und Fachmarktcenter) zu einer Shopping-Situ- signifies the beginning of dodenhof ’s journey ation mit innerstädtischem Charakter vor. Das into the future. derzeitige Gebäudeensemble soll so ergänzt werden, dass erstmals ein rundlaufender Hauptboulevard entsteht, der für den Kunden intuitiv erfassbar ist und durch die gesamte Mall führt. Inmitten dieses Loops wird ihn dann ein neu konzipierter und begrünter Innenhof zum Verweilen, Flanieren und Feiern einladen. Als erste Etappe auf dem Weg zu dieser unternehmerischen Vision hat dodenhof das Erdgeschoss seiner Modewelt um eine rund 4.000 Quadratmeter große Schuh- und Accessoires-Abteilung erweitert. Die umgebaute Fläche gliedert sich in drei Blöcke: Taschen und Accessoires für Damen, Damenschuhe und Herrenschuhe. Die Gestaltung der Räume gibt dem Kunden dabei subtile Hinweise zur Orientierung. So empfängt ihn die Damenwelt mit einer l­ ichten,


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de   >  Der Boulevard ist der erste, 80 Meter lange Teilabschnitt des geplanten Rundlaufs, der in Zukunft alle sechs ­d odenhof Häuser verbinden wird.  en   >  The boulevard is the first 80-metre-long section of the planned circuit, which will eventually connect all six dodenhof stores.


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de   >  Die differenzierte Deckenlandschaft leitet durch die Abteilungen. —  en   >  The differentiated ceiling landscape guides through the department.

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B BV   /   2 015

ST O R I E S / UN FOL DED

114 LIVE IS LIFE 116 RETALES 119 SEINE WELT SIND DIE BERGE / HIS WORLD IS THE MOUNTAINS 122 ARCHITECTOUR AHMEDABAD 126 HEILBERUF ARCHITEKT / ARCHITECT AS A HEALTHCARE PROFESSIONAL 132 MAL DOCH MAL / TRUE COLORS 136 FAST ZU SCHÖN, UM WARE ZU SEIN / ALMOST TOO GOODS TO BE TRUE 138 VON ZERBROCHENEN UND UNGELEGTEN EIERN / ON BROKEN AND UNLAID EGGS


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LIVE IS LIFE VON DER KUNST DES EINLASSENS UND WEGLASSENS. EIN PLÄDOYER FÜR WAHRE KOMMUNIKATION. Jeder redet von digitaler Kommunikation und vergisst: Es ist die Offline-Welt, die die besten Geschichten schreibt – die virtuelle reproduziert nur; Geschichten von echten Beziehungen und wahren Erlebnissen. Ins Netz zu gehen ist so selbstverständlich wie früher in die Kirche. Nur gehen viele dem Netz auch ins Netz, weil sie mit den Möglichkeiten dort so vertraut sind wie Nordkoreaner mit der Marktwirtschaft. Digitalisierung wird oft nur halbherzig umgesetzt, Second Life light sozusagen. Der Kommunikationsprofi Rainer Burkhardt sagt: »Die Aussage, wir müssen unbedingt Social Media machen, ist so unsinnig wie die Aussage: Wir müssen unbedingt Papier bedrucken.« Social Media kann ein machtvolles Kommunikationsinstrument sein, in Wahrheit steckt dahinter vor allem eine alternative Lebensform. Nutzer liken, pinnen, zwitschern und posten, bis sie das Quervain-Syndrom befällt, eine durch häufiges Tippen auf mobilen Geräten verursachte Sehnenerkrankung. »Die Verwaltung von Erlebnissen«, schreiben die Autoren Oliver Handlos und Matthias Spaetgens in ihrem Social Media-Knigge, »wird immer mehr zum einzigen Erlebnis.« Gerade im Zeitalter des Digitalen könnte Kommunikation ein lebendiger Austausch zwischen Menschen sein: face-to-face statt facebook. Letztlich geht es doch darum, aus Beziehungen und Empfehlungen ein wirkliches Geschäft zu generieren. Im Handel gibt es den Begriff der conversion rate, der besagt, ob aus Interessenten Kunden werden. Die Kommunikation entlang des Verkaufsprozesses ist nur etwas wert, wenn sie zum Abschluss führt. Wobei neben der Kommunikation die Qualität des Gegenstands entscheidend ist. »Die Kommunikation reißt nichts heraus, was das eigentliche Angebot nicht zu leisten vermag«, so Kerstin Hoffmann in »Web oder stirb!«. Hält das Produkt aber, was es verspricht, wird Kommunikation zu dessen Teilchenbeschleuniger. Gute Kommunikation ist nicht nur eine Frage des Wie, sondern auch des Was. »Schreiben ist leicht«, sagte der Schriftsteller Mark Twain, »man muss nur die falschen Wörter weglassen.« Sein bildhauerischer Kollege Michelangelo antwortete auf die Frage nach der schöpferischen Kraft seiner David Statue: »David war schon da, ich musste nur den überflüssigen Marmor um ihn herum entfernen.« Warum ist Porsche so erfolgreich? Bitte ein Kind, ein Auto zu malen. Es wird mit einer ein­ fachen gekrümmten Linie antworten, der Urform des 911er als Inbegriff des ­S portwagens. Ohne Höhlenmalerei und Schrifttafeln keine Erinnerung, ohne universelle Symbole wie Ampelfarben und Piktogramme kein Verständnis. Kunst war lange Dekoration, Überschwang. Dann kamen Leute wie Picasso und machten mit der nur auf Linien und Formen beruhenden Schönheit von Bildern vertraut. Manchmal reicht schon die vage Andeutung dessen, was als Belohnung winkt. Antoine de Saint-Exupéry empfahl für den Bau eines Schiffes nicht Männer zusammenzutrommeln, um Aufgaben zu verteilen, sondern sie die Sehnsucht nach dem großen, weiten Meer zu lehren. Wir laden Sie ein, sich auf die Projekte diese Publikation, hinter denen zutiefst menschliche Geschichten stehen, einzulassen – und dürfen Sie ermutigen, hin und wieder auch das Abenteuer der analogen Welt mit all ihren Sinneseindrücken und Verlockungen zu suchen. Um noch einmal auf den Social Media-Knigge zu kommen: »Widmen Sie Ihre Aufmerksamkeit vor allem Ihren echten Freunden und echten Erlebnissen«, heißt es dort. »Je mehr Sie von diesen haben, desto weniger werden Sie die virtuellen vermissen.« — Ihr Team von Blocher Blocher View


Liv e is life

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LIVE IS LIFE ON THE ART OF OPENING UP AND LEAVING OUT: THE CASE FOR TRUE COMMUNICATION Everyone gushes about digital communication and forgets that the offline world is what writes the best stories, which the virtual world only reproduces: stories about actual relationships and true experiences. Going online is as commonplace these days as going to church was in days past. Except that many people on the Internet are trapped in its web, as familiar with its opportunities as North Koreans are with the market economy. Digitalization is often carried out half-heartedly as »Second Life lite«. The communications professional Rainer Burkhardt says, »The statement that ›We must do social media‹ is as meaningless as the statement that ›We must print on paper‹«. Social media can be a powerful communication tool, but in truth it’s an alternative lifestyle. Users »like«, »pin«, »tweet«, and »post« until they come down with the Quervain syndrome, a form of tendinitis caused by frequent thumb-typing on mobile devices. »The administration of experiences is increasingly becoming the only experience«, write authors Oliver Handlos and Matthias Spaetgens in their manual of social media etiquette. Instead, communication in the digital age could be a lively exchange among human beings: face-to-face in place of facebook. Ultimately the point is to use relationships and recommendations to generate actual business. In commerce, there is a term »conversion rate«. It quantifies how often leads actually end up becoming customers. Communication throughout the sales process is only worthwhile if it makes it to the end. Any buying interest drummed up by content marketing has to be converted by sales into a purchasing process, asserts author Kerstin Hoffmann in »Web or Die«. However, besides communication, the quality of the product is decisive. That’s because, as Hoffmann goes on, »communication won’t extract anything that the products themselves can’t accomplish«. If the product keeps its promises, communication becomes its particle accelerator. Good communication is not just a question of how, but of what. For example, what to leave out to strengthen the message. As far as text goes, the author Mark Twain put it best. »Writing is easy,« he said. »All you have to do is cross out the wrong words«. And his sculptural counterpart Michelangelo explained the creative force behind his statue of David: »David was already there. I just had to chip away the extra marble around him«. Why is Porsche so successful? Ask a kid to draw a car. He’ll automatically trace a simple curved line, the proto-shape of the Porsche 911 as the textbook definition of a sports car. Without cave paintings and writing slates, there would be no memory. Without universal symbols like traffic-light colours and pictograms, there would be no understanding. For eons art was decoration, exuberance. Then people like Picasso came along and showed us the beauty of images relying only on lines and shapes. Sometimes it suffices to vaguely hint at a reward. Antoine de Saint-Exupéry suggested that to build a ship, it wasn’t necessary to round up men and divide tasks, but just to teach them longing for the great big sea. We invite you to open up to the projects of this publication, imbued with deeply human stories – and hope to encourage you to seek, now and then, the adventure of the analogue world with all its sensory impressions and temptations. To return to the social media etiquette manual: »Devote your attention above all to your real friends and real experiences«, it reads. »The more of those you have, the less you will miss the virtual ones«. — Your Team at Blocher Blocher View


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Retales  Der Store als Geschichtenerzähler – bei Umdasch denken   wir diesen Anspruch größer. Und gestalten für den   internatio­nalen Ladenbauer ein Magazin, das über die   Ladentheke weit hinaus blickt.  Retales  The store as storyteller – in the case of Umdasch we think   about this goal in a bigger way. We create a magazine for the   international shopfitter that goes far beyond the shop counter.  Innenarchitekten sind keine Ladenbauer und Ladenbauer sind keine Innenarchitekten, auch wenn das gerne in einen Topf geworfen wird. Was aber verbindet beide, deren Wege sich an der Schnittstelle des erlebnisorientierten Einzelhandels immer wieder kreuzen? Hier die Schauspieler, die den Ton zur Verfügung stellen. Dort der Regisseur, der damit töpfert. Fehlt der Drehbuchschreiber, der die passenden Dialoge liefert: Blocher Blocher View. Aus dem kreativen Pas de deux der Kommunikationsagentur mit der Umdasch Shopfitting Group ist 2012 das Fachmagazin shops hervorgegangen, genauer gesagt: der Relaunch des in die Jahre gekommenen Vorläufers. Zweimal im Jahr filtern wir die besten Projekte des international aufgestellten Ladenbauers; darunter viele namhafte Brands, die dem Reisenden in den Metropolen dieser Welt begegnen. Die Leistungsschau bildet das dramaturgische Rückgrat jedes Hefts, den handwerklichen Nukleus, um den herum sich die großen und kleinen Geschichten entspinnen. Sie handeln von Menschen, die dem Retail ihren Stempel aufdrücken; intimen Kennern der Materie genauso wie hoffnungsvollen Nachwuchskräften, die Umdasch regelmäßig mit einem eigenen Forschungspreis würdigt. Weil die

Interior designers are not shopfitters and shopfitters are not interior designers, even if the two tend to be lumped together. But what unites the two roles, which often cross paths at the interface of experience-oriented retail? Here we have the actors who set the tone, and there the director who shapes it into a form. But we also need the scriptwriter who provides the right dialogues: Blocher Blocher View. In 2012 the trade publication »shops« grew out of the pas de deux of the communications agency with the Umdasch Shopfitting Group. To put it more precisely, this was the relaunch of the publication’s aging predecessor. Twice a year, we select the best projects of the international shopfitter, including many prominent brands that travellers encounter in the world’s major cities. These achievements are displayed as the dramaturgical heart of each issue, the nucleus around which large and small stories revolve. These stories are about people who make their mark on retail, who know the subject matter intimately, as well as hopeful junior employees whom Umdasch regularly honours with a special research prize. Because the shopfitting section of the Amstetten company encompasses


R e tales

/ / FACHMAGAZIN FÜR DEN HANDEL / / RETAIL MAGAZINE   68 Seiten / Pages | halbjährlich / biannualy   Umdasch Shopfitting Group GmbH, Amstetten

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Ladenbausparte des Amstettner Unternehmens four divisions, the range of topics is correspondvier Divisionen umfasst, ist das Themenspek- ingly broad, from fashion and lifestyle to food trum entsprechend breit gefasst – von Fashion and care to premium and travel retail; plus the und Lifestyle über Food und Care bis zu Premi- digital activities which are summarized under um und Travel Retail; plus die digitalen Aktivitä- the viBIZ label. ten, die unter dem Codewort viBIZ laufen. Some of the personalities featured in Zu Wort kommen in shops auch Persön- »shops« are surprising at first glance: museum lichkeiten, die auf den ersten Blick überraschen; directors, star chefs and famous hoteliers. Book Museumsdirektoren etwa, Sterneköche oder authors, futurologists and professional visitors Starhoteliers; zusammen mit Buchautoren, Zu- to important trade fairs round off the opinion kunftsforschern und Fachbesuchern wichtiger section of the publication, lending it valuable Messen gerinnt die Publikation zum Meinungs- relevance beyond its traditional areas. medium, das über die eigenen Bereiche hinaus The thematically focused structure of the wertvollen Relevanztransfer leistet. publication prevents it from veering off into the Die monothematische Heftstruktur ver- arbitrariness of a general store. At the same time, hindert ein Abgleiten in die Beliebigkeit eines recurring features such as News & Facts and Gemischtwarenladens. Gleichzeitig erhöhen Diary add to its use value and give »shops« the wiederkehrende Rubriken wie News & Facts character of a magazine. oder Diary den Nutzwert und geben shops Magazincharakter.


Se ine Welt s ind die B e r g e / His w o rld is the mo u nta ins

Seine Welt sind die Berge  Some dream, some do, some do both: Bründl hat es mit   Emotionsmarketing zum Achttausender unter den alpinen   Sporthäusern gebracht. Blocher Blocher View hilft bei   der Inszenierung.  His world is the mountains  Some dream, some do, some do both: Bründl has brought   emotion marketing to the highest summit of sporting retail.   Blocher Blocher View helps make it happen.

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120 Christoph Bründl ist ein Mann, der Visionen liebt. Noch lieber verwirklicht er sie. Als Geschäftsführer des gleichnamigen Familienunternehmens treibt er die Sportbranche seit Jahren vor sich her. Reißt nach wenigen Jahren das Hauptgeschäft in Kaprun wieder ab und ersetzt es durch einen spektakulären Monolithen, der einer alpenländischen Provokation im Rang eines Wallfahrtorts gleichkommt. Wenn andere bei aufziehendem Sturm Mauern errichten, baut Bründl Windmühlen. Wandert der Handel ins Netz ab, sperrt Bründl drei neue Filialen in verträumter Bergkulisse auf. Wird Kunden andernorts Service und Beratung weggenommen und in emanzipatorischer Verklärung als SB-Projekt verkauft, erklärt Bründl die Mitarbeiter zum größten Vermögen – und investiert regelmäßig ein kleines in sie. Vordergründig mag es um Verkauf und Verleih gehen, wichtiger aber als Ski und Skibindung sind emotionale Bindungen. Besucher zu Kunden und Kunden zu Fans machen. Werner zum Beispiel, der mit seiner Familie im Winterurlaub das Prinzip Bründl am eigenen Leib erfuhr: statt Massenabfertigung und langer Wartezeit strahlende Mitarbeiter, die der Familie in Nullkommanix das passende Equipment heraussuchten. Bis auf den Helm, den Werner vergaß, also schnell zurück, einen ausleihen. Er zückte das Portemonnaie, der Mitarbeiter winkte ab: Den gebe es gratis dazu. Bingo! Da war er wieder, der Bründl’sche Emotionalienhandel. Geschichten wie diese machen das Magazin »Bründl Feeling« so vergnüglich. Es erscheint seit 2009, in der mittlerweile dritten Ausgaben, und erzählt von der Lust am Sport, der Schönheit der Natur, von außergewöhnlichen Charakteren, ehrgeizigen Projekten und unkonventioneller Mitarbeiterführung. Dass es in Zeiten von Swipen und Zoomen überhaupt eine Version zum Blättern gibt, hängt vielleicht mit der alten Regel zusammen, die besagt: Tue immer das Gegenteil von dem, was deine Mitbewerber machen. Das mehrfach preisgekrönte Heft ist die logische Fortsetzung einer Unternehmenskultur, die ihre Anziehungskraft vor allem auratischen Marktplätzen mit außergewöhnlichen Menschen aus Fleisch und Blut verdankt. Corporate Publishing, oder neudeutsch Content Marketing, spürt hier den Pulsschlag des Unternehmens mit Bildern, Buchstaben und Druckerschwärze auf. Journalistische Seelenforschung im Gewand zeitgemäßen Editorial Designs.

Sto r ies u nfold e d

Christoph Bründl loves dreams. He loves realising those dreams even more. As managing director of the eponymous family-owned company, he’s been in charge of the sports sector for years. The main store in Kaprun was torn down after a few years, replaced by a spectacular monolith that ranks as an alpine pilgrimage site. Whereas others build walls to protect against approaching storms, Bründl puts up windmills. No matter that retail trade is moving online: Bründl has opened three new locations in the idyllic mountains. And let others cut back on customer service and advice in favour of self-service: To Bründl, employees are his company’s greatest assets and he regularly invests in them. On the surface, it may be about sales and rentals, but the emotional connection is more important than skis and ski bindings: Emotions turn visitors into customers and customers into fans. Take Werner, for example, who learned the Bründl principle first-hand while on winter holiday with his family. Instead of having to endure mass processing and long waits, Werner and his family were fit with the right equipment by beaming employees in no time. Everything but the helmet, which Werner forgot. So he quickly returned to rent one. The employee motioned for him to put his wallet away: No extra cost. Bingo! Bründl’s emotional retailing in action. Stories like this make the Bründl Magazine such a joy. Published since 2009 and now on its third edition, it focuses on love for sports, the beauty of nature, colourful characters, ambitious projects and unconventional staff management. That a print edition exists in this age of swipe and zoom is a testament to the old adage: Do the opposite of what your competitors do. The award-winning publication is a natural extension of a company culture whose marketplace appeal is due first and foremost to the hard work of extraordinary people. Corporate publishing, now better known as content marketing, takes the company’s pulse with images, words and ink in journalistic fashion and contemporary editorial design.

