TRAIL MAGAZIN NEWS & JOURNAL / MEINUNG / LUKE GRENFELL, RUTH CROFT, RUSS COOK
DAS LAUFMAGAZIN NR.1 FÜR TRAILRUNNING
04
2024
Juli August
DEUTSCHLAND € 8,40 ÖSTERREICH € 9,20 SCHWEIZ SFR 13,50 LUXEMBURG € 9,70 ITALIEN € 11,30 SPANIEN € 11,30 FRANKREICH € 11,30
WWW.TRAIL-MAGAZIN.DE
ich Benimm D ! doch mal ens Verhalt regeln ls auf Trai
Trailschuhtest
Teil 2/2 ✔Nike Zegama 2 ✔Scarpa Golden Gate 2 ✔Hoka Speedgoat 6
Trainings-Serie
So wichtig ist die Wettkampf-Nahrung: Alles über Kohlenhydrate, Proteine und Fette!
HAUSBERG!
SO VIELFÄLTIG, STEIL UND SANFT IST DER GRÜNTEN TRANSVULCANIA DAS KULTRENNEN AUF LA PALMA
TEST
6 neue Stöcke für viele Höhenmeter
REISE
Essay: Wie man in Trailschuhen auf Reisen geht
Die ultimativen TIPPS vom PHYSIO!
DAS müssen wir wirklich wissen um unverletzt zu bleiben!
Hausbesuch bei UTMBChampions
Arêches Beaufort – in diesem Tal trainieren Walmsley, d´Haene und Co.
MVT
So hat Cindy eine Trailstrecke für uns gefunden!
A G R A V I C © 2024 adidas AG
S P E E D
U L T R A
EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser, liebe Alle,
4 Menschen dieser Ausgabe
Trailrunning ist tot. Es lebe Trailrunning. Als Herausgeber der Fachzeitschrift für Trailrunning lebe ich in einer Blase. Sie ist riesig und schwebt wabernd über allem, was es sonst so an weit wichtigeren Dingen gibt: Das Leben, Steuererklärungen, Geburtstag eines Onkels oder der Austausch der Windschutzscheibe nach einem Steinschlag. Wer also ein Hobby
Elise Poncet
ist eine französische Profi-Läuferin, Siegerin der GTNS-Etappe in Bad Reichenhall und Lebensgefährtin unseres Fotografen Philipp Reiter. Für diese Ausgabe hat sie für uns nach Jim Walmsley und Francois d´Haene Ausschau gehalten. Seite 60
oder einen neuen Sport sucht, sei in meiner Bubble herzlich eingeladen, denn in ihr lebt es sich gesund, heiter und sogar recht trendig. Wer die Probleme der Welt, Kriege und Rezession, ausblenden mag, muss unbedingt den Planeten Trail betreten und sich im kleinsten Detail auf einen Ultratrail vorbereiten – es wird so sehr einnehmend werden, dass alles andere, ob gut oder böse, keinen Platz mehr in deinem Tagesplan haben wird.
Luke Grenfell-Shaw
hat 2023 den Mozart 100 by UTMB gewonnen und startet erstmals für Great Britain im Nationaltrikot. Sein Leben ist geprägt durch eine agressive Krebserkrankung und einen Weg der Genesung, der beeindruckender nicht sein kann. Seite 90
In dieser Ausgabe verdrängen wir also wieder einmal geflissentlich erkennbar die großen Themen und widmen uns Training, Trail-Produkten, Renn-Resultaten und den News, die angesprochener Blase entstammen. Das muss reichen. Nicht, dass wir uns nicht um alles andere Sorgen, die Konflikte und Katastrophen nicht sehen, aber Trailrun-
Cindy Haase
wohnt in München und läuft liebend gerne in den Bergen. Sie zeigt uns ihre Lieblingsstrecke an der Rotwand und am Taubenstein, die als MVT-Strecke ab sofort online zu finden ist. Ab Seite 54
ning, Laufsport, unser Ding, muss doch eine Insel bleiben, auf die wir nach Lust und Laune flüchten können. Dieses Magazin soll Euer La Reunion, Mauritius oder wenn nötig, auch Helgoland sein.
TRAIL-Herausgeber Denis Wischniewski hat einen langen Sommer voller Trail-Abenteuer vor der Brust. Er blickt gerade aus dem Fenster des Redaktionsbüros hinaus in die Natur und träumt davon, einfach einen ganzen Tag lang über mehrere Gipfel zu laufen. Am besten mit einem guten Freund, Pausen auf bewirtschafteten Hütten und einem finalen Abstecher in einen Bergsee. Das Leben als Trailrunner und Bergmensch nimmt ihm immer wieder die Schwere, die unsere Zeit gerade so mit sich bringt.
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Florian Reichert
zog einst von Göttingen an den Tegernsee und anschließend mit der ganzen Familie in das Allgäu. Dort entdeckte er den Grünten und damit seinen Hausberg! Seite 6
Last News dieser Ausgabe! Im August erscheint wieder unsere Sonderausgabe THE PASSION. Das Heft bekommen alle mit einem CLUB-Abo. Ein Abschluss oder Upgrade lohnt sich also.
INHALT 16 Jahre Trail 2008 - 2024
6 FOTOSTORY
Florian Reichert nimmt uns an seinen Hausberg den Grünten mit. Der Wächter des Allgäus wird er auch genannt! Wer? Der Berg oder Flo?
STANDARDS EDITORIAL 3 INHALT 4 NEWS 14 MYVIRTUALTRAIL.DE 54 PHYSIO-TIPPS 88 IMPRESSUM 89 MORALFRAGE 98
1648 TRAINING
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Teil 1/3: Essen und Wettkampernährung muss trainiert sein - das weiss unser Experte Lars Schweizer und widmet sich in 3 Teilen allem was wir zur Ernährung wissen müssen.
14 JOURNAL
AB JETZT ALS CLIP AUF www.youtube.com/
Produkte für den Sternenhimmel, Denis Kolumne, Pro & Contra, Ratgeber Brot, Europameisterschaften in Annecy, Zahlen der Ausgabe
@TRAILMagazin2021
Ein Tag mit ...
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Im zweiten Teil unseres Trailschuhtests stellen wir einige Nachzügler vor: Nike Zegama Trail 2, Scarpa Golden Gate 2, Salomon Ultra Flow, Hoka Speedgoat 6, Saucony Trail Blaze, ...
Cindy Haase zeigt uns ihre Lieblingsstrecke an der Rotwand und wir zögerten nicht lange und schnappten uns den GPX-Track, um ihn bei myvirtualtrail.de hochzuladen.
Unser Autor war bereits zum vierten Mal bei der Transvulcania am Start und wollte seine magere Bilanz von nur einem Finish aufbessern. Ist es ihm gelungen?
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Redakteur Clemens Niedenthal resümiert seine Laufreisen für das Trail Magazin und warum es die beste Form der Reise überhaupt ist. Keine Angst - es ist kein Abschied!
60 REPORT 34 REPORT
paul goj
Elise Poncet war in einem Tal zu Besuch, das abseits der touristischen Zentren bescheiden einen Teil der besten Ultratrail-Stars beheimatet. Willkommen in Areches Beaufort! Legends Trail 76 Sommer-Trail-Outfits 80 Adidas Terrex 86 Moral 98
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Der Sommer ist die Hochzeit für die Höhenmeter und damit für den Einsatz der faltbaren Stöcke. Wir stellen 6 neue Modelle vor.
90 PORTRÄT
Der Brite Luke Grenfell-Shaw läuft als Profi für Brooks, siegte beim Mozart 100 und startete bei der EM für das britische Nationalteam. Sein Weg dorthin war 30.000 Kilometer weit, tragisch, traurig und schön und immer voll Hoffnung.
S/LAB PULSAR 3
GET THE EDGE S/LAB-Leistung mit neuem, von Athleten beeinflusstem Grip und Präzision für schnelle Rennen in technischem Gelände.
Athlet: Malen Osa
FOTOSTORY Der Grünten
Text: Florian Reichert Fotos: Chris Gollhofer
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SELIG, DER EINEN
Florian Reichert lebte einst in Göttingen. Die Liebe verschlug ihn im doppeltem Sinne in die Alpen. Heute hat er sogar einen Hausberg. Der GRÜNTEN ist sein Gipfel für alle Gelegenheiten.
HAUS BERG HAT
FOTOSTORY Der Grünten
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VON GÖTTINGEN AN DEN TEGERNSEE, UM SCHLIESSLICH IM ALLGÄU UND AM GRÜNTEN ZU LANDEN.
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FOTOSTORY Der Grünten
FLORIAN REICHERT HAT MIT DEM GRÜNTEN SEINEN HAUSBERG GEFUNDEN UND ER VERMISST WIRKLICH NICHTS!
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FOTOSTORY Der Grünten
Arc'teryx-Athlet Florian Reichert war lange einer der wenigen, wirklich schnellen deutschen Trailläufer, die nicht in den Bergen lebten, sondern in Niedersachsen, in Göttingen. In seinen mittleren Dreißigern hat er das dann doch noch geändert. Und im Allgäu nicht nur seinen Hausberg gefunden.
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„Hausberg” – allein das Wort zaubert mir ein Lächeln auf die Lippen. Gut, nicht jeder hat das Glück und das Privileg, einen Hausberg zu haben. Bei mir selbst war das ja viele Jahre auch nicht der Fall. Umso mehr schätze ich es jetzt, nach eineinhalb Stunden geduscht am Frühstückstisch zu sitzen, schon knapp 1.000 Höhenmeter in den Beinen und ein tolles Gipfelerlebnis im Kopf zu haben. Seien wir mal ehrlich: Wenn man kein Profisportler ist oder superflexible Arbeitszeiten hat, dann findet 90 Prozent des Trainings in der unmittelbaren Umgebung des Wohnortes statt. Und das ist durchaus auch gut so. So braucht es kein Auto und nur einen minimalen Zeitaufwand, um einfach mal rauszukommen, den Wind zu spüren, den Regen oder die Sonne auf der Haut. Und vor allem: um die Natur zu erleben. Und um Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen, um Kontakte zu pflegen – so wie bei mir am Grünten im Allgäu. Der „Wächter des Allgäus“ ist gerade mal 1.738 Meter hoch, aber ich liebe
diesen Berg! Neben meiner Frau und meinen beiden Kindern ist er so ziemlich das Beste, was mir je passiert ist. Ich kenne keinen Ort, kein Trainingsgebiet, in dem ich mich auf so kleinem Raum so vielseitig bewegen kann. Von Westen her ist der Anstieg auf den kleinen Vorgipfel, das Burgberger Hörnle, schroff und felsig. Es gibt Kletterrouten und ein Gelände, das zum Kraxeln einlädt. Obwohl ich die Male, die ich aufs Hörnle über den Südgrat geklettert bin, längst nicht mehr zählen kann, steigt jedes Mal mein Puls und ich verspüre einen wunderschönen Nervenkitzel, wenn es doch recht luftig und auf allen Vieren über den Grat dahin geht. Von Norden her ist der Anstieg extrem steil und angenehm schattig. Der „Bergmannweg“ ist in kaum einer Karte verzeichnet und nicht leicht zu finden, aber ich genieße die Einsamkeit auf diesem kleinen Pfad, der sich fast senkrecht die Bergflanke hochzieht. Ich bin hier tatsächlich noch nie einem anderen Menschen begegnet. Oben angekommen ist es nicht mehr weit zum Grüntenhaus,
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das von den Hüttenwirten Feli und Thomas liebevoll in den Sommermonaten bewirtschaftet wird. Denn auch das ist für mich Trailrunning: Innehalten, die Natur genießen, mit netten Menschen den Moment am Berg teilen – und es ist umso besser, wenn diese Menschen einem dann auch noch einen perfekten Kaiserschmarrn hinstellen und man den Sonnenuntergang bei einem kühlen Radler genießen kann. Allein aus Trainingsgründen treibt es mich aber oft weiter Richtung Süden, wo sich das Gelände wieder schlagartig ändert, wo sich der Blick auf die Allgäuer Alpen und den Alpenhauptkamm weitet und das Gelände in saftigen Wiesen zum verspielten und schnellen Laufen einlädt. Auch hier wartet wieder eine Hütte, die Alpe Obere Schwande mit ihren Hüttenwirten Monika und Erwin – hach, ich liebe einfach die Vielfalt dieses Berges! Egal ob viele Stunden auf den Beinen oder nur ein kurzer Lauf in der Mittagspause, es ist einfach ein Segen, einen Hausberg vor der Tür zu haben.
NEWS&JOURNAL
Lagerfeuer 2.0 Rauchfreies Feuer wie vom anderen Stern. Mit der Feuerschale Moon 45 sind romantische Stunden vor züngelnden Flammen ohne lästigen Geruch möglich. Mit Brennholz oder mit Pellets nutzbar. UVP 299,00 Euro www.hofats.com
Nicht unfassbar! Egal ob mit heißem Tee zum Aufwärmen oder einem eisgekühlten Durstlöscher. Wir haben einen perfekten Begleiter. Der auslaufsichere Thrive Becher von CamelBak fasst sogar 1 Liter Getränk. Der Boden ist rutschfest, der Deckel auslaufsicher. Auch als praktischer To Go Becher nutzbar, da der verschlankte Boden mit allen Halterungen kompatibel ist. UVP: 39,95 Euro www.camelbak.eu
Alles im Blick Das Entdecker Teleskop vom deutschen, über 200 Jahre alten Kosmos Verlag ist ein ideales Einsteiger-Teleskop für unterwegs. Es ist mit wenigen Handgriffen auf- und wieder abgebaut und mit einer Gesamtgröße von ca. 35 cm gut zu verstauen. Das Stativ sorgt für einen sicheren Stand und das integrierte Sucherfernrohr hilft bei der Orientierung an den verschiedensten Orten. UVP: 49,99 Euro www.kosmos.de
UNTER DEN STERNEN
Wie Harvest Moon
Die Mundharmonika ULTRA BEND SUB30 von Suzuki trägt nur rein zufällig einen Namen, der uns Trailrunner triggert. In jedem Fall passt das Instrument in jeden Laufgürtel, Racevest und ist bei der Gipfelpause so gut, nein besser, als jeder Landjäger oder Schokoriegel. Für Einsteiger leicht anzuspielen. Ideal für alle die noch nie ein. Instrument erlernt haben. 105 Euro
Eingekuschelt 2in1
Satorisan Sneaker Die 2010 in Valencia gegründete Marke hat sich der Produktion von nachhaltigen Sneakern verschrieben. Satorisan arbeiten nur mit recycelten Materialien. UVP ab 188,95 EUR eu.satorisan.com
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Nachts kann es schnell kalt werden. Nicht im Slumber Jacket von Voited: Denn der Mantel kann leicht zur bequemen Schlafmöglichkeit umgewandelt werden. Die nachhaltige PrimaLoft RISE-Isolation und das 50D Ripstop aus recyceltem REPREVE®-Polyester sorgen für Wärmeschutz Besonders gut gefällt uns, dass die nachhaltige Marke aus BadenWürttemberg regelmäßig lokale Projekte unterstützt, die sich aktiv für den Umweltschutz einsetzen vitäten fördern. UVP 215,00 Euro www.voited.de
TICKER +++ Julia Ehrle (U20) und Nina Engelhardt (Elite) sind Europameisterin im Uphill Rennen
Einfach zurücklehnen
Sterne leuchten?
Die Bench One von Helinox ist eine praktische Bank mit ausreichend Platz für zwei Personen. Sie überzeugt durch ein stylisches und minimalistisches Design, ist äußerst stabil und innerhalb von Sekunden aufgebaut. Durch ihr kleines Packmaß und einem Gewicht von unter 2 kg passt sie in jeden Rucksack. UVP 225,00 Euro www.helinox.eu
Moonwalker Die Dauerbrenner im Trail Magazin Onlineshop: eine leichte Trailsocke mit kosmischem Design. 17,90 Euro www.trail-magazin.de
Mal ehrlich, wer kann diese Frage spontan beantworten, ohne eine Suchmaschine zu bemühen? Dieses Buch ist keinesfalls ein reines Kinderbuch. Wer dieses Buch liest, wird nicht nur verstehen, warum Sterne leuchten und was das mit tanzenden Teilchen, Luftdruck und Wärme zu tun hat. Bei dieser kleinen Frage geht es um Leben und Tod. Denn wir alle sind aus Sternenstaub. Verfügbar in jeder kleinen Buchhandlung ums Eck, sogar zum selben Preis wie bei großen Ketten oder Onlinehändlern aufgrund der Buchpreisbindung in Deutschland, z.B. bei www.buecherjohann. buchkatalog.de. UVP 20,00 Euro
Erfrischend spritzig Nicht erst seit dem letzten Camp am Gardasee ein Redaktionsliebling. Der alkoholfreie Spritz: Das köstliche Bittergetränk in der kleinen Glasflasche wird aus über 30 Kräutern und Fruchtextrakten hergestellt und ist in Italien fester Bestandteil der Genusskultur. CRODINO ist die stilvolle Alternative zu allen anderen Aperitifs, egal ob pur auf Eis oder mit Prosecco gemischt. UVP: 1,25 Euro www.crodino.com
Vegane Marshmallows
PLAYLIST
Die Feuerschale knistert, die Sterne funkeln…und jetzt noch ein geschmolzenes Marshmallow zwischen zwei Schokokeksen genießen… Die Marshmallows von KoRo kommen ohne tierische Gelatine aus und bestehen aus rein pflanzlichen Zutaten. Außerdem wurde statt künstlichen Geschmacksverstärkern nur natürliches Vanillearoma verwendet. UVP: Ab 7,75 Euro www.korodrogerie.de
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Stargazing von Kygo feat Justin Jesso Sternenhimmel von Hubert Kah A sky full of stars von Coldplay Kelly watch the stars von Air Rocket Man von Elton John Space Oddity Von David Bowie
Kilian Jornet gewinnt zum elften Mal in Zegama und das bei seiner zwölften Teilnahme. Eine Frau beginnt dort indes vielleicht eine ähnliche Serie – Sylvia Nordskar siegt zum erstenmal bei dem vielleicht umtriebigsten Marathon der Welt.
Fotos: Leo_rsl
NEWS&JOURNAL
ZEGAMA IST ... DIE ELF!
Zegama ist Zegama. Wenn man denkt, dass man diesem Megaevent im Baskenland nicht noch etwas oben draufsetzen kann, dann zeigt eine neue Ausgabe des Kult-Marathons, dass es noch verrückter und enthusiastischer geht. Trotz eher schlechter Witterung säumten wieder tausende Menschen die Strecke, am Start, im Ziel und natürlich den besonders steilen Stellen kurz vor den Gipfeln. Im Mittelpunkt wieder einmal – Kilian Jornet, Rekordsieger und Streckenrekordhalter. 11 Siege bei 12 Teilnahmen. Vor 17 Jahren siegte er als damals hoffnungsvolles Nachwuchstalent, heute ist er der berühmteste Name im ganzen Sport und Wegbereiter für eine ganze Generation an Trail- und Bergsportler. Jornet lief also los und bestätigte vom ersten Meter an, was man vermuten musste – er läuft nur gegen sich selbst, nur gegen seinen eigenen Rekord, der bei 3:36:40 stand und aus dem Jahr 2022 stammt. Lediglich sein Teamkamerad Elhousine Elazzaoui folgte ihm zunächst, musste aber abreißen lassen. Kilian lief
unbeirrt und wie ein Uhrwerk, ohne ersichtliche Schwächen. Am Ende flog er dem Ziel entgegen, aber hing doch stetig 40-60 Sekunden hinter seiner Bestleistung. Kilian siegte, er jubelte, er lief auf Platz 1 ein und ließ keinen Zweifel daran, dass er auch ohne neuen Rekord mit allem im Reinen ist. Der Kampf um Platz 2 wurde spannend, denn der Pole Bart Przedwojewski (Salomon) lief das Rennen seines Lebens. Kräftig, mutig und mit einer cleveren Renneinteilung, immer weiter nach vorne, um schließlich Elhousine einzuholen. Gemeinsam stürmten sie dem Ziel entgegen, aber der schnelle Downhill spielte dem Marrokkaner in die Karten. Der Pole feierte Rang 3 wie einen Sieg, Elhousine Elazzaoui rundete mit Platz 2 das Traumresultat für seinen Sponsor Nnormal ab. Aus deutscher Sicht bewies der Allgäuer Marc Dürr, wie sehr er international bei solchen Rennen glänzen kann. Kein anderer Deutscher Mann kann aktuell auf solch einem Profil und Anforderung, auf Platz 16 laufen.
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Gratulation! Das Rennen der Damen stand vorab im Zeichen der Titelverteidigung von Daniela Oemus (Nike Running). Vorweg: Daniela siegte diesmal nicht, aber eroberte leidenschaftlich Platz 7 im internationalen Spitzenfeld. Der Sieg ging dabei erstmals an die erst 24-jährige Norwegerin Sylvia Nordskar (Hoka), die das Rennen verhalten startete um schließlich souverän vor der Einheimischen Malen Osa (Salomon) und Marta Martínez Abellán (La Sportiva) zu gewinnen. Rosanna Buchauer rundete mit Platz 17 ein schönes Abschneiden der Deutschen beim Zegama-Aizkorri ab. Beeindruckend war einmal mehr der Livestream, der diesen Marathon mit 2.700 Höhenmetern, technischen Passagen, schnellen Downhills und vielen Fanmomenten in die Wohnzimmer der ganzen Welt brachte. Auf die nur 300 Startplätze hatten sich mehr als 13.000 Leute beworben. Dass der Rekord aus 2022 in den kommenden Jahren fällt, bleibt nach dieser Edition eher unwahrscheinlich.
TICKER +++ Hillary Gerardi (USA) aund Lorenzo Beltrami (ITA) gewinnen das Hochkönig Skyrace
PRO & CONTRA
Hat Trailrunning ein Selbstwertproblem? Auch 15 Jahre nach dem ersten UTMB liest man noch immer überall Texte darüber, was Trailrunning eigentlich sei. Und was ein Trailrunner, eine Trailrunnerin. Fehlt es unserem Sport an Souveränität?
NEWS
TRAIL vor 10 Jahren...
Die Ausgabe 4/2014
Ab jetzt findet ihr die Ausgaben von vor genau 10 Jahren immer kostenlos auf www.trail-magazin.de, als digitale Version. Damals widmeten wir einen großen Teil des Heftes einem Einsteiger-Special, berichteten von einer Trailreise nach Bali und der Transvulcania, die damals noch in den Anfängen steckte. Die 12 Trailstrecken in den Alpen sind auch heute noch zeitlos gut und es wert, sie nachzulaufen. Gut, dass diese Ausgabe jetzt wieder verfügbar ist.
PRO (Clemens) Ich bin Berliner. Diese Tatsache bringt es mit sich, dass ich relativ häufig darüber rede, was Trailrunnning eigentlich ist. Vielleicht noch mehr sogar als vor zehn oder fünfzehn Jahren, als das normale, also das andere Laufen noch vor allem daraus bestand, sich auf möglichst flachen, asphaltierten Wegen auf den nächsten Halbmarathon vorzubereiten. Trailrunning war damals auch eine Fluchtbewegung. Trailrunning verhieß nicht nur ein anderes Terrain, sondern auch eine andere Haltung zum Sport. Freier, wilder, lässiger. Heute ist das Laufen diverser geworden, vielschichtiger. Für die einen ist es ein Lebensstil, für andere eine Lebenseinstellung. Trailrunning kann eine Facette davon sein. Erst recht für Menschen, die sich abseits der ganz großen Berge schon aus pragmatischen Gründen nicht für das eine und gegen das andere entscheiden. Heißt das nun aber, dass Laufen einfach Laufen ist? Eher im Gegenteil – gerade weil die Übergänge so fließend sind. Wer vom Mountainbike aufs Rennrad wechselt, merkt intuitiv, das sind, nun ja, zwei paar Schuhe. Wer aber laufend die Trails entdeckt, wird diesen tatsächlich anderen Laufsport besser begreifen, wenn er oder sie Trailrunning auch für sich definiert. Und sich selbst als Trailrunner:in.
CONTRA (Denis) Ich tue es noch immer, aber ich bin es leid. Ich bin es leid, nach nunmehr 17 Jahren, zu erklären was ich, wer wir sind und was wir tun, warum wir anders sind oder sein wollen. Natürlich ist Trailrunning etwas anderes als ein Volkslauf im Park oder die Joggingrunde in einer Stadt. Ein Ultratrail ist kein Straßenmarathon. Alles klar. Und dennoch will ich jetzt nach fast zwei Jahrzehnten, 20 Jahre nach dem ersten UTMB, nicht mehr erläutern, was wir da tun. Nö, es müssten jetzt fast alle wissen. Ein Mountainbiker ist ja auch nicht mehr damit beschäftigt, andauern die Grenze zum Rennrad zu definieren. Der Laufrucksack ist übrigens auch nicht das Erkennungsmerkmal des cooleren Läufertyps, sondern ein praktisches Ausrüstungsteil. Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn wir uns in klarer Kennung "Trailrunners" nennen, aber sehr, wenn wir uns verkrampft und verzwungen als etwas besonders "Individuelles" verstehen, was längst ein Massenphänomen ist. Die meisten, die ich nach so langer Zeit von Trail-Events, Lesercamps oder Trailtrips kenne, sehen sich einfach als Läuferinnen und Läufer, die sich mit Strecken, Training und etwas Ausrüstung beschäftigen, aber auf Codes, Trends und Definitionen wenig geben.
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DLV-Team mit Ausrufezeichen!
