TRAIL-Vorschau 4/2017

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TRAIL MAGAZIN

L I G H T W E I G H T - P R O D U K T E / O B E R B E R G I S C H E S L A N D / T E S T : B A S E L AY E R

DAS LAUFMAGAZIN NR.1 F Ü R T R A I L R U N N E R

4

DEUTSCHLAND ¤ 4,50 ÖSTERREICH ¤ 5,20 SCHWEIZ SFR 8,80 LUXEMBURG ¤ 5,30 ITALIEN ¤ 6,10 SPANIEN ¤ 6,10 FRANKREICH ¤ 6,10

WWW.TRAIL-MAGAZIN.DE

2017 Juli/August

TRAINING

DIE KUNST DES GLEICHMÄSSIGEN TEMPOS: WIE MAN DIE RICHTIGE PACE FINDET!

ABENTEUER

SÜDAMERIKA RACE-REPORT: DIE ERSTEN WETTKÄMPFE 2017

TRANSAMERICA

RICKEY GATES AUF EINEM LANGEN WEG MIT VIELEN BEGEGNUNGEN

NORDERNEY

ALLEIN UNTER DÜNEN: WIESO TRAILRUNNING AUF EINER INSEL EINE EIGENE WELT IST!

MÜNCHEN

TOP-STRECKEN IN DEN HAUSBERGEN

VORAUSRENNEN, HINTERHERLAUFEN, AUFZEICHNEN UND AUSWERTEN

Navigation

ALLES ÜBER


Reach your Mountopia with dynafit.com

Concept and Design Pascher+Heinz, Photo KME Studios – Michael Mßller

Official Partner


Story Nummer 1

EDITORIAL Liebe Leser,

Trailrunner sind Individualisten. Steckt ja schon im Namen. Schließlich ist ein guter Trail ja nur so breit, dass genau ein einziger Läufer draufpasst. Gut, das führt dann andererseits dazu, dass man seinem Vordermann immerzu hinterherlaufen muss. Und der Vordermann versucht sich dann, spätestens im Race-Modus, abzusetzen. Weshalb wir also beim Thema wären: Warum muss alles immerzu neu erfunden werden? Zum Beispiel der Trailschuh. In diesem Sinne: Salomon hat gerade das Projekt S-Lab Me:SH vorgestellt. Einen Schuh, der in bis zu zwölf Parametern – vom Sohlenprofil über die Sprengung bis zur Passform des Obermaterials – individuell konfiguriert werden kann und der dann weniger produziert als gefertigt wird. Einzelstücke, nur eben nicht mehr vom Schuhmachermeister mit Nadel, Faden und handgehobelten Holzleisten. Sondern von Laserscannern, Vektorgrafiken und 3D-Druckern: Industrie 4.0. Nun, in jedem Anfang wohnt ein Zauber inne: Werden Trailschuhe also irgendwann nicht mehr von schiffsdieselrußenden Containerschiffen über die Weltmeere gekarrt? Sondern radikal lokal beim Händler vor Ort manufakturiert? Die Zukunftsforschung jedenfalls ahnt schon jene Renaissance des Lokalen. Bis es so weit ist, werden sich die wenigsten von uns die Frage stellen, ob sie nun in einen der zunächst acht Läden in Frankreich und Belgien fahren sollten, ihre Füße vermessen und rund 350 Euro in die Trailschuhavantgarde investieren sollten. Und ehrlich gesagt: Wären wir nicht auch ein wenig überfordert von all diesen Möglichkeiten?

ein Blick in unser Online-Forum lässt schnell aufhorchen. Da tummeln sich quasi alle Themen, die einen Trailrunner irgendwie „tangieren“. Ein scheiß Bandscheibenvorfall, der alle Pläne vernichtet, Schleimbeutel, die sich entzünden oder Probleme mit Movescount in Kombination mit der wichtige Frage, ob denn nun Laufen die Konnektivität unseres Gehirns erhöht. Zwischen Weihnachtsgrüßen an alle User macht ein Wadenbeinkopf massive Probleme - dadurch werden Startplätze beim Drei Zinnen Berglauf frei. Wir sind oft sprachlos beim Stöbern in diesem Forum! Es ist mehr als das Heft, die Welt, das Universum, der Leser. Alles passiert hier ungefiltert, alles im Forum ist irgendwie ehrlich, oft herrlich direkt und genau so kommentiert. Der vielleicht beste Thread nennt sich „Sport und Sonnencreme“. Es ist Juni. Es geht ab jetzt nur noch um Sonnencreme und Sport. Alles andere sollte jetzt einfach in den Hintergrund rücken. In diesem Forum geht es eigentlich ums Laufen im Gelände und mit jedem weiteren Klick wird klarer, dass es dann doch viel, viel mehr ist als das. Rund um Trailrunning fächern sich plötzlich Themen auf, die man oft nicht erwartet - das ist spannend, vielfältig und immer wieder neu. So ist unser Sport! Euer Denis Wischniewski, Herausgeber TRAIL


La Sportiva Ambassador

LA SPORTIVA ® is a trademark of the shoe manufacturing company “La Sportiva S.p.A” located in Italy (TN) - Photos by Damiano Levati, Storyteller Lab

ANTON KRUPICKA

Ständige Forschung. Laufen, klettern, queren. Wir ergründen, aus was wir gemacht sind. Wofür wir geboren wurden. Immer vorwärts schauen.

www.lasportiva.com Become a La Sportiva fan @lasportivatwitt Val di Fiemme, Trentino

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INHALT

4/2017 06 FOTOSTORY: Guillem Casanova Bosch

Der Spanier ist eigentlich Musiker und wechselte die Bühne von drinnen nach draußen. Heute sind die Trails und Berge seine Musik.

18 NEWS/JOURNAL: Kurzes aus der Welt des Trails

Dinge die man haben will, Denis´Kolumne, Sportmedizin, 4 kommende Wettkämpfe, Facebook-Umfrage, Trail-Running-Blogs ...

26 REPORT: Transamerica

Anders als Scott Jurek oder Karl Meltzer läuft Rickey Gates aktuell quer durch die USA und macht sich keinen Streß dabei.

28 TRAINING: Die richtige Pace

Unser Trainingsprofi Michael Arend weiss wie man die Geschwindigkeit findet die einen möglichst schnell an das Ziel bringt.

36 LESERCAMP: Münchner Hausberge

Rund um München bauen sich die Alpen auf. Diese Hausberge haben ihre Reize und traumhafte Trails – wir luden unsere Leser ein.

46 NAVIGATIONS-SPEZIAL: Alles über GPS für Trailrunner

Wie die GPS-Technologie unseren Sport verändert und was wir beachten müssen. Neue Produkte, Plattformen und Apps.

56 REPORT: Norderney

oetztal.com obergurgl.com/gletscherrun

Unser Autor Clemens Niedenthal über eine Insel im Meer die mehr ist als sie weiss und für einen Trail-Urlaub immer offen ist.

62 REPORT: Bekleidung, Running-Modelabels

Neben den großen, etablierten Laufmarken, entdecken neue kreative Köpfe den Laufsport als Laufsteg. Ein Überblick.

68 WETTKAMPF: Die ersten Rennen der Saison

Transvulcania, Mallorca K42, Marathon des Sables, Innsbruck Alpine Festival, Penyagolosa Ultra, Vuurtoren Trail Ameland.

76 INTERVIEW: Andrea Huser

21. & 22. JULI 2017 DAS TRAILRUNNINGEVENT IM DIAMANT DER ALPEN.

Ein Gespräch mit einer der weltbesten Ultratrail-Damen.

80 REVIERGUIDE: Oberbergisches Land

FREITAG, 21.07.2017 Start Mountain Star Night Run 12,2 km | 1.275 hm

Gummersbach? Schon mal gewesen? Handball? Ja auch. Hier geht es aber um eine Leidenschaft die tief im Wald liegt.

18.00 Uhr

90 SÜDAMERIKA: Die Trailszene im Überblick

SAMSTAG, 22.07.2017

Warum es sich lohnt für unseren Sport einmal über den Atlantik zu fliegen.

