Trail Magazin #3/2023

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NEWS & JOURNAL / NIGHT OF THE TRAIL MÜNCHEN / STEPHAN HUGENSCHMIDT

TRAIL MAGAZIN

DAS LAUFMAGAZIN NR.1 FÜR TRAILRUNNER

46

NEUE TRAILSCHUHE

ALLE DABEI! SALOMON,

THE NORTH FACE, HOKA, SCOTT, ASICS, BROOKS ADIDAS TERREX, CRAFT...

TRAINING

Tom Bakers´ langer Weg zum Ultratrail

RACE

Transgrancanaria, Black Canyon Ultra

2023 Mai Juni

ÖSTERREICH € 9,20 SCHWEIZ SFR 13,50 LUXEMBURG € 9,70 ITALIEN € 11,30 SPANIEN € 11,30 FRANKREICH € 11,30

WWW.TRAIL-MAGAZIN.DE

STABIL! RT SO TRAINIE MAN DEN EN BECKENBOD RICHTIG

WIR WOLLEN MEER!

Trairunning-Pfingsten auf Elba, Sardinien, Lošinj und Slowenien.

PRAXIS TEST

Vor den langen Ultratrails: Tempo aufbauen für kurze Rennen

TYPEN

03

DEUTSCHLAND € 8,40

Laufweste, Trail-Shorts, Nahrungsergänzung, Regenjacken

WM

Vorschau: Alles zur Trail-WM in Innsbruck

REISE

Tolle Lauftage im Bregenzer Wald


This is trail running

www.salomon.com


EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser, liebe Alle, dieses Editorial schreibe ich bereits zum zweiten Mal. Ich hatte zunächst darüber geschrieben, wie toll der große Schuhtest ab Seite 22 ist, wie sehr wir uns über die gute Trainings-Story ab Seite 52 freuen und dann fiel mir ein, dass ich Euch allen etwas ganz anderes sagen will. Es geht um Liebe! Um sehr viel Liebe. Um Leidenschaft und die Berührung der Seele. Laufen und Trailrunning macht etwas mit mir. Es öffnet. Es macht sensibler, einfühlsamer. Viele behaupten, es würde abhärten, es würde bei Wind und Wetter den äußeren Kern noch tougher machen, aber dabei wird der Rest weicher. Trailrunning formt Glück. Trailrunning ist auch etwas, das meinem Umfeld gehören soll. Beim Laufen durch den Wald, über Berge am frühen Morgen oder der späten Nacht, denke ich oft nichts. Ich renne manchmal in eine heilende Leere, um im nächsten Moment, meine Kinder, meine Frau, meine Freunde auf jedem Meter der Distanz dabeizuhaben. Wer davon redet, er hätte beim Laufen eine Sportuhr, die vollen Softflasks und Energybars dabei, der vergisst, dass meist auch viele Menschen dabei sind – sie laufen immer mit und manchmal sorgt so ein intensiver Lauf auch dafür, dass einem bewusst wird, wie wichtig sie sind. Laufen ist Liebe! Ach ja und das noch – der große Trailrunning-Schuhtest in dieser Ausgabe ist super! Alles dabei! 46 neue Modelle und alles mit Liebe für Euch gelaufen und getestet. TRAIL-Herausgeber Denis Wischniewski glaubt an die große Transformation im Trailrunning-Sport. Ein Teil wird unfassbar professionell und eine einzige "grosse Tour de France und UCI in Trailschuhen", der andere Teil ein möglichst freies und ungezwungenes, oft privat-intimes Entdecken von Natur, Umgebung und dem eigenen Körper. Wischniewski sortiert sich selbst bei letzterem ein.

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4 Menschen dieser Ausgabe

Stephan Hugenschmidt

Er war einst der beste Trailrunner Deutschlands und zog sich, so ruhig und bescheiden wie er siegte, aus dem Wettkampfsport zurück. Wir wollten wissen warum. Seite 88

Courtney Dauwalter

Wo sie läuft sind alle Kameras auf sie gerichtet. Wo sie startet dort gewinnt sie. Die US-Amerikanerin eröffnete ihre Saison bei der Transgrancanaria. Seite 78

Tom Baker

Der Ultratrail-Läufer Thomas Schmitt ist eigentlich ein Rookie in seinem Lieblingssport und doch schon ein alter Hase, wenn es um die längsten Trailrennen in Europa geht. Seite 46

Rosanna Buchauer

Wird im Juni in Innsbruck für das Deutsche Team an den Start der Trail-Weltmeisterschaft gehen. Natürlich über ein lange Distanz, denn genau in dieser Kategorie gehört die junge Frau aus Ruhpolding zu den besten der Welt. Alles zur WMTRC ab Seite 70


INHALT

STANDARDS EDITORIAL 3 INHALT 4 NEWS 12 MYVIRTUALTRAIL.DE 18 PRAXISTEST 92 IMPRESSUM 83 MORALFRAGE 98

15 Jahre Trail 2008 - 2023

70 WM-VORSCHAU

46

Die Trail- und Berglauf WM vom 6. bis 10. Juni in Innsbruck und Stubai ist Grund genug, sich das Event näher anzusehen,

6 FOTOSTORY

Es geht um Speed, Tempo und schnelle Beine auf dem Trail, denn unser Sport ist mehr als nur beständiges Vorankommen.

12 NEWS/JOURNAL

16 52 TRAINING

Und jetzt bitte möglichst schnell! Unser Trainer Lars verrät, weshalb man jetzt für die langen Ultratrails Tempo benötigt.

Denis Kolumne, Produkte, Pro & Contra, Mit Brille laufen, Kilian Jornet, InstagramKommentare, Racenews.

62 REISE-TIPP 22 TEST

An Pfingsten schicken wir Euch ans Meer. Unsere Trail-Tipps Elba, Sardinien und Slowenien.

Wir haben 46 neue Trailschuhe getestet und ihre Stärken und Schwächen genau analysiert.

88 INTERVIEW

Stephan Hugenschmidt war einst der beste deustche Trailrunner und beendete die Karriere überraschend leise und inmitten seiner großen Erfolge. Was war da los?

92 PRAXISTEST

Im harten Test: Norrona Svenja Top, Asics Fujitrail-Kollektion, Blackroll-Kissen, ...

80 REISE 46 PORTRÄT

Unser Autor war zu Besuch in Brannenburg bei Thomas Schmitt aka Tom The Baker. Eine Geschichte über das Abnehmen und nie Aufgeben.

Reise-Redakteur Clemens Niedenthal musste zurück in den Bregenzerwald. Weil es so schön dort ist und alles rund läuft. Night of the Trail 2023 58 Beckenboden-Übungen 74 Foto der Ausgabe 78 Moral 98

20 6/2 0 1 8 4 3/2023


27.-30. JULI 2023

GROSSGLOCKNER

ULTRA-TRAIL® 110 km | 6.500 hm

Einer der härtesten Ultra Trails. Rund um den Großglockner.

OSTTIROL

TRAIL

GROSSGLOCKNER

TRAIL

84 km | 5.000 hm

57 km | 3.500 hm

Durch die schönsten Teile der Glocknergruppe.

Der Klassiker entlang des Großglockners.

GLETSCHERWELT

KAPRUN SCENIC

TRAIL

TRAIL

35 km | 1.500 hm

16 km | 1.000 hm

Eintrittstor in die Welt des GGUT.

Zu den schönsten Ausblicken im Kapruner Tal

w w w.ult rat rai l.at


Fotos: Martina Valmassoi

Fotos: Davide Sousa

FOTOREPORT Tempo machen

SPE

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3/2023


EED Text : DENIS WISCHNIEWSKI

Trailrunning verabschiedet sich vom Image des stoischen Vorankommens. Speed und Pace lösen Distanz ab und das steht uns irgendwie auch ganz gut. Eine Bilderstrecke mit Tempo!


Fotos: Philipp Reiter, Alexis Berg

FOTOREPORT Tempo machen

Die Geschwister El Kott bei einem Trainingslauf auf den Kanaren kurz vor Sonnenuntergang

Irgendwie im Taunus: Späte Herbstsonne geht unter und Kälte schiebt sich in Feld und Flur.

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3/2023


Schon klar, dass Remi Bonnet, Nienke Brinkmann oder Jim Walmsley keine Sprintstars sind und doch pfeilschnelle Menschen - zumindest in ihrem natürlichen Habitat, am Berg oder in wildem Gelände. Beeindruckend, mit welchem Tempo die besten Trail- und Skyrunner unterwegs sind. Man darf also im Zusammenhang mit unserem Sport durchaus auch von SPEED sprechen. Im Verlaufe eines Ultratrails beispielsweise ist hohes Tempo temporär ein Phänomen - die Startphase des berühmten UTMB gleicht einem Katapult. Das EliteFeld legt ein atemberaubendes Tempo auf den ersten 10 oder gar 20 Kilometern vor - kaum zu glauben, dass sie auf eine 170 Kilometer lange Reise gehen. Auch die Zielphase lässt Tempo zu - wer, wie Hannes Namberger, den Lavaredo Ultratrail im norditalienischen Cortina d'Ampezzo läuft und auf den letzten Kilometern weiß, dass er gewinnen wird, lässt es sich nicht nehmen, die finalen 1000 Meter in einem langen Schritt und im Stile eines Bahnläufers zu laufen. Kennen wir doch alle, wenn da am Ende eines langen Lauftages, plötzlich ungeahnte Kraft mobilisiert werden kann. Ein Blick in die Schweiz beweist ja ohnehin seit Jahrzehnten wie eng Tempo und Trail zusammenhängen, denn beim legendären Trailmarathon Sierre Zinal fliegen die Teilnehmer:innen geradezu über die Höhenwege der Walliser Alpen. Im Gedächtnis vieler bleibt wohl auch der CCC-Sieg der Neuseeländerin Ruth Croft. Keine andere international bekannte Traildame läuft so elegant, bei keiner anderen sieht Laufen so unbedingt nach Speed aus. Die besten Trailrunner der Welt haben ihre Grundausbildung oft in der klassischen Leichtathletik, sie haben Tempoläufe tief in ihren Körpern verankert und können diese Geschwindigkeit natürlich jederzeit auch bei Trailrennen einsetzen und zeigen. Fotos: Jordi Saragossa

Wir rufen mit diesen Fotos alle Leser:innen dazu auf, immer wieder Tempo aufzubauen, denn es tut gut. Es verändert euren Laufstil, es reißt Euch aus dem Schlürfstil und macht letzlich auch stärker auf den langen Strecken.

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3/2023


FOTOREPORT Tempo machen Vermutlich Selbstauslöser: Starfotograf Philipp Reiter Zu schnell für die Labestation: beherrscht auch diese Technik. die Spitze beim legendären

Fotos: Hendrik Aufm´kolk

Fotos: Jordi Saragossa Fotos: Philipp Reiter

Sierre Zinal Race schnappt sich Kalorien im laufen.

Zielsprint beim Lavaredo Ultratrail: Hannes Namberger bündelt nochmals alle Kraft für Highspeed am Ende.

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Fotos: JPhilipp Reiter

Faszinierend und inspirierend, mit welchem Tempo die Damen über bergiges Profil rennen. Sie transferieren den Speed der Straße ins Gelände.

Fotos: Florentin Haunold

Bremsen auf im Downhill: So macht das Spaß - Sicherheit durch Technik und Mut.

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TICKER +++ US-Amerikanerin Camille Herron stellt neuen 48-Stunden-Weltrekord auf (270,5 Meilen)

NEWS&JOURNAL S E RV I C E

DURCHBLICK BEHALTEN

Foto: Phil Pham

Neulich, am Tag nach unserer Night of the Trail, sind wir mit einer sympathischen Bande von Menschen über die Münchener Isartrails gelaufen. Einer von ihnen: Michael Bentele, ehemaliger Paralympics-Teilnehmer und wie seine Schwester Vera Bentele, die Präsidentin des Spzialverbandes VdK fast komplett blind. Wie bewegt sich ein seebehinderter Läufer also auf den Trails? Mit einer recht kurzen Schnur ist er mit einem sehenden Läufer, einer sehenden Läuferin verbunden. Fühlt er sich unsicher auf dem Terrain, sucht er den Schulterkontakt und signalisiert: Da müssen wir jetzt gemeinsam durch. Michael Bentele hat sich auf den Isartrails aber beeindruckend gut zurecht gefunden. Von diesem quasi gefühlten Traillauf beeindruckt, sind meine minus 1,25

beziehungsweise minus 0,75 Dioptrin doch nicht mehr der Rede wert. Sollten Sie aber. Denn schon eine relativ geringe Fehlsichtigkeit kann bei einem Lauf zum Risiko werden, etwa in der Dämmerung oder bei schwierigen Licht- oder Wetterverhältnissen. Dennoch, und das ist eine österreichische Erhebung, die sich auch auf Deutschland übertragen lässt, tragen etwa 40 Prozent der Freizeitsportler:innen, die am Computer, beim Autofahren und im Alltag eine korrigierende Brille oder Kontaktlinsen tragen, beim Sport eine viellicht sogar hochwertige Sportbrille – aber eben keine mit korrigierenden Gläsern. Kurz gesagt: Das sollte nicht sein. Selbst wenn man, wie ich, beim Laufen manchmal in sich hineinsinniert und, gefühlt zumindest, eigentlich gar nichts sieht. Eine unkorrigierte Fehl-

Schnelle Brille? Zumindest, wenn die Brille von Florian Neuschwander getragen wird

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sichtigkeit im Sport erhöht nicht nur das Verletzungsrisiko. Zudem werden die Augenmuskeln etwa bei einem langen Lauf mit weitem Horizont permanent beansprucht. Wir versuchen nämlich automatisch, unsere Umgebung scharf zu sehen. Man kann sich das durchaus vorstellen wie ein Autofokus-Objektiv, das fortlaufend daran scheitert ein Motiv scharfzustellen. So sagt Gernot Jendrusch, Sportmediziner an der Universität Bochum: „Gutes Sehen ist eine Grundvoraussetzung, um optimal Sport zu treiben. Sehschärfenminderungen führen selbst bei automatisierten Bewegungsabläufen zu Verschlechterungen in der Bewegungskoordination.“ Jendrusch beschreibt den Sport dabei als einen „visuellen Mehrkampf“. So ist neben der eigentlichen Sehschärfe etwa auch das periphere Sehen wichtig, um etwa als Handballer:in im Augenwinkel einen anderen Spieler zu bemerken – oder als Läufer:in ein herannahendes Mountainbike. Tiefenschärfe wird wiederum entscheidend, wenn der Sprung etwa über einen Graben kalkuliert werden muss. Die gute Nachricht: Sehschwäche lässt sich korrigieren, und ob man beim Rennen nun eine „schnelle Brille“, also eine Sportbrille mit Sehstärke trägt oder das Modell Florian Neuschwander ist eine reine Stilfrage, vorausgesetzt die Brille sitzt richtig und die Gläser sind, aufgrund der Sturzgefahr, nicht aus Glas. Auch wichtig: Eine Sonnenbrille in Sehstärke, denn UV-Strahlung ist einer der zentralen Störfaktoren für die Augengesundheit.

Fotos: Thomas Bekker

Gutes Sehen ist eine Grundvoraussetzung, um optimal Sport zu treiben. Warum ein langer Lauf auch für unseren Augenmuskel zu einem Ultra werden kann – aber nicht werden sollte


V E R LOS U N G

ZUM GLOCKNER ALL INCLUSIVE!

Trail Magazin und DYNAFIT machen euch zum GGUT Wettkampf-Team Wir suchen 4 leidenschaftliche Trailrunner:innen, die schon lange von ihrem ersten Wettkampf träumen und verlosen folgendes Paket, das euch die Teilnahme beim GROSSGLOCKNER ULTRA-TRAIL - powered by DYNAFIT sichert:

›Verlosung von 4 Startplätzen beim landschaftlich einzigartigen und technisch anspruchsvollen GROSSGLOCKNER ULTRA-TRAIL - powered by DYNAFIT am 29. Juli 2023, Kaprun Österreich ›Check-Up und sportwissenschaftliche Beratung im DYNAFIT Athlete Center in Rimsting, Deutschland im Frühjahr 2023 ›Trail Running Ausstattung von DYNAFIT für jede/n Starter:in ›Meet and Trail mit Benni Bublak, DYNAFIT Athlet, Chiemgau, Deutschland im Frühjahr 2023 ›Begrüßung beim GGUT vom Team DYNAFIT und Veranstalter GGUT Hubert Resch – Betreuung am GGUT-Wettkampfwochenende QR Code oder https://bit.ly/Trailmagazin_GGUTxDynafit

* Vom Schatten ins Licht


NEWS&JOURNAL MEINUNG

PRO/CONTRA

Foto: Howie Stern

Eine sadistisch anmutende Lauf-Herausforderung erdacht von einem testosterontriefenden alten weißen Mann? Vielleicht. Aber der Barkley Marathons übt Faszination aus und ist neben klassischen Laufevents wie dem UTMB eine Bereicherung für unseren Sport. Oder etwa nicht?

PRO Benni Bublak

Sadistisch, kein Laufsport, zu männlich – ich kenne die Vorwürfe. Doch die meisten Trailrunner, behaupte ich jetzt mal, sehen das anders. Auch ich. Wir sind fasziniert von einem Format, das sich um all das nicht schert, was man auf klassischen Laufevents findet. Möglichst hohe Teilnehmerzahlen, möglichst hürdelose Teilnahmemöglichkeiten, eine kommerzielle Vermarktung sowie Berichterstattung und so weiter, Der Barkley ist und bleibt ein Geheimnis, ein Mysterium! Da werden die Teilnehmer bewusst verunsichert. Da wird im Unterholz nach Büchern gesucht. Da wird jegliche moderne Technik verbannt. Da zündet sich einer eine Zigarette an, um die gemüseessenden Vorzeigeathleten auf die Reise zu schicken. Der Barkley war auch immer Antithese mit "Fuck-Off“ Attitüde. Lazarus Lake, der Lemmy Kilmister des Laufsports. In einem Sport, der spätestens seit dem Einstieg von Ironman beim UTMB eine gewisse “Triathlonisierung“ erlebt, erinnert diese unkonventionelle Veranstaltung (bei keinem anderen Rennen wäre das Wort Event unpassender) so ganz ohne Hochglanz-Bilder, Live-Stream und Finisherbogen (gibt ja eh kaum Finisher) an die unprätentiösen Ursprünge des Trailrunnings. Nennt mich Nostalgiker. Aber mir gefällt das.

CONTRA Clemens Niedenthal

Auch ich mag den Do-it-Yourself-Gestus gerade der nordamerikanischen Trailkultur. Darin unterscheidet sich mein Contra nicht vom nebenstehenden Pro. Menschen vorzuführen mag ich hingegen nicht. Das unterscheidet mich von Lazarus Lake, dessen "Fuck Off"-Attitude doch bei genauem Betrachten nur eine "Fuck You"-Attitude ist. Den Barkley Marathons gegen die Kommerzialisierung des UTMB ins Rennen zu schicken – ein billiges Argument. Überhaupt: Was bedeutet "unkonventionell" in einer Zeit, in der es längst zur Konvention geworden ist, mit Konventionen zu brechen? Ich nenne da viel lieber einen, nun ja, woken Begriff: Augenhöhe. Ich wünsche mir Veranstaltungen auf Augenhöhe, bei denen Menschen meinetwegen auch um die Wette rennen. Lazarus Lake ist Augenhöhe fremd, beim Blick durch sein Kassengestell, das vermutlich auch nur eine Attitüde ist. Wie es nebenan schon steht: Teilnehmer:innen lassen sich bewusst verunsichern. Selbstkasteiung nennt das die Kirche, Masochismus die Sexualtheorie. Darüber hinaus: Lemmy "Motörhead" Kilmister, und das weiß ich etwa von Doro Pesch, soll ein echt netter Kerl gewesen sein. Aber vielleicht ist Lazarus Lake das auch – abseits des Barkley Marathons.

14 3/2023


TICKER +++ TICKER +++ ITRA-Top 3 DAMEN: 1. Courtney Dauwalter, 2. Tove Alexandersson, 3. Nienke Brinkman

I N S TA - D I S K U R S

NEWS

EURE MEINUNG

Unsere Profile auf Instagram und Facebook spiegeln die Meinung unserer Leser*innen manchmal gut, manchmal überspitzt und immer gegenwärtig. Ein Best Of der Kommentarleiste.

„Völlig überbewertetes Event meiner Meinung nach. Und mit Laufen hat das sowieso nichts zu tun! Im Wald rumwandern und sich die Beine zerstören, da gibt’s weitaus interessantere und richtigere Rennen. So viele schöne Trailläufe gibt es…bei denen man auch vom Laufen sprechen kann…egal. Viel Spaß Euch beim Verfolgen.“ runwiththeflow auf Instagram unter einem Bild von Lazarus Lake, der sich eine Zigarette anzündet, um die Läufer:innen auf die fünf Runden des Barkley Marathons, eine sehr extreme Trailrunning Challenge die oft keine Finisher hervorbringt, zu schicken. "Warum so anti? Ist doch geil, dass auch so ein Event seine Bühne hat und nicht nur „richtige“ Rennen: Ist es nicht das, was diesen Sport so großartig macht? Dass er unfassbar breit ist und jeder irgendwo seine Ecke, seinen Lauf finden kann? Ich fänd es gut, wenn noch andere kleine und besondere Läufe diese Aufmerksamkeit hätten."

Kriterien auch zu spät, auch das war ein Diskussionspunkt ein einer Projektgruppe des DLV." Kommentiert timozeiler einen Meinungstext zum Thema DLV und WM-Nominierung, den wir auf unserer Homepage veröfffentlichten. In diesem Text werfen wir am Ende die Frage auf, ob der DLV der richtige Verband für unseren Sport ist. Vorher informieren wir über das neu etablierte Trail-Team Deutschland und fragen uns, ob der zeitliche und bürokratische Ablauf der Nominierungen der richtige ist. "Sehr guter Artikel! Warum diese „Sichtungswettkämpfe“? Wie wäre es, einfach mal auf die ITRA Punkte der vergangenen Saison zu schauen? Und nicht noch den wenigen hochklassigen Trailläufer:innen noch mehr Steine vor die Füße rollen…" Schreibt außerdem trailrunning.hd in einem weiteren Kommentar

…ist eine der vielen Antworten auf Flo’s Kommentar. In diesem Fall die von o.c.osmalz. Auch wir als Trail Magazin finden es cool, dass auch Events zu unserem Sport gehören, die nur noch wenig Berührungspunkte mit dem klassischen Laufsport haben, aber genau deswegen so originär sind. Obwohl, auch innerhalb der Redaktion spalten sich beim Thema Barkley Marathons die Geister. Siehe nebenstehendes Pro und Contra. "Die Frage aller Fragen, welcher Verband wäre denn der Richtige? Ansonsten guter und informativer Artikel! Stellt auch die Problematik in den Diskussionen zu den Kriterien gut dar, ich persönlich finde den Zeitpunkt der Veröffentlichung der

15 3/2023

Trail Mag zeigt sich Euer Magazin des Vertrauens lässt sich mal wieder bei Euch blicken. Beim ULTRA TRAIL FRÄNKISCHE SCHWEIZ am 22. April 2023 und vom 1. bis 10. Juni bei IATF und WMTRC in Innsbruck, sind wir auf der EXPO mit Zelt und guter Laune dabei. Kommt vorbei, lasst quatschen und kauft das ein oder andere THYwear-Produkt - wir haben fast alle Caps und Socken des Onlineshops vor Ort zum Erwerb.

Skyrunning Ranking Nun hat auch die Skyrunning Federation ein eigenes Ranking System vorgestellt. Dieses funktioniert ähnlich wie das System des UTMB und das der ITRA. Zugang zum kompletten Ranking bekommt man mit einer sogenannten ISF License Card, die für 10 Euro im Jahr zu haben ist. Ob ein drittes unabhängiges Punktesystem in diesem Sport nötig ist? Wir haben es zumindest nicht vermisst. www.skyrunning.com

Stians´ Trikotwechsel Die Trail-Landschaft verändert sich. Mehr und mehr Marken investieren in den Sport und ihre Athleten. Nach Sara Alonso präsentierte Asics mit Stian Angermund kürzlich einen weiteren hochkarätigen Neuzugang. Der Norweger lief zuvor, genauso wie Sara Alonso, viele Jahre für Salomon und ist für Weltklasse-Leistungen auf den kurzen Distanzen bekannt. Letztes Jahr siegte er bei der Trail Weltmeisterschaft in Thailand und 2021 gewann der die Golden Trail World Series.


NEWS&JOURNAL

DENIS’ KOLUMNE Liebe Freunde, liebe Freundinnen, liebe Alle, Ich würde Euch gerne einmal näher erläutern, wie das mit mir und dem Laufen so funktioniert. Es funktioniert nämlich erstaunlich gut und das schon seit einigen Jahrzehnten. Ich hatte in all dieser Zeit fast nie eine Laufverletzung, selten mal echte Überlastungen oder Knieprobleme und soweit ich mich erinnern kann auch nur ein einziges mal etwas Achilles. Ein Segen mit diesem robusten Körper. An Weihnachten fuhr es mir in den Rücken. Ich hob die Hündin in den Kofferraum, ging dabei nicht in die Knie und es schoss in die unteren Lendenwirbel, als würde die Bibel verfilmt. Ich lag fortan für Tage auf dem Boden. Ein aufrechter Gang war unmöglich, ich hatte Schmerzen und lag irgendwann auf einer Liege und bekam eine Infusion. Die löste so einiges, aber nicht die Ursache. Auf jeden Fall folgten Wochen ohne Laufsport, ohne meine gewohnte Dynamik. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, älter zu sein, als es meine Geburtsurkunde verrät. Mein Kollege Benni stellte fest, dass mich nicht die Laufverletzung vom Laufen abhält, sondern eine typische Sitzverletzung. Da hatte er wohl recht. Ich lief also für einige Wochen nicht. Der Versuch über eine Skitour wieder in Sport und Brot zu kommen, scheiterte kläglich – inmitten des Aufstiegs rebellierte mein unterer Rücken und ich war wieder genau dort, wo ich kurz nach Weihnachten war – auf dem Boden. Einatmen. Ausatmen. Yoga über YouTube. Mit dem Wissen, dass es sehr wohl schlimmere Dinge gibt, als so einen Bandscheibenvorfall, war ich zu Tode betrübt. Ein Elend. Nun gut. Ich dehnte fortan, ich stabilisierte bis sanft

an den Schmerz, kaufte mir Kurzhanteln und es wurde von Tag zu Tag etwas besser. Bis zum 5. März 2023. Das war ein Sonntag. Ein trüber Tag mit etwas Restschnee. 1.5 Grad kalt. Im gesamten Kalender betrachtet ein wohl ziemlich unscheinbarer Tag. Für mich wurde es ein wichtiger Tag, denn ich lief. Zum ersten Mal seit langer Zeit wirklich ohne Beschwerden. Ich kletterte hinauf zu Gscheurerwand, nahm den schnellen Downhill hinab zur Ache und stellte fest, wie großartig alles in dieser Gegenwart ist. Alles fühlte sich perfekt an und daran war alleine die Tatsache schuld, dass mein Körper wieder dies tat, was er soll. Versteht mich nicht falsch – ich war bei diesem legendären 15 Kilometer Lauf alles andere als topfit, aber alles fühlte so richtig an und darum geht es doch. Es muss sich nicht immer perfekt anfühlen, es muss sich nur richtig anfühlen. Der Hexenschuss, nein die Hexenschüsse, waren mir diesmal eine Lehre. Ich muss meinen Körper mehr pflegen als bislang. In diesem Juni drängt sich eine 5 als erste Ziffer in mein Lebensalter. Vieles, was bislang selbstverständlich war, wird künftig nur noch mit Bemühung, Pflege und einer Art Investitionen aufrecht zu erhalten sein. Man muss es sich so vorstellen: Für jeden Stunde, die ich laufe, werde ich ab sofort auch eine Stunde an Erholung einzahlen müssen. Ein 50/50 Verhältnis aus Sport und Recovery. Ich muss die alten Knochen geschmeidig halten. In Zukunft wird die Nivea-Creme im Gesicht nicht mehr ausreichen. Sport Lavit in der Oberschenkel Muskulatur auch nicht. Im Übrigen verlasse ich mit der Jugendlichkeit und der körperlichen Leichtigkeit auch die Altersklasse 40, oder 40bis 49-Jährigen. Fortan bin ich Teil der AK50 und auf Podiums-Jagd. Die AK40, das wollte ich abschließend erwähnen, ist die unfairste aller Altersklassen im Ausdauersport. Man sollte sie wirklich in ihrer aktuellen Form überdenken. Wie soll bitte ein 49-jähriger gegen einen 40-jährigen bestehen? Es liegen Welten zwischen Ihnen und mehr als neun Jahre. Für Frauen sollte diese Formel auch gelten. Im Prinzip war dieser Lauf am 5. März eine Erleuchtung. Eine kleine private

16 3/2023

Glückseligkeit inmitten einer Welt, die von unzähligen Grausamkeiten umlagert scheint. Eines wurde mir dabei klar: ich muss erst garnicht schwerkrank werden, um zu wissen, wie sagenhaft schön ein gesunder Körper ist, wie komplett sagenhaft gut ein einfacher, beschwerdefreier Lauf über einen Berggipfel ist. Es ist pures Glück. Alles und Nichts. Alles soll auch in Zukunft wieder weniger komfortabel werden. Ich bin schon zu lange in der Komfortzone, obwohl ich das nicht möchte. Ich bin zu bequem geworden, obwohl ich mir das nicht ausgesucht habe. Es ist einfach passiert. Das ist das Gemeine: man wird schleichend faul und zum Nicht- und Wenigläufer, aber nur mit viel Disziplin und Fleiß zum Dauerläufer und fit. Ich möchte jedenfalls wieder an diesen Scheitelpunkt gelangen, an dem man mit einer Selbstverständlichkeit zu Unzeiten vor die Tür geht. Ich möchte laufen, wenn andere längst schlafen, ich möchte laufen, wenn andere sich noch einmal die Decke über den Kopf ziehen. Im Moment stecke ich aber leider noch zu sehr in der Analyse, wie es soweit kommen konnte, dass meine Wochenkilometer von 150 auf 30 gesunken sind. Wie wurde aus dem Asketen Denis Wischniewski die Kartoffel Denis Wischniewski? Ich arbeite zu viel. Das mag sein. Und wie grotesk das alles ist, denn letztlich bedeutet zu viel Arbeit bei mir, dass ich zu viel übers Laufen schreibe und nachdenke und dadurch selbst nicht mehr zum Laufen komme. Ich bin so etwas wie ein Sklave des Sports. Es läuft eigentlich ganz gut. Es läuft passabel. Lassen wir es dabei.

Meisters´ Pläne Kilian Jornet, der beste Trailrunner der Welt, hat seinen langerwarteten Rennkalender veröffentlicht und alle sind still. Warum? Weil nicht viel passiert. Zumindest auf den ersten Blick. Nur drei Termine hat er sich ausgesucht und dabei nur ein einziges Rennen - Sierre Zinal. Ansonsten will er im April im Himalaya ein „Projekt“ realisieren und in der „späten Saison“ ein Long-Distance-Projekt oder langes Rennen laufen. Wer Kilian kennt, weiß, dass in diesem zunächst verhalten klingenden Kalender ganz viel „Krassheit“ steckt. Wir sind gespannt.


TICKER +++ ITRA-Top 3 HERREN: 1. Kilian Jornet, 2. Jim Walmsley, 3. Jonathan Albon

DIVERSES AN DER LABE An der Verpflegungsstelle erlebt und beobachtet man so manches, vorallem aber sehr unterscheidliches Verhalten, Verweildauer und Energiezufuhr. Ein überspitzte Einteilung in 5 Typen.

Irgendwie gesund: Vegan, bio und verträglich. Der Veranstalter kann es ihnen nicht immer recht machen - es muss natürlich sein und fair und irgendwie gesund. Naja, ein paar Nüsse und Trockenobst gehen immer, aber der Rest wurde vor dem Rennen mit Bedacht eingekauft und ist mit System im Rucksack verpackt. Wenns geht – gerne vegan!

Gel-tungssüchtig: Der Running-Nerd weiß wie es läuft – theoretisch Den Schuh von Kilian Jornet, die hippen Shorts von der kanadischen Boutique-Running-Marke, das handgewobene Merinoshirt, den Podcast von diesem Sportwissenschaftler aus Berkeley. Hat er alles schon. Auch was die Race-Verpflegung angeht, ist der Running-Nerd, immer bestens informiert. Alle zehn Kilometer ein Gel? Die Wissenschaft weiß doch längst: alle 8,75 Kilometer! Am Ende landet er verlässlich im vorderen Mittelfeld.

Erlebnishunger: Ultralaufen ist Geschmackssache Auch beim Sport ein Freund der Work-Life-Balance, wobei das Laufen ja auch „Life“ ist, denn mit dem Tempo übertreibt es der Genussläufer nicht. Die Energiezufuhr? Hauptsache lecker und gerne rustikal: Ultraläufe mit Gemüsesuppen und Kasslerbrötchen, nachher ab zum Kuchenbuffett. Und spätestens an der letzten VP das erste Bier, ist doch isotonisch.

Weniger ist mehr: Der Asket als laufende Verzichtserklärung

Zucker pur: Von der Nacht-Tankstelle zur Labestation.

Der Laufsport sei arg kommerziell geworden. Das weiß er, der Asket. Und startet bei kleinen Rennen. Er braucht nicht viel, die alte Windjacke ist doch noch gut, genauso das Finishershirt vom Swiss Alpine, damals 2004. Er schwört auf Traubenzucker und hat immer noch ein Gel dabei. Das hat er mal gelesen, in einem Laufbuch von Herbert Steffny.

Da sitzt er, der junge Wilde, der noch nicht lange läuft und ganz pragmatisch all das zur Energiezufuhr an der VP nutzt, was vor einiger Zeit noch an der Tanke und vor dem Club-Besuch funktioniert hat. Vielleicht fehlt auf dem Foto sogar die BIFI und ein Snickers. Die Dose Bull lässt sich auch durch Monster Energy ersetzen.

17 3/2023


NEWS&JOURNAL

30 X 100% TRAILSPASS! Mit dem neuen Partner CRAFT Sportswear geht unsere Plattform www.myvirtualtrail.de in die vierte Saison und wartet mit 30 Trailrouten bundesweit auf neue Rekorde.