Nina Engelhardt und Lukas Ehrle beeindrucken in Annecy mit Titeln und Podium! Bei der Trail-Europameisterschaft, den European Athletics Off-Road Running Championships in Annecy, Ende Mai hat das deutsche DLV-Team für Aufsehen gesorgt. Die Erfolge übertreffen alle internationalen Auftritte der letzten Jahre, gar Jahrzehnte. Herausragend sind dabei die beiden Titel der 27-Jährigen Nina Engelhardt die sowohl im Elite Uphill, als auch im Elite Up & Down mit deutlichen Vorsprüngen siegte und einen Teil der weltbesten Trail- und Bergläuferinnen abhängte. Das zweite große Highlight war der erst 19 Jahre junge Lukas Ehrle, der mit einem Selbstbewusstsein bei der Elite startete und dort im Uphill Bronze eroberte und am Abschlusstag im Up & Down um nur 3 Sekunden dem ehemaligen Skyrun-Weltmeister Roberto Delorenzi Vorrang liess. Ehrles´ Schwester Julia siegte zudem im Uphill der U20 Klasse. Doch auch viele weitere deutsche Auftritte waren mehr als nur gut – Routinier Benedikt Hoffmann, einziger DLV-Starter, im Ultratrail über schwere, matschige 58 Kilometer in den Bergen um Annecy, lief wiederholt in die Top 10 und belohnte sich mit Platz 8.
NEWS&JOURNAL
DENIS’ KOLUMNE
Frische Ware da!
In regelmäßigen Abständen findet ihr im Onlineshop des TRAIL Magazins unter der Kategorie THYWEAR neue Laufsocken. Aktuell gibt es zwei neue Designs, die noch in allen Größen verfügbar sind. Zudem sind die Klassikers, Meshcaps, Laufgürtel oder Buckethats weiterhin erhältlich. www.trail-magazin.de
Mallorca im Herbst
Die Insel lädt vom ersten bis dritten November ein, zu einem UTMB World Series Rennen durch die wunderschöne Landschaft der Serra de Tramuntana. Der mallorquinische Gebirgszug erstreckt sich über den gesamten Nord-Westen der Insel und hat von technisch wilden Pfaden bis hin zu welligen Wanderwegen alles zu bieten. Ein Schmankerl dieser Veranstaltung ist der Mallorca 5000. Der 69 Kilometer lange Ultratrail protzt mit fetten 5.000 positiven Höhenmetern, was bald die gesamten Höhenmeter der 146 K Distanz ausmacht. Nichts für schwache Schenkel.
Liebe Freunde, liebe Freundinnen, liebe Alle, Mein erstes echtes Trailrunning-Rennen … … ist jetzt schon einige Jahre her. Alles, was ich vor diesem ganz besonderen Wettkampf lief, nannte sich Landschaftslauf, Berglauf, Wiesenlauf oder Crosslauf. Doch dieser Lauf war anders. Wir schreiben das Jahr 2008 und wir befinden uns auf – Korsika. Es war meine erste Reise als Trailrunner. Ein Flugzeug fliegt mit mir nach Marseille und dort besteige ich ein in die Jahre gekommenes Schiff. Ich beziehe eine kleine Kabine, direkt an der Wand zum Maschinenraum, gemeinsam mit einem Fotografen aus Süddeutschland, der für eine sehr wichtige Zeitschrift unterwegs ist. Wir sprechen beide kein französisch - nur perfektes schwäbisch. Das Corsica Coast Race führt uns fast zehn Tage und über neun Etappen einmal rund um die Insel. Später Oktober. Das Mittelmeer im Sturm und rund 80 Läuferinnen und Läufer zwischen Sonne, Wind und Regen. Mein erster echter Etappen-Trailrun wird zu einem prägenden Abenteuer. Nach der ersten Etappe weiß ich, dass das anders ist, als alles, was ich bisher gelaufen bin, dass es etwas ist, was ich wirklich will und dass die anderen Läufer und Läuferinnen, obwohl ich sie gar nicht kenne, mir auf eine Art doch sehr, sehr ähnlich sind. Es gibt noch keine Smartphones, es gibt kein Social Media. Nach den Etappen genieße ich eine Art Langeweile, die ich zuletzt als Teenager kannte. Wunderbar. Über eine Woche lang bewege ich mich in einer Blase, weit weg von zu Hause, weg vom Beruf, weg von dem, was einen jungen Familienvater so beschäftigt. Korsika, ein neuer Sport und täglich immer dasselbe Antreiben nimmt mich mit, lässt mich die Muskelschmerzen auf den ersten Metern nach dem Start vergessen. All die anderen um mich herum sind wundersame Wesen - ein Franzose gewinnt mit riesigem Vorsprung jede Etappe und sieht dabei doch so herrlich anders aus als der Rest. Ein ehemaliger Profitriathlet, der Trailrunning in den USA entdeckt hatte und ohne Rucksack und die damals schweren Trailschuhe läuft. Er rennt in leichten Marathon-Race-Schuhen, in der linken Hand ein Trinkflasche, in der rechten Hand ein Gel. Das wars. Oft hat er so viel Abstand zum Zweiten, dass er anhält, an einem Kiosk an der Küste eine kalte Cola kauft und weiter rennt. So wäre ich gerne. Er wächst in jenen Tagen zu einem echten Idol heran. Das schafft ein oder zwei Jahre später nur noch ein gewisser Kilian Jornet. Die letzte Etappe, nach einer Woche voller, bis heute bleibenden Eindrücken, ist mir fast täglich in Erinnerung: vom Start weg bildet sich eine Gruppe, nur ein ganz besonders übermotivierter Korse mit riesiger Nase und stahlharten Waden, wittert die Chance auf Mutterboden zu siegen und rennt alleine vorne weg. Er dreht sich immer wieder nach uns um. Hektisch. In unserer Gruppe herrscht Einigkeit, dass wir diese Stunden zusammen genießen, die finalen Kilometer gemeinsam erleben und so teilen wir am Ende Platz 2 unter insgesamt 7. Ein Belgier, zwei Französinnen, zwei Franzosen und ein US-Amerikaner. Wir reden nur wenig und doch windet sich an diesem besonderen Tag ein Band um uns herum. Im Ziel sinke ich zu Boden, bleibe für Minuten regungslos im Sand liegen, blicke starr in die wolkenlosen Himmel, in dieses Blau, das so Blau ist. Es ist perfekt. Alles war damals gut. Dieser erste Lauf trägt tiefe Schuld in sich. Die Schuld und Verantwortung, dass ich weitergelaufen bin. Bis heute.
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TICKER +++ 17-Jähriger Brody Chrisholm finisht das 250-Meilen-Rennen Cocodona 250 in den USA
RATGEBER: BROT
Dass Gebäck dick und krank macht, wird einem in sämtlichen Medien aufs Brot geschmiert. Man hat fast schon ein schlechtes Gewissen beim genüsslichen Biss in so eine herrlich resche Scheibe Sauerteigbrot. Was läuft da eigentlich schief in der Kommunikation? Was haben Backwaren so schreckliches verbrochen, dass sie so mancher meidet, wie der Teufel das Weihwasser? Es riecht nach einem Brotkomplott!
Grundsätzlich lohnt es sich immer, Dinge zu hinterfragen. Im Falle des Brotes ist es vor allem für uns Laufmenschen doppelt lohnenswert. Zum einen ist Brot ein wahres „Superfood“, vor allem wenn es aus dem ganzen Korn gebacken wird. Es versorgt uns mit sämtlichen Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen sowie pflanzlichen Proteinen und wertvollen Fetten, die für eine gesunde Ernährung nicht wegzudenken sind. Zum anderen liefert echtes, ehrlich hergestelltes Handwerksbrot einen Genusswert, wie es kaum ein zweites Lebensmittel kann. Ehrlich und handwerklich sollte es hergestellt sein. Genau da trennt sich buchstäblich die Spreu vom Weizen. Wenn fragwürdige Bücher und Medien über krankmachende Backwaren berichten, dann sind damit industriell gefertigte Produkte gemeint, die mit echtem Backhandwerk nichts gemein haben. Semmeln und Teilchen, die unter Einsatz von „kleinen Helfern“, unnatürlich und rasend schnell gefertigt werden. Backmittel und technisch veränderte Enzyme, die natürliche Prozesse beein-
flussen und beschleunigen, um Brot und Gebäck wirtschaftlich produzieren zu können. Das klingt nicht nur unromantisch, das ist es auch! Eine solche Art der Brotherstellung zieht auch noch weitere Mängel mit sich: Die Qualität des Mehles. Es ist des Bäckers wichtigste Zutat. Dieses Mehl gibt es in hervorragender regionaler Bio-Qualität. Es gibt aber auch die Möglichkeit, auf andere Rohstoffe zurückzugreifen. Diese Getreide werden unter massivem Einsatz von Spritzmitteln ertragreich angebaut. Salz mit Rieselhilfe, Hefe, die chemisch gereinigt werden muss und chinesische Kürbiskerne. Das sind die wenig erfreulichen Fakten, die veranschaulichen sollen, warum industriell gefertigtes Brot vom Discounter nicht gesund sein kann. Die positive Botschaft lautet: Es gibt sie noch, die wahren Handwerksbäcker. Menschen, die aus hochwertigen Rohstoffen und mit viel Zeit überragende Backkunstwerke fertigen. Brot, das mit Sauerteig gebacken wird und Brezen, die von Hand geschlungen werden. Bäcker, die den Teig eigenhändig in den Ofen befördern und
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ihn dort wenig später als fertige Leckerei herausholen. Die Zeit! Sie ist der Schlüssel zum gesunden Brot. Nur wenn ein Teig über mehrere Stunden und Tage reifen darf, wird die Backware letztendlich gesund und verträglich. Sowohl im Getreide als auch in einem Teig stecken natürlich enthaltene Zuckerstoffe und Proteine. Nur mit einer ausgedehnten Reifezeit ist es möglich, diese für uns Menschen nur schwer verwertbaren Proteine und Kohlenhydrate, in verträgliches Brot zu verwandeln. Sobald das Wasser im Teig auf das Getreide trifft, beginnen natürliche, enzymatische Prozesse, es entstehen natürliche Hefen und Zuckerstoffe, die dem Brot seine Farbe, eine schöne Kruste und den Geschmack verleihen. Gutes Brot mit bloßem Auge erkennen? Kein Problem! Da wären diese kleinen Bläßchen, die man auf hellen Backwaren wie Baguettes finden kann. Zu sehen sind diese sogenannten „Süßbläßchen“ nur dann, wenn der Teig ausreichend Zeit zum Reifen hatte. Ebenfalls das Innenleben der Backwaren. Ist diese 'Krume' glasig und saftig, spricht das für eine lange Frischhaltung des Brotes und viel Flüssigkeit im Teig. Wenn Körner draufstehen, müssen sie auch reichlich drinnen sein! Und eine dicke Kruste! Die spricht für einen ordentlichen Backvorgang. Sie bringt 85 Prozent des Aromas und zudem hält eine dickere Kruste das Brot länger frisch. Die Suche nach gutem Brot ist lohnenswert, sonst bleibt nur noch das selber Backen. Ein toller, alternativer Ausgleich zum täglichen Lauftraining. Von: Tom Stetter
BERGE VERSETZEN
Ausgerechnet in Berlin gibt es neuerdings eine coole Trailrunning-Boutique. Der passende Name: Flat Mountain Living
Deutschsprachige, die fleissig ITRA-Punkte gesammelt haben und auch international ihre Spuren hinterlassen haben. Dabei waren sie teils auf ganz unterschiedlichen Distanzen unterwegs. Hannes Namberger, Judith Wyder, Remi Bonnet, Katharina Hartmuth, Luzia Buehler und Janosch Kowalczyk. Mubeen September und Galyna Akinshyna haben eine Idee aus Südafrika nach Berlin getragen und leben diese Idee nun in der Hauptstadt.
Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, muss der Berg zum Propheten kommen. Sagt man so. Wahrscheinlich gibt es aber noch einen dritten Weg: Man imaginiert sich einfach einen Berg. Ungefähr das steckt im Namen Flat Mountain Living, was Berlin, die höchste natürliche Erhebung misst 114 Meter, eigentlich ganz treffend beschreibt. Mubeen September war auf diesen Namen indes schon in seiner Heimat Südafrika gekommen, wo der Flat Mountain bekanntlich der Tafelberg ist. Berlins Tafelberg ist der Teu-
felsberg. Das stimmt aber nicht, es klingt nur gut. Was stimmt ist, dass Mubeen September Flat Mountain Living aus Kapstadt mit nach Berlin gebracht hat. Dort war und ist es ein Online-Store, hier hat er gemeinsam mit Galyna Akinshyna nun auch einen physischen Laden eröffnet. Eine Running-Boutique im alten Westen, in Schlenderweite vom KaDeWe und den Flagshipstores einiger großer Outdoormarken. Bei Flat Mountain Running gibt es seit Mai einige kleine Outdoor- und
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Runningmarken. Ciele ist vielleicht noch die Größte. Mützen, Bucket Hats, vor allem die Textilien der Kanadier, Shirts und Shorts, sind inzwischen unglaublich gut geworden. Ein anderer Hersteller ist 4T2 (gesprochen Fourtytwo) aus den Niederlanden, die tatsächlich modulare Laufschuhe produzieren, die handwerklich repariert werden können. Oberschuh, Mittelsohle und die Vibram-Außensohle der Trail-Variante sind jeweils separat austauschbar. Mindestens ein Fingerzeig in der Diskussion um nachhaltigere, also haltbarere Schuhe. Zudem fertigt Mubeen September lässig geknotete Halstücher aus Seide. Diese zu tragen, hat bei Hitzeläufen einen charmant kühlenden Charakter. Und obendrein Stil. Arys in Berlin oder Deru in München – hippe, distinguierte FashionBoutiquen, die sich der coolen Codes von Outdoor-Ausrüstung und Trailrunning bedienen, gibt es neuerdings auch in Deutschland. Concept Stores, für die der Sport letztlich aber auch eine Attitüde bleibt. Auch Flat Mountain Living passt in diese Reihe junger Konzepte, die die Großen der Branche gerade deshalb kitzeln, weil sie unabhängiger, frischer und, ja, authentischer sind. Darüber hinaus lebt Mubeen September tatsächlich seine Leidenschaft für Trailrunning. Und kuratiert Lieblingsprodukte wie die Textilmarke Atlas, die Gels vom Spring Energy oder ein radikal ökologisches Deodorant, wachsartig in der Textur, herrlich frisch im Geruch und cool in einer Papphülse verpackt. Vieles Weitere wird noch kommen, Sachen vor allem, die es ganz bestimmt nicht in den üblichen Online-Portalen geben wird. Vorbeischauen lohnt sich! Von: Clemens Niedenthal
Flat Mountain Running Kalkreuthstraße 14, Berlin, Mo-Fr 11–19 Uhr, www.flatmountainliving.com
Fotos: Thomas Bekker
NEWS&JOURNAL
TICKER +++ Katie Schide (The North Face) und Jim Walmsley (Hoka) werden 2024 den Western States 100 laufen
ZAHLEN DIESER AUSGABE
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Anti-Doping-Programm by UTMB 100.00 Euro im Kampf gegen Doping
Neues im Kampf um einen sauberen Sport: Die UTMB Gruppe meldet, dass sie mindestens 100.000 Euro in ein Test-System investiert, das durch die International Testing Agency (ITA) geleitet wird. Das Regelwerk lehnt sich dabei an die WADA an. Im Mittelpunkt soll dabei ein systemastisches Testen der Podien sein. Die gesamte UTMB Worldserie, die Majors und Finals werden zudem mit rund 100 Zufallstests belegt. 100.000 Euro klingt nach einer Menge Geld, ist aber in der Größe und Dimension unseres Sports ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Bemühung, etwas zu tun, ist jedoch sichtbar und ganz bestimmt ein Anfang.
HOCHRHÖNBERGTRAIL
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01.09.2024 HOCHRHoN BERGTRAIL Rennen für den guten Zweck.
Scannen und anmelden!
42 km / 1250 hm 28 km / 760 hm 14 km / 480 hm 5 km / 140 hm
Weitere Infos auf der Website
© Benedikt Beck
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Jahre liegen zwischen Kilian Jornets´erstem Sieg in Zegama und dem aktuellen Erfolg.
100.000 Euro investiert die UTMB Group 2024 im Kampf gegen Doping
76
Die 76. Ausgabe TRAIL liegt vor Euch. Seit November 2011 erscheinen wir am Kiosk. Zuvor gabe es rund 20 reine E-Ausgaben.
4400 Starter!! Deutschlands größtes Trailevent wird das Zugspitzland in eine fette Partymeile verwandeln. 21 4/24
PRAXISTEST Trailschuhe 2024 Text: Denis Wischniewski, Clemens Niedenthal
LETZTE RUNDE
... und es kamen doch noch welche zur Türe rein. Im letzten Teil des großen Trailschuhtests besprechen wir ausführlich die Nachzügler, die durchaus relevant sein könnten für den noch langen Sommer ...
Im letzten Heft haben wir bereits darüber berichtet, dass wir nicht alle Trailschuhmodelle 2024 früh im Jahr zum Testen in die Redaktion bekommen. Die Hersteller "releasen" im Gegensatz zu früheren Jahren ihre Highlights immer öfter in Etappen, viele erst später im August zum UTMB. Dort ist die Aufmerksamkeit groß, ein ideales Event, um sich mit innovativen Produkten zu zeigen. Für diesen zweiten Teil haben wir also ein paar Nachzügler gelaufen, die wir erst vor wenigen Wochen bekommen haben. Zum Beispiel den lange erwarteten NIKE ZEGAMA TRAIL 2, der vielleicht erste echte Trailschuh der US-Amerikaner. Ob er den Namen so überhaupt verdient, lest ihr im Testkasten. Für viele eine Offenbarung im sechsten Akt, dürfte der HOKA SPEEDGOAT 6 sein, der bei uns seit nunmehr vier Jahren der beliebteste Trailschuh ist und regelmäßig die Leser:innen-Umfrage gewinnt. Ist er diesmal besser? Ist er anders als alle Vorgänger? Das fragen wir uns auch beim SCARPA GOLDEN GATE 2 ATR. Was hat der, was der erste ATR nicht hatte und wie unterscheidet er sich vom alpinen KIMA ATR? Marktführer Salomon schicken einen günstigen Allrounder-Schuh in diesen Test. Ist der ULTRA FLOW der oft besprochene, perfekte Einsteiger-Trailschuh? Und dann freuen wir uns noch über zwei Modelle von SAUCONY. Wie reihen sich der TRAIL BLAZE und der neue XODUS 3 in die Range aller aktuellen Schuhe auf dem Markt ein? Spannend: Hat der ASICS TRABUCO MAX3 die Mängel der Vorgänger im Griff? Kann er eine Alternative zu den üppig gedämpften Schuhen von Hoka, Speedland oder Brooks sein? Und dann müssen wir hier einfach auch auf das letzte Trail Magazin, Ausgabe 3/2024 verweisen, denn genau da findet ihr unter 37 Modellen vermutlich noch weit mehr Euren Traum-Trailschuh.
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NIKE Zegama Trail 2 Preis: 180 Euro /// Gewicht: 317 g /// Sprengung: 4 mm
Dieser neue Trailschuh von NIKE heisst ZEGAMA TRAIL 2, auf dem Schuh selbst ist das nirgendwo sichtbar. Die Politik der US-Amerikaner im Hinblick auf Trailrunning ist von aussen noch immer schwer lesbar. Mit dem ZEGAMA TRAIL 2 ist der Konzern jedenfalls auf dem richtigen Weg in den Trail, der Schuh ist gut, wenngleich nicht das was sein Name suggeriert. Mit dem Zegama Trail 2 würde vermutlich niemand das Rennen Zegama-Aizkorri laufen. Er wäre zuviel Schuh, zu schwer. Kein Schuh für Spezialisten oder solch ambitionierte Wettkämpfe. Was der neue NIKE Trailschuh aber unbedingt ist: ein gut gedämpfter, sehr bequemer Allrounder für mittlere und auch lange Distanzen, üppig gepolstert, weich in seinen Materialien und endlich mit einer griffigen VibramSohle ausgestattet. Im Gelände waren wir sicher unterwegs, im welligen Gelände hat er durchaus Tempo aufgebaut. Der Zoom X Schaum hält was er verspricht und ist reaktionsfreudig. Weniger gut: wer über Mittelfuss und Vorfuss abrollt, läuft am Ende des Vorgangs in einen seltsam "toten" Bereich. Das wäre vermutlich der besagte Vortrieb, der so leider nicht funktioniert. Fazit: Wir warten auf einen Nachfolger der mit weniger Gewicht und Ausstattung, schneller und direkter wird.
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PRAXISTEST Trailschuhe 2024
Ohnehin haben unsere Testerfahrungen gezeigt: Mit einem Schuh für 140 Euro kann man so glücklich werden, wie mit einem für 240 Euro
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SCARPA Golden Gate 2 Preis: 170 Euro /// Gewicht: 281 g /// Sprengung: 4 mm
HOKA Speedgoat 6 Preis: 160 Euro /// Gewicht: 278 g /// Sprengung: 5 mm
Mit dem GOLDEN GATE 2 ist Scarpa ein wirklich rundum gelungener Trailschuh gelungen. Er ist in seinem Charakter sehr eigenständig. Beeindruckend zunächst - der konkrete und verbindliche Fit. Die Ferse sicher, der Mittelfuß stabil und die Zehen, respektive Vorfuß, mit dem nötigen Freiraum. Im alpinen Umfeld, auf Wurzel- und Steinwegen, fühlten wir uns sehr sicher. Der Schuh findet quasi immer den festen Tritt. Das sorgt für Selbstvertrauen und macht vor allem Spaß. Um ihn für bestimmte Kategorien einzuordnen - er ist ein typischer Allrounder für mittlere Distanzen, für alpine Marathons oder die sehr attraktiven 30 Kilometer Trails im Rahmen der Ultratrail-Events. Wer also 2,3,4 oder 5 Stunden auf City- und Bergtrails unterwegs ist und alles, von Matsch, Fels bis Wurzelweg, vor sich hat, darf auf den Golden Gate 2 vertrauen. Er enttäuscht nicht. Die selbstentwickelte Aussensohle greift, der Schuh steckt auch Flachpassagen gut weg. Ein riesiger Schritt für Scarpa.
Lange haben wir auf den Speedgoat 6 gewartet und es ist durchaus beedindruckend, wie sehr er sich entwickelt und mit den Erwartungen der Fans geht. In der neuen Version schafft der beliebteste Trailschuh unserer Leserinnen und Leser noch einmal mehr den Spagat aus Komfort, viel Dämpfung und kompletter Stabilität im Gelände. Er ist damit ein Top-Tipp für alle längeren Ultratrails, Longruns im Gelände oder Etappenläufe. Seine Vibram-Magegrip Aussensohle gehört zum sichersten Outfit auf dem gesamten Markt. Besonders gut gefällt uns diesmal wieder das Aussenmaterial – es ist robust, schnell trocknend und sehr anpassungsfähig. Schnürung und Zunge liegen dem Fuss elegant an. Der durchaus schmale Schuh schafft es trotzdem mittlere und breite Fussformen (breite Version erhältlich) bequem zu tragen. Der Speedgoat 6 hat sich vom megagedämpften Spezialisten zu einem Allrounder entwickelt, der im Prinzip vom Einsteiger bis Profi, vom Halbmarathon auf Trails bis zur Tor des Geants, alle mitnimmt.
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PRAXISTEST Trailschuhe 2024
Die Sache mit den Stollen Haben die Hersteller von so manch perfektem Trailschuh die Aussensohle vergessen? Wir stellen fest – zu oft fehlt es an agressiven Stollen! Es gab eine Zeit, da war das mit den Trailschuhen recht übersichtlich und einfach. Trailschuhe, das waren die mit dem Profil. Und Modelle wie der Salomon Speedcross oder der X-Talon 212 von Inov-8 hatten davon tatsächlich eine ganze Menge. Grobe, mal als dynamische Winkel, mal als rechteckige Quader angeordnete Stollen, gerne acht und mehr Millimeter lang. Der große Schuhtest in unserem Magazin erzählt davon. Und auch davon, wie die Schuhe mit dem Profil mit den Jahren immer weniger geworden sind. Dominierten sie vor 15 Jahren noch unsere Praxistests, benannten bald darauf Modellbezeichnungen wie Soft Ground jene Schuhe, die eben fürs britische Fell Racing gemacht sind. Oder einfach fürs Traillaufen bei schlechtem, matschigem Wetter.
Aktuell hat etwa Salomon, um exemplarisch beim Markführer zu bleiben, keinen Soft-Ground -Schuh mehr im Sortiment. Modelle wie der Thundercross oder der neue S-Lab Pulsar 3 verfügen über ein etwas ausgeprägteres Profil. All die neuen Superschuhe, die mit Plattentechnologien und reaktiven Superschäumen, setzen auf minimal profilierte Außensohlen. Dynamik und Laufkomfort auf Forstwegen und Wurzeltrails scheinen das Gebot der Stunde. Was dieser Entwicklung entgegensteht: das Wetter. Auch und wieder einmal in diesem Alpensommer. Die ersten Events im Mai, etwa der Mountainmain in Nesselwang, waren dafür ein gutes Indiz. Menschen, die tatsächlich sehr viele Laufschuhe besitzen, standen vor ihren Kofferräumen
und suchten das passende Modell für Allgäuer Trails nach einer strömend durchregneten Nacht. Tadellose Gummimischungen, die auch auf nassem Fels passabel halten, gibt es inzwischen einige. Leidlich agile und dabei komfortable Ultratrailschuhe mit einem ausgeprägten Sohlenprofil gibt es fast keine mehr. Eine nur durchschnittlich profilierte Sohle aber setzt sich nach wenigen Metern zu, ab dann ist auch jede noch so souveräne Gummimischung machtlos. Wie gesagt: Wir sind noch immer mächtig begeistert vom aktuellen Trailschuhjahrgang. Was aber die passenden Außensohlen für unpassende Trailwetterlagen angeht, sollten sich die Hersteller noch einmal buchstäblich mit den Wurzeln dieses Sports befassen.
