TRAIL 1/2015 Vorschau

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TRAIL MAGAZIN REVIERGUIDE BERGISCHES LAND / TRAIL-REGELN / LESERCAMP

LAUFSPORT-MAGAZIN NR. 1 FÜR TRAIL-RUNNER

5.2014 DEUTSCHLAND ¤ 4,50 ÖSTERREICH ¤ 5,20 SCHWEIZ SFR 8,80 LUXEMBURG ¤ 5,30 ITALIEN ¤ 6,10 SPANIEN ¤ 6,10 FRANKREICH ¤ 6,10

WWW.TRAIL-MAGAZIN.DE

JANUAR FE B R U A R 2 015

DIE 24 HÄRTESTEN TRAIL-RENNEN DER WELT!

01 TEST:

ISOLATIONSJACKEN UND STIRNLAMPEN

EQUIPMENT

37 NEUE PRODUKTE DIE TRAILRUNNER IM WINTER BRAUCHEN: JACKEN, SCHUHE, SOCKEN, ...

REPORT: DIE TRAIL-SAISON 2015 JETZT SCHON PLANEN!

TOPFIT 2015!

BESTLEISTUNGEN DURCH BESSERES TRAINING

MIT PHILIPP REITER IN DEN USA! INTERVIEWSPECIAL!

TISCHGESPRÄCHE: EMELIE FORSBERG PETER FANKHAUSER MATT FLAHERTY


FOTO: ROBERT BÖSCH


MENSCHEN DIESER AUSGABE Unser Cover-Läufer, Ryan Sandes aus Kapstadt in Südafrika, brauchte lediglich 4 Jahre, um über seine ersten Erfolge bei Etappenrennen in der Wüste, an die internationale Spitze der Ultra-Trail-Szene zu gelangen. Ryan siegte beim Transgrancanaria und beim Leadville 100, beim Zugspitz Ultra und dem Ultra Trail Mount Fuji landete er auf Rang 3 und 2. In seiner Heimat ist er jedoch irgendwie viel mehr als nur ein schneller Läufer, denn der Modellathlet ist mit der Schauspielerin Vanessa Haywood zusammen und somit regelmäßig Gast in den Gazetten des Landes. Ein echtes Traumpaar und für das TRAIL Magazin ist Ryan bereits zum dritten Mal ein traumhafter Läufer für unsere Titelseite. Auf dem aktuellen Cover seht ihr Ryan mit Ryno Griesel beim Rekordversuch auf der Drakensberg Grand Taverse über 200 Kilometer.

Print, Web und Event Trail stellt sich neu auf! Alle Welt prophezeit den Niedergang der Information auf Papier. In der Medienbranche tut sich viel und ein Wandel ist im Gange. TRAIL wandelt sich auch, aber wir bleiben ein gedrucktes Magazin und sind darauf auch unheimlich stolz. Die Fotos auf Papier, die Nachrichten und Reportagen, eingefasst in Layouts und auf einer ganz bestimmten Anzahl an Seiten - das ist für uns spannend und pure Leidenschaft. Trotzdem wird TRAIL mehr und mehr auch ein digitales Objekt. Auf unserer Facebook-Seite haben wir über 10.000 Fans, in unserem Forum wird in 22.000 Beiträgen diskutiert und unsere neue Homepage informiert und verlinkt zukünftig über und in die ganze Welt des Trail-Runnings. Eine weitere Säule werden zukünftig auch Events, wie Lesercamps, Revierguides oder Rennveranstaltungen, denn wir wollen als Magazin auch für die Leser greifbar sein, wollen mit Euch reden, lachen und natürlich zusammen laufen. Das TRAIL Magazin wird 2015 ein tolles und intensives Jahr erleben. Unser Rezept ist übrigens viel mehr als simpel: Wir haben die besten Leser der Welt! www.trail-magazin.de www.trail-forum.de www.trail-tracks.de

EDITORIAL Liebe Leser,

in dieser Ausgabe von TRAIL glauben wir, Euch ein echt rundes Paket an „Trail-Running“ zu liefern. Das alles beginnt nämlich mit einem Abenteuer des vielleicht besten deutschen Trail-Runners, Philipp Reiter, der in den USA zusammen mit einigen weiteren Spezialisten ihres Fachs, in einer lässigen Mission unterwegs war. Ich finde, das sagt einiges über unseren Sport aus, wenn Renn-Raketen wie Reiter, Gates oder Jornet einfach des Laufens und der Landschaft wegen gemeinsam unterwegs sind. Keine Startnummern, kein Intervall-Training. (S.6) Mindestens genauso entspannt muss der Schweden-Trip unseres Dauer-Praktikanten, ähhhmm, freien Mitarbeiters, Orkan Akpinar, gewesen sein. Den haben wir zu einem Etappenlauf in den Norden geschickt und nach dem ersten Tag entschloss der sich, den Rennmodus auszuschalten und auf Genusslauf umzustellen. Er hatte viel von uns gelernt. (S.84) Und dann, wie sollte es auch anders sein, findet man auf den folgenden 97 Seiten doch noch echten Wettkampf: Wir waren in Limone, am Gardasee, beim letzten Skyrace der Weltcupserie 2014 und haben live miterlebt, wie die Welt-Elite so einen richtig steilen Berg hochstürmt. Wir waren in Salzburg bei einem Citytrail-Event, der uns am Ende dann doch voll überzeugte und wir haben lange, lange überlegt und am Ende dann doch noch die „24 härtesten Trail-Rennen der Welt“ für Euch gefunden. Wer mit all der Renn- und Produktwelt nichts anfangen kann und stattdessen viel lieber mit sich und dem eigenen Körper beschäftigt ist, der wird sich mit dem Bericht über die vegane Ernährung oder dem Trainings-Bericht auf Seite 80 auseinandersetzen können. Für 2015 könnte dann das ultimative Erfolgsrezept lauten „fleischlos, pflanzenvoll und mit einer intelligenten Periodisierung zu neuen Bestzeiten!“. Für alle, die einfach gar nicht gerne lesen, haben wir übrigens dann auch noch was - haufenweise tolle Fotos, die motivieren und Lust auf TrailRunning machen! Viel Spaß auf Deinem Trail Denis Wischniewski


I N H A LT

80 VEGAN FÜR TRAIL-RUNNER Funktioniert ein veganer Lebensstil, wenn man Trail-Runner ist? Wir haben uns umgehört und zeigen wie man problemlos auf die grüne Seite wechselt.

1/2014

6 PHILIPP REITER IN DEN USA Der deutsche Trail-Star berichtet von einen unvergesslichen Trail-Trip. 64 TRAINING Julia Böttger erklärt wie man die kommende Saison plant, Höhepunkte fixiert und auch über viele Rennen die Topform hält.