/ / BRÜNDL FEELING VOL. 3   122 Seiten / Pages | zweijährlich / biannually   Bründl Gesellschaft m.b.H., Kaprun / / MITARBEITER BOOKLE T / / BOOKLE T FOR EMPLOYEES   52 Seiten / Pages | einmalig / once-off   Bründl Gesellschaft m.b.H., Kaprun


Se ine Welt s ind die B e r g e / His w o rld is the mo u nta ins

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Die indische Stadt Ahmedabad ist ein architektonisches Wunderwerk. Einheimische führen Besucher zu den Bauten Le Corbusiers, Gandhis Aschram und in der Nacht durch die Geheimgänge der Altstadt. — The Indian city of Ahmedabad is an architectural marvel. Locals guide visitors to buildings by Le Corbusier, to Gandhi’s ashram, and by night through the secret passages of the old town. — von / by Dorothee Wenner

A R CHI TECTOUR A H M E DA BA D


A r c hite c to u r A hme d a b a d

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Wenn Mohammed Ghulam Nabi Malik über »the architect people« redet, könnte man denken, es handele sich um einen interessanten, wenig erforschten Volksstamm. Und er wäre der Ethnologe, der das Brauchtum, die Sprache und den Glauben des Stamms der Architekten in langjähriger Feldforschung studiert hat. Auf seine Art hat er das auch, obwohl ihm ein Studium gewiss nie vergönnt war. Mohammed fährt Rikscha in Ahmedabad, der Wirtschaftsmetropole des Bundesstaates Gujarat im wüstenheißen Nordwesten Indiens. Einer wuseligen Großstadt, die von manchen unterschätzt wird. Außer von den architect people. Mohammed zählt dazu Architekten, Studenten und Architekturliebhaber aus aller Welt, die in seine Heimatstadt pilgern. Sie sind seine liebsten Kunden. Umgekehrt haben die meisten architect people Mohammeds Mobiltelefonnummer von irgendeinem Kollegen vor der Reise zugesteckt bekommen. Als Geheimtipp. Der 47 Jahre alte Rikschafahrer weiß nämlich nicht nur, wo die schönen Häuser stehen, sondern auch, wie man hineinkommt. Das alles ist im Preis inbegriffen, wenn man ihn für halbe, ganze oder gleich mehrere Tage engagiert. Überpünktlich steht er mit seiner Motorrad-Rikscha am Treffpunkt, das Weiß seines Hemdes ist so blendend wie seine Laune. Er zieht das Deckchen auf der Rückbank gerade, dann knattern wir los. Anfangs macht es Mühe, Mohammeds Ausführungen zu folgen, nicht nur, weil es in indischen Rikschas recht laut ist. Sein Englisch ist eine besondere Mixtur aus solidem architektonischem Fachvokabular, das auf einem sehr zarten Basiswissen der Sprache aufbaut. Doch hat man sich erst an Mohammeds Art, den Namen seines Lieblingsarchitekten Le Corbusier auszusprechen, gewöhnt, folgt man seinen Ausführungen mit großem Gewinn. Le Corbusier war 1951 eingeladen worden, die Modellstadt Chandigarh im Punjab zu bauen. Dem damaligen Bürgermeister von Ahmedabad gefiel das kühne Vorhaben so sehr, dass er Corbusier bat, auch in seiner Stadt tätig zu werden. Wegen seiner vielen Tuchfabriken war Ahmedabad damals als Indiens Liverpool bekannt. Als erstes von insgesamt fünf Projekten, die Corbusier hier verwirklichte, entstand im Auftrag der Textilbarone der Hauptsitz der Baumwollindustrie von Gujarat. Das Haus der Ahmedabad Textile Mill’s Association (ATMA), schwärmt Mohammed, sei sein Lieblingsgebäude. »Die Sichtachsen zum Fluss, die Funktionalität der Räume … fantastisch!«

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When Mohammed Ghulam Nabi Malik speaks about “the architect people”, it sounds as if he were referring to an interesting and little-researched tribe, like an anthropologist who had conducted years of field research on the customs, language and beliefs of the tribe of architects. In a sense this is what he has done, although he certainly never had the opportunity to attend university. Mohammed is a rickshaw driver in Ahmedabad, a business metropolis in the state of Gujarat in the hot northwestern desert region of India. It’s a bustling major city that some people underestimate. But not the architect people! Mohammed counts among them the architects, students and architecture enthusiasts who make pilgrimages to his home town from around the world. They are his favourite customers. Conversely, most of the architect people get in touch with Mohammed after a colleague slips them his mobile number before their journey as a sort of insider tip. The 47-year-old rickshaw driver does not just know where to find the city’s notable buildings, but also how to get into them. All of this is included in the price of hiring him for a half day, a full day or several days. He arrives a few minutes early at our scheduled meeting point, standing with his motorcycle rickshaw, the white of his shirt as bright as his mood. He straightens out the small cloth on the rear bench seat and then we set off with a loud clatter. At first it is difficult to follow Mohammed’s remarks, not only because it is very loud in an Indian rickshaw but also because his English is a curious mixture of sound architectural specialist vocabulary resting on a tenuous foundational knowledge of the language. But once the listener has adjusted to Mohammed’s way of pronouncing the name of his favourite architect, Le Corbusier, his commentary is quite worthy of attention. In 1951 Le Corbusier was invited to build the model city of Chandigarh in Punjab. The then mayor of Ahmedabad liked this audacious project so much that he asked Le Corbusier to work in his city too. Because of its many cloth factories, Ahmedabad was known at that time as the Liverpool of India. The first of the five projects that Le Corbusier realised here was commissioned by the textile barons of the cotton industry’s Gujarat headquarters. Mohammed praises the building of the Ahmedabad Textile Mills Association (ATMA) as his favourite building: »The views towards the river, the functionality of the spaces … fantastic«! We stop right beside the ramp of the gigantic concrete palace. A specialist would likely recognise Le Corbusier’s signature from this ramp alone. Mohammed walks purposefully to the door and knocks. The general secretary himself opens the door. He is busy, but takes time to chat about the history of the ATMA Building. »I fell in love with this building and made it my life’s work to do everything possible to save it,« Abhinava Shukla says in his futuristic functional office, which features an imposing teak desk and a lot of raw concrete. »For as long as I’ve been working here, Le Corbusier’s architecture has been inspiring me«. There is indeed something visionary about the hallways that are ventilated by the nearby river. The interior and the exterior are connected not by ordinary windows but rather by slanting concrete slabs that direct the dazzling light theatrically without any glass. Even more utopian is the bright red revolving door to the auditorium, which opens and closes without any walls. Official historical protection in India exists, if at all, only for objects that are at least a hundred years old. That is why businesspeople, artisans and architects in Ahmedabad recently founded a private


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Wir halten gleich neben der Rampe des gigantischen Beton- initiative that has classified more than 15,000 buildings as worthy palastes. Der Fachmann würde wohl schon an ihr die Handschrift of preservation. These include avant-garde buildings of the 1950s Le Corbusiers erkennen. Mohammed geht zielstrebig zu einer Tür and 1960s that are known internationally only to a few architect und klopft an. Es öffnet der Generalsekretär höchstpersönlich. Er ist people – but can be quickly discovered if you speak to residents of zwar beschäftigt, aber einer Plauderei über die Geschichte des ATMA Ahmedabad. Many locals almost automatically begin talking about the history of their city, which they say used to be associated above Building nicht abgeneigt. »Ich habe mich in dieses Gebäude verliebt und es mir zur Le- all with Gandhi and his non-violent resistance movement. After his bensaufgabe gemacht, alles für seine Rettung zu tun«, erklärt Abhinava return from South Africa in 1915, Gandhi – at the time a young Shukla in seinem futuristisch-funktionalen Büro mit viel unverputz- lawyer – moved into his legendary ashram in Ahmedabad. tem Beton und einem imposanten Teakholzschreibtisch. »Seit ich hier On the well-tended premises of the ashram, Indian star ararbeite, beflügelt mich Le Corbusiers Architektur.« Tatsächlich haben chitect Charles Correa built a Gandhi Museum in the 1960s, where vor allem die vom nahen Fluss ventilierten Flurtrakte etwas Visionäres. school groups and young couples meander today. Meditation groups Statt profaner Fenster verbinden schräg gestellte Betonplatten das sit gracefully in the shade on the banks of the river Sabarmati. AmAußen mit dem Innen, ohne Glas wird das grelle Licht theatralisch balal Sarabhai, one of the extremely rich conservative yet progressive gelenkt. Noch utopischer wirkt die knallrote Drehtür zum Auditorium, Ahmedabad industrialists, was the one who had the ashram built for die sich, ganz von Mauern befreit, öffnen und schließen lässt. Gandhi. It was his daughter-in-law Manorama who commissioned Staatlichen Denkmalschutz gibt es in Indien, wenn überhaupt, Le Corbusier to build a villa in 1951. nur für Objekte, die mindestens hundert Jahre alt sind. Deswegen The wealthy residents of Ahmedabad had a haben Geschäftsleute, Handwerker und Architekten in Ahmedabad weakness for architecture long before Le Corjüngst eine private Initiative gegründet, die über 15.000 Gebäude busier, however. In the old town there are havals erhaltenswert klassifiziert. Darunter sind auch die avantgardis- elis, residential buildings that are painted and tischen Bauten der fünfziger und sechziger Jahre. Von ihrer Exis- decorated with tiles, and mosques, temples, tenz wissen nur die wenigen architect people. Außer natürlich, man fountains and streets waiting to be discovered, spricht mit den Bewohnern. Viele kommen dabei fast automatisch the construction of which has inspired aficioauf die Geschichte ihrer Stadt zu sprechen, die »vorher« vor allem nados to gaze in amazement for centuries. mit Gandhi und seinem gewaltfreien Widerstand assoziiert wurde. Dorothee Wenner is filmmaker, author Nach seiner Rückkehr aus Südafrika im Jahr 1915 bezog der damals and curator. noch junge Rechtsanwalt in Ahmedabad seinen legendären Aschram. Auf dem gepflegten Anwesen hat der indische Stararchitekt Charles Correa in den sechziger Jahren ein Gandhi Museum erbaut, durch das heute Schulklassen und junge Paare schlendern. Meditationsgruppen sitzen würdevoll auf dem schattigen Plätzchen am Ufer des Flusses Sabarmati. Es war Ambalal Sarabhai, einer jener schwerreichen konservativ-progressiven Industriellen von Ahmedabad, der für Gandhi diesen Aschram erbauen ließ. Seine Schwiegertochter Manorama beauftragte Le Corbusier 1951 mit dem Bau einer Villa. Ein Faible für Architektur hatten die Wohlhabenden von Ahmedabad schon lange vor Le Corbusier. In der Altstadt gibt es Havelis, mit Fresken verzierte und bemalte Wohnhäuser, und Moscheen, Tempel und Brunnen und Straßen zu entdecken, deren Konstruktion Liebhaber seit Jahrhunderten bestaunen. Dorothee Wenner ist Filmemacherin, Autorin und Kuratorin.


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Heilberuf

Architekt

von / by Gerhard Matzig

Vom Wald über die Ladenregale zu Architektur und Städtebau:   Der Begriff der Nachhaltigkeit hat eine steile Karriere gemacht.   Eine Bestandsaufnahme von Gerhard Matzig.  Architect as a healthcare professional  From the forests to the store shelves to architecture and urban planning: The concept of sustainability has had a stellar career. Gerhard Matzig takes stock.


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H e ilb e r uf A r c hite k t / A r c hite c t a s a he althc a r e p r o fess io nal

Man blättert in der »Süddeutsche Zeitung« und fragt sich, in welcher Schlagzeile man dem Wort diesmal begegnet. Es dauert nicht lange: »Vernetzt, mobil, nachhaltig« – so ist ein Bericht über die »Stadt der Zukunft« überschrieben. Dann geht man ins Netz. Im Angebot eines Discounters: Sandwich-Brot, Rosen, Papiertüten und Hygiene-Artikel als Waren, »die durch ihre Nachhaltigkeit überzeugen«. Ein Link weiter, schon ist man bei einem dänischen Anbieter von »sustainable fashion essentials«, der unter anderem »nachhaltige Unterhosen« offeriert. Unterhosen, Rosen, Städte: Offenbar gibt es auf der Welt nichts, was es im Zeitalter der Ökologie nicht auch in einer nachhaltigen Variante gibt. Der Nachhaltigkeit entkommt man nicht. Schon erstaunlich, dass es dann doch noch ein paar kleinere ungelöste Probleme gibt auf Erden. Den Klimawandel zum Beispiel. Übrigens verändert der den Musikgeschmack, wie eine Studie der University of Oxford gezeigt hat, die im Sommer 2015 veröffentlicht wurde. Und zwar, wenn wundert’s auf »nachhaltige Weise«. Tatsächlich hat ein Forscherteam 15.000 englischsprachige Songs auf ihre Bezüge zum Wetter untersucht. Von Dylan bis Adele gilt: »Schönes und schlechtes Wetter beeinflussen die Gestaltung von Liedtexten.« Verändert sich das Klima, ändert sich letztlich der Pop. Und da der Klimawandel selbst ein Phänomen mit einer gewissen Nachhaltigkeit ist, wird sich auch die Musikwelt nachhaltig ändern.

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You leaf through the »Süddeutsche Zeitung« and wonder in which headline you’ll encounter the word this time. It doesn’t take long: »connected, mobile, sustainable« – the title of a report on the »city of the future.« Then you go online. A discounter offers toast, roses, paper bags and hygiene items whose »sustainability will convince you.« Just one click away is a Danish provider of »sustainable fashion essentials« whose offers include »sustainable underwear.« Underwear, roses, cities: Apparently, in the age of ecology there is nothing in the world that does not have a sustainable version. You cannot escape sustainability. Quite surprising, then, that there are still a few minor unsolved problems on Earth. Climate change, for example. Which, by the way, changes one’s taste in music, as a study published by the University of Oxford in the summer of 2015 shows. Namely – you guessed it – in a »sustainable way.« Indeed, a team of researchers examined 15,000 songs in English for references to weather. From Dylan to Adele, »good and bad weather influence the composition of lyrics.« When the climate changes, pop music ends up changing. And since climate change itself is a phenomenon with a certain sustainability, the world of music will change sustainably, too. According to Wikipedia, the first known use of the concept of sustainability in the German language was by Hans


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In der deutschen Sprache wurde laut Wikipedia der Nachhaltigkeitsbegriff erstmals bei Hans Carl von Carlowitz nachgewiesen. Sein Werk »Sylvicultura oeconomica« von 1713 gilt als erste größere forstwissenschaftliche Abhandlung. Von Carlowitz schrieb sein Buch in einer frühen Zeit der Energiekrise. Die Erzgruben und Schmelzhütten des Erzgebirges, damals eines der größten Montanreviere Europas, mussten mit viel Holz als Energiequelle versorgt werden. Zudem trug das Bevölkerungs- und Städtewachstum stark zur »Holznot« bei. Ein geregelter Waldbau sowie Gesetze, Ökostandards oder Zertifizierungen zur Aufforstung existierten nicht. Von Carlowitz formulierte nun den Gedanken, respektvoll und »pfleglich« mit der Natur und ihren Rohstoffen umzugehen. Dieses Plädoyer für die Bewahrung der natürlichen Regenerationsfähigkeit der Umwelt ist die Geburtsstunde jener Nachhaltigkeit, die begrifflich nicht nur in die Nachschlagewerke gefunden hat, sondern auch in die Mentalität einging. Damit verbunden sind gleichermaßen Risiken und Chancen. Bis in die 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts hinein wurde der Begriff umgangssprachlich lediglich in der eindimensionalen Bedeutung von »Dauerhaftigkeit« verwendet. Erst danach, befördert durch die weltweite Debatte zu Ursprung und Folgen des Klimawandels, erhielt das Wort eine politisch-kulturelle Konnotation; eine weitere Dimension, deren weitgehend kritiklose Akzeptanz allerdings nicht nur Teil der Lösung, sondern auch Teil des Problems sein kann. In diesem Sinn beschreibt etwa Michael Rödel in seinem Aufsatz »Die Invasion der ›Nachhaltigkeit‹: Eine linguistische Analyse eines politischen und ökonomischen Modeworts« die Abnutzung

eines Begriffs, der vordergründig erst einmal zu einem besseren Gewissen führt - aber nicht zwangsläufig zu einer besseren Welt. Mit anderen Worten: Die Welt sägt zwar, ausweislich der dann doch beständigen und global wirksamen Zunahme klimaschädlicher Emissionen, immer noch an dem Ast, auf dem sie sitzt; sie tut das aber in der Gewissheit, sich »nachhaltig«, also ökologisch korrekt zu verhalten. Ein großes Rätsel bleibt jedoch: Warum nachhaltiges Denken und Handeln, deren Notwendigkeit niemand ernsthaft bestreiten kann, jenseits von Songtexten oder Discountwaren ausgerechnet auf jenem Terrain so selten anzutreffen sind, wo tatsächlich die Zukunft entschieden wird. Das ist das Areal von Städtebau und Architektur. Man muss sich nur vor Augen führen, dass in wenigen Jahrzehnten zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten und signifikant verdichteten Räumen


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Carl von Carlowitz. His 1713 work »Sylvicultura oeconomica« Into the 1980s, the term was used colloquially only is regarded as the first major treatise on forestry. Von C ­ arlowitz with the one-dimensional meaning of »durability«. Only later, wrote his book early on in an energy crisis. The ore mines and spurred by the global debate on the origins and consequences smelters of the Erzgebirge, one of the largest mining areas of of climate change, did the word acquire a political-cultural Europe at the time, needed a lot of wood as an energy source. connotation; an additional dimension whose largely uncritiThe growth of population and cities also contributed to the cal acceptance may, however, be not only part of the solution »wood famine«. but also part of the problem. In this vein, for instance, MiNeither regulated forestry nor laws, ecological stan- chael Rödel’s essay »Die Invasion der ›Nachhaltigkeit‹: Eine dards or certificates for reforestation existed. Von Carlowitz linguistische Analyse eines politischen und ökonomischen expressed the idea of treating nature and its resources with Modeworts« (»The Invasion of ›Sustainability‹: A Linguistic respect and »care«. This plea for preserving the natural regen- Analysis of a Political and Eco-nomic Buzzword«) describes erative capacity of the environment gave rise to the concept the wear and tear on a term that superficially leads at first to of sustainability that found its way not only into the reference a cleaner conscience – but not necessarily to a cleaner world. In other words: As evidenced by the steady and global books but also into the mindset. This carries both risks and rise in greenhouse gas emissions, the world is still biting the opportunities. hand that feeds it; but it is doing so safe in the knowledge of acting »sustainably«, and thus ecologically correctly. Yet a big riddle remains: Why, beyond lyrics and discount products, is sustainable thought and action, whose necessity is not in serious dispute, encountered so rarely in precisely that field where the future is actually being decided? Namely, the field of urban planning and architecture. Consider that in a few decades two thirds of the world’s population will be living in cities and significantly aggregated spaces. The United Nations is speaking of the »urban millennium.« Our age is the era of the city.