Tadellose Gummimischungen, die auch auf nassem Fels passabel halten, gibt es inzwischen einige. Leidlich agile und dabei komfortable Ultratrailschuhe mit einem ausgeprägten Sohlenprofil gibt es fast keine mehr.
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SAUCONY Trail Blaze TR Preis: 130 Euro /// Gewicht: 269 g /// Sprengung: 8 mm
SAUCONY XODUS ULTRA 3 Preis: 170 Euro /// Gewicht: 288 g /// Sprengung: 6 mm
Macht das Sinn, spezielle Trailschuhe für Menschen, die mit diesem Sport beginnen? Neben dem Salomon Ultra Flow ist der Blaze TR der zweite Schuh in unserem diesjährigen Test, der sich explizit an diese Zielgruppe richtet. Beide eint der Preis, 130 Euro sind heutzutage günstig zu nennen. Diese Rechnung geht auf, weil sich der Schuh viele Tugenden mit dem im vergangenen Heft getesteten, gelungenen Peregrine 14 teilt. Die Sprengung von 8 Millimetern holt derweil alle ab, die von klassischen Straßenlaufschuhen kommen, wir haben uns aber nie instabil gefühlt, das Gefühl für den Trail stimmt. Obwohl gerade unter der Ferse etwas mehr Schaum (und das agile Pwrrun-Material) verbaut worden ist, bietet der Schuh hinreichend Stabilität etwa für gehikte Passagen, die Passform ist universell, aber verbindlich und der Tragekomfort angenehm – auch weil relativ viel Obermaterial verbaut worden ist. Auch das passt für eine Zielgruppe, die zunächst einmal einen stabilen, robusten und dabei bequem-komfortablen Schuh sucht.
Der Xodus, neben dem Peregrine der zweite Trailklassiker von Saucony, heißt zum dritten Mal Xodus Ultra. Zum ersten Mal sieht er auch so aus. Viel Schaum, Rockershape: Vermittelte der Vorgänger bei überzeugend gedämpftem und reaktivem Laufkomfort noch Gefühl fürs Terrain, streckt sich der Neue nach der Sofakompetenz eines Brooks Caldera oder New Balance Fresh Foam More Trail. Verglichen mit diesen dicken Dingern rollt der Xodus Ultra (dank einer Variante von Sauconys Pwrrun) zwar herrlich energetisch, die Agilität des Vorgängers ist aber passé, auch weil die neue Sohlenkonstruktion, eine Art Chassis, für (versteifende) Stabilität sorgt. Ein Argument für schwerere Läufer:innen und ganz lange Läufe. Dennoch: Der nun vor allem komfortable Xodus Ultra ist ein anderer geworden, weniger universell und weniger adaptierbar im wirklichen Gelände. Eine Empfehlung (nicht nur für Landschaftsultras) bleibt er, auch wegen seiner bequemen UND präzisen Passform und des intuitiven Tragegefühls. Bei Nässe schwächelt (noch immer) der Grip.
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BOA® FIT SYSTEM DIALED IN
Perfekt eingestellt: Fein einstellbare, präzise Passform.
LOCKED IN
Fest umschlossen: Die eng anliegende Passform fixiert die Ferse und verbessert die Stabilität und Laufeffizienz.
CONFIDENT
Zuverlässig: Für höchste Performance unter anspruchsvollsten Bedingungen.
SCARPA RIBELLE RUN KALIBRA HT
PHILIPP AUSSERHOFER
BOA Athlet Professioneller Ultra Trail Runner
Erfahre auf BOAFIT.COM wie das BOA® Fit System Passform neu definiert.
SALOMON Ultra Flow Preis: 130 Euro /// Gewicht: 244 g /// Sprengung: 6 mm
ASICS Trabuco Max3 Preis: 180 Euro /// Gewicht: 305 g /// Sprengung: 5 mm
Das Kürzel Flow steht bei Salomon für die intuitiveren, auch einfacher gestalten Trailschuhe. Zumal für alle, die sich erst neuerdings oder nur gelegentlich auf die Trails wagen. Mit dem rustikal gedämpften Sense Flow ging das schon einmal mächtig schief. Am Ultra Flow stört uns hingegen nur der Name: Für Beginner:innen auf den Ultradistanzen hat Salomon Besseres im Schrank, etwa den soften, latent weiter geschnittenen Glide Max TR, manche nennen ihn den Hoka von Salomon. Den Ultra Flow sehen wir derweil als unkomplizierten Begleiter zwischen Radweg und Wurzeltrail. Ein Schuh, der gut rollt und seine Stabilität nicht zugunsten des Dämpfungskomforts opfert – und umgekehrt. Der Grip ist verlässlich, der Oberschuh sitzt auch ohne die typischen Salomon-Technologien (Sensifit, Endofit) gut und komfortabel, wenngleich nicht so technisch und präzise wie bei höherpreisigen Modellen. Apropos Preis: Zum fairen Kurs bleibt der Ultra Flow eine ehrliche Haut mit eingebauter Inflationsbremse.
Da schwimmt er nun der neue ASICS TRABUCO MAX 3. In einem Teich mit dem Hoka Stinson, einem Speedgoat oder gar Brooks Caldera. Ein Trailschuh der den Fokus auf die massive Dämpfung legt und dabei in dieser nunmehr dritten Version stark verbessert auftritt. Begeistert waren wir schon damals bei seiner Premiere, aber da war so einiges noch nicht optimal – der Fit, der Fersenhalt, die Schnürung. Nun hat man an ihm gearbeitet und gefeilt, was ihn heute zu einem vollkommen ernsthaften Ultratrailschuh macht. Die Mittelsohle ist reaktiv, nimmt viel Härte aus der Bewegung, dämpft lange Downhills ab und lässt im technischen Terrain dennoch genug Direktheit zu. 5 mm Sprengung, die rockerartige Guidesole-Technologie und der FF Blast PLUS Foam machen ihn für sein Gewicht und den stabilen Aufbau, sehr laufbar und dynamisch. Für uns ist der MAX 3 eine Alternative zu Hoka, auch im alpinen Sinne und für anspruchsvolle Ultratrails.
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MOMENT Malen Osa
Erster Marathon - Gleich so! Die einen planen den ersten Marathon in großen Städten und auf Asphalt. Malen Osa entschied sich für die bergige und matschige Variante bei Zegama-Aizkorri und nahm die 2.735 Höhenmeter lächelnd in Kauf ! Als waschechte Baskin hatte Malen Osa (ESP – Salomon) sich entschieden, ihren allerersten Marathon in ihrer Heimat zu laufen. Und mit dem zweiten Platz beim Rennen ihrer Träume hat sie die Zuschauer auch nicht enttäuscht.
„Anfangs ging es mir nicht so gut. Beim ersten Anstieg haben meine Beine nicht so mitgespielt, wie ich wollte. Aber dann hat mir die Menge Auftrieb gegeben und das Gefühl kam zurück. Ich hab bemerkt, wie die anderen schwächelten, während ich noch Kraft für den Downhill hatte. Das war zwar nicht meine anvisierte Strategie, hat aber funktioniert!“
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ADVERTORIAL Ida-Sophie Hegemann
Text: Denis Wischniewski
ZIEMLICH GUTE FREUNDE Zack Miller läuft ihn, Katie Schide hat den UTMB in ihm gewonnen und Ida-Sophie Hegemann vertraut auf den The North Face Vectiv Pro 2 in dieser Saison bei allen Rennen. Ein genauer Blick auf das vieldiskutierte Profi-Modell!
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Als vor rund vier Jahren The North Face mit dem ersten Carbon-Platten-Schuh für reines Trailrunning auf den Markt kamen war die Aufmerksamkeit so groß wie die Skepsis. Der VECTIV FLIGHT landete schnell am Fuß des Profiläufers Pau Capell, der damit auf der UTMBRunde das Projekt "sub20" in Angriff nahm, nachdem er das Rennen zuvor in neuem Streckenrekord gewonnen hatte. Mit Pau Capell bekam der Schuh ein großes Interesse in der Szene und schnell zogen auch andere Hersteller mit dem Einsatz von Plattentechnologien nach. Die Entwicklung gipfelt nun zumindest vorläufig im und mit dem THE NORTH FACE VECTIV PRO 2, der im Gegensatz zum Ur-Modell ein geradzu universeller Trailschuh ist. Im großen Praxistest des Trail Magazins, in der Ausgabe #3/2024, bewertet die
Fach-Redaktion, den nur 227 Gramm leichten Schuh, mit den Gewinner-Siegeln "Speed" und "Ultra". Das beschreibt seine Fähigkeiten ganz deutlich, denn der Markt kennt momentan kein anderes Modell das Dynamik, Vortrieb und Lauffreude mit üppiger Dämpfung, sowie Komfort kombiniert. Ida-Sophie, eine The North Face Athletin und Elite-Trailläuferin, war einige Zeit vorsichtig und nutzte den Vectiv Pro 2 erst geraume Zeit nach ihren Team-Kolleginnen und Kollegen. "Ja, das stimmt. Ich war etwas skeptisch was die Carbonplatte angeht und wollte mich langsam damit vertraut machen. Nun ist das Eis aber vollständig gebro-
chen und ich kann man für Wettkampf und auch für alle qualitativen Laufeinheiten, keine anderen Schuhe vorstellen." Interessant dabei, dass Hegemann dem Vectiv Pro 2 auch keine bestimmte Distanz zuordnet. "Ich nehme ihn wirklich für alles. Für die Ultratrails, für Intervall-Training und schnelle Longruns! Selbst meine Straßenläufe mache ich mittlerweile in ihm." Die ersten großen Erfolge hat Ida-Sophie 2024 im Vectiv Pro 2 auch schon gefeiert. Beim IATF, dem Innsbruck Alpine Trailfestival wurde sie erste Frau und belegte overall sogar Rang 3. Beim schweren und vielbeachteten UTMB-
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Worldseries Rennen, dem Istria 100, finishte sie die 100-Meilen-Strecke auf Platz 2 und das trotz Bisswunde aufgrund einer Hundeattacke. Die in Innsbruck lebende Berufsläuferin, stellt im Hinblick auf gute Eigenschaften, aber auch andere Dinge am Vectiv Pro 2 fest. "Mir fällt auf, dass ich nach den langen und schweren Ultraläufen, mit den muskulär doch intensiven Downills, weniger lange regenerieren muss. Ich bin, seit ich im Vectiv Pro 2 laufe, oft schon nach 2 oder 3 Tagen wieder lauffit und kann Regenerationsrunden drehen. Das ist für mich wirklich ein enormer Vorteil. Der DREAMFoam hat also sehr spürbare positive Effekte." Wie sehr der THE NORTH FACE VECTIV PRO 2 denn nun ein AllroundTrailschuh ist, liegt auch im Individuellen. Für tagtägliche Läufe mag sein Preis zu hoch sein – wie Ida-Sophie sagt, sollte er ein Modell für besondere Momente bleiben. denn für alles andere benötigt man nicht unbedingt den Support einer Platte und muss auch nicht jedes Gramm zählen. Fakten: THE NORTH FACE Vectiv Pro 2 250 Euro, 6 mm Sprengung
REPORTAGE Transvulcania
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Text: Denis Wischniewski
MIT ALLEM, WAS SIE HABEN!
Nur noch einen Versuch. Bitte. Bitte. Die Bilanz war mies. Er musste noch ein letztes mal hin und das Ding endlich finishen. Wurde es ein Happy End?
REPORTAGE Transvulcania
Mit der Transvulcania drehe ich mich im Kreis. So schnell, dass mir schwindelig wird. Und das seit Jahren. Dieses Rennen auf der Kanareninsel La Palma begleitet mich seit Beginn meiner „Trailrun-Karriere“, die natürlich gar keine echte Karriere ist, sondern eher solch eine leidenschaftliche Rumrennerei. Eine die mich seit 18 Jahren in schöne Ecken der Welt bringt - oft mit einer Startnummer am Trikot.
Nach fast 50 Kilometern Distanz, einer Das erste mal bei der Transvulcania war ich 2010. Damals steckte der Ultratrail in Kinderschuhen und Strecke weiter das damals 83 Kilometer lange Rennen, über den Rü- als ein Maracken der Vulkaninsel, war weit mehr ein „Extremlauf“, ein „verrücktes Abenteuer“ als ein ernsthafter Wett- thon, wartet kampf. Zwar standen mit Miguel Heras, Iker Carrera ein Downhill, oder Mohamed Ahansal waschechte Profis am Start, aber in allem was nach Ihnen startete ging es rein um so lange wie das Ankommen. Mit den Jahren entwickelte sich der der Anstieg zu Event zu einem der bestbesetzten Wettkämpfe seiner Kategorie, er zog die besten Trailrunner der Welt an. Beginn. 2000 Dakota Jones, Emelie Forsberg, Kilian Jornet, Ida Nillson oder Luis Alberto schrieben hier ihre Geschichten Höhenmeter und prägten im dunklen Vulkanstein zumindest gute nach unten. Teile ihrer Karrieren. Die Transvulcania machte es den Profis nicht immer leicht – es gab wundervolle Siege und Top-Platzierungen, aber auch tragische DNFs oder
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fatale Einbrüche. Nicht alle kamen mit den speziellen Bedingungen zurecht, denn die Strecke neben den Tücken auch ihre Eigenheiten. Der frühe Start um 6 Uhr direkt am Ozean, am Leuchtturm von Fuencaliente, dann ein dichtes und wildes Getümmel am Start, Positionskämpfe, Ellbogen, blutige Nasen oder Stockspitzen im Schienbein. Es kehrt irgendwann Ruhe ein, das Feld ist in die Länge gezogen und es geht in einer kaum dagewesenen Konsequenz 2000 Höhenmeter nur nach oben. Nicht steil, aber doch beständig und von kühlen Temperaturen am Morgen hinein in eine Hitze, die zum Mittag hoch oben auf dem Bergrücken glüht wie Lava. Nach fast 50 Kilometern Distanz, einer Strecke weiter als ein Marathon, wartet ein Downhill, so lange wie der Anstieg zu Beginn. 2000 Höhenmeter nach unten. Vom höchsten Punkt dem Roque de los Muchachos auf 2426 Meter über dem Meer hinab bis an die Küste. Die ultimative Prüfung für die Oberschenkel. Wer im Winter zu wenig
ins Ziel. In 11 Stunden und 40 Minuten. Ich hätte mir nicht mehr und nichts Schöneres vorstellen können. Im Ziel blieb ich einfach für eine ganze Stunde auf dem heissen Steinboden liegen und trank soviel Bier, wie in den gesamten 10 Jahren zuvor nicht mehr. Die Zieleinläufe summierten sich und alles gipfelte in einem riesigen Dorffest. So etwas hatte ich im Rahmen einer Laufveranstaltung nicht nie erlebt. Der Ort, der Lauf, alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die Einheimischen, einfach alle. Alle feierten den Moment.
Bergtraining, zu wenig in Höhenmeter investiert hat, muss spätestens jetzt bitterlich bezahlen. In Bar. Nur in bar! Wer dann glaubt, das Rennen wäre da unten am kitschig schönen Strand, im Partytreiben der letzten VP zu Ende, wird enttäuscht, denn jetzt geht es noch einmal 5 Kilometer nach oben, durch glühendes, trockenes Flußbett, über Steintreppen auf eine endlose und immer leicht ansteigende Zielgerade. Alles wird abverlangt, alles wird abgefragt. Antworten gibt es keine – man muss einfach nur Widerstand leisten und laufen. Oder wandern.
Eins werden mit dem Klima, mit der Insel. Die Strecke im Vorfeld „studieren“ und Abschnitte ablaufen, sie einprägen.
Meine erste Teilnahme war damals super. Ich war in einer kompletten Blase auf der Insel. Als Teil eines deutschen Teams hatten wir eine gute Zeit und ich spürte, dass ich in einer ganz besonderen Mission unterwegs sein durfte, dass das hier der Beginn einer Sache sein könnte, die als relevant für den ganzen Sport sein würde. Ich behielt damit recht. Ich kam auch
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Es war also klar, dass es ein Zurück für mich geben musste. Einige Jahre vergingen. Ein zweiter Versuch. Diesmal mit mehr Planung, mehr Konsequenz. Ich wollte es, mit dem unbedingten Wissen, dass ich zwar Hobbyläufer bin, dennoch ein wenig wie die Profis angehen. Früh anreisen. Zur Ruhe kommen. Eins werden mit dem Klima, mit der Insel. Die Strecke im Vorfeld „studieren“ und Abschnitte ablaufen, sie einprägen. Ein wenig wie diese Slalom-Skifahrer. Meine Frau und ich flogen bereits 14 Tage vor dem Start nach La Palma, buchten eine günstige Ferienwohnung, ich hob mir einen Bandscheibenvorfall und konnte keine Nacht durchschlafen. Je näher der Start kam, desto mehr wusste ich, dass ich nicht so ausgeruht und vorbereitet bin, wie ich es gerne hätte. Im Gegenteil – der Stress baute sich auf La Palma auf anstatt ab. So lief dann auch das Rennen selbst. Ich hätte schneller sein müssen als bei meiner Premiere, aber ich lag weit hinter der
REPORTAGE Transvulcania
Zeit von damals. Mit jedem Kilometer merkte ich wie die Energie den Körper verliess und wie sehr ich Kontakt zu meinen eigenen, zu hohen Ansprüchen verlor. Ich lief und verlor Lust und sah mich auch nicht mehr als Teil der Transvulcania. Alles fühlte sich anders an als noch vor Jahren. Genau 10 Kilometer vor dem Ziel, am Ende des langen Downhills, kam ein Mann, ganz in schwarz gekleidet, legte einen Kippschalter um, schlug mir einmal mit der Handkante in den Nacken und war fort. Hitzschlag. Sonnenstich. Alles dunkel. Für gut 3 Minuten. Ich rappelte mich auf, wankte zur VP. Dort stand meine Frau, die alles erkannte, weil sie meine Frau ist. Rennen beendet. 20 Minuten später lag ich im verdunkelten Zimmer der Ferienwohnung. Kalte Wadenwickel. Schüttelfrost. Damit war die Transvulcania für weitere Jahre so wirklich überhaupt kein Thema mehr. Ich verfolgte als Journalist die Elite, die Rekorde und all die neuen
Alles dunkel. Für gut 3 Minuten. Ich rappelte mich auf, wankte zur VP. Dort stand meine Frau, die alles erkannte, weil sie meine Frau ist. Rennen beendet.
Helden die dort geboren wurden. Immer nur von zu Hause aus. Das war schon okay. Dann kam eine Einladung des Veranstalters. Ich flog ein drittes mal hin und meldete mich wieder, naiv, taub und blind, für die 73 Kilometer Strecke an. Meine Frau sagte nichts. Ich sagte ihr, ich müsse da was in Ordnung bringen. 4 Tage vor dem Start kam ich an. Ein kleiner Trainingslauf . Nicht zu viel. Nur ein wenig ankommen ohne allzu viel Energie zu verlieren. Ein Tag bevor uns der Shuttlebus hinab zum Leuchtturm bringen sollte, lag ich im Hotel im Bett. Husten, Schnupfen, leichte Temperatur. Ich stieg dennoch in diesen Bus und ich lief mit all den anderen los, dichtes Drängeln, Ellbogen. An der ersten VP nach 10 Kilometern beendete ich die Transvulcania. Selten war ich so enttäuscht, selten war es so logisch, dass Weiterlaufen unmöglich und strunzdumm gewesen wäre. Dieses wundervolle Rennen und ich. Kein Match und eine Bilanz, die nicht gut ist. Immer wieder erzählte ich Freunden, Leserinnen und Lesern davon, dass diese Transvulcania eine Reise wert ist, sie da mal hin sollte, aber ich das nie, nie mehr tun würde. Dann kam im letzten November wieder eine Einladung. Ich wollte die Mail löschen. Ich hatte den Zeige-
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die letztenmale. Ich fühle mich gut. Alles gibt diesmal einen Sinn. Ich will ankommen. Ich will unbedingt ankommen. Die Vernunft muss siegen. Unter den ersten 100 erreiche ich die erste VP nach 10 Kilometern, dort wo beim letzten mal Schluss war. Ich lass der Vernunft nun Raum und reduziere mein Tempo, werde überholt und weiss doch, dass das okay sein muss. Ich finde mein Tempo und rufe nach 3 Stunden meine Frau zu Hause an. „Alles perfekt. Diesmal bin ich vorbereitet. Mir geht es gut!“ An jeder VP bin ich großzügig zu mir selbst. Ich verweile lange, manchmal 10 oder gar 15 Minuten. Ich fülle alles auf, ich wasche mich und kühle mich ab. All das kostet zwar viel Zeit, aber ich reduziere das Risiko hier wieder nicht anzukommen. Am Ende bin ich zwar 45 Minuten langsamer als 2010, aber ich bin auch 14 Jahre älter und bei weitem nicht so zerstört im Ziel wie damals. Auf dem heissen Steinboden bleibe ich diesmal keine Stunden liegen, ich trinke nur zwei Bier und dafür mehr Espresso. Liebe Transvulcania. Du hast mich wieder. Wir sind wieder zusammen. Wir haben eine Basis. Danke.
finger bereits auf der X-taste des Macbook. Ich drückte nicht. Ich nahm die Offerte dankend an. Fast devot. Diesmal änderte ich den Plan und orientierte mich an allem was für das erfolgreiche Finish damals in 2010 verantwortlich war. Ich reiste ein Tag vor Start an. Ich checkte im Hotel ein, ich holte meine Startunterlagen und legte mich am Nachmittag ins Bett.
„Alles perfekt. 6 Uhr. Da stehen sie ja alle. Die Elite. Diesmal Ganz vorne in der ersten Reihe. Ich stehe in der dritten Startreihe und fühle bin ich mich unrealistisch in dieser Szenerie. Es ist eine Zeitreise. Wie Maschinen vorbereiwanken Hannes Namberger, Tom Evans und Dakota Jones an das Absperrband. Ida Nilsson, Ruth Croft. Alle sehr kon- tet. zentriert und bis auf die letzte Faser durchgeformt. Ich bin Beobachter und Mir geht geniesse meine Rolle als jemand der heute nur mit sich und gegen sich läuft. Das Gefühl am Start ist ein anderes als es gut!“ 4/2023 39 4/24 39
ESSAY Trail-Etikette Text: Tom Stetter
Foto: Craft
SO GEHÖRT SICH DAS 40 3/24
Vom Pupsen, vom Rülpsen, Pöbeln und Drängeln. Im dichten Feld eines Laufwettbewerbes, in der Anonymität wilder Naturpfade, verlieren wir oft unvermittelt all die guten Manieren, die Mama uns beigebracht hat. Was darf man denn nun in Trailschuhen? Was eher nicht? Was raus muss, muss raus!? Der Blick ist konzentriert. Der Fokus richtet sich ganz auf’s Laufen. Der Finger reibt schon nervös am Startknopf der Uhr. Nur noch wenige Sekunden, dann steht der Sekundenzeiger auf Zwölf und das Abenteuer beginnt. Startschuss! Die Beine bewegen sich zügig vorwärts, der Puls ist ganz oben, bis er so langsam im Rennen angekommen ist. Es grummelt. Bereits im ersten Anstieg beginnt der Magen zu murren. Die Verdauung meldet sich mit den verschiedensten Vorboten. Sehr unangenehm. Der Unterbauch krampft, der Schweiß kullert vom Haaransatz Richtung Nase. Zu spät! Der Kampf ist verloren. Die Luft bahnte sich unaufhörlich ihren Weg und macht peinlich lautstark auf sich aufmerksam. Ahhhh, besser! Dumm nur, dass du gerade nicht allein bist. Im Gegenteil. Um dich herum befinden sich viele Hundert Läuferinnen und Läufer, die spätestens jetzt wissen wie es dir geht und was du in wenigen Minuten versteckt im dichten Geäst treiben wirst. Ganz gleich wie Frau oder Mann mit solchen Situationen umzugehen vermag, mit Absicht passieren solche Dinge nicht. Wenn wir von „Dingen“ sprechen, dann ist damit ganz allgemein ein Fass gemeint, das wir in diesem Text also öffnen möchten: Brauchen wir also Verhaltensregeln am Trail oder sagen wir, „Pupsen und Pupsen lassen“? Das eingangs angeführte Beispiel stellt für jeden Läufer, für jede Läuferin ein erhöhtes Maß an Peinlichkeit dar. Und der eine oder die andere fühlt sich vielleicht veranlasst, Worte der Abscheu loszuwerden. Sätze wie „muss das sein?“, „du bist echt eklig!“, „kannst du dich nicht zusammenreißen?“, sind nicht selten zu hören. Was ist von außen betrachtet nun schlimmer? Dass ein Mensch seiner Notdurft nicht mehr Herr werden
konnte, oder dass diese doch peinliche Lage von vormals zumeist wildfremden Menschen nun auch noch befeuert wird? Stellen wir uns also ein gut besuchtes Trailevent vor. Hier kommen viele Menschen zusammen, die alle ein gemeinsames Ziel verfolgen. Sie wollen in der Natur laufen. Und teilen während der Zeit Umkleidekabinen, Verpflegungsstationen und Toiletten miteinanDoch dann ver- der. Dass es hier und da zu Unstimmigkeiten kommen setze ich mich kann, liegt in der, nun ja, Natur der Sache. in den armen Ich möchte ein kleines persönliches Erlebnis anbrinKerl und denke gen. Wir schreiben das Jahr 2019 und ich befand mich mir: Was haben auf dem Kurs des Südtirol Ultra Skyrace. Ich laufe in die denn alle? einer Gruppe aus etwa 20 Läuferinnen und Läufern Der musste sich in Richtung erster Anstieg. Ein Mitläufer scheint erhalt übergeben. hebliche Probleme zu haben und machte unüberhörbar mit einem Bäuerchen auf sich aufmerksam. Kollektives Schweigen machte die Situation nicht besser. Wenig später das nächste Bäuerchen. Die Abstände wurden kürzer, bis sich der Gute kurz darauf nun endlich seines Mageninhaltes entledigen konnte. Fast schon erleichtert nicken wir uns zu, als der Störenfried nun endlich hinter uns ist. Doch dann versetze ich mich in den armen Kerl und denke mir: Was haben die denn alle? Der musste sich halt übergeben. Und das ist eine Situation, die jeder erfahrene Ultraläufer, die jede erfahrene Ultraläuferin schon einmal selbst erlebt hat. Ich nehme etwas Tempo auf, um mich von der Gruppe zu lösen. Fast schon nervös drehe ich mich um, bevor ich dann endlich auch die unangenehme Luft aus meinem Bauch befördern kann. Mir ist es schlicht zu peinlich, in Gesellschaft anderer Läufer einen fahren zu lassen. Auch mein Verhalten reflektiere ich nun – und komme zu der Erkenntnis, dass es doch ein Wahnsinn ist, eher Schmerzen zu leiden, als sich einfach kurz und knapp zu erleichtern. Seit diesem Rennen erledige ich Dinge, wenn sie erledigt werden müssen. Mit dem Unterschied zu einigen Mitstreiterinnen und Mitläufern unseres Sports, versuche ich aber dann doch, nicht alle lautstark daran teilhaben zu lassen. Für mich der perfekte Weg durch den schmalen Grat der Läuferetikette. Apropos Läuferetikette: Es geht mir nicht darum, mit erhobenem Zeigefinger Regeln zu kommunizieren. Es geht um einen selbstverständlichen Umgang mit – und einen selbstverständlichen Respekt vor der Natur und voreinander.