09.00 Uhr

Start Gletscher Run 42K | 42,195 km | 2.785 hm

11.00 Uhr

Start Gletscher Run 22K | 22,9 km | 1.910 hm

12.00 Uhr

Start Junior Gletscher Run

Weitere Information und Anmeldung unter www.obergurgl.com/gletscherrun ÖTZTAL TOURISMUS INFORMATION OBERGURGL-HOCHGURGL 6456 Obergurgl T +43 (0) 57200 100 F +43 (0) 57200 101 info@obergurgl.com www.obergurgl.com


FOTOSTORY / GUILLEM CASANOVA BOSCH INTERVIEW: CLEMENS NIEDENTHAL FOTOS: GUILLEM CASANOVA BOSCH

Guillem Casanova GUILLEM CASANOVA BOSCH KOMMT SCHON MAL INS SCHWITZEN, MITTEN IN EINER HERDE VON 30 STEINBÖCKEN ZUM BEISPIEL. DARÜBER HINAUS MACHT DER KATALANE ZIEMLICH COOLE FOTOS. EIN GESPRÄCH ÜBER DIE GANZ SCHÖN ZEITRAUBENDE SUCHE NACH DEM EINEN AUGENBLICK

Völlig ausgelöst 6 / 7 TRAIL MAGAZIN



JOURNAL42017 facebook-umfrage

TEMPOMACHER Umfrage: Müssen zukünftige Spitzentrailrunner viel mehr Tempo auf der Straße trainieren, um erfolgreich zu sein? Reicht es nicht mehr, nur im Gelände zu trainieren? Sascha Wobker Ich finde beim Trail geht es um die Umgebung . Wenn ich Tempo will, bleib ich auf der Straße. Uwe Jurytko Spitzentrailrunner definitiv ja. Sie laufen schließlich an der Spitze. Ich selber bin von der Straße zum Trail gewechselt, weil ich die Natur genießen möchte und mir das Ballern auf der Straße einfach auf die Nerven geht.

André Lubeseder Ich frage mich immer, wie viele Leute denn wirklich auf der Straße bzw. dem Asphalt trainieren. Ich kenne da nur ganz wenige. Die meisten laufen doch eher auf Sandwegen oder ähnlichem. Selbst Ryan Hall sagte kürzlich in einem Interview, dass er niemals auf der Straße trainiert hat. Marcus Blenke Trainingswissenschaftlich lässt sich das Training auf der Straße vielleicht besser steuern, aber wenn man sich für Trailrunning begeistert, wird man lieber in der schönen Natur laufen wollen. Ich hoffe, dass es im Trailrunning nicht so eine Entwicklung gibt wie im klassischen Straßenlauf bzw. Marathon, wo es nur noch um Zeiten geht. Beim Trailrunning sehe ich auch nicht den Läufer so vordergründig, sondern immer den Einklang mit der Natur, und was bedeuten dann noch Zeiten oder Spitzenleistungen.

TRAUER UM UELI STECK Wir trauern um einen großen Bergsportler, Alpinisten und inspirierenden Menschen. Am 30. April 2017 verunglückte der Schweizer Ueli Steck am Nuptse unweit des Mount Everest. Wir durften Ueli noch vor wenigen Monaten im Rahmen der Swiss Ultra Trail Awards persönlich kennenlernen und er war in der letzten Ausgabe im Heft in einer Fotoreportage des Fotografen Dan Patitucci zu sehen. Neben seiner Passion, die höchsten aller Berge in Rekordzeit zu besteigen, war Ueli Steck auch ein leidenschaftlicher Trailrunner und Bergläufer. Seine Rekorde, Filme, Fotos und Abenteuer werden für uns immer eine Quelle der Inspiration bleiben.

SCHUHE, DIE WIR EMPFEHLEN

Foto: Emily Maye

Unsere Kauftipps im Onlineshop. Wir stellen uns gerne der Kritik, dass wir nur das testen, was wir auch verkaufen. Nein, es ist anders. Im großen Schuhtest der Ausgabe 3/2017 liefen wir fast 40 Modelle und dabei fielen uns einige Modelle positiv auf. Diese bekamen von uns einen KAUFTIPP! Wir freuen uns nun, dass einige Hersteller dabei waren, als wir gesagt haben: "DIE wollen wir gerne verkaufen - ein toller Service an unsere Leser!" Salming, Dynafit, Scott und Scarpa sind nun dabei und wir freuen uns sehr darüber, euch diese Tipps uneingeschränkt an die Füße zu verkaufen, denn die Redaktion steht voll und ganz hinter diesen Schuhen. Wir verkaufen auf unserer Homepage KEINE Modelle, die wir selbst nicht unbedingt gerne tragen würden. www.trail-magazin.de/shop

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Foto: Dan Patitucci

Florian Achleitner Wozu auf der Straße trainieren? Beim Trail habe ich natürliche Intervalle, was so oder so heftig ist im Training. Straße is für so ziemlich alle Anforderungen im Trail unbrauchbar in meinen Augen.


DENIS’

KOLUMNE Vor dem Internet Mein Leben vor dem Internet besteht nur noch aus diffusen Erinnerungen, Gedankenfetzen, stückelige Zuckungen meines Hippocampus. Eigentlich war das eine gute Zeit damals, aber wer weiß schon, wie es heute wäre ohne Netz. Wir bekommen letztlich das, was wir verdienen. In den Zeiten ohne Internet gab es übrigens schon Trailrunning. Es gab Captain Future, Ein Colt für alle Fälle und bessere Eisam-Stil-Sorten. Ja, man mag es aus heutiger Sicht kaum glauben, aber die Menschen sind in den 80er- und 90er-Jahren im Wald rumgerannt, ohne darüber zu posten, sich zu fotografieren oder per GPS überwachen zu lassen. Niemand aus einem Dorf in Nordhessen mit 125 Facebook-Freunden verfasste englischsprachige Postings für seine 123 Facebook-Freunde aus Deutschland. Es ging. Es ist ein Wunder - es hat geklappt. Ich vermute sogar, dass die damaligen Läufer nicht unglücklicher gewesen sind. Dieses Gipfel-Selfie. Ja, dieses Selfie am Kreuz. Okay. So ein Foto am Abend zu posten und dann diese Likes und neidischen Kommentare wie Vanillesoße aufsaugen, das ist porno. Hat damals auch noch niemand gesagt. Damals, ohne Internet, sagte man geil oder klasse oder toll. Langweiler sagten: "Oh, wie schön.“ Im Zusammenhang mit der alten Zeit fallen mir auch Bergläufe ein. Unter dem Oberbegriff Trailrunning und dem Zeitalter der Ultratrails und Etappenläufe wirkt so ein Berglauf irgendwie unmodern. Ist natürlich Blödsinn. Muss man so sagen dürfen. Ein Berglauf ist pur. Er ist allerdings auch nur das, was er ist – ein Lauf, Berg hoch, relativ kurz und meist auf Wegen, die man locker mit einem Auto befahren könnte. Wer also behaup-

tet, so ein Berglauf wäre dies und das und überhaupt auch all jenes, was Trailrunning zu sein glaubt, der täuscht sich. Eine andere Sache ist übrigens hochmodern, sehr populär, uralt und jetzt wieder topaktuell. Drei Buchstaben, die lässig klingen: FKT. Für Trailläufer ist FKT das, was für Nudisten und Körperfetischisten FKK bedeutet. FASTEST KNOWN TIME. Diese Idee, auf eigene Faust eine ganz bestimmte Strecke so schnell wie nur möglich zu rennen, ohne dabei ein Startnummer oder einen Zeitnahmechip zu tragen, ist historisch. Klar. Man denke an diese ganzen Transamerika-Geschichten, an all diese Gipfelrekorde der frühen Alpinisten. Das alles war FKT. Total ursprünglich. FKT ist also auch irgendwie voll vor dem Internet, wobei ganz viele genau diese Abenteuer quasi als Livestream ins Netz stellen. Schade eigentlich. Schade, dass wir aus unserem Laufen nicht viel öfter einfach ein Geheimnis machen, etwas, was nur uns gehört, es einschließen wie etwas Wertvolles. Vor dem Internet gab es übrigens auch schon Laufschuhe. Nun gut, es waren vielleicht keine Trailschuhe, aber es waren Joggingschuhe, und einige Modelle hatten sogar grobes Profil für diejenigen, die sich der Fraktion der Waldläufer zuordneten. Es gab Regale in Sportfachgeschäften, es gab teure Modelle mit drei Streifen und billigere, die nur zwei Streifen hatten und keinen Markennamen, den man sich merken sollte. Meine Eltern kauften mir die Schuhe ohne Namen - ich träumte nachts von einem Streifen mehr und beneidete Mitschüler um das Original an ihren Füßen. Später, beim Sport, war alles vergessen. Es ging ums Laufen und nicht mehr um die Streifen. Angeblich sind Bergsportler und vor allem Trailrunner genau die Leute, die sich auf Facebook und Instagram am allermeisten exponieren, wie wild posten, ihr Leben im Glaskasten ausstellen. Die größte Laufzeitschrift der Welt, die Runner´s World, widmet eine gedruckte Titelstory sogar den neuen Stars der Laufszene – den Leu-

ten mit den meisten Instagram-Followern. Vor dem Internet gab es tatsächlich gar keine Laufstars, sondern einfach nur Sportler, die besonders schnell oder erfolgreich waren – die kannte man, die wurden erwähnt, fotografiert, interviewt. Oft waren da welche dabei, die nicht viel zu sagen hatten. Leider. Heute funktioniert das anders. Hausfrauen und Laufmütter mit Blog haben Fangemeinden, die ein Fußballstadion füllen würden, und Olympiateilnehmer im Marathon oder Bahnlauf bemühen sich vergeblich um die Aufmerksamkeit im Netz. Die Laufmutti postet ein Selfi34 e direkt vom Trail, perAsics % fekt gekleidet, alle Farbtöne der Musterkollektion aufeinander abgestimmt und bekommt 767 Likes. Der Olympionike postet ein Foto aus dem Trainingslager mit dem Nationalkader und es klickt nicht einmal ein Zehntel. Die Laufmutti spricht mehr Leute an, mehr können sich mit ihr identifizieren. Das Internet lügt und verzerrt, aber es bringt oft auch erstaunliche Erkenntnisse zutage. Am Ende bleibt vielleicht eine Frage stehen: Wieso machen wir uns so oft nackt? Wieso reicht uns das Laufen nicht mehr aus? Wieso müssen wir es allen sagen?