„Hab einige Zeit beim navigieren liegen lassen, aber das gehört bei MyVirtualTrail ja zum Spaß dazu. Fazit: welch ein Abenteuer!“ (Björn Strassburger auf dem Dünnbachtrail) „Die Aussichten sind genial und zum Ende hin wird es nochmal richtig zäh. Es geht immer wieder steil hoch und

runter.“ (Hasret Mutlu auf der Rhein Höhlen Schaukel) „Schöner, sich windender Pfad am Ufer entlang. Vom Feldweg aus Storchenpaar gesehen. Danke für die Empfehlung.“ (Martin Mills auf dem Schweriner Seen Trails) „Strecke im tiefen Schnee und bei sehr

18 3/2023

vereisten Wegen getestet. Einige Wege hätte ich wohl ohne den GPS-Track nicht als solche erkannt.“ (Jenny Labitzke auf dem Süntel Trail) Dies sind nur vier ausgewählte Zitate von Läufern und Läuferinnen, die in den ersten zwei Wochen auf den Strecken von My Virtual Trail unterwegs waren. 30 neue Strecken und einen neuen Sponsor durften wir Euch beim Launch der Seite Anfang März präsentieren. Wir freuen uns sehr, dass die schwedische Marke Craft die StreckenPlattform von nun an unterstützt. Im letzten Heft haben wir Euch schon zehn Strecken vorgestellt. Weitere fünf dürfen wir Euch in dieser Ausgabe präsentieren. Wie alle 30 Strecken, sind auch die folgenden fünf in Zusammenarbeit mit ortskundigen Trailrunnern entstanden und sollen Euch die besten Trails der jeweiligen Region näher bringen.


TICKER +++ Luzia Bühler und Henrik Westerlin gewinnen Premiere des LAKE ZÜRI 100

5 Strecken die dich in die Saison bringen Zeugenbergrunde 50 km 1000hm Die längste Strecke auf MyVirtualTrail ist ein echter Ultra. Auf Trails und naturbelassenen Wegen wird die Stadt Neumarkt an der Oberpfalz umrundet. Auf der ausgeschilderten Strecke ist die Navigation im Gegensatz zu anderen Strecken unserer Seite recht simpel. Treuer MyVirtualTrail-Fan und Streckenpate Markus Bergler hat auch gleich mal eine Richtzeit vorgelegt.

Wasserkuppenrundweg 39 km 1250hm Auch eher zu den längeren Routen unserer Plattform gehört diese Runde in der wunderschönen Rhön. Ausgehend vom höchsten Punkt dieses Mittelgebirges, der Wasserkuppe, läuft man eine große Runde mit unzähligen Weitblicken. Schwedenwall, Simmelsberg, Wachtküppel, Ebersburg und Pferdskopf heißen die klangvollen Highlights dieser Route.

Foto: Ulrich Pfeuffer, Markus Fruehmann

Jena Kernberge Trail 31 km 700hm Ein echtes Singletrail Juwel rund um die thüringische Universitätsstadt versteckt sich hinter diesem Trail. Immer entlang der Muschelkalkhänge schlängelt sich der Pfad. Die Fastest Known Times halten übrigens unsere letztjährigen Gesamtsieger Helen Schrötter und Rene Strosny. Ob da noch wer einen drauf legen kann?

Kellerwald/Urwaldsteig Runde 22 km 700hm In der Premierensaison war der Urwaldsteig eine der acht Debütstrecken bei MyVirtualTrail. Da die 65 Kilometer der Ederseeumrundung doch arg lang sind, die Gegend aber wunderschöne Trails verspricht, haben wir kurzerhand Teile des Urwald- und Kellerwaldsteigs zu dieser attraktiven und knackigen Halbmarathon Route vereint.

Spitzing Skyrace 19 km 1800hm Diese Runde war vor zwei Jahren schonmal Teil der MyVirtualTrail Streckenauswahl. Sie beweist einmal mehr, dass es auch innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland durchaus Potential für ein alpines Skyrace gibt. Luftige Gratpassagen, Anstiege, die mit allen Vieren bewältig werden müssen, verblockte Downhills und mehr findet man auf dieser Route am Spitzingsee.

19 3/2023


NEWS&JOURNAL Die Bälle hoch halten

Tennis spielt man auf dem Sandplatz, dieses dezent nostalgische „Rückschlagspiel“ am besten am Strand – oder überall, wo es Euch sonst danach ist. 79 Euro bei: www.sport-tiedje.de

P RO D U KT E

RAUS MIT UNS Das Tolle an den ersten wirklich warmen Tagen? Sie werden nicht die letzten gewesen sein. Wir haben einige schöne Dinge zusammengetragen, mit denen das Draußensein noch mehr Spaß macht. Vom Mückenschutz bis zum Rückschlagspiel

Trainingsreiz

Seit mehr als 200 Jahren werden in der Kurapotheke in Bad Ischl Kosmetika und Badezusätze handwerklich hergestellt. So das vitalisiertende Dusch-Shampoo Sportler, 15 Euro. www.kurapotheke.at

Löcher staunen

Zeitgemäßes Update der Badelatsche, inklusive einem Gummiband in der tragenden Rolle: Merrell Hydro Moc, ab circa 50 Euro

Neue Kleiderordnung

Laufröcke kennen wir alle. Dieses lässige Hemdkleid von Houdini ist aus dem selben fabelhaft atmungsaktiven Wish-Woven-Polyester gewebt wie das von uns unlängst getestete CoverLaufshirt.Wir finden: Es ist ein Renner. 160 Euro. houdinisportswear.com

20 3/2023


TICKER +++ Ausdauernahrungs-Hersteller NÄAK ist offizieller Ausrüster der UTMB-Worldseries

Juckt uns nicht

Was wirklich gegen Mückenstiche hilft? Eine Erfindung aus Brehna in Sachsen-Anhalt. Der Byte Away heizt dem frischen Stich mit sogenannter lokaler Hyperthermie ein. Und tatsächlich: Es fängt nicht an zu jucken. 29 Euro, z.B. in der Apotheke

Leichte Kost

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Foto: Ulrich Pfeuffer, Markus Fruehmann

AufTuchfühlung

Wie war das? Querstreifen machen dick, Längsstreifen aber schlank? Schon alleine das spricht für die längsgestreiften Strand- und Handtücher des jungen Berliner Labels Troppo. Ab 25 Euro. www.troppo.store

Knallt!

Bunt ist unsere Lieblingsfarbe: Die Sweatshirts (70 Euro) und T-Shirts (35 Euro) von Colourful Standard werden in Portugal aus Bio-Jersey gewebt und so schonend wie farbintensiv gefärbt. www. colorfulstandard. com

1.– 2.7.2023 TRAILRUN-EVENT SAVOGNIN www.irontrail.ch

21 3/2023

T20

T50

SAVOGNIN BIVIO

T105

SAVOGNIN


PRAXISTEST Trailrunningschuhe 2023

Mit Oh & Aha! Auf den Trails im Wilden Kaiser. Dort waren wir mit 46 neuen Trailschuh-Modellen unterwegs und können Euch nach intensiven Testläufen, viel Diskussion und Austausch, verraten wie sie sich denn nun laufen, welche wir empfehlen und wo Stärken und Schwächen liegen.

Fotos: CLEMENS NIEDENTHAL Text : DENIS WISCHNIEWSKI, CLEMENS NIEDENTHAL,

MARIE MEIXNER BRUNNHUBER, BENNI BUBLAK

22 3/2023


Sechsundvierzig paar Trailschuhe, vier Tester:innen und ein Wilder Kaiser. Genauso aber die Trails in den Berliner Müggelbergen und auf Rügen, an der Münchener Isar, in Kufstein, in den bayerischen Voralpen, im Chiemgau sowieso. Hinter uns liegt zwei Monate Grundlagentraining, also die Grundlagen gegenwärtiger Trailschuhentwicklung betreffend und drei intensive Tage in Söll in Tirol. Vor Euch liegt eine Trailsaison voller neuer Eindrücke, Erfahrungen und Herausforderungen. Wir gehen davon aus, dass Ihr dafür neue Schuhe sucht. Die beste Nachricht zu Beginn: Der Jahrgang 2023 ist der beste Trailschuhjahrgang den wir bis dato an den Füßen hatten. Er ist gespickt mit tatsächlich spektakulären Modellen und Modellfamilien. Auch die Tatsache, dass mehr Schuhe als sonst kein Siegel in einer unserer Rubriken „Allround“, „Ultra“, „Komfort“, „Speed“, „Roleur“ oder „Alpin“ bekommen haben, spiegelt diese Entwicklung. War früher ein Schuh, der von allem ein bisschen konnte, eben en leidlicher Allrounder, sind Modelle wie der Salomon Sense Ride, der Saucony Peregrine oder der komfortbetontere New Balance Fresh Foam Hierro diesmal so überzeugend, dass wir die Messlatte (gerne) nach oben verschoben haben. Es sind Schuhe, die in der Ebene rollen, im Wettkampf Vertrauen geben und Tempo machen, im Downhill zupacken und auch im wirklichen Gelände Stabilität und Sicherheit vermitteln. Darüber hinaus: Warum genau ist dieser Trailjahrgang also so gut? Erstens: Weil das große Thema der vergangenen Saison, (Carbon-)platten, weiche und reaktive Mittelsohlenschäume und daraus resultierend schnelle und energieeffiziente Kraftübertragung, in diesem Jahr eine wirklicheEvolution erfahren hat. The North Face Vectiv Pro, Saucony Endorphin Edge und, eine Preisklasse darunter, auch ein Craft Endurance Trail, bieten einen dynamischem, tempohungrigen und nicht zuletzt lustvollen Laufkomfort. Dass dieser, je nach Modell, nur bis zum kupierten Höhenweg reicht, auch darüber werden wir reden. Der Entwicklung aber ist vorgezeichnet: Auch Schuhe mit (relativ) weichen Schäumen und (relativ) rigiden Plattenkonstruktionen kommen zunehmend auf wirklichen

Trails zurecht. Carbon kann dabei das Mittel der Wahl sein, muss es aber längst nicht immer. Zweitens: Auch oder gerade wegen der Euphorie um diese in erster Linie laufbaren, schnellen Schuhe, haben uns in diesem Test explizite Skyracer überrascht, allen voran der präzise und trotz seiner schmalen und sehr technischen Bauform überraschend universelle Merrel Skyfire 2. Überhaupt: Das Marken wie La Sportiva oder die „Trail-Rückkehrer“ Mammut dem stabilen, allen voran alpinen Trailschuh die Stange halten, ist ein angenehmes Korrelat in einem noch einmal breiter gewordenen Angebot. Drittens: Kilian Jornet hat geliefert. Der NNormal Kjerag ist nicht nur ein am gemessen an seinem Gewicht und seiner Agilität überzeugend universeller Trailracer, der vielen Leuten passen wird. Seine simple Konstruktion, ohne Platte, ohne Schnellschnürsystem, ja nicht mal mit einer Schnürsenkellasche, sowie die Ankündigung, das Modell nicht jährlich upzudaten, passt in unsere Zeit. Außerdem ist es mmer schön, sich beim Griff in die Schuhkiste noch keine Gedanken machen zu müssen, wohin die Runde denn heute führt. Viertens: Wir müssen über einige spannenden neue Marken reden, allen voran den Wanderstiefelprofi Lowa, der uns aus dem Stand mit gleich zwei Modellen so richtig begeistert hat. Das dritte, mit Carbonverstärkung, testen wir im kommenden Heft. Begeistert einerseits, weil deutlich zu spüren ist, dass ein Hersteller mit Bergerfahrung viele Dinge aus dem Stand richtig macht, an die sich Laufsportmarken erst herantasten müssen, allen voran die Passform und die Stabilität, betreffend. Begeistert andererseits, weil man spürt, dass es Lowa auf den Trails ernst meint. Auch für uns als Magazin ist es beglückend zu wissen, wie viel Dynamik noch immer im Trailrunning steckt. Ob Ihr nun einen überzeugend dynamischen Trailracer sucht, einen stabilen Begleiter für lange Tage in den hohen Bergen oder das Komfortmonster für den nächsten Landschaftsultra: Wir glauben, nein wissen: Auf den nächsten 22 Seiten ist bestimmt was dabei.

Warum ein Testlauf manchmal nicht möglich ist Hersteller schicken uns Schuhe, wir laufen darin und schreiben einen Testbericht. Objektiv und unabhängig davon, ob diese oder jene Marke gerade eine Anzeige geschaltet hat, ob ein Hersteller Partner beim nächsten Lesercamp ist oder uns einzig einmal im Jahr ein paar Testschuhe schickt. Und: Wir laufen diese Schuhe gründlich, auch jene, in denen wir nicht den größten Spaß haben. Wir nehmen die Aufgabe ernst. Nicht immer kommen Testschuhe rechtzeitig in der Redaktion an, etwa weil der Container noch auf einem Ozean schippert. In diesem Jahr aber hat ein Hersteller erstmals explizit formuliert, doch lieber kein Teil unseres Schuhtests zu sein. Könnten wir jetzt persönlich nehmen, tun wir aber nicht. Wir machen uns lieber Gedanken über die Marketingstrategie von Nike, welche eine unabhängige Berichterstattung (und eine unabhängige Bildsprache) offensichtlich nicht mehr wünscht. Schon vor zwei Jahren hörten wir nämlich, ob der Anfrage nach einem Testschuh, dass man erst klären müsse, “ob das Modell für die Markenkommunikation vorgesehen sei". Nike möchte also bestimmen, wann und wie über ihre Produkte berichtet wird. Am liebsten berichtet Nike selbst, etwa in den Sozialen Medien. Ein journalistischer Test ist dabei nicht vorgesehen. Zum Glück verhalten sich die anderen Hersteller nicht nur anders, viele nehmen etwaige Kritik im Nachgang unseres Testes auch auf. Und was den Nike Zegama angeht, wir haben doch noch ein Paar aufgetrieben – und objektiv besprochen.

23 3/2023


ALL PRAXISTEST Trailrunningschuhe 2023Jonas Russi ROUND(Team Hoka) fokus-

Fotos: Stefano Jeantet

siert durch die Nacht und ganz ohne Schlafpause.

361°

Yushan 3 / 149,00 Euro Drop: 8 mm Gewicht: 348g (42,5), 288g (38,5) Schmal

Breit

Adidas Terrex

Soulstride Flow / 139,90 Euro Drop: 8 mm Gewicht: 294g (42,5), 265g (38,5) Schmal

Breit

Adidas Terrex

Speed Flow / 130,00 Euro Drop: 8 mm Gewicht:225g (42,5), 205g (38,5) Schmal

Breit

Die Chinesen haben dem „trailigeren“ ihrer beiden Modelle für das Laufen abseits befestigter Wege einen komplett neuen, im Mittel- und Vorfuß einlagigen Oberschuh spendiert. Dieser ist flexibler und schlanker gearbeitet als sein fabelhaft bequemer Vorgänger mit dem üppig gepolsterten Mesh. Geblieben ist der überzeugende – und überzeugend komfortable – Fersenhalt, der Zehenbereich, und nur der Zehenbereich, ist protektiv gearbeitet. Überrascht hat uns, dass der noch immer zu schwere Yushan dennoch kaum an Gewicht verloren hat. Ein Grund liegt in der konventionell gearbeiteten, dicht geschäumten Mittelsohle. Quickfoam nennt 361° seine EVA-Gummimischung, die sich gemessen am dieser Tage Möglichen aber so schnell und dynamisch nicht läuft. Im Gegenzug bietet der Yushan eine verlässliche Stabilität gerade unter der Ferse und ein kompakt-komfortables Laufgefühl bei einem guten Kompromiss aus Stabilität, Flexibilität und Dämpfung. Sehr weicher Vorfuß. Der Grip ist solide, die Sprengung merklich – unterm Strich läuft sich der Yushan kaum wie ein Trailschuh aus dem Jahr 2023.

Der Terrex-Schuh, der mir bislang vielleicht am meisten „taugt“, kam ganz ohne viel Aufregung an. Soulstride nennt er sich und er hat – soweit ich es beurteilen kann - keine/n Profiläufer:in als Pate. Nein, dieser Soulstride soll so etwas wie ein Allrounder-Trailschuh sein, ein komfortabler Schuh mit weitem Einsatzgebiet und ideal für alle, die in den Sport einsteigen. Mein erster Gedanke während des Griffs in den Karton: der könnte doch auch mehr sein, als nur ein guter Beginner! Und genau so kommt es dann auch! Ich bin vom ersten Meter an positiv überrascht und ab Kilometer fünf sehr angetan, denn der Soulstride entpuppt sich als souveräner Trailschuh, der mir über seine homogene und üppige Mittelsohle viel Energie und Komfort schenkt. Das Maß an Dämpfung würde bei mir auch lässig für längere Ultradistanzen reichen. In Sachen Stabilität überzeugt er mit einer konkreten Fersenkonstruktion. Einzig die sehr festen und hoch gebauten Enden der Schnürsenkelleiste könnten empfindlichen Knöcheln unangenehm in die Quere kommen. Das Obermaterial im Vorfuß könnte noch etwas enger am Fuß anliegen.

Was als erstes auffällt, und zwar positiv, ist der direkte, stabile Stand, der in Verbindung mit der gewohnt verlässlich performenden Continental-Sohle einen präzisen Einsatz auf den Trails verspricht. Was noch auffällt: Die schmale Passform mit dem noch einmal schmaleren, knackig sitzenden Mittelfuß und einer prompten Scheuerstelle am Knöchel: Der Abschluss der Schnürsenkelleiste ist nicht nur zu hoch gezogen, sondern seltsam hart gearbeitet: Unbedingt achten, ob es passt. Im Gelände, also im wirklichen Gelände, lässt sich der Speed Flow verlässlich und lustvoll navigieren. Den Weg dorthin, ob auf Asphalt oder Feldwegen, nimmt er nur mürrisch in Kauf. Auch, dass dieses Modell gerade für Fersenläufer:innen empfohlen wird, wundert: Ist doch das Dämpfungsverhalten, zumal unter der Ferse, kompakt und weder reaktiv noch sonderlich absorbierend. Unklar also, ob der Speed Flow zwischen dem universellen Speed Ultra (mit „Boost“-Bonus), dem technischeren und agileren Speed Pro und dem komfortableren, verlässlicheren Soulstride eine Lücke finden kann.

Fazit: Solider, allerdings zu schwerer Allrounder vor allem für Fersenläufer:innen auf der Suche nach einem eher traditionellen Laufgefühl.

Fazit: Ein qualitativ hochwertiger Allrounder- und Einsteiger Trailschuh, der durchaus Potential für ernsthafte, wenngleich einfachere Ultratrails hat.

Fazit: Speed suchten wir vergebens, Flow fanden wir nur auf weichen, spielerischen Trails. Was wir fanden, war ein brutal konkreter und verlässlicher Stand.

24 3/2023


KOMFORT

ALL ROUND

ALL ROUND

Altra

Asics

Lone Peak 7 / 160,00 Euro Drop: 0 mm Gewicht: 314g (42), 261g (38) Schmal

ALL ROUND

Trabuco 11 / 160,00 Euro Drop: 8 mm Gewicht: 300g (42,5) 265g (38,5) Breit

Schmal

Breit

Klar, es gibt den komfortablen und mit den Generationen allroundiger gewordenen Timp (noch immer eine Empfehlung) und den alpinen Monta Blanc (noch immer eine Empfehlung trotz noch immer kompliziertem Fersenhalt) – die DNA von Altra aber steckt im Lone Peak. Nullsprengung, breite Zehenbox, direktes Laufgefühl, präziser Stand. Kein anderer Schuh in diesem Test wird von seinen Fans so geliebt, und von den meisten anderen genauso entschieden gemieden. Weil man das bei Altra weiß, wird der Lone Peak von Neuauflage zu Neuauflage stets nur zart moduliert. Umso erstaunlicher, wie er sich kontinuierlich und merklich verbessert hat. Da wurde eine merkliche, allerdings nicht reaktive Dämpfung spendiert, ohne das Gefühl für die Trails zu unterminieren. Oder die sechste Version das Obermaterials technischer und adaptierbarer gestaltet. Ein sehr breiter Schuh bleibt der Lone Peak noch immer. Diesmal wurde der stets kritische Grip ausgemerzt. Der flache Stand gibt zusätzliche Stabilität. Auf den Trails am Wilden Kaiser haben wir uns stets sicher gefühlt.

Die letztjährige Evolutionsstufe des Trabuco hatte unseren Blick auf den japanischen Klassiker grundsätzlich verändert. Aus einem trägen und robusten Feld- sowie Wald- und Wiesenschuh war (wieder) ein ziemlich universeller Doorto-Trailer geworden. Mit überzeugendem Grip und einer gleichzeitig komfortabel und (in ihren Möglichkeiten) reaktiv agierenden Mittelsohle. Beim Grip und beim Flytefoam-Schaum ist es geblieben, in seiner jüngsten Variante nun „FF Blast“ genannt. Geändert hat sich die Positionierung des Trabuco, der nun wieder ein vollwertiger Trailschuh ist. Das nimmt ihm seine Leichtfüßigkeit, aber ein Racer war dieser Mittelgewichtler ohnehin nie. Im Gegenzug erhält man eine stabilere Plattform mit ausgeprägtem Durchschlagschutz und einen im Zehenbereich protektiveren, stabil und bequem sitzenden Oberschuh. Die klassische Schnürung läuft verlässlich, der Schuh selbst läuft sich, gerade in der Ebene, aber weniger flexibel und „rollend“. Im Terrain notierten wir hingegen ein Plus an Zutrauen und Stabilität.

Fazit: Neu ist der verlässliche Grip, geblieben ist das stets stabile, dennoch natürliche Laufgefühl. Es bleibt ein Schuh für Fans – es könnten jetzt noch einmal mehr werden.

Fazit: Der neue Trabuco ist robuster und „trailiger“ geworden. Das kostet Laufdynamik – macht ihn aber zu einem stabilen und komfortablen Allrounder auch für schwerere Läufer:innen.

25 3/2023

ROULEUR

Brooks

Catamount 2 / 170,00 Euro Drop: 6 mm Gewicht: 275g (42,5), 244g (38,5) Schmal

Breit

In fast allen Details überzeugendes Update eines Schuhs, der uns vor zwei Jahren vor allem in einer Disziplin begeistert hatte: als dynamischer Sprinter im eher unkomplizierten Gelände. Der Nachfolger hat umfänglichere Talente, beginnend mit einem Oberschuh, der flexibler, passgenauer und gleichzeitig resilienter ausfällt als der etwas „boxy“ geschnittene Vorgänger. Die Ferse sitzt, die (ebenfalls überarbeitete) Schnürung greift, allerdings ist die Zehenbox wettkampfschuhlike enger geschnitten. Die entscheidendste Neuerung ist eine fingerförmige, „Sky Vault“ genannte Kunststoffplatte in der Mittelsohle. Sie garantiert einen Zugewinn an Stabilität bei zudem gesteigerter Adaptionsfähigkeit ans Gelände und ist nebenbei noch ein Durchschlagschutz. Kurz: Sie spendiert Vertrauen. Dynamik spendiert sie wohl auch, allerdings laufen sich andere „Plattenschuhe“, etwa der Hoka Tekton X oder der Saucony Endorphine Edge, merklich reaktiver. Latent weicheres, noch immer aber recht konkretes und mitteilsames Dämpfungsverhalten mit guter Kraftübertragung. Verbesserter Grip. Fällt latent kleiner aus, besser checken.

Fazit: Der Catamount 2 ist ein leichter, agiler Allrounder, ein Schuh, der rollt – und neuerdings auch rockt.


PRAXISTEST Trailrunningschuhe 2023

SPEED

ROULEUR

Brooks

Caldera 6 / 150,00 Euro Drop: 6 mm Gewicht: 311g (42,5), 298g (38,5) Schmal

Breit

Craft

Endurance Trail / 159,00 Euro Drop: 9 mm Gewicht: 290g (42,5), 255g (38,5) Schmal

Breit

Im letzten Jahr überraschte Brooks mit dem neuen Caldera. Er war so neu, dass er mit seinen Vorgängern nicht mehr viel gemeinsam hatte. Er bekam sozusagen eine fette Portion Dämpfung aufgezogen und bei Brooks hörte man genau hin, was die Team-Athlet;innen und Profis sagten. Neben dem New Balance Fresh Foam x More Trail ist der Caldera der Schuh mit der meisten Dämpfung (neben dem New Balance Fresh FoamxMore Trail) im Test – und vermutlich überhaupt auf dem aktuellen Markt. Das Laufgefühl ist entsprechend indirekt, die Mittelsohle federt den Untergrund weg und man hat ein sehr spezielles und weiches Laufgefühl. Der Caldera ist ähnlich einem Hoka Speedgoat, ein überraschend stabiler Schuh, der trotz der hohen Bauweise und Abstand zum Boden im Gelände funktioniert. Es erklärt sich bei der Menge an Mittelsohle von selbst, dass man hier nicht in einem agilen Schuh unterwegs ist, sondern im verlässlich stoischen „Diesel“, der einzig für lange Trails gebaut wurde. Fazit: In diesem Test gehört der Caldera zu einer speziellen Kategorie, die natürlich ihre Berechtigung und Klientel hat.

Eigentlich sind wir ja keine Freund:innen von Trailschuhen, bei denen es sich mehr oder weniger um die neubereifte und latent robustere Version eines Straßenlaufschuhs handelt. Eigentlich. Denn einerseits war bereits der Craft Pro Endurance, auf dem der Endurance Trail mehr als nur basiert, weniger ein purer Roadracer als ein Langstreckenläufer für Feld, Wald und eben Asphalt. Vor allem aber macht der Endurance Trail schon beim Reinschlüpfen mächtig viel Spaß und selbst das Konzept, die Sprengung eines konventionellen Laufschuhs mit einer zeitgenössischen Rockergeometrie zu verbinden geht in der Praxis auf. Der Schuh will nach vorne, er läuft sich „flacher“, dynamisch und begeisternd reaktiv, dabei aber weder zu steif noch zu soft. Auch der Grip passt. Im technischen Gelände kann die recht hohe Sohlenkonstruktion kippelig werden, aber für Off-Trail-Abenteuer ist dieser Schwede nicht gemacht. Wichtiger Hinweis: Fällt groß aus und das einlagige, reibungslos und schlank sitzende Upper bietet jenseits der technischen und präzisen gearbeiteten Ferse wenig Kontur. Also auf die Größe achten

Fazit: Für Freunde der Marke und alle, die mit Dämpfungsmodellen von Hoka gut klarkommen ist er einen Testlauf wert! Unbedingt sogar.

Fazit: Ein Lieblingsschuh für lange, keineswegs aber langsam gelaufene Landschaftsläufe. Viel Vortrieb, Flow und smoother Laufkomfort.

26 3/2023

Dachstein

X-Trail 001 / 159,00 Euro Drop: 5 mm Gewicht: 358 Gramm (42,5) Schmal

Fotos: Leon Greiner

Fotos: Stefano Jeantet

Text: BUBLAK KOMFORT ULTRABENNI

Breit

Läufst Du schon oder wanderst Du noch? Der österreichische Hiking-Spezialist Dachstein läuft nun also auch. Und hat mit dem ersten Trailrunninggschuh in der fast hundertjährigen Unternehmensgeschichte schon einiges richtig gemacht. Nicht nur auf den ersten Blick, da fällt der X-Trail mit einem gefälligen, zurückgenommenen Design und einer zeitgenössischen Silhouette mit beefiger und flach gesprengter Zwischensohle auf. Ganz so weich wie er aussieht, läuft sich der Schuh allerdings nicht. Und in dieser relativ festen und kompakten Mittelsohle ist auch sein Gewichtsproblem begründet. Was noch Gewicht kostet? Der überzeugend verarbeitete und ehrlich bequeme Oberschuh mit einer gemütlichen und nicht allzu technischen Passform. Die klassische Schnürung läuft effizient, der Zehenbereich ist effektiv geschützt, der angedeutete Gator ist ein feines Detail. Nach einer nötigen Einlaufphase kommt der X-Trail 001 auch ins Rollen. Er bietet genügend Stabilität auch für schwerere Läufer:innen, bleibt aber zu unflexibel für einen präzisen Tritt im technischeren Terrain.

Fazit: Sehr bequemer und komfortabel geschnittener Speedhiking- und Fastpackingschuh für Genussläufer:innen, die nicht jedes Gramm zählen.


ULTRA

ALPIN

Dynafit

Dynafit

Evadict

Sky DNA / 179,95 Euro Drop: 4 mm Gewicht: 239g (m), 207g(w)

Ultra 100 / 169,95 Euro Drop: 6 mm Gewicht: 309 g (m), 269 g (w) Schmal

SPEED

Breit

Die Neuauflage des alten Ultra 100 verzichtet auf die Zahl 2 im Namen. Trotz identischer Benennung hat er aber mit dem alten Ultra 100 nicht mehr viel gemein. Die Zwischensohle wurde komplett erneuert. Das Material ist nun spürbar reaktiver und außerdem leichter als das des Vorgängers. Die Dämpfung läuft sich dynamisch und komfortabel, gibt aber genug Feedback über alle Unebenheiten, die sich so unter dem Schuh verirren. Sie ist vergleichbar mit der Dämpfung des Ultra Glide von Salomon. Während wir dem Unterbau also eindeutigen Fortschritt im Vergleich zum Vorgänger attestieren, gefällt uns alles, was darüber passiert weniger gut. Bei schmalem Fuß muss die Schnürung schon sehr weit angezogen werden und auch dann vermag die Passform den Fuß nicht so richtig zu führen. Auch der ziemlich harte Schaft kommt so manchem Knöchel gefährlich nahe. Zumindest der Fersenhalt ist sehr präzise. Insgesamt hätte dem Oberschuh aber etwas weniger Material gut getan. Auch im Hinblick auf das relativ hohe Gesamtgewicht von über 300 Gramm. Die Vibram Sohle mit erfüllt ihre Aufgabe ohne Mängel.

Fazit: Solider Ultratrailschuh der Alpinsportspezialisten, von dem wir uns im ein oder anderen Detail mehr Kompromisslosigkeit gewünscht hätten.

Schmal

MT Cushion 2 / 99,90 Euro Drop: 4 mm Gewicht: 295g (42,5), 265g (38,5) Breit

Der Sky DNA versucht erst garnicht, sich für mehrere Qualifikationen zu empfehlen. Nein, er ist ein reiner Skyrunningschuh für kurze Distanzen auf unebenem Terrain. Für mehr ist die Dämpfung (trotz des im Vorfuß verbauten Pebax Schaums) einfach zu hart, direkt und minimal. Auch die Passform unterstützt diese Kernkompetenzen. Insgesamt ist der Schuh schmal, obwohl im Zehenraum vergleichsweise viel Platz bleibt. Ferse und Mittelfuß aber sitzen bombenfest. Auch dank des innovativen Schnellschnürsystems, welches mit seiner doppelten Senkelführung in der Bedienung etwas Gewöhnung erfordert und den Schuh fast fester an den Fuß bindet, als wir es für nötig erachtet hätten. Wie auch beim Ultra 100 von Dynafit, kommt der relativ feste Schaft allzu tiefsitzenden Knöcheln leider gefährlich nahe. Der Grip ist über jeden Zweifel erhaben. Dynafit setzt hier auf Vibram Litebase und nicht auf die hauseigene Pomoca Sohle.

Fazit: Alpines Gelände, Skyrace, Vertical K, Kurzdistanzen – hier erledigt der Sky DNA seine Hausaufgaben mit Bravour. Allerdings bekommen konkurrierende Modelle anderer Marken dies inzwischen ebenso gut hin und schaffen es darüber hinaus, sich ein wenig breiter aufzustellen.

27 3/2023

Schmal

Breit

Ein Supermarkt-Laufschuh muss anders aussehen! Tut er in diesem Falle aber nicht, denn der Evadict Cushion MT aus dem Hause Decathlon mag zwar klassisch über ein Laufband zur Kasse rollen, aber hat alles, was die Konkurrenz auch bietet. Man bekommt für relativ wenig Geld eine ordentliche Leistung an Trailschuh, denn der Evadict wurde von einem erfahrenen Team aus aktiven Trailrunner:innen und Expert:innen entwickelt. Dass Decathlon seit einem Jahrzehnt voll im Thema steckt, merkt man eindeutig. Dieses Modell bewegt sich leichtfüßig und selbstbewusst auf Wurzeltrails, im steilen Uphill oder Downhill. Auch der Grip, die Konstruktion der Außensohle, überzeugt auf weichem Untergrund und den Schneeresten der Teststrecke. Später im Tal kommt der Schuh allerdings in der Ebene an Grenzen des Könnens - diese fünf flachen Kilometer zurück zum Start macht die Dämpfung am Vorfuß nicht mit. Er will einfach nicht rollen. Er bleibt durch ein solider Trailschuh, mit viel Bequemlichkeit und viel Stabilität für moderates Gelände und mittlere Distanzen.

Fazit: Wer einen günstigen Einstiegs-Trailschuh sucht, um mit ihm bewusst Läufe im Wald, auf Trails und sanfter Bergwelt zu erleben, kann zugreifen.


PRAXISTEST Trailrunningschuhe 2023

ULTRA

ALPIN

KOMFORT

KOMFORT

Fotos: Stefano Jeantet

ALPIN

Evadict

Trail Race Ultra / 89,90 Euro Drop: 8 mm Gewicht: 285g (42,5) 241g (38,5) Schmal

Breit

Es gibt den Schuh von Kilian Jornet, den Schuh von Pau Capell und den Schuh von Francois D‘Haene. Das hier ist nun der Schuh der Eliteläufer:innen aus dem Evadict-Team. Das ist insofern überraschend, als dass wir von der Trailmarke von Decathlon bis dato echt bequeme und ehrlich robuste Trailschuhe kannten, nicht aber ein so ambitioniertes Modell, selbstbewusst als alpiner Trailschuh für die hundert Meilen beworben. Kann man so stehen lassen – wenn man kein Maximum an Dämpfungskomfort sucht und auch auf gegenwärtig angesagte Plattentechnologien (sei es für die Laufdynamik oder die Protektion) verzichten kann. Tatsächlich läuft sich der Trail Race Ultra ein wenig wie der Salomon S/Lab Ultra. Allerdings ist er weit weniger technisch designt: Einlagiges Mesh, stabile Fersenkappe mit soft gepolstertem Rand, eine klassische Lasche (mit Schnürsenkelbox), laminierter Zehenschutz, das wars. Die Passform ist konventionell, dank des flexiblen Materials aber gut anpassbar. Mindestens erwähnenswert: die ausgeprägte Stolligkeit. Unbedingt erwähnenswert: die Flexibilität bei gleichzeitiger Stabilität.

Fazit: Der Trail Race Ultra ist ein angenehm purer, verlässlicher Begleiter (längst nicht nur) für längere Läufe und das selbst im alpinen Terrain.