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ESSAY Trail-Etikette Text: Denis Wischniewski Foto: Davide Sousa Beginnen wir also mal ganz am Anfang eines Rennens und spielen "Finde die Fehler": Der Weg zu den Startunterlagen. Ich stampfe strammen Schrittes Richtung Sporthalle. Voll motiviert an allen vorbei, jogge ich fast schon, um als erster mein Goodiebag in den Händen zu halten. Echt ärgerlich, dass auch andere Läuferinnen und Läufer auf die Idee gekommen sind, zur gleichen Zeit und am gleichen Ort, ihre BIB’s zu holen. Nervös tippel ich mit verschränkten Armen auf und ab. Keine Ahnung, warum das so lang dauert. Die Helfer könnten ruhig mal schneller machen. Geht doch. Ich habe meine Unterlagen und breche direkt in Richtung Start auf. Im Goodiebag befindet sich ein koffeinhaltiges Softgetränk. Zisch… Ich öffne die Dose. Kann ja nicht schaden, nochmal was zu trinken. Die leere Dose lasse ich am Eingang stehen. Keine Lust, einen Mülleimer zu suchen. Weiter gehts. Ja, es geht los. Und ich sollte mich so langsam auf den Start vorbereiten. Okay, vielleicht muss ich doch noch auf die Toilette. Und Gott sei Dank, ist alles raus. Das WC schaut jetzt zwar aus, als wäre ein Silvesterböller explodiert, aber Ich öffne die mir geht es gut! Für die Reinigung gibt Dose. Kann ja es schließlich Putzleute. Das Händenicht schaden, waschen vertage ich heut lieber. Das nochmal was Waschbecken schaut nicht sehr hygizu trinken. Die enisch aus. Ich muss nachher sicherleere Dose lasse lich an der ersten Versorgung Wasser ich am Eingang auffüllen. Dort wasche ich dann meine stehen. Keine Lust, einen Hände. Mülleimer zu Nachdem ich dann noch schnell per suchen. shake-hands (Fail!) all meine Bekannten Weiter gehts. begrüßt habe, geht es endlich los. Nach etwa acht Kilometern drücke ich mir das erste Gel rein. Diese klebrige Verpackung stecke ich sicher nicht in meine Weste zurück. Quasi aus Versehen purzelt sie zu Boden, ich renne weiter. An der ersten VP möchte ich mich frisch machen, meine Flasks auffüllen und eine Kleinigkeit Essen. Ich greife also beherzt zu und gönne mir Bananen und Schokolade. Anschließend befülle ich meine Flasks. Bevor es weitergeht, sollte ich noch das mit dem Händewaschen erledigen. Super! Frisch gestärkt
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geht es in einen steilen Anstieg. Hinter mir schließen zwei Frauen auf. Ich bin ziemlich fertig, aber die Mädels holen mich eh nicht ein. Ich flaniere weiter diesen schmalen wurzeligen Trail hinauf und rotiere mit meinen Stöcken, als würde ich mit großer Geste allen meinen Bekannten unten im Tal winken. Die letzte Labe, bevor es in den Downhill geht. Die Mädels und ich kommen zeitgleich an. Ich wusste, dass die mich nicht überholen können. Ich schnappe mir die letzten vier Salzkartoffeln, leere den Isokanister und mache mich auf den Weg Richtung Downhill. Ich erschrecke, als die Damen kurz vor dem Singletrail sehr zügig hinter mir auftauchen. Krass, wie flott die wieder aufschließen konnten. Ich drücke mich mit aller Kraft noch vor den beiden auf den schmalen Pfad. Keine Lust, dann an dem Klettersteig hinter denen warten zu müssen. Die Schlange hinter mir wird länger und länger. Naja, hier im verblockten Gelände müssen eh alle vom Gas. Nachdem ich zwei Jungs passieren lassen muss, reihen sich die zwei jungen Damen wieder hinter mir ein. Downhill geschafft! Nun nur noch die breite Forststraße Richtung Ziel und fertig. Auf den letzten paar hundert Metern keuche ich schwer und drücke mich kraft meiner müden Beine an einer Frau vorbei, die mich zehn Minuten vorher noch überholt hat. Finish. Gesamtrang 438 und AK 53ster. Ich bin zufrieden. Ich würde lügen, wenn ich jetzt sagen würde, dass diese Geschichte frei erfunden ist. Ein Großteil dieser Ereignisse hat sich, in diesem oder jenem Rennen, tatsächlich einmal so zugetragen. Einige Dinge sind zum Schmunzeln, andere sollten uns eher nachdenklich stimmen. Im Großen und Ganzen möchte aber nicht nur der Autor, sondern die Redaktion eine Botschaft verkünden: Die Trails gehören uns allen. Die Natur ist ein Ort des Respekts und der Rücksichtnahme. Lasst uns das doch einfach in die Tat umsetzen. Lasst uns die Werte, für die unser Sport steht, auch leben. Offenheit, Toleranz, Empathie, Achtsamkeit (nein, nicht diese Achtsamkeit aus den Insta-Posts) und Gleichberechtigung. Wer möchte, darf auch gern seine Eitelkeit beiseitelegen.
25.-28.
JULI 2024
GROSSGLOCKNER
ULTRA-TRAIL® 110 km | 6.500 hm
Einer der härtesten Ultra Trails. Rund um den Großglockner.
OSTTIROL
TRAIL
GROSSGLOCKNER
TRAIL
84 km | 5.000 hm
57 km | 3.500 hm
Durch die schönsten Teile der Glocknergruppe.
Der Klassiker entlang des Großglockners.
GLETSCHERWELT
TRAIL
KAPRUN SCENIC
TRAIL
35 km | 1.500 hm
16 km | 1.000 hm
Eintrittstor in die Welt des GGUT.
Zu den schönsten Ausblicken im Kapruner Tal
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PORTRÄT Ruth Croft
RUHIG ANDERS
Sie gehört längst zu den großen Namen im internationalen Trailrunning und hat vom Skyrace bis hin zum 100-Meiler fast alles gewonnen was man gewinnen kann. Ruth Croft gehört zu den stillen Stars, die für Überraschungen gut sind. Text: Denis Wischniewski
Ruth Croft
15. Januar 1989 Neuseeland 35 Jahre Team Adidas Terrex Erfolge: Sieg Western States 100 / Sieg CCC / Platz 3 Zegama-Aizkorri / Trail-WM Silber / Sieg Marathon Mont Blanc / Sieg Ehrwald Trail ZUT Ein Interview mit Ruth auf www.trail-magazin.de
Ich erinnere mich an Ruth Croft. Uns trennte wirklich nur ein Bildschirm. Sie lief den CCC, dieses legendäre 100 Kilometer Rennen beim UTMB und ich lag zu Hause auf dem Sofa und hing begeistert am Live-Stream. Es war der erste ordentliche Stream, der einen so richtig mit auf die Trails nahm. Kameraläufer Seb Chaigneau, ein ehemaliger Trail-Profi konnte Ruth Croft über viele Kilometer folgen, hing auf einem schnellen, welligen Singletrack an ihren Fersen und lieferte beste Aufnahmen zu mir nach München. Ruth Croft lief nach rund 80 Kilometern und vielen Stunden durch französische Bergwelten, in einem hohen Tempo und mit einer Eleganz, die mich faszinierten. Der Sieg bei diesem CCC 2015 ging souverän an die Neuseeländerin. Es war ihr Start in eine unvergleichliche Karriere, die 2024 mit dem Sieg bei der Transvulcania nicht zu Ende ist. Im Gegenteil. Ruth Croft könnte eben jene Person sein, die den UTMB gewinnt, die auf Augenhöhe mit Courtney Dauwalter läuft. Ruth Croft hat die Klasse, die Ausbildung, die Möglichkeiten und Lässigkeit. Ihre Laufbahn auf Trails seit 2014 ist eine logische Abfolge. Am Mount Fuji in Japan siegt sie über eine unspektakuläre 21 Kilometer Distanz um im Folgejahr, ausgestattet mit einem Vertrag, nach Europa zu kommen. Dort erobert sie 2016 Rang 3 bei der Transvulcania und ist plötzlich ein Name im damals aufblühenden Trail-Zirkus. Das mit dem Laufsport beginnt bei Ruth Croft in früher Jugend. Mit 17 startet sie für Neuseeland bei den Leichtathletik-U20-Weltmeisterschaften in Peking im Hindernisslauf und erhält anschliessend ein Stipendium an der Universität Portland in Oregon. Ermüdungsbrüche verhindern jedoch die Karriere die sie sich erhoffte. Croft zieht nach Taiwan, wo sie nach einer Pause eher zurückhaltend und vorsichtig
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Der Kolumnist faltet die Hände zum Gebet? Nein, er vertraut seinem Sport und glaubt, dass alles gut wird.
mit Trail-Wettkämpfen beginnt. 2013 zeichnet sich mit dem Start bei der TNF Challenge über 50 Kilometer ihr Start in eine zweite Sport-Karriere. Diese sollte nachhaltiger sein als gedacht. Ruth Croft ist eine der bescheidensten Trail-Läuferinnen die ich kenne. Nach ihrem größten Erfolg, dem Sieg des Western States 100 vor 2 Jahren, verbrachte sie direkt im Anschluss an das Rennen in Kalifornien, eine ganze Woche in Grönland. "Eine Entgiftung" wie sie es selbst nennt. Weg von zuviel Trubel um ihre Person, mehr Ruhe und Bedächtigkeit. Ihre Leidenschaften sind neben dem Training, immer ihr Privatleben und Naturheilkunde, die sie an einer Schule studiert. Mit einem neuen Trainer veränderte sie 2023 auch
"Früher war Laufen alles für mich. Das endete leider nicht gut." 45 4/24
viele Details an ihrem Training. Zunächst reduzierten sie das Volumen, konzentrierten sich auf die Arbeit im Schwellenbereich, verliessen das reine "Training nach Gefühl" und liessen Struktur und Daten zu. Die heute 35-jährige hat mit der Zeit die Perspektiven geändert, sie weiss zwar, dass sie als Profiläuferin viel und nahzu alles optimieren muss um zu gewinnen, aber sie weiss auch wie wichtig die Balance ist. "Früher war Laufen alles für mich. Das endete leider nicht gut. Heute sehe ich auch das Leben jenseits des Sports und das nimmt mir den Druck und die Nervosität." Wie sehr Ruth auf dem richtigen Weg ist, zeigt das erste Drittel der Saison. Ihr erster Auftritt in Europa war ihr vielleicht stärkstes Rennen überhaupt. Der Sieg bei der Transvulcania vor Ida Nilsson und mit neuer Rekordzeit, kann nur darauf schliessen lassen, was sie im Stande ist bei kommenden Rennen zu leisten. Um beim UTMB über die 100 Meilen zu siegen bedarf es noch weiterer Fähigkeiten und das weiss die Neuseeländerin nur zu gut "Das Laufen in der Nacht, die kalten Temperaturen und weitere 6,7 oder gar 10 Rennstunden." Im übrigen ist Crofts´ Liebe zu den Ultradistanzen keine die von Beginn an nur sonnig war. Bei ihrem ersten Lavaredo Ultratrail über 120 Kilometer 2017 lief sie zwar auf Platz 2, aber es war schwierig und alles andere als eine schöne Erfahrung. Sie brach mit den Ultras und konzentrierte sich auf mittlere Distanzen, auf Skyraces und alpine Marathons. Erst 4 Jahre später wagte sie sich wieder an eine Strecke länger als 100 Kilometer. Von da an schien sie bereit für längere Aufgaben. Es braucht Zeit, es braucht Vertrauen in sich selbst und auf das was man auch im Moment will und kann. Ruth Croft ist ein tolles Beispiel dafür wie sehr Dinge manchmal ihren Lauf und nötigen Raum brauchen um wirklich gut zu werden. Mit all dieser Herangehensweise an den Sport und den daraus enstehenden beispiellosen Erfolgen, ist sie ein Vorbild für die Generationen, die jetzt Trailrunning entdecken und neu dazukommen.
MOMENT Russ Cook
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Fotos: Jerry Sun
Kontinentalverschiebung Der britische Ulttraläufer Russ Cook hat in 352 Tagen und über 16.294 Kilometer Afrika einmal der Länge nach durchquert
Am Ende war alles eine große Party, für die sogar die britische Noisepunkband Soft Play eigens nach Tunesien geflogen war, um Russ Cook mit einem Konzert zu feiern. Das hat gepasst: Soft Play sind ein Duo aus Gitarre und Schlagzeug und machen Lärm wie ganz viele. Und auch das, was Cook da in 352 Tagen und über 16.294 Kilometer geleistet hat, ist eigentlich zu viel für einen einzelnen Ultraläufer. Der Brite mit dem rotblonden Vollbart hat Afrika einmal der Länge nach durchquert, vom südlichsten bis zum nördlichsten Punkt, von Südafrika bis Tunesien. 386 Marathondistanzen durch tropische Wälder, knochentrockene Wüsten und über Grenzen, die nur mit Hilfe des britischen Konsulats geöffnet werden konnten. Eine Lebensmittelvergiftung bremste Cook für eine Woche aus, wenig später wurde der Hoka-Athlet mit vorgehaltener Waffe seiner gesamten Ausrüstung entledigt. Weiter ging es immer, irgendwie. Und so kammen 790.000 britische Pfund für die Obdachlosenhilfe The Running Charity und zur Unterstützung von Geflüchtetencamps in Algerien zusammen.
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TRAINING Wettkampf-Ernährung Teil 1/3
Treibstoff ABC
Trail-Magazin-Trainingsexperte und Proficoach Lars Schweizer macht sich in den kommenden Ausgaben Gedanken zur perfekten WettkampfErnährung und beginnt die Serie mit Grundsätzlichem ... Text: Lars Schweizer
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Am vergangenen Wochenende fand der Transvulcania Ultra auf La Palma statt. Mit einem super starken Sieger Jonathan Albon und einer Leistungsdichte, welche außerhalb der UTMB-Serie seines gleichen sucht. Betrachtet man die Liste der Top 15 von der ersten bis zur Ziellinie, so fällt eines vor allem auf. Verzocken und Eingehen gibt es unter den Top-Profis so gut wie gar nicht mehr. Neben einer immer größeren Professionalisierung des Trainings und des Pacings, hat das vor allem ein Grund – Das Ernährungsgame! Die Verpflegung der Top-Athleten von Ausdauerwettkämpfen ist inzwischen ähnlich durchorganisiert bzw. durchchoreografiert wie ein Formel 1 Boxenstopp. Eindrücklich hat das im vergangenen Jahr beispielsweise Mathieu Blanchard in Courmayeur beim UTMB gezeigt. Nach gerade einmal 90 Sekunden verließ er die Verpflegungsstation wieder, verpflegt und ausgestattet mit einem nachgefüllten Rucksack. Keiner seiner Konkurrenten schaffte dies schneller und effizienter. Doch auch im breiten Feld der Athleten hat sich die letzten Jahre sehr viel getan. Während man früher bei den Ultra Läufen auch viele Athleten mit Paketen fester Nahrung und Cola Flaschen in den Rucksäcken gesehen hat, sind inzwischen so gut wie alle auf die modere Hightech Sportnahrung umgestiegen. Ich möchte in diesem Artikel einen Überblick über die derzeit verfügbaren Erkenntnisse über Makronährstoffe und Nahrungsergänzungsmittel für Ausdauersportler geben, wobei es allerdings unmöglich ist im Rahmen dieses Artikels auf alle Vitamine, Mineralstoffe und Nahrungsergänzungsmittel, die es für Ausdauersportler gibt einzugehen. Von daher konzentriere ich mich auf die wichtigsten Makronährstoffe wie Kohlenhydrate, Fette, Eiweiß, Flüssigkeit und dem Zusatzstoff Koffein. Kohlenhydrate Kohlenhydrate sind vermutlich der am häufigsten genannte wichtigste Makronährstoff würde man eine Umfrage unter Ausdauersportler machen. Kohlenhydrate (in Form von Blutzucker oder Muskelglykogen) sind die für den Körper am einfachsten und schnellste Form Energie zu gewinnen. Im Gegensatz zu
Fett benötigen sie im Vergleich weniger Sauerstoffvolumen um die gleiche Menge ATP (Adenosintriphosphat) zu erzeugen. Benötigt der Körper Energie, wie beim Laufen, wird ATP in den Zellen gespalten und Energie freigesetzt. Der Speicher von Glykogen in den Muskeln im menschlichen Körper ist allerdings nur begrenzt und beträgt von Person zu Person unterschiedlich 300-600g Glykogen. Die Erschöpfung dieses Speichers bei weiterhin gleichbleibender Intensität wird oftmals mit dem von Ultraläufen oder Marathonläufen in diesem Zusammenhang genannten „gegen die Wand Laufen“ und „der Mann mit dem Hammer“ assoziiert. Vor dem Wettkampf ist es vor allem die berühmte Pasta Party, welche zum Laden von Kohlenhydraten jedem direkt in den Sinn kommt. Durchaus ist es vor dem Wettkampf sinnvoll seine Kohlenhydratspeicher auch entsprechend aufzufüllen, bei Wettkämpfen von unter 90
Die Verpflegung der TopAthleten von Ausdauerwettkämpfen ist inzwischen ähnlich durchorganisiert bzw. durchchoreografiert wie ein Formel 1 Boxenstopp.
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Minuten ca. 6 bis maximal 12g Kohlenhydrate pro Kilo Körpergewicht. Sprich bei einem 70kg schweren Athleten a 9g/kg wären dies 630g Kohlenhydrate im Zeitraum von 24 Stunden vor dem Wettkampf. Ist der geplante Wettkampf länger als 90 Minuten empfiehlt sich den Zeitraum zur Kohlenhydratladung entsprechend auszubauen. Hierzu sollte auch die Menge an Kohlenhydraten 2-3 Tage vor dem Rennen bereits leicht erhöht werden. In den letzten 1-4 Stunden wird eine Menge von 1-4g/kg Kohlenhydrate empfohlen um auch die beispielsweise über Nacht entleerten Leberglykogenspeicher wieder aufzufüllen. Im Wettkampf ist die Dauer die eine Leistung aufrecht erhalten werden kann vor allem davon abhängig, wie schnell das für den Körper verfügbare Glykogen für die Energiebereitstellung verbraucht wird. Diesen Verbrauch bei unterschiedlichen Intensitäten kann man über eine Spiroergometrie ermitteln. An diese Ergebnisse kann man seine Ernährungsstrategien im Wettkampf anpassen, bzw. muss seine Intensität ebenfalls anpassen. Beispiel wäre hier ein Wettkampf von drei Stunden Länge bei einer Intensität von 93-95% der anaeroben Schwelle. Würde der Kohlenhydratverbrauch des Athleten hier bei 160g Kohlenhydrate liegen und er gleichzeitig 60g Kohlenhydrate pro Stunde zuführen, entnimmt er vereinfacht dargestellt 100g Kohlenhydrate aus den Muskelspeicher. Bei einer Renndauer von 3 Stunden sind dies 300g von 300-600g verfügbaren Kohlenhydraten, sollte sich also reichen. Die optimale Verpflegungsstrategie sollte sich dementsprechend also immer an der benötigen Menge Kohlenhydrate und die während der Aktivität aufgenommenen Kohlenhydrate über für das Rennen benötigte Zeit X orientieren.
TRAINING Wettkampf-Ernährung Teil 1/3 Eiweiß/Protein Generell wird Eiweiß eine untergeordnete Rolle im Ausdauersport zugeschrieben und Protein Supplemente vor allem im Kraftsport eingeordnet. Dies ist allerdings ein trügerischer Schluss. Auch Ausdauerathleten haben einen erhöhten Eiweißbedarf im Alltag als die derzeit empfohlene Tagesdosis von 0,8g/kg pro Tag um Trainingsanpassungen zu erzielen und somit auch die Leistung zu verbessern. Die gängigste Empfehlung liegt hier bei 1,4 – 2g/kg pro Tag. Hier können sich Ausdauersportler aber eher am unteren Grenzwert orientieren und nur bei verstärktem zusätzlichen Krafttraining, beispielsweise im Winter, die Zufuhr erhöhen. Eine erhöhte Eiweißzufuhr ist im Trainingsalltag entscheidend um die Muskelmasse zu erhalten und einen Muskelabbau zu verhindern. Die Aufnahme der Proteine sollte optimalerweise auf 0,3g/kg alle 3-4 Stunden verteilt werden. Zur Aufnahme von Eiweiß vor, während und nach einem Ausdauertraining gibt es leider im Vergleich zum Kraftsport sehr wenige Studien. Die verfügbaren Studien belegen aber eine Verbesserung der Ausdauerleitung und keinerlei Einschränkungen durch die Erhöhung der Eiweißaufnahme. Vor allem bei längeren Belastungen wie Marathon, Ultraläufen oder harten Downhillbelastungen, steigt die Konzentration von Kreatinkinase im Blut, einem Marker für Muskelschädigungen. Diese Muskelschäden können durch eine Aufnahme von Protein, bei Magen-Darm Verträglichkeit, vor dem Rennen von ca. 0,3g/kg Eiweiß und 0,25g/kg pro Stunde während der Belastung zusammen mit Kohlenhydraten vermindert werden. Nach dem Training können zusätzliche Proteine, wenn die Kohlenhydrataufnahme niedrig ist, die Muskelglykogensynthese, die Speicherung von Glykogen in den Muskeln, um 40100% erhöhen. Aber wenn die Kohlenhydrataufnahme bereits hoch ist, bringen zusätzliche Proteine keine zusätzlichen Vorteile für die Glykogensynthese. Viele Athleten (sowohl Ausdauer- als auch Kraftsportler) diskutieren, abhängig von der jeweiligen bevorzugten Ernährungsweise, leidenschaftlich über ihre bevorzugte Proteinquelle. Aus wissenschaftlicher Sicht stimulieren Proteine auf Milchbasis (Molke, Kasein und Vollmilch), mageres Fleisch, Ei und Soja alle die Muskelproteinsynthese wirksam. Proteine auf Milchbasis könnten jedoch aufgrund des höheren Leucingehalts und der besseren Verdauungs-/Absorptionskinetik der EAAs in flüssigen Milchprodukten anderen Quellen überlegen sein.
Vor allem bei längeren Belastungen wie Marathon, Ultraläufen oder harten Downhillbelastungen, steigt die Konzentration von Kreatinkinase im Blut, einem Marker für Muskelschädigungen.