Ja 15 %

Wieso müssen wir immer über Zeiten reden? Ich breche ganz sicher keinem die Kniescheiben, der mich nach meiner Marathonbestzeit fragt. Ich komme mit meiner Bestzeit klar. Ich bin damit safe. Ich kann damit irgendwann ins Grab steigen, ohne wieder auferstehen zu wollen. Mal ehrlich. Solange Trailrunner auch Straßenläufer sind (was ihr absolutes Recht ist), wird auch immer über 10-km- und Marathonzeiten geredet und danach bewertet und beurteilt werden. Ich find’s in 93% aller Fälle affig und im Zusammenhang fast immer unangemessen. Denn: Wir vergöttern Leute, die unter drei Stunden ihre 42 km laufen, und vergessen dabei zu oft die Umstände. Wir finden es krass, wenn jemand die 10 km in 34 Minuten läuft, und vergessen da-

bei die Umstände. Mal ehrlich. Was für eine Zeit soll denn ein unter 30-Jähriger, der alles in seinem Leben dem Marathontraining unterordnet, denn bitte laufen? 3 h 15 min? Nein. Der muss natürlich unter drei laufen. Am besten deutlich unter drei. Und dann ziehe ich wie selbstverständlich meinen Hut vor einem 57-Jährigen, der die 10.000 Meter in 37 Minuten runterrockt, bewundere ihn dafür, wie er sich und seinen Körper in Form gehalten hat und dafür, dass er jeden Tag sein Training durchzieht. Er muss sich nicht mit den Jungen vergleichen. Nicht mehr. Ich kannte mal einen, der hat sich ständig über dieses ganze „AlterklassenDing“ lustig gemacht und war sehr für eine Gesamtwertung, in der sich alle Leute jeden Alters zurechtfinden sollten. Nun ja, ich weiß nicht. Alter ist nicht verhandelbar. Es sind Fakten. Für alle. Immer gleich. Ich starte im August zusammen mit Gerald, einem eisernen 60-Jährigen, in der Senior-Master-Klasse, die Teams über insgesamt 100 Jahre zulässt. Wir zählen zusammen 104. Die Gesamtwertung interessiert uns nicht. Wir sollten wieder mehr gemeinsam laufen und Vergleiche weiter hinten anstellen.

Mikkel Borg Bjergsø war mal ein talentierter Mittelstreckenläufer. Später hat der Däne, nicht minder talentiert, ziemlich cooles Bier gemacht. Mit dem weltweit aktiven Mikkeler Running Club – und einem eigens dafür gebrauten „Wegebier“ – kommt beides zusammen. Schaut vorbei, wenn ihr mal in der Nähe seid: mikkellerrunningclub.dk


TRAINING / DAS RICHTIGE TEMPO TEXT: MICHAEL AREND

FOTOS: EMILY MAYE

Wie findet man eigentlich sein persönliches perfektes Tempo? Unser Trainingsexperte Michael Arend berichtet über die Kontrolle des Energieverbrauchs, das Minimieren eines Einbruchs, Laufen nach Gefühl und objektiven Werten und was von all dem bei einem Trailrunner am besten funktioniert.

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VOM SUCHEN UND FINDEN Perfektes Pacing ist, wenn man es zu schnell angeht und es schafft, gegen Ende noch zu beschleunigen. Oh, yeah. It was nuts. It was probably one of the craziest races I’ve run. My Mom didn’t want me to run stupid, and about two miles in it was like, thiiiiiis might be stupid. So fasste Zach Miller die ersten 3 km des NorthFace 50Miler 2016 zusammen. Am Ende senkte er den Streckenrekord und gewann mit zwei Minuten Vorsprung, nachdem er die letzten 5 km in 16 Minuten gelaufen war. Either this will be a hell of a race or an epic blow-up, dachte er nach 5 km. Es wurde eines der imposantesten Rennen des Jahres und ein Beispiel dafür, wie sich die Trailszene in den letzten Jahren weiterentwickelt hat. Während es bis 2015 ein gewohntes Bild bei Ultras war, dass die Spitzenläufer harmonisch die ersten 80% des Rennens zusammen liefen, um danach erst mit dem eigentlichen Rennen zu beginnen, hat sich der Sport, zumindest unter den Eliteläufern, geändert. Wer sich nicht traut, von Beginn an einen Einbruch oder gar ein DNF zu riskieren, der hat bei Läufen bis 100 km keine Chance mehr auf einen Sieg. Doch laufen die allerwenigsten von uns, um einen Sieg mit und müssen dementsprechend auch nicht

fänger - der Prozess, bei dem Läufer ihren Energieverbrauch so kontrollieren, dass eine Strecke in möglichst geringer Zeit zurückgelegt wird, während verscuht wird, die Gefahr eines völligen Einbruchs zu minimieren.

so viel riskieren. Anstatt also wie Zach Miller alles zu riskieren, lohnt es sich für alle anderen Athleten, alles zu kontrollieren. Pacing ist und bleibt - egal ob Profi oder An-

quälen kann und nicht damit, dass sie grundsätzlich aufgrund ihrer Ausdauer mit höherer Intensität laufen kann. Pacen nach Gefühl ist trotz hohem Grad an

Um genau dieses Ziel auch zu erreichen gibt es zahlreiche Mittel und Wege. Einteilen kann man diese grundsätzlich in zwei große Unterkategorien: erstens, dem Pacen nach Gefühl und zweitens dem Pacen nach objektiven Werten. Beide Möglichkeiten unterscheiden sich erst einmal nur darin, ob man seinem eigenen Gefühl vertraut oder eben nicht, und deshalb lieber auf feste Werte zurückgreift. Das Laufen nach Gefühl muss jedoch, auch wenn dies immer unterstellt wird, nicht gleich planloser sein als das Laufen nach festen Werten wie Tempo oder Puls. Ja, okay, bei Zach Miller ist es planlos, aber der Typ kann einfach so hart über sein Limit laufen, dass er auch etwas größere Fehler im Pacing mit einem Mehr an Leiden einfach ausbügelt. Das ist übrigens kein Scherz. Tatsächlich gibt es dazu eine Studie, die belegt, dass es einen Unterschied in der relativen Herzfrequenz zwischen Elite und Hobbyläufern bei gleicher Distanz gibt, die darin begründet liegt, dass die Elite sich mehr

DER GESCHWINDIGKEIT


SPECIAL / GPS NAVIGATION

TEXT: DENIS WISCHNIEWSKI, CLEMENS NIEDENTHAL

ALLES, WAS LÄUFER ÜBER NAVIGATION WISSEN SOLLTEN

Trailrunner folgen dem Trail und sind dabei längst im digitalen Zeitalter angekommen. Ein Special über moderne Navigation, die richtigen Geräte, Plattformen und viel Tipps & Tricks Hier gehen die Meinungen auseinander: Die einen kennen ihr Revier wie ihre Westentasche, sie sammeln die Momente und nicht die Einträge auf ihrem Strava-Account. Und wenn ein neuer Trail einmal im Nirgendwo endet, nehmen sie es sportlich. Sicher, auch sie drücken am Ende ihres Laufs auf irgendeine Taste am Handgelenk. Da stehen dann eine Zeit, eine Kilometerangabe und vielleicht noch eine Durchschnittsgeschwindigkeit. Und das reicht ihnen völlig aus. Die anderen vermessen die Welt. Auch sie kennen ihre Trails – sie haben sie schon auf dem Screen gesehen. Und auf ihre Multifunktionsuhr geladen. Oder aufs Smartphone. Oder doch besser auf beides. Für sie ist die Navigation und das daran 46 / 47 TRAIL MAGAZIN

anknüpfende Angebot an Soft- und Hardwarelösungen mindestens ebenso wichtig wie der Kauf des nächsten Trailschuhs. Ja, unser Sport ist längst auch ein digitaler geworden. Das Feld an Informationen, Geräten, Daten und Apps ist riesig. Im Prinzip findet man heute für jede Region, und sei sie noch so entlegen, perfekte Streckenvorschläge als digitales Datenpaket. Auf Google reicht der Suchbegriff „GPX“, ergänzt durch den Namen einer Ortschaft, eines Berges, eines Tals, und schon wird man zu Portalen geleitet, die gefüllt sind mit Routentipps, die man selbst mit erheblichem Zeitaufwand „recherchiert“ hätte. Sharing is caring: Die Welt der GPS-Navigation hat unseren Sport revolutioniert, besser gemacht, aber ganz sicher auch unsere Sinne entschärft.