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leben werden. Die Vereinten Nationen sprechen deshalb vom As a place to live, work and produce, the city is responsi»urbanen Millennium«. Unser Zeitalter ist die Ära der Stadt. ble for a large share of climate-relevant resource consumption. Die Stadt ist als Wohnort und Arbeitsreich sowie als Urban planning issues, e.g. how sustainability and traffic effecProduktionsstätte verantwortlich für einen Großteil des kli- tiveness are organized in cities, or architectural issues as how marelevanten Ressourcenverbrauchs. Städtebaufragen, etwa residential, office and factory buildings are constructed suswie nachhaltig und verkehrseffektiv Städte organisiert sind, tainably, should after all be at the very top of the urban millenoder Architekturfragen, zum Beispiel wie nachhaltig Wohn-, nium agenda, which is also an ecological agenda. About 40 per Büro- oder Fabrikbauten errichtet sind, sollten doch eigent- cent of global CO2 emissions are generated in buildings. But lich ganz oben auf der Agenda des urbanen Millenniums ste- buildings and the congregations of buildings, namely cities, are hen, das zugleich ein ökologisches ist. Rund 40 Prozent des the responsibility of architects, urban planners and engineers. weltweiten CO2-Ausstoßes werden in Gebäuden produziert. Earth’s current epoch, the anthropocene, in which for Gebäude und der Versammlungsort der Gebäude, die Städte, the first time humans are the main creative force, is the age werden aber von Architekten, Stadtplanern und Ingenieuren of planners. Architects and urban planners, representatives verantwortet. of a creative profession, now have a task that can be described Das Anthropozän, also der aktuelle Abschnitt der Erd- in the words of the French architect Claude-Nicolas Ledoux geschichte, in dem erstmals der Mensch als die hauptsächlich (1736-1806), who said that planners become »rivals of the cregestaltende Kraft wirkt, ist die Stunde der Planer. Architekten ator« as they can make a decisive contribution to preserving und Stadtplanern, den Repräsentanten einer gestaltenden Pro- the integrity of creation. If, as the IPCC demands, greenhouse fession, kommt nun eine Aufgabe zu, die man mit den Worten gas emissions need to be reduced by up to 80 per cent by 2050, des französischen Architekten Claude-Nicolas Ledoux (1736- it will come down mainly to the ancient art of building. 1806) beschreiben kann. Planer werden demnach zu »Rivalen Green architecture and green urban planning, energy des Schöpfers«, indem sie maßgeblich dazu beitragen können, efficiency and sustainability are the top planning priorities in die Schöpfung zu bewahren. Falls die Treibhausgas-Konzent- times of climate change and depleted natural resources. The ration bis zum Jahr 2050, wie vom UN-Klimarat gefordert, um question is whether more than just a kind of »green glamour« bis zu 80 Prozent gesenkt werden muss, wird es vor allem auch of steel, glass and concrete can be expected of the planners and auf die alte Kunst des Häuserbauens ankommen. designers in their role as rivals of the creator. Some projects Grüne Architektur und grüner Städtebau, Energieeffizi- and buildings spark concerns that residential construction is enz und Nachhaltigkeit sind in Zeiten des Klimawandels und also living off the inflationary, fashionable concept of sustainerschöpfter natürlicher Ressourcen das planerische Gebot der ability without actually contributing to it. Here, sustainability Stunde. Die Frage ist, ob von den Rivalen des Schöpfers mehr serves as a mere façade and is often no more than a backdrop. als nur eine Art »Green Glamour« mit Stahl, Glas und Beton Between these two extremes, intelligent houses that zu erwarten ist. Manche Projekte und Bauten lassen befürch- please the eye and are also sustainably designed are still rare. ten, dass Nachhaltigkeit hier einer reinen Fassadenkunst dient But they do exist – and that gives reason for hope – hope that und oft nicht mehr als Kulisse ist. the sustainability economy will increasingly produce what Zwischen den Extremen sind intelligente Häuser, die leads us into a better future: houses that we can love especially auch ansehnlich und zugleich nachhaltig errichtet sind, bis because they enrich the Earth instead of damaging it. heute zwar selten. Es gibt sie aber - und das lässt hoffen. Auch GERHARD MATZIG IS ARCHITECTURAL CRITIC AND MANA GING EDITOR AT darauf, dass die Nachhaltigkeitsökonomie vermehrt das her- SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. vorbringt, was uns in eine bessere Zukunft führt: Häuser, die man auch deshalb lieben kann, weil sie die Erde bereichern statt ihr Schaden zuzufügen. GERHARD MATZIG IST ARCHITEKTURKRITIKER UND LEITENDER R ­ EDAKTEUR DER SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.


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Mal doch mal

Zeitlose Werte statt Wisch und Weg: Was auf Papier steht, bleibt. Konkret und emotional, gehaltvoller als jedes digitale Pixel. Seit neuestem dienen Stift und Papier auch dem Stressabbau und der Entspannung. Ausmalbilder erleben als Bücher für Erwachsene eine Renaissance. Ein Umstand, der dem Traditionsunternehmen Faber-Castell in die Hände spielt. True Colors Timeless values, not throwaways: What’s on paper lasts. It’s concrete and emotional, with more content than any digital pixel. Pencil and paper are in again, and they can also help reduce stress. Coloring books for adults are coming back, and it’s a trend that plays right into the hand of the traditional company Faber-Castell.


M al d o c h mal / Tr u e C olo rs

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»Neulich habe ich in einer Schublade einen Bleistift gefunden«, hat Graf von Faber-Castell einmal erzählt, »der war bestimmt 100 Jahre alt. Und wissen Sie was? Er schreibt immer noch.« Wie jener Stift kann auch das Handgeschriebene oder -gezeichnete die Zeit überdauern, wenn man es zulässt. Schreiben und Malen erfahren eine neue Wertschätzung. Vielleicht hat es mit dem Handwerklichen generell zu tun. Auch Stricken, Häkeln und Schneidern sind en vogue. Es scheint, als suchten die Menschen ein Hobby mit sprichwörtlich handfesten Ergebnissen. Dazu passt die Nachfrage nach Werkzeugen, die für Qualität stehen – eben wie die Stifte von Faber-Castell, die vom Kindergarten bis ins hohe Alter über Generationen hinweg unseren Lebensalltag begleiten. Das Ausmalen ist ein meditativer Akt. Das manager magazin erklärt: »Für die Käufer der Malbücher ist das Ausmalen vorgegebener Muster ein farbenfroher Protest gegen Leistungsdruck, Selbst­ optimierung oder permanente Online-Präsenz.« Für »Die Welt« der Alptraum aller Kulturpessimisten: »Er hat es immer geahnt, und nun haben sich seine Befürchtungen bestätigt. Platz eins der Bestsellerlisten, belegt von einem Malbuch. Einem Malbuch für Erwachsene. Der Kulturpessimist weiß gar nicht wohin mit seinem Entsetzen und streicht nervös über die Buchrücken seiner Enzyklopädie.« Für die »Süddeutsche Zeitung« dagegen ist Ausmalen das neue Yoga: »Sie wollen sich entspannen? Weg vom Bildschirm oder von der aufreibenden Welt da draußen, und einmal ganz bei sich sein? Vergessen Sie Yoga. Statt zu Matte und Block geht der Trend jetzt zu Malbuch und Buntstiften.« Im »Der Spiegel« schließlich berichtet eine Redakteurin vom Selbstversuch in einem Café: »Ich koloriere gerade eine Seerose, da merke ich, dass meine Gedanken fliegen. Alles tritt plötzlich klarer hervor: Das raue Kratzen des Stifts auf dem Papier. Das Schreien eines Babys irgendwo hinter einer Säule, die französische Chansonmusik im Hintergrund. Die Wortfetzen der zwei Ärztinnen am Nebentisch, beide hadern mit ihren Vollzeitjobs. Man kommt sich noch nicht mal unanständig neugierig vor. Man malt ja schließlich aus.« Möglichkeiten, den Malbuch-Hype zu deuten, gibt es also viele. Unser Vorschlag: Nehmen sie die Buntstifte in die Hand und probieren Sie es doch einfach selbst. Und zwar gleich auf der nächsten Seite! Unsere Grafiker haben exklusiv für Sie Illustrationen vorbereitet. In welchen Farben sie strahlen werden, liegt ganz bei Ihnen.

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»The other day, I found a pencil in a drawer«, Graf von Faber-Castell recounts. »I’m sure it was 100 years old. And you know what? It still works«. Just like that pencil, writings and drawings can last a very long time. Now, both writing and drawing are enjoying renewed popularity. Perhaps it has something to do with the value of hand-made items. Knitting, crocheting, and sewing one’s own clothes are en vogue, too. It seems as if people are looking for hobbies that yield tangible results. So it makes sense that there would be a growing demand for quality tools – like Faber-Castell pencils, part of our everyday lives from kindergarten to old age, across generations. Coloring is a meditative act. manager magazin explains: »For people who purchase the coloring books, filling in pre-set patterns is a vibrant protest against the pressure to achieve, self-optimization, or constant online presence«. To »Die Welt«, these books are the cultural pessimists’ nightmare: »He always sensed it, and now his fears have been confirmed. Number one on the bestseller lists: a coloring book. A coloring book for adults. The cultural pessimist doesn’t know what to do with his horror and nervously runs his fingers over the spine of his encyclopaedia«. To the »Süddeutsche Zeitung«, in contrast, coloring is the new yoga: »You want to relax? Get away from the screen and the stressful world out there, and be yourself for once? Forget about yoga. Instead of mats and blocks, the trend is now about coloring books and colored pencils«. Finally, a journalist reports in »Der Spiegel« about her own experiment in a café: »I’m coloring a water lily, and then I notice that my thoughts are flying. Everything suddenly seems clear: the rough scratching of the colored pencil on the paper. The routine crying of a baby somewhere behind a column, the French chanson in the background. The scraps of conversation coming from the two physicians at the next table, women struggling with their full-time jobs. You don’t even feel indecently curious. After all, you’re just coloring«. So there are lots of ways to interpret the coloring book hype. We suggest: Pick up some colored pencils and try it yourself. Right on the next page! Our graphic artists have prepared some illustrations exclusively for you. The colors that will make them shine? That’s entirely up to you.


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Fast zu schรถn, um Ware zu sein


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Was wäre der beste Schauspieler ohne passende Bühne?   Visuelles Marketing ist die Kunst, mit perfekt strukturierten   und inszenierten Warenbildern stimmige Schaufenster-   und Raumkompositionen zu kreieren – und damit zu führen,   berühren, verführen. Almost too goods to be true  What would the best actor be without a matching   stage? Visual marketing is the art of creating perfectly structured   product arrangements in favour of compelling shopwindows and  appealing spatial compositions – to accompany, affect and allure.


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Von zerbrochenen und ungelegten Eiern von / by Jörg Becker

»Der Einkauf war Nasrudins häusliche Pflicht. Aber jedes Mal,   wenn er Eier heimbrachte – ein Dutzend, so wie seine Frau es verlangte – ihm auf dem Weg nach Haus zwei bis drei  kaputt … Eines Tages aber gelang es ihm alle zwölf   heile heimzubringen. Seine Frau war begeistert. ›Wie hast du   denn das geschafft?‹ fragte sie. ›Ganz einfach‹, antwortete er,   ›ich  kaufte fünfzehn Eier. Und schon bevor ich den Verkaufs-   stand  verließ, schmiss ich drei davon weg.‹«

(aus: Die wundersamen Abenteuer des Mulla Nasrudin)

On broken and unlaid eggs  »Shopping was Nasrudin’s domestic duty. But every   time he used to bring eggs home, a dozen at a time as per the   demand of his wife, he used to break two to three out of the   lot. — One day the Mulla managed to bring all the twelve intact   and his wife was delighted. ›How did you do this?‹ she asked. —   ›Simple,‹ said Hoja, ›I bought fifteen eggs, threw away three of   the lot even before I started carrying the remaining dozen from   the shop.‹«  ( from: The Extraordinary Adventures of Mullah Nasrudin)


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Vo n ze rb r o c he ne n u nd u n g ele g te n Eie r n / O n b r o ke n a nd u nla id e g gs

I  Viele Wege führen heil nach Hause, viele nach Rom, in die Zukunft, zum Kunden, zum Erfolg. Viele führen auch an allem vorbei. Die Idee ist alt, neu ist ihre Wegbeschilderung: Web, Handy, Email, iPad, Store, kurz: Multichannel. Neu ist nicht nur die sprachliche Form unserer alten Vielwegerei. Neu ist die Art und Weise, mit Vielheit umzugehen. Und die Perspektiven, mit denen wir ihr begegnen. So waren die vielen Wege nach Rom eine Erleichterung. Ich konnte mir aus meiner Position den einen, den besten Weg aussuchen. Die vielen Wege zum Multichannel wollen nun alle gleichzeitig begangen werden. Wenn diese Gleichzeitigkeit keine Erleichterung ist, ist sie dann automatisch eine Belastung? Begegne ich den neuen Wegen des Multichanneling mit der alten Position eines Unternehmens, Marketers oder Werbers, habe ich es mit einem ähnlich paradoxen Problem zu tun, wie der Mann, der mit demselben Hilfsmittel (Eierkorb) in gewohnter Manier (alle Eier in einem Korb) auf gewohnten Pfaden etwas verändern will. Veränderung zum Wohle des Gewohnten.

I  There are many ways to arrive home safely, all roads lead to Rome, and many paths lead into the future, to the client and to success. These sayings reflect an age-old idea, but the signposts are new: the web, mobile phones, email, iPads, the store. In short, multichannel. What is new is not only the linguistic form of our well-worn notion of multiple paths. The way we interact with multiplicity is also new, as is the perspective that we bring to these encounters. The many roads to Rome were a relief: I could choose the one road that was best for me from my position. The many paths of multichannel communication, however, now want to all be tread upon simultaneously. If this simultaneity is not a relief, is it then necessarily a burden? If I greet the new paths of multichanneling with the old position of a company, marketer or advertiser, I will face a paradoxical problem similar to that of the man who wants to change something while using the tried and true means (a basket of eggs) in the usual way (all the eggs in the same basket) on the usual path. Change to the benefit of the status quo.

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II  Als die klassische Physik vor 100 Jahren ihren Quanten begegnete, konnte ein Teilchen plötzlich an mehr als einem Ort gleichzeitig sein: Superposition. Prinzipiell kann dasselbe Huhn, das im Stall ein Ei legt, zur gleichen Zeit auch im Hof ein Ei legen. Unlogisch, aber möglich. Ein Unternehmen im Multichannel kann man sich ähnlich vorstellen. Position wird Superposition. Die »Mehr-als-eine-Position« muss also nicht mehr unbedingt Unentschlossenheit oder Bauernfängerei sein. Entscheidender Unterschied zur Physik: Im Multichanneling ist dasselbe in jeder Position anders, damit es gleich bleibt. Unlogisch, aber möglich. Unlogisch aber nur für eine Logik, die neue Marktplätze mit alten Verkaufsständen bespielt. Wobei es weniger um alt oder neu als vielmehr um den Stand an sich geht; die eine Position, in der die Grenzen des Verkaufstands den Verkäufer bewusst vom Käufer trennen – nach der Logik des Entweder-Oder: entweder erleichternd oder belastend, entweder wir oder die, hier oder dort, jetzt oder nie – eine im Westen über zweitausend Jahre antrainierte Sicherheitslogik.

II  When traditional physics encountered quantum mechanics a century ago, a particle was suddenly able to be in more than one location at the same time. This phenomenon was called superposition. In principle, the same chicken laying an egg in a stall can also be in the barnyard laying an egg at the same time. It is illogical but possible. A multichannel company can be imagined in a similar way. The position becomes a superposition. The »more-than-one-position« no longer necessarily has to mean indecision or trickery. A key difference from physics is that in multichannel communication the same thing is different in each position in order to remain the same. It is illogical but possible. It is only illogical, however, within a logic that brings old stalls to new marketplaces. This is a matter not so much of old or new as of the stall itself; the one position in which the borders of the stall intentionally separate the seller from the buyer, according to an either/or logic: either a relief or a burden, either us or them, here or there, now or never – a logic of certainty in which people in the West have been trained for more than two thousand years.

C HA N G E Y O U R —   P ERSP ECTI V E  III  Klassisch meint Identität, Stabilität, Felsen in der Brandung – Sicherheit durch Bestand. So bauen wir Häuser und Brücken. So planen wir unser Familienleben. Nur: Ab einer gewissen Höhe und Länge dürfen wir lernen, dass Häuser und Brücken veränderbar bleiben müssen, um standzuhalten. Gleiches gilt für das Familienleben. Gleiches gilt für Unternehmen im Multichannel. Wissen tun wir das alle. Und doch tun wir uns so schwer wie der Patient beim Psychiater: »Ich kann so nicht mehr, helfen Sie mir! Aber bitte verändern Sie mich nicht!«

III  Traditionally, identity means stability - security through a lasting, enduring presence. This is how we construct bridges and buildings. This is how we plan our family life. But when we go beyond a certain height and length, we learn that buildings and bridges must remain alterable in order to maintain their position. The same is true of family life. The same is true of companies in multichannel communication. We all know this. Yet we struggle like the patient who says to his therapist, »I can’t go on like this, please help me! But please don’t change anything about me«.

IV  Vielleicht wird die Aussage »im Multichannel ist dasselbe in jeder Position anders, damit es gleich bleibt« einfacher zu verstehen, wenn wir mit dem Synonym Perspektive argumentieren, das mehr als nur eine Position meint. Aus einem Blickwinkel betrachtet, sieht die Statue immer gleich aus. Gehen wir um sie herum, muss sie, um Statue zu bleiben, aus jeder Position anders ausschauen. Das Bild wird komplizierter, vielschichtiger, in unserem Kopf indes stabiler. Weil wir Teil des Ganzen werden. Insofern, als Perspektiven kein fertiges Bild an den Betrachter liefern, er somit in den Prozess der Vollendung eingebunden wird.

IV  Perhaps the statement »the same thing is different in different positions, so that it stays the same« is easier to understand if we speak about it using the synonym of perspective, meaning more than one position. Seen from one angle, a statue always looks the same. But if we walk around it, it must look different from each position. The image becomes more complicated and multi-layered, yet at the same time more stable in our minds – because we become a part of the whole. Insofar as perspectives do not give the observer a complete image, the observer becomes involved in the process of completion.