Hoka

Challenger 7 / 150,00 Euro Drop: 6 mm Gewicht: 252 g (42,5) 207g (w) Schmal

Breit

„Auf der Straße bewährt. Im Gelände erprobt.“ So heißt es auf der Seite von Hoka über den Challenger 7. Und genau das muss man im Hinterkopf behalten, wenn man in dieses Dämpfungsmonster schlüpft. Wer Bodengefühl sucht, ist in der siebten Auflage dieses Modells, das noch einmal mehr Standhöhe (bei weniger Gewicht) aufweist, falsch. Der Challenger schluckt wirklich alles, was sich ihm in den Weg stellt. Kommt er aber einmal ins Rollen, begeistert der erhebliche BounceEffekt der Dämpfung. Biegt man dann aber doch einmal vom laufbaren Trail auf ein Geläuf mit mehr Gefälle und Unebenheiten ab, sucht der Fuß förmlich nach Halt im Schuh, welches ihm das Obermaterial und die doch eher breite Passform aber leider verwehrt. Wir würden diesen Schuh also fast eher Straßenläufer:innen in die Hand drücken, die ab und an doch mal durch den Wald laufen. Trailrunner:innen greifen lieber zum Klassiker, dem Speedgoat. Dieser verkraftet auch ein paar Straßenkilometer, ist im Gelände dafür deutlich selbstsicherer unterwegs.

Fazit: Richtig viel Dämpfung, richtig viel Bounce, ziemlich wenig Geländegängigkeit: Ein solide komfortabler Trainingsschuh für einfache Waldwege und Straße ist der Hoka Challenger 7.

28 3/2023

Hoka

Mafate Speed 4/ 180,00 Euro Drop: 4mm Gewicht: 295 g(42), 241g(38) Schmal

Breit

Das beste Gewissen in Sachen alpiner Langstreckentauglichkeit heisst ab jetzt MAFATE SPEED 4. Die neueste Version trägt ein Update in sich, das viele Verbesserungen mit sich bringt. Das beginnt mit einer reaktiven Mittelsohlenkonstruktion, die den Bergschuh trotz stabiler und robuster Elemente sehr lauffreudig ausstattet und ihn in flachem Terrain unbedingt ins Tempo schickt. Das Jacquard-Mesh als Upper steht dem Mafate Speed 4 gut, reduziert Gewicht, macht ihn atmungsaktiver und flexibler. Das vielleicht dennoch Wichtigste: die Aussensohle überzeugt mit einer groben Vibram-Lösung, die 5 mm Stollen tun ihren Dienst ohne jeden Zweifel und in jedem Gelände der Natur. Der Fit, die Passform, der Tragekomfort bekommt von uns die volle Punktzahl - nichts stört, nichts drückt oder kneift. Zudem finden auch breite Fußformen auch im Vor- und Mittelfuß genug Raum.

Fazit: Wer auf der Suche nach einem verlässlichen Ultratrailschuh für grobes Gelände und alpine Einsätze ist, muss hier ins Geschäft kommen. Zudem ist er eine Alternative zu den schweren Bergschuhen, also ein Hiker und Wanderer, der dabei ein technisch anspruchsvoller Trailrunningschuh ist. Ganz schön viel.


KOMFORT

KOMFORT

Inov-8

Inov-8

Drop: 0 mm Gewicht: 270 g (42,5)

Drop: 8 mm Gewicht: 260g (m)

Trailfly Ultra G270 V2 / 175,00 Eur

Schmal

Breit

Nachdem dieser Schuh im vergangenen Jahr nur ein Namens-Update versehen bekam (in seiner Ursprungsversion hieß der Schuh Terraultra G270), gab es dieses Jahr auch handfeste Änderungen am Lieblingsschuhs des Inov-8 Athlet Damian Hall. Der Trailfly G270 V2 hat seine Identität aber gänzlich beibehalten. Eine verbesserte Zunge garantiert nun besseren Halt am Mittelfuß. Tatsächlich sitzt er hier etwas präziser am Fuß als der Vorgänger. Weitere Änderungen betrafen die Langlebigkeit und den Komfort des Obermaterials. Unverändert bleibt, dass der Trailfly G270 mit seiner nicht vorhandenen Sprengung und seiner im Vor- und Rückfuß fast gleich verteilten und eher direkt ausgelegten Dämpfung sich sehr natürlich läuft. Allerdings muss man dies auch gewöhnt sein und über gut trainierte Laufmuskulatur verfügen. Wer sich diesbezüglich nicht sicher ist, greift lieber zum verwandten Trailfly Ultra G280 oder zum Ultra G300 Max, welche sich definitiv fehlerverzeihender laufen. Der typische Graphene-Grip der Engländer überzeugt auf ganzer Linie. Die Zehenbox ist mit sehr viel Raum ausgestattet.

Fazit: Das sehr ursprüngliche Laufverhalten mit viel „Trail-Gefühl“ macht richtig Spaß und wird vor allem ambitioniertere Athlet:innen abholen.

X-Talon Ultra 260v2 / 150,00 Euro

Schmal

Breit

Joe Nimble

Trail Addict / 195,00 Euro Drop: 0 mm Gewicht: 290 g (m) Schmal

Breit

Der X-Talon! Wohl kaum ein Schuh begleitet uns so viele Jahre in nahezu unverändertem Zustand. Nicht nur im nassen und Fellrunning verrückten England hat dieses Modell von Inov-8 seine Fans. Natürlich wollen diese ihren Lieblingsschuh auch mal länger ausführen. Jenes Modell daraufhin gleich X-Talon Ultra zu nennen, mag aus unserer Perspektive etwas übertrieben wirken. Zwar hat der Ultra hat eine deutlich breitere Passform als der Ursprungs-X-Talon, die Dämpfung aber wurde nur dezent bis kaum merklich vermehrt. Wir würden uns daher mit diesem Schuh wohl kaum auf die Ultradistanz wagen. Auf hartem Geläuf spürt man weiterhin die sehr tiefe Profilierung der Außensohle. Während wir dem normalen X-Talon also durchaus auch heute noch eine große Daseinsberechtigung zugestehen, hätten wir die Ultra-Version nicht vermisst. Durch die breite Passform und das mit Sicherheit sehr langlebige, aber eben auch sehr steife Obermaterial fällt es uns schwer, den Schuh präzise an den Fuß zu schnüren. Dies wiederum beraubt diesem Modell einen Großteil seiner Wendigkeit und damit vielem, was den XTalon immer stark gemacht hat.

Nach der erfolgreichen Premiere, geht der TRAIL ADDICT in Runde 2 und bringt einige wichtige Verbesserungenmit sich: Die Schnürung ist effektiver, der Zehenbereich ist protektiver und der gesamte Fit besser. Die Nullersprengung, die Zehenfreiheit und der enorme Komfort sind geblieben. Gut so. In jedem Fall ist es faszinierend wie sehr sich der schwäbische Kulthersteller in das Trailrunning-Thema hinein gefunden hat und den Trail Addict für die echten Bedürfnisse der Klientel anpasst. Der weiche, flexible Trail Addict ist ein zwar gedämpfter Schuh, aber mit nur 10 mm Sohlenstärke noch immer ein direkter Vertreter seiner Spezies. Man spürt demnach sehr selbstvertsändlich den Untergrund und entwickelt dadurch ein sehr natürliches Laufgefühl. Clever: Optional bietet Joe Nimble eine Flexitec®Einlegesohle an, die man einfach unter die bestehende Einlegesohle platziert. Die schützt merklich vor spitzen Steinen und verteilt den Druck. Für uns ist dieser Schuh ein beständiges Trainingswerkzeug geworden - nicht für die angen Läufe, aber für mittlere Distanzen und all die welligen Strecken die man mal beschleunigt, mal im Wohlfühtempo läuft.

Fazit: Ein Schuh der alten Schule, dem man dies auch anmerkt. Für Fans der Serie aber durchaus interessant.

Fazit: Wer einen etwas anderen, Trailschuh sucht, Komfort liebt und direktes Laufgefühl mag, muss den Trail Addict haben.

29 3/2023


PRAXISTEST Trailrunningschuhe 2023

ALPIN

ALPIN

SPEED

Fotos: Stefano Jeantet

ALPIN

La Sportiva

Jackal 2 / 174,95 Euro Drop: 7 mm Gewicht: 275g (42,5), 245g (38) Schmal

Breit

La Sportiva

Jackal 2 Boa / 199,95 Euro Drop: 7 mm Gewicht: 300g (42,5), 275g (38) Schmal

Breit

Ein und derselbe Schuh, mit oder ohne Boa…auch wenn wir anfangs nicht sicher waren, ob die Variante ohne Boa mithalten kann, so sind wir bereits nach den ersten Metern der Meinung, dass auch die Variante mit den zu 100 Prozent recycelten Schnürsenkeln definitiv eine Daseinsberechtigung hat. Wir fühlen uns auch ohne Gamasche gut aufgehoben und wohl im Schuh, der Fit ist fast genauso präzise und sehr angenehm. Die ebenfalls identische FriXion Red-Sohle kann viele verschiedene Untergründe ohne Probleme meistern, für zuverlässigsten Halt wäre eine Vibram-Sohle auch hier sicher hilfreicher. Die mit knapp 3mm üppige Dämpfung ist auf den ersten Blick nicht sichtbar und lässt den Schuh trotzdem sehr stabil rollen. Auch in dieser Variante sind wir begeistert von der Dynamik und Energie, die auch auf langen Strecken nicht nachlässt. Nachhaltigkeit spielt bei La Sportiva eine immer größere Rolle, die Italiener stellen einen Großteil des Schuhs aus recycelten Fasern her, die typische Optik der Italiener und die gut funktionierende Atmungsaktivität bleibt davon unangetastet

Die Italiener zeigen beim Jackal 2 mit Boa erneut, dass sie auf den Trails zu den absoluten Profis gehören. Beim Reinschlüpfen in die sockenartige, integrierte Gamasche mit hochwertiger Verarbeitung schmiegt sich der Schuh gut an den Fuß an und wird mit den doppelten Boa-Drehverschlüssen sehr exakt und mit nur einem Handgriff fast „angesaugt“. Der Schnitt ist schmal, schmaler als beim Modell ohne Boa. Die robuste FriXion Red-Sohle hält auf wechselnden Untergründen, könnte aber mit einer Vibram-Sohle sicher noch mehr Halt geben. Die atmungsaktiven Eigenschaften der hochwertigen Materialien im Upper, die zu einem großen Teil aus recycelten Fasern bestehen, sorgen für ein angenehmes Fußklima, die MeshEinsätze bietet aber trotzdem genügend Schutz vor scharfen Steinen. Der Einsatz ist definitiv alpin und für lange Strecken gemacht, der sehr dynamische Schuh will gerne bergauf und auch mal schneller laufen, auch im Downhill bleibt er trotz doch recht üppiger Dämpfung stabil, auch wenn wir davor dem Boa-Verschluss noch eine zusätzliche Drehung verpassen mussten.

Fazit: Der Jackal 2 will auch mit klassischer Schnürung schnell und agil laufen, bleibt dabei energisch und macht vor allem auf langen Ultratrails viel Spaß.

Fazit: Ein gelungener (Ultra-) Trailschuh für alle Liebhaber von sportlichen und langen Trails – eine perfekte Ergänzung im Portfolio der Italiener.

30 3/2023

Lowa

Citux / 170,00 Euro Drop: 4 mm Gewicht: 250 g(m) 220g (w) Schmal

Breit

Mit „ATR by Lowa“ brandet die deutsche Wanderschuhmarke seine drei Trailrunningschuh-Modelle. Der Gap zur klassischen Kollektion soll hier also auch im Namen betont werden. Tatsächlich hat vor allem der minimalistische Citux mit einem knöchelhohen Wanderstiefel nicht mehr viel gemein. Dennoch bringt er alles mit, was die Marke Lowa ausmacht, ist also ein verlässlich performender Schuh ohne Hightech-Attitüden. Der Schuh ist schmal geschnitten und sitzt perfekt am Fuß. Die lang nach vorne gezogene, klassische Schnürung macht in diesem Zusammenhang einen exzellenten Job. Clevere, gespritzte Verstärkungen am Obermaterial sorgen für Protektion an den benötigten Stellen. Eine Platte über die ganze Länge des Schuhs, sorgt auch unter dem Schuh für den nötigen Schutz. Dass sich die Wanderschuhexperten auch mit Grip und Gummi auskennen, beweisen sie mit dem hauseigenen Außenprofil, welches das sichere Laufgefühl dieses Gesamtpakets abrundet. Einzig die Zwischensohle aus klassischem EVA hängt ein wenig dem Zeitgeist hinterher.

Fazit: Überzeugend starkes Debüt der Wanderer aus Bayern. Ein Schuh für kurze Distanzen, alpines Terrain und schmale Füße.


ALL ROUND

Lowa ATR

Fortux / 160,00 Euro Drop: 6 mm Gewicht: 305g (42,5), 255g (38,5) Schmal

SPEED

ALPIN

ULTRA

Breit

Den Einstieg der Wanderstiefelexpert:innen aus dem bayerischen Jetzendorf ins Trailrunning mag man durchaus als kleines Spektakel bezeichnen. Wir haben schon deutlich größere, lautere Marken in ihrer ersten Trailkollektion viel mehr falsch machen sehen. Lowa hingegen macht vieles richtig und präsentiert zum Frühjahr 2023 drei wirkliche Trailschuhe mit klar abgegrenzten Kompetenzen und dennoch einer spürbar gemeinsamen DNA. Der Fortux ist in diesem Trio der gut gedämpfte Komfortschuh, ein (auch alpiner) Trailer durchaus auch für lange Distanzen bleibt er dennoch. Trotz angedeuteter, passabel rollender RockerGeometrie behält er genügend Flexibilität auch für abwegigere Passagen. Und bei ausgeprägtem Laufkomfort bleibt Stabilität etwa für gehikte Steilstücke oder die späten Kilometer. Der protektiv laminierte Oberschuh (mit vernähter Lasche) sitzt fest und bequem, die Schnürung reicht weit in den Vorfuß und ist gut anpassbar, die Passform universell. Kritik? Das konventionelle EVA in der Mittelsohle gehört nicht zu den dynamischsten Vertretern seiner Zunft.

Fazit: Gelungener, komfortabel gedämpfter Allrounder, der um die Kernkompetenzen eines guten Trailschuhs weiß: Grip, Sitz, Verlässlichkeit.

Mammut

Aenergy TR BOA® / 200,00 Euro Drop: Keine Angabe Gewicht: 375g (42,5), 310g (38,5) Schmal

Breit

Willkommen zurück, Mammut! Trailrunning ist also doch ein Thema für die klassischen Bergsport-Ausrüster und so wagen sich Mammut nach einigen Jahren Pause mit dem Aenergy TR BOA wieder unter die, die schnell und leicht im Gelände unterwegs sein möchten. Ein zunächst auffalend technischer Schuh, der mit einem BOA-Fit System veredelt wurde und eine offensichtlich agressive Vibram-Sohle trägt. Die Passform ist sehr präzise, das Drehrad führt in feiner Einstellung den Fuß sehr stabil an den Schuh. Echte Milimeterarbeit und nahe am Schweizer Uhrwerk. Was der Schuh wil,l wird sehr schnell klar, denn er drängt sich für alpine, felsige und schotterige Terrains geradezu auf. Seine Potektionselemente, integrierte Gaiters, die griffige Sohle und der sichere Stand und spürbare Kontakt zum Boden machen ihn bergfest, wie kaum ein anderes Modell in diesem Test. Doch hier legt auch die Crux: Diese Bergfestigkeit hat seinen Preis. Und die liegt im mehr als üppigen Gewicht. Der Mammut qualifiziert sich damit für die ganz langen Projekt-Tage im alpinen Terrain, an denen Sicherheit vorrangig und schnelle Fortbewegung eher zweitrangig ist.

Fazit: Ein Mammut das alpines Umfeld fordert und stabil bis zur Marathondistanz läuft.

31 1/2023

Merrell

MTL Skyfire 2 / 199,00 Euro Drop: 6 mm Gewicht:195g (43) Schmal

Breit

Oha. Bei diesem Modell sind die Entwickler von Merrell, die auch die Skyrunning World Series sponsern, keine Kompromisse eingegangen. Keine 200 Gramm wiegt das Männermodell in Größe 43. Auch beim Blick auf die Außensohle wird die kompromisslose Herangehensweise deutlich. Da wurde nicht mal 50% der Fläche mit Vibram Gummi versehen. Der Rest wird großflächig ausgespart, sodass der Dämpfungsschaum zu sehen ist. Machen wir es kurz: Das radikale Konzept geht bei diesem Schuh voll auf. Selten hatten wir einen Schuh am Fuß, der bis ins schwierige Gelände hinein so viel Lauffreude, Agilität und Leichtigkeit versprüht sowie – und das ist der entscheidende Punkt – auch im Flachen und auf der Straße Vortrieb und Lauffreude kennt. Die im Vorfuß verbaute Nylon Platte tut hier ihren Dienst mit Auszeichnung. Im Gelände ist sie darüber hinaus ein zuverlässiger Steinschutz. Trotz des sehr dünnen, fast transparenten Stoffs sorgt das Obermaterial für einen zwar äußerst schmalen, aber präzisen Sitz.

Fazit: Der Skyfire 2 verbessert sich im Vergleich zum Vorgänger in allen Belangen und wird diese Saison wohl nicht nur für Merrell-Skyrunning-Athleten die Waffe der Wahl sein. Der hohe Preis bleibt die einzige Hürde.


Wunderschäume: die Mittelsohle Ethylen-Vinyl-Acetat, Thermoplastisches Elastomer, Polyurethan, PolyEther-Block-Amid! Schon mal gehört? Es sind Kunststoffe, meist Polymere auf Erdölbasis, aus denen die Zwischensohlen unserer Laufschuhe bestehen, besser bekannt unter ihren Kürzeln: EVA, TPE, PU, PEBAX. Wenn diese dann auch noch nitro- oder olefin-infused sind, ist die Verwirrung komplett. Die Chemie, die in Schuh-Schäumen steckt, ist kompliziert. Im Straßenlauf ist sogar die Rede von Superschäumen, die in Kombination mit den VortriebsPlatten eine Revolution auslösten. Es wär zu verwirrend, auf die Eigenschaften der einzelnen Materialien einzugehen. Zumal nicht nur das Material selbst entscheidend ist, sondern auch wie dicht oder eben luftig es gefertigt ist. Der Trend geht hin zu weniger dichten Schäumen. Diese sind leichter und oft auch reaktiver, aber auch instabiler. Auf den Trails hielt sich die Entwicklung lange im Rahmen. Straffe und dichte EVA-Zwischensohlen, die viel Gefühl für den Untergrund zuließen, waren das Mittel der Wahl. Aber natürlich war in puncto Energierückgabe noch Luft nach oben. Heutzutage muss ein Trailrunningschuh auch ein guter Rouleur sein, also auch im flachen und welligen Gelände Reaktivität unter Beweis stellen. Beide Eigenschaften, hohe Energierückgabe und viel Bodengefühl, stehen im Kontrast zueinander. Steigt das eine, schwindet das andere. Die Kunst bei Trail-Zwischensohlen ist es also, einen guten Kompromiss aus Beidem zu schaffen. Oder eben zu wissen, was einem wichtiger ist und dementsprechend seine Schuhwahl zu treffen.

Laufzeit? 500 km oder mehr 1000? Wie lange hält ein Trailrunningschuh? Kilian Jornet zumindest attestiert dem NNormal Kjerag ebenso viel Ausdauer- und Leidensfähigkeit, wie ihm selbst. Weit über 1.000 Kilometer soll der Schuh durchhalten. Dass er dies an den Beinen dieses Ausnahme-Läufers tut, glauben wir sofort. Nur ist es eben ein Unterschied, ob ein leichtgewichtiger Vorfußläufer oder ein 20 Kilo schwererer Freizeitläufer mit limitierter Lauftechnik 1.000 Kilometer abspult. Nicht nur, dass Letzterer wesentlich mehr Schritte macht, um diese Distanz zu erreichen, auch der Impact bei jedem Schritt ist größer. Die Lebenszeit eines Schuhs ist also von individuellen Faktoren abhängig. Das Gewicht des Schuhträgers, die Lauftechnik, das bevorzugte Gelände (viel Downhill macht dem besten Schuh zu schaffen) und mehr. Dennoch gibt es natürlich Modelle, die langlebiger sind als andere. Ein dichter EVA-Schaum älterer Schule ist zum Beispiel nur schwer tot zu laufen, wohingegen die neueren, reaktiveren und luftigeren Schäume naturgemäß schneller an Rückstellkraft verlieren, an Spannung einbüßen und irgendwann nachgeben. Meist ist es schon der Zustand der Dämpfung, die entscheidet, ob ein Schuh aussortiert werden muss oder nicht. Früher war es auch mal die Außensohle, die abgelaufen oder das Obermaterial, das zerschlissen war. Diese Mängel werden allerdings immer seltener. Wann ein Schuh entsorgt werden muss, ist am Ende schwer vorherzusagen. Eine Empfehlung: Nehmt den Schuh mit der jüngsten Historie als Wettkampfschuh, ersetzt diesen regelmäßig (vielleicht nach ca. 300 km) mit einem neuen Modell und lauft gleichzeitig die alten Modelle im Training weiter.

32 3/2023


ALL ROUND

KOMFORT

New Balance

New Balance

Drop: 8 mm Gewicht: 285g (42,5), 266g (38,5)

Drop: 4 mm Gewicht: 299g (42,5), 270g (38,5)

Summit Unknown / 140,00 Euro Drop: 10 mm Gewicht:292g (42,5), 230g (38,5)

Schmal

Schmal

Schmal

Breit

Die Gore-Tex-Version des Hierro 7 hatten wir bereits an den Füßen – ein ordentlicher Allrounder mit viel Dämpfung und Komfort. Die Version ohne GTX holt mich aber nochmal ein wenig mehr ab, denn er ist flexibler und lässt sich verbindlicher an den Fuß bringen. Mehr Sicherheit im Gelände, mehr Lauffreude ist das Resultat. Der Hierro 7 gehört mit seiner ausgewogenen Fresh Foam Mittelsohle und dem soften Aufbau zu den bequemen Trailschuhen, die ein breites Einsatzgebiet abdecken können. Mit der groben Vibram-Megagrip Sohle hat er genügend Profil, um auch alpine Trails, Fels, lose Untergründe sicher zu queren und seine Verflechtung zu den StraßenschuhTechnologien der Marke machen aus ihm, sobald es flach wird, immer auch einen guten und zuverlässigen Rouleur mit der nötigen Dynamik. Wirkliche Schwächen erkenne ich nicht am Hierro 7, die klassische Schnürung ist auch partiell gut bedienbar, das Außenmaterial ist ein Kompromiss aus Robustheit und Anpassung.

Fazit: Eindeutig ein AllrounderTrailschuh mit Blick ins echte Gelände. Der Hierro 7 muss sich vor Distanzen um und über Marathon und alpinen Anforderungen nicht fürchten.

Fresh Foam x More Trail / 160,00 Euro

Breit

Monster. Boing. Boing. „Ganz in weiß“ sang einst Schlagerbarde Roy Black und meinte damit nicht den New Balance Schuh, der nun überdimensioniert an meinen Füßen baumelt. Mir wird spätestens jetzt klar, dass Trailschuhe 2023 sehr unterschiedlich sein können. Wer beispielsweise vom Merrell Skyfire direkt in den Fresh Form x More Trail, oder andersherum wechselt, wird komplett andere Lauferlebnisse haben. Letzterer sorgt für ein Maximum an Dämpfung, alles unter den Füßen wird „weggedämpft“. Kein Schuh für alle Fälle und dennoch wert, genauer betrachtet zu werden. Die Idee, eine solch üppige Dämpfung an die Füße zu bringen, macht für einige Leute durchaus Sinn: Wer viel wiegt, wer aus diversen Gründen dieses Plus an Dämpfung möchte, wird den More Trail lieben. Für alle Trails ist er nicht gemacht, denn er gehört eindeutig zu den weichen Modellen – Stabilität geht dabei verloren, auf Wurzel- und Felstrails ist man daher schnell unsicher unterwegs. Ein Schuh für Landschaftsläufe in moderatem Tempo und über Ferse und Mittelfuß.

Fazit: Ein Schuh, der mit einer gewissen Urbanlife-Optik daherkommt und seiner aggressiven Vibram-Außensohle mehr „Alpinismus“ suggeriert, als er in sich trägt.

33 3/2023

New Balance

Breit

Sie könnten das perfekte Trio sein: Der zum überzeugenden, und überzeugend komfortablen Allrounder gereifte Fresh Foam Hierro, der wolkengleiche, üppigst gedämpfte Landschaftsläufer More Trail und ein agiler, aggressiver Summit Unknown. Alleine, dem Letztgenanntem fehlen dann doch einige zeitgemäße Details: ein homogener und auch dynamischerer Dämpfungskomfort, ein technischer gearbeitetes und damit leichteres Upper und eine Sprengung im deutlich einstelligen Millimeterbereich. Und auch wenn Fuell Cell draufsteht (und wohl auch drin ist): Mit dem reaktiven Superschaum aus den aktuellen Straßenwettkampfschuhen der Nordamerikaner hat der Summit Unknown nur wenige Berührungspunkte. Das Laufgefühl ist nicht nur merklich kompakter, was auf dem Trail indes Stabilität und Kontrolle gibt, der Vorfuß ist zudem weicher abgestimmt als die sonst eher straffe Mittelsohle, der Abdruck über die Zehen fühlt sich kraftlos an. Okayer Grip, angenehme Flexibilität, moderater Durchschlagschutz. Stabil sitzender, aber kaum adaptiver Oberschuh, hinreichend protektive, flache Zehenbox.

Fazit: Kein Racer und erst recht kein Skyracer, ein solider Allrounder für kürzere Ausflüge bevorzugt im weichen Terrain.

Fotos:Hendrik Aufm´kolk

Fresh Foam Hierro 7 / 160,00 Euro


2023 PRAXISTEST Trailrunningschuhe 2023 So haben wir getestet Eigentlich sind wir ja heftigst verwöhnt mit den Chiemgauer Alpen direkt vor der Tür der Redaktion, aber für diesen großen Trailschuhtest mussten wir ein Stück weiterziehen. Ein wenig weiter in die noch höheren Berge, an den Wilden Kaiser, nach Söll. Wir wollten die besten Bedingungen um diese 46 neuen Schuhe zu testen und fanden eine perfekte Testrunde am Hintersteiner See mit Blick auf schroffe Gipfel des Naturschutzgebietes Wilder Kaiser. Unser Basecamp befand sich auf genau 882 Meter über Meereshöhe, ein langer Uphill hinauf zum Kreuzbichl, ein ebenso wilder Downhill und viele Testkilometer auf verspielten Wurzeltrails am Seeufer. Mit dem Glück der fleißigen Bienen, liefen wir in kurzen Shirts und Shorts auf schneefreien Wegen und bei 19 Grad. Das war in der Vergangenheit oft anders - ohne jede Frage müsste es auch anders sein, aber das ist ein anderes Thema. Einen Trailschuh auf Herz und Niere zu testen, ist und bleibt Schweißarbeit und die Qualitäten zu entdecken fordern oft mehrmalige Läufe, auf unterschiedlichen Untergründen und wechselndem Tempo. Zudem war es uns wichtig, dass die Meinungen aller vier Tester:innen in die Bewertung einfließen. Marie, Clemens, Benni und Denis haben jeweils eigene Anforderungen an einen perfekten Trailschuh - diesmal sind wir unseren eigenen Ansprüchen gerecht geworden. Gründe für die ehrlichen und erlebten Testresultate sind viel Diskurs unter den Testpersonen und die anspruchsvollen Trailstrecken im Naturschutzgebiet Wilder Kaiser.

20 3/2023 5/2022 34

ALL ROUND SPEED

ROULEUR

ULTRA

KOMFORT

ALPIN

Schuhe, die alles können, die rollen, im Berg greifen und auch Anfänger:innen das nötige Vertrauen spenden. Modelle, die animieren, schnell zu laufen, ob als Carbon-Rocker oder minimalistische Skyracer. Unsere neueste Kategorie. Schuhe, die reaktiv und ermüdungsarm rollen, vor allem im einfachen Gelände. Modelle, die das Vertrauen, den Komfort und die Resllienz für einen alpinen Ultra mitbringen. Bequem, ein behaglicher Sitz, Zehenfreiheit und auch eine komfortable Dämpfung führen zu diesem Siegel. Schuhe explizit für höhere Aufgaben, robust, trittsicher, mit präzisem Grip und einem stabilem Sitz am Fuß.


ALL ROUND

SPEED

Nnormal

Nike

Kjerag / 190,00 Euro Drop: 5 mm Gewicht: 200g (42,5) Schmal

Zoom X Zegama / 159,00 Euro Drop: 4 mm Gewicht: 317g (M), 265 g (W) Breit

Schmal

Breit

Der beste Trailrunner der Welt, Kilian Jornet, steigt bei Salomon aus, gründet eine eigene Trailschuh-Marke und die Community wartet gespannt auf das, was da nun auf den Markt kommt. Wird Kilians´erster Schuh, die Trailwelt so sehr verändern, wie er das als Athlet tat? Nein, das sicher nicht, aber der Kjerag ist ganz sicher genau das, was man erwarten konnte und durfte. Der durchweg schlichte Schuh ist ein verdammt leichter, flexibler und dynamischer Schuh, dessen Herz unbedingt der hochwertige und responsive Schaum der Mittelsohle ist. Kein anderer Trailschuh der „Lightweight-Fraktion“ ist momentan so weitreichend in seinen Fähigkeiten wie der Kjerag. Er ist Skyrunning-Profi, Berglauf-Profi, Trail-Marathon-Ass und für einige wohl auch ein Ultratrail-Star. Ein Schuh, der sich souverän im Gelände bewegt und zudem ein rollender, schneller Laufschuh in der Ebene sein kann. Die Vibram-Außensohle, das hochwertige Matryx Obermaterial, die in Verbindung mit der klassischen Schnürung äußerst präzise Passform, die dennoch viel Raum bietende Zehenbox sind Details, die begeistern.

Nike will mit dem schon im Herbst vorgestellten Zegama die Kompetenzen seiner bisherigen Trailmodelle in einen Schuh packen. Den Komfort des Wildhorse, die Lauffreude des Pegasus Trail, die Verspieltheit des Terra Kiger. Letzteres gelingt dem ZoomX Zegama nur bedingt – dass aber eine beefige, komfortable Mittelsohle den direkten Kontakt zum Untergrund nimmt, diese Erfahrung haben auch andere Hersteller gemacht. Das dennoch verlässliche Gefühl auf moderaten Trails mag an der flachen Sprengung liegen, am stretchigen, gut sitzenden Obermaterial und am erstmals wenigstens durchschnittlichen Grip einer Nike-Außensohle (Nässe kann sie noch immer nicht). Unklar nur, warum das Profil unter dem Mittelfuß so großzügig ausgespart wurde. Das mag dem Abrollverhalten dienen, nicht aber der Trittsicherheit. Apropos Abrollverhalten: Nike verbaut ZoomX genauso in Carbonracern wie in ultimativen Komfortschuhen, der Zegama gehört eher zur letztgenannten Kategorie. Ähnlich positionierte, aber deutlich leichtere Schuhe, wie der Saucony Xodus Ultra oder der Hoka Mafate Speed, sind reaktiver.

Fazit: Kilian Jornet hat geliefert. Der Kjerag ist ein durchdachter, unfassbar stabiler, bequemer, leichter und daher sehr kompletter Trailschuh.

Fazit: Wir trauen dem Zegama einen Ultra zu, aber keine Bestzeiten. Der Schuh rollt gut, auch ermüdungsarm, dynamisch läuft er sich kaum. 5/2022 35 3/2023

On Cloudventure Peak 3

Undyed / 169,00 Euro Drop: 6 mm Gewicht: 242g (42,5), 210g (38,5) Schmal

Breit

Vor einem Jahr waren wir angetan vom damals neuen (noch immer empfehlenswerten) On Cloudvista. Wir hatten ihn als agilen Allrounder beschrieben, der durchaus das Tempo mag. Damit von der Bürde befreit, der eine schnelle Trailschuh von On zu sein, hätte die dritte Auflage des Cloudventure Peak ein kompromissloser, alpiner Skyracer werden können. Wurde er auch. Nur ist dieses sehr schlank und technisch gearbeitete Fliegengewicht noch einmal kompromissloser ausgefallen. Bei aller Raffinesse in der Verarbeitung und all dem Spaß, den dieser Schuh gerade im losen, spielerischen Terrain macht, ist der Cloudventure Peak 3 vielleicht der selektivste Schuh in diesem Test. Etwa, weil er sich über die extrem schmale Ferse schwer laufen lässt. Dieser Schuh mag den Vorfußeinsatz und effiziente, trainierte Träger:innen. Dämpfung unter dem Vorfuß ist trotz der extrem flachen Bauform spürbar, das aus einem Carbongemisch gerarbeitete Speedboard verleiht ihm gar spürbaren Vortrieb, der dünne Oberschuh sitzt exakt und reibungslos. Muss man nachjustieren, drückt die dünne und zu lange Schnürung durch das kaum vorhandene Material.

Fazit: Dynamischer und agiler Schuh – für ausgewählte Läufer:innen; für Bergläufe, Verticals und Short Trails.

Fotos: Oriol Bastita

SPEED


PRAXISTEST Trailrunningschuhe 2023

Fotos: Stefano Jeantet

ROULEUR

Puma

Voyage Nitro 2 / 139,00 Euro Drop: 8 mm Gewicht: 324 Gramm (42,5) Schmal

Breit

Der Voyage Nitro ist wohl der typische Door-to-Trailer. Weil er sich am wohlsten fühlt, wenn es vom Bürgersteig auf den Feldweg und durch wurzelige Wälder geht. Und weil er jene abholen will, die von einem Trailschuh vor allem erwarten, dass er sich wie ein komfortbetonter Straßenlaufschuh läuft. Deshalb die merkliche Sprengung. Deshalb das weiche, kaum protektive Obermaterial. Die vernähte Lasche und die solide Ferse garantieren aber einen guten, ultrabequemen Sitz. Zur Mittelsohle: Auch wenn Nitro draufsteht, wird der überzeugend reaktive Schaum –etwa aus dem Velocity Nitro 2– hier in Kombination mit konventionellem EVA verbaut. Das nimmt dem Schuh etwas Softness und viel Dynamik, das Mehr an Stabilität (auch durch die breit ausgestellte Sohle) macht auf dem Trail (und auch für schwerere Läufer:innen) aber Sinn. Die Außensohle ist eine Eigenentwicklung (Pumagrip) und greift gut. Übrigens: Bereits für den Sommer ist eine Variante angekündigt, die an Gewicht verlieren und Dynamik zulegen wird (dank reinem Nitro-Schaum) – Puma meint es ernst auf den Trails.