Fett Im Vergleich zu Kohlenhydraten ist Fett bei Ausdauersportler eher negativ behaftet. Fett wird direkt mit Körperfett und somit mit Gewichtszunahme oder Formverlust assoziiert. Aber das Gegenteil ist der Fall. Fett ist auch für Ausdauersportler eine wichtige Energiequelle. Ein Gramm Kohlenhydrate liefern 4kcal
Energie, während ein Gramm Fett 9kcal Energie liefern. Wie weiter oben bereits beschrieben hat der Körper maximal 600g Glykogenspeicher und somit ca. 2400kcal zur Verfügung. Fett stellt hingegen bei 70kg Körpergewicht und 10% Körperfett also 7kg Fett a 9kcal, sprich theoretisch 63.000kcal zur Verfügung. Bricht man diese höhere Energiedichte allerdings auf die verfügbare Energie pro Liter Sauerstoff runter, sieht es leider nicht mehr so gut aus für das Fett. Hier gewinnt der Körper aus einem Liter Sauerstoff bei Fett 4,7kcal während aus Kohlenhydrate 5,1kcal umgesetzt werden können. Diese höhere Verfügbarkeit von Kohlenhydraten pro verfügbaren Sauerstoff erklärt auch die bevorzugte Nutzung von Kohlenhydraten bei steigender Intensität und damit verbundener reduzierter Verfügbarkeit von Sauerstoff. Die Oxidation von Fett spielt aber gerade im Ultralauf eine sehr wichtige Rolle. Hier sind Athleten vorrangig mit einer Intensität unterwegs, welche unter 70% der VO2max liegt. Eine zu stark fettreiche und kohlenhydratreduzierte Ernährung gepaart mit ausschließlich Training im Ausdauerbereich, schränkt allerdings die Fähigkeit des Kohlenhydratstoffwechsels ein und limitiert den Athleten sollte die Intensität wieder höher werden. Will man sich allerdings in diesem niedrigintensiven Bereich in den Wettkämpfen bewegen, kann diese Fähigkeit zur optimierten Fettverbrennung auch trainiert werden. Flüssigkeit/Hydration Die Zufuhr von Flüssigkeit ist bei intensiver Belastung abhängig von der Dauer der Belastung unverzichtbar. Eine exak-
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te Vorgabe zu geben ist hier allerdings sehr schwierig, da die benötigte Flüssigkeitsmenge von mehreren Faktoren abhängig ist. Dies sind unter anderem Schweißmenge, Natriumgehalt des Schweißes, Aktivitätsintensität, Körper und Umgebungstemperatur, Körpergewicht und Nierenfunktion. Konkret zeigt eine Simulationsstudie, dass eine Trinkmenge von 600 ml/h für einen 70 kg schweren Athleten bei kühlen oder gemäßigten Temperaturen (18 °C) und einer Geschwindigkeit von 8,5-15 km/h angemessen sein kann. Bei einem 50-kgSportler, der ≤10 km/h läuft, kann dies jedoch zu einer Überwässerung führen, bei einem 90-kg-Sportler, der ≥12,5 km/h läuft, zu einer Dehydrierung. Alle Athleten riskieren eine Dehydrierung in wärmeren (28 °C) Umgebungen, jedoch riskieren 50 kg schwere Athleten auch bei höheren (800 ml/h) Zufuhrmengen und niedrigeren (≤12,5 km/h) Geschwindigkeiten eine Überhydrierung trotz der höheren Umgebungstemperatur. Der Hydrationsplan sollte also von Athleten zu Athleten und von Rennen zu Rennen je nach Umwelteinfluss angepasst werden. Möglichkeiten zur Überwachung des Hydrationsstatus sind der instinktive Durstmechanismus und weitere Körperparameter wie Körpergewicht, Urinfarbe, Körpertemperatur. Die Menge an verlorenem Natrium kann durch einen Schweißtest bestimmt werden. Allgemein wird eine externe Zufuhr von Natrium, beispielsweise über Gels oder Salztabletten ab einer Schweißrate von über 1,2 Litern pro Stunde und mehr als zwei Stunden körperlicher Betätigung empfohlen. Schweißraten können hier von Athleten zu Athleten zwischen 0,3 und 2,4l/h liegen. Der durchschnittliche Natriumgehalt liegt bei 1g/l. Diesen gleicht man am besten mit einem Sportgetränk mit circa. 350-600mg/l Natrium. Aufpassen muss man hierbei, dass Salz nicht gleichbedeutend mit Natrium ist. Ein Gramm Salz enthält ca. 390mg Natrium. Koffein Koffein ist kein Nährstoff im eigentlichen Sinne, da der Körper es nicht benötigt, um zu überleben oder sich normal zu entwickeln. Stattdessen wird Koffein als psychoaktive Substanz betrachtet, die vorübergehend die Aktivi-
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TRAINING Wettkampf-Ernährung Teil 1/3
tät des zentralen Nervensystems stimuliert. Es hat auch Auswirkungen auf den Stoffwechsel, die Herzfrequenz und den Blutdruck. Durch diese Wirkungen ist Koffein ein intensiv erforschter Stoff im Ausdauersport. Koffein kann die kognitive Leistungsfähigkeit erhöhen, Schmerzgefühl unterdrücken und durch die Mobilisierung von Kalzium die Muskelkontraktion erhöhen. Im Energiestoffwechsel kann Koffein die Mobilisierung von Fettsäuren ankurbeln und somit eine Verstoffwechslung von Fett erleichtern. Die optimale Dosis, bei vorher getesteter Verträglichkeit, liegt bei 3-6mg/kg Körpergewicht im Abstand von 30-Minuten vor dem Training. Vor allem, während dem Training/Rennen, kann Koffein die Leistung steigern, wenn es zusammen mit Kohlenhydraten eingenommen wird. Erhöhte Koffeindosen von mehr als 9mg/kg Körpergewicht dienen aber nicht mehr zur Leistungssteigerung, sondern können gegenteilig Magen-Darm Probleme, Nervosität, VerBene Wild in der Produktionswirrung oder Schlafstörungen halle und neben einer von zwei verursachen. Sollte Koffeindie imden Urin über einen Druckmaschinen Wert von mindestens einer Villa am festgelegten Grenzwert liegen, gilt es Starnberger See haben. außerdem als Verstoß gegen die Anti-
Doping Richtlinien. Sollte man allerdings täglich Kaffee oder koffeinhaltige Getränke konsumieren, macht es durchaus Sinn den Koffeinkonsum zu zyklisieren. Hier sollte gerade vor Wettkämpfen auf Kaffee verzichtet werden, um während dem Wettkampf einen Effekt durch aus eingenommenem Koffein zu haben. Eine sichere Anfangsdosis kann bis zu 3 mg/kg betragen, sollte aber im Training getestet werden. Bei täglichem Koffeinkonsum beginnt der Leistungsvorteil nach etwa 15 bis 18 Tagen bereits zu sinken und kann nach 4 Wochen verschwinden. Der Körper hat sich dann an den täglichen Koffeinspiegel gewöhnt. Für gewohnheitsmäßige Kaffeetrinker kann eine akute Supplementierung von 6 mg/kg am Wettkampftag eine Option sein, sofern sie vertragen wird. Eine regelmäßige Einnahme während längerer sportlicher Betätigung, alle 1-2 Stunde kann ebenfalls von Vorteil sein. Bei einem Athleten von 70kg entspricht dies bei 3mg/kg insgesamt 210mg Koffein, bei 6mg/kg entsprechend 420mg Koffein. Ein MAURTEN Gel 100 CAF 100 enthält auf 40g 100mg Koffein. Dies würde auf 1-2 Stunden 2-4 Gels mit
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Koffein bedeuten. Sollte eine Einnahme ohne Gel bevorzugt werden, empfehlen sich Koffein Shots von bis zu 200mg pro Einheit. Eine Tasse Kaffee mit 250ml Inhalt, enthält je nach Konzentration zwischen 70 und 120mg Koffein.
Fazit Es gibt kaum ein Thema im Ausdauersport welches intensiver untersucht wird und sich schneller wandelt als das Thema Ausdauerernährung. Die kommerzielle Nahrungsmittelergänzungsindustrie ist fortwährend daran interessiert immer wieder neue Produkte auf den Markt zu bringen und diese entsprechend anzupreisen. Auch ist das Thema ein oftmals mit Glaubenssätzen behaftetes Thema. Beachtet man als Athlet aber die Grundsätze der gültigen Forschung, kann man schon viel richtig machen und letztendlich ist das Thema so individuell, dass eine allgemein gültige Aussage nicht von Athleten zu Athleten übertragen werden kann. Lediglich Empfehlungen können übernommen, individuell ausprobiert und angepasst werden.
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THE TRAIL HAUNTED YOUTH COMING TO TOWN www.thywear.com
REPORT Myvirtualtrail.de
Text: Marie Meixner-Brunnhuber Fotos: Marcel Pandel
CINDY SIEHT ROT
Für unsere Plattform www.myvirtualtrail.de waren uns die rund 25 Strecken noch nicht genug. Als uns Cindy Haase von ihrer Traumrunde am Spitzingsee erzählte, fiel uns das Aufstocken ganz leicht ... Folgt der Münchenerin und lauft auf ihren Spuren - der Sommer ist noch lange. 54 4/24
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REPORT Myvirtualtrail.de
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Wir kennen Cindy Haase schon seit vielen Jahren. Die sympathische Läuferin ist seit über 10 Jahren in ihrer Wahlheimat München zuhause. Eigentlich ist sie in Vollzeit in der Solarbranche zu finden, im Vertriebsinnendienst. Es macht ihr Spaß, mit den Themen Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien zu tun zu haben und sie sagt: „es ist für mich die richtige Branche und die richtige Abwechslung.“ Eigentlich wollte sie sogar einmal etwas daran ändern und hat eine Schulung zur Social Media Managerin gemacht. Social Media macht sie nun auch, ja. Auf ihrem Insta-Profil „Runfurther“ ist sie sehr aktiv. Die quirlige 45-Jährige hat immer viele Projekte gleichzeitig ‚am Laufen‘. Egal ob sie zu Sonnenaufgangstouren, zum Eisbaden oder klassischen, wöchentlichen Lauftreffs in München aufruft. Es folgen ihr immer gerne viele Läufer. Sie ist aktuell auch oft bei klassischen Straßenmarathons zu finden (Boston und London in diesem Frühjahr innerhalb weniger Tage!) aber natürlich auch sehr gerne auf Trails unterwegs, auf die sie 2016 erstmals abgebogen ist. Mittlerweile ist sie aber zweimalige TAR-Finisherin und hat 2022 sogar als Trainingseinheit die „Double-Rotwand-Challenge“ ins Leben gerufen und dafür auch eigens Medaillen für ihre Freunde und Mitstreiter gebastelt. Und weil wir jetzt schon beim Thema Rotwand sind…sie fährt natürlich auch sehr gerne raus aus der Stadt und in die umliegenden Berge. Da liegt im wahrsten Sinne sehr nahe, an den Spitzingsee und damit die Rotwand zu fahren. „Mindestens 15-mal bin ich dort in den letzten paar Jahren schon gelaufen“, erklärt sie uns begeistert. Heute zeigt uns Cindy, die seit zwei Jahren Ambassador für Craft ist, nun endlich ihre Lieblingsstrecke. „Nicht wild, nur um die 17 Kilometer“, meint sie. Ihr Freund Marcel begleitet uns. Und da wir die Strecke auch toll finden, nehmen wir sie gerne noch in unser www. myvirtualtrail.de-Portfolio mit auf. Wir treffen und am Parkplatz bei der Kirche am Spitzingsee (kostet zwar 5 Euro Parkgebühr, hat aber auch den Vorteil eines öffentlichen, sauberen
„Ich mag es gerne, wenn ich für den Berg trainieren muss und es dann nicht gleich so steil startet, und ich dann gehen muss“
WCs) und rollen uns erstmal gemütlich ein paar Kilometer auf Asphalt Richtung Valepp zur Pfanngraben-Runde ein. Schon nehmen wir den Abzweig links hoch zur Rotwand. Es folgen weitere 3-4 Kilometer, die wunderschön laufbar und aufgrund der Ablenkung durch Wasserfälle und Gumpen auch sehr kurzweilig sind. „Ich mag es gerne, wenn ich für den Berg trainieren muss, dass es nicht gleich so steil startet, und ich dann gehen muss“, meint Cindy. Morgens ist es dort auch im Sommer nicht zu warm und es kommen einem auch selten viele Wanderer („die gehen lieber die Forststraße rauf“) unter, auch
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an einem Feiertag wie heute treffen wir erstmal niemanden und können den Berg und die Ruhe bis zum Rotwandhaus wunderbar für uns genießen. Nach ca 6,5 Kilometern verfallen wir in einen schnellen Speed-Hiking-Schritt und saugen die Umgebung in uns auf. Die schönen Pfade auf dem Grashang werden nun steiniger und technischer. Wir nehmen den Abzweig zur Aiplspitz und dem Rotwandhaus. Dort ist es aufgrund der schönen Panoramaterrasse aber nun vorbei mit der Ruhe. Wir wollen dennoch gleich weiter auf den Gipfel und gönnen uns nur einen kurzen Blick. Der Grat ist gesperrt, wir nehmen die Ser-
TRAINING REPORT Myvirtualtrail.de 8 essentielle Trainings-Tipps für ALLE pentinen und werden mit einer tollen Aussicht am Gipfel belohnt. Doch schon lautet unser nächstes Ziel: Ab auf den Taubenstein. Man kann es fast schon ein „rüberlaufen“ von ca. zwei Kilometern auf einem Art Höhenweg nennen. Wir passieren ein Drehkreuz und schöne, wellige Trails führen uns an einigen Text: Björn Kafka Wanderern (sie kommen mit der Taubensteinbahn hoch) vorbei, manchmal werden die Wege wieder ein bisschen technischer und verschlanken sich zu dünnen Pfaden. Hoch zum Gipfel geht es nun über eine seilversicherte Stelle, bei der unsere Trittsicherheit gefordert wird. Und schon wieder dürfen wir einen wunderschönen Ausblick genießen. Wir haben auch einen Blick auf die Obere Maxlraineralm, auf der uns gleich eine Erfrischung vergönnt sein wird. Aber erstmal müssen wir wieder am Parkplatz wieder erreicht. Für Cindy ist es nicht ganz so leicht: runter. Wir laufen links vorbei an der Taubensteinbahn zur Alm. Nach einer Erst wenn die Schuhe ausgezogen sind, Schorle geht es weiter bergab zur Forst- sie läuft übrigens im von uns auch bestraße und schon haben wir unser Ziel reits getesteten XPLOR M, und die
Beine im erfrischenden Spitzingsee drin waren, ist für sie der Lauft erfolgreich beendet. Jetzt warten noch ein paar regionale Snacks beim Verkaufsstand der Albert-Link Hütte am Park-
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3 neue Strecken bei MYVIRTUALTRAIL Zu den seit April geführten 23 Strecken, die sich über viel Zuspruch freuen und ein spannendes Ranking listen, kommen nun 3 weitere Strecken hinzu. Zum einen eben jene tolle Runde von CINDY am SPITZINGSEE, aber auch zwei Trails, die fernab der Alpen für massives Trailglück sorgen werden. THOMAS SACHER hat uns mit seinem Punkzu-Punkt Lauf als GRENZLANDWEG überzeugt. 50 astreine SingletrailKilometer durch teils unberührte Natur ganz weit im Osten. Christian Rost nimmt uns mit in den Kurort Bad Kissingen um dort über 28 Kilometer die KISSINGER RUNDE zu laufen.
platz hinter der Kirche auf uns und wir können uns glücklich wieder ins Auto Richtung München setzen. Wer einmal zusammen mit Cindy in den Bergen laufen mag, darf sie gerne
anschreiben. Nächstes Jahr im April ist sie auch wieder bei den Trail & Hike Days in Naturns dabei. Ein tolles Camp für Frauen, die sich gerne ein bisschen mehr auf die Trails wagen wollen.
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REPORT Arêches Beaufort. Text: Elise Poncet Fotos: Philipp Reiter, Simon Dugue
Das Tal Menschen der besonderen
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Ein Ort, nein ein Tal, ein kleines Tal in den franzöischen Alpen. Dort genießen die besten Ultratrailrunner ihre Ruhe. Wie kamen Francois, Jim oder Simon nach Areches Beaufort und wieso? Ein Besuch im Zentrum der maximalen Sauerstoffaufnahme.
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REPORT Arêches Beaufort.
Wenn wir an die idealen Bedingungen, den idealen Ort für professionelles Trailrunning denken, denken, denken wir an Font Romeu, Flagstaff, Saint Moritz, aber sicher nicht an Arêches Beaufort. Wo überhaupt soll das denn liegen, Arêches Beaufort. Warum also haben sich einige der weltbesten Läufer entschieden, sich in diesem abgelegenen Dorf in den französischen Alpen niederzulassen? Arêches - Beaufort ist ein kleines Dorf mit gerade einmal 2400 Einwohnern im Herzen des Beaufortain-Massivs in Savoyen, auf halber, aber ziemlich komplizierter Strecke zwischen Grenoble und Chamonix. Das Beaufortain ist ein Gebirgsmassiv mit steilen Hängen und wilden Gipfeln. Seit Jahrzehnten prägen die Weiden der Bauern die Landschaft, mit Stolz und Authentizität führen die Ardéchois ihre bäuerlichen Traditionen fort. Die Region Beaufortain ist deshalb vor allem für ihren köstlichen Käse bekannt: Beaufort. Ein dicker Kuhmilchkäse mit einem unverwechselbaren Geschmack. Aber Arêches ist nicht die Heimat eines Käses, es ist längst auch ein Herzland unseres Sports.
Arêches verfügt nicht über die neuesten Hochleistungstrainingszentren, nicht einmal über eine Leichtathletikbahn oder einen großen Kraftraum
Der ikonische Gipfel des Beaufortain ist die Pierra Menta – sie erreicht eine Höhe von 2714 Metern und zeichnet sich durch ihre riesige monolithische Form aus. Dieser Gipfel gab dem wohl bedeutendsten Skibergsteigerrennen der Welt seinen Namen: vier Etappen, 10.000 Höhenmeter, die Pierra Menta. In Arêches leben deshalb die besten Skibergsteiger:innen des vergangenen Jahrzehnts: Axelle Mollaret Gachet hat 15 Weltmeistertitel, 32 Weltcupsiege
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und vier Mal die Pierra Menta gewonnen. Ihr Ehemann Xavier Gachet ist zehnfacher französischer Meister, hat acht Weltcup-Siege und zuletzt auch die Pierra Menta gewonnen, gemeinsam mit seinem Teamkollegen, bestem Freund und Nachbarn William Bon Mardion. In den vergangenen Jahren, und jetzt kommen wir zu unserem Sport, haben sich zudem einige UTMB-Sieger in Arêches niedergelassen. François d'Haene, dessen Erfolgsbilanz beispiellos ist, zog es vor fünf Jahren in das abgelegene Alpental, ihm folgten Jim Walmsley und im vergangenen Jahr der aufstrebende französische Läufer Simon Gosselin. Geselligkeit und Freundschaft stehen an langen gemeinsamen Tagen n in den Bergen an erster Stelle. Arêches verfügt nicht über die neuesten Hochleistungstrainingszentren, nicht einmal über eine Leichtathletikbahn oder einen großen Kraftraum. Es ist auch nicht die Hauptstadt des Trailrunnings, sondern eher die des Skibergsteigens, In Arêches geht es um Höhenmeter und um die wirklichen Werte des Trailrunning. Wir haben diesen sehr besonderen Ort besucht.
François D‘Haene Auf der Suche nach einem Leben in und mit den Bergen ist der dreimalige UTMB-Sieger mit seiner Familie in das Tal gezogen, in dem er schon als Kind Skifahren gelernt hatte. François d’Haene freut sich über jeden neuen Läufer und jede neue Läuferin im Beaufortain, appelliert aber gleichzeitig daran, das Tal nicht nur als Sportplatz zu sehen.
François, Du warst der erste Athlet, der sich im Beaufortain niedergelassen hat. Wie kam es zu dieser Entscheidung? Es war eher ein Prozess als eine Entscheidung. Ich hatte im Beaufortain Skifahren gelernt, war mit meinen Eltern immer im Winter hier. Genauso haben es meine Frau Carline und ich dann mit unseren Kindern gemacht. Die Zeit, die wir hier im Tal verbrachten, wurde von Jahr zu Jahr länger und seit nunmehr fünf Jahren leben wir hier permanent. Wir genießen die Atmosphäre als Familie und die Kontakte zu anderen Familien. Jeder, der hier lebt, verbringt einfach sehr viel Zeit draußen.
Nicht, dass Du schon über Dein Karriereende nachdenken müsstest, aber wirst Du hier wohnen bleiben, wenn Du einmal kein Profi-Athlet mehr bist? Ich denke, dass ich im Beaufortain immer glücklich sein werde, denn auch ohne Sport gibt es hier ein echtes Ganzjahresleben, im Gegensatz zu den großen Ski-Resorts gibt es nämlich keine Saisonalität. Die Bewohner sind das ganze Jahr über hier, so dass ein wirklich dynamisches Dorfleben mit kulturellen oder kommunalen Veran-
staltungen entsteht. Zudem hat sich der „Beaufort“, ein handwerklich hergestellter Bergkäse als lokale Spezialität einen Namen gemacht. Das Gute daran: Er wird von vielen kleinen Familienbetrieben produziert. So haben die Einheimischen im doppelten Sinne Arbeit, im Sommer in der Landwirtschaft, im Winter in den Skigebieten. Das führt zu einer nachhaltigen Entwicklung des Tals und zum Erhalt der traditionellen Almwirtschaft.
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Du hast auch Jim Walmsley ins Beaufortain gebracht. Wolltest Du Deinen größten Konkurrenten einfach immer im Blick haben? Zunächst einmal habe ich andere Athleten und Athletinnen eigentlich nie als Konkurrenz gesehen. Also nein, darum ging es nicht. Wir arbeiteten gemeinsam an Pro-
REPORT Arêches Beaufort.
jekten wie der FKT auf dem Pacific Crest Trail und er hat mir generell dabei geholfen, das Ultra-Running in den USA besser zu begreifen. Umgekehrt wollte Jim unbedingt herausfinden, wie wir in den Alpen in Europa trainieren. Er war neugierig, wie ich hier im Beaufortain lebe, und wir waren beide begeistert von der Idee, mit der gleichen Philosophie und den gleichen Werten zu trainieren. Ich habe mein Bestes gegeben, damit er den UTMB gewinnen konnte.
Wie geht es Dir jetzt damit, dass zunehmend mehr Athleten und Athletinnen das Beaufortain entdecken? Noch können wir nicht zu viele sein. Wir sind hier jetzt ein wirklich guter Freundeskreis und es sind immer Leute da, die gerade trainieren und stundenlang in den Bergen unterwegs sind. Das Gute ist, dass
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es auch für meine Familie funktioniert. Es gibt nicht nur sehr starke Läufer oder Skifahrer, es gibt auch andere Gruppen, meine Frau Carline hat mit der Frau eines befreundeten Athleten gerade an der Pierre Menta, einem seit 1985 ausgetragenen Skitourenrennen teilgenommen. Was war ich da stolz. Wichtig bleibt aber, dass es im Beaufortain nicht nur um den Sport gehen darf. Jeder, der hier lebt, muss sich auch für diese Gemeinschaft engagieren.
ULTR A RE A DY FOR MORE DISTA NCE
ROSANNA BUCHAUER
REPORT Arêches Beaufort.
JIM WALMSLEY
Von Arizona nach Arêches – getrieben vom Traum, als erster nordamerikanischer Mann den UTMB zu gewinnen, ist Jim Walmsley in das abgelegene Befourtain gezogen. Ein Bergtal, in dem kaum jemand englisch spricht und Spaghetti-Skier ein natürliches Fortbewegungsmittel sind.
Jim, Du kommst aus Flagstaff, buchstäblich einem der besten Orte der Welt, wenn es um das schnelle Laufen geht. Warum bist Du also nach Areches gezogen, in eines der abgelegendsten Dörfer Frankreichs? Flagstaff ist ein großartiger Ort zum Trainieren, es liegt auf 2.200 Metern und hat die meiste Zeit des Jahres ein wirklich angenehmes Klima. Aber: Flagstaff liegt nicht in den Bergen, es ist nicht der ideale Ort, um für einen wirklichen Ultra-Trail zu trainieren. Im Jahr 2021 belegte Frankreich beim UTMB der Männer die ersten fünf Plätze, während ich bei diesem Rennen erneut Probleme hatte und zum zweiten Mal in Folge nicht ins Ziel kam. Ich glaube nicht, dass das Fitnessniveau den Unterschied ausgemacht hat, sondern eine Denkweise und eine bestimmte Art, im Gelände zu trainieren.
Warum bist Du nicht gleich nach Chamonix gezogen, in die Heimat des UTMB? Ich wollte wirklich von den französischen Sportlern lernen und ihren Zugang zu den Trails verstehen. Ich wollte nicht bloß eine
angenehme Gemeinschaft unter Expats aus anderen Ländern finden. François D'Haene hatte großen Einfluss darauf, gezielt nach Arêches zu ziehen. Ich betrachte ihn als den Inbegriff eines Ultra-Bergsportlers und habe das Glück, mit ihm befreundet zu sein.
Du lebst nun seit etwa zwei Jahren in Arêches – wie steht es um die Integration in die Dorfgemeinschaft? Und: Wie gut ist Dein Französisch? Die Sprache war für meine Frau Jess und mich am Schwierigsten. Wir sprachen vor dem Umzug kein Wort Französisch und unser Französisch hat sich nicht so weit entwickelt, wie wir es gerne hätten. Aber wir haben großes Glück, dass Arêches sportliche Menschen zu mögen scheint und die meisten Leute dort geduldig mit uns sind. Überhaupt mögen wir das langsamere Leben in den Bergen und in der Gemeinde in Arêches sehr.