Vo n ze rb r o c he ne n u nd u n g ele g te n Eie r n / O n b r o ke n a nd u nla id e g gs

V  Für eine Praxis im Multichannel empfiehlt sich also: Ich, Unternehmen, verlasse die klassische Identitätsposition und werde selbst zu Perspektiven. Gehen wir noch einen Schritt weiter und verbinden Physik mit Kunst: Das Verhalten einer Statue ist ein spezieller Fall, weil sie statisch ist. Oder, um einen ausgleichenden Formalismus des britischen Kybernetikers Gordon Pask zu verwenden: »Jeden Moment in der Zeit verändert sie sich zu sich selbst.« So gesehen wird die sich nach Kontinuität sehnende theologische Position des ewigen »Seins« im Multichannel zur Darwinistischen Perspektive des sich stetig verändernden »Werdens«. Ein Unternehmen lebt also durch das Anpassen lassen zwischen seinen Perspektiven. Das heißt aber auch: Grenzen zwischen Sender und Empfänger zerfließen. So steht sich der Großteil des klassischen Marketings am Zaun des Social Media die Füße platt. Denn Markt ist hier kein Hühnerstall mehr, den man von außen mit Körnern füttert. Beim Social Media-Spiel sind alle Lieferanten, Körner und Hühner zugleich. Jeder Teilnehmer nimmt mehr als eine Rolle ein, eine Multifunktionalität übrigens, die Multichannel und Social Media teilen.

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V  A recommended approach for multichannel communication, then, is that I, the company, leave the traditional identity position behind and become multiple perspectives myself. If we go a step further and connect physics with art: The behaviour of a statue is a special case, for the statue is immobile, or to use an equivalent formalism [of the British cyber-netician Gordon Pask]: »It changes at each instant of time into itself«. Seen this way, the theological position of eternal »being« in multichannel communication becomes a Darwinian perspective on constantly changing »becoming«. A company thus thrives by adapting itself among its perspectives. But this also means that boundaries between the sender and the recipient dissolve. The majority of traditional marketing will be waiting at the door of social media until the cows come home. The market is no longer a coop of chickens that can be fed corn from the outside. In the social media game, all suppliers, corn and chickens are equal. Every participant takes on more than one role – a multifunctionality that multichannel communication and social media share.


Sto r ies u nfold e d

W I N GS & R OOTS

I L L O GI CA L B U T P OSSI B L E


Vo n ze rb r o c he ne n u nd u n g ele g te n Eie r n / O n b r o ke n a nd u nla id e g gs

VI   VI  Da kaum ein Gedanke ohne Paradox auskommt, wollen Given that scarcely any thought manages to avoid paradox, wir uns die Freude an ihm auch hier nicht nehmen lassen: we do not want to miss out on the pleasure of paradox here:: — — 1)   / Multichannel: Wenn man meint, viele Wege zum Erfolg 1)   / Multichannel: When one believes that the many paths auf nur einem einzigen Weg beschreiten zu müssen. to success can only be pursued on one path. 2)   /  Social Media: Wenn wir stets mit einer der Prämissen 2)   /  Social Media: When we always work with a social media des Social Media arbeiten, die von Grund auf unsozial ist: premise that is fundamentally antisocial: WIIFM (What’s In It For Me?) wi i f m (What’s In It For Me?) 3)   / Zukunft: Wenn wir von stetiger Veränderung durch 3)   / Future: When we speak of constant change through DarDarwin‘sches Werden im kommunikativen Kontext reden und winian becoming in the communications context and delight uns schon beim Einatmen an der theologischen Variante »Die from the very outset in the theological variation »the future is Zukunft ist jetzt« erfreuen, die im Prinzip das Gegenteil feiert. now«, which in principle celebrates the opposite. If the future is Wenn Zukunft jetzt ist, wird hier schon mal gar nichts mehr. now, then there is nothing more here. In Karl Popper’s sense, this Im Sinne Karl Poppers vergisst diese Ansicht, dass wir heute view forgets that we today do not know what tomorrow will bring. nicht wissen, was morgen kommen wird. — — In other words, multichannel communication is helpful Mit anderen Worten: Multichanneling ist hilfreich, if we do not use it exclusively or in a generally prescribed way. vorrausgesetzt man durchläuft es nicht ausschließlich und If we understand multichannel as the only channel and theo­ nach allgemein vorgeschriebener Gangart. Versteht man logise this approach as the new current state, we miss what is Multichannel als einzigen Channel, und theologisiert diese essential. Multichannel communication is not the be-all and Gangart als neuen Ist-Zustand, verpasst man das Wesentli- end-all of wisdom. It is a further process in the creation of che. Multichannel ist weder der Weisheit einziger noch letzter new ways, and we have no inkling of what these ways will be. Schluss. Es ist ein weiterer Prozess im Werden neuer Gangar VII  ten, von denen wir heute nicht die entfernteste Ahnung haben. Whether we talk about Generation X, Millennials or  VII  some other generational name, it seems that the perspectives Generation X, Y, Millenials und wie die Generationen- of all components of communication and their participants profile auch immer heißen mögen – wichtiger, so scheint es, are becoming more important in dialogue and multilogue. werden die Perspektiven aller Bestandteile von Kommunika-­ This is the case even though genuine dialogue between compation und ihrer Teilnehmer im Dialog beziehungsweise Multi- nies and consumers is and shall remain sheer marketing ideallog. Und das, obwohl ein echter Dialog zwischen Unterneh- ism. If this ever changes, there will no longer be any market for men und Verbraucher purer Marketing-Idealismus ist und finished products. Unless, that is, we understand persuasion bleibt. Sollte sich das jemals ändern, gibt es keinen Markt mit to be a dialogical exchange. fertigen Produkten mehr. Es sei denn, wir verstehen PersuaIt will be vital for companies to avoid encountering a sion als dialogischen Austausch. relatively fluid market like multichannel communication and Für Unternehmen wird es entscheidend sein, einem re- social media as a »corporation«, a fixed body. For a great deal lativ flüssigen Markt wie Multichannel und Social Media nicht is lost in this. It is advisable to focus not only on how one als »Corporation«, als festem Körper, zu begegnen. Denn da »multichannels«, but also on the questions of why and in what geht vieles unter. Es bleibt zu empfehlen sich nicht nur darauf capacity one is multichanneling. zu konzentrieren, wie man »multichanneled«, sondern auch darauf, als was und wofür man es tut. Or, to quote an old English saying, »Don’t put all your eggs in one basket.« Oder, um mit den Engländern zu sprechen: »Don’t put Jörg Becker is Creative Director at Blocher Blocher View. all your eggs in one basket.« Jörg Becker ist Creative Director bei Blocher Blocher View.

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D i e Ko m m u n i k a t i o n s a r c h i t e k t e n

Publishing Guidance Systems Visual Marketing Corporate Design Digital Solutions


hessnatur

HESSNATUR frankf u rt a m m a in , g erma n y

»Nachhaltig sportlich erfolgreich sein« titelt eine Sportzeitschrift, »Gut gemischt nachhaltig investieren« rät Finanzen.de, über »nachhaltig wandern« schreibt ein Zukunftsblog. Dabei bekommt man das Gefühl, dass je mehr wir darüber reden, desto weniger wissen wir darüber. Auch im Handel ist der Begriff mittlerweile ein Dauerbrenner. Aber was steckt dahinter? — »Achieving sustainable athletic success,« reads a headline in a sport magazine. »Make a good mix of sustainable investments,« advises a personal finance website, while a blog about the future discusses »sustainable hiking«. One can get the impression that the more we talk about sustainability, the less we know about it. In commerce, too, the term has become ubiquitous. But what’s behind it?

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hessnatur

F

/ / NATURMODE STORE

/ / NATURAL FASHION STORE   Kaiserstraße 3 60311 Frankfurt am Main Germany

200 m² Hess Natur-Textilien GmbH, Butzbach

Fest steht: Nachhaltigkeit beginnt bereits mit der Planung. Blocher Blocher Shops hat seit jeher höchste Ansprüche an die Projektqualität. Dazu gehört es Räume zu entwickeln, die zeitlos sind – und über schnelllebige Trends erhaben. Das ist nachhaltig, weil Überarbeitungszyklen und damit anfallende Umbauarbeiten, Materialabfälle und der Ressourcenverbrauch reduziert werden. Ganz zu schweigen davon, dass gut gemachte ­Konzepte aufgrund ihrer Langlebigkeit den Geldbeutel schonen. Sicher, Nachhaltigkeit bedeutet auch Investition. Aber: Der Return of Invest lohnt den Aufwand. Man denke etwa an ein LED Beleuchtungskonzept; hier lässt sich einerseits durch den geringeren Aufwand bei der Kühlung, andererseits durch den längeren Lebenszyklus der Leuchtmittel Energie einsparen – und damit Kosten. Auch wer im Innenausbau auf nachwachsende Rohstoffe setzt, möglichst aus regionalem Anbau, schont nicht nur die Umwelt. Zugleich werden ­lokale Unternehmen gestärkt und damit indirekt die heimische Wirtschafts- und Kaufkraft.

/ / ÖKOLOGIE, FUNKTION, ÄSTHETIK Gestaltern begegnet oft das Vorurteil, dass Nachhaltigkeit, vor allem die ökologische, in der Umsetzung bieder wirke. Das Storekonzept für die Naturmodemarke hessnatur beweist das Gegenteil. Hier sind Ökologie, Funktion und Ästhetik einträchtig vereint. Alle Baustoffe stam-

147 men aus nachhaltigem, deutschem Anbau und sind recyclebar. Dank der vielen in den Store inte­grierten Informationen zu Marke und Produkten – inklusive interaktiven Screens und Tablets – wird die Welt von hessnatur multimedial anschaulich und greifbar macht. Nicht jeder wird das Thema Nachhaltigkeit so ganzheitlich und konsequent angehen können. Doch es ist schon viel erreicht, wenn sich Gestalter und Bauherren mit dem Thema auseinandersetzen. Und dann die eine oder andere Entscheidung zugunsten der nachfolgenden Generationen treffen. What is certain is that sustainability begins with planning. Blocher Blocher Shops has always had the highest standards of quality for its projects. This includes developing spaces that are timeless, and therefore outside of any fleeting trends. This is sustainable because it reduces the frequency of overhauling buildings, which in turn reduces renovations, waste of materials, and resource use. Not to mention that well-designed concepts save money through their longevity. Certainly, sustainability requires investment upfront. But the return on investment makes the cost worthwhile. Consider the example of an LED lighting concept: it saves energy, and thus money, on one hand through reduced cooling effort and on the other hand through the longer lifecycle of the lamps. Those who value the use of renewable raw materials from regional sources protect more than just the environment. They also strengthen local businesses and thus indirectly strengthen the local economy and its purchasing power. / / SUSTAINABILITY IS BEAUTIFUL Designers often encounter the prejudice that sustainability, especially environmental sustainability, looks unstylish in practice. Through its harmonious combination of ecology, functionality and aesthetics, the store concept for the natural fashion brand hessnatur shows that the opposite is true. Synthetic materials are taboo; all construction materials are sustainably sourced from Germany and are recyclable. The many forms of information about brands and products that are incorporated into the store – including interactive screens and tablets – make a multimedia presentation of the world of hessnatur accessible and tangible. Not everyone will be able to tackle the issue of sustainability in such a holistic and thorough way. But it is already major progress if designers and builders engage with the topic – and every decision they take to the benefit of future genera­ tions makes a difference.


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de   >  Die Möbel bei hessnatur entsprechen der Maxime, die auch den Kollektionen zugrunde liegt: Alle Produktionsstufen sind transparent und sauber nachvollziehbar. —  en   >  The furniture corresponds to a maxim which also underlies the collections of hessnatur: all production stages are transparent and easily comprehensible.

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de   >  Wo wird die Baumwolle für hessnatur geerntet? Wie vorbildlich sind die Produktionsbedingungen im Ausland? An der interaktiven Landkarte erfährt der Kunde mehr. —  en   >  Where does the cotton for hessnatur come from? How examplary are the production conditions abroad? At the interactive world map, the customers learn more.

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VfB Fan-Center

VFB FAN-CE NTE R stu t tg a rt, g erma n y

In unmittelbarer Nachbarschaft zur Mercedes-Benz-Arena ist ein neuer Herzblutort für die Fans des Fußballbundesligisten VfB Stuttgart entstanden. Größer und heller, aber auch emotionaler als zuvor erzählt der Store von Fußballleidenschaft, Heimat­verbundenheit und einer spannenden Vereinsgeschichte. — Within steps of the Merecedes-Benz-Arena a new exciting place for the fans of the football team VfB has been created. With more space and more light, but also more emotion than ever, the store tells stories about passion for football and the home team, and about the club’s exciting history.

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/ / FANSHOP

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Mercedesstraße 73A 70372 Stuttgart, Germany

450 m² | 10.2015 VfB Stuttgart Merchandising GmbH, Stuttgart

Der Fußballverein VfB gehört zu Stuttgart wie der Fernsehturm, der Canstatter Wasen oder die Wilhelma. Für das enge Band zwischen Club und Landeshauptstadt stehen stellvertretend die treuen Fans, die in guten wie in schlechten Zeiten zu ihrem Verein halten. Ihnen schenkt der VfB mit dem rundum erneuerten Fan-Center eine neue zweite Heimat. Mit Materialien, Strukturen und Farben haben die Innenarchitekten von Blocher Blocher Shops echtes Stadionfeeling geschaffen – und appellieren mit emotionalen Botschaften an das Wir-Gefühl von Fans und Verein.

/ / DAS STADION IM STORE Die Anleihen an die Spielstätte des VfB sind im Store unverkennbar. Da sind zunächst einmal die charakteristischen Farben: Weiß, Grau und Schwarz bilden den Hintergrund, auf dem Akzente im CI-Rot des VfB ideal zur Geltung kommen. Auch die gezielt eingesetzte Betonoptik, verzinktes Metall oder der bewusst inszenierte Sportboden sind Reminiszenzen ans Stadion. Genauso wie die Umkleiden im originalen Spielerkabinen-Look. Von hier führt ein stilisierter Stadiontunnel auf die Verkaufsfläche; rechts und links imitieren großformatige Fotos den Blick aus der Spieler-Perspektive. Weitere Zitate aus der Fußball-Arena: das an Stadionstufen erinnernde Treppendisplay zur effektvollen Warenpräsentation und die Original-Stadion­

sitze, die im Shop eine authentische Atmos­ phäre schaffen. Bei all den Zitaten und Verweisen steht stets der VfB im Zentrum: So prägt zum Beispiel der typische rote Trikot-Brustring, das Erkennungszeichen des Vereins, den Store. Als flächiges Grafik-Element zieht er sich an den Wänden entlang, hält gewissermaßen den Shop zusammen, um dann doch immer wieder spielerisch aus seiner Ursprungsform auszubrechen. In diesen Fällen erwachsen aus dem roten Band zentrale Schlagwörter oder Jahreszahlen, die in der Vereinsgeschichte eine große Rolle spielen. The football team VfB is as emblematic of Stuttgart as the TV tower, the Stuttgart Beer Festival, or the Wilhelma. Sincere fans who stand by their club in good times and bad represent the close ties between the club and the city of Stuttgart. And VfB has given them the gift of a new second home, the completely renovated fan center at the Mercedes-Benz-Arena. Blocher Blocher Shops’ interior designers created a ge­ nuine stadium feeling with materials, structures, and colors – using emotional messages to appeal to the fans’ feelings of club loyalty.

/ / THE STADIUM IN THE STORE References to VfB’s stadiums are unmistakable in the store. To begin with, there are the characteristic colors: White, grey, and black form the background against which the accents in VfB’s CI red are highlighted to best advantage. The look of concrete, galvanized metal, or the intentionally staged sports flooring, all used in a targeted fashion, are reminiscent of the stadium. As well as the changing rooms, which are designed like real locker rooms. From here, a stylized stadium tunnel leads to the sales floor; large-format photos on either side imitate the view from the players’ perspective. Other references to the football arena: the staircase display that is reminiscent of a real stadium and is used for effectively presenting goods or the original stadium seats that create an authentic atmosphere in the shop. The VfB is always at the center of attention: For example, the VfB team jersey’s red stripe is found in the store. As a two-dimensional graphi­cal element, it extends along the walls as if holding the store together, but also occasionally breaks playfully out of its original form. At those spots, key buzzwords or important dates in the club’s history emerge from the red band.


VfB Fan-Center

de   > Visual Merchandising und Dekoration wurden von Anfang an in die Store-Entwicklung einbezogen, etwa bei der Konzeption des Storytelling-Konzepts. —  en   >  From the beginning, visual merchandising and decoration were included into the store design, for example on developing the storytelling concept.

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COMMA

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Im Salz­burger Europark feiert ­Comma mit seinem neuen Store-Konzept ÖsterreichPremiere. [Hier] findet auf einer vergrößerten Fläche von nun 137 m² neben der Hauptkollektion Comma auch die jüngere Casual-Line Comma Casual Identity Platz. Wichtig war es der Marke, eine klare und verständliche Abgrenzung zwischen den beiden Kollektionen zu schaffen. (Quelle: Österreichische Textilzeitung 21/15)

s alz bu rg , au stria

Comma is celebrating its Austrian debut with a new store concept at the Europark in Salz­ burg. An area that has been expanded to 137 m² now features not only the main Comma collection but also the younger casual line Comma Casual Identity. It was important to the brand to create a clear and understandable demarcation between the two collections. (Source: Österreichische Textilzeitung 21/15)

/ / MONOBRAND STORE   Europark, Linzer G. 10, 5020 Salzburg, Austria   137 m² | 10.2015 comma, GmbH, Rottendorf


C o mma

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LUISA CE RANO

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ulm, ge rmany

Luisa Cerano begeistert selbstbewusste Frauen mit individuellem Stil in aller Welt. Das Markenzeichen: eine unverkennbare femininlässige Silhouette. So einzigartig wie die Mode ist auch das Storekonzept von Blocher Blocher Shops. Die Österreichische Textilzeitung berichtet: »Seinen bisher größten Shop-in-Shop hat das Premi­umlabel Luisa Cerano bei Reisch­ mann in Ulm eröf­f­net. Im Segment »Designer’s Women« entstand ein 56 m² großer Corner im besonders hochwertigen Ambiente. Echtes gekalktes Eichenparkett steht hier im modernen Kontrast zu Strukturbeton an den Wänden. Marmorelemente und die strahlende Messingoptik der Warenträger und -tische unterstreichen den Premium-Charakter.« (Quelle: Österreichische Textilzeitung 21/15).

Around the world, self-confident women with a unique sense of style enjoy Luisa Cerano, a brand with a distinctive, casually feminine silhouette. Just as unique as the line’s clothing is its store concept by Blocher Blocher Shops. According to the Österreichische Textilzeitung: »The premium label Luisa Cerano has opened its largest shop-in-shop to date, at the Reischmann store in Ulm. The 56 m² designer women’s corner has a particularly upscale atmosphere, featuring genuine whitewashed oak parquet in modern contrast to the structural concrete walls. Marble elements and gleaming brass details underscore the design’s premium character«. (Source: Österreichische Textilzeitung 21/15).