Fazit: Der Voyage Nitro 2 bietet gut gedämpften Laufkomfort und solide Allroundtugenden im moderaten Gelände. Er läuft sich gemütlich, aber leichter, als er ist.

Puma

Fast Track Nitro / 119,00 Euro Drop: 8 mm Gewicht: 272g (42,5) 235 (38,5) Schmal

Breit

Ein Schuh für die Überholspur, für die Fast-Trac also? Wohl eher ein Schuh für den Boulevard, für die Münchener Isartrails etwa, oder den Berliner Grunewald. Laufen und gesehen werden. Und haben wir es beim schwereren, komfortableren Voyage Nitro noch goutiert, dass der so fabelhaft reaktive (Stickstoff-infusierte) Nitro-Schaum im Verbund mit konventionellem EVA verbaut wurde, für mehr Stabilität und Standfestigkeit, hätten wir dem leichteren und auch flexibleren Door-to-Trail-Schuh aus Pumas Seasons-Kollektion ein dynamischeres Dämpfungsverhalten und überhaupt ein lustvolleres, verspielteres Laufgefühl gewünscht. Mehr Wumms und mehr Wow. Ein ausgewiesener, gar technischer Trailschuh ist der Fast-Trac trotz überzeugendem „Pumagrip“ und einem guten Gefühl für den Untergrund ohnehin nicht. So verzichtet der Oberschuh auf jedwedes robuste Detail, das beinahe folierte, semitransparente Upper sammelt aber nicht nur Style-Punkte, es hätte auch den perfekten, und dazu perfekt komfortablen Sitz – müsste die allzu modisch geführte Schnürung nicht Lasche für Lasche nachjustiert werden.

Fazit: Eher ein griffiger Laufschuh als ein wirklicher Trailschuh, eher ein gefühliger, entspannter Flaneur als ein reaktiver Racer. 5/2022 36 3/2023

Salomon

Pulsar Trail / 130,00 Euro Drop: 6mm Gewicht: 283g (42,5), 265g (38,5) Schmal

Breit

Der massentauglichste und kommodeste Schuh der Pulsar-Reihe ist ohne jeden Zweifel der PULSAR TRAIL. Während seine Schwestern und Brüder für speziellere Renneinsätze in Frage kommen, ist er durchaus ein Modell für breite Einsätze. So ist dieser Schuh im zweiten Blick und im Testlauf ein komplett anderer Charakter, zeigt sich komfortabler, mit Polsterung an Ferse und Zunge. Die Quick-Lace-Schnellschnürung muss bei schmalen Füßen durchaus bis nahe an seine Grenze gezogen werden, vermag Fuß und Schuh aber fest zu verbinden. Komfort setzt sich bei der Dämpfung fort: Die Energy-Surge Dämpfung ist weich und reaktiv, die im Vorfuß verbaute TPU-Platte verhältnismäßig soft, so dass der Schuh flexibel bleibt. Der Pulsar Trail ist gutmütig, verzeiht im Downhill den ein oder anderen Fehler und macht auf Trails eine gute Figur. Unter den dynamischen Trailschuhen sicher einer der allroundfähigsten.

Fazit: Ein sehr gelungener Trainingsbegleiter für den Alltag, der zwischen Straße und Gelände seine Rolleur-Qualität beeindruckend offenlegt. Wer mehr Vortrieb, mehr Agilität und Lightweight sucht muss zum TrailPro greifen.


ALPIN

Salomon

Sense Ride 5 / 130,00 Euro Drop: 8 mm Gewicht: 286g (42,5), 258g (38,5) Schmal

Breit

Der Sense Ride hat ja durchaus eine bewegte Geschichte in der Historie der größten Trailschuh-Brand der Welt. Mit der fünften Version des beliebten Models schickt die französische Brand einen kompletten Trailschuh ins Rennen, ja, der SENSE RIDE 5 ist mit Abstand die beste Version seiner Reihe. Warum? Ich habe für diese Saison ganz sicher einen Schuh gefunden, der für alle Fälle funktioniert. Egal ob ausgedehnte alpine Trails oder Läufe zwischen Parkanlage und urbanem Umfeld – er kann nahezu alles. Sein Sitz – verlässlich stabil und trotzdem Hauschuh-bequem. Manchmal vergesse ich beim Laufen fast, dass ich überhaupt einen Schuh anhabe. Wie nur wenige andere Modelle öffnet er weit die Schere zwischen technischem Können am Berg und souveräner Laufdynamik im rollenden Terrain. Für viele gute Eigenschaften sorgen beim SENSE RIDE 5 aber traditionelle Features eines Salomon-Modells: das Quick-Lace-Schnürungssystem, die sehr griffige Contagrip-Außensohle, das Sensfit-System und das luftige MeshObermaterial.

Fazit: Mit dem SENSE RIDE 5 habe ich nun den Trailschuh für alle Fälle, alle Situationen, Terrains und Distanzen. Der aktuell wohl beste Allrounder auf dem Markt!

KOMFORT

ULTRA

Salomon

S-Lab Genesis / 200,00 Euro Drop: 8 mm Gewicht: 258g (42,5) unisex Schmal

Breit

Courtney Dauwalter gewinnt die Grand Raid auf La Reunion, siegt bei der Transgrancanaria. Ihre jüngsten internationalen Erfolge erläuft sich die US-Amerikanerin im Salomon S-lab Genesis. Auch der UTMB-Zweite, Mathieu Blanchard, schaffte im Genesis das geradezu Unmögliche und blieb auf der 170-Kilometer-Runde unter der 20 Stunden Marke. Der Schuh muss also was können. Kann er auch. Er verbindet eine sehr spürbare Stabilität und wichtige Steifheit im Gelände mit durchaus beeindruckender Lauffreude. Hier hat er dem bislang beliebten Ultratrail-Schuh von Salomon, dem S-Lab Ultra, einiges voraus. Der Genesis hat schlicht alles, was ein robuster Ultratrailschuh haben muss: Grip, verlässlicher Sitz, Protektion, dynamische Mittelsohle. Als ausgesprochener Ultra-Schuh war er übrigens nicht gedacht – er sollte vielmehr ein treuer Begleiter für ausgedehntes, wildes Terrain sein und wurde dann einfach zu mehr, weil er es konnte und da war!

Fazit: Der S-Lab Genesis ist ein echter Salomon, entwickelt mit viel Wissen und Rücksicht auf die Historie des Brands. Wer einen umfassend perfekten Trailschuh für mittlere und lange Trails in den Alpen sucht - hier ist er!

5/2022 37 3/2023

Salomon

Ultra Glide 2 / 150,00 Euro Drop: 6 mm Gewicht: 260 g(m) 240g (w) Schmal

Breit

Der Ultra Glide war der erste UltratrailSchuh der Franzosen, der Komfort auch wirklich groß schrieb. Der wirklich gute S-Lab Ultra 3 ist zwar immer noch im Portfolio und hat weiterhin viele Fans, dafür dass er das Wort Ultra im Namen trägt, ist er aber doch vergleichsweise direkt im Laufverhalten. Der Ultra Glide 2 hat die Komfortgene seines Vorgängers komplett beibehalten. Tatsächlich ist die Zwischensohle, die den Spagat zwischen Geländegängigkeit und Kommodität bravourös meistert, komplett identisch geblieben. Verändert hat sich aber das Obermaterial. Hier wurde nochmal nachgebessert. Mit Erfolg. Insgesamt bleiben die Updates aber in einem sehr überschaubaren Rahmen. Die sehr dicke polsternde Zunge ist noch genauso vorhanden, wie das sehr gut funktionierende Quick Lace-System und die zumindest solide performende Contagrip Außensohle. Für einen Ultratrailschuh mit diesen Komfortwerten sollte auch das vergleichsweise geringe Gewicht durchaus positiv erwähnt werden.

Fazit: Mit dem Genesis hat er Marken-interne Konkurrenz bekommen, die noch einmal etwas mehr Reaktivität mit ins Gelände bringt. Salomon Fans, die Komfort lieben, bleiben aber beim Ultra Glide.

Fotos: Jan Heftfleisch

ALL ROUND


PRAXISTEST Trailrunningschuhe 2023

38 3/2023


Klar, wir sind schon auch der Meinung, dass so ein gefühlter Frühsommertag am Wilden Kaiser überhaupt nicht in den mittleren März gehört, bessere Bedingungen für unseren Schuhtest, und tollere, vielseitigere Trails, hätten wir uns indes nicht wünschen können. Ein Novum: Wir haben uns keine einzige Blase gelaufen. Einmal war es kurz davor, aber das rettende Basecamp wurde rechzeitig erreicht. Wenn es Euch nach Söll oder Ellmau verschlägt: unbedingt aufs Kreuzbichl laufen (im Bild rechts).


PRAXISTEST Trailrunningschuhe 2023

ULTRA

ALL ROUND

ROULEUR

Fotos: Stefano Jeantet

SPEED

ALL ROUND

Saucony

Endorphin Edge / 230,00 Euro Drop: 6 mm Gewicht: 325g (42,5), 221g (38,5) Schmal

Breit

Saucony

Peregrine 13 / 150,00 Euro Drop: 4 mm Gewicht: 271g (42,5), 235g (38,5) Schmal

Breit

Saucony

Xodus Ultra 2 / 165,00 Euro Drop: 6 mm Gewicht: 327g (42,5), 241g (38,5) Schmal

Breit

Das angenehm weiche, dennoch präzise Nylon-Upper könnte ein wenig mehr protektives Laminat vertragen, darüber hinaus übererfüllt der zweite Trailschuh aus der Endorphin-Reihe (nach dem robusten, trägen und schweren Endorphin Trail) die Erwartungen, die wir an einen Carbonracer mit ausgewiesen reaktiven Mittelsohlenschaum (Sauconys Pwrrun) hatten. Der spürbar leichte, aber nie minimalistische Edge macht richtig Spaß. Weil das Gefühl für den Untergrund stimmt, trotz der relativ dicken, komfortablen und vor allem eindrücklich dynamischen Mittelsohle. Und weil trotz Carbonplatte eine das Terrain adaptierende Flexibilität geblieben ist – ein Schuh fürs Hochalpine ist es konstruktionsbedingt nicht. Augenfällig ist die die styroporartige Haptik der Mittelsohle, sie litt im technischen Terrain optisch, büßte aber nicht an Funktionalität ein. Die Dynamik der Carbonplatte schwindet hingegen mit den Kilometern. Wir empfehlen, das Paar zunächst für die Wettkämpfe zu schonen, nach 500 Kilometern sorgt es auf engagiert gerannten Trainingsläufen immer noch für Leichtigkeit und gute Laune.

Das Wichtigste zu Beginn: Die Pwrrun-infusierte und um 1,5 Millimeter gewachsene Mittelsohle macht auch aus dem Peregrine in der tatsächlich 13. Auflage einen dynamischen, reaktiven und ausdauernden, ja, Trailracer. Der SauconySchuh fürs Spielen mit dem Terrain ist er geblieben. Er ist leicht und überzeugend flexibel. Er macht Spaß und vermittelt genügend Sicherheit, um abseits der ganz hohen Berge, als Einsteiger:innenschuh empfohlen zu werden. Das erste Rennen (oder auch das zwölfte) oder ein Urlaub in den Alpen? Her mit dem Peregrine. Der Grip passt, die Rockplate unter dem Vorfuß arbeitet effektiv, der Oberschuh sitzt bequem und sicher, aber nicht zu rigide – im allzu technischen Terrain kommt der Peregrine an seine Grenzen, hier packen andere Modelle beherzter zu. Noch ein Hinweis: Alle Saucony-Trailschuhe (außer der Endorphin-Reihe) verfügen über eine zusätzlich dämpfende, komfortable Pwrrun-Innensohle. Für mehr Gefühl im wilderen Gelände kann es Sinn machen, eine kompaktere Innensohle einzulegen. Das Laufgefühl war gleich ein ganz anderes.

Ist es fair, diesen Testbericht mit einer Stilkritik zu beginnen? Unbedingt! Zumindest im Falle der 13. Auflage des Saucony Xodus, der nun zum zweiten Mal Xodus Ultra heißt. Der wiederum war bereits in seiner ersten Auflage eine spektakulär guter, gleichsam komfortabel und reaktiv gedämpfter Schuh (Sauconys Pwrrun ist schon ein geiler Schaum), zumal unter den Modellen für lange Dinger. Nur war der Xodus Ultra gar nicht schön. Der Neue ist es, dezentes Grau, distinguiertes Kupfer, melierte Schnürsenkel wecken Wanderstiefel-Assoziationen. Vor allem stimmt jetzt das Layout des Schuhs, was ja unabhängig von der Farbgebung ist. Was sich sonst geändert hat? Bei identischer Sohlendicke wirkt Version Zwei gerade unterm Mittelfuß kompakter – der Vorgänger konnte für schwerere Läufer:innen oder bei langem Bodenkontakt etwas instabil werden. Im Umkehrschluss hat der Schuh etwas seiner Adaptivität im Gelände eingebüßt. Eine Alternative: der neuerdings weichere und reaktivere Saucony Peregrine. Kritik? Für einen Ultraschuh ist der Xodus Ultra konventionell eng geschnitten, auf die Größe achten!

FAZIT: Der Endorphin Edge ist eine Granate auf tempohungrigen Trails und eine Empfehlung für auf Pace gelaufene (kurze) Ultradistanzen.

Fazit: Aus einem hervorragenden, sehr intuitiven Allrounder ist zudem ein dynamischer und dabei komfortablerer Schuh geworden.

Fazit: Überzeugend dynamischer, gut gedämpfter und dazu leichter (Ultra-)Schuh, jetzt wieder mit der Stabilität für die späten Kilometer.

40 3/2023


SPEED

SPEED

ROULEUR

Scott

Ultra Carbon RC / 230,00 Euro Drop: 5 mm Gewicht: 300g (42,5), 270g (38,5) Schmal

Breit

Auch Scott präsentiert seinen ersten Trailschuh mit einer auf einer Carbonplatte basierenden Mittelsohlenkonstruktion und macht weiter, wo man mit dem Straßenschuh Speed Carbon RC aufgehört hatte: Genau wie dieser setzt der Ultra Carbon RC also auf einen nicht nur weichen, überzeugend reaktiven Laufkomfort samt ausgeprägter Rockergeometrie. Das dürfte Läufer:innen entgegenkommen, die über den gesamten Fuß abrollen und sowieso jenen, die auch von einem schnelleren Schuh für längere Distanzen ein gewisses Maß an Führung und Stabilität erwarten. Ein Kandidat für lange, auf Tempo gelaufene Einheiten ist der Ultra Carbon RC nämlich ganz unbedingt. Dieser Schuh will nach vorne und das schnell. Einzig im ausgesetzten Uphill und im allzu technischen Terrain fanden wir ob der ausgeprägten, steifen Rockersohle schwieriger Halt. Vollends überzeugt hat uns das Obermaterial, ausgehend von einer zupackenden, präzisen Ferse passt der Mix aus leichten Layern und stabilisierenden Elementen. Der Schuh sitzt präzise und seriös. Verlässlicher Grip.

Fazit: Der Scott Ultra Carbon RC ist ein ausdauernder und überzeugend reaktiver Schuh für lange, zügige Einheiten und dabei weniger selektiv und fordernd als andere Carbon-Racer.

ROULEUR

KOMFORT

The North fFace

Topo

Vectiv Pro / 250,00 Euro Drop: 6 mm Gewicht: 290g (42,5) 236g (38,5) Schmal

Breit

Pursuit / 185,00 Euro Drop: 0 mm Gewicht: 306g (42,5), 244g (38) Schmal

Breit

Entwarnung nach den ersten schnellen Metern: So abstrakt und über die zentrale Carbonplatte „wippend“, wie sich der Vectiv Pro geht, rennt er sich nicht. Im Gegenteil: Die zweite Generation des ersten „carbonisierten“ Trailschuhs (nun mit gegabeltem Carbonelement) läuft sich fantastisch reaktiv. Sie ist jetzt merklich komfortabler und dabei nochmals dynamischer gedämpft. Und sie ist präziser, ja „trailiger“ geworden. Zwar bleibt die Mittelsohle konstruktionsbedingt recht steif, doch der Vorfuß lässt sich griffig platzieren. Der Oberschuh aus luftigem, fast drahtigem Mesh sitzt präzise und bequem. Hilfreich der Vergleich der Carbon-Racer: Der Hoka Tekton X läuft sich allroundiger, universeller, der Saucony Endorphin Edge spielerischer und mehr „bouncy“. Der Vectiv Pro ist das stabile Kraftpaket, ein Energiebündel mit spürbar effizienter Kraftübertragung und kaum spürbarer Materialermüdung. Nur braucht es Kraft und Tempo. Langsam, gar über die Ferse gelaufen bleibt der Vectiv Pro unflexibel. Auch der stetige, zwar unterstützende Druck aufs Fußgewölbe ist ungewohnt und fordernd.

Schon letztes Jahr konnte Topo Fans in unserer Redaktion finden. Mit der Ergänzung des Portfolios durch den Zero-Drop Schuh Pursuit landen sie erneut einen Treffer. Vor allem, weil die bequeme Dämpfung von 28mm die fehlende Sprengung komplett nicht spürbar macht, auch nicht nach vielen Laufkilometern. Natürliches Laufen in bester Manier sozusagen oder wie es Gründer Tony Post bezeichnet, Natural Running 2.0. Die typisch breite Zehenbox lässt viel Raum, der Vorderfuß findet trotzdem immer Halt, auch die (schmale) Ferse kommt nicht ins Rutschen. Die Vibram MegaGrip-Sohle lässt sowieso keinen Wackler zu, egal welches Terrain. Manch einer mag sich an dieser Stelle fragen, was denn nun der Unterschied zum von den technischen Daten recht ähnlichen Olympus von Altra ist. Uns fällt es nicht leicht, sofort spürbare Unterschiede zu finden. Wir haben jedoch das Gefühl, dass ganz grundsätzlich bei TOPO der Leisten etwas schmaler geschnitten ist und dadurch schmaler geschnittene Füße gerade auf langen Strecken etwas mehr Halt im Schuh finden und nicht zu schwimmen anfangen.

Fazit: Der Schuh ist für Bestzeiten, auch auf langen Distanzen. Aber es ist ein Schuh, der passen und an den man sich gegebenenfalls gewöhnen muss.

Fazit: Ein komfortabler ZeroDrop-Schuh für lange Trailabenteuer, bei dem nicht nur Fans des Natural Running wenig Schwächen finden werden.

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PRAXISTEST Trailrunningschuhe 2023

Über Schuhe

Worüber wir so nachgedenken, während wir drei Tage lang mit der neusten Generation an Trailschuhen durch die Tiroler Bergwelt rennen? Also haben wir uns zwischendurch einmal neben den Trail gesetzt und uns am laufenden Band unterhalten

Denis: Ganz grundsätzlich möchte ich zunächt einmal festhalten, dass das in der Summe die besten Schuhe sind, die wir bisher in einem Test hatten. Eine meiner Erkenntnisse ist etwa, dass ein paar enorm leichte Schuhe dabei sind, ich spreche jetzt beispielsweise von NNormal Kjerag, die dennoch ziemlich komplett performen und ein echt breites Spektrum abdecken, und zwar an potenziellen Läufer:innen, Streckenprofilen und auch möglichen Distanzen. Clemens: Einerseits. Anderseits hat die Hinwendung zu reaktiven, weichen Schäumen, zur Plattentechnologie und ganz generell zu rollenden und dynamischen Schuhen auch dazu geführt, dass sich einige Modelle bis zu einem gewissen Punkt phänomenal gut funktionieren, aber eben konstruktionsbedingt im allzu Alpinen und Technischen nicht mehr gut aufgehoben sind. Der Saucony Endorphin Edge, der Craft Endurance Trail, auch der The North Face Vectiv Pro, das sind sozusagen die Gravelbikes unter den Trailschuhen. Finde ich aber gar nicht verwerflich, wir müssen ja nur selbst einmal rekapitulieren, was und wo wir so laufen. Ich als Berliner ja sowieso, ich bräuchte auf 95 Prozent meiner Läufe keinen Schuh mit wirklich alpiner Kompetenz,

Benni: Um so mehr erstaunt hat mich deshalb ein echt alpiner Schuh wie der Merrell Skyfire, der aber auch auf dem Asphalt im Tal Spaß richtig macht. Marie: Was mich in diesem Jahr vor so richtig beeindruckt hat – ­ Stichwort NNormal, aber genauso

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der deutsche Bergstiefelprofi Lowa – sind Marken, die aus dem Stand auf einem Niveau ins Trail-Geschehen einsteigen, wie ich es bisher noch nicht erlebt habe. Die haben sich wirklich Gedanken gemacht, man spürt eine Vision und eine ehrliche Leidenschaft für den Sport.

Clemens: Das wäre schon mal eine These und zudem eine sympathische: dass man als Hersteller, der einzig aus Kalkül und Marktanalysen heraus ins Trailrunning einsteigt, auf verlorenem Posten steht. Auch das gibt es ja in diesem Test: ein paar Modelle, auch von alteingesessenen Marken, über die sich offensichtlich zu wenig Gedanken gemacht worden sind. Denis: Also lasst uns lieber von positiven Beispielen reden. Vom Salomon Sense Ride 5 …

Clemens: … oder der aktuellen Ausgabe eines Saucony Peregrine ... Denis: ...von Schuhen also, mit denen selbst jemand, der auf einem hohen Niveau ins Trailrunning einsteigt, der vielleicht vom Triathlon kommt oder ganz generell aus einem anderen Sport und körperlich wirklich fit ist, erstens nichts falsch machen kann und zweitens einen Schuh bekommt, der egal ob am Berg oder auf der Forstautobahn richtig gut performt. Da muss ich noch gar nicht wissen, wie sich das entwickelt mit mir und dem Trailrunning und ob ich im nächsten Herbst schon einen Ultra laufe, solche Schuhe machen die persönliche Reise definitiv mit.


Benni: Dass Schuhe, die im technischen Gelände greifen und Stabilität und Agilität mitbringen plötzlich auch gut rollen können, das ist in der Tat eine spannende und gute Entwicklung.

Denis: Gleichzeitig bringt es die Größe des Sportes und damit des Marktes aber auch mit sich, dass ich heute kurz hintereinander zwei Schuhe gelaufen bin, die exakt gar nichts mehr mit einander zu tun haben: den leichten, sehr technischen Merrell Skyfire und den ultrasoften New Balance More Trail. Beide Schuhe haben aber, an den passenden Füssen und auf den passenden Strecken, durchaus ihre Berechtigung, beide Schuhe haben recht.

Marie: Apropos passende Füße: Was ich beobachte, ist dass die Diversität der schuhe zugenommen hat. Clemens: Ist dem wirklich so?

Marie: Zugegeben, es gibt noch immer zu wenige Hersteller, die einen eigenen Leisten für ihre Frauenmodelle entwickeln. Dafür sind aber die Oberschuhe durch die Bank adaptierbarer und variabler geworden. Sie sind flexibler und sitzen dennoch verlässlich und stabil. Nichtsdestotrotz spalten sich unsere Testeindrücke ja gerade beszüglich der Passform deutlich. Um beim Merrell Skyfire zu bleiben, von dessen Performance wir ja alle begeistert sind: Zwei Redaktionsmitglieder:innen notieren dennoch deutlich, dass die verbaute Nylonplatte in den Fuß drückt. Denis: Das ist aber auch das Dilemma von Schuhen, die sich an eine eher spitze Zielgruppe richten, die krass performen sollen und besonders leicht und technisch gearbeitet sind. Solche Modelle laufen natürlich viel schneller Gefahr, dass es irgendwo drücken kann, dass sie einen exakteren Laufstil fordern oder einfach nicht an meinen oder deinen Fuß passen.

Marie: Umso ärgerlicher, wenn bei einem gemütlichen, eher schweren Allrounder der Schaft reibt oder unnötig harte und unflexible Materialien verbaut worden sind. Ich habe zum Beispiel einen relativ tiefen Knöchel, bei vier, fünf Schuhen im Test wäre alleine das ein Ausschlusskriterium, weil ich mir nach vier, fünf Kilometern einen blutigen Knöchel gelaufen hätte. Da wünsche ich mir künftig mehr Umsicht und auch einer deutlich gendergerechtere Produktentwicklung. Clemens: Aber bitte deutlich weniger gendergerechte Farben ...

Denis: Das Design von Trailschuhen ist halt ein Thema, über das sich schwer streiten lässt – aber natürlich haben auch wir das in den vergangenen Tagen dennoch engagiert gemacht. Ein Beispiel: Alle reden von Plattentechnologien und infusierten Wunderschäumen – und dann ist ein Schuh wie der eher unprätentiöse, vielleicht auch untechnologische Adidas Soulstride, zumindest für mich, eine der Überraschungen im Test.

dass womöglich gar nicht zu unseren persönlichen Vorlieben passt, nicht zu unserer Fußform oder unserem Laufstil?

Benni: Schon einmal dadurch, dass wir ja vier unterschiedliche Läufer:innen mit unterschedlichen Meinungen sind. Für gewöhnlich fängt ein Praxistest ja auch damit an, dass ein Schuh erst einmal von dem gelaufen wird, der glaubt oder ahnt, dass er ihm taugt. Denis: Darüber hinaus sind die Schuhe ja wie erwähnt sehr viel besser geworden. Dadurch ergeben sich auch objektive Kriterien. Ein mieser Fersenhalt, ein scheuernder Schaft oder ein total totes Laufgefühl unter dem Vorfuß, solche Sachen müssen heute schlichtweg nicht mehr vorkommen. Kein Schuh, der irgendetwas sehr gut kann, muss heute noch etwas anderes automatisch schlecht machen.

Marie: Mir ist wieder aufgefallen, wie wichtig es ist, vorurteilsfrei an den Test heranzugehen und etwa Erinnerungen an vergangene Modellgenerationen auszublenden. Ich bin zum Beispiel ein Fan von einer breiten Zehenbox, weil ich halt einen breiten Fuß habe. Dann habe ich plötzlich den eher schmalen und sehr präzise geschnittenen On Cloudventure Peak am Fuß und merke, der funktioniert ja dennoch ganz wunderbar. Benni: Der Cloudventure Peak ist eh ein gutes Beispiel, weil er die Redaktion extrem gespalten hat. Deshalb ist so unbedingt wichtig, dass jedes Modell von mehreren Leuten gelaufen wird – und auch auf unterschiedlichem Terrain.

Clemens: Ausnahmen bestätigen die Regel: Ein ausgewiesener, von einem Straßenlaufschuh abgeleiteter Landschaftsläufer muss man vermutlich nicht

Ein Schuh, der im technischen Gelände funktioniert, kann plötzlich auch entspannt und dynamisch rollen

Clemens: Was ich mich frage, vor allem, weil sich das unsere Leser:innen vermutlich auch fragen: Wie nähern wir uns in der Praxis einem Modell, 2 /2023 43 3/2023

Es gibt noch immer zu wenige Hersteller mit eigenem Leisten für die Frauenmodelle in einen verblockten Downhill schicken, nur um noch einmal zu merken, dass er das nicht gut kann. Benni: Man muss es dann aber auch so schreiben. Die Pressetexte der Hersteller vermitteln gerne das Gefühl, dass jeder Schuh alles leistet.

Marie: Mich hat das Verhältnis von objektiven Fakten und subjektiven Laufeindrücken beschäftigt. Der Topo Pursuit, den ich echt schätzen gelernt habe, ist ein Nullsprengungsschuh, der sich überhaupt nicht läuft wie ein Nullsprengungsschuh. Es ist also das eine, einfach die technischen Daten eines Schuhs aufzuschreiben, das Gefühl auf den Trails kann ein ganz anderes sein. Denis: Wir haben so viele Modelle wie noch nie in unserem Schuhtest und gleichzeitig ist da eine neue Marke, Kilian Jornets NNormal, die aktuell sagt, mindestens mittelfristig mit nur zwei Modellen auszukommen. Erkennt Ihr einen Trend zum Universaltrailschuh?

Benni: Auf den Kjerag trifft das zumindest zu. Von den ausgewiesenen Racern im Test ist er wohl der universellste. Die meisten Leser:innen dürften wenigstens auf kürzeren Distanzen mit diesem Schuh etwas anfangen können.

Clemens: Dennoch glaube ich, dass diese Marketingentscheidung auch Symbolpolitik ist, wo gegen ich auch überhaupt nichts habe. Es gibt diese Sehnsucht nach nachhaltigerem Konsum und andererseits nach Produkten, die selbsterklärend funktionieren. Ausgerechnet der Schuh von Kilian Jornet, der von sich selbst immer gesagt hat, ein “GearGuy“ zu sein, hat keine Plattenkonstruktion, kein Schnellschnürsystem, ja nicht einmal eine Schürsenkellasche. Auch diese Schlichtheit ist natürlich Programm. Sie trifft einen Nerv der Zeit.

Denis: Und im kommenden Jahr gestaltet dann ein mallorquinischer Künstler den Kjerag, dann ist es irgendwie auch ein neuer Schuh.


PRAXISTEST Trailrunningschuhe 2023

Fotos: Stefano Jeantet

KOMFORT

Topo

Ultraventure 3 / 195 Euro Drop: 5 mm Gewicht: 289g (42,5), 235g (38,5) Schmal

Breit

Passenderweise bin ich nicht nur den Vorgänger des Topo Ultraventure für unseren Schuhtest im vergangenen Jahr gelaufen, sondern auch auf einem identischen Testparcours: einem knapp 30 Kilometer langen vorpommerschen Küstenlauf: der Untergrund bestand aus wurzeligen Trails, sandigen Böden, komprimierten Feld- und Radwegen und wenigen steinigen Passagen. Was gleichgeblieben ist: Die Passform mit dem Pantoffelgefühl und dem dennoch sicheren Sitz, einzig die breite Zehenbox steht einem allzu präzisen Einsatz des Vorfußes im Wege. Dafür ist sie aber: eine herrlich breite Zehenbox. Auch die Ferse hält verlässlich, obwohl sie tief und damit reibungslos geschnitten ist. Was deutlich besser geworden ist: Die Lauffreude, ja Dynamik des neuen Zipfoam-Materials. Auch wenn Vergleiche zu Altra nur ob der Passform, nicht aber von der Sprengung Sinn machen: diesen Schaum würden wir auch dem ähnlich soften Altra Olympus wünschen. Die Vibram-Sohle verzichtet auf den weicheren Megagrip und spart unter dem Mittelfuß an Profil, ein Schuh für technische Untergründe ist der Ultraventure also nicht. Supportive Ortholite-Einlegesohle. Engagierte Preissteigerung.

Fazit: Komfortabler und üppig gedämpfter, stabiler Ultraschuh, der an Lauflust zugelegt hat.

Under Armour Charged

Under Armour

Schmal

Schmal

Bandit TR2 / 90,00 Euro Drop: 8 mm Gewicht: 312g (42), 255g (38)

Breit

Under Armour hat sich in der Vergangenheit eher bei Fitness- und Crossfit-Schuhen einen Namen gemacht. Nun möchten sich die Amerikaner zukünftig stärker auf dem Markt für Läufer abseits der geteerten Straßen fokussieren. Und wir finden, dass sie mit dem Charged Bandit TR 2 einen durchaus passablen Einstieg hingelegt haben. Das Obermaterial aus leichtem Mesh lässt den Fuß gut atmen und wird an den richtigen Stellen verstärkt und dadurch strapazierfähiger. Die Charged Cushioning-Mittelsohlenkonstruktion aus eigenem, verdichtetem Schaumstoff lässt den eher steif anmutenden Schuh erstaunlich reaktiv rollen und gibt auch Stabilität. Ein bisschen mehr hätten wir uns noch von den laut Hersteller „technischen Trail-Profilstollen“ erwartet, die zwar auf trockenen Wald- und Wiesenwegen solide halten, bei Nässe und Steinen jedoch sehr schnell an die Grenzen geraten und einfach rutschen. Gerade für Ein- und Umsteiger:innen auf dem Trail ein praktischer und nicht mit technischen Details überlasteter Trailschuh. Preislich mit unter 100 Euro definitiv einer der günstigsten Schuhe in unserem Test.

Fazit: Ein solider Door-to-TrailSchuh, der unauffällig viele seiner Hausaufgaben erledigt, dennoch kein Musterschüler werden wird.

44 3/2023

HOVR Ridge Trail / 99,90 Euro Drop: 8 mm Gewicht: 311 g (42,5), 281g (38,5) Breit

Der HOVR Ridge Trail gehört nicht zu besten Trailschuhen im Test und doch sind wir begeistert von der Entwicklung die UA in Sachen der geländefähigen Laufschuhe nimmt. Die ersten Versuche scheiterten kläglich - nun scheint man den Sport ernster zu nehmen. Dass dieser Schuh ganz klar für die flowigen Trails der Nationalparks der USA gemacht wurde, kann er vom ersten Meter an nicht leugnen, denn der HOVR Ridge Trail ist ein solider Allrounder der komfortabel rollt, aber im verspielten und technischen Gelände schnell an Grenzen stößt. Ihm fehlt nach unten das „feine Feeling“ und im Absoluten auch Stabilität. Was mir gefällt ist die wirklich gelungene klassische Schnürung, die sehr eigene Optik und das feste und doch luftige Obermaterial. Der Schuh ist ein zumindest verlässlicher Allrounder dem bei guter Passform und Komfort leider die Qualität des Mittelsohlenmaterials fehlt. Noch fehlt.

Fazit: Solider Allrounder-Trailschuh für einfache Trails, der dank Komfort und der VibramLitebase-Sohle für breite Einsätze in Frage kommt. Das als reaktiv beworbene Dämfungsmaterial ist wenig energierückführend und schluckt mehr als es gibt.


Was sonst noch so auf euch wartet ... Das Frühjahr 2023 wird in jedem Fall noch so einige spannden Trailschuh-Releases mit sich bringen. Diese Modelle erwarten wir sehnsüchtig und werden sie in den kommenden beiden Ausgaben testen. Das Lowa mit Bravour auf den Trails angekommen ist, erzählen wir bereits in diesem Test. Um so gespannter sind wir auf den Amplux, dem eine Carbonplatte gleichsam Schutz und eine reaktive Dynamik spendieren soll. Wir erwarten dennoch eine ehrlich alpinen Schuh.