12 TISCHGESPRÄCHE Reporter Clemens quetschte Emelie, Matt und Frank aus ... 48 DIE HÄRTESTEN RENNEN DER WELT

VOM YUKON NACH LA REUNION, VON PATAGONIEN BIS RUSSLAND. DAS SIND UNSERE SCHWERSTEN PRÜFUNGEN AUF TRAILS!

84 ICEBUG XPERIENCE Ein Spätsommer in Schweden, ein Trail-Rennen das seine Premiere feiert.

94 STIRNLAMPEN 12 Stirnlampen im Praxistest. Welche wofür geeignet ist und welche auf keinen Fall.

TRAIL-ABO für 2014 ››47 IMPRESSUM ››97 INHALT ››4 EDITORIAL ››3

TRAIL-TRIP USA Philipp Reiter auf Traumtrails in den Staaten.

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12 TISCHGESPRÄCHE Im Gespräch mit Emelie Forsberg, Peter Fankhauser und Matt Flaherty 26 NEWS / JOURNAL Skyrace-Finale Limone, Typen, RaceNews, neue Produkte ... 34 REVIERGUIDE-SERIE Diesmal: Laufend Besuch im Oberbergischen Land 44 ISOLATIONS-JACKEN Daune und Kunstfaser: die halten warm, wenn der Winter kommt. 4 / 5 TRAIL MAGAZIN

24 EISENHARTE RENNEN Auf der ganzen Welt haben wir schwere Trail-Rennen gefunden.

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58 3-ZINNEN-BERGLAUF Autor Clemens war inmitten einer guten, alten Tradition. WINTER-TRAIL-PRODUKTE 60 Alles was warm und trocken hält und viel Grip gibt!

64 TRAINING Periodisierung: 2015 mit Ruhe und viel Plan angehen! 68 LESERCAMP Im Kleinwalsertal feierten wir mit 28 Lesern das Ende des Sommers.

VEGAN! 80 So stellen Trail-Runner auf die grüne Ernährungsweise um.

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ICEBUG X PERIENCE Ein Spätsommer-Highlight auf Trails in Schweden. 12 STIRNLAMPEN Im Überblick: Aktuelle Leuchten für die dunkle Jahreszeit.

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Leserfotos 6 Leser berichten: Arosa Trailrun

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Praxistest 58 Was wäre wenn

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REPORT / ABSAROKA BEARTOOTH CROSSING

Bei THE RUT lief Philipp mit Bedacht und angezogener Handbremse. Das reicht bei ihm um gemeinsam mit Emelie Forsberg ins Ziel zu kommen. (rechts)

net wurde, war klar, dass wir alle die Distanz von 47 km total unterschätzt hatten. Immer über 3.000 m habe nicht nur ich die Höhe gespürt und dass das Schnaufen deutlich schwerer fällt, ist sicherlich nichts mehr Neues. Obwohl es nicht unbedingt heiß war, brannte die Sonne erbarmungslos herunter. Als wir nach 4 Stunden bei der Hälfte unserer „stage 1“ eine 4-köpfige Wandergruppe, bepackt mit haushohen Rucksäcken und jeder ein Gewehr geschultert, getroffen haben, staunten diese nicht schlecht, dass wir ihre 4-Tages-Tour in nur einem einzigen Tag machen wollten. Mit „good luck, dudes“ schickten sie uns kopfschüttelnd weiter. Eigentlich sollte es vom Etappenziel Cooke City, einer bilderbuchartigen Westernstadt, gleich zum Campground 2 gehen aber da es Frosty nicht mehr aushielt, wurde beschlossen lieber im Saloon einzukehren als erst noch ein Lagerfeuer anzünden zu müssen. Mit einem derartigen Heißhunger wurden von Miss Hungry sogleich sämtliche Starter geordert, welche alleine schon einen mittleren Indianerstamm hätten satt machen können… Unter einem herrlichen Sternenhimmel bauten wir unser Nachtlager auf, die morgige Etappe wurde noch besprochen und todmüde ging es recht bald in die Daunen (im wahrsten Sinne des Wortes. Als jedoch Mitten in der

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in unsere Richtung zog. Die pechschwarze Front wurde von Blitzen begleitet und weit und breit war kein Unterschlupf, geschweige denn eine Unterkunft oder Hütte zu sehen. Jetzt galt es wirklich zu laufen und zwar so schnell wie möglich (so leichte Beine hatte an dem Tag noch keiner zuvor gehabt)! Schon spürten wir die ersten dicken Tropfen auf den Regenjacken als die riesige Regenwolke urplötzlich abdrehte und ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolken drangen – so einen schönen Regenbogen hatte keiner von uns zuvor gesehen! Leider (oder zum Glück?) haben wir keinen Bären gesehen und ich bin fest der Überzeugung, dass das alles nur ein absolut perfekter Marketing-Trick der Bear-Spray-Industrie ist um ihre Produkte an den Outdoorer zu bringen. Sicherlich gehen die Ranger in den Parks mit Fake-Bären-Pfoten umher und machen die riesigen Abdrücken in den lehmigen Boden…Dazu trug höchstwahrscheinlich aber auch Rickeys „bear-away-song“ bei, der als Ersatz für die fehlende Bärenglocke diente, und vor allem von Martin und Tom mit voller Inbrunst alle 10 min gesungen wurde. Auf den Film zu dem Lauf bin ich schon extrem gespannt – die Landschaft dort war extrem faszinierend! Die großen Damen des Trail-Running im Gespräch. Frost und Forsberg.

Nacht der Regen quer an unser Zelt schlug und sich sintflutartige Regenfälle über uns ergossen, war es mit der Träumerei schnell vorbei und um nicht zu ertrinken oder am Morgen durch den neu entstandenen See zum Auto schwimmen zu müssen, wurde das Zelt weiter nach oben versetzt. In ähnlicher Weise verliefen auch Tag 2 und 3, nur dass die Etappen länger, intensiver und anstrengender wurden. Allerdings waren wir zumindest essenstechnisch um einiges besser vorbereitet – „Wrap deluxe“ mit Avocado, Ziegenkäse, Tomaten, Salat, … bildeten quasi das Grundnahrungsmittel während des Tages. Eines der Highlights war sicherlich der Rainbow-Lake auf 2.953 m. Gerade als wir (endlich) am Ende des Hochplateaus angelangt waren, bildete sich auf der gegenüberliegenden Seite ein mächtiges Gewitter aus, das bedrohlich

Eine schnelle Mama: Kasie Enman belegte Rang 2.