/ / MONOBRAND SHOP   Bahnhofstraße 4, 89073 Ulm, Germany   56 m² | 08.2015 Luisa Cerano GmbH, Nürtingen


Luisa Cerano

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finke

FINKE hamm-rhyn ern , g erma n y

Das Möbelhaus für die Unternehmensgruppe finke am Standort Hamm verbindet Selbstbewusstsein mit reduzierter Leichtigkeit - und fügt dem Architekturkanon der Möbelbranche eine neue Typologie hinzu. — At its Hamm location, the home furnishings store of the finke group of companies blends confidence with lightness – and adds a new typolog y to the canon of furniture store architecture.

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/ / MÖBELCENTER

/ / FURNITURE CENTER

Unnaer Straße 35, 59069 Hamm-Rhynern, Germany

44,000 m² | 09.2015 finke Das Erlebnis-Einrichten GmbH & Co. KG, Paderborn

Hinter finke steht eine mittler­ weile fast 60-jährige Firmengeschichte, die 1958 im ostwestfälischen Paderborn mit wenigen Quadratmetern Ausstellungsfläche begann. Heute gehört das Unternehmen zu den Marktführern in Deutschland. Das neue Möbelcenter in Hamm-Rhynern stellt die bislang größte Investition der expandierenden Unternehmensgruppe dar. Dank der Architektur von Blocher Blocher Partners ein weithin sichtbares Zeichen des Qualitätsanspruchs, Innovationswillens und der Persönlichkeit finkes. Das Möbelkompetenzzentrum gliedert sich in zwei Gebäude: das finke Einrichtungshaus auf 36.000 Quadratmetern und das Mitnahmekonzept Carré, das hier auf 8.000 Quadratmetern seine Premiere feiert. Die Baukörper sind durch eine weitläufige Plaza miteinander verbunden; dabei öffnet und präsentiert sich das Möbelkompetenzzentrum nach allen Seiten und bettet sich – mit geschmeidigen Formen und begrünten Dachlandschaften – in die Umgebung ein. Die konstruktiven Außenhüllen sind mit hochwertigen Aluminiumpaneelen versehen; konsequenter­weise gibt es keine »Rückseiten«, stattdessen zieht sich die Fassadengestaltung um die gesamten Gebäude. Großzügig verglaste Fassadenausschnitte markieren Eingangsbereiche und Sonderzonen (etwa das Restaurant). Bei Dunkelheit wird die Fassade des Einrichtungs-

hauses mittels LED-Technologie sanft beleuchtet. Ein Energiekonzept mit hoher Eigennutzung von regenerativ erzeugtem Strom und Solarkühlung rundet das zukunftsorientierte Gesamtkonzept ab. The finke company can look back on an almost 60-year history, which began with a few square metres of floor space in the Westphalian city of Paderborn. Today, the company is a leader in the German market. The new furniture center in Hamm, Rhynern represents the biggest investment of the expanding group of companies. Thanks to the architectural planning of Blocher Blocher Partners, this center is a visual sign of the quality standards, innovation and personality of finke. The furniture centre consists of two buildings: the finke home furnishings store at 36,000 square metres, and the self-service concept Carré, with 8,000 square metres of floor space, which commemorates its premiere here. A spacious plaza connects the buildings; it opens and presents the furniture centre from all sides, and is embedded – in sleek forms and green roof landscapes – into its environment. The outer shells are panelled in high quality aluminium, consequently there are no »rear sides«; the façade surrounds the entire building. The entrance to the buildings and special areas (e.g. the restaurant) seem to be cut out of the generously glazed façade, which is softly lit by way of LED technology at night. Power is practically self-sufficient and supplied by way of renewables-based electricity. Solar cooling completes the overall future-oriented concept.


finke

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de   >  Die Treppe als zentrales Verbindungselement: mal einfacher Steg, mal mehrfach geknickt oder geschwungen. —  en   >  The staircase as a central link: sometimes a simple landing stage, sometimes with multiple turns or curved.

de   >  Das Atrium: weitläufig, hell, übersichtlich. —  en   >  The atrium: spacious, bright, clear.


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AUFWÄRTSSPIEL up, up a n d away

Mit seinem Unternehmen möbelt er die Branche auf, als Präsident richtete er sich mit dem Fußballverein SC Paderborn in der höchsten deutschen Spielklasse ein. Begegnung mit Wilfried Finke, der Möbel und Sport zum Erlebnis macht. —

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His company revamped the entire branch; as president of SC Paderborn he propelled the football club to the heights of the top German division. A portrait of Wilfried Finke, and his two passions: furniture and sport. — von / by Angela Kreutz

»Es gibt Situationen im Leben, in de»There are some situations in life where big points can be sconen die Big Points gemacht werden. Viel- red. Maybe there are ten moments like that. If you make the right deleicht sind es zehn solcher Augenblicke. cision at that point, you’ve got a good chance of building a business«. Wenn man da die richtige Entscheidung Wilfried Finke used these moments – for his company and trifft, ist das eine gute Voraussetzung, um football, for his heimat and himself. Thoughtful, persistent and disein Geschäft aufzubauen.« arming. His recent coup: securing former world class player Stefan Wilfried Finke hat diese Momente Effenberg as trainer for the second league club SC Paderborn 07, of genutzt – für sein Unternehmen und den Fußball, für seine Heimat which the entrepreneur has been president (with one short break) for und für sich. Durchdacht, hartnäckig und gewinnend. Der vorerst the past 18 years. In 1981, Finke took over the eponymous family business from letzte Coup: Den früheren Weltklassespieler Stefan Effenberg als Trainer für den Fußball-Zweitligisten SC Paderborn 07 zu gewinnen, his father and turned the small furniture retailer into a strong brand dessen Präsident der Unternehmer mit einer kurzen Unterbrechung name, with a turnover of 300 million euros and 1,500 employees at 13 locations. His prognosis for the newly opened premises in Hamm seit 18 Jahren ist. 1981 hat Finke von seinem Vater den gleichnamigen Familien- is 80 million euros. betrieb in Paderborn übernommen und das kleine mittelständische The door opens. From his desk at the other end of the room, WilMöbelhaus zur starken Marke gemacht. An 13 Standorten mit 1.500 fried Finke hastens to greet his visitor. The office is spacious. He shares Mitarbeitern werden heute 300 Millionen Euro Umsatz erzielt. Die Pro- the desk by the window with his son Alexander. That he himself once gnose für das neu eröffnete Haus in Hamm liegt bei 80 Millionen Euro. left home to find his feet in Berlin can now be seen as a youthful adDie Tür schwingt auf, Wilfried Finke eilt von seinem Arbeits- venture. It was important for him to be successful in sales somewhere platz am anderen Ende des Raums dem Besucher entgegen. Das Büro else and might have persuaded his father to bring him back home a ist weitläufig. Den Schreibtisch am Fenster teilt er mit seinem Sohn year later and grant him a general commercial power of representation. Alexander. Dass er selbst in jungen Jahren seinem Vater aus dem Weg One way or another, Finke would never have settled so far gegangen ist, um sich in Berlin zu beweisen, ist nur eine jugendliche away; even a potential career as a professional footballer didn’t have Episode. Zu erleben, anderswo erfolgreich verkaufen zu können, war the power to attract him. First and foremost, Finke is a family man; wichtig und vielleicht hat es auch den Vater überzeugt, seinen Sohn the community gives him the support he needs, the strength for his entrepreneurship. nach einem Jahr heimzuholen und mit der Prokura auszustatten. So oder so: In der Ferne wäre Finke nie sesshaft geworden, He is a Paderborn fanatic as well: He supports his heimat selbst eine mögliche Karriere als Profifußballer hatte nicht genug like no one else. His commitment to SC Paderborn has given the Anziehung. Finke ist zuallererst Familienmensch, er braucht den town a new lease on life; football has become a flagship for the Rückhalt der Gemeinschaft, sie gibt ihm die Kraft für sein Unter- 145,000-strong community in East Westphalia and has had a positive nehmertum. influence on development in the region.


A ufw ä r tsspiel / Up , up a nd a w a y

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Und natürlich ist er »Paderborn-Fanatiker«, steht für seine  de   >  Sichtlich stolz: Wilfried Finke (l.) im neuen Store in Hamm Heimat wie kaum ein anderer. Mit seinem Engagement beim SC  en   >  Really proud: Wilfried Finke (l.) in the new store in Hamm Paderborn hat Finke der Stadt Auftrieb verliehen; Fußball ist zum Aushängeschild der ostwestfälischen Kommune mit ihren 145.000 Yet the young Finke’s chances of following a professional career Einwohnern geworden, hat die wirtschaftliche Entwicklung der were good. Having started early, he made it to the East Westphalia ­Region positiv beeinflusst. selection. After coming back to Berlin in 1969 he returned to the Dabei sind die Aussichten auf eine Profi-Laufbahn für den jun- team and played until 1981. The drop in performance was predictable, gen Finke gut gewesen. Früh gestartet, hatte er es bis zur Ostwestfa- because the junior player had no time for training. Finally, with the len-Auswahl gebracht. Und kaum aus Berlin zurück, zog es den Fuß- death of his father and expansion of the company, he ceased particballer wieder zu seiner Mannschaft, wo er noch bis 1981 spielte. Der ipating in competitive sports. Leistungsabfall indes war programmiert, weil das Nachwuchstalent The Finke team could hold their own anywhere in Europe, says keine Zeit fürs Training hatte. Schließlich folgte nach dem Tod des their boss proudly: »Our departments are healthy. The only reason Vaters und der Ausbau der Firma der Abschied vom Leistungssport. we’re not among the top five names in the country is the location. In Die Finke Mannschaft könne heute an jedem Ort in Europa Paris, Munich or Berlin we’d make double or triple the turnover with bestehen, sagt ihr Chef voller Stolz: »Unsere Ressorts sind gut besetzt. the same amount of retail space«. Dass wir nicht zu den fünf Branchengrößen der Republik gehören, The minimal fluctuation among employees in the top two levels ist letztlich nur den Standorten geschuldet. In Paris, München oder underlines the role of the industry leader. »The furniture business is Berlin würden wir mit derselben Verkaufsfläche die doppelten oder like a village; there are maybe 20 companies defining 70 per cent of dreifachen Umsätze machen.« the market. Just the fact that they’re working at finke gives each of our Die geringe Fluktuation in der ersten und zweiten Mitarbei- employees a great boost«. The secret of success? As with every good ter-Reihe unterstreicht die Rolle des Branchenprimus. »Die Mö- company, it’s the freedom it provides employees, and an atmosphere belbranche ist ein Dorf, da gibt es vielleicht 20 Unternehmen, die »that makes people enjoy working for us«. 70 Prozent des Markts bestimmen. Allein die Tatsache, bei finke zu sein, gibt jedem unserer Mitarbeiter eine große Strahlkraft.«


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Das Erfolgsgeheimnis? Wie in jedem guten Unternehmen der FreiThat appeal clearly makes SC Paderborn just as attractive. Alraum, den das Handelshaus gewähre und ein Betriebsklima, »das den most one third of all national league trainers have used the club as a springboard for their career. Now it’s the turn of former national Leuten Spaß macht bei uns zu arbeiten«. Ein Reiz, der ganz offensichtlich den SC Paderborn ebenso player Stefan Effenberg to show he has what it takes. »I think he was on the lookout for a club that wasn’t tainted by begehrenswert macht. Nahezu ein Drittel der derzeitigen Bundesliga-Trainer hat den Verein als Karriere-Sprungbrett genutzt. Nun scandal; one that had a clear management structure and was straightwill der frühere Fußball-Nationalspieler Stefan Effenberg sich hier forward,« says Finke. Each found the other agreeable; the character traits are similar. »We both have our career plans mapped out«. And: für höhere Aufgaben empfehlen. »Ich glaube, dass er einen Club gesucht hat, der skandalfrei ist, »Stefan Effenberg was certainly interested in being in an environment eine klare Führungsstruktur hat und total unaufgeregt ist«, meint where he could show his best qualities. We had the feeling he took Finke. Die Sympathie liege auf beiden Seiten, die Charakterzüge it seriously«. ähnelten sich. »Wir haben beide einen klaren Karriereplan.« Und: He has certainly found himself in the best furniture store in »Stefan Effenberg hat es sicherlich gereizt, in so einem Umfeld seine town, says Finke with a grin. Did he take a selective approach, like Qualitäten deutlich zu machen. Wir hatten das Gefühl, dass er es most customers nowadays, or go for tradition? Probably not the latter. ernst meint.« The times when generations of families furnished their entire home Immerhin habe er sich im besten Möbelhaus der Stadt einge- are gone, says Finke. richtet, sagt Finke schmunzelnd. Ob er selektiv vorgegangen ist, wie Customer loyalty is just as hard-won as that of fans. In Pa­ die meisten Kunden heute, oder traditionell? Wohl eher nicht. »Die derborn, SC 1997 was formed from a splinter group. »Right now, Zeiten, in denen die Familien sich komplett ausstatteten und das über Paderborn is as far removed from being a traditional club – like VfB Stuttgart or Bayern Munich – as it is from the moon«. And yet: To Generationen hinweg, sind vorbei«, sagt Finke. Die Treue der Kunden im Möbelhaus ist ebenso hart erarbeitet begin with there weren’t even 600 spectators at a game. Nowadays wie die Treue der Fans. In Paderborn hat sich der SC 1997 aus einer the average is 10,000. In football, the number of fans grows slowly but steadily over Splittergruppe gegründet. »Von einem Traditionsverein wie dem VfB Stuttgart oder Bayern München ist der SC Paderborn im Moment so the generations. History writes a shared past, and maybe that’ll be the


A ufw ä r tsspiel / Up , up a nd a w a y

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stehen nie. Gleich ob als Präsident, der an die Stadion-Erweiterung denkt, oder als Unternehmer, der nach Hamm einen weiteren Standort für die finke Gruppe ins Auge gefasst hat. Fast nicht zu glauben, dass dieser Mann im Urlaub die Uhr ablegt, das Handy wegpackt und nur über eine Notfallnummer zu erreichen ist. Mehrere Wochen im Jahr verbringt Finke auf Mallorca; die Balearen-Insel ist der familiäre Rückzugsort. Dass die Flugpläne den Spielplänen angepasst wurden ist allerdings eine Zeitungsente. »Aufsteigen, ohne abzuheben, das können wir«, steht auf der Wand im Flur gegenüber von Finkes Büro. Wie wahr. ANGELA KREUTZ IST GESCHÄFTSFÜHRERIN VON BLOCHER BLOCHER VIEW.

weit entfernt wie die Erde vom Mond.« Dennoch: Kamen anfangs keine 600 Zuschauer zu den Spielen, sind es heute durchschnittlich 10.000. Im Fußball wachsen die Fans über Generationen hinweg, langsam aber stetig. Die gemeinsame Vergangenheit schreibt die Geschichte, in 20 Jahren vielleicht auch für Paderborn. Finke zitiert ein chinesisches Sprichwort: Wer nicht los laufe, komme nicht an. Man müsse nicht zwingend unter den Vorreitern sein. »Nehmen wir den Multichannel-Vertrieb, da haben einige hunderte Millionen von Euro versenkt. Wir sind vorsichtiger gewesen, doch nun müssen wir uns genauere Gedanken machen.« Die medialen Shopping-Angebote haben die Kundenbindung brüchig gemacht, der Möbelhandel muss sich bei jedem Kauf von neuem beweisen. Er muss spannende Stories mit neuen Konzepte erzählen. »Wie das Wort Multichannel bereits sagt: Wir wollen den Verbraucher über die verschiedenste Kanäle ansprechen und unseren Handel anreichern.« Die Zukunft im stationären Handel sieht Finke positiv, mit einer punktgenauen Dienstleistung. Kunden wollen Verlässlichkeit – beispielsweise im After Sale-Bereich. Sie wollen die Möbel erleben und wünschen eine qualifizierte Beratung. »Aber wir müssen sie auf den Geschmack bringen.« Nicht zuletzt gilt es, die Mannschaft einzuschwören. »Keiner schafft es allein. Damit andere mitgehen, ist es für mich wichtig, berechenbar zu sein«, sagt Finke. Die Richtung vorgeben und selbst den Weg mitgehen – das zeichne erfolgreiche Unternehmer aus. Finke bringt ein Beispiel vom Tag seiner Wahl zum Präsidenten. Da träumten die Paderborner von der scheinbar unerreichbaren Zweiten Liga. »Ich habe den Mitgliedern versprochen, dass wir dort spielen werden und 90 Prozent meiner Zuhörer haben gelacht. Nun sind wir mehr als die Hälfte meiner Amtszeit schon im Profibereich und haben in der vergangenen Saison sogar am Nektar der ersten Liga genippt.« Finke glaubt an die Kraft der Gedanken. Wer nicht in der Lage sei den Erfolg zu visualisieren, werde ihn auch nie erreichen. Auch der zweite Traum hat sich erfüllt: ein wettbewerbsfähiges Stadion, das 2017 bezahlt sein wird von einem Verein, der finanziell rundum gesund ist, weil ihn der Präsident aus der Überschuldung geführt hat. Natürlich würde er gerne den Erfolg des Aufstiegs wiederholen. Überhaupt gibt es nur eine Richtung: vorwärts. Innehalten ja, still

case for Paderborn too, in 20 years. Finke quotes a Chinese proverb: »He who never sets out, never arrives«. You don’t have to be one of the trailblazers. »Take the multichannel business: Some lost several hundred million euros. We were more careful, but we do now have to be more clear-headed«. Online shopping has weakened customer loyalty; the retail furniture trade has to prove itself with each new purchase. It has to offer exciting stories with fresh concepts. »As the word multichannel indicates, we want to engage with the consumer via different channels and enrich our trade«. He sees a positive future for retail trade, with a precise service provision. Customers want reliability – for instance, in after sales. They want to try out furniture and to be advised by someone qualified. »But we have to whet their appetite«. Not least, you need the team on your side. »No one can do it alone; to get others to join you it’s important to be predictable,« says Finke. Successful entrepreneurs have this in common: they show the direction, then take it themselves. Finke cites an example from the day he was elected president. The Paderborn club was dreaming of the seemingly unattainable second league. »I promised the members that we would be playing in it and 90 per cent of my audience laughed. Now we’ve been playing in professional football for more than half of my period in office and even tasted the nectar of the first league last season«. The second dream has come true as well: a competition-standard stadium, which will be paid for by 2017 by a financially healthy club, thanks to a president who has pulled it out of debt. Finke believes in the power of the mind. If you aren’t in a position to visualise your success, you will never attain it. Of course, he’d like to repeat that successful climb. In any case, the only way to go is up. Pausing yes, but standing still never – whether it’s as club president considering an extension to the stadium or as entrepreneur with a further location in mind for the Finke group after Hamm. It’s almost impossible to believe that this man doesn’t wear a watch while on holiday, packs his mobile phone away and is only available on an emergency number. Finke spends several weeks a year on Majorca – the island is a place of retreat for the whole family. It isn’t true what the papers say – that flights are arranged to fit in with the games. On the wall opposite Finke’s office it reads: »Climb higher without flopping: Yes we can!« How true. ANGELA KREUTZ IS MANA GING DIRECTOR AT BLOCHER BLOCHER VIEW.