Apropos Carbonplatte: Der The North Face Vectiv Sky will schon des Namens nach hoch hinaus. Und beweisen, dass man diese Technologie auch in die hohen Berge schicken kann. Sicher ein Schuh, auf den viele warten.

Viking Anaconda Trail Low GTX / 189,95 Euro Drop: Keine Angabe Gewicht: 377g (44), 295g (38) Schmal

Craft hat uns in diesem Test gut gefallen, aber eben mit einem Schuh, der allenfalls die moderaten Trails mag. Der Pure Trail mag es, nun ja, purer. Bei gleichbelibend dynamischem Mittelsohelschaum ist er flacher gesprengt und weniger hoch gebaut.

Breit

Der erste Eindruck überzeugt in der Frauenvariante mit aufgeräumt cleanem Look, ein weißes, stoffartiges Upper mit geklebter Schutzfolie und terracottafarbenen Akzenten. Kein wirklich leichter Schuh, aber ein angenehmer Sitz am Fuß. Der Grip der UGC-Außensohle von Viking ist solide aber nicht outstanding. Wir testen das Modell mit der klassischen Schnürung, eine Boa-Version ist ebenfalls verfügbar. Die Gore-Tex Membran ist atmungsaktiv und schützt. Beim Laufen attestieren wir dem Schuh trotz Gewicht eine angenehme, unaufdringliche Leistung, nicht zu viel und nicht zu wenig Stabilität, vom Laufrollverhalten jedoch recht steif und träge aber gerade auf leichten Waldwegen oder Schottertrails laufbar. Es kommt leider nicht viel Dynamik auf und je schneller wir laufen, desto ungenauer wird der Sitz im breiten Vorfuß. Der Kontakt zum Boden ist auch nur zu erahnen. Dennoch glauben wir, dass Trailrunner, oder aber ambitionierte Wanderer, in dem Schuh einen verlässlichen Partner für kommode Pfade finden könnten.

Wir wüssten eigentlich nicht, was am vielleicht Zugänglichsten aller Trailschuhe mit Carbonplatte noch besser werden könnte und freuen uns dennoch oder gerade deshalb auf die zweite Version des Hoka Tekton X.

Ein Hingucker und ein Update. Der S-Lab Pulsar 2 wird wieder farbenfroher. Das rote Design der S-Lab Sense Serie kehrt zurück. Was sonst noch anders ist bei diesem radikal minimalistischen Wettkampfschlappen verraten wir Euch im nächsten Heft.

Ihr habt Scarpa im Schuhtest dieses Heftes vermisst? Zurecht. Die ausgewiesenen Schuh-Experten aus Italien präsentierten uns im letzten Jahr viele neue Modelle, denen sie aktuell noch Luft zum atmen lassen. Auf den neuen Scarpa Spin Planet warten wir dennoch sehr gespannt.

Fazit: Die Norweger schicken keinen schnellen und dynamischen Roller ins Rennen, dafür aber einen soliden und griffigen Schuh für gemütliche Wege.

45 3/2023


PORTRÄT Thomas Schmitt

46 3/2023


Runter&

HOCH Text & Fotos: DENIS WISCHNIEWSKI

Thomas Schmitt aka "Tom the baker" hat 101 Kilogramm abgenommen, aber das ist eine Randgeschichte, denn all das was in seinem zweiten Leben als Ultratrailläufer passiert, ist viel spannender für ihn. Über einen der viel rumgekommen ist und bei aller Lässigkeit dann doch bis ins letzte Detail lebt und läuft. Thomas Schmitt läuft. Um ehrlich zu sein, tut er das nicht besonders auffällig. Sein Laufschritt ist nicht sehr anders, als die der anderen, die da bei den ganz langen Ultras laufen. Auch er hat sich diese vermeintlich energiesparende Art und Weise, zwischen linkem und rechtem Fuß zu wechseln, angewöhnt. In den vergangenen drei oder vier Jahren hatte er wahrlich genug Möglichkeiten, an seiner LaufÖkonomie zu arbeiten. Dass Thomas Schmitt gerne lange läuft, ist die eine Sache, die andere Sache ist das Brot. Die Backware. Man könnte sagen, dass Thomas Schmitt, der als Trailrunner unter dem Namen Tom Baker bekannt ist, zwei große

Leidenschaften hat – das Backhandwerk und die Kunstform, lange zu Laufen. In beiden Dingen hat er einen unbedingten Willen, gut zu sein, besser zu werden. Toms´ Weg zum Ultrarunner und zum Meister des Brotes sind beides lange Wege. Die Geschichte beginnt in den 1980er Jahren in Eisenhüttenstadt, in der ehemaligen DDR. Dort wächst Thomas auf, geht zur Schule und verbringt seine Kindheit und Jugend in einer Region, die mit den Veränderungen der Zeit kämpft. Früh verlässt er sein Zuhause und zieht mit nur 16 Jahren aus. Tom erinnert sich: „Viele Bekannte jammerten, schoben ihre Situationen

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auf andere und haderten mit ihrem Leben. Meine Mutter sagte mir damals, dass ich überall hin kann. Die Welt steht Dir offen. Und so bin ich einfach los und habe mein Glück an anderen Orten gesucht.“ Nach der Schule beginnt er eine Handwerks-Lehre in Bockhorn in Friesland. Er findet in einem kleinen Handwerksbetrieb eine neue Familie und beendet seine Lehre zum Bäcker. Doch auch in Friesland ist in den frühen Nullerjahren nicht nur Freude und Offenheit gegenwärtig. „Da waren mindestens genau so viel Neo-Nazis am Start, wie in Brandenburg.“ Tom ist fortan ein Geselle. Von hier an startet er eine wilde Reise durch Regionen und Länder – bis heute wird er an 24 unterschiedlichen Orten als Bäcker arbeiten. Er wird geprägt durch viele Menschen, Einflüsse und Lebensweisen. Aus dem Jungen aus Eisenhüttenstadt, der Planstadt, wird ein Mann, der rumkommt, der Dinge erlebt, und das Leben mit allen Facetten annimmt. März 2023 Tom ist aus Zürich zurück und aus einem Wochenende, das ganz nach seinem Geschmack war. Ein klei-


PORTRÄT Thomas Schmitt nes Einladungsrennen rund um den Züri-See. 100 Kilometer und 4.000 Höhenmeter. Eine Aufgabe, die er mit einer gewissen Routine löst. 90 Menschen am Start, die mit wenig Pathos und Öffentlichkeit einmal um den See gelaufen sind. In diesem Kreis fühlt sich Tom wohl. Unter diesen Freunden und Menschen kommt er sich vor, wie „ein kleiner Junge im Schokoladen-Laden“. Dass ihn seine Freundin Moni auf den letzten 44 Kilometern als Pacerin begleitet hat, ist für ihn etwas so Besonderes, dass seine Stimme etwas dünner wird. Dass er nach 13 Stunden und 49 Minuten im Ziel der letztlich 110 Kilometer ankam, ist für ihn keine Randnotiz mehr, denn der 38-Jährige, der heute im bayerischen Brannenburg, am Fuße des bekannten Wendelsteins lebt, blickt längst auch auf die Uhr und nicht nur mehr auf das reine Finish. „Ich muss mir einfach immer neue Ziele setzen. Ich habe ein sehr ausgeprägtes Ego und das Erreichen neuer Ziele trägt mich meist sehr lange Zeit positiv.“

171,5. Diese Zahl hat sich bei ihm eingebrannt - mehr noch als jede Renndistanz! 48 3/2023

Toms´ Geschichte ist auch die eines jungen Menschen, der mit nur 12 Jahren in Stub, bei Bad Reichenhall, in einer Klinik für Adipositas-Kranke auf den Watzmann blickt und damals nicht wissen kann, dass diese Berge rund 25 Jahre später ein elementares Bild im Leben des Bäckermeisters sein werden. Tom wird auch nach diesem KlinikAufenthalt für rund zwei Jahrzehnte ein Thema mit Übergewicht haben. Er wird 2005 ganze 171,5 Kilo auf die Waage bringen. „Diese Zahl hat sich bei mir eingebrannt. Es war die höchste Zahl, die ich je auf der Anzeige bewusst wahrnahm.“ Zu dieser Zeit lebt er in der Schweiz und zieht eine Reißleine. „Es war einfach zu viel. Im wahrsten Sinne des Wortes. Für 14 Tage unternahm ich eine Heilfasten-Kur, also nur noch warmes Wasser. Die ersten drei Tage waren die Hölle. Ich schrie und brüllte. In dieser Zeit verlor ich schnell 20 Kilogramm und in den Folgemonaten


sogar 40.“ Tom findet sich bei 120 Kilo Körpergewicht wieder und genießt eine ungewohnte neue Freiheit – normale Kleidung in normalen Läden kaufen, Bewegung und leichtes Joggen. Im neuen Wohnort Wien lernt er so auch seine erste Freundin kennen. Tom kommt im Leben an, arbeitet, verdient Geld, macht Party, wird Fußball-Fan, wird tätowiert und erliegt durch Feierlaune und Fast-Food dem Jojo-Effekt. Es geht wieder hoch auf 130 Kilo. Die Sache mit dem Brot Thomas Schmitt ist Bäcker. Er wollte nie etwas anderes sein. Backen wäre Leben, sagt er, und Brot das wohl kompletteste Lebensmittel überhaupt. „So ein handwerkliches Vollkorn-DinkelBrot hat alles, was man braucht. Es ist die wichtigste Säule in meinem

Ernährungsplan. Hochwertige Fette, Kohlenhydrate, allerlei Mineralstoffe, Ballaststoffe und Proteine. Ein Tag ohne Brot ist undenkbar.“ Dabei erzählt der Handwerksmeister, der heute als Ausbildungschef bei der Handwerkskammer in München arbeitet, dass ein gutes Brot auch ohne jeglichen Aufstrich bereits Genug ist. „Ein Brot, ein echtes Brot, ist das zentrale Produkt im Back-Portfolio, der Rest ist nice to have, aber nicht mehr!“ 90% aller Backwaren wären Mist. 10% sind gut. Nach einem Ausflug in die Selbstständigkeit als Berater, verließ Tom die Backstube, um all sein Wissen weiterzugeben. Sein neuer Job als Ausbilder macht ihm viel Spaß und lässt ihm bei aller geregelter Arbeitszeit auch genug Raum für sein ambitioniertes Training. Als Tom the Baker ist der überzeugte Veganer sogar zu einer Art Influencer

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geworden. Seinem Instagram-Profil folgen mittlerweile fast 14.000 Leute und die meisten davon wissen vermutlich garnicht, dass ihr Bäcker-Idol so gerne und lange läuft. Er postet über Brot in fast philosophischer Manier, verbindet das Handwerk mit Lebensart und der einen oder anderen gesellschaftlichen Überlegung. Zurück zum Laufen Sein Gewicht stand Tom zunächst im Weg. Es erschwerte jeden ernsthaften Lauf und doch kam er schrittweise in den Laufschritt. Ich will vom heutigen 100-Meilen-Läufer und Finisher des E250 des Eiger Ultras wissen, was denn nun die Unterschiede zwischen dem Tom von damals und heute sind? Zwischen 171,5 Kilo und 70 Kilo. Wie ist das, wenn mehr als 100 Kilogramm einen Menschen verlassen? „Ich stelle fest, dass ich heute vor al-


PORTRÄT Thomas Schmitt

lem während des Laufens sehr nahe bei mir selbst bin. Ich habe ein neues Selbstwertgefühl!“ Und wie sind die Erinnerungen an damals 170 Kilogramm? „Ich erinnere mich an eine unglaubliche Trägheit, die oft, nein fast immer, mit einem Selbstmitleid einhergingen. Das möchte ich nie mehr!“ 2010 verschlägt es ihn nach Bayern. Dort wird Joggen und Training im Studio ein neuer Teil des Alltages. Als er Jahre später Robert kennenlernt, rückt erstmals auch Trailrunning in sein Leben. „Robert nahm mich an den Berg mit. Das ist bis heute einer meiner schönsten und eindrücklichsten Läufe überhaupt gewesen. Auf der Hochries, so kann man sagen, wurde mein Feuer für den Sport entfacht. Es ging dann natürlich alles ganz fix – Tom lief irgendwann die 52 Kilometer beim Mountain Man, in Südtirol 69 Kilometer beim Skyrace, um sich schnell klarzuwerden, dass es künftig ganz lange Läufe sein müssen. Nach der Dokumentation „Einen Sommer lang“, dem 50-Etappen-Lauf von München nach Istanbul vom Autor dieses Textes, war Tom nachdrücklich inspiriert „Ein Freund empfahl mir den Film und ich fand mich in vielen Themen einfach wieder. Die Auseinandersetzung mit dem Vater, Laufen, als mehr als nur reiner Sport.“ Tom lief in einem Zeitraum von nur drei Jahren beachtliche Distanzen

Er kam ganz schön rum; 24 Arbeitsstellen brachte ihm das Bäckerhandwerk ein - jetzt weiß er wie gutes Brot geht!

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und schwere Wettkämpfe. Zuletzt seinen ersten klassischen 100 Meiler in Italien und 2022 im Team die 250 alpinen Kilometer des Eiger Ultratrail. All das soll nicht das Ende sein. Er will mehr. Er will zur Tor des Geants und er ist für den UTMB qualifiziert. Das „kickt“ ihn jedoch weniger, als er immer dachte. „Die Freude über den UTMB-Start ist nicht so riesig. Ich merke, dass mich andere Formate mehr reizen und interessieren, dass meine Liebe dann doch hin zu einem Wettkampf-Setup geht, das familiär und intimer ist. Ich brauche im Prinzip auch keine Markierungen und kann selbst navigieren und wenn an der VP liebe Freunde stehen, ist mir das auch lieber.“ Vielleicht ist Thomas Schmitts´ Reise nach 24 Wohnorten auserzählt, aber seine Story was das Ultrarunning und Brotbacken angeht hat noch einige Kapitel offen.


a w w w . t h y w e a r . c o m lo n g r u n e p i s o d e

a summer full of

bucket


RACE SHORT LAST LONGER TRAINING Schnell werden vor der Ultra-Saison

Text: LARS SCHWEIZER

Wenn wir neue Athlet:innen im Coaching begleiten, gibt es zu Beginn immer ein Einführungsgespräch zu dem neuen Trainingsplan. Hier kommt es immer wieder vor, dass die Athlet:innen, vor allem Ultraläufer:innen überrascht reagieren, wenn sie in ihrem Trainingsplan vermehrt Einheiten rund um die anaerobe Schwelle entdecken und dies 8-10 Wochen vor ihrem eigentlichen Ultra Wettkampf, welchen sie später dann maximal in Marathon-Intensität oder gar im Ausdauerbereich laufen werden. Wäre es also nicht praktischer bzw. zielführender, das Training nicht komplett auf diesen Bereich auszulegen, und die Athlet:innen nur lange Ausdauereinheiten machen zu lassen? Die anaerobe Schwelle erklärt sich am besten wie folgt: Bei jeder Bewegung wird in den Muskeln Laktat gebildet. Bei leichter Bewegung ist der Körper in der Lage, dieses Laktat selbständig abzubauen. Bei höherer Belastung gelingt dies dem Körper nicht mehr und das Laktat sammelt sich in den Muskeln an. Wir kennen alle das Gefühl, dass die Muskeln langsam zu brennen beginnen und letztendlich keine Leistung mehr bringen können. Die anaerobe Schwelle (oder Laktatschwelle) definiert den Punkt, an dem Laktataufbau und Laktatabbau die Waage halten, die Laktatkonzentration also konstant bleibt. Sie ist die wichtigste Komponente, um die Leistungsfähigkeit eines Athleten bzw. einer Athletin einschätzen zu können. Schaut man auf die Pace, handelt es sich beim Tempo an der Laktatschwelle um eine Geschwindigkeit, die man für circa 45 Minuten halten kann. Vergleichbar ist das mit einem 10 Kilometerlauf. Auf einer Skala von 1-10, wobei 10 das Anstrengendste ist, kann man von einer 8 ausgehen. Die Laktatschwelle liegt ungefähr bei einer Laktatkonzentration von 4mmol/l im Blut, kann aber individuell abweichen.

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Warum ein schneller Wettkampf über kurze Distanzen genau die richtige Vorbereitung für einen langen Ultratrail sein kann und sogar sein sollte, erklärt uns unser Trainingsexperte Lars Schweizer. Laktatschwellentraining heißt hier das Zauberwort.


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TRAINING Schnell werden vor der Ultra-Saison In einer Studie (Enoksen et al., 2011) verglichen die Forscher die Auswirkungen eines Laktatschwellentrainings mit einer Erhöhung des Trainingsvolumens (um 40 % - von 50 km auf 70 km). Sie fanden heraus, dass Schwellentraining sehr effektiv, wenn man das Tempo an der VO2max und die Laktatschwelle erhöhen möchte. Hierbei werden die aeroben Enzyme vom Typ I erhöht, welche für eine Verbesserung der muskulären Ausdauer

Wieso kurze Rennen eine gute Vorbereitung auf Ultras sind...

und der aeroben Effizienz von Nöten sind. Aus diesem Grund wird Schwellentraining als ein hervorragender Kompromiss zwischen Trainingsumfang und -intensität angesehen. Training an der Laktatschwelle kann außerdem die Gefahr von Übertraining im Vergleich zum Training der VO2max verringern. Das liegt vor allem an der Konzentration der dabei ausgeschütteten Stresshormone (Katecholaminen). Im Vergleich zu VO2max Einheiten, ist die Konzentration der Stresshormone geringer. Gleichzeitig erlaubt die verringerte Intensität des Laktatschwellentrainings einen erhöhten Umfang.

Die leichteste Methode, gute und ausführliche Trainingseinheiten mit einem langen Zeitraum im Bereich der Laktatschwelle zu absolvieren, ist an offiziellen Rennen über kürzere Distanzen teilzunehmen. Wenn wir einen Trainingslauf betrachten, sollten wir uns immer über den Zweck einer bestimmten Trainingseinheit im Klaren sein. Welche Art von Reiz soll die Trainingseinheit auf den Körper haben? Bei einem Ultralauf sind zwei der wichtigsten Trainingseffekte eine Steigerung des nachhaltigen aeroben Lauftempos (sowohl in Bezug auf die Geschwindigkeit, als auch auf die Dauer) und eine Steigerung der Kraftausdauer, um die sich wiederholende Belastung der Beine, die während des Ultralaufs auftritt, zu bewältigen. Um beides zu erreichen, müssen wir einerseits mit einer Geschwindigkeit laufen, die nahe an unserer vermeintlichen Aeroben Schwelle liegt, gleichzeitig aber auch lange genug laufen, um den Körper, durch die dadurch entstandenen Mikrotraumen, zu zwingen, mit einer Erhöhung der Kraftausdauer zu reagieren. Lange Läufe stellen eine angemessene Belastung für die Beine dar, sofern sie lang genug sind, aber die meisten von uns können nicht mehr als einmal pro Woche einen langen Lauf absolvieren. Ein Wechsel auf kurze Rennen ist daher eine gute Möglichkeit, sowohl Geschwindigkeit als auch Kraftausdauer in den Beinen zu entwickeln. Streng genommen sind Rennen mit 90 Minuten oder mehr kein Tempolauf mehr, sondern eher ein Tempolauf unterhalb der Anaeroben Schwelle. Ich bin aber der Meinung, dass man durch die zusätzliche Belastung der Beine, die ein relativ schnelles Rennen mit sich bringt, die Ermüdung der Beine für einen Ultralauf sehr gut simulieren kann.

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Aus diesem Grund ist die Laktatschwelle eine wichtiger Bereich zur Verbesserung der aeroben Fitness, der Laktatschwelle selbst und der Trainingsökonomie, während gleichzeitig das Risiko eines Übertrainings verringert wird. Training an der Laktatschwelle wird von vielen Ultraläufer:innen immer noch unterschätzt, besonders in der unmittelbaren Vorbereitung auf die Ultradistanz. Es wird oft an zu vielen kleinen Stellschrauben gedreht, ohne sich hierbei auf das Wesentliche zu konzentrieren: Einen vernünftigen Trainingsaufbau inkl. Schwellentraining, auch noch in der direkten Vorbereitung auf einen Ultralauf.


R U N . LO N G E R .

PRÄZISE

MIKRO-EINSTELLUNGEN FÜR EINE PRÄZISE PASSFORM

KOMFORTABEL

VERBESSERT DIE LAUFEFFIZIENZ UND REDUZIERT DIE BELASTUNG BEIM AUFTRETEN

SICHER

ENTWICKELT FÜR MAXIMALE LEISTUNG UNTER HÄRTESTEN BEDINGUNGEN

Bewältige jedes Terrain, jede Zeit und Distanz. Maximale Stabilität, Dämpfung und Energierückgabe. Der Trail liegt dir zu Füßen. RUN. LONGER.


TRAINING Schnell werden vor der Ultra-Saison

Eine Teilnahme an zwei 10km Rennen, aus dem vollen Training ohne spezielle Taperingphase vor dem Rennen, mit etwas Abstand zueinander, kann außerdem ein guter Indikator sein, die eigene Entwicklung an der anaeroben Schwelle zu überprüfen.

DAS RICHTIGE RENNEN FINDEN

Wie und wann?

Ein kurzes schnelles Rennen in der Vorbereitung macht nur dann Sinn, wenn es auch entsprechend ausgewählt wird.

In der ersten Phase der Vorbereitung auf einen Ultralauf können das 10km Läufe sein. Die VO2max Trainingsphase sollte hierzu weit fortgeschritten bzw. abgeschlossen sein und bereits die ersten Einheiten in der Intensität an der anaeroben Schwelle absolviert worden sein. Eine Teilnahme an zwei 10km Rennen, aus dem vollen Training ohne spezielle Taperingphase vor dem Rennen, mit etwas Abstand zueinander, kann außerdem ein guter Indikator sein, die eigene Entwicklung an der anaeroben Schwelle zu überprüfen. Je näher man an den Ultralauf kommt, desto spezifischer sollte auch das Training werden. Hierzu kann 10-12 Wochen vor dem Ultralauf auch ein kurzer Trailauf integriert werden. Dieser sollte unter zwei Stunden Laufdauer betragen und auch Downhill-Abschnitte beinhalten. Hier kann man auch Schrittfrequenz und Koordination im Downhill überprüfen und eventuell noch Schwachstellen identifizieren, an denen man noch bis zum Ultra arbeiten kann.

Das kurze Rennen sollte vom Charakter her ebenfalls dem eigentlichen Hauptziel entsprechen. Läuft man einen schnellen und laufbaren Ultratrail im Mittelgebirge, sollte das gewählte Vorbereitungsrennen auch kein alpiner, technisch anspruchsvoller Lauf sein, sondern ebenfalls sich im ähnlichen Terrain bewegen wie der Hauptwettkampf. Dasselbe gilt natürlich auch andersrum für technische Strecken. Vom zeitlichen Abstand sollte die Distanz des Testwettkampfs geteilt durch zwei zum Hauptwettkampf als Mindestabstand gewählt werden. Sprich: Für einen 50km Lauf macht man ein 30km (25km) Rennen maximal 15 Tage vorher. Für ein 100km Rennen quasi ein 50km Lauf ca. 25 Tage (3-4 Wochen vorher). Ist der Aufwand bzw. die Kosten für so ein Rennen zu groß, wäre eine Alternative das Ausweichen auf eine der MYVIRTUALTRAIL Strecken. Auch hier kann man sich mit den Zeiten anderer Läufer:innen messen und richtig Gas geben.

Trainingseinheiten im Tempobereich 8min Bergintervalle an der anaeroben Schwelle

Sucht Euch eine gleichmäßige Steigung (5-10%), an der die Leistung möglichst konstant gehalten werden kann. Nur so übersäuert man nicht und muss dadurch das Tempo rausnehmen. Nutzt die Pausen, um wieder herunterzutraben. Falls wegen des Geländes die Pause etwas länger gemacht werden muss, ist das bei dieser Einheit ok. Intervalle die gerade noch oberhalb von 90% der maximalen Sauerstoffaufnahme liegen, sind wahre Multitalente. Sie erhöhen sehr effektiv die VO2max, steigern das Tempo an der Laktatschwelle und die Zeit, wie lang diese gehalten werden kann (Time to Exhaustion).

Trail-Tempolauf mit Abschnitten an der anaeroben Schwelle

Sucht Euch hierzu eine wellige, nicht zu technische Trailstrecke aus. Es sollten nicht zu lange Uphills und Downhills dabei sein. Startet den Lauf nicht zu schnell, es reicht, wenn in der Mitte des Laufes der Puls an die anaerobe Schwelle gebracht wird. Die

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Einheit dient zum einen der Tempohärte auf dem Trail und der Laktatverstoffwechslung. Gleichzeitig ist es ein gutes Techniktraining auf dem Trail und psychologisch wichtig, um sich an die Geschwindigkeit auf dem Trail zu gewöhnen.

5 Stufen-Bergintervalle an bzw. knapp oberhalb der anaeroben Schwelle

Sucht Euch hierfür einen leichten Trail oder eine Forststraße mit 8-15% oder macht die Einheit auf dem Laufband. Hier läuft man 10-8-6-4-2 Minuten bergauf mit jeweils 5-4-3-2 Minuten Pause bergab. Versucht, bei jedem Intervall das Tempo langsam zu steigern. Ist keine Steigerung möglich, dann bleibt im Tempo des ersten Intervalls (Schwellenleistung). Haltet die Pausen nicht länger als geplant. Ein Downhill in der Pause ist wichtig für die Erholung und entspricht der Hälfte des letzten Intervalls. Die Kohlenhydratspeicher unbedingt direkt nach der Einheit wieder auffüllen, vor Allem, wenn diese Einheit kurz vor dem Rennen stattfindet.


FAZIT Kurze Trailläufe machen auch für Ultraläufer:innen Sinn, die sich lieber auf den langen Distanzen heimisch fühlen. Man fühlt sich zwar im ersten Moment durchaus etwas fehl am Platz, aber genau diese neue Herausforderung, die aus der Routine und Komfortzone reißen, sind das, was für den späteren Hauptwettkampf eventuell den richtigen Biss gibt. Sowohl als Testlauf, um die Ausrüstung, Form und Schwachstellen nochmals zu testen, als auch als eigene Tempotrainingseinheit unter Wettkampfbedingungen,

hat eine Teilnahme an kürzeren schnelleren Rennen einen nicht zu unterschätzenden Benefit. Gleichzeitig bietet es auch immer die Möglichkeit, vielleicht eine kleine lokale Veranstaltung um die Ecke zu unterstützen, auch wenn die Teilnahme aus dem vollen Training heraus erfolgt. Auch die neue Herausforderung für die Koordination und einfach der Spaß, auch mal auf Tempo und nicht nur auf Ausdauer ein Rennen zu laufen, sollten Argumente genug sein, mal den Rennkalender zur Brust zu nehmen, und sich entweder bei einem kurzen Rennen anzumelden oder doch eine der MYVIRTUALTRAIL Strecken in Eurer Nähe auf Tempo zu laufen.


Tolle Nachtschicht

EVENT Night of the trail 2023 Text: DENIS WISCHNIEWSKI

Fotos: CLEMENS NIEDENTHAL

Einmal im Jahr treffen sich alle, die Trailrunning lieben, die Szene abfeiern und einfach mal wieder abseits des Trails einen Abend gemeinsam verbringen wollen. Bei der 3. NIGHT OF THE TRAIL wurden Awards verliehen, es wurde leidenschaftlich diskutiert und sogar gelaufen.

D

Das Feierwerk im Münchner Stadtteil Sendling-Westpark ist seit 1984 ein Treffpunkt für Subkulturen, wilde Punkbands, die durch Europa touren und allerlei Kleinkunst. Ein Ort, der seit Jahrzehnten den Kleinen eine Stimme und einen Platz gibt, um laut zu sein. Also ist es garnicht mal ein Zufall, dass wir unsere dritte NIGHT OF THE TRAIL genau an diesem Ort feierten. Nein, es war sogar eine ziemliche Punktlandung. TrailrunningAwards in einem noblen Kurhaus

oder einer exklusiven Event-Halle zu veranstalten wäre vermutlich nicht das Richtige für uns. Zum zweiten Mal also das Feierwerk und diesmal sogar etwas größer – wir wechselten die Location vom Orangehouse in die Kranhalle. Fast 200 Teilnehmer:innen wollten am 24. Februar live und vor Ort wissen, wer denn nun die und der Trailrunner of the year werden, welches das beste Trail-Produkt des Jahres ist und welche Brand oder Schuh in der Leser:innen-Umfrage die meisten Stimmen erhielt. Die Kranhalle füllt sich, die meisten Menschen, die ganz ohne Laufklamotte den Club betreten, erkennen wir aber sofort, denn auf Trailschuhe an 1/2023 58 3/2023


den Füßen verzichtet auch bei einer Abendveranstaltung kaum jemand. Bevor das Abendprogramm auf der Bühne startet, ist genug Zeit für den geübten Smalltalk und Besuch der diversen Expo-Stände. Unsere Partner stellen die heiße Ware 2023 vor. Salomon, The North Face, Hoka und Scarpa sind nicht umsonst als Aussteller bei der 3. NOFT dabei – ihre Produkte gehören in diesem Sommer und seit vielen Jahren zu den beliebtesten und meist geschätzten Ausrüstungen der Trailrun-Szene. Bevor um Punkt 19.00 Uhr die große Bühne erhellt und die Moderatoren Sven Simon, bekannt vom Transalpine-Run-Mikro, und Denis Wischniewski die Gäste begrüßen, muss man erklären wieso an diesem Freitagabend fast 200 Menschen zusammen finden, die allesamt gerne und viel laufen. Wieso treffen sich Leute, die laufen, um explizit nicht zu laufen, aber um darüber zu sprechen? Zunächst – Trailrunning hat natürlich einmal im Jahr einen feierlichen Abend, eine Gala, Awards und Ehrungen, abseits von Sportmesse und fernab von UTMB und anderen großen Wettkampf-Events verdient. Unser Sport braucht einen, im weitesten Sinne unabhängigen, Partytermin in einem lässigen Rahmen, zwischen Training und Wettkampf und Wettkampf und Training. Die NOFT wird in Zukunft ein fester Termin im Kalender der Community. Kein Sport ohne anständige Awards. Es geht los: Die Gäste sitzen. Es wird still. Zwei Männer betreten im gedimmten Licht die Bühne. Wischniewski und Niedenthal nehmen Platz und präsentieren ihren Podcast erstmals live. Es funktioniert. Das Publikum hört aufmerksam zu und erfährt so manches darüber, wieso Trailrunning denn nun längst auch Lifestyle ist, und man in Berlin Trailschuhe in hippen Clubs zu Elektrosound trägt. Die Show geht weiter – die Redakteure überraschen im Anschluss mit Zahlen und Daten. Die Resultate der Leser:innen-Umfrage , bei der mehr als 2.000 Personen abgestimmt haben sind aufschlussreich. Mehr als die Hälfte besitzen längst vier oder gar fünf Paar

Trailschuhe, der Anteil der weiblichen Leserinnen hat sich von einst 18 auf 33 Prozent gesteigert und Renndistanzen zwischen 20 und 30 Kilometer Länge sind auf Trails die beliebteste Distanz. Der Ultra wurde abgelöst! Nach einer veganen Chili-Pause geht es weiter. Die kommende WM in Innsbruck und Stubai wird vorgestellt. OKChef Alex Pittl beantwortet die Fragen von Sven Simon und bewirbt diese einzigartigen Weltspiele des Trailrunnings im Juni 2023 mit ganzem Herzen. Zu später Stunde dann die Highlights der 3. Night of the Trail. Die Awards.

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EVENT Night of the trail 2023

wichtige Kategorie wie schon bei den ersten beiden Austragungen und bestätigt damit die gute Arbeit seit vielen Jahren. Der erste echte TrailrunHersteller ist auch 2022 eine Instanz und liefert wie keine andere Marke die komplette Ausrüstung von Socke über Rucksack und Trailschuh. Dass LEKI mit einem innovativen Faltstock die Kategorie TrailrunningProdukt des Jahres gewinnt, zeigt eindrucksvoll wie alpin und bergsüchtig unser Sport über die Jahre geworden ist.

Es wird nochmals still in der Kranhalle. Wer wird der Trailschuh des Jahres? In welchem Modell wurde 2022 an liebsten auf Trails gerannt? Es wird eine Titelverteidigung, denn abermals siegt der HOKA Speedgoat, dieser üppig gedämpfte Schuh, der wie kein anderes Modell Komfort auf technische Trails brachte. Auch bei der Trailrunning-Brand des Jahres 2022 gibt es eine Wiederholung auf Platz 1. Salomon gewinnt diese

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Jetzt ist die Spannung am Siedepunkt: Es geht um die Ehrungen zur Trailrunnerin und Trailrunner des Jahres. Hier entschied eine Jury aus Redaktion und Expert:innen sowie zu weiteren 50 Prozent aus Stimmen der diesjährigen Leser:innen-Umfrage. Bei den Herren siegt wenig überraschend, Hannes Namberger vor Janosch Kowalczyk und Alexander Westenberger. Bei den Damen geht der Sieg und Titel Trailrunnerin des Jahres an Rosanna Buchauer. Namberger und Buchauer hatten 2022 große Erfolge bei internationalen Wettkämpfen gefeiert. Platz 2 bei den Damen geht an Ida-Sophie Hegemann, die aus Gran Canaria über die große Leinwand grüßt. Auch das bringt eben jene Professionalisierung mit sich - Athletinnen sind für Wettkämpfe und ihre Sponsoren weltweit unterwegs und haben einen engen Terminkalender. Kim Schreiber verdient sich Rang 3 und gab kurz zuvor, wie auch Hannes Namberger, spannende Einblicke bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Wird Trailrunning zu professionell geht der Spirit verloren?“ Vorbei. Ciao. Schön wars. Bis zum nächsten Jahr. Der Abend wird noch lang. Am nächsten Vormittag endet diese besondere Night of the Trail natürlich nicht ohne einen gemeinsamen Lauf. An der Isar treffen sich immerhin fast 80 Läuferinnen und Läufer, um die lange Nacht auf den berühmten Isartrails aus den Beinen zu rennen. Einige auf 11, andere auf amtlichen 26 Kilometern.