Bergen hinuntergerannt. Inzwischen gibt es auch einen hauptberuflichen Gärtner. Peter Fankhauser, der Koch, kümmert sich vor allem um die Produkte, die unter dem „Guat'z Essen“-Label vertrieben und zu großen Teilen aus der Ernte des Gartens handwerklich und sowieso rein biologisch hergestellt werden. Holunderblütensirup, Kaputzinerkressepesto, Gelees von der Bergfichte.

mer: eigene Energieriegel absolut regional produziert, ohne Konservierungsstoffe, einfach nur die reine Natur. Ich habe beispielsweise auch gerade Colakraut angesetzt ...

Das kann ich überhaupt nicht verstehen. Ohne ausreichende Brennstoffe gibt es auch keine guten Leistungen. Ewig nur Pulverchen trinken und auf die Kalorien oder die Kohlenhydrate schauen, das ist meiner Meinung nach ein sehr veraltetes Konzept. Also einfach gesunde Sachen essen, dann läuft es nochmal besser.

In wenigen Wochen wird Peter Fankhausen wieder ein paar Täler weiter ziehen. Von den Zillertaler Alpen zur Silvrettagruppe. Vom Permagarten und dem eigenen Cateringservice in die Hochleistungsgastronomie einer Wintersportdestination. Die Tage werden lang werden und auf eine andere Art erfüllend. Schließlich ist der Patissier immer der letzte, der seine Kreationen an die Tische schickt. Wenn alles nach Plan läuft wird er sich nach der Wintersaison wieder mit einem Urlaub auf La Palma belohnen. Als Vorbereitung für einen Ultratrail.

Gerade leistungsorientierte Läufer haben ja manchmal ein eher lustfeindliches Verhältnis zum Essen.

Dann frage ich einmal umgekehrt: Wie betrachtest Du, gerade als Koch, den riesigen Markt der Sportlernahrung. Als Straßenläufer habe ich meine Marathons auch mit zwei, drei Gels gerockt, mehr nicht. Und es gibt auch eine Reihe Produkte auf dem Markt die wirklich, wirklich gut sind. Nur sind das eben Sachen fürs Training und den Wettkampf und da gehören sie hin.

Denkst Du manchmal dennoch, dass ganze Zeug könnte man besser, also natürlicher machen? Ich bin da sogar gerade ziemlich am rumtüfteln. Eigene Riegel aus Nüssen und Körnern, selbstgemachte Gels aus Brei, solche Sachen. Ich will in der kommenden Saison gerne die Skyrunning Ultra Serie mitlaufen und da sind solche Verpflegungssnacks sehr wichtig, das habe ich bei der Transvulcania gemerkt. Du musst dir permanent genügend Energiereserven zuführen, darfst nicht zu voll sein und schon gar nicht zu leer. Dafür die richtigen Rezepte zu finden, das ist etwas, das mich sehr reizt.

Du wirst jetzt also buchstäblich gucken, wie es damit läuft. Ja wenn es an mir funktioniert … mal schauen, was aus der Idee dann rauszuholen ist. Das wäre doch der Ham14 / 15 TRAIL MAGAZIN

Colakraut? Das heißt so, weil es tatsächlich nach Cola riecht. Wir hatten es heuer im Garten zum ersten Mal angebaut. Im Ergebnis wird das ein Sirup oder ein Tee. Und hoffentlich auch ein super Sportgetränk.

Hast Du mit der Transvulcania noch eine Rechnung offen? So würde ich das nicht sagen. Aber ich möchte schon ein paar Plätze und sicher auch 30, besser noch 45 Minuten schneller finishen. Schließlich kenne ich die Strecke jetzt und weiß, wo ich vielleicht Fehler gemacht habe.

Zum Beispiel? Ich bin am Anfang nicht mutig genug los gerannt und habe viel Zeit und viel Kraft im Stau auf den Lavahängen gleich nach dem Start gelassen. Ausserdem werde ich noch mehr im Vertikalen trainieren als im vergangenen Jahr. Vielleicht simuliert ja der Schnee hier in den Bergen den weichen Boden auf La Palma ganz gut. Und vielleicht bringt Peter Fankhauser ja dann schon seinen selbstgemachten Energiegel mit auf die Vulkaninsel. Wir vergnügen uns fürs erste mit einem ebenso hausgemachten Kaiserschmarrn. Oben auf der Olperer Hütte, auf 2388 Höhenmetern. Auf einer von Peters vielen Hausrunden. Zumindest seit dieser Koch und Gärtner kein Straßenläufer mehr ist.


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H7R.2 Ich bin da sogar gerade ziemlich am rumtüfteln. Eigene Riegel aus Nüssen und Körnern, selbstgemachte Gels aus Brei, solche Sachen.

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INTERVIEW-SERIE / EMELIE FORSBERG

DIE BÄCKERIN AUS BULLERBÜ EMELIE FORSBERG ÜBER DIE REZEPTE IHRER GROSSMUTTER, IHREN GARTEN IN CHAMONIX UND – KARTOFFELCHIPS

Vermutlich. Da sind wir wieder bei meinen Großeltern und den Sommern in den schwedischen Wäldern und Bergen. Beim Beerensammeln und Pilzesuchen habe ich gelernt, mich intuitiv in dieser Landschaft zu bewegen. Für mich war der Trail also immer das natürliche Terrain. Rennen war meine natürliche Fortbewegung. Warum sollte man auch Gehen, wenn man gleichzeitig Rennen könnte? Es ist doch so viel schöner. Wenn ich mich in meine Kindheit denke, sehe ich mich rennend.

Du packst Dir dann auf Deinen Trainingsläufen die Beeren und Pilze in den Trailrucksack? Emelie, was ist Dir schon länger in Erinnerung, Deine Leidenschaft fürs Laufen oder fürs Essen? Laufen, definitiv! Als Kind musste ich immer alles essen, was meine Mutter gekocht hat. Und das war gerne mal keine wirklich kindgerechte Küche. Zwiebeln, Rosenkohl, Innereien, Sachen, die Erwachsene halt schon mal gerne essen. Ich weiß natürlich und wusste es auch damals schon, dass nicht jeder auf der Welt jeden Tag genug zu essen hat. Aber genau das war ja auch das Argument meiner Mutter, weshalb ich also alles aufzuessen hatte. Meine frühesten Erinnerungen ans Essen sind tatsächlich mit diesem Zwang verknüpft. Auf der anderen Seite gab es da meine Großmutter und ihr Faible für die Kuchen und Süßigkeiten der schwedischen Küche. Das sind wohl meine typischsten Kindheitserinnerungen: Mit meinen Großeltern den ganzen Tag draußen sein, fischen, Ski fahren, wandern, und danach am Kamin Kuchen oder Süßigkeiten essen …