Mit der Vorstellung der neuen Garmin Fenix 5x, einer GPS-Sportuhr, ging mal wieder ein Aufschrei durch die Community. In Foren wurde diskutiert und mit Fotos am Handgelenk angegeben. Solch eine Uhr ist ganz sicher nicht mehr das was früher eine ordinäre Stoppuhr war. Wer mehr als 500 Euro für so ein multipel vernetztes Mess- und Vermessungstool ausgibt, will auch im Büro darauf angesprochen werden. Zumal von solchen, die Sport eher aus der Sportschau kennen.

Foto: Markus Berger

Jeder Lauf im Zeitalter des Global Positioning Systems beginnt zunächst mit warten. Denn bei allem Fortschritt der vergangenen Jahre braucht es noch immer eine ganze Weile, bis der Kontakt nach oben aufgebaut ist. Ein Lauf im Zeitalter des GPS bedeutet für viele auch „Stopp und Start“ beim Pinkeln oder an roten Ampeln, dazu ein ständiger Blick auf das Display und dann noch die Stunden vor dem Rechner nach dem Lauf, um all das was nun in der Uhr steckt, auch nach draußen zu jagen und möglichst vielfältig auszuwerten. Bei aller Kritik und der recht persönlichen Grundsatzfrage, ob man sein liebstes Hobby so sehr kontrollieren mag und letztlich ja auch unter einer Kontrolle steht, ermöglicht die GPS-Navigation für Läufer und Outdoorsportler faszinierende Möglichkeiten. Es bleibt, zumal in entlegeneren Gegenden, auch ein manifestes Sicherheitstool. Ein Beispiel dafür ist Strava, eine App, die vermutlich erst am Anfang ihrer Entwicklung steht. Alles, was hier aufgezeichnet wird, kann in einer Community geteilt werden und letztlich in Bestenlisten und Events angezeigt werden. Es entsteht eine neue, spannende Art des gemeinsamen Erlebens, ein Mix-up aus klassischem Wettkampf und privaten, ungezwungenen Läufen, die sich an keine vorgegeben Startzeiten halten müssen. „Hey, ich war heute morgen schneller als du vor einer Woche!“ – „Mensch, geh mir nicht auf den Zeiger.“


SPECIAL / GPS NAVIGATION

Glossar: Route Eine Route ist wie ein Track aus geographischen Punkten zusammengesetzt. Der Unterschied: Nach dem Übertragen ins GPS-Gerät sucht das Gerät selbstständig eine Verbindung von Punkt zu Punkt, als Luftlinie oder über das gespeicherte Wegenetz einer digitalen Karte. Eine Route ist im GPS-Gerät veränderbar, ein Track meist nicht.

Vergleich: Suunto Ambit Vertical vs. Garmin Fenix 5x Die neue Garmin Fenix 5x liegt in den verschiedenen Ausstattungen in einem Münchner Juweliergeschäft in bester Lage zwischen Klassikern der Edeluhrenmarken Omega oder Glashütte. Digitale Sportuhren sind nicht mehr nur schick, sondern echte Statussymbole. Allen voran Modelle der Hersteller Suunto und Garmin. So stellt sich die Frage und Kaufentscheidung, ob man amtliche 749 Euro für die von uns getestete FENIX 5X oder 470 Euro für eine Suunto Ambit3 Vertical ausgeben soll. Sind die Modelle überhaupt vergleichbar? Zunächst gefällt uns die Suunto Ambit3 Vertical, das letzte Modell der erfolgreichen Ambit-Serie, aufgrund der eleganten, schlichten Form. Sie wirkt durch die integrierte GPS-Antenne nun reduzierter und trägt sich komfortabel. Bei 74 g Gewicht ist sie bis 100 m Tiefe wasserdicht. Der wohl große Unterschied zur Garmin Fenix 5x ist der Preis. Und das Display. Die Ambit3 Vertical muss noch mit einem Schwarz-Weiß-Bildschirm (128x128 Pixel) auskommen, die neue Fenix 5x hingegen besticht durch ein brillantes Farbdisplay in einer 218x218-Auflösung inklusive Kartendarstellung. Das größte Modell der Fenix-Serie glänzt durch ein robustes Outfit, wirkt sehr hochwertig und hat einen Durchmesser von 47 mm. Die Exo-GPS-Antenne ist auch hier elegant ins Gehäuse integriert. Garmin erweitert mit der neuen Fenix die Möglichkeiten der Analyse und der Einsatzgebiete - dabei helfen diverse Sensoren, ein optischer Pulsmesser, ein barometrischer Höhenmesser und ein digitaler 3D-Kompass. Der interne Speicher beträgt 12 GB. Ein klarer Vorteil der Fenix 5x ist das Display. Mit 1,2 Zoll ist es groß, aber um ehrlich zu sein, nicht groß genug, um die zweifellos brillante Darstellung so anzuzeigen, dass man Spaß daran hat. Eines zeigt die Fenix jedoch mehr aus deutlich: Kartennavigation an GPS-Uhren ist möglich und wird die Zukunft sein. Die Suunto Ambit3 Vertical bleibt trotzdem eine gute Alternative für weniger Geld. Sie ist ausgereift und die Navigation ohne Karte - mittels Pfeilansicht und simpler Pixeldarstellung - funktioniert erstaunlich gut. Die Lösung, per Tastendruck die Zoomstufen zu ändern, klappt intuitiv und führt meist perfekt zum Ziel oder zur richtigen Abzweigung. Neu und absolut nützlich für den User ist die Ansicht zur aktuellen Position auf einem Höhenprofil. Dies ist im alpinen Umfeld mehr als nur eine nette Zusatzoption. Für Ultraläufer und echte Outdoorsportler ist und bleibt die Akkulaufzeit das große Thema. Die Suunto Ambit3 Vertical konnte sich hier leider nicht stark genug von ihren Vorgängern absetzen und schafft in unserem Test bei einer nötigen 1-Sekunden-Taktung des GPS-Empfangs nur knapp 9 Stunden Akkulaufzeit. Das reicht eben nicht immer! In Kombination mit der zur Suunto passenden Movescount-Software und der hohen Genauigkeit und Schnelligkeit des GPS ist und bleibt die Sunnto Ambit3 Vertical ein ideales Gerät für alpinen Laufsport. Der Preis scheint angemessen. In vielen Bereichen ist die Garmin Fenix 5x besser als das letzte Ambit-Modell. In nur 2,5 Stunden ist sie vollständig geladen, der Akku hält bei enger Taktung fast doppelt so lange und dank der Kartendarstellung geht sie einen erstaunlichen Schritt in Richtung vollständiger Outdoor-Navigation. An der Schmerzgrenze angekommen ist der Preis. 749 Euro sind vermutlich selbst für die Gönner, Styler und Gutverdiener eine echte Hürde. Fazit: Die Entscheidung fällt am Ende durch den Preis. Die Suunto Ambit3 Vertical kostet 470 Euro und liegt damit deutlich unter den 749 Euro der neuen Garmin Fenix 5x. Wer eine ausgereifte und schlichte GPS-Sportuhr für alpine Läufe sucht, bekommt für sein Geld mit der Ambit ein faires Produkt. Wer die Zukunft erleben möchte, muss mehr zahlen und landet ohne Umwege bei der Garmin Fenix 5x.

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Track Geographische Linie, etwa der Wegverlauf einer Tour. Die Linie besteht aus einzelnen Punkten. Diese wiederum besitzen genaue geographische Koordinaten. Dadurch kann der Track auf verschiedenen digitalen Karten und in GPS-Geräten angezeigt werden. Tracks kann man mit dem GPS-Gerät während der Tour aufzeichnen, aus Tourendatenbanken im Internet herunterladen oder online erstellen (z.B. gpsies.com) und mit PC-Software planen. Wegpunkt Tracks und Routen bestehen aus mehreren, Wegpunkte nur aus einer einzigen Position. Zum Beispiel eine Wegekreuzung oder ein Bahnhof mit exakten Koordinaten. Wegpunkte können auch durch Symbole und einen Text dargestellt werden. Rasterkarte Ein digitales Foto der normalen Papierkarte, z.B. der amtlichen Topographischen Karten. Sie können am Bildschirm nur vergrößert oder verkleinert werden, die Inhalte bleiben gleich. Die Top50-Serie der dt. Vermessungsämter, Kompass- oder Alpenvereinskarten sind typische Rasterkarten. Vektorkarte Eine „intelligente“ und variable Karte, deren Elemente ein- und ausgeblendet, gesucht und berechnet werden können. Alle Inhalte einer Vektorkarte sind in einer Datenbank gespeichert und werden von dort aus vom Programm aufgerufen. Straßennavigationskarten sind z.B. Vektorkarten. Kompass Eine Zusatzfunktion in GPS-Geräten zur Richtungsbestimmung. Vorteil: Der Kompasseigt beim Navigieren auch im Stand die Wegrichtung an, was GPS-Geräte ohne Kompass nicht können. OpenStreetMap (OSM) ist ein freies Projekt mit dem Zweck, frei nutzbare Geodaten zu sammeln und für die Nutzung durch jedermann in einer Datenbank vorzuhalten (Open Data). Diese Daten ermöglichen es beispielsweise, detaillierte Landkarten zu erstellen, Spezialkarten abzuleiten oder Navigation zu betreiben. Einige solche Karten sind auf der OpenStreetMap-Startseite abrufbar.