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JOST

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Wäsche so weit das Auge reicht: Das Modehaus Jost hat am Unternehmenssitz in Grünstadt ein separates Wäsche-Fachgeschäft eröffnet. Auf 800 m² und zwei Etagen setzt ein luxuriöses und edles Ambiente Wäsche, Home­ wear und Strümpfe für Sie und Ihn in Szene (Konzept: Blocher Blocher Partners, Stuttgart). Besonders fallen die großzügigen Umkleidekabinen auf – übrigens auch mit goldener Klingel ausgestattet, um Verkäufer zu rufen, sollte einmal gerade niemand in unmittelbarer Nähe sein. (Quelle: www.textilwirtscha ft.de)

Undergarments as far as the eye can see: Fashion retailer Jost has opened a separate specialised shop for intimate apparel at its company headquarters in Grünstadt. Spanning two floors and 800 m², the shop showcases women’s and men’s undergarments, loungewear and hosiery goods (concept: Blocher ­Blocher Partners). The large changing rooms are eyecatching and equipped with a golden bell to ring a salesperson for assistance if needed. (Source: www.textilwirtscha ft.de)

grünsta dt, g erma n y


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Jos t

/ / WÄSCHE- UND STRUMPFHAUS / / LINGERIE AND STOCKINGS STORE   Hauptstraße 38–42, 67269 Grünstadt, Germany   750 m² | 10.2015 Jakob Jost GmbH, Grünstadt


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1906 BY ANGÉLOZ l aus anne, switzerl a n d

Fribourg, Lausanne, Bulle, Crissier – das in der vierten Generation familiengeführte Handelsunternehmen Angéloz hat 2015 mit neuen Locations und dem Umbau des Haupthauses seine Stellung als einer der wichtigsten Modeanbieter der Schweiz gefestigt. Auch dank der jungen Marke 1906 – die sich frischer denn je präsentiert. — Fribourg, Lausanne, Bulle, Crissier – retailer Angéloz, a family-owned business for four generations, has confirmed its position as one of Switzerland’s most important fashion houses in 2015 with new locations and the remodelling of its headquarters. The young brand 1906 also appears fresher than ever.


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/ / FASHION STORE

Rue Pichard 20, 1003 Lausanne Switzerland

400 m² | 10.2015 Les Boutiques Angéloz SA, Fribourg

Die Geschichte von Angéloz beginnt im Jahr 1906 mit einer Weberei in der Region Fribourg. Heute steht das Gründungsjahr für das junge Konzept des Schweizer Modehauses, das 2012 in Fribourg seine Premiere feierte. Nun also Store Nummer drei – mit bekannten Elementen und neuen Einflüssen. Neu sind Material und Farbwahl, reduziert auf Beton, Stahl und Altholz in Grau- und Beige­ tönen, jung und urban inszeniert. Ein Store, zwei Stile: Damen- und Herrenbereich sind durch den diagonal verlaufenden Boden, einmal als Parket, einmal als Estrich, klar voneinander abgehoben. Das Materialduett führt sich an den Wänden fort. Ein Deckenfeld aus hellen Holzlamellen vereint die Departments stilistisch wieder miteinander. 1906 – eine konsequente Weiterentwicklung. The story of Angéloz began in 1906 with a weaving mill in the Fribourg region. The company’s founding year is now the name of the youthful market concept of this Swiss fashion retailer, which was premiered in Fribourg in 2012. It is now onto store number three which incorporates familiar elements and new influences. New features include the materials and colors, stripped down to concrete, steel and weathered wood in tones of grey and beige, presented in a youthful, urban manner. One store, two styles: the women’s and men’s areas are clearly distinguished from one another by the diagonal floor

layout, with parquetry on one side, screed on the other. The duet of materials is continued on the walls. A ceiling of bright wooden slats stylistically reunites the two departments. 1906 – a natural progression.

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KAISE R S1 fre ibu rg , g erm a n y

Art déco steht für die gestalterische Verbindung eleganter Formen, kostba­ rer Materialien, ornamentaler Muster und sinnlicher Themen. Aber auch für den rauschenden Übermut der Roaring Twenties. Eine Stilrichtung als Ausdruck eines Lebensgefühls – irgendwo zwischen Dandytum und Rebellion. Und damit der perfekte Look für die junge, männliche Zielgruppe von Kaiser S1 in Freiburg. Hypno­tische Muster in Kontrast mit ruhigen Farbflächen und edlen Materialien als Spielweise für die junge Generation Bohème. Unangefochtener Blickfänger: das üppig bepflanzte Gewächshaus vor den Fenstern, dessen Grün eingefasstes Strukturglas kunstvoll bricht.

Art Deco design combines elegant forms, sumptuous materials, ornamental patterns, and sensuous themes. But it also reflects the giddy high jinks of the Roaring Twenties: a stylistic movement expressing a way of life – somewhere between dandy-hood and rebellion. And that was the perfect look for the young male clientèle of Kaiser S1 in Freiburg: hypnotic patterns to contrast with sub­dued washes of color and fine fabrics as the playground of the young bohème generation. One indisputable eye-catcher: the lush glasshouse in front of the windows, its green foliage artfully popping out through structural glass.


Ka is e r S1

/ / MEN’S YOUNG FASHION STORE   Schusterstraße 1, 79098 Freiburg, Germany   900 m² | 09.2015 Kaiser Spezialhaus für Herrenkleidung GmbH, Freiburg


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Von Stuttgart bis Ahmedabad: Im interkulturellen Dialog plant Blocher Blocher India Pvt. Ltd. Landmark-Architektur mit internationalem Anspruch für den indischen Subkontinent. — From Stuttgart to Ahmedabad: In an intercultural dialog, Blocher Blocher India Pvt. Ltd. plans landmark buildings on the Indian subcontinent that hold up to international competition. —

I

von / by Angela Kreutz — Partner

Indien? Ist China nicht das Land, India? Isn’t China the country that’s attracting so many Gerdas so viele deutsche Architekturbüros man architectural firms? Clients in Europe are often astonished when anzieht? Das Erstaunen ist immer wie- we present our company and its locations. In India itself, most people der groß, wenn wir bei einem Bauherren simply ask why we moved to Ahmedabad after years in Delhi. Both in Europa unser Unternehmen und sei- decisions are closely linked to the development of our company. They ne Standorte vorstellen. In Indien selbst are certainly not typical of our industry, however they are characterwerden wir höchstens gefragt, warum wir istic of our philosophy. Ahmedabad nach Jahren in Delhi den Vorzug gegeben haben. Beide Our work has always been informed by our clients’ desires Entscheidungen hängen eng mit der Entwicklung unseres Unterneh- and needs. We maintain relationships with many clients that extend mens zusammen. Sie sind sicherlich nicht typisch für unsere Branche, beyond day-to-day business. It’s an attribute that quickly helped us allerdings kennzeichnend für unsere Firmenphilosophie. gain recognition in day-to-day business in India, where personal Die intensive Auseinandersetzung mit unseren Klienten, ihren connections form the basis of all contractual relationships. Bedürfnissen und Wünschen, ist seit jeher der Mittelpunkt unserer We wanted this attitude, which is also characteristic of our Arbeit. Mit vielen Bauherren pflegen wir Beziehungen, die über den second heimat, to find expression in our new offices. A few months Geschäftsalltag hinaus in das Privatleben hineinreichen. Ein Attribut, ago, when the opportunity arose for us to move into the top floor of das uns im indischen Geschäftsalltag schnell zu Anerkennung verhalf, the Mondeal Square mixed-use complex in Ahmedabad, which we wo das Persönliche die Grundlage aller vertraglichen Abschlüsse ist. ourselves had planned, it didn’t take us long to decide. We now have Diese Haltung, die gleichzeitig so typisch für unsere zweite a generous and open structure with the character of a studio on the Heimat ist, wollten wir auch in unseren neuen Büroräumen ausdrü- 11th floor, and an inspiring place to work. cken. Als sich vor einigen Monaten die Möglichkeit bot, in dem von »We are distinguished by the combination of both countries’ uns geplanten gemischt-genutzten Komplex Mondeal Square in Ah- competencies«, says our Country Head Hartmut Wurster. He has been medabad eine Fläche im obersten Geschoss zu beziehen, haben wir the lead architect on the ground for five years, and is extremely familiar nicht überlegen müssen. Im elften Stockwerk haben wir nun einen with all the local conditions, whether they pertain to building law, such inspirierenden Arbeitsplatz mit Studio-Charakter. as the statutory basis, the extreme climate conditions, or culturally, »Uns zeichnet die Mischung aus den Kompetenzen beider Vastu – the timeless knowledge about space and architecture. Working Ländern aus«, sagt unser Country Head Hartmut Wurster. Seit fünf with our international creative team in Germany, he determines the Jahren ist er der leitende Architekt vor Ort und mit allen Gegeben- parameters before project development begins. The close collaboration heiten, seien sie baurechtlicher Art wie gesetzliche Grundlagen oder between our staff in Stuttgart and Ahmedabad guarantees that we can kulturell wie Vastu, dem zeitlosem Wissen über Raum und Archi- fulfill our clients’ aspirations at the highest level. They expect a type tektur, bestens vertraut. Gemeinsam mit unserem internationalen of architecture that is as functional as it is efficient, and that leaves a Kreativteam in Deutschland legt er die Parameter fest, bevor die lasting impression through its character as a landmark. Projektentwicklung startet. Die enge Zusammenarbeit der Kollegen Patience is the first lesson we learned as Germans, when we in Stuttgart und Ahmedabad garantiert unseren Bauherren, das wir founded our subsidiary in 2009 – initially in Delhi, because of the ihre Ansprüche auf höchstem Niveau erfüllen können. Sie erwarten growing demand from India. The fact that patience has become secvon uns eine Architektur, die durch Landmark-Charakter nachhaltig ond nature to us by now is something we notice when colleagues visit. beeindruckt und gleichzeitig ebenso funktional wie effizient ist. Often arriving via Mumbai, just a one-hour flight away, they find Geduld ist die erste Lektion, die wir als Deutsche gelernt haben everything chaotic at first – the traffic, the clusters of people in open als wir aufgrund der wachsenden Nachfrage aus Indien unsere Toch- spaces, the buildings. We accept congested streets and waiting times tergesellschaft 2009 zunächst in Delhi gründeten. Dass sie uns inzwi- by now just as we do the days of rain during the monsoon season. schen in Fleisch und Blut übergegangen ist, merken wir, wenn uns You can only do business in India if you’re pragmatic and flexible.


Angela Kreutz über die Stärken interkultureller Architektur / about the strength of intercultural architecture

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de   >  Ein Einblick in unsere ­ üroräume. Hartmut Wurster B leitet das Team vor Ort. —  en   >  An insight into our office. Hartmut Wurster manages our local team.

Kollegen aus Deutschland besuchen. Auf den ersten Blick erscheint To some, this lifestyle may seem disorganized; others apprecivieles chaotisch – ein Symptom der phänomenalen Wachstumsge- ate the hustle and bustle. Life is noisy, the number of people particschichte. Wir indessen nehmen verstopfte Straßen oder Wartezeiten ipating in discussions is large. Clients tend to bring further trusted inzwischen hin wie den tagelangen Regen während des Monsuns. Ge- people to the table at important meetings, aside from their experts. schäfte in Indien kann nur machen, wer pragmatisch und flexibel ist. When a contract has been signed, construction must proceed as Für den einen mag manches unorganisiert erscheinen, für quickly as possible, simply because of the enormously high prices of den anderen ist es quirlig. Das Leben ist laut, Diskussionsrunden land. Of course, the stereotypical German virtues of thoroughness in der Regel groß. Bei wichtigen Besprechungen holt der Bauherr and reliability must not be neglected. gerne neben seinen Experten weitere Vertraute an den Tisch. Ist ein With its population of more than 1.2 billion, India is considered Vertrag unterzeichnet, muss allein schon wegen der enorm hohen a global stronghold of research and development. The aspiring middle Grundstückspreise möglichst schnell gebaut werden. Freilich ohne class is often compared with its German counterpart in the postwar dass die typischen deutschen Tugenden wie Gründlichkeit oder Zu- »economic miracle«. When it comes to culture, the country is also verlässigkeit vernachlässigt werden dürfen. highly attractive; the West has long embraced Bollywood and yoga. Mit seinen mehr als 1,2 Milliarden Einwohnern gilt Indien Gujarat is one of the most enterprising states; its district capital, weltweit als Hochburg für Forschung und Entwicklung. Kulturell ge- Ahmedabad, with a population of roughly seven million, is one of the nießt das Land ebenfalls höchste Attraktivität, Bollywood und Yoga most economically powerful regions – and the current Prime Minissind längst im Westen angekommen. Vielleicht glänzt das Land nicht, ter Marendra Modi, among others, deserves credit for this. When he doch der Energie kann niemand widerstehen. was chief minister of Gujarat from 2001 to 2014, roads and harbors Mit rund sieben Millionen Einwohnern zählt die Bezirks- were built, attracting industry to the area. hauptstadt Ahmedabad zu den wirtschaftsstärksten Regionen im The coming challenges include the need for new housing and a Bundesstaat Gujarat – mit ein Verdienst des heutigen Premiermi- new industrial culture. Despite the large number of tasks to be comnisters Marendra Modi. In seiner Amtszeit als Chief Minister von pleted, the government has announced that it wants development to Gujarat von 2001 bis 2014 wurden Straßen und Häfen gebaut sowie be sustainable. This is a strategy we also pursue. Structures such as Industrie angesiedelt. Als Herausforderungen der kommenden Jahre Mondeal Retail Park, Mondeal Square, Mondeal Heights (opening hat die Regierung die Schaffung von neuem Wohnraum und die Um- 2016), Satya One (2017), and Skydeck Select (2017) are pioneering gestaltung der Industriekultur genannt. Trotz der vielen Aufgaben examples. Some of them already have received national and interhat sie angekündigt, die Entwicklung nachhaltig betreiben zu wollen. national awards. That makes us proud. Eine Strategie, die auch wir in unseren Projekten verfolgen. Bauten wie der Mondeal Retail Park, Mondeal Square, Mondeal Heights (Eröffnung 2016), Satya One (2017) sowie Skydeck Select (2017) sind dafür wegweisend. Einige von ihnen haben dafür bereits nationale und internationale Auszeichnungen erhalten. Das macht uns stolz.


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M o nd e al H e ights

MONDEAL HEIGHTS a hm eda ba d, in dia

Für den japanischen Autor Tanizaki Jun’ichiro lag im Halbdunkel des Schattens ein Faszinosum. Licht und Dunkelheit werden – dank tiefer Leibungen – auch die Fassade des Landmark-Ensembles Mondeal Square zu einem Schauspiel machen. Den Schutz vor der heißen Zenitsonne inklusive. Eine literarische Würdigung. — The Japanese writer Tanizaki Jun’ichiro was fascinated by the half-darkness of shadows. Deep soffits make the façade of the Mondeal Square ensemble into a theatrical interplay of light and darkness that also provides protection from the heat of the midday sun. Here is a literary appraisal .

de   >  Auf der Baustelle lassen sich die Ausmaße des rund 50.000 Quadratmeter großen Landmark-Ensembles bereits erahnen. —  en   >  On the construction site, the scale of the 50,000 m 2 landmark building ensemble can be perceived.


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W / / BÜROGEBÄUDE

/ / OFFICE BUILDING

Near Wide Angle Cinema, SG Highway, Ahmedabad, India   47,600 m² | 05.2016 HN Safal, Ahmedabad

/ / DIE SCHÖNHEIT DES SCHAT TENS Meiner Meinung nach ist es die Art von uns Ostasiaten, die Umstände, in die wir einbezogen sind, zu akzeptieren und uns mit den jeweiligen Verhältnissen zufriedenzugeben. Deshalb stört das Dunkel nicht, wir nehmen es als etwas Unabänderliches hin; wo es an Licht fehlt, sei’s drum – dann vertiefen wir uns eben in die Dunkelheit und entdecken darin eine ihr eigene Schönheit. Demgegenüber sind die aktiven Menschen des Westens ständig auf der Suche nach besseren Lichtverhältnissen (…) und mühen sich ab, selbst den geringfügigsten Schatten zu verscheuchen. Es dürfe also teils an solchen Unterschieden der Wesensart liegen. (aus: Lob des Schattens: Entwurf einer japanischen Ästhetik, Tanizaki Jun’ichiro)

We [ed. note: the Japanese] find beauty not in the thing itself but in the pattern of shadows, the light and darkness, that one thing against another creates. A phosphorescent jewel gives off its glow and colour in the dark and loses its beauty by the light of day. Were it not for shadows, there would be no beauty. Why should this propensity to seek beauty in darkness be so strong only in Orientals? Japanese ghosts have traditionally no feet; Western ghosts have feet, but are transparent. As even this trifle suggests, pitch darkness has always occupied our fantasies, while in the West even ghosts are clear as glass. This is true too Wir [die Japaner; Anm. d. Redaktion] sind of our household implements: we prefer colors der Meinung: Schönheit sei nicht in den Objek- compounded of darkness, they prefer the colors ten selber zu suchen, sondern im Helldunkel, of sunlight. We fill our gardens with dense planim Schattenspiel, das sich zwischen Objekten tings, they spread out a flat expanse of grass. But entfaltet. Gerade wie ein phosphoreszierender what produces such differences of taste? Stein, der im Dunkel glänzt, aber bei Tageshelle / / THE BEAUTY OF SHADOWS jeglichen Reiz als Juwel verliert, so gibt es, ­glaube In my opinion it is this: we Orientals tend ich, ohne Schattenwirkung keine Schönheit. Doch warum eigentlich tritt diese Neigung, das to seek our satisfaction in whatever surroundings Schöne in der Dunkelheit zu suchen, nur bei den we happen to find ourselves, to content ourselves Orientalen in solcher Stärke hervor? Seit jeher with things as they are; and so darkness causes haben die japanischen Gespenster keine Beine, us no discontent, we resign ourselves to it as inwährend sie im Westen, so heißt es, mit Beinen evitable. If light is scarce then light is scarce; we versehen sind, dafür aber einen gänzlich durch- will immerse ourselves in the darkness and there discover its own particular beauty. But the prosichtigen Körper besitzen. Selbst einem solchen geringfügigen Detail gressive Westerner is determined always to better kann man entnehmen, daß in unseren Phantasi- his lot. His quest for a brighter light never ceases, en gewöhnlich lackschwarze Dunkelheit herrscht, he spares no pains to eradicate even the minutest während man im Westen sogar die Gespenster shadow. ( from: In the Praise of Shadows, Tanizaki mit einer gläsernen Helligkeit ausstattet. Wir Jun’ichiro) lieben auch bei allerhand kunstgewerblichen Gegenständen des täglichen Gebrauchs Farben, die man als Anhäufung von Schatten bezeichnen kann; die Leute im Westen dagegen lieben Farben, in denen sich das Sonnenlicht konzentriert. Und bei der Anlage von Gärten breiten sie ebene Rasenflächen aus, wo wir schattige Bäume und tiefes Buschwerk pflanzen. Aus was für Gründen kam es wohl zu derartigen Geschmacksunterschieden?