Genau aus dieser Atmosphäre scheinen die Rezepte zu kommen, die Du auf Deiner Homepage veröffentlichst: Zimtschnecken, Schokoladenkuchen, Cookies. Kann ein Essen so etwas wie Heimat sein? Absolut. Ich liebe es typische schwedische Süßspeisen zu backen und typische schwedische Gerichte zu kochen – vor allem, wenn ich den Sommer über in Frankreich lebe. Irgendwie scheint das eine gute, geschmackvolle Möglichkeit, mit dem Heimweh umzugehen und seine eigene Identität mit anderen Menschen zu teilen. 16 / 17 TRAIL MAGAZIN

Wie ich es eben schon gesagt habe: Ich erlebe das eher anders herum. Ich gehe Pilzesuchen, warum sollte ich das nicht rennend machen?

Andererseits erschließt sich über den Geschmack ja auch die Welt. Ist das das Dilemma einer Leistungssportlerin, immer auf die Ernährung achten zu müssen und nicht einfach drauflos essen zu können? Das Gegenteil ist der Fall, zum Glück. Wenn Du viele Stunden draußen bist und Dich auspowerst, brauchst Du einfach gutes, gesundes Essen. Ich mag die Einstellung mancher Sportler nicht, sich jeden Genuss zu verbieten. Ich glaube daran, dass leckeres, geschmackvolles Essen, am besten aus biologisch und regional produzierten Zutaten, auch gut für meine Gesundheit ist. Zudem ist ja auch ein Privileg, durch den Sport um die Welt zu kommen. Ich würde mir so viel an Erfahrungen nehmen, wenn ich diese kulturelle Vielfalt nicht auch schmecken würde.

Emelie Forsberg ist vermutlich die einzige schnellste Trailläuferin der Welt, die für ihr eigenes Trailrennen in Tromsoe/Norwegen tagelang Zimtschnecken gebacken hat. Für jeden Teilnehmer eine. Diese Geste erzählte viel über die familiäre Atmosphäre eines Rennens und über die familiäre Atmosphäre die Trailrunning in seinen vielen besten Momenten ist. Es erzählt aber auch vom Versprechen eines Sports mehr als eben nur ein Sport zu sein. Eine Einstellung dem Leben und der Natur gegenüber. Zumindest für Emelie Forsberg.

Denkst Du, dass Deine Leidenschaft für das Laufen in der Natur und für das Backen und Kochen gemeinsame Wurzeln haben?

Wenn Du viele Stunden draußen bist, brauchst Du einfach gutes Essen. Ich mag die Einstellung mancher Sportler nicht, sich jeden Genuss zu verbieten. WWW.EMELIEFORSBERG.COM

Momentan ist Rennen Dein Beruf. Wenn Du Dir etwas wünschen dürfest, dass an einer Verpflegungsstation eines Ultratrails in jedem Fall auf Dich wartet, was wäre das? Kartoffelchips, definitiv Kartoffelchips. Und spanische Tortillas. Das würde ich lieben. Das gute an den Ultradistanzen ist ja, das man irgendwann wirklich Hunger hat und auch wirklich etwas Essen muss. Jeder Läufer kennt das ja, dass dann irgendwelche Aromen durch den Kopf schwirren. Ich sehne mich in diesen Momenten tatsächlich nach Kartoffelchips.

Abgesehen von einem solchen kulinarischen Runner's High: Was ist Dein Lieblingsgericht? Auch das ist natürlich geprägt von der Landschaft und ihrer Küche, in der man sich die meiste Zeit aufhält. Ich bin seit einigen Jahren viel in den Alpen, deshalb wäre es vermutlich kein schwedisches Rezept mehr. Also: Mein momentanes Lieblingsgericht? Ein Steinpilzrisotto! Steinpilzrisotto mit Rote-Bete-Salat und Chevre, also französischem Ziegenkäse.

Bist Du Vegetarierin? Nein, bin ich nicht. Aber ich esse relativ wenig Fleisch. Von den 14 Mahlzeiten in der Woche, und ich versuche wirk-


lich, zweimal am Tag selbst zu kochen oder mir aus frischen Produkten einen Salat oder so was zu machen, von diesen 14 Mahlzeiten also, esse ich vielleicht zwei-, dreimal Fleisch oder Fisch. Wenn ich es selbst kaufe, dann immer von lokalen Anbietern. Das ist in Frankreich, zumindest dort, wo ich lebe, leichter als in Schweden.

Recipes from a mountain lover heißt die Rubrik auf ihrer Homepage, die Emelie Forsberg sehr sympathisch und sofort als „Foodie“ erkennbar macht. Granola Müsli, Blueberry Crumble, selbstgemachtes Eis aus selbstgesuchten Waldbeeren. Evan Dando und seine Lemonheads haben mal ein schönes kleines Lied gesungen: „The outdoor type“. Emelie Forsberg ist so eine. Und es ist ein ziemliches Geschenk für diesen Sport, das gerade sie so gut ist. Sie, die noch immer so aussieht, als würde sie irgendwo durch Bullerbü rennen.

Wer Deine Facebookseite verfolgt weiß, dass Du inzwischen auch einen eigenen Garten hast. Wenn ich den Sommer über in den Alpen lebe habe ich einen kleinen Garten, ja. Ich würde ihn gerne vergrößern, aber es hat schon so viel Arbeit gemacht, dieses kleine Gärtchen zu bestellen. Zumal es in den Bergen ja viel später losgeht mit dem Frühling. Die Gartensaison ist kurz.

Und sie fällt zudem mit Deiner Rennsaison zusammen. Oh, am späten Nachmittag kommt mit verlässlicher Regelmäßigkeit ein Regenguss vorbei. Ohne den ginge es gar nicht. So kann ich den Garten auch mal alleine lassen, der kümmert sich ganz gut um sich selbst. Er ist ja eben auch ein Stück Natur.

STECKBRIEF EMELIE FORSBERG "Der funkelnde Stern des internationalen Trailrunnings" hat der britische Guardian vor gut einem Jahr über Emelie Forsberg geschrieben. Und vermutlich beides gut getroffen, ihre sportliche Leistung und ihre offene Ausstrahlung. Die gerade zu Ende gegangne Saison begann für sie mit einem blöden Sturz auf den ersten Metern der Transvulcania. Aber auch dort stand sie, mit Gipsschiene, schon wieder lachend im Zielbereich. WOHNORT: CHAMONIX UND TROMSOE BERUF: TRAILLÄUFERIN TEAM: SALOMON


REVIERGUIDE / OBERBERGISCHES LAND

HEIMAT!