GARMIN inReach Explorer+

GARMIN eTrex10

499 Euro 213 gramm

99 euro 142 gramm

Allgemein:

Allgemein:

Ausserhalb von Mobilfunknetzen kommunizieren und dank bester topografischer Karten sicher und genau navigieren. Mit dem neuen inReach Gerät ist Garmin ein großer Wurf gelungen. Damit hat sich die Übernahme Firma DeLorme, die sich auf 2-Wege-Satelitten-Geräte spezialisierten, schon gelohnt. Die GPS-Routenführung ist direkt auf dem Display möglich. Auch das Wetter ist dank dem barometrischen Höhenmeter über Lufdruck immer Blick und genau einzusehen. Das Iridium-Netzwerk erlaubt weltweites Senden und Empfangen von Kurznachrichten oder Versenden von einem SOS-Signal. Dank der sogenannten Earthmate-App steht man immer in Kotakt mit Freunden und Fami-

lie. Die Robustheit des Gerätes ist mit einem Smartphone kaum zu vergleichen. Es steckt Schläge weg und ist nach IPX7 wasserdicht. Für echte Expeditionen und lange autonome Läufe ist das Gerät wirklich sehr zu empfehlen. Das immer absendbare SOS-Signal macht am Ende den Unterschied und kann Leben retten. www.garmin.de Akkulaufzeit: 100 h

NOTE: SEHR GUT

Puristisch, einfach und günstig. Das eTrex10 ist ein Basisgerät ohne Kartendarstellung mit einem einfach Display. Es kostet dabei unter 100 Euro. Aber. Es funktioniert herrlich genau und zuverlässig und die Tracknavigation sowie das Aufzeichnen klappen bestens. Die Bedienung über die seitlich angebrachten Tasten hat Vorteile. Wer sich erst einmal daran gewöhnt hat kann das Gerät sicher und in jeder Situation bedienen. Ein Touchscreen mag das nicht immer gewähren. Nutzern, denen ein elektronischer Kompass oder ein barometrischer Höhenmesser wichtig ist, werden von dem Gerät ebenfalls enttäuscht - hierfür gibt es Minuspunkte. Attraktiv ist hingegen, dass auf dem eTrex 10 ge-

zielt Strecken, Koordinaten und Städte eingegeben werden können. www.garmin.de 142 Gramm Bildschirmgröße 2,2" Akkulaufzeit: 25 h

NOTE: GUT

Im Millionenbereich angekommen: STRAVA Diese App kennt den Rekord auf deiner Hausrunde. Unser Autor findet sie auch sonst - rekordverdächtig. Kürzlich wurde bei mir in der Region eine Berglauf-App vorgestellt, mit der man seine Zeit auf definierten Strecken am Berg messen und anschließend mit anderen Läufern verglichen kann – ein Wettkampf mit flexibler Startzeit sozusagen. Leider ist für diese App an jeder Strecke ein großes Hinweisschild notwendig, das bei zufällig vorbeigehenden Wanderern für Kopfschütteln sorgt und den Schilderwald im Gebirge weiter verdichtet. Das muss nicht sein. Die Alternative heißt Strava. Strava gibt es schon seit acht Jahren und hat mittlerweile Nutzerzahlen im zweistelligen Millionenbereich. Ich bin seit sechs Jahren Mitglied und war von Anfang an begeistert, denn Strava ist nicht nur kompatibel mit allen gängigen Datenformaten der Laufuhr-Hersteller – son-

dern auch noch leicht zu bedienen. Trainingsdaten können direkt über die App auf dem Smartphone aufgezeichnet, von einem GPS-Gerät über das Webportal geladen werden oder man synchronisiert es direkt mit einem anderen Portal wie zum Beispiel Garmin Connect. Der Vorteil: Unabhängig von Gerät und Aufzeichnungsvariante nutzt ihr ein Portal zur Verwaltung eurer Daten. Die Auswertung der Läufe geschieht übersichtlich und mit Historie, das heißt Strava vergleicht eure Laufzeiten mit vergangenen Läufen auf der gleichen Strecke und gibt euch dadurch einen Anhaltspunkt über eure aktuelle Form. Zusätzlich verrät euch der Suffer Score in Abhängigkeit von eurer Herzfrequenz, wie hart ihr trainiert habt. Eine sogenannte HeatMap stellt anschaulich dar, in welchen Regionen ihr besonders häufig trainiert. Was auf den ersten Blick eher wie ein launisches Gimmick wirkt, wurde 2016 von den Stadtplanern Londons erkannt und zur Planung von Radwegen genutzt – basierend auf Rad-Trainingsda-

ten. Berufspendler zeichnen ihre Wege ja (noch) nicht mit Strava auf. Wer während des Trainings anderen Läufern begegnet, bekommt das ebenfalls bei der Auswertung angezeigt, sofern diese bei Strava angemeldet sind. Besonders beeindruckend finde ich den direkten Vergleich von Läufern auf einer Strecke. So könnte ich zum Beispiel nach einem Wettkampf zu jeder Zeit sehen, wer sich an welcher Position

befunden hat, und damit die eigene Renneinteilung mit der der anderen vergleichen. Wettrennen sind ohnehin die Spezialität von Strava, so bietet euch das Programm die Möglichkeit zur Zeitmessung auf bestimmten Teilstrecken. Diese Strecken werden von Strava automatisch generiert, ihr könnt sie allerdings auch anpassen und so eure eigene Wettkampfstrecke festlegen. Wenn andere Läufer auf dieser Strecke laufen, bekommen sie anschließend ihre Zeit mitgeteilt und werden in eine Rangfolge eingeordnet. Dazu ist kein Schild, kein Barcode, einfach gar nichts notwendig. Ihr entscheidet selbst wo und auch ob ihr an diesem Tag Lust auf einen kurzen Bergsprint oder eine schnelle Runde habt. Diese Strava-Rankings gibt es mittlerweile an sehr vielen Bergen und Steigungen weltweit, und ich mache mir regelmäßig einen Spaß daraus, bestehende Rekorde zu knacken. Leider ist das mittlerweile nicht mehr so einfach, denn das Feld wächst stetig. Thomas Bohne


SPECIAL / GPS NAVIGATION

Verfolgungsjagd auf dem Datentrail MIT-Forscher haben die Daten von 1,1 Millionen Hobbyathleten ausgewertet. Das Ergebnis: Im Netz gepostete Läufe wirken offensichtlich ansteckend. Nur die von Kilian nicht. Wie ging das nochmal mit den Lemmingen? Der eine der läuft vorneweg, die anderen hinterher. In diesem Sinne: Sinan Aral und Christos Nicolaides, beide Forscher am renommierten Massachusetts Institut of Technologie (MIT), kommen in einer in diesem April im Wissenschaftsmagazin Nature Communications veröffentlichen Studie zum Schluss, dass das mit den Läufern und den sozialen Netzwerken eigentlich ganz ähnlich funktioniert. Aber irgendwie haben wir das ja bereits geahnt: Soziale Netzwerke bedeuten immer auch – sozialen Druck. Für ihre Studie haben Aral und Nicolaides die Daten von sage und schreibe 1,1 Millionen Hobbysportlern ausgewertet, die ihr Läufe via App – vor allem Strava, Runtastic oder Movesount – in den Sozialen Medien teilen. Fünf Jahre lang haben sie Daten gesammelt, Daten ausgewertet und geschaut, wie sich das virtuelle Laufen zum ganz und gar konkreten verhält. Die in Teilen tatsächlich überraschende Erkenntnis: Posten Kilan Jornet oder Florian Neuschwander irgendeinen krassen Move, wird das von der Community bestaunt – es hat aber offensichtlich nur wenig Einfluss auf die eigene Trainingsmoral. Läuft da also einer, mit dessem Niveau ich ohnehin

nicht hinterherhecheln könnte, motiviert das nicht zum Nacheifern. Postete hingegen ein zuletzt wenig aktiver Läufer eine lange Tour oder eine ziemlich schnelle Einheit, tauchten unter den mit ihm vernetzten Hobbysportlern binnen der nächsten Stunden und Tage plötzlich weitere lange oder schnelle Läufe auf. Auch das Geschlecht, so die beiden Forscher, spielt eine entscheidende Rolle: Frauen lassen sich eher von Frauen, Männer von Männern motivieren. Im Ergebnis analysierten die MIT-Forscher nun zweierlei. Erstens: Wir lassen uns durch die Leistungen anderer tatsächlich anspornen oder unter Druck setzen. Das berühmte Wettkampf-Gen greift auch, wenn die Duelle nur virtuell und spielerisch via Facebook ausgetragen werden. Und zweitens: Wir verlieren dabei nicht die Realität aus den Augen, sondern suchen intuitiv nach Läufern, mit deren Leistungen wir uns auch vergleichen können. Offen lies die Studie, ob eine Plattform wie Strava, die explizit mit diesem Wettkampfgedanken wirbt, dieses Phänomen initiiert hat. Oder ob sie uns Läufer nur da abgeholt hat, wo wir ohnehin schon sind: im Wettkampfmodus.