ADVERTORIAL www.davos-xtrails.ch

Davos X-Trails

Jahr 2 nach geglückter Premiere 36 Jahre nach der Premiere erhielt der älteste Trail Running «Marathon» Graubündens ein Facelift. Er heisst seit letztem Sommer Davos X-Trails (und nicht mehr Swissalpine). Die vier bewährten Trail-Strecken bleiben weiterhin bestehen. Die Königsdistanz bildet der anforderungs- und abwechslungsreiche Diamond Run (68km). Das nun ausschliesslich aus Einheimischen bestehende Organisationsteam wird die Veranstaltung in den kommenden Jahren kontinuierlich mit innovativen Ideen «anreichern».

höchstem Punkt und schliesslich am lieblichen Davosersee vorbei. Als Erlebnis zwischen den Gipfeln preisen die Veranstalter den Bronze Run (9,3 Kilometer) an. Diese Strecke mit Davos als Start- und Zielort eignet sich speziell für Geniessende und Begleitpersonen. Ob «Diamond», «Gold», «Silver» oder «Bronze»: Die Davos XTrails bescheren den Läuferinnen und Läufern auf variantenreichen Trails in unterschiedlichem Gelände ein unvergleichliches Erlebnis vor einem spektakulären Bergpanorama.

Traumhafte Flowtrails über sanfte Hügel und steile, technische Trails im Gebirge – die Davos X-Trails führen am Samstag, 29. Juli 2023, eine Erfolgsgeschichte weiter, die Davos seit 1986 schreibt. Das einmalige Lauferlebnis mit Strahlkraft weit über die Landesgrenze hinaus berücksichtigt mit dem vielfältigen Streckenangebot sämtliche Leistungsvermögen. Über zwei Pässe Als Königsdistanz gilt der Diamond Run (67,6 Kilometer). Der anspruchsvolle und äusserst abwechslungsreiche Rundkurs mit Start und Ziel in Davos macht seinem Namen alle Ehre. Mit dem Scaletta- (2606 m ü. M.) und dem Sertigpass (2739 m ü. M.) als Tageshindernissen führt der äusserst beliebte Trailrun unter anderem durchs romantische Dischma- und das wilde Ducantal sowie das schmucke Walserdorf Monstein und das malerische Sertig Dörfli. Kurzum: ein hochalpines Streckenjuwel! Ein nicht mehr aus dem Rennkalender wegzudenkender Klassiker ist der Gold Run (42,7 Kilometer). Auf dem ersten Teil sowie der Schlussphase verläuft er auf den Trails des Diamond Run und ebenfalls über den Scaletta- und den Sertigpass. Als Geheimtipp erweist sich der Silver Run (23,6 Kilometer). Er folgt den früheren Spuren der Walser. Von Klosters aus führt der Weg durch eine romantische Schlucht über den Wolfgangpass (1631 m ü. M.) als

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Nachhaltiger und regionaler Nach der geglückten Premiere mit der Namensänderung und diversen inhaltlichen Anpassungen ist das Organisationsteam, das ausschliesslich aus Einheimischen besteht, bestrebt die Veranstaltung stetig weiterzuentwickeln. Einsitz im Organisationskommittee hat u.a. Jasmin Nunige, die mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung als TrailAthletin und Absolventin unzähliger Langdistanz-Rennen die Sicht der Teilnehmenden sowie der Trail Running Industrie in die Organisation einbringt. Die mehrfache Swissalpine-Gewinnerin und ihr Team sind bestrebt, den Lauf stetig in Richtung Nachhaltigkeit und Regionalität weiterzuentwickeln. Wer sich frühzeitig für eine Teilnahme entschliesst, kommt bei einem Start am Diamond Run oder am Gold Run in den Genuss einer ermässigten Teilnahmegebühr.

Die Strecken im Überblick Diamond Run: 67,6 Kilometer (+/-2980 Meter). Davos–Scalettapass–Sertigpass–Sertig Chleinalp–Fanezfurgga–Monstein–Jatzmeder–Sertig Sand–Davos. Gold Run: 42,7 Kilometer (+/-1424 Meter). Davos–Scalettapass–Sertigpass–Sertig Sand-Davos. Silver Run: 23,6 Kilometer (+631/-279 Meter). Klosters–Wolfgangpass–Davos. Bronze Run: 9,3 Kilometer (+/-163 Meter). Davos–Clavadel–Davos.


SPECIAL Pfingsten am Mittelmeer

Ab ans Meer Text: DENIS WISCHNIEWSKI, BENNI BUBLAK,

Fotos: Goran Jakus

CLEMENS NIEDENTHAL

Die Pfingsferien sind längst die neuen Sommerferien. Die Freude über warme Temperaturen ist noch unverbraucht, die Sehnsucht nach Zeit unter freiem Himmel riesig. Wer im Süden Europas, am Mittelmeer laufen möchte, ist mit Mai oder Juni ohnehin besser beraten als im Juni und August. Unsere Reisetipps auf den folgenden

Seiten sind durch Trailrunning-Reisen der vergangenen Jahre entstanden. Immer wieder war die Redaktion auf Elba, Sardinien und auf Traumtrails mit Blick über die Adriaküste. Von einem fast menschenleeren Strand aus hinauf auf einen Gipfel zu laufen, salzige Meerluft zu atmen und trotzdem das Gefühl zu haben, dass man 6/2022 62 3/2023

Teil einer Bergwelt ist, ist ein ganz besonderes Erlebnis. Vielleicht ist die Kombination aus Meer, Küste , Berge und Höhe, das überhaupt Beste was man als Trailrunner bekommen kann. Am Ende lässt es sich sogar als Formel aufstellen: Meer x Urlaub + Berge x Hobby = Alles was man haben will.


Die besten Strecken Auf Cres und Lošinj zu laufen ist anspruchsvoll. Das sollte man vorweg schicken, denn das Gelände ist oft weglos, wild, felsig und Dornenbusch bewachsen. Im Prinzip ist der 149 Kilometer lange Fernwanderweg Via Apsyrtides mit seinen 4000 Höhenmetern ein perfekte Gelegenheit zu laufen. Die Route lässt sich in 11 Etappen teilen und ist nahezu perfekt markiert. Über die Webseite wwwviaapsyrtides.hr findet man alle Infos zur Strecke, Region und zu Unterkünften. Die Abschnitte sind im Detail beschrieben und bebildert. Ein Trip-Planer mit Taxi und Gepäcktransport macht aus diesem Urlaub den besten Trail-Etappenlauf deines Lebens.

Die Anreise

INSEL WIE WILD LOŠINJ Ich bin fast ein Einheimischer auf Lošinj, obwohl ich mich kaum auf der Insel auskenne! Mathematik: Ich war achtmal auf dem kroatischen Eiland, bin 50 Jahre alt und laufe seit 15 Jahren auf Trails. Wie schnell bin ich?

Über München, Salzburg nach Villach durch Slowenien und Ljubiljana bis an die Hafenstadt Rijeka wo die Fähre wartet. In ungefähr 90 Minuten erreicht man Cres. Von dort führt die Autofahrt in den Süden und Mali Lošinj. Von München bis Rijeka sind es ungefähr 550 Kilometer. Für Autobahn , Karawankentunnel (7,80 Euro) und Tauerntunnel (13,50 Euro) fallen Gebühren an.

Die beste Reisezeit Ab März erlebt man ein wunderbare Blütezeit des Lorbees, Eukalyptus und Rosmarins. Bis Juni sind die Temperaturen ideal für Läufe und Wanderungen. Juli und August laden zwar zum Baden ein und sind weitestgehend ohne Niederschläge, aber es ist spürbar heiß. Ab Mitte September bis in den Oktober hinein wird es wieder deutlich angenehmer.

2 Tipps auf Lošinj

Eine kleine Geschichte zu Lošinj Meine Eltern kannten in einem bestimmten Lebenszyklus, in meiner Autoniomiephase, nur Jugoslawien. Das Bier war billig, das Essen ein Schnäppchen, die Temperaturen immer hoch. Garantiert FKK-sicher! Auf Lošinj tummelten sich Ende der 1970er Jahre Massen an deutschen Touristen, ganze Sportvereine, die plötzlich das Nacktsein entdeckten, tagsüber in der Sonne brutzelten um am Abend Grillfleisch, Makrelen, und billigen Rotwein in Unmengen zu konsumieren. Lošinj war der perfekte Ort für Sonnen, Grillen, Chillen, Fressen und Schnorcheln. Was für meine Eltern gut war, war für mich damals ebenso schön. Für Jahrzehnte war Lošinj für mich als eine Kindheitserinnerung verschlossen und archiviert. Bis eine Einladung kam, die mich neugierig machte. Ein Rennveranstalter lud an eben jenen Ort, der mir fast aus meiner "Urlaube-die-ich-machte-Bibliothek" gerutscht wäre. Also auf zurück in die Zukunft. 14 Tage dort wo ich als Kind niemals nie einen Trailrunner oder Jogger sah, weil kein Mensch auf die Idee kam bei 38 Grad laufen zu gehen. Die Idee, die Insel 150 Kilometer im "Off-Trail" nonstop zu durchqueren, wäre damals wohl eine Meldung in den Hauptnachrichten gewesen, oder eben überhaupt keine. Nun war ich also wieder auf dieser Insel, die noch immer so riecht wie damals. Sie ist karg, das Wasser klar, eine Schönheit die man selten findet. Für manches hier braucht man den zweiten Blick, Das Rennen brach ich nach 35 von 150 Kilometern ab - zu krass, zu wild und weglos für mich. Aber in den Folgetagen erlief ich mir schöne Teile der Insel und runierte auf messerscharfem Fels zwei Paar Aussensohlen. Mein Plan für die kommenden Jahre: Ich laufe in Etappen und ganz entspannt den Fernwanderweg Via Apsyrtides über 149 Kilometer, eine abenteuerliche Querung der beiden Inseln Cres und Lošinj. Diese Strecke ist seit einigen Jahren perfekt markiert und wird künftig von Wandersleuten und Trailrunners gleichermassen entdeckt. Das Rennen das ich lief war übrigens ein einmalige Sache - es blieb bei der Premiere, aber vermutlich werden künftig auf kürzeren Teilabschnitten Wettkämpfe stattfinden. Ich halte euch auf dem Laufenden.

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Für Camper gibt es viele ganz unterschiedliche Plätze in diversen Preislagen. Ein Tipp für alle, die es kleiner und ruhiger möchten, empfehlen wir den ruhigen und attraktiv gelegenen Platz Camping Rapoca (https://losinia.hr/) bei Nerezine. Kleiner Platz mit wenigen Meter zur Ortsmitte. Wer es größer und mit mehr Angebot möchte, kann im Camping Cikat im Meer baden, riesige Pools nutzen, diverse Restaurants besuchen und auf eine Dorfähnliche Infrastruktur zurück greifen. Zudem ist der Weg in de großen Ort Veli Lošinj nur kurz. www.camp-cikat.com Ein Ort wie gemacht für alle entspannte Touristen und Aussteiger: Konac an der Nordspitze von Cres ist ein verträumter Ort mit kleinem Hafen und lässiger Beachbar.


SPECIAL Pfingsten am Mittelmeer

WILDE TIERE WILDE TRAILS SARDINIEN

Romantisch kleine Buchten, uralt verschlungene Eichen und wunderbar verblockte Trails– dies alles und noch viel mehr findet man auf der italienischen Insel. Immer präsent: Das Meer.

Die besten Strecken Zum Trailrunning gibt es mehrere Gebiete, die sich anbieten. Die Berge sind nicht so hoch wie auf Korsika und nicht so erschlossen, wie auf Mallorca, dafür umso wilder: Vom Fährhafen Olbia schnell zu erreichen ist das beliebte Supramonte Gebirge. Hier überzeugt das vielfältige Angebot aus Gebirgsund Küstentrails. Streckentipp 1: Neben dem schon angesprochenen Track zur Cala Luna, ist diese LongRun-Runde, die man wahlweise von Santa Maria Navarese oder der Pedra Longa starten kann, ein echtes Trail-Juwel über spektakuläre Küstentrails. Streckentipp 2: Wer von der Fähre auf dem Weg gen Süden ist, sollte in Orosei halt machen und über den wunderschön schmalen Steinmännchen-Grat hinauf auf den Monte Tuttavista und seine majestätische Christusstatue laufen.

Die Anreise

Eine kleine Geschichte auf SARDINIEN Es ist 9 Uhr morgens. Ich stehe komplett allein an einem der schönsten Strände Sardiniens. Die seichten Wellen des türkisblauen Meeres beenden ihre Reise mit dem typischen Brandungsgeräusch am weißen Sandstrand, der normalerweise äußerst gut besuchten Cala Luna. Da die Bucht aber nur per Motorschlauchboot oder über eine fünf Kilometer lange Wanderung erreichbar ist, waren die einzigen Lebewesen, die ich um diese Uhrzeit antraf, ein paar wilde Kühe. Obwohl, das stimmt nicht ganz: Als ich meinen Lauf nach der kurzen Strandpause fortsetzen will, treffe ich auf einen weiteren herrenlosen Fellfreund. Mein Weg zur nächsten, noch viel abgelegeneren und einsameren Bucht, der Cala Sisine, führt direkt durch das eingezäunte Grundstück eines kleines Strandrestaurant, verrät mir meine Uhr. Dieses hat im Frühjahr aber anscheinend noch nicht geöffnet. Und der einzige Hausherr, der mich begrüßt, ist ein wild bellender Hund. Am Rande sei erwähnt, dass man sich auf Sardinien an freilaufende Vierbeiner gewöhnen muss. Während die wilden Ziegen, Pferde und sogar Babyschweine, die ich auf meinen Läufen traf, eine willkommene Abwechslung darstellten, sind die Hunde tatsächlich am nervigsten. Hat man das Grundstück, welches sie mit aggressivem Gebaren zu verteidigen gesuchen aber hinter sich gelassen, kehrt auch wieder Ruhe ein. Mein Problem ist aber nun, dass ich das Grundstück betreten muss, um meinen Weg fortzusetzen. Leider werden meine lauten Rufe nach zweibeinigen Artgenossen nicht erhört. Tatsächlich scheint der Vierbeiner der einzige Bewohner zu sein. Irgendwie muss dieses Grundstück doch zu umgehen sein, denke ich. Aber weit gefehlt. Sicher eine halbe Stunde irre ich herum. Aber auf der einen Seite versperrt dorniges Gestrüpp den Weg und auf der anderen Seite steile Felswände. Weil der Weg von der Cala di Fuili zur Cala Luna ein zwar ziemlich verblockter aber doch gut laufbarer und zudem wunderschön über dem Meer gelegener Trail war, laufe ich ihn halt einfach erneut hin und zurück, bevor meine Mitreisenden per Boot an der Cala Luna eintreffen. Vielleicht war dies sowieso die bessere Option. Der deutlich seltener begangene Weg zur Cala Sisine wäre wohl deutlich schwieriger zu finden und nur schwer laufbar gewesen. Wer auf Sardinien läuft, hat die Chance, die kleinen und feinen Traum-Orte zu finden. Oft liegen diese aber am Ende von wilden und anspruchsvollen Pfaden, die eine umsichtige Tourenplanung erfordern, einen jeden ambitionierten Trailrunner aber jubilieren lassen.

Wir empfehlen unbedingt die Anreise per Fähre: Von Livorno oder Genua erreicht man die Insel perfekt über Nacht im eigenen Auto oder sogar Camping-Bus. Wer wenig Zeit mitbringt, kann natürlich auch nach Olbia (im Norden) oder Cagliari (im Süden) fliegen und sich einen Mietwagen nehmen.

Die beste Reisezeit Normalerweise wird der Sommer von Juni bis Oktober als beste Reisezeit für Sardinien angegeben. Wir empfehlen aber ausdrücklich auch die Vorsaison im April und Mai oder später im September oder Oktober. Zwar hat man da keine Schönwettergarantie, aber dafür ist es um einiges leerer auf der Insel. Achtung: Nicht alle Campingplätze haben geöffnet. Dafür wird das Freistehen mit dem Camper noch geduldet.

Unterkunfts-Tipp auf Sardinien Eine Ferienwohnung in Santa Maria Navarrese wäre ein charmanter Aufenthaltsort und ein guter Ausgangspunkt für viele Trail-Touren. Direkt an der Küste südlich der Stadt findet man auch mehrere Campingplätze. Wer möglichst viel von der Insel sehen will, kommt aber nicht umhin, sich öfters ins Auto zu setzen, um zum Start seiner Entdeckungsläufe zu gelangen. Ein ebenso schöner, weitläufiger und sauberer Campingplatz liegt im Nordosten der Insel. Ideal für alle die mit der Fähre in Olbia ankamen und schnelle "anlegen" wollen. https://campingcalaginepro.net/

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Fotos: Benni Bublak


SPECIAL Pfingsten am Mittelmeer

QUERUNG MIT UMWEGEN ELBA

Zweimal war ich bereits auf Elba. Einmal als Laufbeginner und Jahre später als erfahrener Trailrunner - beide Male erlebte ich die Insel als ein magisches Revier!

Eine kleine Geschichte auf ELBA Nein, viel mehr zwei kleine Geschichten, denn mein erster Besuch auf Elba ist gut 15 Jahre her und brachte mich als Laufsport-Rookie auf die Insel. Ich hatte Glück – ein einheimischer Trailrunner nahm mich für zwei oder drei Läufe mit auf seine Geheimtrails. Das war ganz sicher ein Erlebnis, das nicht jeder Tourist erfährt und erläuft. In gebrochenem Englisch lernten wir uns kennen, nein, es war damals wohl weniger das gesprochene Wort, das uns einander näher brachte, als vielmehr dieses ungewöhnliche Hobby im hohen Pulsbereich. Seinen Namen habe ich vergessen – mein Dank an ihn ist zeitlos und unvergessen. Vor rund zwei Jahren wiederholte ich den Elba-Trip. Die Insel war unverändert, aber ich als Mensch und Trailrunner ganz anders - älter, erfahrener und mit einer anderen Sicht auf viele Dinge. Als ob ich damals vor 15 Jahren einfach nicht so richtig die Augen offen gehabt hatte. Diesmal saugte ich die Insel in mir auf, plante intrinsisch meine Routen mit Bedacht, tiefer Freude und Dankbarkeit. Mein Highlight des Urlaubs war ein allabendlicher Ramazotti-Sprizz als Sundowner am Beach. Nein. Gelogen! Der Höhenpunkt war die Querung der gesamten Insel auf dem Fernwanderweg GTE, Grande Traversata Elbana, rund 50 Kilometer lang und mit allen Schönheiten Elbas bestückt. Ich startete also zu spät am Vormittag im nordöstlichen Cavo um unfassbar flüssig und schnell in wenigen Stunden die Mitte der Insel bei Valcarene zu erreichen. Dort dachte ich unter goldener Spätsommer-Sonne, dass es bis ans Ziel in Pomonte, in den Südwesten, ein Katzensprung wäre, aber die zweite Hälfte über den Monte Capanne, der doch immerhin über 1.000 Meter hoch ist, wurde zur kleinen Hölle. Ohne Stirnlampe, ohne Mobilnetz, kroch ich kurz vor Mitternacht über ein Meer aus Felsen, weglos hinab nach Pomonte. Meine Frau war stinksauer, wütend vor Sorge. Ein Tag der gespaltener nicht sein kann. 35 Kilometer voller Wonne. 15 Kilometer für die Tonne. Ich legte in jedem Fall zwei Ruhetage ein und lief dann, wie alle anderen Urlauber, die Trails entlang der Küste, immer mit epischem Ausblick und auf Unterarm-schmalen Singletrails. Was soll ich nun empfehlen? Den GTE? Diese 50 Kilometer am Stück? Unbedingt ja, aber mit frühem Start am Morgen und voller Lampe. Den Ramazotti-Sprizz am Beach? Unbedingt. Jeden Abend.

Die besten Strecken Es ist die Königsstrecke der Insel, die ganze Insel in einem. 50 Kilometer oder auch einwenig länger. Wahlweise der Start im Südwesten oder Nordosten direkt am Strand. Ein sagenhafter Tagestrail, der 6 Stunden dauern kann oder eben auch 15 - je nach Lust, Laune und Pausenbereitschaft. Die Grande Traversata Elbana, der GTE, gehört für alle die auf Elba gerne hiken und Trails laufen zum Zentrum der Lust. Mehr Infos und Details: www.infoelba.net/sport-und-freizeit/sportan-land/trekking/routen-wanderwege/gte/ Auch an der Küste direkt gibt es unzählige tolle und beschilderte Trails. Eine meiner liebsten Speed-Trails am Abend mit spätem Licht ist im Süden der Insel ab dem Spiaggia di Laconella in Richtung Westen, immer am Ufer entlang auf einsamen Halbhöhentrails, die allesamt einfach zu laufen sind. Auf einer 15 Kilometer Runde erreicht man einige Aussichtspunkte und kann die Tour optional über den traumhaften Spiaggia di Ripa Nera ausbauen. Auf den Trails der Marathon-WM Mountainbiker lässt sich auch gut laufen. Am Monte Calamita, im Südwest-Zipfel Elbas verstecken sich Trails, die man in dieser Form nur selten findet. Von den Bikern „präpariert“ kann man hier auf echten Rennstrecken laufen und dabei alle 100 Meter anhalten und die Aussicht aufsaugen.

Die Anreise Wem Sardinien zu weit ist, die lange Fährfahrt meiden möchte, kann Elba schneller erreichen. Anstatt 7 oder gar 10 Stunden auf dem Schiff, erreicht man Elba von Piombino nach Portoferraio in nur rund einer Stunde. Kaum auf der Fähre schon wieder an Land und von dort im Prinzip an allen Plätzen, Hotels oder Pensionen in nicht mehr als 1,5 Stunden Fahrt. Kosten für die Fähre liegen bei 75 Euro (Mai, 2 Personen in einem Auto)

Die beste Reisezeit Ähnlich wie Sardinien ist Elba für sportlich Aktive im Mai, frühen Juni und gesamten Oktober eine Insel zum Austoben. In den Hauptsommer-Monaten ist die Hitze am Tag belastend, späte und frühe Trailruns können aber auch dann Spaß machen.

2 Tipps auf Elba Massimo Russo, der Local der mich damals netterweise mit auf seine geheimen Trails nahm, veranstaltet am 21. Mai den ELBA TRAIL. Zur Auswahl stehen 25 oder 60 Kilometer. Infos unter: www.elbatrail.it Der vielleicht am idyllischsten gelegene Campingplatz mit moderner Ausstattung liegt im Süden und heißt www.campinglaconella.it

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Fotos: Denis Wischniewski


SPECIAL Pfingsten am Mittelmeer

ALPEN & ADRIA SLOWENIEN

Die besten Strecken

Eine kleine Geschichte aus Slowenien

In Izola gibt es, in diesem Jahr am ersten Novemberwochenende, auch ein Trailevent mit Strecken von 12 bis 100 Kilometern, mit ITRA-PUnkten und all dem ganzen Krams. Die Trails führen entlang der Adriaküste und dann ins Landesinnere – beziehungsweise aus dem Landesinneren an die Adriaküste und weiter ins beschauliche Izola. Die Tracks sind auf der Homepage abrufbar; www.obalaultratrail.si

Die Alpen beginnen, wo das Meer aufhört. In Piran etwa, das einmal zu Venedig gehört hat. Heute gehört es den Fußgänger:innen. Autos müssen draußen bleiben. Wir sind eh zum Laufen da

Warum man unbedingt zum Laufen nach Slowenien kommen sollte, habe ich in Kroatien gelernt. Kroatien ist von Piran, wo diese Geschichte haupsächlich spielt, gerade einmal 40 Kilometer weit entfernt. In Kroatien, genauer am Kvarn, in Mošćenička Draga, hat mir Stiven Vusic, Wirt eines beeindruckenden Fischrestaurants und nebenbei einer der besten Trailläufer des Landes, erzählt, wie sportbegeistert die Slowenen seien. In Kroatien hingegen hieße Sport vor allem Fußballgucken. In Slowenien hingegen sind die Menschen unterwegs. Im Rennrad- oder Mountainbikesattel. In Trailrunningschuhen. Weshalb es mich dann nach Piran zog, der pitoresken Hafenstadt an der Adriaküste, die einmal zu Venedig gehört hat und später zum Kaiserreich Österreich-Ungarn, und nicht in die slowenischen Alpen, hängt mit dem Thema dieser Geschichte zusammen. Das Mittelmeer, Sehnsuchtsort. Und der Wunsch, den Sommer zu konservieren. Damals in einem späten Oktober, der hier im Süden noch Kurze-Hosen-Wetter versprach. Oder eben im Mai, wenn auf den höheren Bergen noch immer Schnee liegen kann. Überhaupt ist das mit den Bergen ja relativ. Von Null auf 800 Höhenmeter sind es auch: 800 Höhenmeter. Sowas bekommt man hier lässig an einer langen Laufrunde hin. Und außerdem liese sich der Trilav, Sloveniens höchster Berg, ungefähr auf dem Niveau der Zusgpitze, oder der latent nostalgische Wintersportort Kranjska Gora lässig auf der An- oder Abreise einplanen. Genauso das melancholisch-weltstädtische Triest. Hier wären wir bereits in Italien, aber auch das liegt nur einen langen Lauf weit entfernt. Etwa auf der Trasse der historischen Schmalspurbahn, auf der schon seit den 1930er-Jahren kein Zug mehr verkehrt. In Piran sollte man unbedingt: die Tage am Platz des 1. Mais beschließen. Dort ist nämlich das Rostelin, ein handwerkliches Restaurant, dass sich der ländlichen Küche Sloveniens verschrieben hat und unglaublich tolle Pasta macht. Und auch das Fritolin Pri Cantini, wo junge, lässige Menschen den Fang des Meeres auf den Grill oder in die Friteuse werfen. Dazu gibt es (lokales) Bier oder (lokalen) Wein aus der Kneipe nebenan. Man trinkt reinen Gewissens, schließlich rennt man am nächsten Morgen ja gleich wieder los.

Warum eine Laufstrecke empfehlen, wenn man gleich ein ganzes Rennen empfehlen könnte? Oder noch besser: ein ganzes Festival? Den Triglav Trailrun zum Beispiel, in diesem Jahr von 18. bis zum 20. August. Vier unterschiedliche Distanzen von 14 bis 86 Kilometern und 480 bis 4500 positiven Höhenmetern. Dazu eine Expo,Podiumsgespräche und, ja, ein kulinarisches Begleitprogramm. Wer an den übrigen 362 Tagen des Jahres an den Trigalv reist: Auch dafür bietet die Homepge des Festivals hinreichend Inspiration: www.triglavtrailrun.com Wenn in Piran, das ist die beindruckende Altstadt auf dem nebenstehenden Bild, dann unbedingt gen Norden entlang der Adriaküste laufen, das ist die ausgesetzte Landschaft auf dem anderen nebenstehenden Bild. Von Piran durch das Naturreservat Strunjan-Stjuža bis ins Nachbardorf Izola. Hin auf der Trasse der ehemaligen Schmalspurbahn Triest-Poreč. Der Weg führt etwa durch mehrere Tunnel. Zurück mal oberhalb der Steilküste, dann wieder unten, mit einem Fuß im Meer.

Die Anreise Zum Beispiel mit dem Zug. Bis Triest gibt es inzwischen passabel ineinandergreifende Fernzugverbindungen. MIt dem Auto am elegantesten über den Felbertauerntunnel, Ost-Tirol, Udine und Triest. Oder via Salzburg und Kärnten. An der (recht kurzen) slowenischen Adriaküste empfiehlt sich das Fahrrad – oder die Laufschuhe.

Die beste Reisezeit Immer dann, wenn im Norden kein Sommer ist. Hier im Süden aber schon. Oder noch. Also eben an einem verlängerten Pfingstwochenende. Oder im September im Oktober. Im Juli und August ist es nicht nur heiß, sondern vor allem sehr voll.

Zwei Tipps in Piran Der lokale Anbieter momente.si vermietet charmente Ferienwohnungen und ist ähnlich charmant in der Abwicklung. Wir empfehlen das Haus Romeo samt Dachterrasse über der Altstadt – und einen Ausflug zum biodynamischen Weingut Butul im Hinterland von Koper, großartiges Restaurant, dort heißt das Food Atelier: www.butul.net

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Fotos: Clemens Niedenthal


EVENT Vorschau Trail WM 2023

WELTSPIELE UMS ECK

Text: BENNI BUBLAK Fotos: ROASTMEDIA

Nach Thailand findet die Weltmeisterschaft der Berg- und Trailrunner im Juni in Innsbruck und Stubai statt. Ein Ausblick.

Eine Race-Preview in einem Printheft, das nur alle zwei Monate erscheint? Das macht aufgrund der schwierig umzusetzenden Aktualität wirklich nur in Ausnahmefällen Sinn. Für den UTMB haben wir das schon mal gemacht. Dass wir dies jetzt auch für die im Juni anstehende Trail- und Berglauf WM in Innsbruck/Stubai tun, zeigt welchen Stellenwert diese, in vielen Punkten neu aufgesetzte, Veranstaltung hat. Eine Weltmeisterschaft neu aufgesetzt? Richtig. Dass Bergläufer und Trailrunner an einem Ort, zur gleichen Zeit ihre weltbesten Athlet:innen auslaufen, ist ein Novum und wurde bei der WM in Thailand im letztjährigen November erstmalig umgesetzt. Nicht weniger als die Zusammenarbeit dreier, sich in ihren Interessen und Zielen doch divergierender, Verbände (IAU, ITRA, WMRA) war dazu nötig. Thailand gehörte das Debüt, doch dass Innsbruck im Herzen der Alpen als Gastgeber nochmal ein ganz anderen Anspruch und auch andere Möglichkeiten mitbringt, was Exklusivität, mediale Außendarstellung und Glamourösität betrifft, haben wir schon aus einigen Vorgesprächen mit den Veranstaltern vernommen. Da wird es einen Livestream geben, der nicht nur die Zieleinläufe und kurze Eindrücke von der Strecke einfängt, sondern das komplette Renngeschehen abbilden wird. Und das in fünf verschiedenen Sprachen. Der Zieleinlauf mitten in der Innenstadt von Innsbruck wird den nötigen, feierlichen Rahmen garantieren. Sogar ein künstlicher Trail wird direkt vor dem Goldenen Dachl über den Asphalt gelegt. Mit der Anbindung des Innsbruck Alpine Trailrun Festivals an die WM (das IATF findet eine Woche vorher statt), steht die Einladung an Trailrunner:innen aus nah und fern: Reist nach Tirol, lauft eine der sieben Strecken beim IATF und helft anschließend mit, ein würdiges Ambiente am Rande der WM-Strecke zu schaffen. Dass die geologischen Voraussetzungen für eine Trail-WM im Herzen der Alpen nicht besser sein könnten, steht sowieso außer Frage. Es gibt wohl nicht viele Orte wie Innsbruck, an denen man die nötige urbane Infrastruktur für solch ein Event vorfindet und gleichzeitig mit wenigen Schritten jener Urbanität entfliehen kann, um sich auf alpinen Pfaden wiederzufinden. Und wen werden wir auf diesen Pfaden anfeuern dürfen? Emelie Forsberg, Stian Angermund und Hannes Namberger haben ihre Teilnahme schon verkündet. Die offiziellen Nominierungen der Verbände stehen aber noch aus und werden wohl erst im April und Mai stattfinden. Also vielleicht jetzt, wo ihr dieses Heft in den Händen haltet. Sind Walmsley, Peterman, Bonnet, Dauwalter, Schide, und Co. dabei? Zumindest die Chancen, dass die beiden Amis Jim Walmsley und Adam Peterman starten und die Gold-Medaillen beim Long Trail anvisieren, sind hoch. Nicht laufen wird wohl Kilian Jornet. Vor Ort

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wird er wohl trotzdem sein, wenn seine Lebensgefährtin Emelie am Start steht. An internationalem Glamour wird es dieser WM wohl nicht mangeln. Jonathan Wyatt, Berglauf Legende und ehemaliger Präsident des Berglauf-Weltverbandes, ist 2002 in Innsbruck Berglauf Weltmeister geworden. Der Neuseeländer weiß also, wovon er spricht, wenn er folgendes verlauten lässt: „Als ich gehört habe, dass Innsbruck-Stubai die WMTRC 2023 ausrichten werden, habe ich mir gedacht: Wow, das ist so perfekt für den Sport.“ An sein eigenes Rennen vor über 20 Jahren erinnert er sich noch lebhaft: „Ein unglaubliches Rennen. Der Nebel war so stark, dass man nur 50 Meter weit gesehen hat und ich nicht wusste, wie weit die anderen Läufer hinter mir sind. Also bin ich weiter und weiter gelaufen. Sicher kein toller Tag für Zuschauer. Daher hoffe ich, dass das Wetter in diesem Jahr besser sein wird.“ Das hoffen wir auch. Wir sehen uns. Anfang Juni! In Innsbruck und im Stubaital!