Jörg war geradezu überrannt worden mit der Aufgabe seinen Haustrail im Oberbergischen Land der ehrenwerten TRAIL-Leserschaft vorzustellen. Wir gaben dem Gummersbacher Familienvater und Metal-Fan nur 2 Wochen Zeit um sich mental und körperlich auf "seinen" Revierguide-Einsatz vorzubereiten. Es kam wie es kommen musste …

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Bei Gummersbach findet man JÜrgs´ tolle Trailrunde und er hat uns verraten wie man sie findet.Wir haben es dann weitergesagt und 150 kamen.


TEXT: DENIS WISCHNIEWSKI

DIE HÄRTESTEN TRAIL-RENNEN DER WELT Die folgenden Rennen sind ausdrücklich zum Nachmachen empfohlen! Sie sind sauhart. Sie fordern ihren Teilnehmern alles ab und sie sind das totale Gegenteil eines Stadtmarathons. Wer hier startet läßt sich auf ein Abenteuer ein, das ein lebenlang nachwirkt.

JUNGLE MARATHON In dieser illustren Auflistung von mehr oder weniger extremen Rennen ist der JUNGLE MARATHON in Brasilien der vielleicht verrückteste Trip von allen, denn der Etappenlauf im Amazonas-Gebiet bringt all das mit sich was man vermutet, wenn man das Wort JUNGLE schon hört: Es sticht, es beisst, es ist heiss und feucht. Die Haut an den heiligen Läuferfüssen wird empfindlich, man findet Nachts keinen Schlaf, weil Tiere viel reden. Ein Horror und ein Traum gleichermaßen. Da es in der Nacht kalt wird muss man zudem die Ausrüstung mit warmer Kleidung ausstatten - als kompletter Selbstverpfleger kommen da trotz stark rationiertem Essen gut und gerne 10 bis 15 Kilo an Gepäck zusammen. www.junglemarathon.com 250 Kilometer in 7 Etappen.

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TRANS PYRENEA Es war doch nur eine Frage der Zeit. Es gibt eine Überquerung der Pyrenäen für Biker, für Motocross-Fahrer und für alle anderen Freaks. Nun soll ein Format für Trail-Runner folgen und es ist damit schon in der Liste der "härtesten Läufe" ohne überhaupt stattgefunden zu haben. Die 895 Kilometer lange Route folgt dabei dem Fernwanderweg GR10. Der Organisator dieses Etappentrails ist ein erfahrener Rennchef vieler extremer und exotischer Wettkämpfe. Cyril Fondville organisiert seit vielen Jahren die Rennen Trans Omania, Transsahariana und Transarabia. 2016 soll nun also dieser megalangeUltratrail stattfinden. Laut Cyril eine Veranstaltung zwischen UTMB, der Tor des Geants und klassischem Fernwandern. Das hört sich alles ziemlich interessant an. Im bereits veröffentlichten Roadbook ist die Gesamtstrecke in 27 Teilstücke geteilt. www.raidsahara.com

FESTA TRAIL PIC SAINT LOUP

HARDROCK 100 Der Hardrock 100 Endurance Run in Silverton, Colorado, also in den USA, zieht sogar europäische Athleten magisch an! Sein Image, das schwerste aller Ultra-Trails in Amerika zu sein, beweisen die Siegerzeiten. Kilian Jornet stellte mit 22 Stunden 41 Minuten in diesem Jahr einen neuen Rekord auf. Die klassischen 100 Meilen Länge sind mit knapp 12.000 Höhenmetern gewürzt. Der Lauf führt über 13 Bergpässe, stoppt an 13 Verpflegungsstationen und startet im Ort Silverton auf 2.837 Meter Höhe. Ansonsten erwarten einen Schneefelder, Flussdurchquerungen und eine prächtige Portion der Läufer gegen Berge, Berge gegen Läufer. Am Ende löst sich hier alles in Freundschaft auf, denn so ein Rennen in den USA ist bei aller Härte irgendwie dann doch cool und lässig. www.hardrock100.com

SÜDTIROL ULTRA Es gibt Rennen, die man sich lange herbei gesehnt hat. Der Südtirol-Ultra gehört dazu. Die gigantische Runde, in Form eines Hufeisens, durch die Sarntaler Alpen, gehört zu den Highlights des Trail-Sommers der Alpen. Für die 121 Kilometer und 7.069 Höhenmeter benötigte der neue Streckenrekordhalter Alexander Rabensteiner nur 18 Stunden und 36 Minuten. Der letzte Finisher mehr als doppelt so lange. Wer also mit dem Gedanken spielt, hier im kommenden Jahr zu starten, muss sich auf eine tagfüllende Aufgabe einstellen. Das Rennen startet und endet in Bozen, man erreicht Höhen bis zu 2.700 Meter Höhe und wird mit tollen PanoramaAusblicken belohnt. Weite Teile der Strecke verlaufen zwischen 2.000 und 2.500 Meter. Für Flachländer bedeutet dies: Genügend Vorbereitung und früh anreisen. www.suedtirol-ultraskyrace.it

Ein geheimer Tipp war bislang der FESTA TRAIL in Südfrankreich. Unser Autor Thomas Bohne berichtete als Teilnehmer von dort und war schockiert und angetan: "Was für ein harter Kurs! Weglos und gnadenlos! Richtig, richtig toll eben!" Die dort angebotene, längste Strecke ist 120 Kilometer lang und mit vielen Höhenmetern bestückt. Zum Überblick: Das Ganze findet in der Umgebung von Montpellier statt und kann Mitte Mai schon mächtig heiß werden. www.festatrail.com

SWISS IRON TRAIL ULTRA TRAIL ATLAS TOUBKAL

Das Atlas Gebirge in Marokko ist die perfekte Umgebung für ein hartes, ehrliches Ultra-Trail-Rennen! Die Trails sind rauh, die Luft ist dünn und die Organisation des UTAT gut und authentisch. Die Königsdistanz, der 105 Kilometer und 6400 Höhenmeter schwere Ultra, führt die Läufer in einer einsamen Runde durch eine einzigartige Fels- und Bergwelt. Der UTAT ist ein Abenteuer: der Flug nach Marrakesch, die Autofahrt von dort ins Gebirge, das Camp, das gemeinsame Essen mit den anderen Teilnehmern und der ungefilterete Einblick in eine andere Kultur. Dieses Rennen muss auf die To-Do-Liste und dann möglichst schnell durchgestrichen werden. 2015 kannst du dabei sein! www.atlas-trail.com