Nachdem Du gerade mal ein Jahr in Arêches gelebt hast, konntest Du endlich den UTMB gewinnen. Was genau hat Arêches mit
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diesem Erfolg zu tun? Ich mag die langen Abenteuer mehr als das strukturierte Training. Durch diese Art des Trainings kann ich mehr leisten, habe mehr Freude am Prozess und sowieso mehr Spaß. Es kommt mir also entgegen, dass ich hier in Arêches einfach loslaufen kann und alles finde, was mich zu einem bessern Läufer macht. Zudem habe ich mich zum ersten Mal in meiner Karriere einer weiteren Sporart gewidmet, dem Ski-Mountainiering. Ich bin kein guter Skifahrer, aber ich sehe darin ein großartiges Trainingsgerät. Und ich mag die Gemeinschaft beim Skitourengehen, verglichen mit den einsamen Läufen im Sommer. Das Leben in Arêches hat definitiv auch eine Liebe zum Winter.
Also wirst Du im kommenden Jahr bei der Pierra Menta starten? Einerseits sehr gerne. Aber ich weiß auch, dass mir für ein kompetitives Skitourenrennen noch die Qualität fehlt. Ich müsste mich mindestens noch einen Winter für die Ski entscheiden und gegen das Lauftraining. Ich kenne mich gut und weiß, wann ich bereit bin, mich mit anderen zu messen.
SIMON DUGUE
Simon Dugué ist ein „Running Photographer“, der seit drei Jahren ebenfalls in der Region Beaufortain lebt. Er begleitet die Sportler in ihrem Alltag und erzählt ihre Geschichten. Also wollen wir hier auch einmal seine erzählen.
Simon, Du bist das Auge, mit dem wir die Gemeinschaft der Athleten von Arêches sehen. Du begleitest sie mit Deiner Kamera auf den Trails. Erzähle uns von dieser Gemeinschaft.
nächsten Bahnhof sind es mindestens 45 Minuten, ganz zu schweigen vom nächsten Flughafen. Das war nicht geplant, denn ich wusste wenig über das Beaufortain und seine durchaus sehr eigene Kultur. Ich habe mich wirklich von diesem Ort überraschen lassen.
Die Dichte an Weltklasseathleten in einem so kleinen Dorf ist einfach unglaublich. Da ist François, Jim und neuerdings auch Simon Gosselin, aber auch die einheimischen Skibergsteiger, die schon vor uns hier waren. Es war nicht geplant, dass ich so etwas wie der Chronist dieser Szene werde, aber natürlich brauchen Sportler immer Inhalte, und für mich war es eine sehr gute Möglichkeit, meine Arbeit ins Rampenlicht zu rücken. Inzwischen überwiegen die freundschaftlichen Beziehungen aber gegenüber den geschäftlichen.
Wie sieht Deine Zusammenarbeit mit Jim, François und den anderen aus? Bist Du ihr persönlicher Content Creator?
Wie bist Du selbst überhaupt selbst ins Beaufortain gekommen? Ich kam hierher, weil ich schon lange frustriert war, nicht in den Bergen zu leben, und für mich hat der Beaufortain viele Kriterien erfüllt. Nur war mir damals nicht bewusst, dass es sich um ein derart abgelegenes Massiv handelt. Meine Arbeit verlangt es ja, ständig unterwegs zu sein, aber bis zum
Das ist unterschiedlich. Aber da Jim, François und auch Simon Gosselin immer öfter bei den gleichen Rennen starten, begleite ich sie zunehmend auf ihren Reisen. Vor Ort zu sein und Freunde zu haben, macht die Sache viel einfacher. Tatsächlich ist meine Zusammenarbeit mit François jüngeren Datums, überzeugt hat ihn, glaube ich, die Tatsache, dass ich wirklich laufen kann. Auf Réunion habe ich ihn etwa über 40 Kilometer begleitet, um Fotos zu machen, aus solchen kraftvollen Momenten entstehen zwangsläufig starke Beziehungen.
Wie erklärst Du Dir das Phänomen Arêches? Warum sind zwei der größten Trailrunner der Welt, François und Jim, gerade ins Beaufortain gezogen?
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Es ist tatsächlich unglaublich, nur 2400 Menschen leben das ganze Jahr im Beaufortain, darunter einiger der besten Trailläufer der Welt. Aber vielleicht ist das schon der erste Grund: Dass Jim im vergangenen Jahr den UTMB gewonnen hat, liegt auch daran, dass er hier täglich mit Menschen im Kontakt steht, die es gewohnt sind, zu siegen. Dann ist es natürlich diese besondere, auch fordernde Landschaft, schmale Trails, technische Passagen, steiles Gelände. Wie Simon Gosselin, Ultraläufer und -Trainer, der ebenfalls in Arêches lebt, oft sagt: „Der Sportler ist ein Abbild seines Spielplatzes. Drittens leben wir hier im Beaufortain im Rhythmus der Jahreszeiten. Skibergsteigen ist die tief verwurzelte Kultur des Beaufortain. Im Winter trainieren auch die Läufer und Läuferinnen ausschließlich auf Skiern direkt von der Haustür aus. Was, nebenbei bemerkt, auch logistisch echt praktisch ist. Nicht zuletzt habe ich auch als Fotograf und Filmemacher unglaublich von Arêches profitiert: Es spornt einfach an, besser zu werden, wenn man täglich mit den besten zusammenarbeitet.
ESSAY Laufreisen
Mit schnellem Gepäck Redakteur Clemens Niedenthal schreibt seit acht Jahren die Reisereportagen für unser Magazin. Zeit, sich ein paar grundsätzliche Gedanken zu machen, über das Laufen, das Reisen und warum beides am besten gemeinsam geht Text & Fotos: Clemens Niedenthal
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Seit ich laufe, verreise ich laufend. Das halte ich nun schon seit gut 15 Jahren so. Ich bin nämlich, was rückblickend vielleicht schade ist, erst sehr spät, mit Anfang Dreißig, zum Laufen gekommen. Und gleich darauf auch zum Trailrunning. Was wiederum auch, nein vor allem am Reisen lag. Ich arbeitete damals, ab 2008, als Reisredakteur für drei große überregionale Tageszeitungen. Weil ich aber als Redakteur vor allem dafür bezahlt wurde, in einem Berliner Altbaubüro zu sitzen und die Reisereportagen anderer auf Zeitungseiten gut aussehen zu lassen, war ich selbst nie allzu ausgiebig unterwegs. Meistens gings es freitags zum Flughafen (oder zum Hauptbahnhof) und am Montag saß ich dann schon wieder im Büro. Gut, in Grönland oder auf den Faröer Inseln war ich ein, zwei Nächte länger. Und das mit dem Fliegen war damals noch nicht so im kritischen Bewusstsein angekommen. Auch nicht in meinem. Was ich damals allerdings intuitiv begriffen hatte: An vielen anderem Ecken Deutschlands und sowieso Europas läuft es sich unterhaltsamer und abwechslungsreicher als immer nur am Kreuzberger Landwehrkanal oder durch den Berliner Tiergarten. Vor allem aber hatte ich auf diesen Kurztrips in ein oder zwei langen Läufen mindestens noch einmal so viel von einer Region mitbekommen als an den zwei, drei übrigen Reisetagen. Immer wieder waren es gerade diese Läufe, denen ich eine wirkliche Verbindung mit und ein Verständnis für die Region zu verdanken hatte. Egal, ob ich nun in Rom auf der Busspur zwischen Sehenswürdigkeiten hin und her gesprintet bin, vom Kolosseum zur Spanischen Treppe zum Petersdom. Oder ob man auf Grönland kaum hundert Meter hinter den archaischen Siedlungen be-
Wer läuft, taucht tiefer ...
greift, dort wirklich in einer Wildnis zu sein. Straßen zwischen den vereinzelten Siedlungen gibt es nördlich des Polarkreises keine, die wenigen Wege sind wirkliche Trails. These eins: Wer läuft, taucht tiefer in eine Landschaft ein. Wie ein Seismograph notiert der Körper das Terrain und der beschleunigte Schritt komprimiert die Eindrücke zur einer, ja, flüssigen Erzählung. Wer läuft, eignet sich den Raum an und ist nicht mehr nur zu Besuch. Die Spaziergangswissenschaft, die Promenadologie, hat dieses Phänomen übrigens zu ihrem Forschungsgegenstand erkoren. Ihr Leitsatz: Ein Spaziergang (oder eben ein Lauf) ist eine Perlenschnur, die von einem bemerkenswerten Ort – den Perlen – zum nächsten führt. Man muss nur bereits sein, das Glitzern dieser Perlen zu bemerken.
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Vor allem aber hatte ich auf diesen Kurztrips in ein oder zwei langen Läufen mindestens noch einmal so viel von einer Region mitbekommen als an den zwei, drei übrigen Reisetagen.
ESSAY Laufreisen Seit ich laufe, verreise ich laufend. Ein Trainingslager meine ich damit explizit nicht. Ich kann bis heute die Leute nicht verstehen, die im Februar oder März auf die Kanaren verschwinden, bloß um stumpf Höhenmeter zu machen und Kilometer natürlich auch. Und denen es egal ist, dass die Vollpension im Booking.com-Hotel sich um die Ernte der regionalen Landwirtschaft genauso wenig schert wie um die kulturellen Traditionen einer Region. Ein paar Mal habe ich eine Hüttentour als mehrtägigen Trailrun gemacht und zweimal eine Alpenüberquerung. Auf der Via Valtelina vom Montafon durchs Schweizer Tor ins Prättigau und über den Scarlettapass ins Engadin und über die Alp Grüm und durchs Puschlav ins Veltlin. Oder über die Greina Hochebene an den Comer See. Eigentlich aber fahre ich einfach in den Urlaub und mache dort auch und vor allem Urlaubssachen. Ich trinke einen Espresso Doppio auf der Piazza. Steige im örtlichen Heimatmusem ins Mittelalter hinab. Ich liege mit einem der großforamtigen Architekturbildbände aus dem Foyer auf der ähnlich großformatigen Sonnenliege mit Panoramablick auf jene Berge, die ich mir auch einfach mal nur genüsslich anschauen kann. Und kaufe später im Hofladen herrlichen Ziegenkäse und ein Kastanienbrot für die Wanderung am nächsten Tag. Oder eben die Gipfelpause auf dem nächsten langen Lauf. Ich besichtige Altstädte in der Toskana und ikonische Baudenkmale der Moderne am Stadtrand von Marseille. Hin und wieder kommt es mir gelegen, wenn ich solche Orte dann laufend erreichen kann. Die Technik des flinken Frischmachens am Wegesrand habe ich inzwischen perfektioniert. Etwa im Sanitärbereich eines toskanischen Sternerestaurants. These zwei: Ein Laufurlaub ist kein Trainingslager. Ein Laufurlaub ist ein Urlaub im beschleunigten Trab. Und so gehört nach diesen zweieinhalb Stunden die Einkehr im kleinen Bistro am Hafen genauso dazu wie das zumindest knietiefe Bad im Meer. Und das Kulturprogramm am Nachmittag. Mögen andere auf sechsstündigen Rennrandrunden auf Mallorca gar keinen Blick für die Landschaft haben. Und wieder andere einen Ferienaufenthalt strikt nach dem Trainingsplan takten, geht es im Laufurlaub um Entdeckungsfreude und Bewegungsdrang, aber nicht um verkniffene Selbstoptimierung.
Die Technik des flinken Frischmachens am Wegesrand habe ich inzwischen perfektioniert. Etwa im Sanitärbereich eines toskanischen Sternerestaurants.
Ziele, die mir, seit ich laufend vereise, ans Herz gewachsen sind: Die Küste von Cornwall, von Porthleven über Penzance und Land’s End bis nach St. Yves. Die Ufertrails von Rügen, durch Buchenwälder hinauf auf Kreidefelsen. Die Treppen und die Hügel in Florenz. Die schmatzigen Hänge der Faröer Inseln. Der kuckucksuhrschöne Hochschwarzwald. Die Katrin, was
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der Hausberg von Bad Ischl ist. Das abgeschiedene Bergell zwischen St. Moritz und dem Comer See mit seiner eigenen Sprache und seinem ganz eigenen Charakter. Den Ritten, das ist der Hausberg von Bozen, an dem man beinahe aus Versehen 2000 Höhenmeter macht. Vom Frühstück unter Palmen aufs an diesem Junitag nebulöse Rittner Horn. Die Kulturlandschaft im Bregenzerwald mit den Walserdörfern, den Bergkäsereien und dem unfassbar guten Essen, abends im Tal. Den felsigen Norden der Ostseeinsel Bornholm, wo ein rühriger Laufverein einen stets weitblickenden Ultratrail organisiert. Die Schärenküste in Schwedens Westen mit ihren zwar kaum steilen, aber stets ausgesetzten Inseltrails. Die Milseburg in der Rhön. Der Kvarn an der kroatischen Adriaküste. Den Parque National de Sierra Nevada in Andalusien, wo der Himmel plötzlich voller Geigen, nein, voller Geier war. Illulissat auf Grönland. Jena in Thüringen. Venedig. Paris.
Und ich weiß inzwischen aus Erfahrung, dass sich eigentlich überall gut laufen lässt. These drei: Im Laufurlaub bleibt das Reiseziel das Ziel, nicht das Training und auch nicht der der nächste Wettkampf. Aktuell habe ich ohnehin keine Rennen geplant. Aber bereits eine ganze Reihe neuer Reisen. Und ich weiß inzwischen aus Erfahrung, dass sich eigentlich überall gut laufen lässt. Man muss sich nur einlassen wollen auf eine Landschaft. Und, jetzt kommt ein Pro-Tipp, unbedingt eine detailgenaue Wanderkarte kaufen. Apps können lügen. In südeuropäischen Ländern kommt das, warum auch immer, noch einmal häufiger vor. Seit ich laufe, verreise ich laufend. Meistens mit einem mir sehr lieben Menschen, der schon auch gerne läuft,
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ESSAY Laufreisen zumal auf Trails. Aber mindestens genauso gerne zwischen Museumsvitrinen verschwindet, in verwinkelten Altstadtgassen oder die auch einfach mal gerne liegen bleibt. Auch Tage in der Horizontalen gehören im Urlaub dazu. Euch wird das vielleicht ähnlich gehen: Andere Menschen haben eben andere Leidenschaften. Selbst jene, mit denen man das Bett teilt und das Leben. Mir tut es gut, meine Reisen nicht einzig über das Lauferlebnis zu definieren. Und schon gar nicht mit dem Anspruch aufzubrechen, nach zehn Tagen Graubünden, doch vor allem fit für die Vertikale zu sein. Was ich nach gut 50 Reisereportagen für diesen Magazin für mich selbst notiert habe: Vermutlich habe ich in genau diesem Format den für mich perfekten Zugang zum Laufen und zum Trailrunning gefunden. Das Laufen als kulturelle Praxis und als ein buchstäblicher Erfahrungsraum. Als aktiver Umgang mit der Umwelt, verbunden mit dem großen Glück, Euch allen später von diesen Erlebnissen erzählen zu können. Bereits im nächsten Trail Magazin wird das wieder so sein. Marseille, die Calanques, die Côte Bleue. Eine schroffe Stadt und eine nicht minder schroffe Küstenlinie. Aber auch das einen stets umärmelnde Mittelmeer, die Sonne, die Farben, fangfrischer Oktopus vom Grill. Und, ja, auch auf all die Kilo- und Höhenmeter. These vier: Die schönste, ja glückseligste Art eine Strecke zurückzuelegen, bleibt der beschleunigte Schritt.
Vermutlich habe ich in genau diesem Format den für mich perfekten Zugang zum Laufen und zum Trailrunning gefunden. Das Laufen als kulturelle Praxis und als ein buchstäblicher Erfahrungsraum. 6/2023 72 4/24 72
MEINUNG Ich, die Alterklasse und der Rest der Welt
Weil es MIR wichtig ist! Junge Menschen, 20, 30 oder 35 Jahre alt, mögen lachen, wenn man über Alterklassen spricht. Ernsthafter Wettkampf-Sport mag mit spätestens 40 enden, aber unser Kolumnist sieht das anders. Ich habe in meinem nunmehr 51 Jahre andauernden Leben noch nie etwas gewonnen. Doch – einmal, den Volontärspreis des Verlagshauses Motorpresse, für eine Reportage über Obdachlose in Stuttgart-Ost. Und einmal einen Tankgutschein, allerdings nur, weil ich zuvor sehr viel an eben jener Tankstelle getankt hatte. Ach ja, und ich war mal der genau 1000. Gast in einem neuen Supermarkt und durfte Blumen entgegennehmen, die dann in der WG niemand gegossen hat und nach zwei Tagen welk waren. Worauf ich eigentlich hinaus will: Ich möchte In sportlicher Hinsicht blieben mir erste Plätze verheute fast so wehrt. Es war beinahe wie verflucht, allenfalls Zweiter oder Dritter. Einmal lagen wir in einem Mannschafts- weit gehen zeitfahren über 50 Kilometer, auf einer abgesperrten und sagen, Allgäuer Autobahn, uneinholbar auf Position 1 und dass mich kurbelten souverän in Richtung Landesmeistertitel. die GesamtDann fuhr mein Team-Kollege eine Welle, ich in sein rangliste Hinterrad und die komplette Mannschaft räumte sich selbst ab und damit auch den einzigen Sieg, der jemals kaum mehr für mich greifbar gewesen wäre. Es flossen Krokodils- interessiert, tränen. denn sie ist Heute weine ich einem Sieg nicht hinterher, aber unrelevant. ich gehöre doch zu denen, die immer ganz genau in Dort messen die Ranglisten der AK schauen. Ich finde das legitim. Ich möchte wissen, wie ich mich gegenüber anderen sich nämlich in meinem Alter schlage und wie fit ich im Vergleich Menschen, zu ihnen bin. Ich möchte fast so weit gehen und sagen, die sich nicht dass mich die Gesamtrangliste kaum mehr interessiert, messen denn sie ist unrelevant. Dort messen sich Menschen, sollten. die sich nicht messen sollten. Ein Beispiel: ein kerngesunder, semiprofessioneller 27-Jähriger sollte bei einem 30 Kilometer langen Trail einfach deutlich schneller sein als ich. Er sollte sich nicht an mir messen und ich nicht an ihm. Für mich bedeutet es Enttäuschung, ein
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Duell der ungleichen Mittel, für den jungen Mann wäre es ein Vergleich, der ihn nicht weiterbringt. Nun war es also endlich soweit. Ende Mai 2024 lief ich den sogenannten Mountain Man in Nesselwang. 33 Kilometer, 1.900 Höhenmeter, Wurzelwege, steile Downhills im Matsch. Nicht einfach. Durchaus eine Prüfung. Nach 4 Stunden und 32 Minuten kam ich im Ziel an. Es lief nicht optimal, es war ganz sicher nicht mein bestes Rennen, sondern eher ein Tag mit Tiefen und etwas fehlender Energie. Ich sitze da so mit der Gesamtsiegerin Eva Sperger, die ihren Erfolg sichtlich genießt und scrolle durch die Ranglisten. AK50. Platz 1: Denis Wischniewski. Rund 20 Herren in meinem Alter hinter mir. „Eva, ey. Ich bin übrigens auch Erster!" Die wusste im ersten Reflex überhaupt nicht, was ich meine, sie denkt nicht in Altersklassen. Noch nicht. Für mich was dieser Tag etwas Unbeschreibliches und Wundervolles. Ich war glücklich. Es fiel etwas von mir ab, was ich nun 35 Jahre lang mit mir herumschleppte. Könnt ihr nicht verstehen, oder?
PRAXISTEST Faltbare Stöcke Text: Tom Stetter
Fotos: Caroline Dupont
STAB(ILES) Mein Verhältnis zu Trailrunning- oder Wanderstöcke war schon immer gut. Ich hatte nie das Gefühl, dass sie mir als Bergläufer den Stempel eines "Hikers" oder gar "Spaziergängers" aufdrücken. Die Entwicklung ist durchaus imposant: bei den ersten meiner Ultratrails um 2006, gabe es im Prinzip keine speziellen Stöcke für Trailrunner, sondern lediglichProdukte für Alpinisten oder Leute die sportlich wandernd unterwegs waren. Der Nordic-Walking-Stock war damals weiter als das was wir gebraucht hätten. Die Zeiten haben sich geändert. Der Trail-Stick ist aus Carbon gefertigt, aus leichter Alu-Legierung, faltbar und beeindruckend leicht. Wo er vor wenigen Jahren an den Steckverbindungen noch unstabil oder nervig-klappernd auffiel, ist er heute meist steif und gibt das unmittelbare Gefühl, dass jede von uns eingesetzte Energie über ihn in einen Votrieb umgesetzt wird. Die Dinger machen einfach Spaß! Überraschend ist, dass der Markt an wirklich speziellen Stöcken für Trailrunning übersichtlich bleibt. Viele Anbieter aus dem asiatischen Raum sind in Europa nicht sichtbar und auch nicht erhältlich. Bei uns sind seit Jahren vor allem Leki, Black Diamond, Komperdell, Dynafit oder Salomon mit Modellen in der Szene sichtbar. Dabei sind Leki als ausschliesslicher Stock-Spezialist mit großem Abstand Marktfüher und auch bei Eliteläuferinnen und Profiläufern die Nummer 1. Die schwäbische Kultfirma rüstet aktuell unter anderem Courtney Cauwalter, Hannes Namberger, Katharina Hartmuth, Luis Alberto oder Pau Capell aus. Das strahlt auf die ganze Community aus. In einer Sache teilt sich die Vorliebe
Stöcke haben ihr Image verändert – es gab Zeiten da lag so ein Stock quasi quer im Weg zum echten Trailrunner. Heute sind sie, faltbar oder nicht, ein nicht wegzudenkendes Equipmentteil das höchsten Ansprüchen genügen muss. Wir stellen 6 neue Modelle vor!
der Trailrunner noch immer: hat man sich längst auf Faltstöcke geeinigt, die zusammengelegt, in Belt, Köcher oder Rucksack wandern, so mögen die einen noch immer so sehr die klassischen Griffe mit Schlaufen, andere die Lösung mit fix verbundenen Handschuhen (Trigger Shark System). Nur noch selten sieht man sogenannte Fixstöcke, die nicht faltbar, zwar leichter sein können, da ihnen die Gelenke fehlen, aber im Zweifel auch nicht weggepackt werden können. Sie bleiben heute eine Spezialisten-Lösung für Skyrunner oder den ultimativen Vertikalen Kilometer. Beim Berglauf sind sie bekanntlich noch immer verboten. In unserem Praxistest haben wir uns insgesamt fünf aktuelle Modelle angesehen und sie bei langen Trainingsläufen und einigen Wettkämpfen gelaufen. So war der Stock von Black Diamond bei der Transvulcania im Einsatz, die Leki Modelle bei Mountain Man und einer Etappe der Golden Trail National Series. Ein Tipp am Ende: Faltstöcke müssen unbedingt gepflegt werden. Nach jedem Einsatz unbedingt zusammenfalten und die Verbindungsstücke säubern, trocknen und mit Silkonöl schmieren. Wenn hier nämlich einmal Salz vom Schweiss frisst, bekommt die guten Teile nicht mehr auseinander.
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BLACK DIAMOND Distance Carbon Z Preis: 170 Euro /// 140 g (120 cm) 110, 110, 115, 120, 130 cm
Der Carbon Distance Z begleitet mich schon lange und er gehört mittlerweile zu den Stöcken, die man oft im großen Feld der Ultratrail-Rennen erkennt. Der Stock hat nicht ganz die Steifheit und den Minimalismus der Leki-Produkte, aber liegt dennoch verdammt lässig in der Hand und begeistert durch das schnelle Zerlegen, die EVA-Schaumstoffgriffe und bequemen Schlaufen. Die Verlängerung der Griffe nach unten. erlaubt ein vielfältiges (Um) Greifen, was bei langen Läufen und an steilen Anstiegen sehr sinnvoll sein kann. Diese Version wurde von Black Diamonf noch einmal dezent überarbeitet – der Stockdurchmesser reduziert und somit nochmal etwas an Gewicht eingespart. Auch der Druckknopf um den Stock zu lösen und zu zerlegen, ist jetzt ergonomischer und funktioniert nun mit weniger Kraftaufwand. Fazit: Ein zuverlässiger Begleiter von sehr hoher Qualität und Material-Güte.
Links: Profiläufer Scotty Hawker ist ein versierter Stockläufer und vertraut bei seinen Ultratrails auf die "Köcher-Lösung".
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PRAXISTEST Faltbare Stöcke
SALOMON
LEKI
LEKI
Ultra Carbon
Ultratrail
Neotrail
Preis: 160 Euro /// 160 g
FX One Superlite
FX One Superlite
Preis: 190 Euro /// 120 g
Preis: 160 Euro /// 120 g
(120 cm)
(120 cm)
100 cm - 130 cm
100 cm -130 cm
(130) 100 cm - 140 cm
100% Carbon und 100% Stabilität. Das wäre die Kurzfassung zum Faltstock aus dem Hause Salomon. Viel mehr sind sie aber ein ultraleichtes Update zu ihrem Vorgänger. Zugegeben, viel zu verbessern gab es nicht. Salomon hat ein echtes Feintuning durchgeführt um nochmals alle Attribute rauszukitzeln, die einen echt guten Trailstock ausmachen. Über zwei Stellen lässt sich der Stock in drei Teile falten. Der wellenförmige Griff wurde glücklicherweise nicht verändert. Er ist nur minimal filigraner geworden, was dem gesamten Stock sehr gut tut. Der Halt auch in den steilsten Uphills funktioniert großartig, auch mit Hilfe der atmungsaktiven Schlaufe am oberen Drittel der Griffe. Mit einem Durchmesser von 1,4 cm ist der Schaft sehr schlank jedoch trotzdem super robust. Der Stock ist sehr schnell zusammengefaltet und passt sicher in jeden Belt.