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SATYA ONE

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ahme dabad, i ndia

Das Prinzip der Schmetterlingsflügel hat die Architekten von Blocher Blocher India bei ihrer Planung für das Büround Geschäftsgebäude inspiriert. Die elegante Interpretation verhilft Satya One zu einem exlusiven Auftritt im städtischen Umfeld und fungiert gleichzeitig als Sonnenschutz.

de   >  Die Baurabeiten für das Landmark Building haben im Sommer 2015 begonnen. —  en   >  The construction work for the landmark building has begun in summer 2015.

/ / BÜRO- UND GESCHÄF TSGEBÄUDE / / OFFICE AND COMMERCIAL BUILDING   Opp. R3 Mall, Nr. Manav Mandir, Drive-in Road, Ahmedabad - 380052, Gujarat, India   8,500 m² | 04.2017 Satya Habitat Ovt, Ltd., Ahmedabad

When planning this commercial building, the architects at Blocher Blocher India took their inspiration from butterfly wings. Their elegant interpretation endows the office and commercial ensemble Satya One with an exclusive air of distinction in the urban environment, while also functioning as protection from the sun.


Sa ty a O ne

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de   >  Die Fassade des Büro- und Geschäftshauses verändert sich stetig – dank der individuell justierbaren Verschattungselemente. —  en   >  The façade of the office and commercial building continually changes – thanks to the individually adjustable shading elements.


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THE COLLECTIVE

N

bangal ore , india

Npooli VisaNpooli Visavanathan had lost eight kilos vanathan hatte acht and all his clothes were loose on him. He needed Kilo abgespeckt, sei- a new wardrobe. He could afford the best: His ne Kleidung hing nur property development business took him around noch lose herab. Spa- the world, and had treated him well. But the ren musste er nicht: 55-year-old had very particular requirements: In Sein Projektentwick- keeping with the traditions of his community, he lungsunternehmen führte ihn um die ganze Welt wears only white. und ließ ihm an nichts mangeln. Aber der 55-JähAt The Collective, a super-premium fashrige suchte nach etwas ganz Speziellem; schließ- ion retail chain, they knew just what to do. »We lich trägt er traditionsbewusst nur Weiß. offered him whites in Armani, Versace and LaBei The Collective, einer Super-Premi- gerfeld,« says Amit Pande, brand head of The um-Modehandelskette, wusste man gleich, was Collective. »This was our ›last mile‹ translation, zu tun ist. »Wir haben ihm weiße Designerstücke finding the right connect between brand and invon Armani, Versace und Lagerfeld präsentiert«, dividual.« The Collective, like other Indian retailsagt Amit Pande, Brand Head bei The Collective. ers of high-end fashion, is learning, on the fly, to »Wir konnten ihm Topmarken präsentieren und understand its customer. gleichzeitig ganz unmittelbar auf seine persönliThere was a time when India’s rich perforce chen Bedürfnisse eingehen.« The Collective hat had to do their luxury shopping abroad. But in gelernt, wie seine Kunden ticken – so wie es ge- the post-liberalisation years, India has become an rade viele indische High-End-Modehändler tun. attractive market for the world’s luxury brands. A Es gab eine Zeit, da mussten die gutbe- Euromonitor International report released this tuchten Inder ihre Luxusgüter im Ausland kau- year predicted that India’s luxury market would fen. Aber in den postliberalen Jahren ist Indien grow by 86 percent in constant value terms bezu einem attraktiven Markt für die globalen tween 2013 and 2018. Premium­marken geworden. Euromonitor Inter/ / TAILOR-MADE LUXURY national hat einen Bericht veröffentlicht, wonach Indiens Luxusmarkt zwischen 2013 und 2018 um Multi-brand luxury stores offer more va86 Prozent anwachsen wird. riety, obviously, than single-brand shops, and arguably more exclusivity than the malls. Being / / LUXUS NACH MASS less well-known, they work hard to attract the Multilabel-Luxus-Stores bieten offensicht- A-Listers. The Collective reaches out to its cuslich eine größere Vielfalt als Monobrand Shops – tomers through two specialised services: »Made und mehr Exklusivität als Malls. Dafür sind sie to measure« and »personalised shopping«. The Collective, launched by the Aditya Biroft weniger bekannt – arbeiten aber hart daran, dies zu ändern. The Collective etwa bietet seinen la Group-owned Madura Fashion & Lifestyle in Kunden zwei spezialisierte Dienstleistungen: »Ma- 2008 as a pure high-end luxury retailer bringde-to-measure« und das »Personalised Shopping«. ing multiple brands into the country, showcases The Collective wurde im Jahr 2008 von Ma- 100 of the world’s best fashion brands in its eight dura Fashion & Lifestyle, einer Tochter der Adi- stores across India. (Source: Forbes India, November tiya Birla Group, gegründet – als reiner high-end 2, 2015) Luxushändler, der mittlerweile über 100 der weltbesten Modemarken in acht Store in ganz Indien anbietet. (Quelle: Forbes India, 02. November 2015)

/ / FASHION STORE   UB City Mall, 24, Vittal Mallya Road, Bengaluru, Karnataka 560001, India   820 m² | 06.2015 Madura Garments Lifestyle Retail Co. Ltd., Bangalore

de   >  In Bangalore zeigt sich The Collective mit brandneuem Storedesign, das die Exklusivität der Marke hervorhebt. —  en   >  In Bangalore, The Collective presents itself in a brand-new store design which emphasises the brand’s exclusivity.


The C olle c t iv e

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PRIVATE RESIDE NCE in dia

Die Jahrtausende alte indische Architekturlehre Vaastu Shastra vom Bauen, Wohnen und Leben in Harmonie mit der Natur hat bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren. Ganz im Gegenteil: Vaastu erfreut sich mittlerweile auch im Westen zunehmender Akzeptanz. Auch deshalb, weil die Prinzipien unmittelbar auf Nachhaltigkeit und Raumqualität einzahlen. Ein gebautes Beispiel. — Although Vaastu Shastra, the traditional Indian system of architecture, is thousands of years old, its teachings about building and living in harmony with nature are just as current as ever. In fact, Vaastu is gaining acceptance even in the West, in part because its principles translate directly into sustainability and spacial quality. Here’s a concrete example.

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de   >  Ein leitendes Gestaltungsprinzip: Das Spiel von Licht und Schatten. —  en   >  A guiding design principle: the interplay of light and shade.

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K

/ / PRIVATE RESIDENCE   India

1,800 m² | 10.2015

187 / / IN DER RUHE LIEGT DIE KRAFT Vereinfacht ausgedrückt kann man Vaastu als Ur-Feng-Shui bezeichnen. Hier wie da geht es darum, Mensch und Universum durch eine harmonische Gestaltung in Einklang zu bringen. Die Ursprünge des Vaastu reichen über 5.000 Jahre zurück und sind bereits in den alten hinduistischen Sanskritschriften dokumentiert. Das Fundament bildet eine mythische Geschichte. Dort heißt es, dass sich am Anfang der Schöpfung ein gewaltiger Dämon aus der Dunkelheit heraus bildete, der alle chaotischen Energien des Universums verkörperte. Mit vereinten Kräften zwangen die Götter den Dämon zu Boden. Mit dem Gesicht zur Erde, die Gliedmaßen in einen quadratischen Rahmen gezwängt, wandte sich das Wesen hilfesuchend an Brahma, dem Architekten des Universums. Der Göttervater segnete den Räuigen und nannte ihn Vastupurusha, den You can sense it the moment you set foot on the lush, sweeping lawn. This place radiates positive energy. Your gaze takes in the exposed-concrete façade whose generously sized windows give it an airy and inviting aura punctuated by judiciously placed warm wood accents. The climate is startlingly pleasant. That’s thanks to the water bassins that not only emit a Zen-like calm, but also lower the temperature by a degree or two. In short, you feel at ease here. And that first impression is only affirmed inside. Some 1,800 square metres of gross floor area across 16 rooms plus functional spaces – but you never get lost because the building follows a human logic throughout. Spacious patios and terraces convey transparency and openness, drawing elegant connections between indoors and out. The materials of the interior are consistent with the outside: a mixture of concrete, dark wood and Italian marble that resonates with the light-colored furniture, making the rooms classy while creating a comfortable ambience. But the positive energy doesn’t come exclusively from your senses. It also comes from an interplay of Vaastu principles, the Vedic teachings of living and building, which guided the architecture from the start.

Kaum einen Fuß aufs satte, weitläufige Grün gesetzt, spürt man sie. Die positive Kraft, die von diesem Ort ausgeht. Der Blick fällt auf die Betonfassade, die dank großer Fensterflächen luftig und einladend wirkt, während ihr gezielt eingesetzte Holzelemente Wärme verleihen. Das Klima: überraschend angenehm. Dank des umlaufenden Wasserbassins, das nicht nur Zen-artige Ruhe ausstrahlt, sondern auch die Temperaturen um ein bis zwei Grad herunterkühlt. Kurzum: Hier fühlt man sich wohl. Ein Eindruck, der sich drinnen noch verstärkt. 16 Zimmer plus Funktionsräume, 1.800 Quadratmeter Bruttogeschossfläche – und doch ist man nicht verloren, weil überall der Mensch im Vordergrund steht. Großzügige Patios und Terrassen vermitteln Transparenz und Offenheit und verbinden elegant drinnen mit draußen. Die Materialien bilden mit den außen verwendeten eine Einheit: / ENERGY IN TRANQUILLITY Ein Arrangement aus Beton, dunklem Holz und italienischem Marmor, das den Räumen zusamIn a nutshell, you could call Vaastu a kind of men mit den hellen Möbeln ein elegantes und proto-feng shui. Both disciplines are about bringzugleich behagliches Flair verleiht. Aber nicht nur ing humanity and the universe in sync through das sinnlich Erfahrbare trägt zur posi­tiven At- harmonious design. Vaastu’s origins date back mosphäre bei. Sondern auch das Zusammenspiel over 5,000 years and were already documented in verschiedener Prinzipien, die dem Vaastu folgen, the Sanskrit texts of the ancient Hindu scriptures. der vedischen Lehre vom Leben und Bauen, die And the discipline’s founding myth hearkens back der Architektur von Anfang an als Maßstab galt. to the beginning of time: A gigantic demon was


188 Herrn aller Räume, Grundstücke und Gebäude also. Seine Physiognomie entspricht der inneren Struktur des Raumes, zu dessen Sinnbild der Vastupurusha geworden ist.

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formed out of the darkness, embodying all the chaotic energies of the universe. With their combined might, the gods pinned the demon to the ground. Lying prostrate, its limbs contorted into a square frame, the creature sought help from / / DIE WISSENSCHAF T Brahma, the architect of the universe. The lord of DES WOHNENS the gods blessed the repentant demon and named Ein Haus zu bauen bedeutet nach Vaastu, him Vastu Purusha, master of all spaces, that is, ein Stück aus dem Universum herauszuschnei- properties and buildings. His physiognomy corden, um es für sich selbst zu nutzen. Architektur responds to the inner structure of a room, which stellt das Gleichgewicht her – als Schnittstelle Vastu Purusha came to symbolize. zwischen menschlicher Kreativität und universa/ / THE SCIENCE OF HABITATION ler Regeln. Die Lehre berücksichtigt dafür unter anderem die Lage des Hauses und des GrundAccording to Vaastu, building a house stücks in Relation zu den Himmelsrichtungen, means cutting off a piece of the universe for one’s aber auch den Grundriss und die Aufteilung des own use. As the mediator between human and Hauses sowie die Nutzung der einzelnen Räume. universal rules, architecture generates equilibriDie klaren Richtlinien machen deutlich: Vaastu – um. So the teachings deal with factors such as the das ist mehr Wissenschaft als Glaubensfrage. placement of the house and the property in relaKein Wunder, dass der Begriff Vaastu Shastra tion to the cardinal directions as well as its floor als »die Wissenschaft vom Wohnen« übersetzt plan, its division into rooms, and each room’s uses. werden kann. Ein Beispiel: Laut Lehre sollte sich The guidelines make clear that Vaastu is more scider Eingang eines Hauses nach Osten hin orien­ ence than religion. Quite fitting, then, that the tieren – und sich, vereinfacht formuliert, vom term Vaastu Shastra can be translated as »the sci-


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Süden weitestgehend abwenden. Das leuchtet unter der sengenden Sonne Indiens ein.

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ence of habitation.« For example, according to the teachings, a house’s entrance should face east and, to simplify a little, should look away from the south as much as possible. This makes perfect sense when you think about India’s blazing sun.

/ / LICHT UND SCHAT TEN Eine im Sinne der Nachhaltigkeit und Wohnlichkeit essenzielle Aufgabe war es, die Ein/ LIGHT AND SHADE wirkung der Sonne bestmöglich zu bändigen. Der Vorteil für die Umwelt: Je mehr die direkte LichtFor the sake of sustainability and liveability, einstrahlung vermieden wird, desto weniger ist it was essential to tame solar exposure. What’s der Einsatz energiefressender Klimaanlagen nö- the environmental benefit? If less direct sunlight tig. Eine Herausforderung, die den Pioniergeist shines through the windows, the building will der Planer weckte. Als eines der ersten Gebäude rely less on energy-guzzling air conditioning. The in Ahmedabad ist das Haus mit mehrschaligen challenge sparked the the planners’ pioneering Wänden ausgestattet. In Deutschland durchaus spirit. The house is one of the first in Ahme­dabad üblich, gewinnt die Bauweise im heißen Indien an to be equipped with multiple-leaf walls. This conzusätzlicher Qualität. Denn durch die hohe Iso- struction technique, standard practice in Germalationswirkung sind die Wandflächen und Räu- ny, yields additional benefits in balmy India. The me trotz starker Sonneneinstrahlung angenehm well-insulated walls and rooms remain pleasant temperiert. Auch dank des gezielten Einsatzes and temperate despite fierce sun. The effect is von Licht und Schatten. Das Vordach über dem also thanks to the wise use of light and shade. The Eingang etwa fällt ausgesprochen großzügig aus – projecting roof above the entrance, for instance, es schützt nicht nur vor starkem Regen, sondern is rather sizeable – it catches not only downpours, dient auch der Verschattung. Auch die Fassade schützt durchweg vor direkter Sonneneinstrah-

de   >  Der Materialmix aus Beton, dunklem Holz und spiegelndem Marmor vermittelt exklusive Wohnlichkeit. —  en   >  The combination of concrete, dark wood and reflective marble conveys an exclusive sense of comfortable living.


190 lung – sei es durch hölzerne Lamellenkonstruktionen oder durch rhythmische Einschnitte, die das einfallende Licht in reizvolle Schattenbilder bricht. Zugleich werden durch den Wechsel von opaker und semi-transparenter Fassade private und repräsentative Bereiche ablesbar. Im Eingangsbereich vermittelt die doppel­ geschossige Lobby zwischen beiden Sphären: dem teils zweigeschossigen Gebäuderiegel für privates Wohnen und den Räumen des gemeinsamen Lebens wie dem Kino, dem Puja-Raum (Tempel-Raum) oder dem Wohn- und Essbereich, der dank großer Fensterpartien fließend nach draußen übergeht. Zu den privaten Bereichen gehören das Eltern- und Kinderzimmer, ein Büro, der Master Bedroom, ein Kinderspielzimmer und Funktionsräume sowie die weitläufige Terrasse. Die räumlichen Qualitäten, die die Villa auszeichnen, stehen stellvertretend dafür, dass altes Wissen und neue Erkenntnisse nicht im Widerspruch zueinander stehen. Auf moderne Weise interpretiert, können uns die Lehren von gestern nach vorne bringen. Und helfen dabei, uns für morgen zu rüsten. Um es mit den Worten des französischen Schriftstellers André Malraux zu sagen: »Wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern.«

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but shade, too. Also, the façade itself consistently protects against direct sunlight, be it with cantilevered wooden lamellas or with patterned notches and gaps that break up the light into delightful shadowy patterns. Meanwhile the transition between opaque and translucent façades clarifies the distinction between the private and public areas of the house. In the entrance, the two-storey atrium crosses both spheres: the partly two-storey area for bedrooms, and the rooms for entertaining and shared spaces such as the cinema, the Puja room, or the dining and living room, which flows outside thanks to large banks of windows. The private areas include the parents’ and kids’ rooms, a home office, the master bedroom, a kids’ playroom, and utility rooms, as well as the extensive patio. The villa’s distinctive spacial qualities testify that time-honoured knowledge and new discoveries are not in conflict. Rather, interpreted through modern eyes, the teachings of yesterday propel us forward. And help us prepare for tomorrow. As the French writer André Malraux once said, »Those who wish to read in the future must leaf through the past«.

de   >  Im ganzen Haus ergeben sich spannende Blickbezüge. —  en   >  All over the house appealing perspectives come into play.


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de   >  Mehrschalige Wände, kühlen­d es Wasserbassin, groß­ zügige Verschattung: Die Architektur der indischen Villa setzt auf Nachhaltigkeit. —  en   >  Multi-layered walls, cooling water basins, generous shading: the architecture of the Indian villa unites several sustainabi­ lity measures.