Der Ultratrail im Engadin hatte einen schweren Start, aber jetzt scheint er in die Gänge zu kommen, denn der Veranstalter hat einiges optimiert und sich entschieden, die massive 201 Kilometer Distanz durch die Schweizer Alpenlandschaft als Runde anzubieten. Das bedeutet, man startet in Davos und kommt dort auch wieder ins Ziel. Dazwischen kann man viel erleben und erleiden. Etliche Gipfel und Bergpässe, viele Höhenmeter und teils schweres Terrain machen aus dem T201 einen echten Klopper, der sich zukünftig als eine schöne Alternative zu Sommer-Highlights wie dem UTMB anbietet. Vermutlich ist die Strecke hier sogar attraktiver - an der Stimmung wird noch gearbeitet. Im Übrigen müssten Eliteläufer, männlichen Geschlechts, im kommenden Jahr, allein aus diesem Grund an den Start gehen: Denise Zimmermann siegte 2014 in 39 Stunden und dabei war kein Mann vor ihr! Nein, die Eidgenossin war Gesamtsiegerin und legte eine Zeit auf den Trail, die lange Bestand haben könnte. Wer traut sich zu an der Zeit zu kratzen? Denise hält 100 % dagegen! www.irontrail.ch


EVENT / ICEBUG SCHWEDEN Etappe 1: Hunnebo Haut Route Zwei Stunden vor dem Start der Icebug Xperience stehe ich auf dem größten Granitfels dieser Gegend. Der Ausblick von diesem Hügel ist imposant. Ich blicke auf die rot gestrichenen Fischerhäuser sowie eine karge, felsige und doch schöne Bucht, garniert mit einer Vielzahl kleiner Boote. Der Atlantik verliert sich in den Weiten des Horizonts. Irgendwann steige ich hinab und befinde mich am Start. Vorne schießt eine Gruppe schneller Schweden los, während ich mich allmählich auf Wohlfühltemperatur bringe. Ich unterhalte mich dabei mit David, der Person, die Icebug im Jahr 2000 zusammen mit seiner Mutter gründete. Während wir an einer Freiluftausstellung von Steinskulpturen unmittelbar an der Küstenlinie entlanglaufen, erklärt er mir, dass der Granit dieser Region landesweit bekannt und bei Künstlern äußerst beliebt sei. Bis vor Kurzem wurde im Dorf von Hunnebostrand dieser Granit noch abgebaut. Ich bin ganz froh, dass man damit aufgehört hat, denn ich laufe gerade über diese Granitfelsen. Während ich eben noch an der Küstenlinie und an Granitblöcken vorbei bzw. über diese gelaufen bin, befinde ich mich plötzlich in einem dicht bewachsenen Wald, wo alle Pflanzen wuchern und Pilze jeglicher Form und Farbe aus dem Boden sprießen. Zwischen mit Moos getarnten Felsen laufend und mich um die Bäume am Tümpel schmiegend laufe ich mich in eine Euphorie und ein zu hohes Tempo. Statt mit meinen Mitläufern aus Tschechien, den USA und Finnland zu sprechen, laufe ich einfach. Nach wochenlangem Büffeln wollte ich einfach rennen. So schnell ich kann. Die erste Etappe war sehr abwechslungsreich: Granitfelsensurfen an der Küste, Querfeldeinlaufen durch Zauberwälder und am Ende cruisen über saftige Wiesen, welche von riesigen Granitmonumenten eingerahmt und von kleineren Granitblöcken durchsetzt sind. Sie kamen aus aller Welt, um bei der ersten Austragung der Icebug Xperience auf westschwedischen Granit zu stoßen.

Ich laufe ins Ziel, welches sich direkt am Strand von dem Campingplatz befindet, auf welchem ich untergebracht bin. Ich setze mich auf den Holzsteg, esse eine Kleinigkeit, kühle meine Beine im eiskalten Meer und plaudere mit meinen Mitläufern Jeff, Josef und Riku. Da wir uns alle mehrmals verlaufen haben, finden wir schnell ein gemeinsames Thema und lassen diese Etappe ausklingen. Beim Abendessen lerne ich Berne kennen. Berne ist Journalistin aus Vermont sowie oft und gerne in der Natur. Die erste Etappe war sie gewandert – was man bei der Icebug Xperience auch machen kann – und möchte die zweite Etappe laufen. Ich ermutige sie, dies zu tun und verspreche ihr, sie zu begleiten. Nachdem ich heute erfolgreich von den Sorgen meines Alltags weggelaufen bin, besinne ich mich auf das für mich Wesentliche: Dem Naturerlebnis mit netten Menschen. Etappe 2: Ramsvik Rocks Berne und ich stehen am Start. Sie ist ein wenig nervös, doch ich rede ihr gut zu und wir laufen los. Heute geht es durch das Naturreservat der Insel Ramsvik, welches uns als "sehr

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schön" beschrieben wurde. Meine Erwartungen sind groß und werden nicht enttäuscht. Kaum laufen wir um die Kurve am Ende der Ferienhäuser, blicke ich in eine schier endlose Granitlandschaft, welche vom Meer eingerahmt wird. Mal mäandert Wasser zwischen den Felsen hindurch und meistens sind sie von trockenen Gräsern umgeben. Mal sind sie sandig und porös, mal fest und hart. Imposant sind sie immer. Es fühlt sich an, als ob ich im Himmel auf Wolken laufe und das Meer der blaue Horizont ist, den ich überspringe, wenn ich von Granitwolke zu Granitwolke hüpfe. Es ist eine kleine Herausforderung, die pinken Markierungsfahnen am strahlend blauen Horizont auszumachen, aber scheinbar ist das ein kleiner Tribut von Icebug an seine Wurzeln im Orientierungslauf. Ich fühle mich ein wenig freier als sonst, denn ich erkenne keinen Trail, dem ich folgen kann. Manchmal mache ich eine Linie aus, wo Schuhe den Granitfels glattgeschliffen haben, doch ich bevorzuge es, mir meine eigene Linie zu suchen, hinauf auf die kleinen Hügel, den Ausblick genießen, runterdüsen und mich in den Strom von Menschen wiedereinfügen, bis ich erneut ausbreche. Ich war noch nie surfen, aber so stelle ich mir das vor. Diese Etappe könnte kontrastreicher kaum sein. Die weiten Granitlandschaften wechseln sich ab mit dicht bewachsenen Waldstücken, wo wir von Bäumen umgeben sind, deren Äste ein Dach über den Singletrail bilden, auf dem wir laufen. Am Wegesrand sehe ich immer wieder große Ansammlungen von Pilzen, die hier um ein vielfaches größer werden, als in der Heimat. Ich vermute, dass die frische Luft vom

Meer den Pilzen gut tut. Die Gespräche zwischen Berne und mir wechseln permanent ab zwischen tiefsinnig und moralisch verwerflich, bis wir lachend im Ziel ankommen, welches sich auf dem berühmten Holzsteg von

Smögen befindet. Wie jeder Läufer zuvor, springen auch wir bei strahlendem Sonnenschein in das Meer und lassen uns von der Sonne auf dem Steg trocknen. Das Leben ist gerade sehr schön. Etappe 3: Woods and Islands

Gelassenheit, Spaß, Freude und Abkühlung. Die Uhren ticken langsamer im westschwedischen Bohuslän.