Der zum rechts aufgeführten Neotrail baugleiche Stock, verfügt ebenfalls über jene schlanke, steife und leichte Bauweise, unterscheidet sich aber im Griffsystem. Hier entscheidet man sich ganz bewusst für das renomierte und etablierte Trail Shark System, das hier neu für TrailrunningAnsprüche entwickelt wurde. Die direkte Verbindung zwischen Hand und Stock, als ein innovatives "Griff-SchlaufenSystem", ergibt im Resultat eine weit effizientere Kraftübertragung als es jede simple Schlaufen-Lösung erreichen könnte. Im Grunde bleibt bei der Entscheidung welches System denn nun das richtige ist nur die Frage, ob man sich mit einem fixen Handschuh wohl fühlt, oder wie oft man sich in ggf, technischen Terrain vom Stock komplett frei machen muss. Gegen diesen Stock spricht letztlich rein garnichts. Er ist technisch betrachtet das Beste auf dem Markt.
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Dieser neue Stock der schwäbischen StockProfis von LEKI wiegt nochmal weniger als der ohnehin schon leichte Distance Carbon Z von Black Diamond. Er ist somit das Leichteste und Steifste was man aktuell bekommt. Dass sich diese Modelle, egal mit welcher Grifflösung, in der Szene so sehr durchsetzen, ist kein Wunder. Der Stock ist mit wenigen Griffen auseinander- oder zusammengebaut. Die Hemmschwelle, auch für nur kürzere Abschnitte seinen Status zu ändern, liegt hier tiefer als bei allen anderen Faltstöcken. Er macht Spaß. Die rund 120 Gramm sind quasi nicht einmal mehr als Gewicht spürbar – der Einsatz der Stöcke hingegen sehr! Der hier verbaute, neue "Spartan" Griff ist gewöhnungsbedürftig. liegt nach etwas Übung aber toll in der Hand. Für alle die sich mit dem Trail Shark System schwertun ist das DIE neue Lösung.
So kannst du deine Faltstöcke transportieren ... Im technischen Gelände, im Downhill oder langen flachen Passagen können die Stöcke weg. Aber wohin? Es gibt mehrere gute Lösungen, wenn man sie loswerden möchte ...
Running Belts
SILVA
HELINOX
Running Poles
Passport LT 130
Preis: 140 Euro /// 173 g
Preis: 160 Euro /// 156 g
(120 cm)
(115 cm)
Fast alle guten Laufgürtel und Trailbelts, haben Lösungen um die Faltstöcke zu tragen. Zumeist sind das einfache Schlaufen, manche mit Zug, manche als Gummiband. Die Stöcke können hier vorne am Bauch oder am hinteren Rücken platziert werden.
110 cm - 135 cm
Köcher
Mit einem "Schnellverschluss-Handschuhsystem" fallen diese Carbonstöcke vom Lampenspezialist SILVA auf. Auch hier klappt der Aufbau und das Zusammenfalten reibungslos und einfach, aber der Stock selbst ist im Vergleich zur Konkurrenz zu schwer - es ist verwunderlich, dass eine doch geringe Grammzahl im Mehr oder Weniger solch einen Unterschied im Einsatz macht. Das Schlaufensystem ist ähnlich wie beim berühmten Trail Shark von Klassenprimus LEKI über einen Handschuh gelöst, der fix mit dem Stock verbunden ist und dadurch eine direkte Kraftübertragung zulässt. Das funktioniert toll, aber der Handschuh und das Klicksystem haben bei weitem nicht die technische Raffinnesse des Leki-Systems. Mit rund 50 Euro Preisunterschied ist der Qualitätsabstand nicht zu erklären.
Helinox, ein Hersteller aus Süd-Korea, ist berühmt für seine hochwertigen und stabilen Campingmöbel. Eher überraschend kam vor einigen Jahren dieser Alustock ins Portfolio. Der Passport LT wurde stark optimiert und gefällt mir in dieser Version sehr gut. Das Aluminum hat nicht die Steifigkeit von Carbon, aber es ist nahezu unzerstörbar. Ein Vorteil für alle die mitten in einem Rennen und Training keine Lust auf gebrochene Teile haben. Das Zerlegen und der Aufbau funktioniert einfach und mit wenig Kraftaufwand. Das Produkt überzeugt durch ein hohes Mass an Feinheit. Ein Vorteil: der Stock ist nach dem Aufbau variabel und kann zwischen 115 cm und 130 cm Länge fixiert werden. Ein gutes Feature, wenn der Stock zwischen Freunden oder innerhalb der Familie benutzt werden soll. Der lange Schaumgriff ist etwas zu hart im Handling.
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Die sogenannten Köcher gibt es erst seit wenigen Jahren als Salomon mit dieser optionalen Lösung ihre Laufwesten aufrüsteten. Dabei kann man die Stöcke im Stile einer Waffe in einer Art Halfter transportieren.
Laufrucksack
Stöcke am Laufrucksack selbst zu tragen ist gängig und es gibt hier diverse Möglichkeiten. Einschubfächer am Rückteil, oder an der Front über Schlaufensysteme. Alle Modelle bieten das heute an.
MODE Sommer-Outfits 2024 Fotos: Denis Wischniewski
Top: RABBIT Switchback Tank Herren €59,95 EUR Shorts: T8 Ultra Sherpa Laufhose (unisex) €79,90 EUR www.sporthunger.de
Top: MALOJA Holzriesem. Schnelltrocknendes, technisches Multisport-Tank, €64,95 EUR Shorts: MALOJA Lunariam. Extrem leichte, technische Trail Running Shorts, €124,00 EUR
Socken: www.thywear,com €17,90 EUR
Es gab mal den 1990er-Jahre Spruch "Opel fahn is wie wenn ze fliechst!" Heute muss es für uns heissen "In diesen Laufklamotten laufen is wie wenn ze garnix anhast!" Dünne, neue Stoffe, schlichte Schnitte und dennoch satte Farben. So muss dat!
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Lisa und Albert in kompletten Outfits von SALOMON: Lisa: Sense Aero Graphic €65,00 EUR Sense Areo Shorts 5" €65,00 EUR Sense Aero Wind €100,00 EUR Albert: Sense Aero Graphic €65,00 EUR Sense Areo Shorts 5" €65,00 EUR Sense Aero Cap €45,00 EUR www.salomon.com
Trägt
wenig auf 79 4/24
MODE Sommer-Outfits 2024 Albert und Lisa trägen Outfits der britischen Outdoor-Marke MONTANE:
Unsere beiden Models verschlug es beide vom Bayerischen Wald in die Chiemgauer Alpen. Lisa Münsterer studiert Psychologie und lebt mit Ehemann Michael voll und ganz den modernen Trailrunning-Lifestyle, der sich mit Rang 2 beim Transalpine Run, sogar in sportlichem Erfolg zeigte.
Montane Men's Dart Lite T-Shirt Leichte und atmungsaktive Nextto-Skin-Schicht. €55,00 EUR
Montane Women's Dart Lite T-Shirt Leichte und atmungsaktive Nextto-Skin-Schicht. €55,00 EUR
Montane Men's Slipstream 7" Trail Running Shorts Leichte 7" Trail Laufshorts. €70,00 EUR
Montane Women's Slipstream 4" Trail Running Shorts Leichte 4" Trail Laufshorts. €70,00 EUR Socken von www.thywear.com
Albert Kuchler läuft zwar gerne auf Trails, aber beruflich steht er fest auf Langlaufskiern und gehört zu den hoffnungsvollen Athleten des DSV. Erste Erfolge sind nicht zuübersehen – Albert gewann bei der Nordischen Ski WM in Planica mit der Mannschaft die Bronzemedaille und nahm an den Olympischen Spielen teil.
Kletterspezialist BLACK DIAMOND überrascht immer öfter mit Trailrunning-Klamotte: Lisa trägt das Top Lightwire, €50,00 EUR Distance Shorts, €85,00 EUR
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Foto: Damien Rosso Farbwelten aus der Schweiz von MAMMUT: Aenergy TR WB Hybrid Vest Women, €125,00 EUR Selun FL Tank Top Women, €55,00 EUR Aenergy TR Shorts Women, €80,00 EUR
Wir haben die Hosen von ODLO mit Oberteilen von DEVOLD und ON kombiniert: Lisa: ODLO POW Zeroweight Short Tights, €79,95 EUR DEVOLD Running Merino Tank, €65,00 EUR Albert: ODLO POW Zeroweight 5 Inch 2-in-1 Laufshorts, €74,95 EUR ON Trail Breaker, €199,95 Euro
Meshcap von THY, €37,90 EUR Top und Shorts von MALOJA Mayom Tank, €74,00 EUR Scougalem, €134,00 EUR
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HINTERGRUND EVENTS Juli-August Lokale Händler TAUBERTAL TRAIL 33 K 540 Hm /// 13.7.2024
CROSSING SWITZERLAND 32 K 2100 HM /// 28.7.2024
Du möchtest einen tollen Wettkampf in den Französischen Alpen Laufen? Kein Problem! Das Crossing Switzerland bietet im Zuge seiner Veranstaltung unter anderem das Crossing Riviera. Ein 32 Kilometer lanfer Trailrun an einem der schönsten Orte der Alpen. Der Start/Zielort Montreux bietet eine tolle Infrastruktur um den Teilnehmern vor, während und nach dem Event ein großartiges Erlebnis zu ermöglichen. Mit dem Blick in die Welt der atemberaubenden 4000’er der Westalpen, kommst du als Läufer nicht aus dem Staunen raus. Ein Event für echte Liebhaber der Natur.
GLETSCHER TRAILRUN 26 K 1900 HM /// 20.7.2024
In Obergurgl im wunderschönen Ötztal wird es steinig, technisch und traumhaft schön. Das Ötztal was sich selber zu Recht als Trailrunning Hotspot versteht, wird den Athleten des Gletscher Trailrun kein Highlight vorenthalten. Wenn auf 2000m Seehöhe der Startschuss fällt, krabbeln die Teilnehmer direkt bis auf 3000 Meter über Null zum Ramolhaus. Vorbei an der Hohe Mut Alm darfst du dann den nicht zu unterschätzenden Downhill wieder Richtung Obergurgl hinunterrollen. Im Finish angekommen, warten auf dich kühle Getränke und ein tolles Ziel-Panorama.
Ganz gleich ob wieselflinke Rakete, Genussläufer oder blutiger Anfänger. Der Taubertal Trailrun wird ein familiäres Event das seine Pforten für alle Leistungsklassen öffnet. Südlich von Würzburg wird dich der SC Adelshofen als Ausrichter dieses Rennens, durch die hügeliegen Wälder und Wanderwege dieser tollen Region schicken. Das Höhenprofil verspricht mit seinen weinigen Höhenmetern ein hohes Tempo. Andererseits kann man die Strecke die dich durch 3 Täler führen wird auch einfach genießen und es sich an den Versorgungsstationen gut gehen lassen.
MADRISA TRAIL 24 K 1247 HM /// 10.8.2024
Der fantastische Rundkurs um die Talsohle von Klosters ist der ideale Einstieg in ein sicheres alpines Trailrunning mit Startnummer und Zeitnahme. Der Charakter ist so schön wie simpel: die 24 Kilometer zeichnen einen langen und gleichmäßigen Anstieg mit zwei aufeinanderfolgenden Gipfelerlebnissen, einen langen Downhill um dann mit einem weiteren Uphill die letzten Reserven von Serneus hinauf nach Klosters zu mobilisieren. Anmeldung: www.madrisatrail.ch
DA GEHT NOCH WAS!
Wer in diesem Jahr Trailrunning für sich entdeckt hat und als Einsteiger gelten sollte, liebäugelt vielleicht mit einem ersten Wettkampf und Event. Alles ausgebucht? Hier könnte es mit einem Startplatz kurzfristig noch klappen... 82 4/24
3 KINGS 3 HILLS 40 K 1480 HM /// 13.7.2024
ROSENGARTEN SKYRACE 26 K 2000 HM /// 13.7.2024
Die Rosengartengruppe. Ein imposantes Bauwerk der Natur, was seinen 3000 Meter hohen Kesselkogel stolz in die Dolomiten reckt. Am Fuße dieser Gruppe liegt das beschauliche Örtchen Tiers. Jedem Liebhaber Südtirols wird dieser Name ein Begriff sein. Wie ein Magnet wirkt diese Gegend auf Bergmenschen. Im Falle des Rosengarten Skyrace, darfst du ein steiniges Wunder erleben. Das Rennen spart nicht mit Superlativen und wird dich über stramme 36 Kilometer versehen mit 2000 Höhehenmetern, über Plafötsch, die Hanicker Schwaige und Vajolet-Hütte um das Rosengartenmassiv führen. Vom Grasleitenpass geht es dann wieder zurück nach Tiers.
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In Freyung im Bayrischen Wald unweit des Böhmer Waldes und der Tschechischen Grenze, laden die Veranstalter des 3 Kings 3 Hills zu einer echten Laufparty ein. In dieser Region der Republik, gehören solche Trailspektakel mittlerweile schon zur Tradition. In diesem Fall handelt es sich um eine flowige Marathondistanz in der es 1480 positive Höhenmeter zu bewältigen gilt. Im Vordergrund stehen natürlich die wundervolle Natur des Dreiländer Ecks, aber auch die Partylöwen unter euch werden auf ihre Kosten kommen. Ein tolles Event für die ganze Familie.
INTERVIEW Julian Fritz
Zukunft heute
In Herzogenaurach hat man sich über drei Jahre Gedanken zum perfekten Trailrunningschuh für Ultradistanzen gemacht. Mit dem AGRAVIC SPEED ULTRA ist Adidas Terrex ein innovatives Kunststück gelungen. Projektmanager Julian Fritz erklärt weshalb. Text: Clemens Niedenthal Fotos: adidasinnovationlab
Vom Agravic Speed Ultra hatte mir schon im Frühjahr 2023 der adidasTERREX-Athlet Janosch Kowalczyk erzählt. Er hatte gerade den Rennsteiglauf mit einem der ersten serienreifen Modellen gewonnen und gesagt, dass er während des Rennens aus dem Grinsen nicht mehr rausgekommen sei. Ein großes Kompliment für einen Trailschuh. Ein noch größeres: Der souveräne Sieg von Tom Evans im Agravic Speed Ultra beim Western States Endurance Run im vergangenen Juni. Da hatten ein Athlet und genauso der Hersteller offensichtlich sehr viel richtig gemacht. Vorausgegangen war ein gut drei Jahre langer Prozess, an dessen Beginn nicht weniger als die Aufgabe stand, einen Wettkampfschuh für Ultratraildistanzen noch einmal ganz neu zu denken. Wir haben uns mit Julian Fritz, Projektleiter beim adidas TERREX Innovation Lab und federführend in der Entwicklung des Agravic Speed Ultra, einmal ganz grundsätzlich über den Trail, die Schuhe und unseren Körper unterhalten.
recht wenig – was wir aber schon wussten, war, dass wir einen Ultratrailschuh komplett neu denken wollten. Üblicherweise beschäftigt man sich ja mit Updates und Evolutionsstufen bekannter Modelle und Technologien.
Julian, nimm unsere Leserinnen und Leser doch einmal mit in die geheime Welt der Trailschuh-Entwicklung. Wie ging es damals los mit dem Projekt Agravic Speed Ultra?
Aber wie ging dieser Prozess überhaupt los? Mit welchen ersten Schritten begann die Entwicklung?
Im Herbst 2020 gab es ein ziemlich konkretes Briefing: Für 2023 brauchen wir einen Schuh, in dem unser Athlet Tom Evans den Western States Endurance Run gewinnen kann. Darüber hinaus wussten wir erstmal
Du sprichst es an: Plattentechnologien, dazu recht weiche, aber hyperreaktive Schäume – Der Agravic Speed Ultra steht, gemeinsam mit einigen wenigen Modellen anderer Hersteller, ja für eine Zeitenwende im Trailrunning: Der Agravic Speed Ultra ist ein gutes Beispiel für unseren Anspruch, einem Sportler oder einer Sportlerin immer das bestmögliche Produkt zur Verfügung zu stellen. Die konzentrierte und intensive Arbeit an diesem Schuh war auch für unser Innovation Lab prägend. Seitdem konzentrieren wir uns in der Entwicklung noch einmal deutlicher auf die Zusammenarbeit mit den Profitathleten, das ist etwas, das uns dieser Prozess gelehrt hat.
Als erstes haben wir versucht, den Athlet zu verstehen und genauso das Rennen. Was sind die kritischen Phasen des Western State Endurance Runs? Wo wird das Rennen gewonnen? Und wie können wir mit unserem Produkt diese leistungsbestimmenden Faktoren beeinflussen?
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Julian Fritz braucht viele Talente. Als Projektmanager im Adidas Terrex Innovation Lab ist er Sportwissenschaftler, Materialkundler, Biomechaniker, Schuhmacher und all das gemeinsam Und was waren diese bestimmenden Faktoren? Wir haben zunächst sehr viele Daten analysiert und festgestellt, dass die guten Läufer und Läuferinnen ein solches Rennen immer in den Downhillpassagen gewinnen. Diese Erkenntnis haben wir gemeinsam mit Sportwissenschaftlern der Universität Salzburg auch in einem inzwischen viel diskutierten Artikel publiziert. Dass im Ultratrail der Fokus heute eben auf dem Downhill
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INTERVIEW Julian Fritz liegt, hat viel mit dieser Publikation zu tun.
Erkläre uns einmal, warum dem so ist. Wenn man erstmal in die Biomechanik reinschaut, wird einem schnell bewusst, was die Problematik ist: Es sind die hohen Lasten, die auf die Gelenke und damit auf die Muskeln einwirken. Unsere Fragestellung lautete also: Kann eine Schuhtechnologie diese Lasten reduzieren
komplexer macht. Verändert man etwa die Dicke oder die Dichte der Mittelsohle, wirkt sich das auch auf die Platte aus – und umgekehrt.
Wann habt ihr geahnt oder sogar gewusst, dass ihr auf dem richtigen Weg seid? Im September 2021, in der zweiten Prototypenrunde, haben wir zum ersten Mal eine
Nicht erst seit Tom Evans spektakulärem Sieg beim Western State Endurance Run wissen wir: Sie kann. Beschreibe uns doch einmal den Weg zum letztlichen Gewinnerschuh.
Wir haben uns in der Theorie angeschaut, welche Elemente eines Schuhs hier zentral wirken. Dann aber haben wir recht schnell schon Prototypen gebaut. Beim ersten Prototyp waren die Erwartungen riesig, zumal der Schuh wirklich vogelwild aussah. Ganz anders als alles, was so auf den Trails unterwegs war. Wir wollten unbedingt messbare Ergebnisse zeigen, mussten aber feststellen: Der Schuh machte einfach garnix. Zum Glück haben wir schnell verstanden, wo die Fehler lagen, sonst wären das einige deprimierende Wochen geworden.
Was war dann letztlich das entscheidende Detail? Der extrem reaktive und dabei weiche Lightstrike-Pro Schaum oder die sogenannten Energy Rods, kohlefaserverstärkte Kunststoff„Finger“, die den Schuh eben nicht so steif machen, wie eine Carbon-Platte? Beim Agravic Speed Ultra ist es tatsächlich die Kombination von beiden – was die Sache in der Entwicklung aber noch einmal
ganze Reihe von Athleten und Athletinnen in den Schuh gesteckt. Es gab dann diesen Augenblick, von dem wir rückwirkend immer als dem Pablo-Moment reden: Einer unsere spanischen Athleten ist bei den Infinite Trails in Bad Gastein mit dem Prototyp gelaufen und hat danach gesagt, dass er Tränen in den Augen gehabt hätte: Genau so hätte er sich einen Trailschuh immer gewünscht.
Was genau hatte er sich denn gewünscht? Lightstrike Pro ist einfach ein sehr guter Dämpfer. Man kann es gut vergleichen mit einer Federgabel im Mountainbike, die hilft, die Lasten von der Muskulatur zu nehmen. Das hilft ja nicht nur, um bergab entspannter und deshalb schneller zu laufen, vor allem läuft man erholter in den nächsten Uphill hinein. Zudem ist der Trainingseffekt enorm, die Regenerationsphasen zwischen den Ein-
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heiten nehmen spür- und messbar ab.
Es ist jetzt sechs Jahre her, dass die Carbontechnologie den Straßenlaufschuh revolutioniert hatte. Wie viel von dieser DNA steckt im Agravic Speed Ultra? Einerseits sehr viel und gleichzeitig recht wenig. Einfach nur herzugehen und unter einen Straßenlaufschuh eine Trailsohle zu kleben, wäre definitiv nicht zielführend gewesen, weil Trailrunning tatsächlich eine komplett andere Sportart ist. Deshalb war es ja so wichtig, dass wir uns einmal hingesetzt haben und uns ein paar grundsätzliche Fragen gestellt haben: Was macht Trailrunning aus, was sind die leistungsbestimmenden Faktoren und wie können wir diese mit spezifischen Materialen beeinflussen?
Ihr habt den Agravic Speed Ultra als Siegerschuh für den Western States entwickelt, was ja schon mal geklappt hat. Darf ich den Schuh auch als gerade in der Altersklasse Senior Master angekommener Hobbyläufer begehren? Unbedingt. Wir haben ja nicht nur einen Tom Evans drei Tage lang komplett verkabelt in Herzogenaurach auf ein Laufband gestellt. Wir haben immer auch ambitionierte Hobbyläufer und -Läuferinnen aus unserem Umfeld in den Prototypen auf die Trails geschickt. Uns war schon klar, dass wir da gerade einen Schuh und mittelfristig eine ganze Familie von Modellen entwickeln, mit dem viele Menschen etwas anfangen sollen und können. Wir sprechen zwar intern immer von Athleten, meinen aber letztlich alle, die dem Trailrunning ambitioniert verbunden sind. www.adidas.de
ADIDAS TERREX AGRAVIC SPEED Als erstes fällt die Silhouette auf: Die künftige Agravic-Familie eint die etwas höher bauende Sohle im typischen Rocker-Shape. Das Mittelsohlenmaterial Lightstrike Pro steht für viel Komfort, vor allem aber für eine reaktive Energierückgewinnung. Die Modelle suchen das Tempo, sie wollen spielen mit den Trails. Das gilt auch für den in diesem Frühjahr vorgestellten Agravic Speed, der ohne Energy Rods auskommt, aber viele guten Eigenschaften des Agravic Speed Ultra teilt. Er ist ein überzeugend leichter (270 Gramm in der Mustergröße 42,5) überragend agil gedämpfter Trailschuh für Distanzen bis zum Trailmarathon. Dass der Continental-Grip exzellent ist, sei nur kurz erwähnt. Ende des Jahres komplettiert der Terrex Agravic 3 (ohne Speed und ohne Ultra) die Modellfamilie.
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TIPP Physio Text: Tom Stetter
WAS WIR „Tadele nicht den Fluss, wenn du ins Wasser fällst“ So oder so ähnlich fühlt es sich an, wenn aus eigenem Unvermögen und fehlender Achtsamkeit für sich und seinen Körper, eine echt schmerzhafte Erfahrung wird. Die Erfahrung resultiert zumeist aus einer Selbstverständlichkeit, mit der ein Körper Leistung erbringen muss. Sei es das harte Training, der Wettkampf oder eine ganz normale Arbeitswoche. Jeder kennt den Punkt an dem wir „drüber“ gehen. Wir gehen so lang drüber, bis wir buchstäblich fallen und der Körper nicht wie gewohnt funktionieren wird. Diesen Punkt gilt es bereits im Vorfeld zu erkennen und dagegen oder viel mehr mit ihm zu arbeiten. Warum gerade der Ausdauersport so prädestiniert für solch ein buntes Sammelsurium an Überlastungserscheinungen ist, das werden wir in diesem Artikel nicht auflösen können. Viel mehr werden wir uns aber mit der Frage beschäftigen ob es am Sport als solches liegt, oder an dem Typ Mensch der ihn ausübt. Gerade Trailrunning und seine Menschen, kennen körperliche Wehwehchen wie kaum andere. Das liegt ganz einfach an der Schönheit unseres Sports. Wir alle wollen die Natur so oft es geht genießen und das am besten laufend. Daraus
Läuferinnen und Läufer vom
PHYSIO
resultierend bewegen wir uns schlagartig mehr, der Körper muss viel Leisten und sollte im Zuge dessen ausreichend Regeneration bekommen. Zur Regeneration zählen natürlich gutes Essen, Schlaf und Ruhe. Dazu zählen aber eben auch Ausgleichssport und eine Auswahl an Übungen für körperliche Mobilität und Stabilität. Diese Mobi- und Stabi-Übungen senken das Risiko für Verletzungen um ein Vielfaches. Außerdem sind Einheiten für die körpereigene Flexibilität eine tolle Möglichkeit, um Warnzeichen wahr zu nehmen und entsprechend zu Handeln. Das Reinspüren in den eigenen Körper ist das Fundament auf dem wir alle Laufen. Je größer dieses Fundament, umso intensiver können wir unseren Sport erleben. Es ist nicht immer einfach so genau hinzuschauen. Oft überhört man bewusst oder unbewusst gewisse Signale des Körpers. Aus diesem Grund erscheint es doch mehr als sinnvoll, einen Physiotherapeuten oder Osteopathen in unserem Alltag zu integrieren. Diese Menschen können uns sehr viel Schmerz und Entbehrungen ersparen. Wie genau eine Verletzungsprävention ausschauen könnte, dass verrät uns die Physiotherapeutin Vera.