Das Programm im Überblick

Zahlen zur WMTRC 2023

1. bis 3. Juni EXPO / Messe

Circa 1.500 Athlet:innen aus 63 Nationen gehen an den Start Über 400 freiwillige Helfer Den größten Kader wird wohl Italien aufweisen, die mit 61 Personen anreisen Vom 1. bis 10. Juni 2023 wird es eine große Trail-Expo geben Die Veranstalter suchen noch immer Volunteers für sämtliche Einsatzbereiche

6. bis 10. Juni EXPO / Messe 1. bis 3. Juni Vorprogramm & Innsbruck Alpine Trail Festival 6. Juni Eröffnungsfeier WMTRC 7. Juni Vertical Race / Stubai 8. Juni Trail Short / Stubai & Innsbruck 9. Juni Trail Long / Stubai & Innsbruck 10. Juni Mountain Classic / Innsbruck 10. Juni Abschlussfeier / Innsbruck Alle Infos unter: www.innsbruck-stubai2023.com

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EVENT Vorschau Trail WM 2023

Die 4 WM-Strecken im Überblick

INNSBRUCK / 6. Juni 2023

Vertical

7,3 km 1020 hm INNSBRUCK / 6. Juni 2023

Trail Short

44,6 km 3132 hm INNSBRUCK / 6. Juni 2023

Trail Long

85,6 km 5554 hm INNSBRUCK / 6. Juni 2023

Mountain Classic

13,7 km 751 hm 72 3/2023

Der klassische Berglauf! Nach zwei flachen Dorfrunden in Neustift im Stubaital geht es direkt über schmale und steile Waldtrails hinauf. Im Mittelteil wird es kurzzeitig auf einer Forststraße etwas flacher, bevor der Schlussanstieg wieder steil über eine Wiese bis zur Elfer Bergstation führt. Unser Tipp für alle Zuschauer: Im Vorfeld findet ein offener Lauf über dieselbe Strecke statt. Wer teilnimmt, kann sich anschließend oben auf den letzten 200 Höhenmetern platzieren und mithelfen, eine einzigartige Alpe d’Huez-Atmosphäre für die WM Läufer zu kreieren. Wer es gemütlicher mag, fährt mit dem Lift direkt zum Ziel. Da Frauen und Männer in verschiedenen Wellen starten, kann man zwei Rennen verfolgen. 85% Trailanteil, kaum Forst- oder gar Asphaltstraße. Das kann sich sehen lassen. Der Trail Short startet in Innsbruck und endet im Stubaital. Der Beginn ist sehr laufbar. Interessant zu beobachten, wer hier die Bremse schon (zu) früh aufmacht. Erst mit dem Anstieg zur Mutterer Alm wird es steiler. Anschließend am Fuße der Kalkkögel auch kurzzeitig technisch, aber immer gut laufbar. An der Starkenburger Hütte angelangt, trennt die Läufer:innen nur noch ein steiler Wald-Downhill vom Ziel in Neustift. Unser Tipp für alle Zuschauer: Ein Trainingslauf zu Mutterer Alm und Birgitzköpflhaus bringt einen mitten hinein ins Renngeschehen zwischen Kilometer 20 und 25. Alternativ kommt man per Lift von Fulpmes an die Strecke. 85 Kilometer mit fast 6.000 Höhenmetern. Der Long Trail hat es in sich. Eine trailige Waldrunde im Stubaital, technisch entlang der Kalkkögel, laufbar aber wunderschön ausgesetzt über einen Grasgrat, hinab ins Inntal, ein knackiges Finale auf unwegsamen Pfaden der Nordkette, bevor das Ziel in der Altstadt von Innsbruck wartet. So der kurze Abriss dieser phänomenal attraktiven und alpin-fordernden Ultratrail-Strecke. Unser Tipp für alle Zuschauer: Wer beim Start in Neustift dabei ist, sieht die Läufer zweimal. Danach verfolgt man das Renngeschehen am besten per Livestream, während man sich selbst an der Nordkette (Ümbrüggler Alm, Höttinger Alm o.ä.) über Innsbruck platziert und die Weltmeister:innen in Empfang nimmt. Das große Finale am letzten Tag bietet die volle Action. Ein sieben Kilometer langer Rundkurs mit 370 Höhenmetern wird zweimal passiert. Dabei bietet die Strecke am meisten urbanen Charakter. Die von der Rad-WM bekannte, super steile Asphaltstraße namens „Höll“, ist genauso dabei, wie ein künstlicher Trail Parcour in der Altstadt. Aber auch schmale Singletrails im unteren Teil der Nordkette müssen die Läufer:innen mit viel Speed passieren. Unser Tipp für alle Zuschauer: Am besten ihr platziert Euch an einer Stelle und bleibt dort. Der Zuschauerparkplatz am Gramartboden-Parkplatz bietet sich genauso an, wie das Start/Ziel Areal in der Innenstadt. Frauen, Männer sowie Junioren (nur eine Runde) starten in unterschiedlichen Wellen.



TRAINING Beckenboden

DER BECKENBODEN 1.

Der Beckenboden – geliebt, gehasst oder irgendwas dazwischen. Aber viele Frauen werden mir Recht geben. Er ist wichtig, extrem wichtig! Es handelt sich dabei um ein System aus Muskeln, Bändern, Bindegewebe und Nerven, die sich an der Unterseite des Beckens befinden. Er liegt ähnlich wie eine Hängematte im unteren Becken und soll die Blase sowie sämtliche Organe stützen. Er wird auch als das innere Kraftzentrum und die geheime Bewegungszentrale bezeichnet und besteht aus drei gitterförmig übereinander gelagerten Muskelschichten, die vom Schambein bis zum Steißbein sowie seitlich von einem Sitzbeinhöcker zum anderen verlaufen. Auch wenn er im Alltag kaum oder wenig wahrgenommen wird, wenn er zu schwach ist, kann es leider zu Inkontinenz führen, beim Husten, Niesen, Lachen, Springen oder eben auch Laufen. Das Sprichwort „Das kann in die Hose gehen“ bekommt in diesem Zusammenhang leider auch nochmal eine andere Bedeutung. Ebenfalls während einer Schwangerschaft und Geburt ist der Beckenboden der Frauen vielen Änderungen ausgesetzt und kann seiner Funktion

als „Dichthaltemuskel“ nicht nachkommen. Zum Glück kann jeder aktiv etwas dagegen oder besser dafür machen. Gezieltes Beckenbodentraining beugt vor oder kann zu einer deutlichen Verbesserung führen. Ein paar Minuten täglich reichen schon aus. Ein gezieltes Beckenbodentraining kann die inneren Muskeln im Beckenbereich stärken. Die Muskeln werden wieder elastischer und können die Organe besser halten. Zusätzlich stabilisiert das Training die untere Wirbelsäule und hilft dabei gegen Haltungsprobleme und Rückenschmerzen. Wir zeigen Euch vier effektive Übungen für einen starken Beckenboden.

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DIE BRÜCKE

Ausgangsposition: In Rückenlage auf den Boden legen, die Füße sind etwa hüftweit aufgestellt, die Arme liegen entspannt neben dem Körper. Ausführung: Atme vollständig aus. Beim Einatmen nun den Beckenboden anspannen und zusammenziehen, das Becken heben und Wirbel für Wirbel hoch rollen während der Rücken in gerader Stellung bleibt. Die Brücken-Position wird am Endpunkt gehalten und die Beckenbodenmuskulatur mit der Ausatmung bewusst angespannt. Oben halten, die Muskulatur beim Einatmen entspannen und mit der Ausatmung erneut Spannung im Beckenboden und den Beininnenseiten aufbauen. Nach 3-5 Wiederholungen Wirbel für Wirbel abrollen und in der Ausgangsposition entspannen. Wirkung: Die Übung ist nicht nur effektiv für den Beckenboden, sondern stärkt außerdem die Po-Muskulatur und die Muskulatur der Oberschenkelinnenseiten. Eine Variante mit einem Kissen zwischen den Knien ist möglich.


Text: MARIE MEIXNER-BRUNNHUBER

3. DER BÄR

Ausgangsposition: Die Ausgangsposition ist auf allen Vieren. Die Hände sind unter den Schultern aufgestellt, die Knie befinden sich unter den Hüften. Das Kissen wird zwischen den Knien positioniert. Durch leichte Spannung der Beininnenseiten wird das Kissen zwischen den Knien eingeklemmt und fixiert. Ausführung: Atme vollständig aus. Beim Einatmen wird der Beckenboden angespannt und die Knie ein paar Zentimeter vom Boden angehoben. Die Position wird nun gehalten, die Beckenbodenmuskulatur mit der Ausatmung bewusst angespannt und die Knie drücken leicht nach innen das Kissen zusammen. Dann oben halten, ausatmen, die Muskulatur entspannen und beim Einatmen erneut Spannung im Beckenboden und den Beininnenseiten aufbauen. Nach 3-5 Wiederholungen die Knie wieder absetzen und entspannen. Wirkung: Mit dieser Übung wird nicht nur der Beckenboden gestärkt, sondern außerdem die tiefe Bauchmuskulatur und die Beininnenseiten.

Ein gezieltes Beckenbodentraining kann die inneren Muskeln im Beckenbereich stärken. Die Muskeln werden wieder elastischer und können die Organe besser halten. RÜCKBEUGE

4.

Ausgangsposition: Für die Rückbeuge komm auf die Matte und in den Kniestand. Die Knie sind im hüftweiten Abstand positioniert, die Arme sind vor der Brust gekreuzt. Ausführung: Atme ein. Beim Ausatmen wird der Beckenboden und die Po Muskulatur bewusst angespannt und der Körper in einer Linie leicht zurück gelehnt. Beim Einatmen komm wieder in die Ausgangsposition und mit dem Körperschwerpunkt wieder genau über die Knie. Dabei ist darauf zu achten, dass die Hüfte gestreckt bleibt. Nach 3-5 Wiederholungen die Hände aufsetzen und in Bauchlage entspannen. Wirkung: Mit dieser Übung wird nicht nur der Beckenboden gestärkt, sondern insbesondere die Muskulatur von Po und Rücken, sowie die Beininnenseiten.

2.

BIRD DOG

Ausgangsposition: Auf alle Viere aufstellen und darauf achten, dass Handgelenke unter den Schultern und die Knie unter den Hüften ausgerichtet sind. Der Kopf zeigt nach unten zeigt, damit die Wirbelsäule ausgerichtet ist. Ausführung: Ausatmen und Bauch und Beckenbodenmuskeln zusammenziehen. Gleichzeitig rechten Arm und das linke Bein anheben, bis sie gerade sind. Den Kopf nicht heben. 5 Sekunden lang in dieser Stellung bleiben. Arm und Bein in die Ausgangsstellung absenken, dabei Stabilität beibehalten. Die gleiche Bewegung mit dem linken Arm und dem rechten Bein ausführen und 5 Sekunden lang in dieser Stellung bleiben. Beide Seiten fünf Mal wiederholen

Wie oft sollten wir den Beckenboden trainieren, damit es etwas bringt? Frischgebackene Mütter sollten erst nach acht bis zwölf Wochen, je nach Befinden und Absprache mit Hebamme oder Frauenärztin, mit dem Beckenbodentraining beginnen. Eine generelle Vorschrift zur Häufigkeit gibt es nicht. Generell gilt natürlich: je öfter es ausgeführt wird, desto besser. Und desto schneller spürt man auch, dass es funktioniert. Wer sich nur ein paar Minuten täglich für die Übungen zur Beckenbodenstärkung Zeit nimmt, wird schon nach wenigen Wochen Verbesserungen spüren. Einfach dran bleiben! Es gilt natürlich: Wenn die Beckenbodenübungen Alltagsroutine geworden sind, es sich jedoch keine Verbesserung einstellt, ist ärztlicher Rat unumgänglich.

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EVENTS Black Canyon UltraHelander / Sana El Kott Helander INTERVIEW Lina El Kott Text: CLEMENS NIEDENTHAL Fotos: ALEXIS BERG

AM TÜRSTEHER VORBEI Dass Janosch Kowalczyk einer der (zwei) besten deutschen Trailläufer ist, hat sich herumgesprochen. Darüber hinaus ist er ein unglaublich schlagfertiger, reflektierter Typ. Ein Gespräch anlässlich seines dritten Platzes beim Black Canyon 100k und seiner Western-States-Qualifikation Janosch, rekapitulieren wir kurz den 17. Februar: Du bist in einem bärenstark besetzen Feld in Mayer, Arizona, Dritter bei einem Ultra geworden. Worüber war die Freude größer, über Deinen Erfolg beim Black Canyon 100k oder über das damit verbundene Golden Ticket für den Western States Endurance Run?

Beides war ziemlich umwerfend. Aber um das zu erklären. muss ich viel weiter ausholen. 2012 bin ich ziemlich aus dem Nichts in der deutschen Ultratrailszene aufgeschlagen, das war halt einfach noch eine andere Zeit. Ich hatte den Black Forest Trailrun gewonnen und dann noch den Allgäu Ultra-Trail und hielt mich in meinem jugendlichen Übermut für unbesiegbar. Über Zufälle bin ich dann gleich noch beim Transalpine Run gestartet, als absolut unerfahrener Rookie, und habe mich kurz gesagt geschrottet. Ich war mehr als eineinhalb Jahre verletzt, habe in dieser Phase aber überhaupt erst verstanden, was Trailrunning und was Ultratrails überhaupt sind. Ich habe einfach sehr, sehr viele Youtube-Filmchen geguckt, auch und gerade über den Western States Endurance Run. Überhaupt über die US-amerikanische Trailszene und ihr sehr besonderes Verständnis für diesen Sport.

Also schließt sich mit Deiner durchaus spektakulären Qualifikation durchaus ein Kreis?

Naja, eigentlich hatte ich ziemlich laut und vernehmlich gesagt, dass ich erstmal keine Hundertmeiler mehr laufen werde. Ich habe es dreimal versucht, und bin dreimal an dieser oder zumindest einer ähnlich langen Distanz gescheitert: Beim Mount Fuji Marathin in Japan, beim TDS in Chamonix und schließlich, wieder in Chamonix, beim Ultra-Trail du Mont-Blanc ...

... woher also Dein Sinneswandel?

Ich bin zwar dreimal aus solch langen Rennen ausgestiegen, aber immer erst nach 16 oder 17 Stunden. Also habe ich mal flink nachgerechnet: nach 17 Stunden sollte ich beim Western States doch schon in Auburn im Ziel sein. Also gut, ich bin zwar diese Distanz noch nie gelaufen, die Zeit auf den Beinen, was viel entscheidender ist, aber schon.

Da höre ich durchaus ein gewisses Selbstbewusstsein.

Ich habe im vergangenen Jahr bei meinem Sieg beim Mozart 100 in Salzburg, einem brütendheißen Rennen gemerkt: Mir liegen solche extremen Bedingungen, gerade die Hitze. Mindestens diesbezüglich gehe ich also entspannt an den Western States ran. Dennoch habe ich mir schon ganz schön Druck gemacht, bis hin zu dem Punkt, dass ich den Black Canyon eigentlich komplett absagen wollte. Ich habe mich dann kurz geschüttelt und mir gesagt; Junge, konzentriere Dich auf das Rennen und gib Vollgas. Den Western States am Ende trotz der eventuellen Qualifikation absagen, kannst Du ja immer noch.

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Nun, Du wirst ihn nicht absagen?

Ich werde im Juni in Kalifornien sein. Das Rennen ist so ein Mythos, das lässt man nicht einfach ziehen.

Beschreibe diesen Mythos?

Das wird eine Aufzählung, im Western States steckt einfach alles drin: Die Höhe, die Hitze, der Schnee, Dirtroads, der Staub, Flussquerungen, unfassbare Temperatursprünge, die Wüste ...

Hast Du Dir schon eine Taktik überlegt?

Die typische Janosch-Taktik: Langsam anfangen und dann mal schauen, was hinten raus so geht. Es geht ja ohnehin in der Höhe los, die Höhe ist mein Erzfeind, dem ich mit Demut begegnen werde. Dann wird es heiß, ich hoffe einmal, richtig heiß, dann werden die Karten neu gemischt. Wenn in einem schnell gelaufenen UTMB die Hälfte der Favoriten aussteigen. können das beim Western States schon einmal zwei Drittel sein.

Wir müssen darüber reden, dass Du für den Western States auf einen möglichen Start bei der Trailrunning Championships in Innsbruck verzichtets. Ein lachendes und ein weinendes Auge? Absolut. Auch wenn noch immer keine lupenrein durchschaubare Qualifikationsstruktur für das deutsche Team geschaffen wurde, für uns Athlet:innen ist die Sache sehr confusing. Dennoch hoffe ich, dass mir die Entscheidung, beim Western States zu starten, nicht übel genommen wird, und ich beim nächsten Mal eine reelle Chance bekomme.


ULTR A DNA RE ADY FOR MORE VICTORIES

ROSANNA BUCHAUER


EVENTS Transgrancanaria Text: BENNI BUBLAK Fotos: IAN CORLESS

COURTNEY, DIE BESTE! Sie ist ein Phänomen. Courtney Dauwalter siegt beim großen Saison-Auftakt-Klassiker. Außerdem: Ein amerikanischer SchuhHersteller nutzt die Transgrancanaria, um eindrucksvoll auf das neue Trailrunning-Team aufmerksam zu machen.

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Es war eindeutig. Sehr eindeutig. Ok, würde es BWIN für Trailrunning geben, die Quote für einen Sieg von Courtney Dauwalter wäre nicht sonderlich hoch gewesen. Dennoch: 105 Minuten Vorsprung lief die Salomon-Athletin auf die Zweitplatzierte Jazmin Lowther hinaus. Das ist selbst über die 128 Kilometer der Transgrancanaria eine ziemlich ordentlicher Vorsprung. Nur sechs Männer waren schneller. Die US-Amerikanerin läuft derzeit definitiv in ihrer eigenen Liga. Kaum vorstellbar, dass sie dieses Jahr wahrscheinlich weder bei der WM in Innsbruck noch beim UTMB starten wird. Einerseits ein Verlust, andererseits macht sie genau dies so sympathisch. Courtney hat ihren eigenen Kopf, lässt sich zu nichts drängen und läuft auch mal vergleichsweise ungewöhnliche Formate wie Backyard Rennen oder den Barkley. Ihrer Beliebtheit tut dies keinen Abbruch. Ach ja. Aus Gender-Equality Gründen sollten wir auch erwähnen, wer bei den Männern die Insel-Querung gewonnen hat. Der Spanier Andreu Simon Aymerich siegte mit fünf Minuten Vorsprung vor dem Portugiesen Miguel Arsenio. UTMB Sieger Pau Capell wurde "nur" Siebter. Was viel außerdem auf beim ersten großen Ultratrail der Saison? Ein neues Team präsentierte sich in großer Mannschaftsstärke und räumte ordentlich ab. Der Schuhhersteller Brooks erlief über die fünf verschiedenen Distanzen gleich elf Podiumsplätze. Darunter: Rea Iseli aus Bern siegte über 24 Kilometer. Alex Hutter aus dem Stubaital wurde Zweiter über 84 Kilometer. Aber auch Neu-Brooks Athlet Christoph Lauterbach aus Kulmbach bewies in neuen Schuhen unverändert starke Qualitäten und belegte den sechsten Platz über hochkarätig besetzte 24 Kilometer. Insgesamt war die Transgrancanaria auch dieses Jahr wieder eine hochklassig besetzte, professionell organisierte und von viel spanischer Leidenschaft getragene Trailrunning-Show. Und dies sogar ganz ohne UTMB Emblem.

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REISE Bregenzerwald

Kultur

Das Gute am Trailrunning, man kann dem Umfug im Tal mit Siebenmeilenstiefeln entfliehen. Doch es gibt Alpentäler, da will man vor lauter tollen Menschen und tollen Dingen fast gar nicht in die Höhe. Willkommen im Bregenzerwald Text & Fotos: CLEMENS NIEDENTHAL 2 /23 80 3/2023


Landschaft 2 /23 81 3/2023


REISE Bregenzerwald

S

Sonntagsgasthaus. Das klingt ein wenig piefig. Wobei, zugegeben, ja gerade ich als Berliner Preuße für die Österreicher:innen der Piefke bin. Dagegen würde ich mich verwehren. Muss ich aber gar nicht, weil dieses Sonntagsgashaus im Örtchen Großdorf gleich unterhalb der spektakulären Betonbogenbrücke über die Subersach, noch viel schöner ist und die verschindelte Holzbrücke auf dem Fußweg etwas tiefer im Tal, zum Glück alles andere als piefig ist. Im Gegenteil: Im Sonntagsgasthaus, das einmal das ehrwürdige Wirtshaus Adler war, herrscht eine Stimmung zwischen gelöster Familienfeier und kulinarischer Aufbruchstimmung. Einheimische sitzen unter gut informierten Tourist:innen und zwei Trailläufer:innen, von denen sich einer (ich!) aufgrund der blöden Idee, an diesem 26-Grad-Oktobertag barfuß in die Trailschuhe zu steigen, gerade eine Blase gelaufen hat. Und am Tresen sitzen die Eltern des Amsterdamer Sternekochs Michael Wolf beim Gin Tonic und freuen sich, dass ihr Sohn mal wieder in der Heimat kocht. Das ist nämlich die Idee des Sonntagsgasthauses: Gastgeberin Irma Renner und der Koch (und Trailrunner) Jodok Dietrich, den wir im Dezember schon in einem Porträt vorgestellt hatten, laden wöchentlich wechselnde Gast:köchinnen ein. Mal wird vegetarisch gekocht, mal sehr fein, oft regional-saisonal, manchmal auch weitgereist. Alder übrigens heißen im Bregenzerwald ziemlich viele Wirtshäuser. Genauso Krone, oder Hirschen. Was eben auch bedeutet, dass es im Bregenzerwald noch viele Wirtshäuser, wirkliche Wirtshäuser, gibt. Unter Leuten Womit wir schon mitten in dieser Geschichte sind. Und mitten unter den Menschen. Weil der Bregenzerwald eben eine jener Alpenregionen ist, die nicht nur von ihren Bewohner:innen geprägt wurde, sondern noch immer geprägt wird. Eine Region, in der der Hotelier Dietmar Nussbaumer aus der ebenfalls so wunderbaren Krone in Hittisau den Alpenethnografen Werner Bätzig, auch den hatten wir schon im Trailmagazin-Interview, dazu einlädt, ein paar Thesen über den Bregenzerwald aufzustellen. Und diese dann als kleines Büchlein verlegt. Und in der die Bauern ihren Käse noch selbst machen, manchmal sogar in großen Kupferkesseln über dem offenen Feuer. Den Kühen, die es für den Käse braucht, begegnet man im Bregenzerwald auf Schritt und Tritt, wobei sie im Jahresrhythmus in die Höhe wandern, vom Tal auf die Voralpe, die Sommeralpe und wieder zurück. Die Handwerker:innen aus der Gegend haben einen so guten Ruf, dass Stararchitekt Peter Zumthor ihnen ein eigenes Haus entworfen hat: den Werkraum, der bald zu einer eigenen Marke geworden ist. In der Krone in Hittisau wurden vom Werkraum etwa die Zimmer und auch der elegante, aber gemütliche Gastraum gestaltet. Im fast benachbarten St. Anton, das ja auch zu Vorarlberg gehört, könnte man vermutlich einen ganzen Skiurlaub verbringen, ohne

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Trailrunning Club Vorarlberg Einen Verein, so richtig mit Satzung und so, aber in cool und auf Augenhöhe: Das ist der Trailrunning Club Voralberg. Wer wissen will wie das geht, vom 26. bis zum 28. Mai veranstaltet Jodok Dietrich und der TRCV ein Camp in der Alpe Schönenbach. Und das Beste: Jodok kocht auch noch. Was es noch gibt? Kein Handyempfang, ein 400 Jahre altes Bauernhaus und acht- und gemeinsames Trailrunning. 450 Euro inkl. allem außer Alkohol. Guckt es Euch an. www.trcv.org www.schoenenbach345.com

überhaupt Einheimischen zu begegnen – sondern nur Saisonkräften. Wie einfach das funktioniert mit der Identität und mit der Heimat, erzählt exemplarisch der Jogi, gewesener Gas-Wasser-Installateur und Lapstil-Gitarrist mit Tourneeerfahrungen in ganz Europa und den USA. Heute ist Jogi ein Metzger. Und auch wenn er mit seinem rotblonden Vollbart, dem Vokuhila mit dem prominenten Pony und der Normcore-Basecap aussieht, als käme er direkt aus Neukölln, Hat den Dreh raus: metzgert er eben in Bezau im BregenLa Sportiva Cyklon zerwald. In der ehemaligen Wohnung Cross mit zupackendem seiner Oma, zur Gasse hin liegt der Boa-System und isolierender Verkaufsraum, im Wohnzimmer bitGore-Membran. DER Schuh tet er gelegentlich zu Tisch, der Sechfür Eis und Schnee, 239 Euro zigerjahre-Charme wurde liebevoll konserviert. Jogi verarbeitet nur das Fleisch von Rindern, „weil die Schweinehaltung im Bregenzerwald einfach


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Denis Wischniewski Redaktion

Was bei jeder Begegnung auffällt: Die Leidenschaft, mit der die Menschen im Bregenzerwald ihre Dinge machen

Benni Bublak Clemens Niedenthal Marie Meixner-Brunnhuber Art Direktion & Layout

Denis Wischniewski

Ständige redaktionelle Mitarbeit

Carsten Drilling, Lars Schweizer Fotografie

Harald Wisthaler, Philipp Reiter, Philipp Freund, Matti Bernitz, Leo Francis, Jordi Saragossa, Andi Frank, Wandering Fever

keine Tradition hat“ und es im sinnlos vorkommen würde, etwas zu machen, was nicht in der Tradition seiner Heimat verwurzelt ist. Also nicht Baseballkappen oder Alternative Country betreffend, aber eben alle Dinge, die mit den Lebensmitteln zu tun haben, mit der Landwirtschaft und der Frage, wie man einer Kulturlandschaft mit Demut und Würde begegnet. Weil wir dieser Kulturlandschaft in den kommenden Tagen vor allem in Trailschuhen begegnen wollen, packen wir aus dem Sortiment von Jogi (alleine diese wahnsinnig gute Bolognese!) noch zwei Tüten Trockenfleisch ein, beste Wegzehrung. Auf der Höhe Gipfel, die man im Bregenzerwald unbedingt erlaufen sollte: Den Hohen Ifen, 2.230 Meter, den sich der Bregenzerwald mit dem Allgäu und dem Kleinwalsertal teilt und den man am schönsten von der Alpe Schönenbach erreicht, einer kleinen Sommersiedlung, in der auch die Familie von Jodok Dietrich eine historische Alpe besitzt. Der von Jodok Dietrich ins Leben gerufene Trailrunning Club Vorarlberg, hatte diese Runde im vergangenen Jahr als virtuelle Challenge initiiert – und in der Sieger:innenliste sogar die Schuhe der Läufer:innen

Titelbild

Illustration: Denis Wischniewski TRAIL MAGAZIN erscheint im Trail-Magazin-Verlag ABO-SERVICE

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VORSCHAU TRAIL 4/2023 AB DEM 16. JUNI 2023 AM KIOSK Nur im Bildhintergrund, weil diese Kuh einfach so fotogen war: das Hotel Wälderhof. Darunter der Autor diese Geschichte auf seinem Weg zur aussichtsreichen Kanisfluh

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-Report: Ikonen des Sports als neue Serie - Training: 5 legendäre Lauf-Einheiten die dich besser nachen! - Produkte:Trailschuhe im Test das sind die Nachzügler die zu spät ankamen, aber viel können.


REISE Bregenzerwald

notiert. Gewonnen hat Andrea Feuerstein-Rauch im Dynafit Feline SL und in 3:13 Stunden, wobei die ersten vier Läufer:innen gerade einmal drei Minuten auseinander lagen – bei einem virtuellen Rennen!. Es gibt also eine Geschichte, in die Ihr Euch bei Eurem Trailrunningausflug in den Bregenzerwald einschreiben könnt. Die Kanisfluh, 2.044 Meter, wohl der Aussichtsberg des Bregenzerwaldes, nach Norden steil ins Tal kippend, in den anderen Himmelsrichtungen in ein traumschönes Hochplateau auslaufend, auf dem sich immer neue, stets laufbare, aber wirklich trailige Loops finden. Man sollte die Hehle, 1.845 Meter, und den Hohen Stoß, 1.937 Meter, mitnehmen. Und unbedingt den Alpgasthof Edelweiß, wegen des Kaiserschmarrns. Den Mohrenkopf, 1.645 Meter, der für seinen Namen nichts kann und der

ebenfalls von Alpe Schönenbach in einem engagierten Bergsprint zur erreichen ist. Laktathustengarantie auf den letzten Höhenmetern. Die Damülser Mittagsspitze, 2.095 Meter, die sich von Mellau aus auf einer gut 25 Kilometer langen Tages-

tour als grandiose Panoramarunde mit rund 1.800 positiven Höhenmetern erlaufen lässt. Bei Outdooractive einfach die „Grenzgipfeltour zwischen Mellau und Damüls suchen, fünf weitere Gipfel, darunter die Sünser Spitze und den Ragazer Blanken, gibt es gra-

5 Orte, die Ich im Bregenzerwald liebe Der Jogi war Gas-Wasser-Installateur und ist noch immer Countrymusiker, Vor allem hat er, in der ehemaligen Wohnung seiner Oma, ein Metzgerei: Platz 50, A-6870 Bezau, www,derjogi.com Das Hotel Krone in Hittisau kann man aus ganzem Herzen ein Kulturgasthaus nennen. Die Zimmer wurden vom Werkraum Bregenzerwald gestaltet: Platz 185, A-6952 Hittisau, www.krone-hittisau.de Im Sonntagsgasthaus treffen sich der Bregenzerwald und seine Gäste. Dort kocht Jodok Dietrich mit wechselnden kulinarischen Gästen: Großdorf 14, A-6883 Egg, www.adler-grossdorf.at Der Wälderhof ist die authentisch-entspannte Unterkunft für einen (Lauf-)Urlaub im Bregenzerwald. Überzeugende Wirtshausüche: Steig 161, A-6951 Lingenau, www.waelderhof.com Im lässigen Hotel Hirschen wird man Metropolenflair nicht vermissen – mindestens, die Kunst und Kulinarik betreffend: Hof 14, A-6867 Schwarzenberg, www.hotel-hirschen-bregenzerwald.at

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GEMACHT FÜRS LAUFEN GENAU WIE DU Verschindelte Holzhäuser sind für den Bregenzerwald prägend, Alpkäse ist es auch. Unglaublich gut gegessen haben wir im Sonntagsgasthaus (o.) und beim Jogi, einem Metzger aus Leidenschaft (r.)

tis dazu. Kupiert und mit weiten Blicken geht es nach einem Forststraßenanstieg durch den Tag. Das ist eben der Vorteil der nicht ganz hohen Gipfel, dass es sich spielerisch über allen Bergen läuft. Erbauliches Dennoch sollte man nicht den Fehler machen, im Bregenzerwald nicht auch dort zu laufen, wo man ja schon zuhause immer läuft. Von der Haus-, also der Hoteltür weg und durch den Ort und die umliegenden Wälder und Wiesen. Etwa, weil man großartige Architekturen finden wird. Raumgreifende historische Bauernhäuser mit dem charakteristischen Schopf, einem verandaartigen Vorbau, in den das Familienleben in den Sommermonaten verlagert worden war. Holzschindelfassaden, mal ausgeblichen, mal ausgewaschen, prägen die Dörfer. Und kühne Neubauten, noch mehr als Trailrunner:innen reisen deshalb Architekturtourist:innen in den Bregenzerwald. Der Käsekeller in Lingenau ist so ein Ort, roher Beton für zehntausend Bergkäselaibe (wir lernen: Bergkäse wird aus Milch von der Alpe im Tal gemacht, während Alpkäse auch auf der Alp gekäst werden muss). Einige hundert Meter den Hang hoch guckt ein hölzerner Kubus weit in die Landschaft, die Fenster geschickt hinter Latten verborgen. Im Keller, der eigentlich eine Tiefgarage ist, so erfahren wir, sollen zwölf historische Porsche stehen. Aber wer braucht schon ein Auto, wenn er durch den Bregenzerwald laufen kann. www.bregenzerwald.at

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www.silvasweden.com


MEINUNG Mal Zwei

VERNÜNFTIG UNVERNÜNFTIG Text: DENIS WISCHNIEWSKI

Ein Freund, den ich seit Jahren, seit über einer Dekade tief bewundere, ist ein sogenannter Actionheld. Ein echter Mensch. Kein Roboter. Hat auch nichts mit Film und Fernsehen zu tun. Er führt auch kein Insta Profil oder eigenen YouTube Channel. Und dennoch ist er ein Mensch, der durchaus gerne mit seinen Skills aufträgt. Er darf das, denn er springt, dropt, surft, carvt, gleitet und stürzt. Gerne und zum Glück selten mit Verletzungen. Er ist ein AdrenalinMensch, einer der Speed braucht, um sich zu fühlen. Hätte Red Bull Ahnung, dann hätten sie ihn …ach lassen wird das, denn er hätte das eh nie gewollt. Ein Freigeist. Ich nicht so sehr. In meinen Augen bin ich ein Langweiler und er ein - nun ja, wie soll ich sagen - ein Freak. Ein Draufgänger. Genug der Lobhudelei. Ich laufe, ich jogge und er reitet die Wellen vor Hawaii, fährt Steilrinnen mit Skiern und springt mit dem Fallschirm aus dem Flugzeug. Alles zum Spaß. Das Verrückte an der Sache ist, dass er all das, was ich die letzten Jahre so vor mich hingehoppelt bin, als „krass“ bezeichnet. Er nennt mich „irre“ oder „hero“. Komm ich kaum drauf klar. Mir ist jedenfalls durch ihn klar, dass ich als Trailrunner ein Image bekomme, das nicht im Geringsten mit dem

korrespondiert, was es in Wirklichkeit ist. Bei meinem Trailrunning geht es um Laufen, um Rumrennen im Wald und nicht darum, dass ich mit klaffenden Wunden, auf 7.500 Meter Höhe die Welt vor einem Kometeneinschlag rette. All das, was er da tut, mag dem näher sein. Viel näher. Trailrunning, als eine etwas „bewaldete“ Sonderform des üblichen Laufsports, reiht sich in eine Reihe mit Skydiving, Mountainbike-Downhill, Freeskiing, Skibergsteigen, Surfen oder Canyoning. Noch nie hat man sich ein so toughes Image in solch einem Safety-Mode zugelegt. Sehr praktisch für ältere Männer mit Familie und Verantwortung, wie mich. Vielleicht ist es ja auch genau deshalb die nahezu perfekte Instagram-Sportart. Hier wird fast zielsicher aus jedem hundegewöhnlichen Waldlauf, entwickelt und komponiert durch ein Smartphone, ein episches Outdoor-Adventure. Das gepostete Foto, das Trailrunner:innen im Downhill zeigt, jede Faser der Muskulatur kurz vor der Explosion, alle umliegenden Berge so im Fokus, als ob man sie alle abgelaufen wäre, unterscheidet sich in der Dramatik kaum vom Foto des Fallschirmspringers. Im Gegenteil – dem Trailrunner würde man vermutlich sogar noch mehr an Krassheit zuschreiben – ist er doch über viele Stunde unterwegs. Der Fallschirmspringer sollte das nicht tun. Zu den Gefahren möchte ich mich kurzhalten: Ein:e Trailrunner:in kann ganz sicher auch einmal stürzen, den Knöchel stauchen, das Knie verdrehen. Der Surfer kann das Riff küssen, vom Hai gefressen werden und ein

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Freeskier kann in die Lawine kommen, in die Spalte fallen oder gegen den Baum fahren. Alles nicht schön. Wenn es denn passieren sollte. Aber ich bleibe dabei: Trailrunning ist der Sport mit der größten Sicherheit nach Innen, bei maximalem Eindruck nach Außen. Die Transformation vom Park-Jogger im Englischen Garten zum alpinen Trailrunner in den Münchner Hausbergen im weiten Schatten der Zugspitze. Als ich vor vielen Jahren beim ersten Zugspitz Ultratrail mitlief, nein, es plante dort zu laufen, war ich ein „brutaler Dude“, schon bevor ich dort auch nur einen Höhenmeter absolvierte. Es verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Freundeskreis. Der Denis, ich sag es Euch, der rennt zwei Marathons am Stück, in den Bergen. An der Zuspitze! Der rennt am höchsten Berg. Der mehrfach übertragenen Erzählung war es doch irgendwann total wurscht, ob ich um die Zugspitze oder auf sie hinauflaufe – was ja doch einen erheblichen Unterschied macht und es war ihr auch schnell egal, ob ich dort Erster oder Letzter werde. Die Begriffe „Höchster Berg“ - egal ob Deutschlands oder der Welt, „Marathon“ - egal ob einfach oder vierfach, reichten, um aus mir einen übelst krassen Typen zu machen. Ich war in einer Liga mit Messner, Messi und Manfred Kalz. Ich bin kein Actionheld. Ich wundere mich nur, dass diese normalste Sache der Welt, in seiner Extended-Version, für so viel Furore sorgt. Mensch Leute, auf Trails zu laufen, ist doch kein doppelter Rittberger.