TRAINING / PERIODISIERUNG TEXT: JULIA BÖTTGER

2015 IN DER RUHE LIEGT DIE KRAFT

Und? Kribbelt es schon? Kommt dir der Winter jetzt schon zu lange vor? Für wie viele Wettkämpfe hast du dich 2015 schon angemeldet damit du Ziele vor Augen hast und dich auf neue Abenteuer freuen kannst? Nach dem Motto ich laufe alles was mir Spaß macht oder hast du auch Regeneration, Pausen und Vorbereitung mit einberechnet?

Willst du ein Maximum aus dir und deinem Trailjahr 2015 rausholen, dann solltest du dir jetzt in der kalten, dunklen Jahreszeit ein bisschen Zeit nehmen und einen groben Plan machen wie du dir 2015 einteilen magst. Sportler, Läufer und auch Trailrunner können nicht ganzjährig im Hochleistungszustand sein. Und nein, du kannst auch nicht deine super Form über den Winter rüber retten und deine Leistungsfähigkeit stetig weiter steigern – hier kommst du ganz leicht in den Grenzbereich deiner individuellen Belastbarkeit. Und dann betreibst du eher abbauendes Training (katabole Stoffwechsellage) als aufbauendes Training (anabole Stoffwechsellage). Es liegt also in unserer Natur Belastungswechsel einzubauen,

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damit die gewünschten Adaptationen im Körper stattfinden. Deswegen teilt man das Trainingsjahr in aufbauende, stabilisierende und reduzierende Belastungsperioden (Vorbereitungs-, Wettkampf-, Übergangsperiode) ein, um einerseits Belastungsüberforderungen zu vermeiden und andererseits höhere Leistungen auf den Punkt zu erreichen. Zwischen den einzelnen Zyklen variieren dann vor allem Trainingsvolumen, Intensität, Trainingsart und die Übungen allgemein. Auch für die mentale Motivation und zur Entlastung des Körpers ist es wichtig Trainingswechsel einzubauen. Keine Angst – es bleibt immer noch genug Platz für Spontanität und individuelle Wünsche. Die grobe Jahresplanung ist ein Gerüst, welches individuell gestaltet und ausgeschmückt werden kann.


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VORBEREITUNGSPHASE Training allgemeiner Fähigkeiten, vermehrt sportartunspezifisch

In dieser Phase steht hauptsächlich der Aufbau der sportlichen Leistungsfähigkeit im Vordergrund (ca. 8 – 12 Wochen). Nach der regenerativen Phase im Winter ist es jetzt wieder soweit den Einstieg ins gezielte Training zu finden und ein stabiles Fundament aufzubauen, um die Grundlagen zu haben die gesteckten Ziele im laufe des Jahres zu erreichen. Wie beim Bau eines Hauses beginnt man also mit dem Fundament, denn ohne ein stabiles Fundament droht das Haus beziehungsweise die Leistung später einzustürzen. Somit versuchen wir in der Vorbereitungsphase die Belastungsverträglichkeit des Körpers zu verbessern - das betrifft sowohl die Ausdauer als auch die Kraft. Vorwiegend werden hier also GA1 Einheiten trainiert und das gern mit Alternativsportarten wie Mountainbiken, Ski-Langlauf, Inlineskaten. Das heißt aber nicht, dass nur ruhige Einheiten eingeplant werden sollten, denn besonders bei hohen Umfängen besteht dann die Gefahr in eine Bewegungsmonotonie zu geraten. Also ruhig immer wieder kurze Sprints, Antritte und Steigerungsläufe integrieren. Auch wenn die Motivation für die kommende Saison natürlich sehr hoch ist, sollte der Trainingsumfang in den ersten Wochen nicht zu hoch sein. Gleich mit einer hohen Trainingsdauer zu starten birgt die Gefahr der Überlastung und zum anderen ist es wichtig sich genügend Spielraum für weitere Umfangssteigerung während des Jahres zu erhalten. Sinnvoll ist es ebenfalls in dieser Phase an seiner Technik zu arbeiten und vermehrt Kraft- und Stabitraining zu integrieren.

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Vorbereitungsphase II spezielle Leistungsvoraussetzungen, disziplinspezifisch, Speed on!

In dieser Phase steht hauptsächlich der Aufbau der sportlichen Leistungsfähigkeit im Vordergrund (ca. 8 – 12 Wochen). Nach der regenerativen Phase im Winter ist es jetzt wieder soweit den Einstieg ins gezielte Training zu finden und ein stabiles Fundament aufzubauen, um die Grundlagen zu haben die gesteckten Ziele im laufe des Jahres zu erreichen. Wie beim Bau eines Hauses beginnt man also mit dem Fundament, denn ohne ein stabiles Fundament droht das Haus beziehungsweise die Leistung später einzustürzen. Somit versuchen wir in der Vorbereitungsphase die Belastungsverträglichkeit des Körpers zu verbessern - das betrifft sowohl die Ausdauer als auch die Kraft. Vorwiegend werden hier also GA1 Einheiten trainiert und das gern mit Alternativsportarten wie Mountainbiken, Ski-Langlauf, Inlineskaten. Das heißt aber nicht, dass nur ruhige Einheiten eingeplant werden sollten, denn besonders bei hohen Umfängen besteht dann die Gefahr in eine Bewegungsmonotonie zu geraten. Also ruhig immer wieder kurze Sprints, Antritte und Steigerungsläufe integrieren. Auch wenn die Motivation für die kommende Saison natürlich sehr hoch ist, sollte der Trainingsumfang in den ersten Wochen nicht zu hoch sein. Gleich mit einer hohen Trainingsdauer zu starten birgt die Gefahr der Überlastung und zum anderen ist es wichtig sich genügend Spielraum für weitere Umfangssteigerung während des Jahres zu erhalten. Sinnvoll ist es ebenfalls in dieser Phase an seiner Technik zu arbeiten und vermehrt Kraft- und Stabitraining zu integrieren.