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Sky d e c k Sele c t

SKYDECK SELECT

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a hmeda ba d, in dia

Die Fassadengeometrie des WohnThe geometric façade design of the Sykdeck Select apartment hausensembles Sykdeck Select geht einen building ensemble heads in a whole new direction. The horizontal innovativen Weg. Hinter dem horizonta- structure of the 13-floor twinned towers incorporates an arrangement len Aufbau der 13-geschossigen Zwillings­ of split-level apartments, with the room spaces expanding upwards türme steckt eine raffinierte Anordnung and downwards alternately. Between them there are third apartment der Apartments in Splitlevel-Manier, die units forming bridges between the two wings of the towers. At the Raumhöhen differieren mal nach oben, same time, the 225-square-metre apartments are so arranged that all mal nach unten. Dazwischen verbinden dritte Wohneinheiten als 48 of them are superbly ventilated at all times from every side. The sogenannte Bridge-Units die zwei Flügel der Türme. Dabei sind die balconies around them are highly effective in providing shade. The insgesamt 48 Wohnungen auf jeweils 225 Quadratmetern so ange- generous length and luxuriant greenery of those balconies makes ordnet, dass sie jederzeit von allen Seiten optimal durchlüftet sind. every dwelling look like a standalone unit. For residents, this creates Die umlaufenden Balkone haben einen hohen Verschattungseffekt. the illusion of a free-standing detached house, yet at a lofty height Durch ihre Weitläufigkeit und üppige Begrünung lassen Sie zudem in many cases. jedes Apartment wie eine solitäre Einheit wirken; für die Bewohner entsteht der Eindruck eines freistehenden Einfamilienhauses in teils luftiger Höhe.

/ / WOHNGEBÄUDE-ENSEMBLE / / RESIDENTIAL BUILDING ENSEMBLE   Opp. Amrutbag Party Plot, Off. Ambli-Bopal Road, Ambli, Ahmedabad, India   15,000 m² | 2017 Saanvi Nirman Llp, Ahmedabad

CROSSVENT IL AT ION WE S T W IND


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C o min g s o o n

Im Grunde beginnt jeder Entwurf mit dem Zuhören. Klingt einfach? Nun, Bauherren, die uns kennen, wissen, dass sie da auch selbst gefragt sind. — Every proposal begins first and foremost with listening. Sounds simple? Building developers who know us, know that this also applies to them. — von / by Vandana Shah — Partner

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Wir sind hartnäckig, um Ansprüche und Ziele eines Projekts akribisch zu erfassen. Forschen so lange nach, bis es keine Fragen mehr gibt. Bevor wir dann mit dem eigentlichen Entwurfsprozess beginnen, überlegen wir, ob andere Disziplinen hier eine sinnvolle Ergänzung liefern können. Die interdisziplinäre Herangehensweise ist innerhalb der Branche sicherlich ein wesentliches Merkmal unseres Unter­ nehmens. Als Teil unserer Philosophie ist sie in der Historie von Blocher Blocher Partners verankert. Seit unserer Gründung 1989

We’re committed to understanding the expectations and goals of a project down to the minutest details. We research it until there are no questions remaining. Before we begin the actual proposal process, we ask ourselves whether other fields could play a meaningful role here. The interdisciplinary approach is an essential component of our company within this sector. Part of our philosophy is grounded in the history of Blocher Blocher Partners. We started in 1989 as specialists in architecture and interior design. Over time, we’ve expanded our areas of expertise, which allows us to present unexpected perspectives to our clients. This fills out our services related to core competencies, from guidance systems or corporate design to product development and high-value communications concepts. At the same time, our services in all areas as part of HOAI (Fee Regulations for Object Planners and Engineers) enable us to serve our developers as a full service agency. Our international creative teams work closely with each client to create initial ideas and design concepts. Dialoguing across fields sharpens our eye for aesthetics and design, but we never lose sight of functionality and efficiency. That’s why, among other things, aspects of sustainability are part of the earliest planning phases and specialist planners from our network are involved

de   >

Verwaltungs- und Wohngebäude, Krefeld

—  en   >

Administration and residential building, Krefeld


Va nd a na Sha h ü b e r Diffe r e nz ie r u n g / a b o u t diffe r e nt ia t io n

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besetzen wir die Kompetenzen Architektur und Innenarchitektur gleichwertig. Im Laufe der Jahre sind weitere Fachgebiete hinzugekommen, die es uns erlauben, unsere Klienten auch unerwarte­te Perspektiven zu eröffnen. Das reicht von Aufgaben, die unserer Disziplin nahestehen, etwa Leitsysteme, Corporate Design oder Produktentwicklung, bis hin zu werthaltigen Kommunikationskonzepten. Gleichzeitig bilden unsere Leistungen alle Bereiche der HOAI ab, was uns ermöglicht für unsere Bauherren als Full Service-Agentur tätig zu sein. Unsere international zusammengesetzten Kreativ­teams entwickeln in enger Absprache mit dem jeweiligen Bauherrn erste Ideen und Entwurfsansätze. Der Austausch mit anderen Bereichen schärft dabei unseren Blick für Ästhetik und Design. Ebenso haben wir immer auch die Funktionalität und Effizienz vor Augen. So werden unter  de   >  Aus den Kernkompetenzen Architektur und Innenarchianderem bereits in sehr frühem Planungsstadium die Aspekte der tektur haben sich im Laufe der Jahre weitere Fachgebiete Nachhaltigkeit berücksichtigt und gegebenenfalls Fachplaner aus un- entwickelt. — serem Netzwerk eingebunden. Der entstandene Entwurf wird intern  en    >  Over the years, the core competencies architecture and gründlich hinterfragt und schließlich mit dem Bauherrn diskutiert. interior design were expanded by further disciplines. Der ganzheitliche Ansatz zieht sich wie ein roter Faden durch jedes Projekt. Dabei sind wir sehr breit aufgestellt, bearbeiten Geschäftsbauten ebenso wie Wohnhäuser, Bürokomplexe und Han- as necessary. The resulting design is then thoroughly scrutinised delshäuser – und das auf internationaler Ebene. Dafür sind unsere internally before being discussed with the developer. A holistic approach is a common theme through the entirety Teams mit der jeweiligen Kultur des Landes ebenso vertraut wie mit den klimatischen Bedingungen. Zum Teil erarbeiten wir uns dieses of the project. We are broadly established among commercial buildWissen, wenn wir neue Märkte erschließen. Gleichzeitig dürfen wir ings as well as residences, office complexes and retail space – all uns glücklich schätzen, dass es viele Kollegen gibt, die sich nach einem on the international level. Our teams are as well-adapted to each Studium in einem anderen Land bei uns für eine Mitarbeit bewerben country’s culture and market as to the climate conditions. We call und ein großes kulturelles Wissen aus ihrer Heimat mitbringen. on this knowledge when we tap new markets. All the while we are Mehr denn je geht es heute in der Architektur um Differen- grateful to our many colleagues from other countries who apply to zierung. Für welche Philosophie steht ein Unternehmen? Wel- work for us following their studies, bringing with them a wealth of che Botschaften sollen vermittelt werden? Gleichzeitig gilt es den local knowledge. städtebaulichen Rahmen zu berücksichtigen. Hier sind individuelle More than ever, architecture today is about differentiation. Lösungen gefragt, die sehr unterschiedlich ausfallen können. Mal ist What’s a company’s philosophy? What message should be communidie architektonische Sprache behutsam, fügt sich wie selbstverständ- cated? There is also the urban structure we have to take into account. lich in das Umfeld ein. Ein anderes Mal ist sie betont markant und Individual solutions are necessary here that can vary greatly between prägt ein ganzes Viertel. Dazu fließen Themen ein wie die Erschlie- one and the next. One may require an architectural language that ßung eines Areals und die Freiflächengestaltung. Die Antworten, die blends into its surroundings; another may call for something more wir finden, hängen auch wesentlich vom Lebensstil und der Lebens- pronounced that shapes the area. Such themes are inextricably linked weise der Bevölkerung eines Landes ab. In Europa, wo wir oft eine to an area’s development as well as its open space. The answers we verdichtete Bebauung vorfinden oder sogar besonders geschützte find depend heavily on the lifestyle of those living in the country. In Bereiche, ist häufig unsere Expertise in der Revitalisierung von vor- Europe, where there’s already dense development or historically prohandenen Gebäudestrukturen gefragt. Hier haben wir schon bei vie- tected areas, our expertise is particularly in demand for revitalisation len städtebaulichen Wettbewerben überzeugen können. Anders als using existing structures. We’ve had convincing results in such urban in Europa wird in Asien in der Regel ein Neubau bevorzugt – gerne development competitions. Asia, on the other hand, rather prefers auch mit extrovertiertem Charakter. new buildings with an outgoing character. This mix of widely varying tasks and ventures makes for excitDiese Mischung aus vielen unterschiedlichen Aufgaben und Projekten macht für uns den beruflichen Alltag spannend, auch des- ing work, in part because our interdisciplinary approach lets us think halb, weil wir – unserer Interdisziplinarität geschuldet – branchen- across fields and projects. und projektübergreifend denken.


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B is tu msha us St . Lu dw ig

COMING SOON »Die wahre Großzügigkeit der Zukunft gegenüber besteht darin, in der Gegenwart alles zu geben«, sagt Albert Camus. Ein Credo, nach dem wir leben. Denn was morgen gebaut wird, ist schon heute in unseren Köpfen. Wir freuen uns auf viele spannende Projekte! — »True generosity towards the future is to give one’s all in the present,« said Albert Camus. This is a credo which we follow with pleasure. Because what will be built tomorrow goes around in our heads today. We look forward to many exciting projects!

B ISTU MSHAUS ST. LUDWIG speyer, g erm a n y

Im Wettbewerb zur Nachnutzung des ehemaligen Bistumshauses wurde Blocher Blocher Partners mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Die Leitidee des Entwurfs: das Ensemble aus Bistumshaus, Seminarkirche und Außenanlagen zu stärken, das stadtbildprägende Erscheinungsbild zu erhalten und die Anlage für die Zukunft zu rüsten.

Blocher Blocher Partners was awarded first prize for designing the subsequent use of the former diocese building in a competition. The main design idea: to emphasise the diocese, church and outside facilities, to retain an urban image and to future-proof the ensemble.


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/ / HASSIA Ranstadt, Germany   Technikum Technical Center

C o min g s o o n


H a ss ia / Kiss & F ly / J uha sz

/ / KISS & FLY Manila, Philippines   Department Store

/ / JUHASZ Bad Reichenhall, Germany   Modehaus Fashion House

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C o min g s o o n

/ / CENTRAL New Delhi, India   Department Store

/ / MODIS Moscow, Russia   Modegeschäft Fashion Store


C e ntral Wo rld ma rk / M o dis / Wo o dla nd / B ü r o- u nd G es c hä ftsha us Köln

/ / WOODLAND Delhi, India   VIP Store

/ / BÜRO- UND GESCHÄF TSHAUS / / OFFICE AND COMMERCIAL BUILDING Cologne, Germany

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C o min g s o o n

/ / MÖBELHOF Parsberg, Germany   Möbelhaus Furniture Store

/ / AUDI CITY Paris, France   Car Showroom


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M ö b elho f / A u di C ity

/ / BRÜNDL Zell am See, Austria   Sporthaus Sports Store

/ / KAISER Freiburg, Germany   Modehaus Fashion House

/ / RIDI

/ / CENTRAL Phuket, Thailand   Department Store

/ / KASTNER & ÖHLER Liezen, Austria   Modegeschäft Fashion Store

/ / RIEGER Heilbronn, Germany

/ / DAIMLER Mannheim, Germany

/ / MAKEROOM&MORE Manila, Philippines   Home Accessories Store

/ / ROTHAUS Grafenhausen, Germany   Brauerei-Fanshop Brewery Fanshop

/ / DE T TMER + MÜLLER Celle, Germany   Modehaus Fashion House

/ / OLYMP Bietigheim, Germany   Showroom

/ / RUSTAN’S Manila, Philippines   Department Store

/ / DIEHL Lörrach, Germany   Modehaus Fashion House

/ / REGINE-KAUFMANN-HAUS Ilvesheim, Germany   Seniorenzentrum Nursing Home

/ / SCHUSTER Munich, Germany   Sportgeschäft Sports Store

/ / FARMHOUSE SCHEME Bhuj, India   Bauernhof Farmhouse

/ / PREVENT Sarajevo, Bosnia and Herzegovina   Showroom

/ / STRÄHLE

/ / HAGEMEYER Minden, Germany   Department Store

/ / REISCHMANN Düsseldorf, Germany   Wohnhäuser Residential Buildings

/ / WANZL

/ / HOHENSTAUFENSTRASSE Göppingen, Germany   Verwaltungsgebäude Administration Building

/ / RIDI Berlin, Germany

Kantine Canteen

Showroom

Büroleuchte Office Light

Möbelhaus Furniture Store

Mini-Workspace

Produktentwicklungen Product Developments


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A w a r ds 2014/15

AWARDS 2014/15 / / A.R.E. DESIGN AWARD

/ / A.R.E. DESIGN AWARD

Rose Biketown, Munich

hessnatur, Frankfurt

/ / AUSZEICHNUNG BEISPIELHAF TES BAUEN   Office Building, Stuttgart

/ / CNBC AWAAZ REAL

/ / DEUTSCHER

/ / DEUTSCHER

ESTATE AWARD

INNENARCHITEKTURPREIS

INNENARCHITEKTURPREIS

Mondeal Square, Ahmedabad

Restaurant Opus V, Mannheim

Office Building, Stuttgart

/ / DESIGNPLUS AWARD

/ / ESTATE AWARD

/ / FOCUS OPEN

Showcase Light Illumini

BY FRANCHISE INDIA

Office Building, Stuttgart

Mondeal Square, Ahmedabad

/ / FOCUS OPEN

/ / FOCUS OPEN

/ / GERMAN DESIGN AWARD

LED Spotlight Argo

Showcase Light Illumini

Mondeal Square, Ahmedabad

/ / GERMAN DESIGN AWARD

/ / GERMAN DESIGN AWARD

/ / ICONIC AWARD

Rose Biketown, Munich

Garhammer, Waldkirchen

Bucherer, Paris

/ / ICONIC AWARD

/ / ICONIC AWARD

/ / ICONIC AWARD

Mondeal Square, Ahmedabad

Garhammer, Waldkirchen

Restaurant Opus V, Mannheim


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A w a r ds 2014/15

/ / ICONIC AWARD

/ / ICONIC AWARD

/ / INNOVATIONSPREIS IT

R5, Mannheim

Rose Biketown, Munich (Best of Best)

Rose Biketown, Munich

/ / INTERNATIONAL DESIGN AWARD

/ / LIGHTING DESIGN AWARD

/ / RED DOT DESIGN AWARD

Mondeal Square, Ahmedabad (First Prize)

Mondeal Square, Ahmedabad

LED Spotlight Argo (Best of the Best)

/ / SOUS AWARD

/ / SOUS AWARD

/ / STORES OF THE YEAR (HDE)

Garhammer, Waldkirchen

Jost, Bruchsal

Garhammer, Waldkirchen

/ / STORES OF THE YEAR (HDE)

/ / STORES OF THE YEAR (HDE)

/ / VM&RD AWARD

Rose Biketown, Munich

Wohnpark Binzen, Binzen

Mondeal Retail Park, Ahmedabad

/ / VMSD RE TAIL RENOVATION

/ / WAN SUSTAINABILITY AWARD

/ / VMSD VISUAL COMPE TITION   Rich & Royal, Berlin

COMPE TITION   engelhorn Sports, Mannheim

Office Building, Stuttgart (Shortlist)




208 — HERAUSGEBER / PUBLISHER Blocher Blocher Partners Office Stuttgart Herdweg 19 70174 Stuttgart, Germany Tel. +49 (0)711 224 82 — 0 info@blocherblocher.com www.blocherblocher.com www.facebook.com/blocherblocherpartners Blocher Blocher Partners Office Mannheim P3, 1–3 68161 Mannheim, Germany Tel. +49 (0)621 178 903 — 0 Blocher Blocher India Pvt. Ltd. Mondeal Square, B1106 SG Highway, Ahmedabad, Gujarat 380015, India Tel. +91 (79) 4039 12–50 — KONZEPT UND REALISATION / CONCEPT AND REALIZATION Blocher Blocher View (Anschrift wie Herausgeber) / (For address, see publisher) — CHEFREDAKTION (V.I.S.D.P.) / CHIEF EDITOR Angela Kreutz — ART DIRECTION Mathis Weymann — REDAKTIONSLEITUNG / EDITORIAL MANAGEMENT Michael Raeke — REDAKTION / EDITOR Michael Mirwald — MITARBEITER DIESER AUSGABE / CONTRIBUTORS Heike Baier, Jörg Becker, Silke Bücker, Dieter Matzig, Enrico Santifaller, Dorothee Wenner — BILDREDAKTION /PICTURE DESK Christa Käsinger, Elisabeth Binder — GRAFIKDESIGN UND ILLUSTRATIONEN / GRAPHIC DESIGN AND ILLUSTRATIONS Andreea Asavinei, Kerstin Göhlich, Victoria Jarmer, Evelyn Mildt, Katharina Wiedmaier

Imp r ess u m / Imp rint

— FOTOGRAFIE / PHOTOGRAPHY Sacha Dauphin, Wolf-Dieter Gericke, Conné van d’Grachten, Joachim Grothus, Fabian Aurel Hild, Thorsten-Alexander Karl, Oliver Mark, Besim Mazhiqi, Klaus Mellenthin, Samir Pathak, Christian Richters, Johannes Vogt — BILDNACHWEIS / PICTURE CREDITS Blocher Blocher Partners, Central Department Store Group, finke Das Erlebnis-Einrichten GmbH & Co. KG, Rustan’s Group, SSI Group, The Ritz-Carlton, Berlin — ÜBERSETZUNG / TRANSLATION Toby Axelrod, Helen Carter, William Glucroft, Sandra Lustig, Sylvie Malich, Felix Pahl, Jacob Daniel Schneider, Nat Shockley, Jane Yager — WIR BEDANKEN UNS BESONDERS / WITH SPECIAL THANKS bei allen Mitarbeitern von Blocher Blocher Partners und unseren Klienten weltweit, für die wir so spannende Projekte realisieren dürfen und ohne die es dieses Buch nicht geben würde. / to all staff members of Blocher Blocher Partners as well as our clients worldwide, for whom we were able to realize such wonderful projects and without whom this publication would not be possible. — REPRO Repromayer Medienproduktion GmbH Wannweilerstraße 55 72770 Reutlingen, Germany — DRUCK / PRINT Offsetdruckerei Karl Grammlich GmbH Karl-Benz-Straße 3 72124 Pliezhausen, Germany — RECHTE / COPYRIGHT Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers sowie Textund Bildnachweis »Blocher Blocher Partners UNFOLD 2015«. Alle Informationen in dieser Publikation nach bestem Wissen, aber ohne Gewähr. / All rights are reserved. Reproduction and excerpts only with written permission of the publisher as well as text and picture annotated »Blocher Blocher Partners UNFOLD 2015«. All information in this publication is accurate to the best of our knowledge, but without any guarantee.




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