Ich bin Hedonist. Das war schon immer so. Früher, als ich noch jung war, hab ich diesen Hedonismus anders ausgelebt als heute. Ich will da nicht zu weit ausholen. Vielleicht nur so viel: In unserem Abi-Buch wurden besondere Errungenschaften ausgelobt: Sowas wie „knackigster Po“, „schönste Augen“ oder „spätere Weltherrscherin“. Mein Name tauchte nur einmal auf. Ganz oben bei der Kategorie: „Beanspruchteste Leber“. Nun gut. Ich habe sie genossen, meine Jugend. Irgendwann wich diese stürmische Jugend und ich begann zu laufen. Aber nicht so, wie ihr denkt: „Endlich hat er die Kurve bekommen. Weg vom selbstzerstörerischen Amüsement hin

zur eifrigen Körperertüchtigung“ Nö. Vergnügen blieb oberste Priorität. Asphaltiertes Laufen, um Kilometer zu sammeln verstand ich nie. Wo bleibt da der Spaß? Ich wurde also Trailrunner. Die Bewegung in der Natur, das spielerische Auseinandersetzen mit dem Gelände, das Entdecken neuer Landschaften. Dies alles war mein neuer Hedonismus. Ich glaube nicht, dass es eine bessere oder gar richtige Art gibt diesen Sport zu betreiben. Mir fällt dennoch mehr und mehr auf, dass sich eine andere Art und Weise, den Trailrunning Sport zu Leben, immer mehr breit macht. Da haben Menschen Spaß daran, sich

TRAILRUNNING = HEDONISMUS? Laufen aus Freude am Hier und Jetzt oder hart arbeiten, um Leistungszielen nachzukommen? Unser Autor hat da eine klare Präferenz.

Text: BENNI BUBLAK

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stundenlang in einem dunklen Keller auf ein Fahrrad zu setzen, das fest im Boden verankert ist. Da werden starre Trainingspläne über Monate kompromisslos verfolgt. Da wird mit Zahlen, Daten und Variablen jongliert, um ja das Optimum herauszuholen. Im Vordergrund steht die Erfüllung eines bestimmten Ziels und die disziplinierte und asketische Arbeit daran, jenes zu erreichen. Also eigentlich das Gegenteil von dem, was wir heute als Hedonismus bezeichnen würden. Als leistungsorientierter Athlet habe auch ich mich immer öfter dabei ertappt, die Zielerreichung allzu sehr über das eigentliche Tun, das Laufen im Gelände, zu stellen. Schnell habe ich aber gemerkt, dass mir das langfristig nicht guttut. Jeder Mensch ist anders. Jeder muss für sich das richtige Gleichgewicht zwischen Askese und Hedonismus finden, dass ihm persönlich guttut. Dennoch möchte ich diesen kurzen Text mit einem kleinen Plädoyer für das lustvolle Laufen beenden. Denkt nicht zu sehr an Morgen oder das nächste Rennen. Geht raus und genießt den Moment, das Hier und Jetzt. Natürlich dürft ihr hart trainieren und Euch so gut wie möglich auf ein Rennen vorbereiten. Macht Euer Glück dabei aber nicht zu sehr abhängig davon, ob ihr das gesetzte Ziel erreicht oder nicht, sondern sucht es eher im Prozess, der Euch an dieses Ziel heranführt, im Training und im Laufen selbst. Oder auch einfach mal nur im Draußen sein! Denn am Ende können wir uns vielleicht auf eines einigen: Laufen ist wichtiger als Siegen.


INTERVIEW Stephan Hugenschmidt Text: DENIS WISCHNIEWSKI

Was macht eigentlich Stephan Hugenschmidt? Wie? Kennt Ihr nicht? Unfassbar! Der Wahl-Schweizer gewann einst den ZUT in Rekordzeit, wurde Sechster bei der Transvulcania und Zehnter bei der TrailWM, siegte beim TAR, beim Eiger Ultratrail sowie zahllosen anderen Rennen. Dies ist nun ein paar Jahre her. Hugi, wie ihn viele nennen, erbringt noch immer Spitzen-Leistungen in den Bergen. Nur bekommt das kaum jemand mit. Denn er fasste irgendwann den Entschluss, aus dem Wettkampf-Rummel auszusteigen, seine Sponsoren aufzugeben und nur das zu tun, was ihm gut tut. Wir sprachen mit dem Ausnahme-Talent früherer Jahre über seine Vergangenheit, seine Beweggründe und die Entwicklung der Trailrunning-Szene heute.

Hugi, kommen wir gleich zum Punkt. Du bist lange Zeit auf höchstem Niveau erfolgreich Wettkämpfe gelaufen. Gefühlt warst du dann relativ plötzlich von der Bildfläche verschwunden. Wie kam es dazu? Du hast recht, ich hatte einige Jahre, wo ich viele Wettbewerbe gelaufen bin und auch eine echt gute Zeit hatte. Aber irgendwann ist mir das alles zu viel geworden. Nicht der Sport an sich. Aber das Drumherum. Der Rummel um mich war sicher noch vergleichsweise überschaubar. Aber ich habe da schon gewissen Druck von außen gespürt, der mir suspekt war. Diese ganze Fragerei nach den nächsten Zielen, auf die ich keine Antwort wusste,…schon vor dem Lauf als Favorit auf der Bühne stehen zu müssen usw. Das Schlüsselerlebnis war für mich der Lavaredo Ultratrail 2018. Da habe ich mich über so ein Programm von der Ultra Trail World Tour überreden lassen. Aber eigentlich hatte ich gar keinen Bock. Ich habe den Lauf dann zu Ende gebracht (Hugi wurde starker Vierter, nur eine Minute hinter Tim Tollefsen), aber hatte eigent-

Bin dann mal weg Stephan Hugenschmidt war über lange Zeit der beste Trailrunner Deutschlands. Geld für das Laufen hat der zurückhaltende Ausnahme-Sportler nie angenommen. Stattdessen zog er sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere aus dem Wettkampfgeschehen zurück. Interview: BENNI BUBLAK

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Foto: Geri Schneider

lich überhaupt keine Freude dabei. Danach habe ich mich dann eben gefragt: Brauchst du das überhaupt? Diese ganzen Wettkämpfe? Ist das das richtige für dich?

Nicht sofort. Ich bin dann noch sporadisch ein paar Wettkämpfe gelaufen, habe aber immer mehr gemerkt – auch während der Corona-Zeit-, dass es die privaten Projekte und Abenteuer sind, die mich erfüllen. 2021 hat mich der

Foto: Philipp Reiter

Und hast dann die Entscheidung getroffen, keine Wettkämpfe mehr zu laufen?

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INTERVIEW Stephan Hugenschmidt Veranstalter vom Madrisa Trail, einem lokalen Wettkampf hier bei mir in der Heimat, gefragt, ob ich nicht starten möchte. Da habe ich dann für mich entschlossen: Ok, kein Hin und Her mehr. Das ist jetzt definitiv dein letzter Wettkampf und das Ende deiner Trailrunning Wettkampf-Karriere. Erst habe ich gedacht, dass ich vielleicht Mühe mit dieser Entscheidung habe. War aber überhaupt nicht so. Im Gegenteil. Es hat sich richtig befreiend angefühlt und war für mich einfach eine logische Entscheidung.

Wow. Wir müssen da nochmal nachhaken. Es war ja nicht so, dass Du verletzt warst oder den Sport und das Laufen an sich satt hattest. Sportlich hättest Du wahrscheinlich noch einige sehr erfolgreiche Jahre vor Dir gehabt, schließlich bist Du in der Weltspitze mitgelaufen. Dennoch hast Du Dich entschieden, einen Schlussstrich zu ziehen. Vielleicht kannst Du uns nochmal mitnehmen in diesen Prozess?

Und Punkt Nummer dreI?

mich ertappte, nicht das zu tun, was ich wirklich will, sondern den Erwartungen von außen nachzugeben. Der zweite Punkt: Wie du schon richtig gesagt hast, ich war überhaupt nicht müde den Sport auszuüben oder in die Berge zu gehen. Im Gegenteil. Das war genau das, was ich tun wollte. Für mich waren die Wettkämpfe dabei aber eher ein Hindernis. Vor dem Wettkampf muss man die Beine stillhalten, danach muss man regenerieren. So ein Event hat dann also mindestens 3-4 Wochen blockiert, wo ich nicht meiner Leidenschaft nachgehen konnte. Nämlich viele, viele Stunden in den Bergen zu verbringen und mein eigenes Ding zu machen.

Im Prinzip waren es drei Faktoren, die mich dazu bewegt haben. Beim Eiger Ultra Trail zum Beispiel hatte ich ein perfektes Rennen und war sehr zufrieden mit meiner Leistung. Ich habe dann gespürt, dass es, mit der Art wie ich den Sport betreibe und wie ich trainiere neben dem Job, schwierig wird, das noch zu toppen. Und jetzt einfach immer weiter machen und meinen eigenen Leistungen hinterherrennen, war für mich keine befriedigende Vorstellung. Dazu dann noch diese äußeren Erwartungshaltungen. Ich kann mich noch gut erinnern: Der Veranstalter vom Eiger hat mich dann auf der Bühne gefragt, ob ich nächstes Jahr wieder komme. Mein Gefühl war sofort: Nein, ich habe überhaupt keine Lust nächstes Jahr nochmal zu laufen und meiner eigene Zeit hinterher zu rennen. Habe ich mich aber natürlich nicht getraut ins Mikro zu sagen und stattdessen rumgedruckst, von wegen „schauen wir mal“… Das war dann eine von mehreren Situationen, wo ich

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Das ist tatsächlich schon diese allgemeine Entwicklung, die der Trailrunning Sport so durchgemacht hat. Das ist ja auch ganz normal. Das läuft dann eben so, wie es bei anderen Sportarten auch schon lief. Zum Beispiel beim Mountainbiken: Am Anfang waren da ein paar verrückte Amis, die mit ihren selbst umgebauten Rädern ein paar Hügel runtergefahren sind und mittlerweile ist es eine hochprofessionelle Sportart, wo sehr viel Geld fließt und alles durchgetaktet ist. Und die gleiche Entwicklung macht auch das Trailrunning durch. Früher der Rock’n’Roll des Laufsports und inzwischen halt auch sehr kommerziell und durchorganisiert. Am besten kann man das bei diesem UTMB Gedöns beobachten. Ich


Foto: Harald Wisthaler

Deine Freundin Luzia Bühler ist im Gegensatz zu dir noch sehr aktiv in der Wettkampfszene. Fällt es dir einfach, bei diesen Wettkämpfen vor Ort zu sein und sie zu unterstützen?

will das ganz und garnicht verteufeln, aber am Ende liegt es bei einem selbst, ob man da mitmacht oder nicht.

Foto: Christoph Moser

Sehr nachvollziehbar, aber dennoch spannend, dass jemand wie Du, der ja, wahrscheinlich auch monetär, von einer Professionalisierung des Sports profitiert hätte, sagt: Ich mach da nicht mehr mit. Für mich war der Sport schon immer Freizeit gewesen und in meiner Freizeit will ich nicht „müssen“. Ich habe bis heute nie Geld von einem Sponsor bekommen und das kam für mich auch nicht in Frage. Weil ich genau wusste, damit wären dann auch Verpflichtungen verbunden gewesen: Du musst so und so oft bei Social Media präsent sein, die und die Hashtags setzen oder bei den und den Rennen starten. Das war für mich immer eine rote Linie, die ich nicht überschreiten wollte und konnte. Mein Sport sollte immer meine Leidenschaft bleiben und nicht zu einem Job werden.

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Eine schwierige Frage. Ich bin ganz ehrlich, wenn es Luzia nicht geben würde, hätte ich keine Ahnung mehr von dem Sport und würde kaum noch was verfolgen. Aber natürlich unterstütze ich Luzia von Herzen gern. Aber es ist dann wirklich nur dieser Aspekt, der mich zu den Events bringt. Was ich nicht mache, aus ökologischen Gründen, ist, Luzia in der Weltgeschichte hinterherzufliegen, nur um ihr eine Wasserflasche zu reichen. Beim Western States war ich daher nicht dabei und auch nach Madeira im April wird sie ohne mich reisen. Ich habe also nicht vor, eine neue Karriere als Supporter von Luzia zu starten, nein. Manchmal mache ich es aber tatsächlich sehr gerne.

Hugi, wie schaut für dich ein perfekter Berg-Tag aus? Ich habe mir eine lange Höhenmeterreiche Tour, vorrangig auf Skiern, gebastelt, bei der ich spannende Berge und coole Abfahrten in einer logischen Runde verbinde und kann diesen Plan am nächsten Tag bei besten Schneebedingungen umsetzen. Was Besseres gibt es nicht.


PRAXISTEST

DUELL DER KALORIEN Sportnahrung ist ein stark umkämpftes und sehr individuelles Thema. Für diesen Praxistest haben wir uns zwei sehr namhafte und beliebte Produzenten herausgesucht, die sich in ihrer Herangehensweise doch erheblich unterscheiden. Auf der einen Seite die von Bestleistungen getriebenen Marktführer Maurten, die komplett auf Kohlenhydrate und ihre Verfügbarkeit setzen und auf der anderen Seite die Neueinsteiger Naäk, die mit ihren sehr bekömmlichen und Eiweiß-enthaltenden Produkten besonders in der Nische Ultralaufen punkten wollen. Zwei Philosophien! Ein Duell!

Näak Kohlenhydrate sind die einzige Energiequelle, dessen Aufnahme bei Ausdauerbelastungen Sinn macht. So die wissenschaftliche Studienlage bis dato und so halten es auch die allermeisten Sportnahrungs-Produzenten. Für kurze bis mittel-lange Belastungen mag dies auch zutreffend sein. Doch wir Trailläufer sind besonders ausdauernd. Bei Belastungen, die viele Stunden andauern, wird die Studienlage nämlich dünn. Nicht ohne Grund hört der Fuel Guide des nebenan vorgestellten Produktes bei der Marathondistanz auf. Und zehn Stunden Belastungen und mehr nur mit Kohlenhydraten in Form von Gels und Drinks durchzustehen, ist zwar möglich, erfordert aber doch einen sehr stoischen Magen- /Darmtrakt. Zwei kanadische Ultratrail-Athleten sind jedenfalls davon überzeugt, dass Sportnahrung für Ultra-Athleten auch Proteine bzw. Aminosäuren enthalten muss, um Muskelabbau entgegenzuwirken. Mit der Firma Näak entwickelten sie Riegel, Waffeln und Trinkpulver, welche neben langkettigen Kohlenhydraten auch Proteine und BCAA’s enthalten. Unter den Athleten, die Näak nutzen, fin-

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PRAXISTEST den sich starke Ultratrailläufer, wie Camille Bruyas, Marianne Hogan, Mathieu Blanchard und seit neuestem auch Hannes Namberger. Alles Athlet:innen, bei denen die Wettkampf-Distanzen bei 100 Kilometer und weit darüber liegen. Auch das haben wir schon öfters erwähnt: Bei solch langen Belastungen ist die richtige Ernährung die, die reingeht (auch nach zehn Stunden noch) und außerdem keine Magen/Darm-Probleme verursacht. Diese Anforderungen dürften die Näak Produkte ohne Probleme erfüllen. Denn auch wenn es uns schwer fällt, zu beurteilen, ob oder wieviel Proteine bzw Kohlenhydrate in Sportnahrung nun das NonplusUltra sind, eines können wir mit Sicherheit sagen: Die Näak Riegel und Waffeln sind wahnsinnig lecker. Besonders letztere sind eine echte Bereicherung und verwandeln die oft mühsame Pflichtaufgabe der Nahrungsaufnahme während des Laufens zum vergnüglich-genüsslichen Snack.

Maurten Was für Eliud Kipchoge, Jan Frodeno und Kilian Jornet gut genug ist, sollte doch auch mich mehr als zufrieden stellen. So könnte man argumentieren und zu den schwarz-weiß designten Produkten des Sportnahrungs-Konzerns Maurten greifen. Wir stellen uns jetzt mal naiv und nehmen an, die Entscheidung eines Elite Athleten für einen Sponsor wäre nur getrieben von der Performance des jeweiligen Produktes. Denn tatsächlich können die Schweden sehr viele überzeugende Argumente auf den Tisch legen, die für die drei genannten Ausnahme-Athleten von hoher Relevanz sein dürften. Die Philosophie hinter Maurten ist komplett Performance getrieben. Es geht schlicht darum, so viel wie möglich Kohlenhydrate aufzunehmen. Ermöglicht durch die sogenannte Hydrogel-Technologie. Hydrogele sind Biopolymere die viel Wasser (und darin gelöste Kohlenhydrate) aufnehmen können aber gleichzeitig unlöslich sind. Alginat und Pektin heißen die Stoffe, die bei Maurten für die Bildung dieses Polymers verantwortlich sind. In diesen Hydrogelen eingebettet, können die Kohlenhydrate den oft empfindlichen Magen passieren und gelangen unbeschadet in den Darm, wo sie besser absorbiert werden können. So soll der Weg für die Aufnahme extrem hoher Kohlenhydratmengen frei gemacht werden. Das Drink Mix Pulver von Maurten enthält tatsächlich 80g Kohlenhydrate und lässt sich in einem halben Liter Wasser auflösen. Rekordverdächtig! Auf Geschmacksstoffe oder weitere unnötige Zusätze wird in Maurten Produkten komplett verzichtet. Die vergleichsweise geschmacksneutralen Gels, die von der Konsistenz eher wie ein Gelee statt ein Gel daherkommen, haben dem Autor dieser Zeilen sehr gut gefallen. Weitere Tester äußerten aber noch Gewöhnungsbedarf. Die Riegel sind sehr süß, schmecken aber. Auch die Trinkpulver (das Hydrogel soll sich hier erst im Magen bilden) sind besonders in der hochkonzentrierten Variante relativ süß, aber ohne Geschmacksaromen. Letzteres könnte für einige problematisch sein, gleichgültigere Gemüter aber nicht wirklich tangieren.

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PRAXISTEST Blackroll Recovery Kissen 89,90 Euro

Wer viel und schnell laufen will, muss gut regenerieren. Mit der besten Regenerationsmethode überhaupt haben wir uns ausgiebig in der letzten Ausgabe beschäftigt. Dass Kilian unser großes Schlaf-Spezial gelesen hat, bezweifeln wir. Aber auch der AusnahmeTrailrunner betonte in einem seiner letzten Social Media Posts die Wichtigkeit des Schlafs als Regenerations-Tool. Auf dem von ihm geposteten Graphen des Wissenschaftlers Peter Tierney ist Schlaf ganz rechts unten aufgeführt, was ihn als das effektivste und gleichzeitig günstigste Tool für gute Regeneration klassifiziert. Während der Schlaf umsonst ist, ist es das Recovery Pillow von Blackroll natürlich nicht. Das aus Memory Schaum bestehende Kissen ist nur 50 mal 30 Zentimeter groß, und damit ausdrücklich auch für Reisen geeignet. Blackroll liefert dafür sogar eine eigene Reisetasche mit, in der man das Kissen platzsparend verstauen kann. Tatsächlich ist die Rolle der Kopfposition und damit die des Kissens, für die Güte des Schlafs nicht zu unterschätzen. Zwar mussten wir uns kurz an die Höhe des Kissens gewöhnen, schon nach wenigen Nächten allerdings mochten wir das Recovery Pillow nicht mehr missen. Der Schaum passt sich wirklich außerordentlich gut der Kopfform an und überzeugt mit genau dem richtigen Zusammenspiel aus weicher Bequemlichkeit und unterstützender Härte. Je nachdem, ob man Bauch-, Seiten- oder Rückenschläfer ist, kann man das Kissen laut Blackroll in vier verschiedenen Positionen verwenden. Das beiliegende Informationsheft klärt darüber auf. Der Schaum selbst ist zwar aus Kunststoff (Polyurethan) gefertigt, ist aber dank der Behandlung mit natürlichen Ölen olfaktorisch sehr angenehm bis kaum merklich. Schlafen ohne das Recovery Pillow von Blackroll? Vielleicht mal eine Stunde am Mittag. Darüber hinaus für uns fast nicht mehr vorstellbar.

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PRAXISTEST

Rab Veil 6 Gewicht: 222 Gramm Preis: 140,00 Euro Laufrucksäcke und Racevests gibt es wie Sand am Strand, wie Plastik im Meer und doch überrascht hin und wieder ein eher unbekannter Hersteller mit gelungenen und neuen Produkten in dieser Kategorie. Nicht so einfach gegen Klassenprimus Ultimate Direction oder Salomon anzukommen. RAB schafft es! England eben. Für mich längst kein Wunder mehr. Von der Insel kommen seit Jahren gute, innovative und hochwertige Bergsport-Produkte, leichte Ausrüstungen mit schlichten Designs. Understatement. Mag ich sehr.

Nun also der RAB Veil 6, eine sehr klassische Laufvest, die - wie es der Produktname verrät - 6 Liter Fassungsvermögen hat. Zudem trägt er im Brustbereich zwei 500 ml Softflaks, die im Lieferumfang enthalten sind. Grundsätzlich gefällt mir die robuste Verarbeitung, das stabile Mono-Mesh-Material, das für Halt und eine stützende Passform sorgt. Alle denen, die allzu minimalistischen Racevests dann doch zu "wenig" sind, werden hier begeistert sein. Der Kompromiss aus Leichtgewicht und stabiler Passform ist beeindruckend gut. Clever dann auch die Details: Parallel zu den Flask-Taschen finden sich zwei grosse, dehnbare Frontfächer, die sogar Jacken und Hosen fassen dürften. Das ist sehr praktisch und erlaubt viel Zugriff und Aktion, ohne den Rucksack abzunehmen. Für ganz wichtige, wertvolle Dinge, finden sich zwei Reißverschluss-Fächer am Veil 6 und für Schlüssel gibt es einen kleinen Anhänger. Dass im Hauptfach eine Option für die Trinkblase bedacht wurde, zeigt, dass man sich in England noch immer den Läufer:innen annimmt, die auch längere Zeit autark und ohne Labestation auskommen müssen oder wollen. Die Faltstöcke finden hier auch Platz - eine elastische Kordellösung im Frontbereich erlaubt direkten Zugriff. Der Veil 6 ist ein durdachter, entwickelter Laufrucksack auf der Höhe der Zeit und an Bedürfnisse der Trail- und Berglauf-Community angepasst. Das riesige, stretchige, Fach am Rücken ist mit etwas Geschick auch ohne den BVeil 6 abzunehmen greifbar und ganz allgemein fasst der Rucksack weit mehr als nur 6 Liter. Understatement - sagte ich ja bereits.

95 3/2023


PRAXISTEST Asics FUJITRAIL TM Collection

Fujitrail Waterproof Jacket, 210,00 Euro Fujitrail SS Top, 79,95 Euro Fujitrail Short, 75,00 Euro

Norrona Svenja Equaliser Shirt

129 Euro 140g (L men) / 120g (M women)

Die norwegische Insel Svenja muss besonders schön sein. Sie hat die neue, gleichnamige Trailrunning-Kollektion von NORRONA inspiriert und offenbar geholfen, die Produkte nachhaltig, hochwertig und sehr funktionell zu machen. Wir trugen über Wochen das Langarm-Oberteil dieser Reihe und kommen zu einem wirklich selten positiven Testurteil, einem Urteil, das wir bei Bekleidung mit dieser Begeisterung selten zu Text bekommen. Dieses superleichte Kunstfasershirt, mit flachen Nähten und elastisch-verklebten Bünden, macht einfach Spaß! Es ist purer Komfort, kaum spürbar und angenehm auf der Haut. Der große Benefit und eine Sache die ich als „Vielschwitzer“ bei noch keinem anderen Laufshirt so beobachtete: Die Trocknungsfähigkeit! Nach wirklich schweißtreibenden Läufen war das Svenja-Teil nahezu trocken. Und das bei mir - einem Kerl der jeden Stoff nach Minuten Laufsport in einen naßen Pudel verwandelt. Fazit: Das vielleicht beste Lauf-Oberteil meiner bescheidenen Trailsport-Karriere, mit lässigem und doch sportlichen Style, gelungener Farbkombination und wenig Mief nach mehrmaligem Tragen. Toll. Toll. Toll. Viel Geld, aber eine lohnende Investion. PS.: Die Kollektion umfasst Laufrucksack, Weste, Tight und vieles mehr.

Asics sind zurück auf dem Trail - so ganz waren sie natürlich nicht weg, aber mit der neuen FUJITRAIL Kollektion lassen sie uns doch glauben, dass sie es diesmal ernst meinen. Vorweg: Die neuen Produkte sind gut! Wir waren positiv überrascht. Vorallem von der neuen FUJITRAIL Short, einer sehr leichten kurzen Hose, die mit sehr langen, und eventuell Geschmäcker-scheidenden, Splits an den Seiten, optisch eigenständig daherkommt und dieses technisch simple Detail für sich nutzt um enorm komfortabel zu sein. Dünner "Actibreeze" Stoff macht sie leicht, kaum spürbar und atmungsaktiv, umlaufende Meshtaschen am Bund fassen diverse Ausrüstungen und tragen sie dabei stabil. Im Prinzip eine Shorts und Laufgürtel in einem! So muss eine Trailshorts 2023 sein. Das Top mit einem Frontzipper, das in Anlehnung an Radtrikots bis tief zum Nabel verläuft ist ebenfalls aus einem dünnen, aber meshartigeren Material, trocknet beim Testlauf rasch, liegt mir am Körper aber zu schwer auf. Begeisterter bin ich hingegen weit mehr von der wasserdichten Regenjacke der Kollektion. Sie ist aus PERTEX Shield gefertigt, ein Material das wir schon bei guten MontaneRegenjacken wahrnehmen durften. Sie ist leicht, absolut dicht (2,5 Lagen / 20k Wassersäule) und auf ein relativ kleines Maaß packbar. Details wie die justierbare Kapuze, Schild und versiegelte Nähte sind Standard. Für 210,00 Euro bekommt man ein ordentliche Regenjacke, die jeder Pflichtausrüstung Stand hält.

96 3/2023


ADVERTORIAL Lowa ATR

Simon, Du hast recht früh von der Lowa-Idee erfahren, Trailschuhe anzufertigen. Was war Dein erster Impuls?

Simon Gietl: Daran kann ich mich noch gut erinnern. Als ich den Anruf bekam, ob ich Interesse hätte, an der Entwicklung von Trailschuhen dabei sein, habe ich sofort zugesagt. Der Grund ist recht einfach: Ich kenne die Wander- und Alpinschuhe der Marke. Wenn sich eine Firma wie Lowa, die so gute Wanderschuhe bauen kann, zu diesem Schritt entscheidet, dann haben sie auch das Potenzial, gute Trailrunningschuhe zu bauen. Natürlich können sie auch diesen einen Schritt weitergehen, das war mir klar. Ich bin überzeugt davon, dass es ein richtiger und guter Schritt von Lowa ist, in diesen Bereich zu gehen. Sich schneller in den Bergen, auf den Trails zu bewegen, das entspricht zudem der aktuellen Entwicklung.

Du bist in der Entstehungszeit viele Kilometer mit den Schuhen gelaufen. Wie ist Dein Eindruck? SG: Was sofort auffällt, die Trailschuhe passen einfach gut. Ich bin mit allen drei Modellen unterwegs gewesen und die Passform ist überragend. Egal, ob auf langen oder kurzen Trails. Diese Rückmeldung gab es durchgehend aus dem Testteam. Zusätzlich konnte der Grip überzeugen. Hier hat Lowa ja eine eigene Gummimischung entwickelt. Das passt im Gelände wunderbar.

Was für Charaktermerkmale würdest Du den Schuhen zuschreiben?

„Die Passform ist überragend.“ Simon Gietl und sein Testteam legten mit den neuen Trailschuhen von Lowa rund 3.000 Kilometer sowie 105.000 Höhenmeter zurück. Grund genug, mit dem Alpinisten und Trailrunner über das Bestreben von Lowa zu sprechen, neben Wanderschuhen nun auch Trailrunningschuhe anzubieten. Interview: Ralf Kerkeling

SG: Beim Citux gefiel mir direkt die Optik, das giftige Grün. Das entspricht tatsächlich auch dem Charakter des Schuhs. Leicht, kompromisslos, bis ins Detail durchdacht und sehr dynamisch. Für alle, die gerne aufs Gewicht achten, eine optimale Wahl. Der Satz „weniger ist mehr“, ist bei diesem Schuh Programm. Der Unterschied zwischen Komfortschuh und leichten Raceschuh ist die Dämpfung, also der Unterbau vom Fuß. Mit diesem Schuh ist man sehr nah am Boden. Ich habe den Citux auch schon bei leichten Klettertouren angezogen und hatte ein gutes Gefühl, guten Grip auf dem Untergrund. Der Fortux ist für mich ein absoluter Komfortschuh, den ich auch in der Freizeit verwende. Wenn ich längere Strecken laufen gehe oder einfach gemütlicher, dann greife ich gerne auf diesen Schuh zurück. Ich hatte mal einen Bandscheibenvorfall. Rückenschmerzen können von falschen Schuhen kommen. Aber mit diesem Modell gelingt das wunderbar. Hier spüre ich eine Entlastung über die Wirbelsäule hoch. Der Schuh ist jedenfalls für Ultradistanzen absolut geeignet. Den Amplux würde ich genau zwischen die beiden genannten Modelle einsortieren. Er bietet genügend Komfort, bringt aber auch noch genug Speed auf die Trails. Nutze ich oft im Training. Danke Dir für die Einschätzung, Simon.

Simon Gietl ist leidenschaftlicher Alpinist sowie geprüfter Ski- und Bergführer. In den heimischen Dolomiten hat er so einige Kletterrekorde aufgestellt. 2016 wurde er mit dem „Grignetta d’Oro“ – dem Preis als bester Alpinist Italiens ausgezeichnet. Um sich für seine extremen Bergtouren fit zu halten, schnürt der Südtiroler seine Trailschuhe und erkundet die Trails seiner Heimat. Der begeisterte Trailläufer war zuletzt an der Entwicklung der neuen Trailschuhe von Lowa beteiligt. Er unterstützte die Marke bei den einzelnen Entwicklungsschritten, vom ersten Prototypen bis zum fertigen Trailschuh. Der bayerische Spezialist für Alpin- und Outdoorschuhe bringt in diesem Jahr erstmalig die Modelle für das Trailsegement auf den Markt. Drei Jahre Entwicklungszeit stecken in den Modellen Fortux, Amplux und Citux. Wir haben mit Simon über seinen Eindruck zu den Schuhen befragt.

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Die Schuhnamen der Trailschuhe wurden inspiriert durch lateinische Begriffe: CITUS = schnell AMPLUS = mehr FORTUS = stark


MORAL Themenwechsel

Übers Laufen (nicht) reden Ein Mann, der natürlich alles kann und ganz besonders: richtig lang laufen. Ein echter Ultratrailer. Und das wissen natürlich alle in der Familie, alle Freunde und auch der Bekanntenkreis. Wieviel Trailrunning-Geschichten haben eigentlich Platz ausserhalb der "Community"? Liebe Redaktion,

Foto: Stephan Wieser

meine Frau fördert und unterstützt mich eindrucksvoll bei allem was mit Laufsport zu tun hat, supportet mich an der Strecke und ist bei vielen Wettkämpfen dabei. Mein Sport wirkt sich auch sehr auf unseren gemeinsamen Freundeskreis aus, obwohl ich das eigentlich nicht will, aber es schmeichelt natürlich, wenn man oft auf die Leistungen angesprochen wird. Bei Treffen und Festen mit Familie und Freunden werde ich oft auf meine Rennen und Läufe angesprochen und ich antworte natürlich - meine Frau stört das allerdings sehr und bat mich andere Themen dort zu diskutieren, weil Laufen eh schon enorm viel Raum in unserer Leben einnimmt. Karl F. aus Nürnberg

Hallo Karl, ich verstehe schon und versuche so eine Situation im Kreis der Freunde und Familie zu konstruieren: Du sitzt da an der grossen Tafel bei Kaffee und Käsekuchen, bist angenehm gechillt und herrlich erledigt vom Longrun am Vormittag, also ein komplett gutes Gefühl und dann wirst du vom Schwager gefragt, wie denn dieser 100 Kilometer-Trail in den Bergen war. Du müsstest jetzt eigentlich antworten: "Lass uns bitte nicht darüber sprechen, weil ich habe Erzähl-Verbot und Laufen ist auch nicht so wichtig. Lass und lieber über deine neue Lok sprechen." "Welche Lok?" "Na, die deiner Modelleisenbahn!" "Ich habe keine Modelleisenbahn!" "Ahh. Stimmt. Dann erzähle ich halt doch etwas über diesen krassen Lauf um den Großglockner." Es ist natürlich nicht einfach, wenn so ein Universum aus Laufsport und vermeintlich großer sportlicher Leistung an einem hängt. Man wird es dann auch in Situationen, in denen es unerwünscht ist, nicht los. Deine Frau hat natürlich absolut recht: Deine Trailrunnerei darf nicht zum stetigen Mittelpunkt aller Gespräche werden, denn dazu ist

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es schlicht nicht wichtig genug. Es gibt viele Themen die spannender sind und an denen andere am Tisch auch sehr viel tiefer mitreden können. Mein Tipp für die Situation am Sonntagstisch bei Schwägerin und Bruder: Wenn der Talk dann doch ohne dein Zutun auf deine Läufe und Leistungen dreht, dann handele das Thema in einer kurzen und gut erklärten Antwort sachlich ab. Nimm im Anschluss ganz aktiv und interessiert die Position des Fragenden ein und lass deine Neugier an Aktivitäten der Anderen in die Runde. Vielleicht ergibt sich durch deine eher moderierende Stellung eine durchweg andere und vielfältigere Unterhaltungskultur, als wenn du nur der Interview-Stargast bleibst. Dass deine Frau hier so bestimmend auftritt, ist übrigens vollkommen okay - Laufen macht blind für andere Themen. Laufen hat zu 90% nur gute Effekte, aber es kann zu 10% auch heftig egozentrisch wirken.




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