LESERFRAGE: WIE SCHAFFEN ES PROFIS MEHRMALS IM JAHR AUF DEN PUNKT TOPFIT ZU SEIN?

Auch im Trailrunning Bereich werden die Eliteläufer immer professioneller und somit auch ihr Training. Was immer so leicht und locker aussieht ist hartes Training und viel Disziplin. Wer heut zu Tage auf dem Trail vorne mitlaufen möchte, kann kaum nur noch einfach aus Lust und Laune laufen gehen. Auch hier steckt System dahinter. Schaut man sich zum Beispiel das sensationelle Jahr von Francois d`Haene an, dann sieht man, dass er sich ganz bewusst auf 3 Ultrarennen in diesem Jahr vorbereitet hat. Mit entsprechenden Regenerationsphasen und dann fokussiertem Training war er für alle 3 Ultras in Topform. Entscheidend ist sicher auch mit welchem Hintergrund man bei einem Rennen startet. Wer möglichst viele Ultras und Wettkämpfe mitlaufen möchte ohne auf den Anspruch aufs Podium, der kann das Training und Planung anders angehen als ein Topathlet. Hinzu kommt, dass viele Profis über einen größeren Erfahrungsschatz verfügen und sich und ihr Training besser einschätzen können, Regenerationsphasen professioneller handhaben (z.B. nicht im Büro arbeiten) und ihnen oft Trainer und medizinische Betreuer zur Seite stehen.

TIPP Kauf dir einen großen Jahresplaner 2015 und trag alle Wettkämpfe ein, die du machen möchtest. Dann schau ob genug Wochen dazwischen sind für Regeneration, Training etc. Markiere deine Hauptwettkämpfe, Trainingswettkämpfe, Urlaub, Geschäftsreisen. Macht das dann immer noch alles Sinn? Dann kannst du dein Training drum rum planen.

TIPP Genieß den Winter! Probiere neue Sportarten aus und geh weniger laufen. Skitouren, Langlaufen, Schneeschuh gehen .... keiner sagt, dass du in den Winterschlaf gehen sollst, da könntest du den Absprung ins Training verpassen (die Sieger im Sommer werden im Winter gemacht...), aber Trainingsvariation ist im Winter sehr zu empfehlen.


AM ENDE / WAS WÄRE WENN

DIESE GEDANKENSPIELE SIND IMMER SEHR INTERESSANT. WAS WÜRDEST DU TUN, WENN DU IM LOTTO EINE MILLION GEWINNST? WAS, WENN DU FÜR EINE WOCHE DIE KONDITION DES KILIAN JORNET HÄTTEST? AUF DIESER SEITE WIDMEN VOR ZUKÜNFTIG UNSERE WIRREN ÜBERLEGUNGEN DER RUBRIK "WAS WÄRE WENN?" DIESMAL: WAS WÄRE WENN FRANKFURT DAS MATTERHORN VOR DEN STADTTOREN HÄTTE?

TEXT / ILLU: DENIS WISCHNIEWSKI

Man müsste sich einfach mal vorstellen: Direkt an Frankfurt am Main dran wäre so ein Brocken wie das Matterhorn! Einfach so! Ich will jetzt nicht weiter darauf eingehen, wieso und weshalb das Matterhorn nach Frankfurt kam. Wir gehen einfach davon aus. Als Tatsache. Frankfurt-Matterhorn - Matterhorn-Frankfurt. Man könnte dasselbe Spiel mit Berlin und der Zugspitze oder mit Hamburg und dem Mont Blanc durchspielen. Ich stelle mir zu aller erst einmal vor, wie all diese Banker, die ja sehr oft, sehr bleichgesichtig sein können, diesen schönen Teint auf der Haut tragen und ihre Pinguin-Anzüge mehr und mehr gegen funktionelle Outdoor-Klamotten eintauschen. Da sitzen dann in diesen Hochhäusern nur noch Typen in Kompressionssocken und Trailschuhen und blicken während den endlosen Meetings hinüber zum Berg, der ihnen ständig zuruft: „Komm, mein Fond-Managerlein, komm herüber und erobere mich. Eine ganze Mittagspause wäre nachher Zeit!“ Nun gut. Also für die Banker wäre das Matterhorn eine tolle Sache. Die würden aktiver und ihre Zahlen und ihre Gemeinheiten einfach mal vergessen und sie durch die Bergluft zu besseren, moralischeren Typen werden. Die Zugspitze an Berlin. Okay. Jetzt liegt Garmisch am höchsten Gipfel der Bundesrepublik - da mag man fast sagen: Wo ist der große Unterschied? Garmisch hat einen H&M, Mc Donalds, Pizza Hut und ganz bestimmt mehrere Rapper, die noch genialer sind als Sido. Wäre der Zugspitz Ultratrail jedoch in Berlin, dann könnte man den Start- und den Zieleinlauf im Olympiastadion oder am Brandenburger Tor machen. Man könnte den Teufelsberg als bislang höchste Erhebung endlich von seiner Last befreien und ihm Ruhe gönnen. Diese ganze lässige Berliner Gastronomie, diese irre chilligen, stylishen Cafés, könnte man in die Hütten auf dem Weg hinauf zum Gipfel der Zugspitze integrieren. Da würden dann halstätowierte Türsteher vor der Knorrhütte stehen und zu den Wanderern und Trail-Runnern sagen: „Alta, du kommst hier nich rin! Mit den Schuhen nich! Die ham ja keen Profil mehr und keen Quick-lace-Schnürungssystem! Wat bis denn du für ne Numma, wa?“ Hamburg und der Mont Blanc. Ja, fast am spirituellsten in diesen Überlegungen hier. Den UTMB starten im Millerntor-Stadion, dann rennen die Leute über die Elbe in Richtung Fischbeker Heide und dann geht es ganz massiv in das Massiv, dann geht es in den Berg rein. Auf den ersten Erhöhungen dieses UTMB sehen die Teilnehmer mit etwas Glück bis Sylt. Seit dem der UTMB in Hamburg ist, stieg die Anzahl der englischen und holländischen Teilnehmer dramatisch. Im übrigen ist der Hamburger SV seit diesem Umzug des höchsten Bergs Europas wieder ein internationaler Top-Fußball-Club. Der neue Trainer Felix Magath jagt seine Spieler seit Jahren den Mont Blanc hoch und runter und sie üben Fernpass-Zuspiel ganz oben auf dem Grat direkt vor dem Gipfel. Berge hätten schon was Gutes für die deutschen Metropolen.

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