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Navigation über das Smartphone Das Smartphone gehört zum Trailrunner wie der Rucksack zum Wanderer Trailrunning ist ein sehr genügsamer Sport. Wer im 21. Jahrhundert jedoch ohne Smartphone unterwegs ist, hat die Vorteile dieser Geräte schlicht nicht erkannt. Oder die Probleme unterschätzt, die da am Wegesrand schlummern könnten. Jeder hofft auf eine verletzungsfreie Saison. Und kann jederzeit in Situationen geraten, in denen er auf Hilfe angewiesen ist, oder

eine andere Person benötigt dringend Hilfe. Mit der GPS-Funktion des Smartphones könnt ihr dem Rettungsdienst eure Koordinaten weitergeben. Bei iPhone Maps und Android GoogleMaps haltet ihr dazu einfach eine Position auf der Karte gedrückt und bekommt dann die Koordinaten angezeigt. GoogleMaps und iPhone Maps sind die vorinstallierten Programme zur Navigation mit den Geräten. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Apps für Höhenprofil, Wanderwege und Sehenswürdigkeiten oder schlicht Offline-Karten

zur Navigation ohne Datenverbindung. Mit diesen Zusatzinformationen kann euer Lauf schnell zur Entdeckungstour werden. Mit dem Smartphone könnt ihr diese Runde ganz einfach aufzeichnen und spart euch damit die Kosten für eine teure GPSArmbanduhr. Trainingsfanatiker schimpfen jetzt über die mangelnde Genauigkeit, die Ultra-Läufer über begrenzte Akkulaufzeit. Trotzdem, in 95% meiner Läufe reicht das Smartphone völlig aus. So konnte ich über Jahre hinweg mein Training protokol-

lieren oder meine Lieblingsstrecken aufzeichnen. Das Smartphone ist für mich zum täglichen Begleiter geworden, auch wenn es oft lautlos im Rucksack schlummert und erst dann wieder erwacht, wenn ich die Schuhe ausziehe. Thomas Bohne

Navigations APPS mit diesen smartphone-apps bist du perfekt auf deine trailrunde vorbereit und hast auch auf dem trail alles im griff

3D Reality Maps

Dieses bayerische Projekt bietet euch eine einzigartige dreidimensionale Ansicht der Alpen, die euch garantiert bei der Tourenplanung hilft. Diese fotorealistische Darstellung als App ermöglicht euch zusätzlich eine sehr gute Orientierung im Gelände. Die Apps für Android und iPhone befinden sich noch in der Testphase, der erste Eindruck hat uns jedoch absolut überzeugt.

Bergfex

Die österreichische Internetplattform Bergfex ist nicht nur für zuverlässige Schneevorhersagen bekannt, sondern richtet sich auch an Sommersportler. Die Navigations-App bietet in der professionellen Version (4,99 €/Jahr) detailgenaue Karten mit Höhenprofil. Auf Wunsch könnt ihr euch die Geländeneigung farblich darstellen lassen. Tracking und Tourenvorschläge bietet sie auch, diese haben uns jedoch nicht überzeugt.

GPSies

Mit dieser App für das Smartphone habt ihr Zugriff auf das gleichnamige Internet-Tourenportal und damit auf über 3 Millionen Routen in Europa. Die App ist kostenlos, leicht zu bedienen und hilft euch dabei, unkompliziert neue Laufstrecken in der Nähe eures Standorts zu finden. Aufzeichnen könnt ihr euer Training damit auch, dafür empfehlen wir jedoch vollwertige Trainings-Apps wie Garmin Connect oder Strava.

OSMAnd Maps

Diese App zählt zu meinen absoluten Favoriten im Gelände, denn die Karten basieren auf den hochgenauen und frei verfügbaren Daten von OpenStreetMap (OSM). Mit der App lassen sich Karten kostenlos herunterladen und sind so ohne Handyempfang nutzbar. In manchen Regionen sind bei OSM Wege dargestellt, die selbst auf guten kommerziellen Karten fehlen. Falls eure Laufrunde noch nicht enthalten ist, ergänzt sie doch einfach selbst.

Alpenvereinaktiv

Eine perfekte App zur Tourenplanung in den Bergen kommt direkt vom Alpenverein. Wer sich hier interaktiv seine liebsten Gipfel oder Punkte sucht und diese zu einer Runde verbinden lässt, bekommt automatisch einen Track ausgespuckt, der nun wirklich die besten Wanderwege berücksichtigt. Wir fühlten uns mit dieser App jedenfalls immer sehr sicher. Der Internetempfang unterwegs ist egal, wenn man die Kartenausschnitte vorab offline speichert.

Es geht nichts über eine gedruckte Karte. So verlockend die Smartphones, GPS-Uhren und Navigationsgeräte auch sind, die Papierkarte funktioniert in nahezu jeder Situation. Bei TrailLäufen in unbekanntem Gelände sucht ihr am besten vorher nach einer Karte im Maßstab 1:25000 oder 1:50000, denn nur dann sind die für euch interessanten Wege auch eingezeichnet und erkennbar. Macht euch vorher mit der Symbolik vertraut und verschafft euch einen Überblick von der Gegend. Folgende Fragen solltet ihr euch stellen: Welche Abschnitte sind besonders steil? Welche Abschnitte sind sonnig oder schattig? Welche Rückzugsmöglichkeiten gibt es? Wie ihr mit einer Karte euren Standort bestimmen könnt, lernt ihr beispielsweise in Kursen beim Alpenverein oder ihr schaut Youtube-Videos. Viel Spaß beim Erkunden!

Foto: Lars Schneider

Wieso die gute alte papierkarte noch immer wichtig ist:


TRAIL WEEKEND / NORDERNEY FOTOS & TEXT: CLEMENS NIEDENTHAL

INSELBEGABUNG Nordsee kennt man. Haben wir auch gedacht. Aber dann haben wir eine Insel kennengelernt, die sich neu erfunden hat, ohne ihre alten Tugenden zu verleugnen. Drei Tage in den Dünen, drei Tage auf Norderney.

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Das erste, was einen Norderney lehrt, ist: keine Zeit verlieren. Dabei geht es auf dieser Insel nicht mal besonders hektisch zu. In der Milchbar an der Inselspitze vertrödeln ein paar frühe Gäste den Aprilnachmittag bei Milchreis und Friesentee. Drüben am Nordstrand verfolgen die Vogelbeobachter konzentriert ihr stoisches Gewerbe. Und selbst die Kaninchen, und es gibt auf Norderney sehr, sehr viele Kaninchen, haben scheinbar alle Zeit der Welt. Dennoch lernt man auf Norderney, keine Zeit zu verlieren. Und so zieht es mich, kaum im Inselloft eingecheckt, auch schon wieder hinaus. Das Licht nämlich, und mit ihm die Stimmung,

ist immer nach den Frühjahrsschauern am schönsten. Also genau dann, wenn der nächste Schauer schon wieder am Horizont wartet. Da hinten im Westen, wo wir jetzt mal jenes England vermuten, dem die Insel einmal den Status des Seeund Staatsbades zu verdanken hatte. Damals, 1797. Norderney gehörte zum Königreich Hannover, das ja verwandtschaftlich mit der britischen Krone verbandelt war. Aus dem Empire hatte man die Idee eines Seebades mitgebracht. Bald schon hatte das Haus Hannover auch seine Sommerresidenz auf Norderney. Also rein in die Windjacke und rein in die Dünen. Schon eimal spüren, wie das in den nächsten Tagen so läuft. Die Luft ist klar,


SPECIAL / INDEPENDENT BEKLEIDUNG

EIGENER LAUFSTIL Laufbekleidung hat einen Lauf. Womit auch der Markt in den Nischen wächst, die Sehnsucht nach Unterscheidbarkeit. Wir haben all die neuen, coolen Boutique Running Brands genauer angeschaut. Und die Frage gestellt, ob das überhaupt geht: Laufklamotten anders denken?

Satisfy

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Nichts wäre vermutlich falscher als zu sagen, Matt Taylor wäre auf halber Strecke stehen geblieben. Dabei steht sein Schreibtisch seit rund drei Jahren genau dort: ziemlich exakt an der 13,1-Meilen-Markierung des Boston Marathon nämlich, was, umgerechnet ins metrische System, eben die Halbmarathondistanz markiert.