WIRKLICH
“Treib Sport oder bleib gesund!” heißt es manchmal etwas ketzerisch und ja, (Lauf-)Sport ist oft ein Balanceakt zwischen “gerade genug Belastung, um eine Anpassung auszulösen” und “gerade noch zu wenig, um den Körper zu überlasten”. (Ultra-)Läufer:innen wollen laufen und das am Liebsten so lang und so weit wie möglich. Dabei vergessen wir ab und an, dass der Körper auch Zeit benötigt, um sich vom Training zu erholen und auch, dass verschiedene Strukturen unterschiedlich lange brauchen um sich an Belastungen anzupassen. Du kennst sicherlich die Phase, in der das Training so richtig gut läuft, du dich fit fühlst und du immer weiterlaufen kannst und dann BÄÄÄM wie “aus heiterem Himmel” ist sie da die gefürchtete Spaßbremse namens “Laufverletzung”. Leider nicht Wenige gehen hier nach dem Motto “das läuft sich raus” oder “no pain, no gain” vor und verschlimmern ihre Situation unnötigerweise. Allerdings bedeutet eine Laufverletzung auch nicht zwangsläufig, dass du ab sofort strikte Pause machen musst. Es ist kompliziert. Um herauszufinden, wie die Sache sich in deinem Fall verhält, lohnt es sich natürlich immer medizinisches Fachpersonal zu deinem individuellen Problem zu befragen. (Ein paar allgemeine Tipps sollst du hier aber auch an die Hand bekommen!)
lernen können ...
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Sollst du mit Schmerzen laufen gehen? Die kurze Antwort (die niemand hören will): Nein! Die ausführlichere Antwort: Es kommt drauf an! Wenig hilfreich, ich weiß. Aber ich gebe dir zwei Tools an die Hand, um zu beurteilen, ob du diesen Lauf riskieren kannst oder lieber nicht. Oder auch wie du deine Belastung im Fall von Schmerzen vielleicht anpassen kannst, um doch nicht (wieder) eine Laufpause einlegen zu müssen: Hilfsmittel Nr. 1: Die Schmerzampel Im Idealfall hast du natürlich beim Laufen keine Beschwerden. Wenn dennoch Schmerzen einsetzen, dann achte darauf, dass sie im Bereich von 0-3 (von 10) auf der Schmerzskala bleiben (0 = kein Schmerz - 10 = stärkster vorstellbarer Schmerz/ohnmächtig). Steigen die Schmerzen über 4, rate ich dir dringend, das Training zu beenden! Hilfsmittel Nr. 2: Die 24-Stunden-Regel Sind die Schmerzen innerhalb von 24 Stunden nach der Belastung wieder auf dem Ausgangsniveau (oder weniger)? Dann hat dein Körper die Belastung gut verkraftet. Dauern die Schmerzen länger an, hast du zu viel gewollt und du solltest das nächste Training anpassen. Beispielsweise bist du 10 km gelaufen und hattest danach 2 Tage lang Schmerzen. Also läufst du beim nächsten Mal nur 7 km. Wenn die nachfolgende Schmerzreaktion innerhalb der 24 Stunden wieder vorüber ist, kannst du beim nächsten Lauf mal 8 km versuchen.
Was du bei einer Laufverletzung AUF KEINEN FALL machen solltest: - sie ignorieren oder versuchen sie “rauszulaufen” - Schmerzmedikamente einnehmen, um weiterhin laufen zu können - nur passive Maßnahmen zur Linderung nutzen (Massage, Faszientools, Eis etc.)
Wie du siehst, ist es eben nicht so einfach wie man es gerne hätte, sich den richtigen Belastungen auszusetzen und das Regenerationstempo des Körpers nicht zu überfordern. Zauberwort “Belastungssteuerung” Belastbarkeit kommt von Belastung. Das bedeutet, dass du deinen Körper immer wieder aus der Komfortzone holen musst, wenn du eine Leistungsverbesserung erreichen möchtest. Dabei darf aber die Regeneration nicht zu kurz kommen, um deine Strukturen (Knochen, Muskeln, Sehnen, Bänder etc.) nicht zu überfordern. Das Herz-Kreislauf-System passt sich beispielsweise sehr viel schneller an, als Muskeln oder Sehnen. Du kennst bestimmt das Gefühl, dass du noch ewig weiterlaufen könntest ohne aus der Puste zu kommen, aber irgendwo fängt eine Sehne o.ä. an zu zwicken? Vor allem bei Anfängern, aber auch zu Beginn eines neuen Trainingsblocks nach der SaisonPause kann es daher sein, dass du dich (bzw. dein Herz-Kreislauf-System) schon viel belastbarer fühlst, als es deine Muskeln, Sehnen, Bänder etc. schon sind. Ein Trick hier kann es z.B. sein, eine lange Trainingseinheit auf zwei Kurze aufzuteilen und dadurch für mehr Regenerationszeit “zwischendurch” zu sorgen. Mein Tipp: Lauftagebuch führen! Notiere dir auch kleine Auffälligkeiten, damit du Trends frühzeitig erkennen kannst! Und wenn es dann doch mal zu Problemen kommt, ist es auch für deinen Coach/Physio/Arzt hilfreich, da mal einen Blick hinein zu werfen, um zu sehen, wo du möglicherweise vom Kurs abgekommen bist!
Was du bei einer Laufverletzung WIRKLICH machen solltest: - dir aus seriösen Quellen Wissen über deine Problematik aneignen - dich auf “Fehlersuche” begeben und prüfen, wo dein Belastungsmanagement (zu viel Aktion + zu wenig Regeneration) nicht gut war, damit du es in Zukunft besser machen kannst - mit aktiven Übungen die Belastbarkeit deiner Strukturen wiederherstellen und dich schrittweise wieder ins Laufen zurück gewöhnen
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I M P R E S S U M
TRAIL MAGAZIN MESNERWEG 5 83246 UNTERWÖSSEN, TELEFON 08641/9521494
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Samels Boring TRAIL MAGAZIN erscheint im Trail-Magazin-Verlag ABO-SERVICE
abo@trail-magazin.de VERTRIEB
MZV - Moderner Zeitschriften Vertrieb GmbH & Co. KG Ohmstraße 1, 85716 Unterschleißheim DRUCK
F&W Druck- und Mediencenter GmbH Holzhauser Feld 2 83361 Kienberg
ALLE RECHTE DER INHALTE LIEGEN BEI TRAIL MAGAZIN, DENIS WISCHNIEWSKI. NACHDRUCK NUR AUF ANFRAGE!
VORSCHAU TRAIL 5/2024 AB DEM 20.AUGUST 2024 AM KIOSK Report: Independent Trailund Laufsport Marken Events: Zugspitz Ultra Trail Reise: Der Trail-Roadtrip durch Frankreich mit den besten Spots Test: Die GPS- Uhr passt zu dir und deinem Geldbeutel
PORTRÄT Luke Grenfell-Shaw
FÜRS LEBEN! Text: Denis Wischniewski Fotos: Brooks, Luke Grenfell privat
Dass Luke Grenfell-Shaw an diesem Abend bei Marseille so herzlich lacht ist ein Wunder und doch auch keines. Der Brite hat eine Lebensgeschichte, die er mit in jeden Tag und Lauf nimmt
Luke Grenfell-Shaw läuft in diesem Sommer für das britische Nationalteam bei der Europameisterschaft in Annecy mit. Selbstverständlich ist das für den ihn Bristol geborenen 30-Jährigen nicht, denn der Weg dorthin war lange und nicht einfach. Er führte über eine Triathlon-Karriere in ein Krankenhaus, auf ein Tandem und bis an die Chinesische Grenze. Eine Geschichte von einem, der immer in Bewegung ist und Hoffnung gibt.
2023 August Das hatte Luke vermutlich selbst überrascht. In Salzburg, beim Mozart100, einem Rennen der großen globalen
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Rennserie des UTMB, siegte er mit über einer Stunde Vorsprung. Er genoss seinen Erfolg und das Frühstück am Tag nach dem Wettkampf in einem YouthHostel. Für ihn eine simple Übernachtung, so wie Luke das seit dem frühen Erwachsenen-Alter mag, wie beispielsweise auf seinen Studienreisen in Russland, Kirgistan und anderen Länder der ehemaligen Sowjetrepublik. Keine üblichen Reiseziele, aber, wie Luke es beschriebt: „Länder, die alles haben, was er mag – Berge, wilde Natur und Städte, die so riesig sind, dass man Stunden benötigt, um vom einen zum anderen Ende zu gelangen. Nun saß er also bei diesem Frühstück und kam in ein Gespräch mit einer Frau, die ihn als Teilnehmer des Rennens erkannte und nach seinem Abschneiden erkundigte. Luke antwortete bescheiden und doch entschieden, dass er gewonnen hätte. Die Frau war erstaunt, dass er als Sieger eines solchen Rennens in einem Hostel untergebracht ist. Dieses Treffen und dieses Gespräch war der Beginn einer Partnerschaft. Nein, keine Beziehung und auch keine Romanze, aber eine Bindung mit Unterschrift und Vertrag. Die Marketing-Managerin von Brooks war wohl schlicht begeistert vom jungen Briten, von seiner Art, seinem Erfolg und er wurde damit ein Teil des internationalen Teams der Marke. 2018 Als Luke im Mai 2018, während einem
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PORTRÄT Luke Grenfell-Shaw Aufenthalt im russischen Ural, unter großem Respekt der Einheimischen auf Platz 2 des Ural Ultratrail über 50 Kilometer lief, konnte der so sehr im vollen Leben steckende 24-Jährige nicht wissen, was dieses Jahr noch mit sich bringen würde.
Sein Vater setzte sich zu ihm und sagte: "Luke, nimm Dein Rennrad und geh eine Runde fahren!" Luke antwortete damals: "Das geht nicht. Ich bin todkrank, ich kann nicht Radfahren!"
Dieser erste Arztbesuch am 19. August 2018 war eine ernste Diagnose. Ein Tumor, groß wie eine kleine Ananas in der rechten Schulter. Ein Schock und doch war für Luke im ersten Augenblick klar, dass das eine Sache ist, die man operieren wird, die eine Zeit dauert und wieder in Ordnung kommt. Eine weitere Diagnose schickte ihn nur Tage später ohne jegliche Zukunft nach Hause. Der Krebs hätte Metastasen gebildet und in die Lunge gestreut. Die aggressivste Form, die es gibt. Er hätte sechs Monate zum Leben, ein halbes Jahr, um all das rückabzuwickeln, was diese 24 Jahre eingebracht hätten. Vielleicht hätte er ein Jahr. Mit einer Chemo und Medikamenten. Vielleicht. Wer weiß das schon. Er fuhr nach Hause, in das zu Hause bei seinen Eltern, legte sich auf sein Bett und weinte. Es war Wut und Ohnmacht zugleich und ein Gefühl wie betäubt. Sein Vater setzte sich zu ihm und sagte: "Luke, nimm Dein Rennrad und geh eine Runde fahren!" Luke antwortete damals: "Das geht nicht. Ich bin todkrank, ich kann nicht Radfahren!" Luke Grenfell durchschritt insgesamt sechs Chemotherapien in einem Jahr und folgte dabei immer einem Grundsatz – soweit er sich körperlich in der Lage fühlte, Sport zu machen, macht er Sport, ging laufen, radelte oder schwamm. Er ging dabei an Grenzen, die man kaum für möglich hält und radelte sogar auf dem Rollentrainer während der Therapie. Für ihn eine Therapie im doppelten Sinne. Luke steckte die Chemo gut weg und die Chemo schlug überraschend gut an. Eine Art Zwischenerfolg, ein echter Etappensieg war die Teilnahme an einem lokalen Halbmarathon, den er in 1 Stunden und 20 Minuten gewann. Er, der Krebspatient, er, der junge Mann, der inmitten einer so kräftezehrenden und intensiven Chemotherapie steckte. Bei aller Genesung und den Fortschritten, die sein Arzt so
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nicht für möglich gehalten hätte, musste Luke in dieser Lebensphase auch noch mit einem schweren Schicksalsschlag fertig werden. Sein Bruder John kam bei einem Unfall in den Bergen ums Leben. 2019 wurde für den Briten dann ein Jahr mit unbeschreiblich vielen Höhen und Tiefen. Er begann sein Master-Studium in Wasserwissenschaft, Politik und Management an der Universität in Oxford und schloss es zum Jahresende erfolgreich ab. Mai 2024 Luke postet auf seinem Instagram Kanal ein Foto. Es ist zu sehen: Das Singlet-Jersey mit dem Nike-Logo und der Aufschrift GREAT BRITAIN. Darunter eine Startnummer. Es ist die 828 und Lukes´ Eintrittskarte zur Teilnahme an der Trailrunning-Europameisterschaft in Annecy/Frankreich. Einige Tage später ist das Rennen beendet und Grenfell-Shaw schreibt mir auf WhatsApp, dass er mit Platz 34 eigentlich nicht zufrieden wäre, es wäre einfach mehr drin gewesen. Er lief 58 Kilometer und fast 3.000 Höhenmeter in 5:42:37 in einem Feld der besten unseres Sports. Am 1. Januar 2020 startete Luke dann in sein neues Leben. Nein, er knüpfte an etwas an. Er erinnerte sich an einen Traum und genau dieser erste Tag im neuen Jahr, nach all den Monaten der Krankheit, aber auch der Genesung, sollte etwas Großes beginnen. Er erinnert sich: "Lange vor Ausbruch der Krankheit wollte ich immer einmal mit dem Fahrrad um die Welt fahren. Einmal um den ganzen Globus. Und irgendwie war nie der richtige Moment dafür. Das Studium, die Schule, der Triathlon. Jetzt war mir klar – ich mache es. Es spricht alles dafür und nichts dagegen!" Also radelte er los. In Bristol, auf einem Tandem, in Richtung Bejing in China. 30.000 Kilometer, viele Länder, viele Menschen und immer im Gepäck – seine Geschichte. Diese Story, was mit Krebs alles möglich ist. Er betont das übrigens immer wieder deutlich, dass er MIT Krebs lebt und eine Zukunft hat, dass er KEIN "cancer survivor" ist. “Der Krebs ist in mir. Ich lebe damit und
das ziemlich gut. Ich erkenne den Wert meines Lebens und will es genießen.” Sein Trip auf dem Tandem wird zum Abenteuer. Er legt riesige Distanzen zurück, meist alleine, oft mit Menschen, die spontan aufsteigen und die er bei Vorträgen am Abend kennenlernte. 30 Länder durchrollt er, überquert Berge und durchquert Wüsten und sammelt dabei mehr als 150.000 Euro an Spendengeld gegen den Krebs. Während der Covid-Pandemie musste er seine Reise unterbrechen, startete nach einigen Monaten des Wartens zu Hause erneut und sah sich in Indien wieder. "Dort hatte ich tolle Begegnungen. Ein Junge, der ebenfalls Krebs hatte, begleitete mich spontan und saß für 1500 Kilometer mit auf dem Tandem. Er war überhaupt nicht sportlich und konnte eigentlich auch
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PORTRÄT Luke Grenfell-Shaw nicht Radfahren." Die Grenze zwischen Indien und China war im Frühjahr 2022 nicht zu überqueren. Lukes Radtrip endete also hier. Genau 3300 Kilometer fehlten ihm bis zu seinem Ziel Bejing. Zurück in England holte er sich diesen letzten Abschnitt zumindest virtuell, er legte die Distanz an verschiedenen Locations auf einem Indoor-Bike zurück, was auch der Start einer echten PromoTour war. Nach seiner Rückkehr wird GrenfellShaw zu einem regelmäßigen Vortragsund Keynote-Speaker. Er berichtet von seiner Reise, von der Krankheit, davon, was alles möglich ist. Er gibt anderen Mut und sich eine Zukunft. Doch er merkt: "Ich war irgendwann wie ausgebrannt. Es war zu viel geworden." Luke widmet sich in dieser Zeit wieder mehr dem Laufsport und entdeckt das Trailrunning für sich, eine Sache, die er im Prinzip schon immer gemacht hatte. "Ich nahm bereits vor der Krankheit, während meiner längeren Aufenthalte in Russland und Kasachstan, an Bergläufen und Trailruns teil." Mit dem Sieg beim Mozart 100 by UTMB 2023 beginnt für Luke GrenfellShaw eine Art Profi-Sportler-Leben. Ein Vertrag, Schuhe, soviel er möchte oder braucht, Reisen zu Wettkämpfen und jegliche Unterstützung, die man sich wünschen kann. Das bringt ihn im August 2023 schließlich zum CCC, den er, für viele überraschend auf Platz 8 beendet. Er, der Mann mit dieser Geschichte, mit den Tiefen und Narben, unter den besten der Welt.
Der Ultratrail-Profi radelte insgesamt 27.000 Kilometer auf einem Tandem von Bristol bis China. Dabei sammelte er Geld und lud Menschen auf seinen Sattel hinter sich ein.
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Lukes Abenteuer gehen weiter. Zunächst in Trailschuhen und als Profi-Trailrunner. Er sagt, dass es immer nur um die Antworten geht. Wir müssen auf Dinge, die uns widerfahren, gute Antworten finden, wir müssen reagieren. Im Sommer wird es eine aufwendig und sehr authentische Film-Dokumentation zu BRISTOL2BEJING geben. All das, was ich hier unmöglich beschreiben kann, wird man dort in Aufnahmen sehen können. Man wird Luke, einen der vielleicht erstaunlichsten und vielschichtigsten Profi-Trailrunner unserer Zeit besser verstehen.
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Vom Höhenweg in die Glitzerwelt! „Die Kieler Wetterscharte auf dem Aufstieg zur Kieler Wetterhütte, wenn sich dann plötzlich der Blick über das ganze Paznaun und die Silvretta-Gruppe öffnet“. Gefragt nach einer spektakulären Passage des Paznaun Ischgl Ultra Trail muss Lukas Kocher, Race-Direktor und überhaupt ein Motor des Trailrunning im Paznaun nicht lange überlegen. Aber andererseits: „Ich finde auch das Sprintstück durch die Fußgängezone und den Fußgängertunnel in Ischgl toll, wenn unser Sport plötzlich in diese Glitzerwelt der ganzen Boutiquen einbricht.“ Womit schon einmal klar ist: Der in diesem Juli erstmals ausgertragene PIUT begreift eines der ikonischsten Tiroler Alpentäler als entlegende Naturund belebte Kulturlanschaft. Die Strecken führen durch die Fußgängerzone und über exponierte Höhenwege, an denem man selbst an lauen Sommertagen einzig einer handvol weiteren Wander:innen begegnet. Was Lukas Kocher wichtig war: „Es bleibt ein Trailrennen, wir machen keine Bergsteigerei. An und für sich ist alles laufbar, zumal wir die für bergunerfahrene
Auf dem Weg zu einem ganzheitlichen Tourismuskonzept investiert das Paznaun-Tal mit den Wintersportorten Galtür und Ischgl ins Trailrunning. Der PIUT dürfte aus dem Stand zu einem faszinierenden Rennen werden Teilnehmer und Teilnehmerinnen vielleicht kritischen Stellen noch einmal zusätzlich sichern werden. Das ist vermutlich unnötig, aber ein guter psychologischer Effekt.“ Eines wird also deutlich, der PIUT, ausgetragen über vier Distanzen zwischen 20 und 85 Kilometern, will alle abholen, die sich diesem Sport auf
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ihre Weise verbunden fühlen. Gut auch die Idee, die einzelnen Rennen nicht nur in der Distanz zu unterscheiden. So ist der PIUT 30 ein rause Skyraces mit 2500 Höhenmetern und einigen exponierten Abschnitten, während der PIUT 50 (3200 Höhenmeter) als immer laufbare Ultradistanz einen anderen Schwerpunkt setzt. Die ganz lange Runde durchs gesamte Paznaun kommt auf 85 Kilometer und 5200 Höhenmeter und berührt auch die Strecke des Transalpine Run. Alle vier Talorte, Galtür, Ichgl, Kappl und See, sind in das Rennen eingebunden. „Überhaupt“, so Lukas Kocher,
„soll der PIUT auch ein Event für die Einheimischen sein. So wie in Chamonix, in Italien, in Spanien, dass die Leute in Dreierreihen am Streckenrand stehen, da würde ich gerne einmal hinkommen.“ Mit dem PIUT steigt Paznaun relativ spät ins Trailrunning ein, einerseits. Andererseits gab es hier lange den Silvretta Run 3000, der nun eben durch ein zeitgemäßeres Format abgelöst worden ist. Trailrunning hat sich verändert und die Berglaufwurzeln abgeschüttelt. Zudem ist das Rennen Teil einer ganzheitlichen Tourismusstrategie: „Gerade Galtür und Ischgl kommen inmer satt aus der Wintersaison, 150 Tage Vollbelegung. Die Zukunft muss aber in Konzepten liegen, die über das ganze Jahr ausgewogene Angebote schaffen.“ Weswegen man im Paznaun auch längst über den PIUT hinausdenkt: 160 Kilometer Wanderwege werden auch als Trailrunningstrecken ausgewiesen, mehrsprachige Podcast sollen Trailtourist:innen mittelfristig über die Kultur und Natur des Paznauns informieren. Wann denn die beste Jahreszeit für die Traillaufreise sei: „Galtür liegt auf 1600 Metern, See bereits unter tausend, alleine das sind
Paznaun Ischgl Utra Trail 12. bis 13. Juli 2024 PIUT 85: die ultimative Herausforderung – von See aus sind 85 km und 5.200 Hm zu meistern PIUT 50: Ab Kappl sind 50 km und 3.100 Hm zu überwinden. PIUT 30: 30 km und 2.500 Hm lassen die Trailrunner bei dieser Variante ab Galtür hinter sich. PIUT 20: Von Ischgl aus startet die Challenge über 20 km und 1.300 Hm. www.paznaun-ischgl.com/de/piutstartseite/anmeldung
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in der Vegetation rund zwei Monate Unterschied. Tolle Strecken sollten sich also immer finden.“ Wichtig ist noch dieser Hinweis: Lukas Kocher und sein Team ermöglichen ein unkompliziertes Umbuchen der Distanzen noch am Renntag: „Ich bin kein Fan davon, noch aus jeder Dienstleistung ein Geschäft zu machen.“
MORALFRAGE unsozial untrainiert
LEERGELAUFEN
Unser Leser trainiert gerade wenig und ist fernab von allem, was man eine Form nennen könnte. Zu Wettkänpfen reist er dennoch, der Atmosphäre wegen. Das DNF ist einkalkuliert. Ist so ein Verhalten unsozial? Liebes Trailmagazin, ich sage es frei raus: Aktuell verbringe ich mehr Zeit mit der Lektüre Eures Heftes als auf den Trails. Im Winter quälte mich ein Infekt und seitdem bin ich nicht wirklich ins Laufen gekonmen. Nur habe ich jetzt eine Saison mit drei, vier tollen Events vor der Brust. Die Startplätze habe ich schon im vergangenen Herbst gesichert. Man muss ja zunehmend schnell sein, gerade bei den ikonischen Rennen. Ich bin so ehrlich: Spätestens auf den Ultradistanzen wird es auf ein DNF hinauslaufen, ich will einfach die Atmosphäre rund um die Events geniesen und die ersten 20 oder 30 Kilometer auf den Trails. Mir ist schon klar, das andere, die keinen Startplatz mehr bekommen haben, ambitionierter an der Startlinie stehen würden. Andererseits laufen wir doch alle nur aus Hobby und zum Spaß. Sollte ich ein schlechtes Gewissen haben? Martin Hegel, Limburg
Lieber Martin, ein schlechtes Gewissen? Wem bitte gegenüber? Nö, natürlich nicht. Es ist so wie es ist – man nennt das übrigens "das Leben". Du siehst das übrigens vollkommen richtig – starte einfach. Auch mit dem Wissen, dass du zu wenig getan hat und ein Finish schwer oder gar unmöglich wird. Manchmal überrascht man sich dann ja doch selbst und kommt besser ins Ziel als je gedacht. In einem kannst du dir sicher sein, denn diese vier Rennen funktionieren in ihrer Abfolge ganz wunderbar als das Training das du zu wenig verfolgen konntest. ich bin mir daher sicher, dass die letzten beiden Rennen schon viel besser für dich funktionieren als die erste Hälfte deines Wettkampf-Kalenders. Und selbst, wenn du, wie von dir selbst vermutet, nur die ersten 20 oder 30 Kilometer schaffst, dann bleiben dir gute Anschluss-Möglichkeiten. Du könntest den Rest wandern, du könntest im Ziel entspannt auf alle Anderen warten und sie anfeuern. Was überhaupt keine Alternative ist (zumindest nicht für uns Hobbyläuferinnen- und Freizeitsportler) ist das konsequente Fernbleiben von Dingen die man doch liebt und wo man gerne dabei sein mag. Auf deine letzte Frage, ob du nun wirklich anderen, die besser vorbereitet sind, den Startplatz wegnimmst, mag ich dir sagen, dass auch dort nicht alles glattläuft. Das Gefühl, zu wenig für einen Wettkampf getan zu haben, tragen wohl gut die Hälfte aller Leute an der Startlinie mit sich herum. Ich finde schon, dass man eine Art Verpflichtung hat, möglichst gut trainiert und mit realistischer Aussicht auf ein gesundes Finish zu starten, aber nicht nur gegenüber dem Veranstalter und der Konkurrenz, sondern in erster Linie gegenüber Familie und Freunden. Die sorgen sich nämlich meist zu Hause und denen würde man etwas Last nehmen, wenn sie wissen, dass das ein fitter Martin rennt.
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