TEXT: CLEMENS NIEDENTHAL

Matt Taylor ist es ernst mit diesen Distanzen. Seine Firma Tracksmith hat er unter anderem deshalb gegründet, weil er bei seinem vorherigen Arbeitgeber, ja in seiner ganzen Branche eben diesen Ernst immer seltener gefunden hatte. Taylor war Marketingchef für das Segment Running bei Puma, jener Marke, die immerhin den schnellsten Sprinter der Welt ausstaffiert. „In meinem Arbeitsalltag war nur noch von Lifestyle und von Wellness die Rede. Ich wollte zurück zu den Wurzeln des Sports: zum Wettbewerb, zur Leistung, zur Leidenschaft.“

Iffley Road aus England ist ein anderes junges, handwerklich arbeitendes Label, das sich ebenfalls diese historisierende Ästhetik zu eigen gemacht hat. Cleane Sachen, die nach Baumwolle aussehen, auch wenn sie aus modernen Funktionsmaterialen sind. Reduzierte Farben und Formen bis hin zum reinen Weiß. Knapp 70 Euro kostet so ein Oberteil, die Shirts und Singlets von Tracksmith sind umgerechnet ähnlich teuer. Der Preis entspricht damit ungefähr den exklusiveren Linien von Nike, Adidas oder Salomon.

Taking Running seriously Und deshalb hat Taylor die Laufsportmarke Tracksmith gegründet. Und das mit dem Wurzeln - er selbst nennt es seinen „zeitlosen Stil“ - gleich mal ziemlich wörtlich genommen. Wer sich die schlichten Shirts und Singlets von Tracksmith anguckt, fühlt sich tatsächlich an die Fünfziger- und Sechzigerjahre erinnert. An Aschenbahnen, das Blut schmecken, die Runden abspulen.

Ein wenig zu retro und eben ziemlich Ostküste mag man die hochwertig gefertigten Teile von Tracksmith im ikonografischen Look der amerikanischen Eliteuniversitäten finden, und doch muss man Matt Taylor zuhören: Da investiert einer also in ein unabhängiges Laufsportlabel, und zwar nicht, um dem Sport Style zu geben. Sondern gerade umgekehrt, um eine mehr und mehr um den reinen Style bedachten Industrie wieder an die Werte, ja das Wesen des Sports zu erinnern. „Es liegt im Wesen der großen, global vertriebenen Marken, immer mehr Kunden erreichen zu wollen – eben mit weichgespülteren, konsumigeren Produkten. Wir hingegen sagen: Wenn du das mit dem Laufen ernst meinst, dann bist du bei uns richtig.“ Kurz: Dieser Matt Taylor ist einer, der das Wettrennen mag. Er will es mittelfristig auch mit Nike oder Adidas aufnehmen.

WO DER LAUFSPORT, NICHT NUR AUF DER STRASSE, längst zum MAINSTREAM GEWORDEN IST, wächst die Sehnsucht nach Abgrenzung und Distinktion. Anziehen und Abgrenzen Denn die Wahrheit liegt natürlich irgendwo dazwischen. Und die Wahrheit geht ungefähr so: Wo der Laufsport, zumal jener auf der Straße, längst zum Mainstream geworden ist, wächst innerhalb und erst recht außerhalb dieser Szene die Sehnsucht zur Abgrenzung und Distinktion. In einer Zeit, in der die Sportund Outdoormode, von den Sneakers der Grundschüler bis zu den Outdoorjacken der Sachbearbeiter, längst das Omnipräsente Iffley Road


EVENTS / /WOHIN RÜCKBLICK EVENTS WIRD GERANNT

penyagolosa trails Genau auf diesem Kurs, auf dem im kommenden Jahr die Weltmeisterschaft die und den besten Ultratrail-Läufer und -Läuferin sucht, fand eine Art Premiere statt, die es bereits in sich hatte, denn der Penyagolosa Trail zählte nicht nur zur Ultra Trail World Tour, sondern sah mit dem US-Amerikaner Timothy Olson einen Western-States-100-Sieger am Start, der das Rennen letztlich mit einer Art Ansage gewinnen konnte. Mit dem Erfolg bei dieser sechsten Ausgabe des spanischen Rennens über 115 km führen Olson und die Damen-Zweite Mercedes Pila nun in der Gesamtwertung des oft internationalen Spanischen Trailcups. Das Rennen, das bei Mitternacht gestartet wurde, führte die Teilnehmer durch kalte Temperaturen und durch das iberische Gebirge auf den höchsten Berg der Region Castello im Südosten Spaniens. www.penyagolosatrails.com

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Nach etwa 2 km auf bekanntem Terrain geht es auf direktem Weg nochmals zum selben Verpflegungspunkt (organisatorisch praktisch gelöst). Nun geht es auch für uns runter ins Tal, wir erreichen die Schotterpiste und laufen am Startgelände vorbei. Hier zeigt meine Uhr 35 km an und ich sehe schon, was folgt: Der Weg führt nicht zum Ort, sondern es gibt noch einen zusätzlich eingebauten 250-m-Anstieg, um die Marathondistanz zu erreichen. Aber es läuft gut, anfangs joggend, später gehend treffe ich am Wendepunkt ein - und mal wieder auf Lars Schweizer. Es folgt ein Asphaltstück, ich kann nochmals etwas Fahrt aufnehmen. Ich erreiche das Ziel als 16. mit einer Zeit von 5:58:31 Stunden. Die Stimmung im Ziel ist super. Neben einer Medaille gibt es noch ein Salomon-Shirt und vor allem ein reichhaltiges Büfett. Übrigens: Den Marathon gewann der als Favorit gehandelte Jordi Gamito Baus (4. Platz Transgrancanaria, Team Compressport) in 4:22:15 Stunden, bei den Frauen siegte Joana Gayà Bujosa in 6:13:47 Stunden. Auch bei den Deutschen durfte gefeiert werden: Michelle Maier (Team Salomon) konnte nach einer längeren Verletzungspause dort anknüpfen, wo sie letztes Jahr aufgehört hat. Sie siegte beim Halbmarathon. Fazit: sehr gut organisierte Veranstaltung. Tolle Stimmung, sehr abwechslungsreiche Verpflegung und eine fantastische Kulisse. Viel Trail für wenig Geld (35 Euro). Wir können euch diesen Lauf nur ans Herz legen, zumal sich das Pauschaltourismuseiland so früh im Jahr von einer angenehm entspannten Seite zeigt. Carsten Drilling

Foto: Jaume Cabrer Silva

Mallorca kennt ihr, klar. Im Hinterland soll es da ja sehr schön sein. Das ist es, oh ja, zumal wenn man es auf einem der frühen Trailrennen der Saison durchkreuzt. Carsten Drilling war für uns beim K42 Trail Marathon. Chefarztbehandlung, sagt man wohl in der Sportmedizin dazu: Das Team Trail Magazin kam in den Genuss, im selben Hotel wie einige der Favoriten zu übernachten. Gemeinsam essen, gemeinsam quatschen und vor allem – gemeinsam laufen. Das Hotel möchte ich an dieser Stelle nicht unbedingt weiterempfehlen und der Name ist mir auch schon wieder entfallen, Wifi für 6 Euro am Tag und das Abendessen wird in zwei Schichten abgehalten. Nein, Urlaub machen möchte man hier nicht. Aber wir waren ja auch nicht zum Vergnügen auf der Insel. Na gut, sagen wir: für ein anderes Vergnügen. Das Rennen. Die Teilnehmer werden mit Shuttlebussen zu einem Wanderparkplatz am Fuße des Tramuntana-Gebirges gebracht. Die letzten eineinhalb Kilometer zur Finca Pública d’es Galatzó, dem Start, schlendern wir zu Fuß. Pünktlich um 9 Uhr werden dann die etwa 250 Teilnehmer des Marathons auf die Strecke geschickt. Die ersten 3 km geht es auf einer Schotterpiste leicht bergan, die Favoriten sind für mich lange schon nicht mehr zu sehen. Danach folgt der erste lange Anstieg, er zieht sich Kilometer um Kilometer. Beim Aufstieg zum Puig de Galatzó (höchster Punkt der Strecke auf gut 1000 m) kommt mir der spätere Sieger mit einem Höllentempo entgegen. An dieser Stelle musste der Schotte Casey Morgan letztes Jahr als Führender sein Rennen beenden – da er mit einem anderen Läufer frontal zusammengeknallt war. Rechtsverkehr? Linksverkehr? Diesmal ist zum Glück niemand lost in translation. Auf den letzten Metern vor dem Gipfel hat es sogar einige Kletterstellen. Ankommen, verschnaufen, die traumhafte Kulisse genießen und ab auf den 6 km langen Downhill zur ersten Verpflegungsstation. Die habe ich auch bitter nötig. Allein wegen der frischen Orangen lohnt es sich wiederzukommen. Dann geht es rund 500 m hoch auf den Moleta de s’Escolop. Auch hier gibt es nochmals ein kurzes Teilstück mit Gegenverkehr. Nicht ganz ungefährlich, wie ich finde, da die Wege doch oft schmal und die schnellen Läufer mit einem sehr hohen Tempo unterwegs sind und sich so ein großes Überraschungsmoment ergeben kann. Auf halber Höhe des nächsten Abstiegs sieht man bis ins Tal, wo das Ziel des Rennens liegt - leider hat man bei diesem Abzweig gerade einmal die Hälfte der Strecke absolviert und wird auf eine weitere Runde geschickt.

Foto: Selu Vega

Mallorca k42


transvulcania Was kann man denn bitte überhaupt noch zur Transvulcania sagen? Sie schreibt jedes Jahr neue Geschichten, spuckt neue Helden aus und erfindet sich immer wieder neu. Diesmal siegte der US-amerikaner Timothy Lee Freriks in 7 Stunden und 2 Minuten vor dem UTMB-Sieger Ludovic Pommeret aus Frankreich. Ein weiterer toller Erfolg Pommerets in seiner langen Karriere. Zaid Ait Malek eroberte nach cleverem Rennen Rang 3. Wiederrum sehr stark: Daniel Jung aus Südtirol landete auf 5. Aus deutscher Sicht gab es Grund zur Freude, denn Benjamin Bublak reihte sich, nach seiner tollen Leistung beim Limone Xtreme Skyrace, nun auch bei einem langen internationalen Rennen weit vorne ein und überraschte uns nicht mit seinem Rang 24. Bis zum letzten Gipfel, dem Roque de las muchachos, lief Benni noch gemeinsam mit unserem Traingsexperten Michael Arend, löste dann im langen 20 Kilometer Downhill seine Bremsen und machte einige Plätze gut. Michael wurde zweitbester Deutscher auf Position 31. Im Rennen der Damen lag die erneute Siegerin, Ida Nilson aus Schweden, von Beginn an in Führung und feierte den zweiten Erfolg auf La Palma in nur 8 Stunden und 4 Minuten. Etwas unter den Erwartungen blieben die Mitfavoriten Xavier Thevenard, Jason Schlarb oder Pau Capell. Auch ein furios beginnender Hayden Hawks musste der Hitze und schweren Route Tribut zollen. Bester Österreicher wurde Peter Fankhauser der noch knapp in die Top 50 dieser inoffiziellen Weltmeisterschaft lief und nun endlich seinen Frieden mit der Hitzeschlacht schloß. Beste deutsche Läuferin wurde Eva Sperger aus München. Die Marathondistanz mit vielen Metern bergab, stand im Zeichen der Lauflegende Luis Alberto Hernando. Der mehrfache Sieger der Ultrastre-

cke gewann so souverän die 42 Kilometer wie sonst die 74. Für die besten Resultate aus deutscher Sicht sorgten hier Johannes Klein und Moritz auf der Heide, die Rang 3 und 6 eroberten. Die 3 Stunden und 55 Minuten von Klein sind gemessen an Hernandos Siegerzeit grandios. Der Auftakt der Wettkampftage bildete wie immer der 7 Kilometer lange und 1200 Höhenmeter ansteigende Vertika K. Hier liess der amtierende Weltmeister Stian Angermund nichts anbrennen und siegte genauso souverän wie die Japanerin Yuri Yoshizumi. Auch hier startete Moritz auf der Heide vom Team Scott International und belegte Rang 17. Denis Wischniewski


TIPPS / TRAINING IM ALLTAG TEXT: CLEMENS NIEDENTHAL, MICHAEL AREND FOTOS: CLEMENS NIEDENTHAL

PLATZ IST IN DER KLEINSTEN LÜCKE Zur Arbeit muss ich ja ohnehin. Wie kann ich am effektivsten das Pendeln, mit dem Rad oder in Laufschuhen, in mein Training integrieren?

Wer effektiv trainieren will, muss auch Trainingsreize setzen. Einfach nur zur Arbeit radeln und am Abend dann wieder zurück, da bringt selbst eine Distanz von 20 km pro Strecke keine wirkliche Leistungssteigerung. Aber: Selbst wer nur regenerativ fährt, macht ja viel mehr als nur Regeneration. Sehnen, Muskeln und Faszien freuen sich über die moderate Belastung. Für den Trainingseffekt: An einem fixen Tag in der Woche, sagen wir am Dienstag, wird der Nachhauseweg zum flinken Tempodauerlauf. Am Morgen danach geht es im moderaten Erhohlungslauftempo wieder zum Job. Ist die Strecke kurz genug, können und sollten Trainingsreize in Form von lohnenden Umwegen (Extrahöhenmeter!) eingebaut werden.

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Unser Trainingsexperte Michael Arend erzählt euch in jedem Trail Magazin, wie man richtig trainiert. Was aber, wenn man mal wieder nur „falsch“ trainieren kann? Weil einfach die Zeit fehlt, die Kontinuität – oder die Berge. Deshalb haben wir uns auf dieser Doppelseite vorgenommen, euch ein paar Trainingstipps mitzugeben, die auch in den turbulentesten Alltag passen. Und die Spaß machen sollen … und nicht noch zusätzlichen Stress. Mit Vollzeitjob und Familie werden die Zeitfenster zunehmend kleiner. Wie kurz kann die Lücke für eine dennoch effektive Trainingseinheit sein? 30 Minuten abschalten – also 30 Minuten aufdrehen. Fünf Minuten ein- und zwei, drei Minuten auslaufen. Die 22 Minuten dazwischen reichen dann, so etwa, für einen schnellen Fünfer an der aneroben Schwelle, also mindestens im Halbmarathontempo, besser aber deutlich schneller. Zugegeben, das ist jetzt keine Trainingseinheit, die unbedingt zur Vorbereitung für den ersten Hundertmeiler passt. Aber wer so etwas vorhat, braucht ohnehin viel mehr Zeit – Trainingszeit. Der (erste) Ultra ist nichts, was man in die kleinen Lücken des Tages pressen könnte. Allen anderen hilft Tempotraining, also Tempohärte auch für halblange und längere Läufe. Und: Nach so einem Lauf hat man das gute Gefühl, auch in der Kürze der Zeit etwas erreicht zu haben.


Eigentlich hätte ich genügend kleine Zeitfenster fürs Training. Mir fällt es aber schwer, von jetzt auf gleich von der einen Belastung (Arbeit) auf die andere (Laufen) umzuschalten.

Ich muss, nein ich will, ein Trailrennen in den Bergen mit dem Familienurlaub verbinden. Lege ich das Rennen lieber auf das erste oder letzte Urlaubswochenende?

Die meisten, die das hier lesen, sind keine Topathleten. Laufen sollte für uns also ein Ausgleich sein, ein Voran-, aber auch ein Runterkommen. Auf Dauer bringt es also wenig, sich zum Training (oder zu bestimmten Trainingsleistungen) zwingen zu müssen. Wohlgemerkt: Läuft ein Lauf mal nicht so, ist das kein Grund, gleich umzudrehen oder das Tempo zu drosseln. Die zwei, drei qualitativ hochwertigen Trainingseinheiten in der Woche müssen manchmal eben erarbeitet werden. Im Alltag helfen hier Rituale, etwa zwei Wochentage, an denen man sich die notwendige Extrazeit bewusst nimmt und das auch, im Büro etwa, klar kommuniziert.

Auf das erste, definitiv. Denn nichts stresst alle Mitreisenden mehr als ein Läufer im Prä-Race-Modus. Nein, das Eis kann ich jetzt nicht essen. Nein, auf den Berg komme ich, so kurz vor dem großen Lauf, jetzt nicht mehr mit hoch. Was, wenn der Wadenmuskel plötzlich zumacht? Ist der Lauf hingegen gefinisht, bleibt ein Hochgefühl für eine entspannte Zeit. Alternativ kann ein Rennen in der Urlaubsregion auch einfach mal als Trainingslauf mitgenommen werden. Die Atmosphäre inhalieren und den schönen Kurs. Eine Akklimatisierung ist bei gewöhnlichen Alpenevents nicht unbedingt nötig. Ein, vielleicht zwei Tage vorher anreisen, das funktioniert.

Die ganze Woche steckte ich im Hamsterrad aus beruflichen und privaten Verpflichtungen und nicht in den Trailschuhen. Jetzt soll der lange Lauf am Samstag alles auf einmal bringen, Tempo, Ausdauer, Entspannung. Kann das funktionieren?

Klar. Wir hätten da sogar eine ganz konkrete Laufeinteilung, gute drei Stunden, in denen sehr viel Gutes steckt: kurz einlaufen, dann dreimal 30 Minuten im Marathontempo, dazwischen fünfminütige Trabpausen. Ist das mit dem Tempo dann also abgehakt, geht es noch einmal 60 oder 90 Minuten im Wohlfühltempo (70 bis 75 Prozent der Maximalleistung) weiter. Von den Tempoeinheiten bereits wohlig ermattet (der Kohlenhydratspeicher ist entleert), kommt der Körper dann auch in die Fettverbrennung, die für das Trail- und Ultratraining so wichtig ist. Wer es noch etwas härter mag: fünf 3000er-Intervalle und dann zwei Stunden auslaufen.


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